Home Wenn alles auf den Tisch kommt – Die Weltbeziehungen der Homesharer werden in der Küche verhandelt
Article Open Access

Wenn alles auf den Tisch kommt – Die Weltbeziehungen der Homesharer werden in der Küche verhandelt

  • Henrike Katzer

    Henrike Katzer, geb. 1993 in Kiel. Studium der Soziologie und Psychologie in Koblenz, Jena und Haifa. Seit 2021 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich für Allgemeine und Theoretische Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und arbeitet am SFB 294 Strukturwandel des Eigentums.

    Forschungsschwerpunkte: Fürsorgeverhältnisse, Geschlechterforschung, Soziologie des Wohnens und Homesharing, Theorien der Vergemeinschaftung.

    Wichtigste Publikationen: Umkämpftes Zuhause – Fürsorge und Autonomie in krisenhaften Zeiten. Ethik und Gesellschaft. Ökumenische Zeitschrift für Sozialethik 2, 2024 (i.E.); Hans-Georg Soeffner: Symbolische Formung. Eine Soziologie des Symbols und des Rituals. S. 631–638 in: C. Gärtner & G. Pickel (Hrsg.), Schlüsselwerke der Religionssoziologie. Wiesbaden: Springer VS 2019 (mit W. Gebhardt).

    , Malte Janzing

    Malte Janzing, geb. 1997 in Mannheim. Studium der Soziologie in Heidelberg und Jena. Seit 2021 wissenschaftlicher Assistent am SFB 294 Strukturwandel des Eigentums; seit 2023 Promotion mit einem Landesgraduiertenstipendium.

    Forschungsschwerpunkte: Digitale Medien, Geistiges Eigentum, Rechtsextremismusforschung, Subjekttheorie, Diskurstheorie, Methoden der qualitativen Sozialforschung.

    Wichtigste Publikationen: Property vs. Usage Rights: Attitudes of Citizens and Political Elites. Working Paper Nr. 6, 2024 Sonderforschungsbereich/Transregio 294 „Strukturwandel des Eigentums“ (mit J. Rinne & H. Bönnighausen); Introvertierte, querulantische Widerstandskämpfer gegen ein korrumpiertes System: Subjektivierung in Rechtsintellektuellen-Diskursen. ZRex – Zeitschrift für Rechtsextremismusforschung, 3(1), 2023: 52–67.

    , Christoph Henning

    Christoph Henning, geb. 1973 in Niedersachsen, Magister in Philosophie, Soziologie und Musikwissenschaften an der TU Dresden, Berlin und New York, Promotion über Marxrezeption an der TU Dresden 2003, Habilitation an der Universität St. Gallen 2014, seitdem Fellow für Philosophie am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt, seit 2023 Full Professor für Philosophie und Humanismus an der University for Humanistic Studies, Utrecht (NL).

    Forschungsschwerpunkte: Sozialphilosophie, Ideengeschichte und Kultursoziologie.

    Wichtigste Publikationen: Theories of Alienation from Rousseau to the present. Routledge 2024; Einführung in die Theorie der Ideologie. Junius 2024; Perfektionierung. Wiesbaden: Springer VS 2023 (Hrsg. mit C. Heite& V. Magyar-Haas).

    , Jörg Oberthür

    Jörg Oberthür, geb. 1974 in Mühlhausen/Th., Studium der Soziologie in Jena, Promotion in Jena. Seit 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

    Forschungsschwerpunkte: Soziologische Theorie, Diskurstheorie, Politikfeldanalyse.

    Wichtigste Publikationen: Gesellschaftstheorie. München: UVK 2020 (mit H. Rosa, U. Bohmann, J. Gregor, S. Lorenz, K. Scherschel, P. Schulz, J. Schwab & S. Sevignani); & J. Oberthür, 2018: The missing Link. How organisations bridge the gap between dynamic stabilisation and individual optimization. S. 36–48 in: V. King, B. Gerisch & H. Rosa (Hrsg.) Lost in Perfection: Impacts of Optimisation on Culture and Psyche. London: Routledge (mit H. Rosa & H, D. Linder); Die Einführung der grünen Gentechnik als diskursive Konstruktion. Baden-Baden: Nomos 2008.

    and Hartmut Rosa

    Hartmut Rosa, geb. 1965 im Schwarzwald, ist seit 2005 Professor für Allgemeine und Theoretische Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena und seit 2013 zugleich Direktor des Max-Weber-Kollegs an der Universität Erfurt. Als Gastwissenschaftler war er u. a. an der New School for Social Research in New York, an der EAFIT-Universität in Medellin und an der FMSH in Paris tätig. Er promovierte 1997 an der Humboldt-Universität zu Berlin und habilitierte sich 2004 in Jena. 2006 erhielt er den Thüringer Forschungspreis für Grundlagenforschung, 2016 den Tractatus Preis, 2018 den Erich-Fromm-Preis und 2023 den Leibniz-Preis.

    Forschungsschwerpunkte: Zeitsoziologie, Soziologie der Weltbeziehung, Modernetheorie, Phänomenologie und Kritische Theorie.

    Wichtigste Publikationen: Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung. Berlin: Suhrkamp 2016; Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, Frankfurt/Main: Suhrkamp 2005; Nach dem Privateigentum? Güter, Infrastrukturen und Weltverhältnisse im Kapitalismus des 21. Jahrhunderts; Frankfurt/Main, New York: Campus 2024 (mit S. van Dyk & T. Reitz).

    EMAIL logo
Published/Copyright: August 23, 2024
Become an author with De Gruyter Brill

Zusammenfassung

Ausgangspunkt unseres Beitrags ist die Beobachtung, dass Eigentumsverhältnisse mit je spezifischen Formen der Weltbeziehung verbunden sind. Um der Frage nachzugehen, ob und wie sich die Weltbeziehungen von Subjekten verändern, wenn Eigentumsverhältnisse in Bewegung geraten, untersuchen wir, ob sich in Praktiken und Erfahrungen des Homesharing Irritationen und Veränderungen der Ding-, Sozial- und Selbstbeziehungen beobachten lassen und welche Form und Richtung diese dabei annehmen. Als Fokus dienen uns die beobachtbaren, stets prekären, tentativen und temporären Vergemeinschaftungsprozesse, die sich beim Teilen des interpersonalen Nahraums ergeben. Auf Grundlage qualitativer Interviews mit Nutzenden von Homesharing-Plattformen zeigen wir, dass die Küche und Situationen des gemeinsamen Essens zentrale Ausgangspunkte für die Gestaltung der Gemeinschaftlichkeit darstellen und rekonstruieren drei Typen von Homesharern, die zwischen den Orientierungen von Professionalität und Familialität oszillieren.

Abstract

The starting point of our contribution is the observation that property relations are linked to specific forms of our relationship to the world. In order to pursue the question of whether and how relationships to the world of subjects change when property relations are altered, we investigate whether irritations and changes in relationships to things, to social others, and to oneself can be observed in the practices and experiences of homesharing, and what form and direction these take. Our focus is on the empirically observable, always precarious, tentative, and temporary communalization processes that arise when sharing interpersonal space. Based on qualitative interviews with users of homesharing platforms, we show that the kitchen and situations of communal eating are central starting points for shaping communality and reconstruct three types of homesharers that oscillate between the patterns of professionalism and familiarity.

1 Einleitung

Die Annahme, dass es sich beim Privateigentum um eine zentrale Institution der Gegenwartsgesellschaft handelt, basiert auf der Beobachtung, dass mit dem exklusiven Eigentum an Dingen zugleich jeweils spezifische Sozialbeziehungen und Selbstverhältnisse verbunden sind. Im Rahmen einer Soziologie der Weltbeziehungen[1], die wir hier exemplarisch am Fall des Homesharing entfalten, können diese komplexen Zusammenhänge sowohl in ihrer Sinnhaftigkeit als auch im Hinblick auf die Prozessdynamik ihrer praktischen Erzeugung, Reproduktion und Veränderung erfasst werden. In diesem Beitrag wollen wir der Frage nachgehen, ob und wie sich die Weltbeziehungen von Subjekten verändern, wenn Eigentumsverhältnisse in Bewegung kommen oder irritiert werden. Eben dies ist, so die Ausgangshypothese, in Feldern und Praktiken der Sharing Economy der Fall, in der es insbesondere an den Grenzlinien zwischen (rechtlich definiertem) Privat-Eigentum und (gewohnheitsmäßigem) Besitz zu mannigfaltigen Irritationen und Spannungslinien kommt, die der stetigen Aushandlung bedürfen.

In einer empirischen Erhebung dazu[2] haben wir uns auf sich aktuell herausbildende Praktiken und Erfahrungen des Homesharing und mithin auf ein Feld konzentriert, in dem sich, auch abhängig von den jeweiligen digitalen Plattformen, über die sie organisiert sind, solche Aushandlungsprozesse gleichsam in actu beobachten lassen. Diese stellen Eigentumsverhältnisse per se nicht in Frage: Die Couch bleibt die Couch des Gastgebenden. Fraglich werden dabei jedoch auf Schritt und Tritt die ‚Besitzverhältnisse‘: Der Gast nimmt die Couch für eine Nacht in Besitz – aber wie steht es mit dem Zimmer als solchem, mit dem Bad, mit der Küche? Hier findet ein stetiges Aus- und Neuverhandeln von ‚mein‘, ‚dein‘ und ‚unser‘ in einem Bereich statt, der als Nah- und Intimbereich gelten kann und der in der modernen Gesellschaft üblicherweise nicht mit Fremden geteilt wird. Daher lässt sich hier das, was durch Praktiken des Teilens in Bewegung gerät, gleichsam in statu nascendi beobachten.

Wir wollen im Folgenden also der Frage nachgehen, ob sich in den Praktiken und Erfahrungen des Homesharing Irritationen und Veränderungen der Ding-, Sozial- und Selbstbeziehungen der Subjekte beobachten lassen und welche Form und Richtung diese dabei annehmen können. Als spezifischer Fokus dienen uns dabei die beobachtbaren, stets prekären, tentativen und temporären Vergemeinschaftungsprozesse, die sich durch das Teilen des interpersonalen Nahraums nahezu unvermeidlich ergeben. Nach einer Einführung in unser Forschungsprogramm (2), möchten wir eine eigentumstheoretische Perspektive auf Praktiken des Teilens (in der Sharing Economy) eröffnen (3.1) und dabei spezifisch auf unseren Untersuchungsfall, das Homesharing, eingehen (3.2). Wie sich zeigen wird, erweisen sich dabei geradezu invariabel die Küche und Situationen gemeinsamen Essens als Zentren der Vergemeinschaftungsprozesse und damit als Fokus der Infragestellung und Neuverhandlung der drei Grunddimensionen von Weltbeziehung (4.1). Darauffolgend stellen wir drei Typen vor, die in je spezifischer Weise auf das Teilen des privaten Nahraums mit Fremden reagieren und weisen die sich transformierenden Weltbeziehungen für diese Typen aus (4.2). In einer abschließenden Diskussion versuchen wir den Zusammenhang zwischen Eigentum und Weltbeziehungen zu präzisieren und stellen die Frage nach Transformationspotentialen von Praktiken des Teilens für die Muster der Weltbeziehungen (5).

2 Weltbeziehungssoziologie und dokumentarische Methode

Den theoretischen Ausgangspunkt unserer Untersuchung bildet die Soziologie der Weltbeziehung, wie sie von Hartmut Rosa (2016) systematisch ausformuliert, seither aber von einer Vielzahl von Autor:innen aufgegriffen und in unterschiedlicher Weise weiterentwickelt wurde (u. a. Hollstein, Rosa, Rüpke (Hrsg.) 2023; Chanda und Opitz 2023, Hübner und Weiss (Hrsg.) 2020, Repohl 2019, Gehlen 2023, Taylor 2023, Cheng 2023). Die Soziologie der Weltbeziehung versucht im Anschluss an phänomenologische Ansätze die historisch und kulturell variablen Weisen zu analysieren, in denen Menschen sich aktiv (also handelnd) und passiv (in Form von Erfahrungen) zur Welt positionieren und sich mit ihr auseinandersetzen (vgl. dazu Rosa 2016: 83–328). Dabei unterscheidet sie vier basale Dimensionen der Weltbeziehung: 1) Soziale Beziehungen intersubjektiver Art, 2) materiale Beziehungen zu Dingen, Stoffen und Artefakten (Repohl 2019, Cheng 2023), 3) existentielle (oder vertikale) Beziehungen zu einer als letzte Realität erfahrenen Totalität (die kulturabhängig etwa als Universum, als Natur, als Welt, als Leben oder als Gott konzeptualisiert wird, vgl. Wils 2019) und 4) schließlich die Dimension der subjektiven Selbstbeziehung. Soziologisch knüpft sie dabei unmittelbar an die verstehende Soziologie Max Webers und die daraus hervorgehende phänomenologisch orientierte Schule etwa von Alfred Schütz an, aber auch an Georg Simmels Auffassung der Soziologie als Wissenschaft der Wechselwirkungen und Beziehungsformen. Dessen Philosophie des Geldes liest sich über weite Strecken, insbesondere in dem langen Kapitel über den Stil des Lebens (Simmel 1989) wie eine auf den Übergang vom Ding- zum Geldbesitz fokussierte Weltbeziehungssoziologie des Eigentums. Er analysiert dort explizit die Art und Weise, in der unterschiedliche Eigentumsformen (Simmel unterscheidet hier nicht zwischen Besitz und Eigentum) sich in Prozessen der Individualisierung und Anonymisierung auf die Sozialverhältnisse, im Wandel der Subjektivierungsformen auf die Selbstverhältnisse und in Rationalisierungs- und Ökonomisierungsprozessen auf die Dingverhältnisse auswirken. In unserem Beitrag klammern wir die dritte (vertikale) Dimension der Weltbeziehung aus und konzentrieren uns im Folgenden auf die Ding-, Sozial- und Selbstverhältnisse, wie sie durch Besitz- und Eigentumsverhältnisse geprägt und in neuen Formen des Sharing irritiert und potentiell transformiert werden.

