Weitere Erkenntnisse zu den Problemen des Umwertens von Härte und Zugfestigkeit bei Werkzeugstählen nach DIN EN ISO 18265*
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I. Schruff
Kurzfassung
Über viele Jahre hinweg diente die Norm DIN 50150:1976 [1] und die darin enthaltene Umwertungstabelle als Basis für die täglich praktizierten Umwertungen zwischen Härte- und Zugfestigkeitswerten. Mit ihrer Überarbeitung im Jahr 2000 und der anschließenden Überführung in die internationale Norm DIN EN ISO 18265:2003 [2] wurden neue Grundlagen für die Umwertungen geschaffen, die erhebliche Auswirkungen auf die betriebliche Praxis des Umwertens in Härtereien und in den Werken der Werkzeugstahlindustrie hat.Mit dem hier beschriebenen Ringversuch,den der Unterausschuss für Werkzeugstähle im Stahlinstitut VDEh an sechs Werkzeugstählen durchgeführt hat, wird eine verlässliche Datenbasis für derartige Umwertungen geliefert.Diese Daten sollen bei der nächsten Überarbeitung der DIN EN ISO 18265 Berücksichtigung finden.
Abstract
For many years the standard DIN 50150:1976 [1] and the included conversion chart was the basis for the conversion of hardness and strength values. The revision of this standard in the year 2000 and its modification to the international standard DIN EN ISO 18265:2003 [2] resulted in new conversion charts and therefore a new basis for daily conversions in heat treatment shops as well as in tool steel producing companies. The roundrobin test of the Subcommittee on Tool Steels of the German Steel Institute gives a new and reliable data base for these conversions, which shall be respected during the next revision of this standard.
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Diskussion /Discussion
V. Ermert : Herr Schruff, herzlichen Dank für den sehr interessanten Vortrag. Ich darf vielleicht noch einmal an den vorherigen Vortrag anknüpfen. Eben war schon von Androhungen von Gerichtsverfahren bei einer Abweichung von etwa 0,7/0,8 HRC die Rede. Inwiefern halten Sie in dieser Hinsicht die von Ihnen angegebenen Streubereiche, die sich ja in wesentlich höheren Größenordnungen befinden, für vertretbar?
D. Schwenk : Von Herrn Schruff wurde der PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) das Prüfmaterial für Versuche zur Verfügung gestellt.Wenn Sie sich die Folien in Erinnerung rufen,das Streuband der Härtewerte war sehr groß. Ich war damals im Arbeitskreis des DIN, wir haben die großen Streubäder darauf zurückgeführt, dass bei den Anwendern bezüglich der Härtemessung eine nicht so hohe Präzision besteht. Aus diesem Grund wurden in der PTB Versuche mit den Proben von Herrn Schruff organisiert. Die Ergebnisse hat Herr Dr.Herrmann gestern bei der Sitzung des Fachausschusses 12 vorgetragen. Die Streubänder der Härteprüfungen von den Prüfinstituten an diesen Proben liegen erheblich enger. Das zum Thema Streuband und Härteskala. Eine Anmerkung zum Thema Rockwell-Skala. Wir haben auf den Proben, die in der MPA NRW geprüft wurden, die Rockwell-Werte direkt nach zwei Skalen eingegeben. Wenn die neue Rockwell-Skala eingeführt wird, erhalten Sie direkt eine Umsetzung im tabellarischen Werk, sodass die Werte nach den neuen Rockwell-Skalen in die Normen zur Umwertung mit einfließen können.
Jetzt noch eine Anmerkung zu dem Vorschlag von Herrn Schruff bezüglich dieser Streubandeinengung.Vielleicht etwas zur Historie, weil Ihnen die Kennlinien wie B1 und B3 relativ wenig sagen. Diese Kennlinien kamen wie folgt zustande: Die Kennlinie A1 der DIN EN ISO18265 geht auf die Umwertung nach der DIN 50150 zurück. Nach der Wiedervereinigung standen in Deutschland zusätzlich das ganze Regelwerk und die Messungen der TGL[1] bezüglich der Umwertung zur Verfügung, die im ASMW[2] in Ostberlin durchgeführt wurden. Im ASMW wurden die Umwertungen nach Werkstoffgruppen durchgeführt. Die Ergebnisse des ASMW zu Umwertungen wurden nach der Wiedervereinigung vom DIN übernommen. Die Probleme mit der neuen Norm DIN EN ISO 18265 rühren daher, dass bei der Erstellung des Datenmaterials andere Prüfparameter in den Härtenormen vorgeschrieben waren.Auch bei der Erstellung der DIN 50150 wurde mit anderen Prüfparametern gemessen, bzw. die Umwertungen, die Sie in DIN 50150 von Vickers nach Brinell finden, sind nicht gemessen, sondern nur gerechnet. Darüber hat Herr Beisel an dieser Stelle schon einmal berichtet. Die Zeiten für die Einwirkdauer der Prüfkraft waren sowohl bei der Erstellung der DIN 50150 in Westdeutschland wie bei den Messungen für die TGL in Ostdeutschland für relevante Versuche in der Härteprüfung nach Brinell, Vickers und Rockwell mit 30 s angegeben. Für die Bestimmung der Härteprüfung nach Brinell gab es bzgl. des Kugelwerkstoffes ebenfalls unterschiedliche Vorgaben. Heute ist der Kugelwerkstoff Hartmetall und die Einwirkdauer der Prüfkraft mit 10–15 s bei Vickers und Brinell und mit 2–6 s bei Rockwell festgeschrieben. Aus diesen Gründen kommen diese Diskrepanzen in der DIN EN ISO 18265 heute zustande. Der DIN arbeitet zusammen mit dem VDEh und dem AWT-Fachausschuss 12 daran, diese Diskrepanzen zu beseitigen.Weshalb ich an dieser Stelle noch einmal bitte, falls Versuche durchgeführt werden, bitte informieren Sie die PTB oder die MPAs, sodass dort eine Gegenmessung erfolgen kann. Wenn z. B. alle Messungen, die vom VDEh durchgeführt werden, nicht von der PTB und den MPAs gegengemessen werden, können z. B. Skalenänderungen, wie bei den Rockwell-Skalen, nicht in den Umwertungen berücksichtigt werden. Hier bitten wir um Zusammenarbeit.
