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Wir brauchen den Menschen in der Fabrik!

Veröffentlicht/Copyright: 17. Juni 2024
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

der Übergang von der volatilen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen VUCA-Welt („volatile, uncertain, complex, ambiguous“) in die brüchige, verunsicherte, nichtlineare und unverständliche BANI-Welt („brittle, anxious, non-linear, incomprehensible“) führt zu weiter steigenden Herausforderungen für produzierende Unternehmen. Die Unsicherheit in Lieferketten und Absatzmärkten nimmt zu. Die Komplexität von Prozessen und Produkten, gerade auch wegen der weitergehenden Produktpersonalisierung, steigt weiter. Fragen der Sicherheit von Daten und der kritischen Infrastrukturen gewinnen an Bedeutung. Darüber hinaus: Die Situation wird durch die immer knapper werdende Verfügbarkeit unserer wertvollsten, weil flexibelsten, Ressource, des Menschen, noch erschwert. Der demographische Wandel und die schon bestehende Fachkräfteknappheit verschärfen die Situation. Aber wir können sowohl organisatorische als auch technische Maßnahmen ergreifen.

Unsere Unternehmen, und insbesondere auch unsere Fabriken, müssen flexibler werden. Dies können wir durch agile Arbeitsweisen unterstützen – nicht nur in der Entwicklung, auch in der Produktion sowie in der Verwaltung. Darüber hinaus ist es an der Zeit, die Flexibilität der Personalkapazität durch neue organisatorische Ansätze zu erhöhen. Durch neue Formen des Wissensmanagements können wir den flexibleren Einsatz des Personals stärken – und an manchen Stellen auch Mitarbeitende zu neuen, höherwertigen Tätigkeiten befähigen, begleitet von Höherqualifizierungen, wie sie zum Beispiel schon seit einigen Jahren im Sinne des lebenslangen Lernens entwickelt werden.

Aber auch durch informationstechnische Lösungen können wir die Situation verbessern. Verfahren des Maschinellen Lernens ermöglichen Absatz- und Bedarfsprognosen und können die Personaleinsatzplanung optimieren, um die Ressource Mensch möglichst effizient zum Einsatz zu bringen. Mit Assistenzsystemen können wir Mitarbeitenden situations- und kompetenzgerecht nicht nur Informationen zur Erfüllung ihrer Arbeitsaufgabe bereitstellen, sondern auch körperlich mit Exoskeletten und weiteren Hilfsmitteln unterstützen. Darüber hinaus ermöglichen neue Entwicklungen der Mensch-Maschine-Interaktion den Mitarbeitenden, auch komplexe technische Systeme intuitiv zu nutzen. Ein aktuelles Beispiel sind Mensch-Technik-Schnittstellen auf der Basis von großen Sprachmodellen, die eine natürlichsprachliche „Programmierung“ von Mensch-Roboter-Systemen oder anspruchsvollen Anlagen möglich machen.

Trotz einer fortschreitenden Automatisierung und einer technischen Entwicklung hin zu einer Künstlichen Intelligenz, die immer mehr kognitive Aufgaben übernehmen kann, werden wir auch zukünftig den Menschen in der Fabrik brauchen. Erst durch den Beitrag des Menschen stehen die benötigten Daten in erforderlicher Qualität zur Verfügung und erst durch sein Lenken und seine Kontrolle auf der Basis eines echten Verständnisses der technischen Zusammenhänge entfaltet die Künstliche Intelligenz ihr volles Potenzial.

Umgekehrt jedoch kann die neue Technik den Menschen befähigen und seinen Wirkungskreis erweitern. Wie bei früheren umwälzenden technischen Innovationen werden sich signifikante Produktivitätssteigerungen erst durch organisatorische Veränderungen und neue Arbeitsweisen erzielen lassen. Auch hierfür ist die menschliche Innovationskraft in der Fabrik gefragt. Der Mensch ist und bleibt unsere wertvollste Ressource – aber wir müssen sie entwickeln und angemessen unterstützen!

Herzlichst im Namen der Herausgeber

Ihr

Oliver Riedel

Published Online: 2024-06-17
Published in Print: 2024-06-25

© 2024 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston, Germany

Heruntergeladen am 22.10.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zwf-2024-2009/html
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