Unseren methodologischen Ausgangspunkt für die Beobachtung auf der Ebene mikrosozialer Praktiken bildet die dokumentarische Methode. Dabei handelt es sich im engeren Sinne nicht nur um einen qualitativen, sondern um einen rekonstruktiven Ansatz: Es geht um das Aufdecken hintergründiger Sinnstrukturen, die über das bloße Nachvollziehen der subjektiven Perspektiven und theoretischen Erklärungen hinausweisen (vgl. Kruse 2015: 24 f.). Mit dem rekonstruktiven Werkzeug der dokumentarischen Methode ist es gerade das implizite atheoretische Wissen in den Interaktionen und Artikulationen, das es ermöglicht, konjunktive Erfahrungsräume zu erschließen (vgl. Bohnsack et al. 2013). Auf diese Weise haben wir untersucht, wie die Ding-, Selbst- und Sozialbeziehungen der involvierten Personen, die beim Homesharing zusammenfinden, aufeinanderprallen, sich wechselseitig in Frage stellen sowie irritieren und in den oft subtilen und den Akteur:innen kaum bewussten Aushandlungsprozessen auch (meist inkremental) transformiert werden.

Die Aufschlüsselung der in praktische Orientierungen beim Homesharing eingebundenen Ding-, Sozial- und Selbstverhältnisse kann dabei sehr gut an das für die dokumentarische Methode zentrale Konzept der Typik angeschlossen werden: In dieser Hinsicht stellen die damit bezeichneten Grunddimensionen jeder Weltbeziehung zugleich allgemeine Strukturmerkmale konjunktiver Erfahrungsräume dar, deren Herausbildung einen intersubjektiven Abgleich in allen diesen Beziehungshinsichten voraussetzt und bedingt. Dort, wo – wie wir es bei den neu sich etablierenden Formen der Sharing Economy erwarten – solche Erfahrungsräume in Bewegung geraten oder irritiert werden, ergeben sich zugleich jeweils distinkte Probleme für die Praxis, die durch die Handelnden wiederum in allen drei Dimensionen auf verschiedene Weise bearbeitet werden können bzw. müssen. Die Dimensionen von Weltbeziehungen werden auf diese Weise zu feldspezifischen ‚Typiken‘ mit je besonderer Ausformung. Wie wir im Folgenden herausarbeiten, betrifft das die Dimension der Sozialbeziehungen, die Dimension der Dingbeziehungen und die Dimension der Selbstbeziehungen gleichermaßen. Wir gehen dabei weder davon aus, dass sich die Ausprägungen auf jeder der drei Weltbeziehungstypiken soziogenetisch erklären lassen, noch dass sie unabhängig voneinander sind. Stattdessen möchten wir durch die Relationierung der drei Typiken (vgl. Nohl 2013; 2019) anhand ausgewählter Fälle zeigen, wie erst durch deren Ineinandergreifen komplexe und differente Praktiken des Teilens möglich werden, die je auf ihre Weise ‚funktionieren‘.

Die für den Beitrag grundlegenden Interviews sind im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 294 „Strukturwandel des Eigentums“ im Teilprojekt „Dinge verfügbar machen. Eigentum als spezifische Form der Weltbeziehung“ entstanden. Den empirischen Korpus des Projekts bilden Einzelinterviews, Expert:inneninterviews sowie Gruppendiskussionen in vier Praxisfeldern der Sharing Economy. Aufgrund des thematischen Fokus des Artikels beschränken wir uns hier auf die Einzelinterviews im Feld des Homesharing. Die Rekrutierung der Interviewpartner:innen erfolgte über verschiedene Online-Plattformen zum Homesharing, wobei gleichermaßen Angebote mit oder ohne finanzielle Gegenleistung für das Angebot eines Schlafplatzes einbezogen wurden. Entscheidend für die Rekrutierung war nicht der Grad der Kommodifizierung der Praxis, sondern die Maßgabe, dass der private Wohnraum simultan und nicht nur sequentiell geteilt wurde.[3] Wir setzen somit den Startpunkt bei der Praxis des Homesharing und nicht bei einer konkreten Plattform – im Gegensatz zum Beispiel zur AirBnB-Forschung. Die narrativ fundierten leitfadengestützten Interviews waren mit je 60 Minuten angesetzt und fanden allesamt per Videotelefonat statt. In die Auswertung gingen letztlich 13 Fälle ein, von denen neun Interviewpartner:innen in einer Großstadt und vier in einer Mittelstadt lebten. Die Interviewpartner:innen befanden sich in einem Altersspektrum zwischen Mitte 20 und Mitte 50, wobei ein Großteil zwischen 30 und 40 Jahre alt war. Das Geschlechterverhältnis war mit sechs männlichen und sieben weiblichen Gesprächspartner:innen nahezu paritätisch besetzt und die Einkommens- und Eigentumsverhältnisse breit gestreut: Während das Spektrum der Einkommen sich zwischen Grundsicherung und „über 10.000€“ im Monat bewegte, gaben die meisten Befragten ein mittleres Einkommen an, und während die Wohnverhältnisse zwischen einem 18m2 WG-Zimmer und dem 258m2 Eigenheim mit Garten differierten, gab die Mehrheit an, allein oder zu zweit in einer Zweiraumwohnung zu leben.

Zur Auswertung der Interviews entschieden wir uns, zuerst die Orientierungsmuster – also die „generativen Muster“ der Hervorbringung von Handlungen (Bohnsack 2013: 249) – hinsichtlich des Essens in den einzelnen Fällen zu rekonstruieren.[4] In einem zweiten Schritt, der sinngenetischen Typenbildung, wurden mittels Fallvergleich einzelne Orientierungsmuster zu „Klasse[n] von Orientierungen“ abstrahiert (Bohnsack 2013: 251 f.). In unserem Fall haben wir die Situationen des gemeinsamen Essens und der gemeinsamen Nutzung der Küche vergleichend interpretiert und dabei am Material die Gemeinschaftstypik (Dimension der Sozialbeziehungen), die Besitztypik (Dimension der Dingbeziehungen) und die Identitätstypik (Dimension der Selbstbeziehungen) des ‚Teilens‘ von Eigentumsobjekten gebildet. Anschließend haben wir in Anlehnung an Nohls Konzept der relationalen Typenbildung versucht, Relationen zwischen den Typiken herzustellen. Unsere im Folgenden dargestellten drei Typen sind somit verdichtete Überkreuzungen von Sinnmustern innerhalb der Typiken. Die relationale Typenbildung erscheint gerade in Kontexten wie unserem sinnvoll, wo die sozialen Zusammenhänge noch in der Herausbildung begriffen sind (vgl. Nohl 2013: 60).

3 Die Institution des Eigentums und Praktiken des Teilens

Nachdem wir den theoretischen und methodologischen Rahmen der Weltbeziehungssoziologie und den empirischen Anschluss der dokumentarischen Methode im Sinne eines Forschungsprogramms dargelegt haben, werden im Folgenden einige gegenstandtheoretische Annahmen offengelegt (vgl. Gegenstandstheorie und Grundlagentheorie, Nohl 2016). Zum einen stellen wir dar, inwiefern die weltbeziehungstheoretische Analyse von Eigentum die Möglichkeit eröffnet, durch Praktiken des Teilens herausgeforderte Ding- und insbesondere Besitzverhältnisse immer verbunden mit sich veränderten Selbst- und Sozialverhältnissen und mithin in Prozessen der Vergemeinschaftung zu erforschen (3.1). Zum anderen stellen wir aktuelle Forschungsergebnisse aus dem Feld des Homesharing dar und fokussieren dabei auf diejenigen Arbeiten, die sich mit der sozialen Situation beim simultanen Wohnraumteilen befassen (3.2). Wir markieren auf diese Weise unsere Position in der Forschungsdebatte und stellen sensibilisierende Konzepte zur Interpretation und Einordnung unserer empirischen Arbeit bereit. Zunächst aber müssen wir noch auf eine sachliche und begriffliche Schwierigkeit hinweisen, die sich im Zusammenhang von Eigentum und Besitz ergibt: Juristisch werden die Begriffe in der Regel so unterschieden, das Besitz die unmittelbare, praktische Verfügung über ein Objekt bezeichnet, während Eigentum als rechtliche Kategorie anzeigt, wem eine Sache gehört. Den klassischen Fall hierfür bilden tatsächlich Wohnverhältnisse: Die Mieterin einer Wohnung ist ihre Besitzerin, während der Eigentümer ein anderer Akteur sein kann. Wenn Besitz und Eigentum auseinanderfallen, sind die Verfügungsrechte über das Objekt geteilt: Manche Dinge (zum Beispiel die Fenster öffnen) darf die Besitzerin tun, andere (etwa die Wohnung verkaufen) darf der Eigentümer. Allerdings wird die Unterscheidung in der Praxis dadurch erschwert, dass in der Alltagspraxis und auch in vielen nicht-juristischen Texten a) sowohl Eigentum als auch Besitz oft als Oberbegriffe verwendet werden und dann beide Dimensionen umfassen, und b) die realen Verhältnisse noch komplizierter sein können: Wenn eine Mieterin einen Teil des gemieteten Mobiliars, etwa ein Bett, einem Gast zur Verfügung stellt, wird dieser jenes Bett temporär als das seinige betrachten, so dass er selbst und die Mieterin sich die Besitzansprüche teilen. Die Verfügungsrechte sind dabei also dreigeteilt. Für unsere Untersuchung relevant sind im Folgenden just solche Überschneidungen, das heißt die Berührungspunkte, an denen Verfügungspraktiken und -grenzen ausgehandelt werden müssen. Im Zentrum stehen also zunächst die Besitzverhältnisse, denen gegenüber die abstrakten Eigentumsverhältnisse in den Hintergrund treten. Wir verwenden Eigentum dabei an vielen Stellen als Oberbegriff, da ein:e Mieter:in beispielsweise zwar Eigentümer:in der benutzen Kaffeetassen, nicht aber der benutzten Spülmaschine sein mag, diese Differenz aber für die Aushandlungen in der Küche nicht relevant ist.

3.1 Eigentum (teilen) und Gemeinschaft

Das (private) Eigentum an Dingen und Gütern als Basisinstitution moderner Gesellschaften stiftet auf dreifache Weise eine spezifische Weltbeziehung und definiert damit eine gesellschaftlich bestimmte Grundform des Weltverhältnisses der Subjekte. Zum ersten nämlich instituiert Eigentum ein spezifisches Dingverhältnis: Dass eine Sache uns gehört, bedeutet, dass wir mit ihr (im Rahmen rechtlicher Eigentumsgrenzen) tun und lassen können, was wir wollen. Wir dürfen sie nach Belieben nutzen, verändern, weitergeben, verkaufen, vermieten, verleihen, zerstören usw. Allerdings hat just dies in aller Regel auch zur Folge, dass wir für sie Sorge tragen: Gerade wenn und weil uns etwas gehört, möchten wir es sichern, bewahren, intakt halten oder sogar verbessern, verschönern, vergrößern usw. Im Blick auf die Dinge bedeutet Eigentum zunächst also ein Verfügbarkeitsrecht und sodann ein Sorgeverhältnis. Zugleich stiftet es aber, zum zweiten, auch eine soziale Weltbeziehung: Es erlaubt uns, andere von der Nutzung und vom Zugang auszuschließen, was zur Folge hat, dass wir mit ihnen in der Regel um die Dinge konkurrieren. Die Verfügungsgewalt der Eigentümerin erlaubt es ihr aber auch, anderen die Nutzung des Eigentums unter bestimmten Konditionen ganz oder teilweise zu überlassen oder es zu verschenken. Die durch Eigentum gestiftete Sozialbeziehung ist also prädominant ein Exklusions-, ein Konkurrenz- und/oder ein Kunden- bzw. Mietverhältnis; sie kann aber auch ein Überlassungsverhältnis sein. Schließlich geht das Eigentum an Dingen aber, zum dritten, auch mit einer spezifischen, oft identitätsprägenden Subjekt- bzw. Selbstbeziehung einher: Menschen verstehen sich dann etwa als Hausbesitzer, Mercedesfahrerin, Pradaträger, Applefan oder ähnliches. Entsprechend weist schon Georg Simmel in der Philosophie des Geldes (Simmel 1989: 409 f) auf „die Wirkung des Besitzes auf den Besitzer“ als „eine Kette vom Sein zum Haben und vom Haben zurück zum Sein“ hin.

