EU-Beihilfenrecht und sog. Defizitausgleiche zugunsten öffentlicher Krankenhäuser
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Wolfram Cremer
Zusammenfassung
Der in der EU und nicht zuletzt in Deutschland weit verbreitete und unter Verwendung öffentlicher Mittel geleistete Ausgleich von Defiziten, welche in öffentlichen Krankenhäusern auflaufen (sog. Defizitausgleich) ist seit ca. 15 Jahren Gegenstand einer EU-beihilfenrechtlichen Kontroverse. Gefordert wird im Anschluss an das unionsrechtliche Beihilfenverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV teils nicht weniger als die Schließung sämtlicher (strukturell resp. fortwährend) defizitärer öffentlicher Krankenhäuser. Freilich fehlten lange Zeit thematisch einschlägige gerichtliche Stellungnahmen. Dies hat sich in Gestalt von Entscheidungen des EuG aus dem Jahre 2012 und des BGH (und des OLG Stuttgart) aus dem Jahre 2016 geändert. Freilich sind die Judikate nicht leicht zu dechiffrieren. Vor diesem Hintergrund wagt der vorliegende Beitrag einen systematisch angelegten Entschlüsselungsversuch und entwickelt zugleich − unter Rückbesinnung auf beihilfenrechtliche Grundlagen – rechtsdogmatisch begründete Alternativangebote. In diesem Zusammenhang wird auch herausgearbeitet, dass ein (partieller) Abschied von der Altmark-Rechtsprechung des EuGH zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse beihilfenrechtlich angezeigt und in den Judikaten von EuG und BGH stillschweigend mitgedacht ist.
Abstract
EU state aid law and the compensation for deficits of public hospitals − Furthermore on the (partial) abandonment of the ECJ’s Altmark jurisprudence regarding services of general economic interest by the CFI and the Federal Court of Justice (BGH)
For about 15 years, the widely spread compensation for deficits of public hospitals (so-called deficit compensation) using public funds has been subject of an EU state aid law controversy. Following the EU prohibition of state aids according to Art. 107 para 1 TFEU, there partly are demands for nothing less than the closing of all (structurally or rather continually) loss-making public hospitals. Certainly, for a long time there were no thematically relevant judicial statements. However, this changed with the decisions of the CFI in 2012 and the Federal Court of Justice (BGH) in 2016. Admittedly, the judgments are not easily deciphered. Against this background, this article intends to deliver a systematic decoding of the decisions on the one hand and develops alternatives in a legal perspective based on the state aid law basic principles on the other hand. In this context, it will be argued that a (partial) abandonment of the Altmark principles of the ECJ regarding services of general economic interest is advisable according to state aid law and implicitly addressed by the CFI and BGH judgments.
© 2018 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Aachener Str. 222, 50931 Köln.
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