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„Moralismus“ als „fait social“. Eine Formalanalyse moralischer Konfliktpotentiale

  • Christoph Schneider

    Christoph Schneider, geb. 1967 in Stuttgart. Studium der Sozialarbeit in Freiburg. Promotion in der Soziologie in Konstanz. Wissenschaftlicher Mitarbeiter von 2000 bis 2009 ebendort. Seit 2015 Professor für sozialwissenschaftliche Grundlagen Sozialer Arbeit an der DHBW.

    Forschungsschwerpunkte: Soziologie sozialer Professionen und therapeutischer Verfahren, Soziologie der Beschämung.

    Wichtigste Publikationen: „Identitätspolitik“ oder „Klassenkampf“? Über Deutungskonkurrenzen sozialer Ungleichheit. In: S. Klus, K. Sauer & R. Gugel (Hrsg.), Studienbuch Gender und Diversity für die Soziale Arbeit. Wiesbaden: Springer VS (i. E.); „Ich mach’ mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt“. Konstruktivistische Ketzereien. KONTEXT. Zeitschrift für systemische Perspektiven 53, 2022: 363–377; Die „Störung“ der „Psyche“. Soziologische Zugänge zur Pathologie psychischer Systeme. Soziale Systeme. Zeitschrift für soziologische Theorie 21, 2020: 360–389; Täter ohne Eigenschaften? Über die Tragweite sozialpsychologischer Modelle in der Holocaust-Forschung. Mittelweg 36, 20, 2011: 3–23.

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Veröffentlicht/Copyright: 4. Mai 2024
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Zusammenfassung

Der Artikel befragt das Phänomen des „Moralismus“ nach den handlungsstrukturierenden Bedingungen von Beziehungsmustern und Akteursverhältnissen, innerhalb derer sich Moralakteur:innen und ihre Gegenspieler:innen in Gesellschaft begegnen. Das Augenmerk gilt dabei einer Auswahl an idealtypischen Interaktionsrahmungen und daraus resultierenden Handlungszwängen, aufgrund derer die Wahrscheinlichkeit konfliktverschärfender Effekte durch Moralbeanspruchung für die darin involvierten Akteur:innen ansteigt. Nicht dem Werteprogramm der Moral an sich wird aus dieser Perspektive Aufmerksamkeit geschenkt, als vielmehr den akteursbezogenen Kontextbedingungen derjenigen sozialen Interaktionsformen, im Rahmen derer Moralkonflikte in Gesellschaft ausgetragen werden.

Abstract

This article examines the phenomenon of “moralism” in terms of action-structuring conditions of relationship patterns within which moral actors and their opponents encounter each other in society. The focus is on a selection of ideal-typical interaction frameworks and the resulting constraints on action, on the basis of which the probability of conflict escalation due to moral claims increases for the actors involved. From this perspective, attention is not paid to the value program of morality per se, but rather to the actor-related contextual conditions of social forms of interaction within which moral conflicts are settled in society.

1 Einleitung

Friedrich Nietzsche, von dem man sich wohl kaum allzu charmante Äußerungen in puncto „Moral“ erhoffen darf, bezeichnete es als „Wahn der Idealisten“ (1993: 313), nicht einsehen zu wollen, dass ihre geheiligte Sache, soll sie denn in die Tat umgesetzt werden, „desselben übelriechenden Düngers bedarf, welchen alle anderen menschlichen Unternehmungen nötig haben.“ (ebd.). In dezenterem Tonfall und soziologisch reinterpretiert besagt der zitierte Aphorismus nichts anderes, als dass so gesehen auch solche Akteure, Gruppen oder Bewegungen, die in irgendeiner Weise den exzeptionellen Status eines wie auch immer begründeten idealistischen Mandats inklusive damit womöglich einhergehender Charismatisierung für sich selbst reklamieren, derselben relativen Stabilität und Wahrscheinlichkeit soziologisch erwartbarer Regelhaftigkeiten unterworfen sind, wie sie für alle Akteure innerhalb dieses seltsamen Geschehens namens „Gesellschaft“ gelten. Selbst ostentative Heiligkeitsansprüche, nicht nur jenseits-, sondern auch diesseitsbezogener Provenienz, sind so gesehen längst keine Garantie, im tatsächlichen Handlungsvollzug nicht dennoch von denselben, teils doch recht profan anmutenden sozialen Strukturprinzipien und daraus resultierenden handlungsbezogenen Zwängen hinterrücks eingeholt zu werden (vgl. Durkheim 1984: 114), wie sie aus rein formalsoziologischer Perspektive interaktionsbezogen in Gesellschaft beobachtbar sind.