Dass sich in unserer Untersuchung zum Homesharing die Küche sowie die Praktiken des gemeinsamen Essens als ‚Kristallisationspunkte‘ für die sozialen Aushandlungsprozesse und damit auch für mögliche Transformationspotentiale des Teilens erwiesen haben, ist vor diesem Hintergrund kein Zufall, denn beim Essen stehen, wie wir noch zeigen werden, in der Tat alle drei Dimensionen der Weltbeziehung auf dem Spiel: Im Blick auf die Dingbeziehung stellt sich die Frage, was auf den Tisch (und in den Kühlschrank) kommt – und was nicht; aber natürlich auch, wie es zubereitet und verzehrt werden sollte (und wie nicht). Hinsichtlich der Sozialbeziehung muss entschieden oder eben ausgehandelt werden, ob man gemeinsam oder einsam isst und trinkt, wer kocht, wer abspült, wer eingeladen ist, wer anfängt, wer das Mahl beendet usw. Das gesamte Sozialgefüge einer temporären Wohngemeinschaft kommt dabei in Bewegung. Nicht weniger entscheidend ist das Essen (insbesondere in der Spätmoderne) für das Selbstverständnis und -verhältnis der Subjekte: Wer sie sind und sein wollen, verraten die Subjekte beim Essen – indem sie sich zu Veganern oder Vegetarierinnen erklären (oder eben nicht); Wasser, Bier, Wein oder Schnaps trinken (oder eben nicht); Discounter- oder Bioprodukte verwenden usw.

Das ‚Teilen‘ in der Sharing Economy fordert somit nicht nur die Beziehung zu den eigenen Dingen heraus. Damit inhärent verbunden ist die Frage, wie viel Nähe man zulässt oder Distanz man halten will – wie sich also das Teilen des Wohnraums auf die Sozialbeziehungen auswirkt. Einen theoretischen Rahmen für diese Auseinandersetzung kann die Analyse von Vergemeinschaftungsprozessen in der Spätmoderne bilden. Treffend werden diese sozialen Gefüge als posttraditionale Gemeinschaften betitelt (vgl. Honneth 1993; Hitzler et al. 2008; für eine Übersicht der Debatte s. Rosa et al. 2010: 47 ff, 61 ff). Sie weisen zwar noch Charakteristika der subjektiv gefühlten Zusammengehörigkeit auf, diese entstammen aber keiner langfristigen Bindung durch Traditionen mehr, sondern sind allein über aktuale Gefühle bzw. über einen geteilten Wertekanon und je aktuelle Praktiken konstituiert. Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung sind so nicht länger als antagonistische Begriffspaare gedacht, sondern eher im Sinne Georg Simmels zu verstehen als Prozesse, die sich immer wieder wechselseitig durchkreuzen (vgl. Rosa et al. 2010: 49).

Beim Homesharing steht zunächst die leibliche Praxis des Übernachtens in der Wohnung einer fremden Person bzw. das Beherbergen einer fremden Person in der eigenen Wohnung im Zentrum. Versteht man das Beisammensein für einige wenige Nächte im Kontext einer eventhaften Vergemeinschaftung, wird deutlich, dass Inhalt des Reizes des Homesharings eine temporäre, leiblich kollektive Erfahrung mit Fremden ist, die in affektuell-körperlichen Momenten gipfeln kann (vgl. situative Event-Vergemeinschaftung bei Gebhardt 2008: 202). Die konkrete Begegnung geschieht dabei oftmals vor dem Hintergrund der Erwartung des Einstellens öffentlich einsehbarer Kommentare und Bewertungen auf den digitalen Plattformen. Auch geht ihr eine digitale Vorsortierung meist schon voraus – nicht nur weil diejenigen, die sich auf Plattformen verabreden, meist schon gewisse Werte teilen (im Falle des Homesharing etwa eine gewisse Aufgeschlossenheit, Neugier und Toleranz), sondern mehr noch, weil sich Gast und Host bereits auf der Plattform gegenseitig haben ‚aussuchen‘ können. Es handelt sich also in der Regel um eine digital vorbereitete und ausgesuchte Fremdheit. Andreas Reckwitz (2017) hat in seiner gesellschaftstheoretischen Analyse spätmoderner Praktiken und Prozesse der „Singularisierung“ (ebd.: 225), der mit ihnen verbundenen Transformation von klassischen Sozialformen wie ‚Gemeinschaft‘ und ‚Gesellschaft‘ und der im Zuge dessen zu beobachtenden Herausbildung von „Neogemeinschaften“ (ebd.: 61) auf die besondere Bedeutung digitaler Kommunikationsmedien und Plattformen für die Entstehung und Reproduktion neuer Kollektividentitäten hingewiesen (vgl. ebd.: 261 ff.). Kritisch wird in Bezug auf die Gemeinschaftsanrufung allerdings auch gesehen, dass posttraditionale bzw. Neo-Gemeinschaften in die „politökonomischen Bedingungen des Gegenwartskapitalismus und seiner sozialpolitischen Governance“ (van Dyk & Haubner 2021: 36) eingebettet werden können. In der These des Community-Kapitalismus (ebd.) wird beobachtet, dass die Krise sozialer Reproduktion durchaus von sozialen Gemeinschaften bearbeitet und abgefedert wird, diese also nicht allein durch romantische Sehnsüchte, sondern auch durch Nöte der Individuen entstehen, mithin strukturelle Determinanten haben.

Gemeinschaftliche Beziehungen im Kleinen sind immer verwoben mit gesellschaftlichen Strukturen. Interaktionen der Sharing Economy sind durch digitale Plattformen miteinander verbunden. Hier kommt es zur Formierung kollektiver Identitäten, die sich allerdings nicht reibungslos übersetzen lassen in ‚echte‘ Begegnungen des Teilens. Das Homesharing ist aus unserer Perspektive ein besonders interessanter Fall, da die Interaktionen stets innerhalb der körperlichen Kopräsenz im Zuhause stattfinden und es zu temporär leiblichen Momenten mit Fremden kommen kann.

3.2 Homesharing: Kurzzeitiges Teilen des Wohnraums mit Fremden

Unter Homesharing verstehen wir das Teilen von Wohnraum mit Fremden, welches auf eine kurze Zeit (meist einige wenige Nächte) und auf einen bestimmten Ort (das Wohnzimmer, das Gästezimmer) begrenzt ist. Oftmals ermöglicht dies eine finanzielle Entlastung und wird begleitet von der Suche nach sozialen Kontakten sowie der Hoffnung auf authentische Erfahrungen (vgl. Fitzmaurice et al. 2020: 89 ff., vgl. auch Farmaki & Stergiou 2019). Jun-E Tan (2013) zeigt, dass für Übernachtungen, die sich über Couchsurfing.org vermittelten, Kosmopolitismus als subkulturelles Kapital von besonderer Bedeutung war. Hingegen zeigen Ryan & Avram (2019) für AirBnB, dass weniger die subkulturellen Codes einer ‚Szene‘ die entscheidende Rolle spielen als vielmehr die intermediäre Funktion der Plattform. Die Plattform erzeugt letztendlich erst die Erwartungen der kollaborativen Konsument:innen, die in einer Spannung zwischen sozialen und ökonomischen Anforderungen stehen (ebd.: 344). Weiter wird in der Forschung zu AirBnB auf die Prekarität der Hosts in der sozial-reproduktiven Krise (Berfelde 2021) sowie die Funktion der emotionalen Arbeit für die Praxis (Knaus 2020) verwiesen.

Aktuelle Forschungen zum Homesharing thematisieren darüber hinaus das Spannungsverhältnis von Fremdheit und Privatheit anhand räumlicher Grenzziehungen, die sich mittels materialer Objekte vollziehen. So können etwa der Erwerb und die Zuteilung ausgewiesener Gäste-Handtücher, separater Bettwäsche und Matratzenschoner zur Erhaltung räumlicher Privatheit dienen – die private Wäsche bleibt die eigene und wird nicht geteilt (vgl. Stoltenberg 2019: 109). Gleichermaßen werden Fälle aufgezeigt, in denen der Schutz des Eigenen räumlich durch das Entfernen persönlicher Gegenstände und Bilder aus den Gästen zugänglichen Bereichen hergestellt wird (vgl. Borm 2017: 45). Das Problem des Fremden im Eigenen lässt sich jedoch dort schwer durch die Neutralisierung des privaten Raums bearbeiten, wo räumliche Grenzziehungen aus pragmatischen Gründen nicht möglich erscheinen, z. B. wo Räume simultan geteilt werden (müssen).

Teilweise sind die Menschen, die Homesharing-Angebote bereitstellen und nutzen, stark von ökonomischer Prekarität geprägt und können anders ihre Wohnungen nicht halten (vgl. z. B. Berfelde 2021). Insbesondere steigende Mieten sind ein stark wirkender struktureller Zwang. Darüber hinaus spielen aber auch die Sehnsüchte der Nutzer:innen nach sozialen Kontakten eine große Rolle und sind nicht erschöpfend aus ökonomischen Zwängen zu erklären. Diese in der Sharing Economy angelegte Spannung wird von den Nutzenden in der Praxis verhandelt und die widerstreitenden Anforderungen von Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung werden verschiedentlich bearbeitet. Aus diesen Überlegungen resultiert, dass wir nach verschiedenen Orientierungen und Praktiken Ausschau halten, in denen konträre Erwartungen an Vertrautheit und Fremdheit aufeinandertreffen und gleichzeitig durch die Rahmung des ‚Teilens‘ bearbeitet werden. In der Ambivalenz der Praxis vermuten wir Potential für selbst- und sozialtransformative Momente und rekonstruieren daher die Weltbeziehungen von Menschen in den Dimensionen von Ding-, Sozial- und Selbstverhältnissen.

4 Wo Weltbeziehungen in Bewegung geraten

Wie in Kapitel 2 dargelegt, rekonstruieren wir die Dimensionen von Weltbeziehungen in unserem Interviewmaterial in Anschluss an das Konzept der Typik. Damit können wir je unterschiedliche Modi der Bearbeitung gemeinsamer Handlungsprobleme identifizieren (4.2). Dem voraus geht also immer die Annahme gemeinsamer oder konjunktiver Erfahrungsräume. Dahinter verbirgt sich die Vorstellung, dass erst vor dem Hintergrund des Gemeinsamen einer Praxis die Unterschiede an Präzision gewinnen. Daher werden wir im Folgenden (4.1) zeigen, wie Begegnungen in der Küche und Situationen des gemeinsamen Essens neuralgische Punkte des Teilens von Wohnraum werden. Die zentrale Thematisierung der Küche bzw. Situationen gemeinsamen Essens und Trinkens ist allen unseren Fällen gemeinsam und sticht bereits bei der Suche nach einem geeigneten Tertium comparationis deutlich in unseren Interviews hervor. Aus methodologischer Perspektive ist das von besonderer Bedeutung, da die Befragten das Essen von sich aus und im Anschluss an unterschiedliche Erzählanreize thematisierten (vgl. Nohl 2017: 46).

4.1 Die Entdeckung des Essens als Zentral-Event des Homesharing

„ich habe ne Küche in der das Leben tobt ((lacht)) //@ja@// das ist so der Platz wo man sich trifft“ (Lisa, Ergotherapeutin, 35)

Wie sich in unserem Material zeigt, nehmen beim Homesharing gemeinsame Mahlzeiten die Funktion der Realisierung von Gemeinschaftlichkeit ein; sie machen aber zugleich auch den impliziten Zwang dazu deutlich, der beim Homesharing entsteht. Ebendiese Funktion schreibt bereits Georg Simmel (2017: 69) – als theoretischer Ausgangspunkt für eine Soziologie der Mahlzeit – dem Essen zu. Es ist für ihn „das Gemeinsamste“ am Menschen, gleichzeitig aber auch das „Egoistischste“, weil es der Sache nach unteilbar sei: „[W]as der einzelne ißt, kann unter keinen Umständen ein anderer essen“ (ebd.: 70). Er begründet die soziale und soziologische Relevanz der Mahlzeit gerade mit ihrer basalen Leiblichkeit. Die existentielle Bedeutung des Essens wird auch in den von uns geführten Interviews thematisiert und damit auf die Leiblichkeit der Praxis verwiesen. Die darin liegende Spannung deutet sich bereits im Lachen[5] an, das auf die Betonung existenzieller Zwänge folgt:

„Mmh, (..) ja, also Essen is eigentlich immer en Thema, ähm, //I: ja ok// (.) müssen wir halt, wir Menschen @.@.“ (Lukas, Bibliothekar, 28)

Essen ist zwar einerseits im Simmelschen Sinn unteilbar, andererseits aber handelt es sich dabei um ein Grundbedürfnis, das sich in Gemeinschaft stillen lässt (vgl. Dücker 2011: 57). Es ist „etwas, was man teilen kann, was man mit-teilen kann, was man sich aber auch nehmen und aneignen kann“ (Köstlin 2017: 355). Speisen lassen sich gemeinsam zubereiten und die hergestellte Mahlzeit lässt sich natürlich dann auch miteinander teilen. In Bezug auf die gemeinschaftskonstituierende Funktion der Mahlzeit muss jedoch festgehalten werden, dass der von Simmel aufgeworfene Widerspruch zwischen dem „Egoistischen“ des Essens und dem „gemeinsamen Mahle“ erst hervortritt, wenn Situationen entstehen, in denen gemeinsam gegessen werden soll oder kann. Das kennt jede Familie oder Gruppe von Bekannten. Insofern muss jeder gemeinsamen Mahlzeit eine Form der Gemeinschaft im basalen Sinne eines Beisammen-Seins schon vorausgehen, wie sie beim Teilen der eigenen Wohnung entsteht. Die Qualität und Tiefe dieser Gemeinschaft kann dann während der gemeinsamen Mahlzeit näher bestimmt werden, insbesondere durch die Bearbeitung von „Vertrautheit und Fremdheit“ (Köstlin 2017: 356) bzw. „Innen und Außen“ (Reimers 2021: 165). Während Dücker die gemeinsame Mahlzeit als Ritual konzeptualisiert, begreifen wir sie für unser spezifisches, empirisches Setting als Event des Homesharing.[6]