I. Schruff : Der Unterausschuss wird sicher im Rahmen seiner Aktivitäten diese Zusammenarbeit suchen und fördern. Ich möchte auf die mir eben gestellte Frage noch kurz eingehen. Die Wahrscheinlichkeit,dass aus HRC-Differenzen in der Spanne von 1,5 HRC bis 2 HRC gerichtliche Auseinandersetzungen resultieren, halte ich aus meiner Erfahrung für nicht sehr groß. Aber natürlich kommen Rückfragen, wenn man Vergütungsprozesse auf der Basis dieser neuen Umwertungstabellen fährt, dadurch dann die Anlasstemperaturen um z. B. 20 °C verändern muss und damit z. B. veränderte Zerspanbarkeitseigenschaften in einem Stahlblock erzielt. Von daher, denke ich, sind wir durch diesen Ringversuch auf dem richtigen Weg, dass wir mit Hilfe dieser Werte versuchen, die Ungereimtheiten auszuräumen.
V. Ermert : Meine Frage bezog sich ja ursprünglich auf das Streuband, das ist ja glücklicherweise vom MPA schon weggemessen worden.
D. Schwenk : Vielleicht jetzt noch eine Anmerkung dazu. Dieses 1 HRC kommt noch von einer anderen Stelle.Der VDI-Arbeitskreis, dessen Mitglied ich bin, beschäftigt sich mit der Problematik der Messmitteleignung von Härteprüfmaschinen und vonseiten der Konstruktion werden teilweise die Toleranzen für Wärmebehandlung bei HRC-Messungen auf +/- 1 HRC eingeengt.
Eine andere Problematik bei den Rockwell-Messungen besteht darin, dass, auch wenn Sie Ihr Bauteil noch so gut gemessen haben und Sie wollen es in die USA oder ein anders Land verkaufen, die dortige Härteskala um z. B. 0,7HRC im Niveau anders liegen kann. Es wird einfach, auch von politischer Seite, die Härteprüfung als nicht wichtig angesehen.Für die Festlegung eines neuen Normals für die Masse werden mehrere Millionen Euro ausgegeben, für die Konzeption von einem Rockwell-Eindringkörper, was mit sehr viel weniger Geld zu machen wäre, stehen keine Mittel zu Verfügung. Die Härteprüfung ist einfach zu uninteressant.
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Diskussionsteilnehmer
Dipl.-Ing. V. Ermert, Siegener Werkzeug- u. Härtereitechnik GmbH, Siegen
Dipl.-Ing. D. Schwenk, MPA NRW, Dortmund
Dipl.-Ing. I. Schruff, Kind & Co., Edelstahlwerk, KG,Wiehl
Literatur
1 Norm DIN 50150:1976. Prüfung von Stahl und Stahlguß – Umwertungstabelle für Vickershärte, Brinellhärte, Rockwellhärte und Zugfestigkeit. Beuth Verlag, Berlin, 1976Search in Google Scholar
2 Norm DIN EN ISO 18265:2003. Metallische Werkstoffe – Umwertung von Härtewerten. Beuth Verlag, Berlin, 2004Search in Google Scholar
3 Schruff, I.: Zur Problematik der Umwertung von Härte und Zugfestigkeit nach DIN EN ISO 18265. HTM Z.Werkst.Wärmebeh. Fertigung 62 (2007) 1, S. 22-26.Search in Google Scholar
4 Interne Umwertungstabelle der Fa.Kind & Co., Edelstahlwerk,KG,Wiehl.Search in Google Scholar
© 2008 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston, Germany
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