Das gilt auch für „Moral“, auf deren Nähe zum „Sakralen“ gemäß Émile Durkheim noch näher eingegangen wird. Die folgenden Überlegungen gehen daher erstens davon aus, dass sich gesellschaftliche Moralisierungsanlässe im Zuge ihrer Realisierung innerhalb sozialer Bedingungsverhältnisse bewegen, deren formale und damit in der Folge akteursfigurierende Kommunikations- und Handlungsstrukturen nur unzureichend aus dem wertegeleiteten Programm der Moral sui generis deduzierbar sind. Das heißt, den sozialen Formen, innerhalb derer sich Moral in Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes verwirklicht, haftet selbst nichts unbedingt „Moralisches“ an. Ähnlich wie Durkheim darauf hinweist, zur Erklärung eines Phänomens wie des „Verbrechens“ sei der Rückgriff auf die „Strafe“ deshalb empfehlenswert, da sich uns das Verbrechen vor allem in der Sanktionsreaktion in seiner eigentlichen Gesellschaftsrelevanz äußerlich darbietet (Durkheim 1984: 137), so werden die folgenden Überlegungen gleichermaßen um die sozial sichtbare und damit soziologisch relevante „Außenseite“ (ebd.) der Moral kreisen.

Zweitens gilt das Augenmerk dabei weniger der gesellschaftlich stabilisierenden Funktion von Moral als vielmehr in erster Linie der idealtypischen Analyse von Moralisierungskonflikten. Ist ein soziales Phänomen nach Durkheim an der „äußerlich verbindlichen Macht zu erkennen, die es über die Einzelnen ausübt“ (ebd.: 112), so zeigt sich diese „Macht“ insbesondere anhand der durch sie ausgelösten Sanktionen und Widerstände. In diesem Sinne wird auch im vorliegenden Fall von der krisenhaften Negativseite ausgegangen. Setzt man so gesehen bei den formalsoziologisch bestimmbaren Kontextrahmungen von Moralisierungskonflikten an, so richtet sich die Frage im Folgenden auf eine sicherlich alles andere als Vollständigkeit beanspruchende Typologie derjenigen sozialen Bedingungen, die eine Überhitzung moralischer Konflikte prinzipiell wahrscheinlich machen. Damit ist der Anspruch (oder zumindest die Hoffnung) verbunden, ein paar brauchbare Theorieangebote zur empirischen Analyse zeitgenössisch beobachtbarer Moralisierungskrisen zu entwickeln, wie sie beispielsweise von Olaf Jann und Veith Selk unter dem Dachbegriff „moralische Gentrifizierung“ diskutiert werden (2023a).

Die damit explizit eingeschlagene konfliktsoziologische Verortung steht drittens in Zusammenhang mit Fragen nach Macht und Moral (vgl. Abschnitt 10). Moralbezogene Gesellschaftsphänomene macht- und konfliktsoziologisch zu betrachten, hat insofern seinen besonderen Reiz, als Moralthematiken eigentlich einer ganz anderen soziologischen Tradition zugerechnet werden, Ansätzen demzufolge, die Gesellschaft nach deren integrativen, Konsens und soziale Kohäsion gewährleistenden Ressourcen wie geteilte Werte, Normen und Glaubensüberzeugungen befragen. Dem eine konfliktsoziologische Perspektive gegenüberzustellen (vgl. Collins 1994: 47 f), läuft darauf hinaus, den Gegenstand der Moral gegenläufig hinsichtlich deren latenten Desintegrationspotentialen zu analysieren. In diesem Sinne geht es im Folgenden um die gesellschaftliche Konfliktdimension gesellschaftlicher Konsensprogramme.

Im weiteren Verlauf wird zunächst eine Präzisierung vorgenommen, was unter „Moral“ und „Moralismus“ zu verstehen ist. Daran schließt sich eine Auswahl exemplarischer Konfliktebenen an, die hinsichtlich der Eskalationspotentiale moralischer bzw. moralisierender Interaktions- und Kommunikationsrahmungen besondere Aufmerksamkeit erfordern.