Das Event des gemeinsamen Kochens und Essens wird in unseren Interviews dort thematisiert, wo Fremdheit überwunden werden muss:

„nee, also das mit dem Kochen is in (.) sofern […] – also (.) das is insofern sinnvoll, wenn man halt sehr, sehr einfach ähm (.) auch en kulturellen Austausch machen kann, also wenn man //ok// im andern Land is, //ja// wenn man jetzt selbst irgendwie was aus dem eigenen Land kochen kann, ähm, wenn man was erfahrn kann über die Kochkünste aus anderen Ländern, //ja// weils auch einfach sehr kommunikativ is, wenn man irgendwie zusammen kocht beziehungsweise auch en nettes Zeichen, //ja// also das ähm (.) – das find ich, das machen glaub ich ganz, ganz viele“ (Tristan, Beamter, 30)

Zur Herstellung von Gemeinschaft beim Teilen muss Fremdheit in zweierlei Weisen bearbeitet werden: Einmal bietet die gemeinsame Mahlzeit eine durch die Leiblichkeit der Anwesenden naheliegende Möglichkeit zur Überwindung von Fremdheit – ganz im Sinne von Simmel. Während des Essens finden Unterhaltungen statt, man lernt sich kennen und nähert sich an. Dabei kann das Essen selbst als Verständigungsmittel fungieren. Mit Verweis auf Claude Lévi-Strauss sieht Eva Barlösius (2011: 127) die Sprache der Worte und die Sprache der Küche als gleichwertige Verständigungsmittel an: „Fremden oder Gästen Speisen anzubieten oder keine zu offerieren, die angebotenen Speisen anzunehmen oder abzulehnen, sind oftmals Handlungsweisen, die mehr darüber aussagen, wie man zueinander steht, als Begrüßungsworte.“ Dies gilt umso mehr, wo zwischen internationalen Gästen und Gastgebenden auch Sprachbarrieren bestehen.

Das Gelingen von Gemeinschaft beim und durch das Essen ist beim Homesharing insofern prekär, als ein gemeinsamer Orientierungsrahmen und spezifische Handlungsanweisungen dafür weitgehend fehlen, insbesondere dann, wenn die Teilenden aus unterschiedlichen Kulturen oder Schichten kommen. Probleme entstehen durch das ständige Oszillieren zwischen Privatheit und Öffentlichkeit der Tischgenoss:innen und der mangelnden Institutionalisierung sozialer Regeln für diese ganz spezifische Tischsituation.[7] Inga Reimers (2022: 177) bezeichnet im Anschluss an Eva Barlösius „die Mahlzeit als ‚Urform des Beisammenseins‘“ und das Bild des „Familienmahls“ als Referenzpunkt für die Praxis des gemeinsamen Essens, das Handlungsanweisungen zur Verfügung stellt: „Das Teilen wird hier zu einer aktiven Tätigkeit, mit der die Essenden zur Ausgestaltung der Gemeinschaft beitragen bzw. diese dadurch herstellen“ (Reimers 2022: 177; vgl. auch Barlösius 2011; Hauschild 2013). Zum einen wird der private Nahraum beim Homesharing für (ausgesuchte) Fremde geöffnet: Das Einlassen von Fremden in die eigenen vier Wände bedeutet dabei einen Vertrauensvorschuss und das gemeinsame Essen zielt auf das Überwinden von Fremdheit (vgl. Bennewitz 2013: 186). Zum anderen befindet sich insbesondere das Homesharing über Plattformen mit Bezahlmodellen in einem Zwischenraum von kommerzieller und privater Gastlichkeit: Obwohl eine materielle Gegenleistung erwartet wird, ist die Praxis „nie rein kommerziell und funktional“ (ebd.: 187). Dennoch: Unabhängig vom Grad der Kommodifizierung der Plattform, begegnen sich die Homesharer in einem privaten Wohnraum, in dem Dinge über einen kurzen Zeitraum geteilt werden müssen. Spannungen, die aus dem Homesharing resultieren, werden ganz konkret in der Küche oder beim gemeinsamen Essen bearbeitet.

4.2 Drei Typen des Homesharing: Zwischen Professionalität und Familialität

Nachdem wir dargelegt haben, dass das Essen eine den Fällen gemeinsame Praxis der Bearbeitung von Fremdheit ist, wollen wir im Folgenden herausarbeiten, auf welche Weise dies geschieht. Die Küche und das Essen dienen uns weiterhin als Fokus der Untersuchung. An der Bearbeitung dieses Themas zeigt sich (1.) eine Orientierung der fragilen Professionalität, (2.) eine Orientierung von familialer Verantwortung und (3.) eine Orientierung des geregelten Abenteuers. Die Rekonstruktion dieser Typen wird besonders deutlich, wenn man sie mit Szenen aus dem Material verknüpft, die als Sinnbilder taugen: Der Typ fragiler Professionalität trinkt in seiner Küche im Stehen einen Kaffee, während die Gäste am Tisch essen. Der Typ familialer Verantwortung hingegen kocht eine Suppe für die Gäste, um sie daraufhin gemeinsam einzunehmen. Der Typ des geregelten Abenteuers richtet einen Wein und Käse-Abend aus, bei dem man auch mal „versacken“ kann.

4.2.1 Fragile Professionalität: Wenn die eigene Küche zur Hostel-Küche wird

Der Typ fragiler Professionalität zeichnet sich durch eine professionalisierte Beziehung zwischen Gast und Host aus, die distanziert, aber dennoch offen für „Vibes“ ist. Die Beziehung zur eigenen Wohnung gestaltet sich dabei zugangsbasiert. Es geht hier um Zugänge z. B. zur Kochfläche oder zum Kühlschrank und um Nutzungsrechte an Räumen in der Wohnung. Dieser Typ begreift und inszeniert sich tendenziell als Hostel-Chef:in. Das Bild des Kaffeetrinkens, während die Gäste essen („und dann ähm essen die was und ich mache mir irgendwie nen Kaffee“, Kathrin), zeigt, dass das Essen als Funktion der Vergemeinschaftung erkannt wird und dabei gleichzeitig Grenzen gezogen werden. Diese Grenzen gehen teilweise bis zur Ablehnung der Einladung zum gemeinsamen Essen.

Wie bereits deutlich wurde, war es der auffälligste – und uns überraschende – Befund unserer Interviews, dass das Essen und die Küche eine zentrale Rolle beim Teilen des Wohnraums spielen. Folgt man der Perspektive von Kathrin (Personalleiterin, 41, mit Bezahlung[8]) auf den eigenen Wohnraum, wird schnell deutlich, warum dies so ist:

„[…] ich hab halt im vorderen Teil der Wohnung zwei Räume für mich, man hat also wirklich als einzigen gemeinschaftlichen Raum die Küche; weil wie gesagt selbst im Bad (.) ich hab ein kleines Gästebad, das reicht mir in der Regel, also ich muss da wirklich nur das andere Bad aufsuchen, wenn ich duschen möchte, es gibt also wenig (.) gemeinschaftlich genutzte Räume bis auf die Küche und die Küche ist auch wieder wie dafür gemacht, weil die halt groß ist.“

Kathrin beschreibt mehrfach ihre Wohnung als „wie gemacht“ fürs Teilen, da sie sehr groß ist, über zwei Bäder verfügt und weil ihre Räume durch einen langen Flur von dem Gästezimmer getrennt sind. Da sie während des Aufenthalts von Gästen selbst meistens das „Gästebad“ benutzt, sind somit Begegnungen zwischen Host und Gast nicht notwendig. Interessant ist dabei, dass das, was sie als „Gästebad“ bezeichnet, gerade nicht für die Homesharing-Gäste gedacht ist. Vermutlich handelt es sich einfach um das kleinere Bad, das sie nur dann benutzt, wenn sie ‚Fremde‘ in der Wohnung hat. In diesem Sinne zieht sie eine strikte Grenze, welche dazu führt, dass ihr ‚eigentliches Bad‘ von den Gästen benutzt und sie daraus verbannt wird. Als Ort der Zusammenkunft kommt daher für sie vor allem die Küche in Frage. Ihre Küche sei für das gemeinschaftsbildende Teilen gut geeignet, da sie geräumig ist. Die Weite des Küchenraums sowie die räumliche Aufteilung in Host- und Gästewaschraum werden von Kathrin somit als zentrale Voraussetzungen für das Teilen ihres Wohnraums betrachtet. Kathrin erzählt weiter von den üblichen Situationen, die sie in ihrer Küche erlebt:

„und dann ähm essen die was und ich mache mir irgendwie nen Kaffee, dabei quatscht man dann n bisschen, fragt eben=wie=wie in ner Hostelküche ja? da kennt man des ja auch. und dann fragt man halt ‚ja was hast du heut vor‘, ‚ah ja‘ und dann fragen die vielleicht ‚wie=wie=mit welchen U-Bahn (.) äh muss ich nehmen um da hinzukommen‘ sag ich ‚ja die und die‘ und so und (.) also ne?“

Die flüchtigen Begegnungen, die Kathrin als Host mit ihren Gästen hat, geschehen während des Essens und Trinkens. Die parallele Essenszubereitung bzw. Essensaufnahme werden zum Ausgangspunkt des kommunikativen Miteinanders. Dabei wird nicht etwa gemeinsam gegessen oder gar zusammen gekocht. Vielmehr essen die Gäste in der Küche, während sie sich einen Kaffee zubereitet. Geteilt wird also nicht das konkrete Essen, sondern nur der Raum. Die beschriebene Interaktion könnte prinzipiell ein Smalltalk sein, der an einem beliebigen Ort stattfindet. Wie wir jedoch bereits zuvor dargestellt haben (4.1), ist dieser Ort nicht zufällig die Küche. Sie ist regelmäßig der Ort, an dem die Art und Weise der Gemeinschaftlichkeit ausgehandelt wird.

Die Situationen, in denen Kathrin den Wohnraum simultan mit ihren Gästen teilt, sind von interessanten Momenten einer Gratwanderung zwischen Fremdheit und Privatheit begleitet. Es ist ihr sehr wichtig, dass sie innerhalb ihrer Wohnung, die sie gegen Geld mit Fremden teilt, eine Art Kokon spinnt, in den die Fremden nicht hineinkommen können. So spricht sie davon, dass sie gelegentlich ins „Badezimmer der Gäste“ geht, diese aber nicht in „ihr“ Badezimmer kommen. Auffällig ist, dass sie in der Nutzungsweise ihrer eigenen Wohnung Beschreibungen verwendet, die sie selbst als Dauergast darstellen: So nutzt sie das Gästebadezimmer ohne Dusche, sie vergleicht ihr Erleben in ihrer Küche mehrfach mit einem Hostel. Besonders ihr eigenes Zubereiten des Kaffees wirkt im Vergleich zum Essen der Gäste distanziert. In der Küche, in der das gemeinsame Aufeinandertreffen nicht verhinderbar ist, sind die Grenzen räumlich und zeitlich nicht mehr einzuhalten (vgl. Borm 2017). Allerdings scheint es hier nicht bedeutungslos zu sein, dass sie etwas trinkt, während die Gäste essen. Dieser Abstand zu den anderen bildet eine wichtige Schwelle, wie sie bereits bei Mary Douglas (2017: 100) beschrieben ist: „Getränke sind für Fremde, Bekannte, Handwerker und die Familie gedacht, Mahlzeiten für die Familie, enge Freunde und Ehrengäste. Der bestimmende Faktor des Systems ist die Grenze zwischen Intimität und Distanz.“ Kathrin berichtet von einer anderen Situation, in der sie eingeladen wird mitzuessen, dieses Angebot allerdings ablehnt. Ein Aufgehen in Gemeinschaft, das mit Verlust an Privatheit und Distanz in der geteilten Wohnung einhergehen würde, bildet somit einen negativen Horizont für Kathrin. Was sie als einen positiven Horizont der Situation erfährt, erzählt sie uns konkludierend:

„das ist wirklich; das hat halt (.) also in der Küche hat man so diesen Hostel-Moment; wo dann mal ein paar Fragen gestellt werden oder so und wo man dann auch merkt ob man miteinander vibet, und wie die das halt immer so ist […]“.

Der Hostel-Moment, der vor allem beim Smalltalk während der Zubereitung von Essen und Trinken entsteht, birgt die Möglichkeit, jemanden zu finden, mit dem man resoniert („vibet“). Dieser Moment des Vibes begegnet uns oftmals in den Interviews. Er steht geradezu sinnbildlich für den temporär-affektuellen Charakter des Homesharing. Für Kathrin, wie für viele andere, ist dieser im Blick auf das fast dauerhafte Kurzzeituntervermieten von geteiltem Wohnraum ein zentrales positives Beziehungspotential. Weiter sagt sie: „und wie das halt immer ist“, und lässt damit bewusst Spielraum für eine Auslegung des Funkens, der überspringen kann, wenn man mit Gästen in der eigenen Küche verweilt.

