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Der zivilprozessuale Nachweis eines Kartellrechtsverstoßes nach vorausgegangener Verpflichtungszusagenentscheidung

  • Stefan Thomas
Published/Copyright: August 7, 2018
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Zusammenfassung

Das Kartellschadensersatzrecht der EU-Richtlinie und der beiden letzten GWB-Novellen ist geprägt vom Paradigma der Follow-on-Klage nach Erlass einer Abstellungs- oder Bußgeldentscheidung. Sinnbild hierfür ist die gesetzlich angeordnete Feststellungswirkung in § 33b GWB (§ 33 Abs. 4 GWB a. F.). Kartellschadensersatzansprüche sind indes auch ohne vorherige behördliche Feststellung eines Verstoßes möglich, für die § 33b GWB als Beweiserleichterung dann aber ausscheidet. Es können hier ggf. nur die allgemeinen Vermutungs- und Anscheinsbeweise bezüglich des Schadens Anwendung finden, etwa § 33a Abs. 2 GWB oder § 33c Abs. 2 GWB, die u. a. voraussetzen, dass zunächst ein Kartellrechtsverstoß im Zivilprozess bewiesen wurde. Fraglich ist, wie es sich mit Blick auf den Beweis des Verstoßes verhält, wenn die Behörde zuvor eine Verpflichtungszusagenentscheidung nach Art. 9 VO 1/2003 bzw. § 32b GWB erlassen hat. Einerseits hat die Behörde in diesen Fällen erste Ermittlungen durchgeführt, andererseits fehlt es bei dieser Entscheidungsform an der Feststellung eines Verstoßes. Der EuGH hat vor diesem Hintergrund unlängst in seinem „Gasorba“-Urteil angemerkt, dass einer Verpflichtungszusagenentscheidung der Kommission in einem späteren Kartellzivilverfahren die Bedeutung eines „Indizes“ bzw. „Anfangsbeweises“ zukomme. Da der Gerichtshof aber keine weitergehenden Erläuterungen zu diesen Wirkungen gemacht hat und da überdies auch die EU-Kartellschadensersatzrichtlinie zu diesem Problem schweigt, geht der vorliegende Beitrag der Frage nach, welche Bedeutung eine Verpflichtungszusagenentscheidung für den Nachweis eines Verstoßes in einem nationalen Kartellschadensersatzprozess haben kann.

Abstract

Private antitrust claims, commitment decisions and the burden of proof

The debate on private antitrust enforcement orbits around follow-on-constellations. When antitrust authorities and courts have found an infringement to have been committed and imposed a fine accordingly, there is generally no further dispute before the civil courts on whether a breach of the antitrust laws has taken place or not (Article 9 EU Antitrust Damages Directive). The whole setting is different when the competition authority has merely issued a commitment decision under Article 9 Regulation 1/2003 or the national equivalent. In those cases, the authority does not find an infringement. Rather, it declares commitments binding while at the same time dispensing itself of the necessity to hold whether the antitrust laws have been infringed or not. In its recent “Gasorba”-judgement, the ECJ has nonetheless stated that a commitment decision can serve as an “indication” or “prima facie evidence” when it comes to a subsequent civil law dispute. The present article seeks to analyse in what way and to what extent a commitment decision can precipitate effects on the substantiation of a private antitrust claim and the claimant’s burden of proof.

Published Online: 2018-08-07
Published in Print: 2018-08-07

© 2018 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Aachener Str. 222, 50931 Köln.

Downloaded on 8.12.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.15375/zwer-2018-0203/html
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