2 Moralsoziologische Perspektiven

Moral kann auf unterschiedlichen Ebenen soziologisch thematisiert werden. Drei dieser Ebenen werden hier vorgestellt. So ist zum Ersten die Soziologie darauf angewiesen, eine eigene idealtypisch abstrahierte Begriffsbestimmung von Moral zu entwickeln, die theoriebezogen verlässliche Orientierung bietet und gleichzeitig flexibel genug ist, um empirische Anschlussmöglichkeiten zu gewährleisten. „Moral“, so der hier gewählte Ansatz, rekurriert auf „Werte“ im Sinne einer ideellen Letztbegründung des Wünschenswerten (vgl. Kluckhohn 1951: 395), erschöpft sich darin aber nicht. Moral als spezifisch sozialer Sachverhalt findet dort statt, wo nebst deren Werteprogramm im engeren Sinne zusätzlich auch diejenigen sozialen Realisierungsformen beobachtbar werden, im Rahmen derer werteorientierte Interessen gesellschaftlich tatsächlich vollzogen werden bzw. werden sollen. Moral ist daher zwar mit Wertrationalität im Sinne Max Webers verknüpft (1980: 12), wird soziologisch aber insbesondere dort relevant, wo es um die gesellschaftlichen Kontextbedingungen geht, innerhalb derer subjektiv wertrationales Handeln ausgebildet, kommuniziert, diszipliniert, in Interaktion vollzogen und zuweilen von anderen auch kritisiert wird. Der für den soziologischen Blick relevante Ausschnitt aus dem Phänomenbereich der „Moral“ lässt sich so gesehen festlegen als wechselseitiger Sinnzusammenhang jener sozialer Rahmenbedingungen, Deutungsmuster und Interaktionskonfigurationen, die bezüglich werteorientierter Interessenaushandlung innerhalb von Gesellschaft als Wirkfaktoren ausschlaggebend sind.

Aus dieser Perspektive betrachtet, muss das ideelle Werteprogramm der Moral zur Erhöhung eigener Realisierungschancen zuallererst in sozialer Identität (in „moralischem Habitus“) verankert werden, das heißt, werteorientierte Bindung muss in soziale Bindung überführt werden, und zwar nicht nur in kognitiver, sondern auch in emotionaler Weise (vgl. Esser 1999: 135, 2000: 151). Im öffentlichen Raum stattfindende Moralisierung und die mit ihr einhergehende Dichotomisierungstendenz („gut gegen böse“) ist soziologisch daher nur zu begreifen, insofern daran anschließende, gleichermaßen polarisierende Emotionalisierungs- und Identitätsdynamiken miteinbezogen werden (vgl. Jann & Selk 2023: 8).

Wird Moral mit Identität und Emotion in Verbindung gesetzt, so sind allerdings Konflikte auf allen drei Ebenen vorprogrammiert. Und um die soll ja gehen (dazu mehr in Abschnitt 4). Moral wird im Folgenden weiterhin als personenadressierte, an Maßstäben des „Guten“ und „Schlechten“ orientierte Verteilung von Achtung und Missachtung definiert (Bergmann und Luckmann 1999: 22 f; Luhmann 1994: 318 f, 1997: 331 f, 2012: 272 f). Eine solche moralisch begründete (Miss-)Achtungsökonomie ist ebenso in besonderem Maße hilfreich, das Krisenpotential gesellschaftlicher Moralisierungsanlässe zu analysieren.

Zweitens wird Moral ebenso dort zum Thema der Soziologie, wo themenzentrierte Moralisierungsanlässe und die darin zum Vorschein kommenden Diskurse und Performanzen in Gesellschaft beobachtet werden können, beispielsweise anhand von Themen wie „Natur“, „Klima“, „Gender“, „(kulturelle) Identität“ etc. Hier geht es demnach um die Analyse moralisierungsverdächtiger Sozialphänomene unterschiedlicher Gestalt, wie beispielsweise auch Formen von „Empörung“ und „Protest“ (vgl. Balint et al. 2014). Moralkonflikte sind aus dieser Perspektive empirisch an themenzentrierter Kommunikationsverdichtung ablesbar, deren sprachliche (und performative) Elemente es zu analysieren gilt (vgl. Bergmann 1999). Damit allerdings verschiebt sich der Fokus unmerklich auf eine tendenziell wissenssoziologische Ebene. Weniger der Moral selbst, als vielmehr deren Bezugsthemen gilt nun das Interesse.

Drittens schließlich ist die direkte Ansprache von Moral kein akademisches Beobachtungsprivileg. Auch „da draußen“ in Gesellschaft wird über Moral diskutiert und gestritten – und wie! Einfach gesagt: Erst wird über „Vegetarismus“ debattiert, und in den sich daran anschließenden Kontroversen wird die als „moralisch“ wahrgenommene Kommunikationsrahmung des eigentlichen Anlass‘ dann selbst zum Thema und liefert reichlich Gesprächs- und Streitanlass. Gesellschaftliche Moralisierungsdiskurse über Moral stellen so gesehen für sich genommen ein empirisches Objekt zweiter Ordnung dar, und bei deren Analyse kann es der Soziologie wie jenen bedauernswerten Ethnograph:innen gehen, die ins Feld zogen, um dort die Stammeskultur der Punks zu erforschen, um schon bald registrieren zu müssen, dass etliche der Punks selbst Cultural Studies studiert hatten (Lindner 2000: 104).