Ein ähnliches Changieren von Rollen sehen wir im Fall Laura (KFZ-Mechanikerin, 33, mit Bezahlung). Laura wohnt mit ihrem Freund in einer Zwei-Zimmer-Wohnung und hat regelmäßig Gäste. Wenn sie über das Teilen der Wohnung spricht, kommt sie auch auf das Teilen der Küche und des Badezimmers zu sprechen:

„also für uns hat sich, weiß ich nicht, für uns da wir das jetzt natürlich schon länger machen (.) ja ich würde jetzt nicht sagen ist es @Gewohnheit@ aber (.) zumindest ähm, also uns störts jetzt zum Beispiel auch nicht wenn halt jetzt jemand in die Küche beispielsweise kommt und kocht halt so, dann //ja// ähm (.) entweder man kocht halt dann danach oder (.) keine Ahnung man steht dann halt so zusammen in der Küche und quatscht halt währenddessen, weil man sich ja gerade über den Weg gelaufen ist so=so nach dem Motto aber (2) also für uns spielts jetzt, ich weiß nicht wie du meinst mit Rolle spielen, aber ähm (.) also für uns ist jetzt sage ich mal so nicht so wichtig, ob wir jetzt die Küche in Anführungszeichen gerade @für uns allein@ haben oder //ja// das Bad, weil das halt (.) also in den meisten Fällen ist es eh so, dass ähm man sich selten eigentlich tatsächlich irgendwie in die Quere kommt“.

Die Passage ist von einer gewissen Unsicherheit geprägt. Laura weiß nicht ganz, wie sie antworten soll, da das Teilen der eigenen Räume zu einer Gewohnheit geworden sei und sie nicht weiter stören würde. Das Teilen als solches erweist sich als eine Situation, in der Spannungen entstehen können („in die Quere kommt“). Dass man sich hier gar nicht erst begegnet, erscheint als positiver Horizont des Teilens des Badezimmers. In ihrer Küche kann es hingegen passieren, dass sie den Gästen über den Weg läuft und dann entweder wieder weggeht, bis sie mit Kochen an der Reihe ist, oder in der Küche stehen bleibt und sich unterhält, bis sie selbst kochen kann. Gleichzeitig kann es auch bei Laura zu Vibes mit den Gästen kommen. So erzählt sie uns, dass Gespräche mit Gästen ihr Leben dahingehend beeinflusst haben, dass man sich Möglichkeitsräume „abgeholt“ bzw. „eingefangen“ hat: „ob‘s jetzt irgendwie ein Reiseziel ist oder was man irgendwie so alles Cooles machen kann im Leben @(.)@ also halt einfach, weil Gäste uns davon berichtet haben (3)“.

Damit zeigt sich hier, dass durch die Praxis des Homesharing beim Typ fragiler Professionalität in der Tat alle drei der eingangs identifizierten Beziehungsformen in der Schwebe bleiben: Im Blick auf die Sozialbeziehungen kommt es zu einem eigentümlich flexiblen Oszillieren zwischen den Beziehungsformen der professionellen Fremdheit, der Bekanntschaft, und der Freundschaft. Diese gehen mit sehr unterschiedlichen Formen des Zugriffs auf Räume und Dinge einher. Infolgedessen geraten auch die Ding-, hier insbesondere die Raumbeziehungen in Ungewissheit: Kathrins Bad erscheint plötzlich als das ‚eigene‘ Bad der Fremden, während das Gästebad zu ihrem Bad wird. Auf ähnliche Weise wird die Küche partiell unverfügbar bzw. in ihrer Verfügbarkeit eingeschränkt. In der von Kathrin selbst als zentral geschilderten Küchenszene erscheint sie selbst eher als Gast (sie macht sich im Stehen einen Kaffee, während die ‚Gäste‘ dort sitzen und essen) denn als Besitzerin der Küche. Obwohl die Eigentumsverhältnisse innerhalb der Wohnung beim Homesharing nicht infrage gestellt werden, beobachten wir eine Fluidisierung oder Hybridisierung der faktischen Besitzverhältnisse im oben ausgeführten Sinn: Kathrins Verhältnis zu ihrer ‚eigenen‘ Wohnung verändert sich insofern, als einige Teile nicht mehr als ‚ihre Wohnung‘ erscheinen und für sie unverfügbar werden. Damit steht zugleich auch ihre Selbstbeziehung auf dem Spiel: Sie changiert zwischen dem Selbstverständnis des Gastes, der Gastgeberin, der Eigentümerin und Nutzerin, der Hostel-Chefin und der Fremden. Die Praxis des Teilens orientiert sich beim Typ fragiler Professionalität am Anspruch auf Professionalität in der Host-Rolle und an den damit einhergehenden Grenzziehungen des Privaten zum Fremden. Obwohl sich in diesem Typus primär Fälle wiederfinden, die ihre Wohnung über kommerzielle Plattformen teilen, sind kommerziell vermittelte Beziehungen und die Orientierung an Professionalisierung nicht gleichbedeutend. Weil in der Praxis des Homesharing die Grenzen innerhalb des privaten Nahraums verlaufen, schwingt immer die Möglichkeit mit, dass Fremde die aufgebauten Schwellen innerhalb der eigenen Wohnung überschreiten und die Distanz verloren geht. Die Professionalität im eigenen Zuhause erscheint damit stets fragil und auf die Offenheit für über professionelle Beziehungen hinausweisende Begegnungen (‚Vibes‘) angewiesen.

4.2.2 Familiale Verantwortung: Teilen geht durch den Magen

Für den zweiten Typ ist es eher eine Art familialer Verantwortung, die die Art und Weise des Teilens bestimmt. Die Dinge in der Wohnung sind zum Teilen da. Das gemeinsame Essen ist hier ein wichtiger Bestandteil des Wohnraumteilens und fungiert als gemeinschaftsbildendes Moment unter den Fremden. Die Selbstbeziehung ist durch eine sorgende Haltung gekennzeichnet.

Für Lisa (Ergotherapeutin, 35, ohne Bezahlung) hat das Essen eine ganz besondere Bedeutung und stellt sich als etwas ganz anderes dar, als was Kathrin zur Sprache bringt. Auf die Frage nach den schönsten Erfahrungen beim Homesharing antwortet Lisa ganz direkt: „[…] Essen. //@Essen@// Also Essen, ja, tatsächlich ist Essen […] bei mir ein größerer Part als [Homesharing] und Gäste hosten //ja//“. Ähnlich wie Kathrin betont auch sie, dass in ihrer räumlich beschränkten Wohnung die Küche zum Raum der Begegnungen wird, in dem „das Leben tobt“:

„hab en Wohnzimmer und en Schlafzimmer, ich habe ne Küche in der das Leben tobt ((lacht)) //@ja@// das ist so der Platz wo man sich trifft, und ähm ja. ich bin glaube ich seit zwölf Jahren dabei bei [der Plattform] //wow, mhm// ich hab schon bestimmt über 200 Leute aus aller Welt gehostet //mhm// und ja; bestimmt auch schonmal fünf sechs gleichzeitig aus verschiedenen Ländern; das macht wahnsinnig Spaß, dann ist die Küche natürlich voll? //@ja@//“.

Für Lisa ist das gemeinsame Essen ein wichtiger Teil im Leben und ganz zentral mit dem Teilen von Wohnraum verbunden. Sie nimmt an anderen institutionalisierten Praktiken des Teilens von Lebensmitteln und Mahlzeiten teil, zu denen sie auch ihre Gäste einlädt. Sie führt weiter aus:

„und dann äh kommen da auch die Gäste, //ja// und ich glaube dass ich übers Essen wirklich schon sehr schöne Erfahrungen gemacht hab, und man sitzt dann bei mir in der Küch::e mit auch gerne mal fünf sechs Leuten und äh hat nen wahnsinns interkulturellen Austausch mit all diesen Kulturen und man wird natürlich auch sehr tolerant und offen; für ganz viele Dinge“.

Das Essen wird hier selbst zu einer Praxis der Selbsttransformation stilisiert und auf diese Weise mit dem Ideal einer Ausbildung von kultureller Toleranz verbunden. Gleichzeitig begleitet das Essen auch Prozesse der Vergemeinschaftung:

„und ähm ja (.) da kriegt man dann aus [Vorderasien] auf einmal super Gerichte vor=vorgesetzt, die sind dann natürlich (.) das sind dann fünf Töpfe, die sind dann alle voll, weil die Familie kocht ja dann immer für 20 Leute //@(.)@// das ist dann so der Culture Clash @der dann dahinter steckt@ äh aber ich wohn hier alleine, also wenn die Gäste dann rausgehen und Sightseeing machen, dann sitze ich hier vor den fünf Töpfen und denke wow wer soll das essen? Aber äh ja. da hab ich natürlich auch gute [Möglichkeiten das Essen zu verteilen]“.

Das Teilen von Lebensmitteln und Mahlzeiten ermöglicht ihr in diesem Sinne diese Begegnungen mit den Gästen. Erst während des Essens vollzieht sich eine Vergemeinschaftung, die die kulturellen Differenzen überbrückt. Das ‚Aufeinanderprallen von Kulturen‘, das durch nicht-verbalisierte Praktiken spürbar wird (hier: Für wie viele Personen ist man es gewohnt, zu kochen?), findet am Herd bzw. in den Töpfen einen Ausdruck. Auf diese Weise können kulturelle Unterschiede wie die Frage, ob man in Großfamilien oder Singlehaushalten wohnt, thematisiert werden. Dass sie alleine lebt und nicht weiß wohin mit dem Essen, wird zwar artikuliert, jedoch nicht als problematisch empfunden, da sich Lisa gut vernetzt weiß und in solchen Situationen Essen in institutionalisierten Strukturen verteilt.

Moritz (Student, 27, ohne Bezahlung), ein anderer Fall des Typs, beschreibt auf ganz ähnliche Weise, wie das Essen, das sein Host einmal die Woche kocht, zum Anlass des Zusammenkommens wird. Er erzählt von einem Host, zu dem er innerhalb eines längeren Auslandsaufenthaltes mehrmals zurückgekommen ist:

„hatte er ganz oft (.) irgendwie acht, neun Leute bei sich in der Wohnung, die //I: wow// überall verteilt (.) geschlafen haben in ähm – also er hatte (.) drei Bade- ähm Schlafzimmer, aber dann ham wir auch im – irgendwie auf den Sofas oder aufm Boden in ner Küche oder – äh, im Wohnzimmer noch ge- geschlafen, und ähm (.) das war son schönes Gemeinschaftsgefühl, er hat dann einma in ner Woche ähm (.) für uns gekocht quasi, //mhm// ääh, dann gabs ein großes Gericht, wir ham dann alle mitgeholfen son bisschen, (.) ähm, und f- das war halt echt schön, (.) ich hab viele Leute da getroffen, ich bin auch mehrmals nochmal dahin zurückgekommen, ähm, zu ihm, während meiner Zeit [im Ausland] //ja// und immer wieder – also hab auch jetzt noch Kontakt ähm – jetzt losen mittlerweile, aber (.) ähm wir schreiben uns ma ab und zu noch und ähm (.) das find ich immer sehr, sehr schön, das muss ich sagen.“

Auch im Typ der familialen Verantwortung zeigt sich das Ambivalentwerden von ‚mein und dein‘ und die damit einhergehende Irritation der Verfügungsgewalt in der unmittelbaren Ding- bzw. Raumbeziehung. Das ‚Eigene‘ der Gäste ist ihr (Lisas) Wohnzimmer: „[…] ja, ich habe ein eigenes Zimmer für die [Homesharer], mein Wohnzimmer“. Und auch bei ihr zeigt sich, dass im Vorgang des Essen-Teilens die etablierten Selbstbilder und Sozialbeziehungen verflüssigt werden. Das Teilen, Zubereiten und Verzehren von Lebensmitteln, das einen zentralen Stellenwert in ihrem Leben einnimmt, ermöglicht es ihr, intensiver mit Gästen in Kontakt zu kommen:

„das bedeute::t bei mir gibts auch immer kostenloses Essen? //@(.)@// und das ist @natürlich auch nochmal so ein Punkt@ wo dann die [Homesharer] doch immer sehr happy sind. ähm (.) ich glaub das ist auch der Gedanke warum ich mitmache=ich bin wirklich wie ich sagen würde sehr privilegiert, ich hab wahnsinnig viel Luxus, ich hab Platz, ich hab tatsächlich auch verrückterweise Zeit? […] und ich hab einfach das Gefühl dass ich das irgendwie auch aus ner moralischen Pflicht irgendwie für mich selber machen muss“.

Über institutionalisierte Praktiken des Teilens von Lebensmitteln und Mahlzeiten ebenso wie über das Homesharing, so wird hier deutlich, verortet sich Lisa im sozialen Weltgefüge und stabilisiert ihr Selbstbild. Über diese Praktiken macht sie genuine Selbstwirksamkeitserfahrungen, die ihr erlauben, mit der Welt, der gegenüber sie sich sonst beziehungslos fühlt, in Resonanz zu treten:[9]

„was ich ähm auch noch unbedingt unterbringen will; ist (2) dass man dann ja immer so denkt wenn man da so sitzt in seinem Zimmerchen, man ist so ne kleine Seele auf der Welt und man hat ja gar keinen keinen Impact, man hat gar keine Reichweite, man kann irgendwie nichts ausrichten, ne? also gerade jetzt so in so verrückten Zeiten, man will ja doch irgendwie (.) und man hat dann immer so das Gefühl ja=nee=egal was ich hier in meinem Zimmer mache, hat ja keine Auswirkungen? (.) und das ist [beim Homesharing] anders //okay//“.

Die emotional-leibliche Bedeutung, die die Community für Lisa hat, wird in einer weiteren Passage deutlich. Sie erzählt, dass sie zu Tränen gerührt war über die Texte der Gäste im Reputationssystem der Plattform: „da hab ich auch schon das ein oder andere Tränchen dann verflossen“. Die Verbindungen, die sie mit den fremden Gästen über das Essen eingegangen ist, werden am Ende von den Gästen versprachlicht und öffentlich einsehbar auf der Plattform. Die Emotionalität dieser Aussage lässt noch einmal deutlich werden, welchen Stellenwert die Praxis des Homesharing für das Leben des Typs familialer Verantwortung hat. Es ist nicht verwunderlich, dass diesem Typus hauptsächlich Interviewte zuzuordnen sind, die ihre Wohnung ohne direkte finanzielle Gegenleistung teilen. Fragen nach ‚mein‘ und ‚dein‘ ebenso wie der Umgang mit Fremdheit müssen jedoch in beiden Fällen und also unabhängig von der Kommodifizierung der vermittelnden Plattform bearbeitet werden. Situationen des gemeinsamen Essens werden vom zweiten Typ in Orientierung an einem familialen Umgang zu einer deutlich stärkeren Gemeinschaftsstiftung verwendet. Dabei lässt sich eine Verantwortung für die Gäste und die (Dinge in der) Wohnung rekonstruieren, die für die Identität der Homesharer familialer Verantwortung von besonderer Bedeutung ist. Im Hinblick auf das Eigentum beobachten wir in ähnlicher Weise die Notwendigkeit von Grenzziehungen zwischen privat und geteilt Genutztem, allerdings kommt es zu einer deutlich stärkeren Parallelität von ‚mein‘ und ‚dein‘ im Hinblick auf gemeinschaftlich genutzte Räume und Gegenstände. Die gemeinsame Sorgeverpflichtung wird gegenüber Verfügungsrechten betont. Von einem Beispiel für diese Verschiebung erzählt Sebastian (nicht erwerbstätig, 31, ohne Bezahlung):

„Ich bin […] ja eigentlich auch son=son kleiner verfressener Mensch gewesen, aber das @war dann so irgendwie@ warn=warn dann=warn dann [Homesharer] da und (.) – und ähm die Lasagne, die ich sonst immer alleine gegessen hab, //@(.)@// hab ich dann auf einmal mit noch drei anderen geteilt, //@(.)@// und da hab ich wirklich gesagt ‚Sharing is Caring‘ //@(.)@//“.

In der Beziehung zur Lasagne steht hier zugleich sein eigenes Selbstbild und seine Beziehung zu den drei Gästen auf dem Spiel; und das Teilen impliziert für ihn Formen der Fremd- wie der Ding- und der Selbstsorge. Auch Lisa formuliert aus sich heraus einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer sozial vermittelten Veränderung der Dingbeziehung und einer Veränderung der Selbstbeziehung durch das Homesharing. Sie erzählt, dass sie viel toleranter und dankbarer geworden sei und erklärt uns diesen Umstand anhand des Bezugs zu ihrer Kaffeetasse:

„es ist jetzt eben nich mehr mei::ne Kaffeetasse die ich mir jetzt hier aussuche, sondern ich teile die und das ist gut. Und wenn sie mal kaputt geht dann geht sie mal kaputt, so ist das Leben und dann ist man nicht so traurig, sondern freut sich um den Gast den man hier hatte, der eim dann direkt ne neue Tasse schenkt und, //ahja//“.

Was Lisa hier im Blick auf die Tasse beschreibt, ist eine Veränderung der Verfügbarkeitsbeziehung wie der Sorgebeziehung zu den Dingen: Sie kann über die Tasse (ebenso wie über das Badezimmer) nicht mehr jederzeit frei und unbeschränkt verfügen, weil sie vielleicht gerade von einem Gast benutzt wird („eben nicht mehr meine Kaffeetasse“). Zugleich schwächt sich ihre Sorgebeziehung für die Tasse ab. Aus der Privatsorge um das Eigentum entsteht so etwas wie eine lockere Kollektivsorge um die Küchenausrüstung, man könnte sogar sagen, eine ‚mediopassive‘ (vgl. Rosa 2019) Dingbeziehung: Die Dinge werden schon wieder in Ordnung kommen, wenn jede:r das Seine dazu tut.

4.2.3 Geregeltes Abenteuer: Die Welt zu Gast bei mir

Für den Typ des geregelten Abenteuers eröffnet das Teilen des Wohnraums die Möglichkeit eines Ausbruchs aus den Alltagsroutinen. In den Beziehungen zwischen Host und Gast liegt die Hoffnung auf außergewöhnliche Momente der Gemeinschaftlichkeit. Dies spiegelt sich allerdings anders als beim Typ familialer Verantwortung nicht ‚automatisch‘ in den Dingbeziehungen wider. Eine gewisse Rücksichtnahme bzw. Vorsicht vor fremdem Eigentum an Dingen stehen im Hintergrund der Praxis. Und auch sich selbst entwerfen die Protagonist:innen dieses Typs eher im Hinblick auf ihre Familie oder ihren Beruf als auf die Gäste. Auch Wolfgang (Projektentwickler, 55, mit Bezahlung) erzählt auf die Frage nach den schönsten Erfahrungen im Homesharing von Situationen, die durch Essen gerahmt waren. Anders als für Fälle des zweiten Typs ist das Essen für ihn allerdings nicht das zentrale Thema, sondern vielmehr eine Stütze der Gemeinschaftlichkeit und Gemütlichkeit:

„Mh, das wär=das war=ich hab da en zweites Zimmer aufgemacht im ähm=weil=weils ähm (.) weil der Platz dann auch vorhanden war und weils Spaß gemacht hat, und dann ham mir tatsächlich auch mal noch en=zusammen mitm Nachbarn von mir äh hier en gemütlichen Wein und Käseabend gemacht, ne? und ähm jeder hatte irgendwie son bisschen dazu beigetragen und da sind wir dann halt durchaus versumpft, ähm, son bisschen länger. oder auch mit einer=einer [Westeuropäerin] und ihrer Tochter, die sich hier selbstst (.) äh, die hier das Studium anfängt und äh ihren Lebensmittelpunkt hierher verlegt ham, ähm, bin ich zwei dreimal bis drei Uhr morgens versackt ähm bei=bei Wein und Käse, ähm,“.

Die Erzählpassage wird mit der Bestätigung abgeschlossen, es seien interessante Begegnungen gewesen und die Abende hätten ihm Freude bereitet: „und äh gute Gespräche, ja, schön. ha=hat Spaß gemacht, ne? (..)“. Ähnlich wie bei Kathrin ist für Wolfgang die räumliche Weite und die klare Grenzziehung zwischen ‚mein‘ und ‚dein‘ eine Voraussetzung für gelingendes Teilen mit den fremden Gästen: Erst war der Platz vorhanden und dann hat er ein zweites Zimmer aufgemacht. Auch sein Nachbar, also vermutlich eine bekannte Person, war dabei, als er „tatsächlich“ einen gemeinsamen Abend mit Gästen verbracht hat. Den Abend beschreibt er weiter als einen Wein- und Käseabend, zu dem jeder etwas beigetragen hat. Es wird also nicht simultan und gemeinschaftlich gekocht, gegessen und getrunken und auch nicht eine große Suppe gegessen, sondern eine Art Buffet arrangiert, welches das zeitweilige Zusammenkommen begleitet und zugleich spiegelt. Die Spielregeln für dieses Buffet sind dabei durch das Setting von Wein- und Käseabenden gesetzt und benötigen einiger konjunktiver Vorkenntnis.[10] Die Besonderheit und Eigenständigkeit des fremden Gegenübers ist für Wolfgang wichtig: So hat zu dem gemütlichen Abend jeder etwas mitgebracht und damit auch zu dem Abend etwas beigetragen, ohne dass Wolfgang die Kontrolle über das Setting aufgeben musste. Auf der anderen Seite beschreibt er das Ende der gemeinsamen Zeit als „Versumpfen“ und „Versacken“. Das spielt auf eine Gemeinschaftlichkeit an, die getragen ist von der Idee des zeitweiligen Aufgehens – oder eben Versackens – der Besonderheiten der Einzelnen in substantiellen Momenten.

Auch Denise (Studentin, 25, ohne Bezahlung) erzählt uns von Momenten, die sie stark berührt haben, und wirkt dabei auf homologe Weise positiv überrascht von der kurzzeitigen, affektuellen Gemeinschaftlichkeit beim Wohnraumteilen:

„also ich wäre als normaler Tourist (unv.) nie dorthin gekommen, und dann hab ich drei Tage einfach nur dort mit dieser Familie verbracht, weil er mich da gehostet hat und die ham mich dann fast adoptiert und Essen gemacht und die Mutter hat am Ende sogar geweint, als ich dann abgereist bin und so und //wow// – das war noch so eine von diesen intensiven kulturellen äh Erfahrungen dann, wo ich dachte ‚Oh krass, es is so=so Wahnsinn.‘“

Aus Wolfgangs Sicht ist die Möglichkeit zur temporäreren, auch und gerade ungeplanten, Vergemeinschaftung das, was die Gäste motiviert, Homesharing-Angebote gegenüber Hotelübernachtungen zu bevorzugen:

„äh ich hab einen jungen Mann gehabt, der=der arbeitet im=im Vertrieb im Außendienst, äh, der is dauernd unterwegs und er sagt, er kann keine Hotels mehr sehn, er hat so die Schnauze voll, er will einfach lieber persönlich und mit dem hab ich abends zusammen en Bier getrunken und das=das (.) danach is er auch müde ins Bett gegangen, aber wir ham zusammen en Bier getrunken und sagt genau deswegen ähm will er lieber bei [der Plattform] sein als bei nem Hotel.“

Einmal mehr sind es auch hier nicht die Couch, das Bett oder das Zimmer, sondern die Küche und das geteilte Bier, welche den ‚Mehrwert‘ herstellen. Auch Wolfgang macht dabei die Erfahrung, dass Dingbeziehungen in der Küche auf die Probe gestellt und mitunter transformiert werden, auch wenn er die Veränderung zunächst eher bei seinen Gästen als bei sich selbst verortet:

„also ich hab //mhm// jetzt mehrfach erklärt, wie man äh (.) wie das deutsche Pfandsystem funktioniert, äh, wie die Mülltrennung läuft, ähm, das man, was weiß ich, ähm, nich direkt aufm Küchen äh=ähm=aufm (.) na, wie sagt man nochmal, Küchen ähm (.) äh Brett schneidet, sondern dass man halt en Schneidbrett nimmt, damit da keine äh, was weiß ich, äh, Ritzen in=in die äh Küchenzeile reinkommen.“

Auf die Nachfrage, ob es dabei auch zu schlechten Erfahrungen komme, antwortet Wolfgang mit einem Lachen: „Nee, das sind (.) das is nich schlimm. (lacht) also //@(.)@//“. Weil seine Gäste „so vom=vom Kulturellen her“ nicht wissen könnten, wie man etwa den Müll trennt, den Geschirrspüler bedient oder das Schneidebrett benutzt, muss er es ihnen eben erklären, damit keine Schäden entstehen. In der Aushandlung der Dingbeziehung bzw. der Ding-Sorge-Beziehung verändert sich aber auch sein Selbstbild: Er nimmt sich nicht mehr nur als Gastgeber wahr, sondern auch als Lehrer, als Vermittler zwischen den Kulturen. Das aber lässt natürlich zugleich die Rollen der Sozialbeziehung zwischen den Beteiligten eigentümlich changieren. Einmal mehr erweist sich die Küche als der zentrale Ort, an dem die Weltbeziehungen verhandelbar und veränderbar werden:

„[…] das heißt, die können damit gar nich umgehn, ne? das ham sie nie gelernt, ähm und wenn man das mit weiß sozusagen mit diesem Hintergrund, dann kann man die halt sanft einführn und sag ‚Du hier pass auf, unten die Waschmaschine kannste benutzen, ähm, (.) ich erklärs dir denn‘, ne? ‚Und dann komm ich mit runter und zeigs dir.‘ da mu- da muss man das halt tun, ne? kost natürlich Zeit, aber äh man=man hilft den=den Leuten dann durchaus eben auf die Sprünge, äh, um hier son bisschen Fuß zu fassen. //mhm// (.) also man is weitaus mehr als nur jemand, der en Zimmer bereitstellt.“

Die sorgende Beziehung zu den Dingen, die Wolfgang beschreibt, scheint auch Denise, die vor allem als Gästin die Plattformen nutzt, als Orientierungsrahmen für ihre Umgangsweise mit geteilten Dingen zu dienen:

„ich benutzt nich die Sachen von den Hosts und auch nich die=die Lebensmittel schon gar nich und nehm da auch irgendwie nichts mit oder benutzt das ohne=ohne sie zu fragen. //mhm// also vielleicht will ich mir ma was kochen oder was mitnehmen oder so, dann=dann frag ich die ‚Hey, kann ich den Teller nehmen‘ oder ‚Kann ich das nehmen‘ oder ‚Kann ich das benutzen‘, aber auch nur, wenn die vorher sagen, ‚Ja, Küche kannste benutzen, hier is das und das, mach das ruhig alles‘, aber ich von mir aus fü- also bin nich sofort so ‚Oh, ich brauch das, ich will das, ich will das, ich will das‘, sondern ich=ich warte auch erst immer son bisschen oder guck erst, was der Host sagt.“

Besitzstrukturen und die sich daraus ergebenden sozialen Regeln haben eine besondere Wichtigkeit für die Orientierung des Teilens beim Typ des geregelten Abenteuers. Das Eigentum an Dingen und die damit einhergehenden exklusiven Verfügungsrechte werden kaum infrage gestellt und die temporären Besitzregeln entsprechend klar definiert. Gleichzeitig – und gerade weil die Frage nach ‚mein‘ und ‚dein‘ klar geregelt erscheint und nicht ständiger Aushandlung unterliegt – birgt das Homesharing die Möglichkeit des Ausbrechens aus den Alltagsroutinen. Dieses Abenteuer entsteht durch intensive Begegnungen und die Erfahrung des Fremden im eigenen Zuhause oder des Zuhauses in der Fremde. Bemerkenswert ist dabei, dass sich in diesem Typus sowohl Fälle finden lassen, die Übernachtungsmöglichkeiten mit finanzieller Gegenleistung teilen als auch solche, die es ohne tun.

5 Diskussion und Ausblick

Praktiken des Teilens haben das Potential, die etablierten Ding-, Sozial- und Selbstbeziehungen, die sich auf der Basis der modernen Kerninstitution des Privateigentums herausgebildet und verfestigt haben, zu irritieren und potentiell auch zu transformieren. Eben dies hat unsere empirische Untersuchung der Praxis des Homesharing hinlänglich deutlich werden lassen. Weil auf diesem Feld die jeweiligen materialen, sozialen und psychischen Grenzziehungen zwischen ‚mein‘, ‚dein‘ und ‚unser‘, zwischen privat und öffentlich, zwischen Eigenem und Fremdem notorisch unscharf werden und immer wieder neu ausgehandelt werden müssen, eignet das Feld sich in besonderem Maße für die Untersuchung der Transformationspotentiale von Praktiken des Teilens für die (eigentumsrelevanten) Muster der Weltbeziehung. Allerdings ist die Frage nach der Reichweite und Richtung solcher Transformation dabei eine durchaus offene: Wie sich gezeigt hat, wäre es viel zu einfach, schlicht von einem Wandel von einem ‚possessiven‘ zu einem ‚partizipativen‘ Weltverhältnis auszugehen (vgl. dazu auch: Rosa 2023). Tatsächlich weisen die von uns rekonstruierten Typen durchaus in unterschiedliche Richtungen, wobei sich in allen Fällen eine Verflüssigung der Ding-, Sozial- und Selbstbeziehungen beobachten lässt, allerdings mit unterschiedlichen Tendenzen und in unterschiedlichem Maße.

Der Typ des geregelten Abenteuers ist interessant, da sich hier unmittelbar beobachten lässt, wie die Veränderung in der Praxis des Teilens ganz unvermittelt (und unerwartet) zu aufblitzenden Momenten von Kollektivität und Gemeinschaftlichkeit führen kann. Die Beziehungsmuster des Typs fragiler Professionalität verändern sich demgegenüber weniger deutlich: Erwartungen an Sorgeverantwortung gegenüber Gästen werden hier tendenziell zurückgewiesen und an den Aufgabenbereich der Plattform verschoben; die Vibe-Momente zwischen Host und Gast bleiben vage und abstrakt und auch eine klare Tendenz in der Veränderung von Selbstbeziehungen lässt sich noch nicht erkennen, wenngleich sie durch das Changieren zwischen den Rollen des Gastes, des Gastgebers und der ‚Herbergsmutter‘ erkennbar irritiert sind. Dass wir hier auf den weiblich konnotierten Begriff der Herbergsmutter stoßen, ist wohl kein Zufall und muss in der weiteren Arbeit mit den Praxisfeldern der Sharing Economy reflektiert werden. Es scheint allerdings auch, dass eine soziogenetische Typisierung entlang der Kategorie Geschlecht zu kurz greift. Vielmehr wäre hier grundlegend zu fragen, wie sich durch die Öffnung der privaten Räume und die Verbindung von wirtschaftlichen Tätigkeiten und ‚häuslichen Imaginationen‘ (Fitzmaurice et al. 2020: 86) Konzepte von Weiblichkeit und Männlichkeit verändern oder auch als beharrlich erweisen.

Einen soziogenetischen Interpretationsversuch für den Unterschied zwischen den beiden Typen gibt uns Juliet Schor (2020: 48 ff.; siehe auch: Schor et al. 2020): Ob man bei der Arbeit innerhalb der Sharing Economy Autonomie erfährt, so legt sie dar, hängt davon ab, ob man auf das verdiente Geld angewiesen ist oder nicht. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass auch für die im Homesharing zutage tretenden Weltbeziehungen die Fragen relevant sind, wie sehr das Geld, das mit der Untervermietung bzw. dem Teilen der eigenen Wohnung verdient werden kann, benötigt wird. Bilden kostenlose bis kostengünstige Plattformen die einzige Möglichkeit, Urlaub zu machen? Wer hat die Freiheit, sich Gäste nach eigenem Belieben auszuwählen, ohne auf das Geld oder aber auch auf die sozialen Kontakte angewiesen zu sein? Nicht nur die Frage der Autonomie scheint hier wichtig, sondern auch, ob man sich auf neue Sozialbeziehungen einlassen kann und möchte oder es für geraten hält, im Modus der geschäftlichen Distanz zu verharren.

Wir haben in diesem Beitrag rekonstruiert, auf welche verschiedenen Weisen beim kurzzeitigen Teilen des privaten Wohnraums mit Fremdheit umgegangen werden kann und wie sich dadurch die drei Dimensionen der Weltbeziehung verändern. Kathrins Gäste-Badezimmer, das gerade nicht von den Gästen, sondern von ihr selbst benutzt wird; Lisas Küche, in der das Leben tobt; und Wolfgangs Küchenbrett, das von unvorsichtigen Gästen zerschnitten wird: Sie alle sind Beispiele dafür, wie in der Praxis des Homesharing und insbesondere in der Küche die Dingbeziehungen in beiden Hinsichten (der des Nutzens und der des Sorgetragens) in Bewegung geraten und neu ausgehandelt werden müssen, wodurch und wobei sowohl die Sozialbeziehungen (Wie verhalte ich mich im Verhältnis zu den anderen? Wie ein Gast, eine Gastgeberin, ein Besitzer, eine Herbergsmutter oder ein Vater, eine Lehrerin, eine Freundin; oder einfach wie eine:r von mehreren?) wie auch die Selbstverhältnisse (Wer bin ich eigentlich in meiner Wohnung und im Geflecht sozialer Beziehungen?) gleich mit zur Disposition gestellt werden.

Diese Infragestellung und tendenzielle Transformation von Selbstverhältnissen im Zuge des Homesharing zeigt sich besonders deutlich im Typ familialer Verantwortung. Sebastian bringt diese Erfahrung – wie oben gezeigt – auf den Punkt, wenn er die Transformation seiner eigenen Essenspraxis vom (gedankenlosen) ‚Fressen‘ zum geteilten ‚Essen‘ im Zuge der Homesharing-Erfahrungen am Beispiel seines Umgangs mit einer Lasagne erläutert. Und auch im Falle Lisas kündigt sich mit Blick auf ihre Kaffeetasse eine ‚mediopassive‘ Dingbeziehung an, die mit einer Veränderung ihrer Sorgebeziehungen durch das Homesharing zusammenhängt.

Gewiss enthalten solche Selbstdeutungen stets nicht nur ein utopisches, sondern auch ein euphemistisches, selbst-rechtfertigendes Moment. Wir sollten daher die sozial-progressive Tendenz und das transformative Potential digital vermittelter Praktiken des Teilens nicht überschätzen. Was unsere Analyse jedoch hinreichend belegen konnte, ist das Irritationspotential, das durch das Teilen des wohnungsbezogenen Nahraums mit Fremden in allen drei Dimensionen der Weltbeziehung, das heißt im Selbst-, Ding- und Sozialverhältnis, freigesetzt wird.

Über die Autoren

Henrike Katzer

Henrike Katzer, geb. 1993 in Kiel. Studium der Soziologie und Psychologie in Koblenz, Jena und Haifa. Seit 2021 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich für Allgemeine und Theoretische Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und arbeitet am SFB 294 Strukturwandel des Eigentums.

Forschungsschwerpunkte: Fürsorgeverhältnisse, Geschlechterforschung, Soziologie des Wohnens und Homesharing, Theorien der Vergemeinschaftung.

Wichtigste Publikationen: Umkämpftes Zuhause – Fürsorge und Autonomie in krisenhaften Zeiten. Ethik und Gesellschaft. Ökumenische Zeitschrift für Sozialethik 2, 2024 (i.E.); Hans-Georg Soeffner: Symbolische Formung. Eine Soziologie des Symbols und des Rituals. S. 631–638 in: C. Gärtner & G. Pickel (Hrsg.), Schlüsselwerke der Religionssoziologie. Wiesbaden: Springer VS 2019 (mit W. Gebhardt).

Malte Janzing

Malte Janzing, geb. 1997 in Mannheim. Studium der Soziologie in Heidelberg und Jena. Seit 2021 wissenschaftlicher Assistent am SFB 294 Strukturwandel des Eigentums; seit 2023 Promotion mit einem Landesgraduiertenstipendium.

Forschungsschwerpunkte: Digitale Medien, Geistiges Eigentum, Rechtsextremismusforschung, Subjekttheorie, Diskurstheorie, Methoden der qualitativen Sozialforschung.

Wichtigste Publikationen: Property vs. Usage Rights: Attitudes of Citizens and Political Elites. Working Paper Nr. 6, 2024 Sonderforschungsbereich/Transregio 294 „Strukturwandel des Eigentums“ (mit J. Rinne & H. Bönnighausen); Introvertierte, querulantische Widerstandskämpfer gegen ein korrumpiertes System: Subjektivierung in Rechtsintellektuellen-Diskursen. ZRex – Zeitschrift für Rechtsextremismusforschung, 3(1), 2023: 52–67.

Christoph Henning

Christoph Henning, geb. 1973 in Niedersachsen, Magister in Philosophie, Soziologie und Musikwissenschaften an der TU Dresden, Berlin und New York, Promotion über Marxrezeption an der TU Dresden 2003, Habilitation an der Universität St. Gallen 2014, seitdem Fellow für Philosophie am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt, seit 2023 Full Professor für Philosophie und Humanismus an der University for Humanistic Studies, Utrecht (NL).

Forschungsschwerpunkte: Sozialphilosophie, Ideengeschichte und Kultursoziologie.

Wichtigste Publikationen: Theories of Alienation from Rousseau to the present. Routledge 2024; Einführung in die Theorie der Ideologie. Junius 2024; Perfektionierung. Wiesbaden: Springer VS 2023 (Hrsg. mit C. Heite& V. Magyar-Haas).

Jörg Oberthür

Jörg Oberthür, geb. 1974 in Mühlhausen/Th., Studium der Soziologie in Jena, Promotion in Jena. Seit 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Forschungsschwerpunkte: Soziologische Theorie, Diskurstheorie, Politikfeldanalyse.

Wichtigste Publikationen: Gesellschaftstheorie. München: UVK 2020 (mit H. Rosa, U. Bohmann, J. Gregor, S. Lorenz, K. Scherschel, P. Schulz, J. Schwab & S. Sevignani); & J. Oberthür, 2018: The missing Link. How organisations bridge the gap between dynamic stabilisation and individual optimization. S. 36–48 in: V. King, B. Gerisch & H. Rosa (Hrsg.) Lost in Perfection: Impacts of Optimisation on Culture and Psyche. London: Routledge (mit H. Rosa & H, D. Linder); Die Einführung der grünen Gentechnik als diskursive Konstruktion. Baden-Baden: Nomos 2008.

Hartmut Rosa

Hartmut Rosa, geb. 1965 im Schwarzwald, ist seit 2005 Professor für Allgemeine und Theoretische Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena und seit 2013 zugleich Direktor des Max-Weber-Kollegs an der Universität Erfurt. Als Gastwissenschaftler war er u. a. an der New School for Social Research in New York, an der EAFIT-Universität in Medellin und an der FMSH in Paris tätig. Er promovierte 1997 an der Humboldt-Universität zu Berlin und habilitierte sich 2004 in Jena. 2006 erhielt er den Thüringer Forschungspreis für Grundlagenforschung, 2016 den Tractatus Preis, 2018 den Erich-Fromm-Preis und 2023 den Leibniz-Preis.

Forschungsschwerpunkte: Zeitsoziologie, Soziologie der Weltbeziehung, Modernetheorie, Phänomenologie und Kritische Theorie.

Wichtigste Publikationen: Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung. Berlin: Suhrkamp 2016; Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, Frankfurt/Main: Suhrkamp 2005; Nach dem Privateigentum? Güter, Infrastrukturen und Weltverhältnisse im Kapitalismus des 21. Jahrhunderts; Frankfurt/Main, New York: Campus 2024 (mit S. van Dyk & T. Reitz).

Danksagung

Großer Dank gilt unseren studentischen Assistentinnen Elisabeth Sparsbrod und Judith Körte sowie unserer Mitarbeiterin Helen Bönnighausen für ihre tatkräftige Unterstützung und den regelmäßigen Austausch. Ebenso großen Dank schulden wir der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die großzügige Förderung des Sonderforschungsbereiches. Außerdem möchten wir uns bei unseren beiden anonymen Reviewer:innen sowie den Herausgeber:innen und der Redaktion der Zeitschrift für Soziologie bedanken, deren wertvolle Hinweise den Beitrag wesentlich bereichert haben.

  1. Data Note: Der empirisch-qualitativen Auswertung liegen narrativ fundierte leitfadengestützte Interviews zugrunde, die im Rahmen eines laufenden Forschungsprojekts erhoben wurden. Sie sind dort Teil eines größeren Datenkorpus, dessen Auswertung noch nicht abgeschlossen ist. Eine Veröffentlichung ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen. Aktuell wird jedoch an einem Konzept gearbeitet, die Daten in geeigneter Weise nach dem Abschluss des Projekts zur Verfügung zu stellen.

Literatur

Barlösius, E., 2011: Soziologie des Essens. Eine sozial- und kulturwissenschaftliche Einführung in die Ernährungsforschung. Weinheim, München: Juventa Verlag.Search in Google Scholar

Berfelde, R., 2021: Das Reproduktionsmodell von Airbnb: Wohnraum ‚teilen‘ im Kontext krisenhafter sozial-reproduktiver Verhältnisse. S. 130–147 in: M. Altenried, J. Dück & M. Wallis (Hrsg.), Plattformkapitalismus und die Krise der sozialen Reproduktion. Münster: Westfälisches Dampfboot.Search in Google Scholar

Bohnsack, R., 2013: Typenbildung, Generalisierung und komparative Analyse: Grundprinzipien der dokumentarischen Methode. S. 241–270 in: R. Bohnsack, I. Nentwig-Gesemann & A.-M. Nohl (Hrsg.), Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.10.1007/978-3-531-19895-8_11Search in Google Scholar

Bohnsack, R., I. Nentwig-Gesemann & A.-M. Nohl (Hrsg.), 2013: Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Wiesbaden: VS Verlag.10.1007/978-3-531-19895-8Search in Google Scholar

Borm, B., 2017: Welcome Home. An Ethnography on the Experiences of Airbnb Hosts in Commodifying Their Homes. S. 39–52 in: U. U. Frömming, S. Köhn, S. Fox & M. Terry (Hrsg.), Digital Environments. Ethnographic Perspectives across Global Online and Offline Spaces. Bielefeld: Transcript.10.14361/9783839434970-004Search in Google Scholar

Chanda, P. & L. Opitz, 2023: Resonanz – Weltbeziehung – Kommunikation. Hartmut Rosas Theorienimpuls für die Praktische Theologie. Berlin, Münster: LIT.Search in Google Scholar

Cheng, T.-Y., 2023: On the Quadrants of the Thing-World Relations: A Critical Revision of Hartmut Rosa’s Resonance Theory in Terms of Thing-World. The Journal of Chinese Sociology 10:11.10.1186/s40711-023-00191-8Search in Google Scholar

Douglas, M., 2017: Das Entziffern einer Mahlzeit (1972). S. 91–122 in: K. Kashiwagi-Wetzel & A.-R. Meyer (Hrsg.), Theorien des Essens. Berlin: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Dücker, B., 2011: Ritualitätsformen von Gastlichkeit. S. 56–81 in: A. Wierlacher (Hrsg.), Gastlichkeit. Rahmenthema der Kulinaristik. Berlin, Münster: LIT.Search in Google Scholar

Farmaki, A. & D. P. Stergiou, 2019: Escaping Loneliness through Airbnb Host-Guest Interactions. Tourism Management 74: 331–333.10.1016/j.tourman.2019.04.006Search in Google Scholar

Fitzmaurice, C. J., I. Ladegaard, W. Attwood-Charles, M. Cansoy, L. B. Carfagna, J. B. Schor & R. Wengronowitz, 2020: Domesticating the Market: Moral Exchange and the Sharing Economy. Socio-Economic Review 18: 81–102.10.1093/ser/mwy003Search in Google Scholar

Gebhardt, W., 2008: Gemeinschaften ohne Gemeinschaft. Über situative Event-Vergemeinschaftungen. S. 202–213 in: R. Hitzler, A. Honer & M. Pfadenhauer (Hrsg.), Posttraditionale Gemeinschaften. Theoretische und ethnografische Erkundungen. Wiesbaden: VS Verlag.10.1007/978-3-531-91780-1_11Search in Google Scholar

Gehlen, Y., 2023: Nachhaltigkeit und Weltbeziehung. Eine resonanztheoretische Untersuchung. Baden-Baden: Nomos.10.5771/9783748919605Search in Google Scholar

Hauschild, J., 2013: Von Wurstsalat und Weltfrieden. https://www.zeit.de/zeit-wissen/2014/01/ernaehrung-gemeinsame-mahlzeiten (4.11.2022).Search in Google Scholar

Hitzler, R., A. Honer & M. Pfadenhauer (Hrsg.), 2008: Posttraditionale Gemeinschaften. Theoretische und ethnografische Erkundungen. Wiesbaden: VS.10.1007/978-3-531-91780-1Search in Google Scholar

Hollstein, B., H. Rosa & J. Rüpke (Hrsg.), 2023: „Weltbeziehung“. The Study of our Relationship to the World. Frankfurt/Main, New York: Campus.10.12907/978-3-593-45587-7Search in Google Scholar

Hübner, E. & L. Weiss (Hrsg.), 2020: Resonanz und Lebensqualität. Weltbeziehungen in Zeiten der Digitalisierung: pädagogische Perspektiven. Opladen, Berlin, Toronto: Barbara Budrich.10.2307/j.ctvzgb8pkSearch in Google Scholar

Honneth, A., 1993: Posttraditionale Gemeinschaften. Ein konzeptueller Vorschlag. S. 260–272 in: M. Brumlik & H. Brunkhorst (Hrsg.), Gemeinschaft und Gerechtigkeit. Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuch.Search in Google Scholar

Knaus, K., 2020: At Home with Guests – Discussing Hosting on Airbnb through the Lens of Labour. Applied Mobilities 5: 68–85.10.1080/23800127.2018.1504600Search in Google Scholar

Köstlin, K., 2017: Das fremde Essen – das Fremde essen. Anmerkung zur Rede von der Einverleibung des Fremden (1995). S. 355–372 in: K. Kashiwagi-Wetzel & A.-R. Meyer (Hrsg.), Theorien des Essens. Berlin: Suhrkamp.10.1007/978-3-322-95853-2_15Search in Google Scholar

Kruse, J., 2015: Qualitative Interviewforschung. Ein integrativer Ansatz. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.Search in Google Scholar

Nohl, A.-M., 2013: Relationale Typenbildung und Mehrebenenvergleich. Neue Wege der dokumentarischen Methode. Wiesbaden: Springer Fachmedien.10.1007/978-3-658-01292-2Search in Google Scholar

Nohl, A.-M., 2016: Grundbegriffe und empirische Analysen als wechselseitige Spiegel: Potentiale eines reflexiven Verhältnisses zwischen Grundlagentheorie und rekonstruktiver Empirie. S. 105–122 in: R. Kreitz, I. Miethe & A. Tervooren (Hrsg.), Theorien in der qualitativen Bildungsforschung – qualitative Bildungsforschung als Theoriegenerierung. Opladen, Berlin, Toronto: Barbara Budrich.10.2307/j.ctv8xng87.8Search in Google Scholar

Nohl, A.-M., 2019: Zur Bedeutung der relationalen Typenbildung für die Dokumentarische Methode. S. 51–64 in S. Amling, A. Geimer, A.-C. Schondelmayer, K. Stützel, & S. Thomsen (Hrsg.), Jahrbuch Dokumentarische Methode. Berlin: Centrum für qualitative Evaluations- und Sozialforschung e.V. (ces).Search in Google Scholar

Przyborski, A. & M. Wohlrab-Sahr, 2014: Qualitative Sozialforschung. Ein Arbeitsbuch. München: Oldenbourg.10.1524/9783486719550Search in Google Scholar

Reckwitz, A., 2017: Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne. Berlin: Suhrkamp.10.1007/978-3-658-21050-2_2Search in Google Scholar

Reimers, I., 2021: Die Welt zu Gast am Esstisch: Skalierungen von Weltbezügen in kulinarischen Versammlungen. Hamburger Journal für Kulturanthropologie: 163–172.Search in Google Scholar

Reimers, I., 2022: Essen mit und als Methode. Zur Ethnographie außeralltäglicher Mahlzeiten. Bielefeld: Transcript.10.1515/9783839460863Search in Google Scholar

Repohl, M., 2019: Tschernobyl als Weltkatastrophe: Weltbeziehung in einer kontaminierten Welt. Ein Beitrag zur materiellen Fundierung der Resonanztheorie. Baden-Baden: Tectum.10.5771/9783828871991Search in Google Scholar

Rosa, H., 2016: Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung. Berlin: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Rosa, H., 2019: „Spirituelle Abhängigkeitserklärung“. S. 35–55 in: K. Dörre, H. Rosa, K. Becker, S. Bose & B. Seyd (Hrsg.), Große Transformation? Zur Zukunft moderner Gesellschaften. Sonderband des Berliner Journals für Soziologie. Wiesbaden, Heidelberg: Springer VS.10.1007/978-3-658-25947-1_2Search in Google Scholar

Rosa, H., 2023: Property as the Modern Form of Weltbeziehung. Reflections on the Structural Change of Possessive Forms of Relating to the World. S. 19–36 in: H. Rosa, J. Rüpke & B. Hollstein (Hrsg.), „Weltbeziehung“. The Study of Our Relationship to the World. Frankfurt/Main, New York: Campus.10.12907/978-3-593-45587-7_002Search in Google Scholar

Rosa, H., L. Gertenbach, H. Laux & D. Strecker, 2010: Theorien der Gemeinschaft zur Einführung. Hamburg: Junius.Search in Google Scholar

Ryan, A. & G. Avram, 2019: Constructing the Collaborative Consumer: The Role of Digital Platforms. S. 329–347 in: R. W. Belk (Hrsg.), Handbook of the Sharing Economy. Cheltenham: Edward Elgar Publishing Limited.10.4337/9781788110549.00037Search in Google Scholar

Schor, J. B., 2020: After the Gig. How the Sharing Economy Got Hijacked and How to Win It Back. Oakland, California: University of California Press.10.1525/9780520974227Search in Google Scholar

Schor, J. B., W. Attwood-Charles, M. Cansoy, I. Ladegaard & R. Wengronowitz, 2020: Dependence and Precarity in the Platform Economy. Theory and Society 49: 833–861.10.1007/s11186-020-09408-ySearch in Google Scholar

Simmel, G. 1989: Die Philosophie des Geldes. Frankfurt/Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Simmel, G., 2017: Die Soziologie der Mahlzeit (1910). S. 69–76 in: K. Kashiwagi-Wetzel & A.-R. Meyer (Hrsg.), Theorien des Essens. Berlin: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Stoltenberg, L., 2019: Privatheit und Authentizität im Home-Sharing-Tourismus. S. 97–118 in: P. Ettinger, M. Eisenegger, M. Prinzip & R. Blum (Hrsg.), Intimisierung des Öffentlichen. Zur Multiplen Privatisierung des Öffentlichen in der Digitalen Ära. Wiesbaden: Vieweg.10.1007/978-3-658-24052-3_6Search in Google Scholar

Tan, J.-E., 2013: Cosmopolitanism as Subcultural Capital: Trust, Performance and Taboo at Couchsurfing.org. S. 141–160 in: D. Picard & S. Buchberger (Hrsg.), Couchsurfing Cosmopolitanisms. Can Tourism Make a Better World? Bielefeld: Transcript.10.1515/transcript.9783839422557.141Search in Google Scholar

Taylor, C., 2023: The Ethical Implications of Resonance Theory. The Journal of Chinese Sociology 10.10.1186/s40711-023-00186-5Search in Google Scholar

van Dyk, S. & T. Haubner, 2021: Community-Kapitalismus. Hamburg: Hamburger Edition.Search in Google Scholar

Widlok, T., 2013: Sharing. Allowing Others to Take what is Valued. HAU: Journal of Ethnographic Theory 3: 11–31.10.14318/hau3.2.003Search in Google Scholar

Wils, J.-P. (Hrsg.), 2019: Resonanz. Im interdisziplinären Gespräch mit Hartmut Rosa. Baden-Baden: Nomos.10.5771/9783845288734Search in Google Scholar

Online erschienen: 2024-08-23
Erschienen im Druck: 2024-08-30

© 2024 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 7.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zfsoz-2024-2021/html
Scroll to top button