3 „Moralismus“ als Gegenstand der Soziologie

Terry Eagleton stellt lapidar fest, „Ideologie“ sei „wie Mundgeruch immer das, was die anderen haben.“ (2000: 8). Ein Gleiches gilt für „Moralismus“, ist auch letzterer eine pejorative, als negative Fremdattribution performativ vollzogene Unterstellung überzogener Inanspruchnahme von Moral. Das polemische Stichwort des „Moralismus“ als schillernder Kampfbegriff im Rahmen der Selbstthematisierung von Moral innerhalb gesellschaftlicher Diskursarenen strukturiert zwischenzeitlich einen weit aufgefächerten Publikations- und Debattenmarkt. Daraus hervorgegangen ist ein eigenes Publikationsfeld essayistischer Antimoralismusliteratur, in der, teils in Anspielung auf Arnold Gehlen (1973) vor „Hypermoralisierung“ gewarnt wird (vgl. z. B. Grau 2021).

Diskurse dieser Art treten irgendwann wieder in die Wissenschaft ein und sorgen anhand von Reizthemen wie „Cancel Culture“ oder „Gendertheorien“ für Neuauflagen der Diskussion um wissenschaftliche „Wertefreiheit“ (Kostner 2022; Villa et al. 2021).

„Moralismus“-Debatten dieser Art ließen sich nun in einem diskursanalytischen und wissenssoziologischen Sinne betrachten, doch hier soll ein anderer Weg eingeschlagen werden. Die Frage lautet, ob Moralismus nicht nur im genannten Sinne als Diskursphänomen empirisches Objekt soziologischer Forschung ist, sondern inwiefern der Begriff des Moralismus‘ zum eigenen, soziologisch gleichsam idealtypisch abstrahierten Beobachtungswerkzeug im erstgenannten Sinne rückgebaut werden kann. Was also könnten soziologisch taugliche – und damit polemikbefreite! – Charakteristika von „Moralismus“ sein?

In der Philosophie wird der Unterschied zwischen Moral und Moralismus intensiv diskutiert. Die Abgrenzungskriterien werden hier zunächst entweder inhaltlich oder formal festgelegt (Mieth & Rosenthal 2020). Auf inhaltsbezogener Ebene beginnt Moralismus dort, wo Moralansprüche entweder überzogen oder deplatziert sind. Kennzeichen von Moralismus wäre es demnach, supererogative, das heißt das Normalmaß moralischer Erwartungsmaßstäbe weit überschreitende Befolgungsansprüche einzufordern, und das auch in Lebensbereichen, die sowohl weit in das „Private“ hineinreichen als auch bezogen auf Themen, welche die Akteur:innen selbst gar nicht unter Moralgesichtspunkten wahrnehmen. Man denke beispielsweise an die Moralisierung von Modeästhetiken oder anderer geschmacksbezogener Lebensstil- und Konsumgewohnheiten (vgl. Jaeggi 2013).

Das Problem ist, dass sich eine inhaltsbezogene Moralismuskritik immer auf dem Terrain der Moral bewegt, und dort hat Letztere Heimvorteil. Wer es als supererogative Zumutung betrachtet, auf Fleischkonsum zu verzichten, wird postwendend informiert, dass das „Klima“ auf dem Spiel steht. Und das ist durchaus ein Argument. Vielversprechender ist daher eine formal orientierte Eingrenzung von Moralismus. Ich will drei Argumente herausgreifen. Für Michaela Rehm (2020) ist es Kennzeichen von Moralismus, einer strikten de dicto-Motivation zu folgen. Moralismus tritt uns hier in Gestalt einer law and order-Mentalität gegenüber, der es vor allem um die Korrektheit eigener Gesetzesbefolgung geht. Es ließe sich hinzufügen, dass damit in dieser Spielart des Moralismus‘ gemäß der berühmten Stufen der Moralentwicklung nach Lawrence Kohlberg ein Downgrading von Stufe 6 (Orientierung an ethischen Universalien gemäß eigener Gewissensprüfung) zu Stufe 4 (Orientierung an Gesetz und Ordnung) erfolgt (vgl. Kohlberg 1996). Soziologisch ist das insofern aufschlussreich, als die Orientierung an einer Moralordnung nun jenseits der eigentlichen Werteprogrammatik vor allem sozialen Konformitätsdynamiken unterliegt. Dem lässt sich die These Christian Seidels zur Seite stellen, dass es moralistischen Positionen gleichgültig ist, ob ihre supererogative Missbilligung gegenüber als unmoralisch gebrandmarktem Handeln Anderer nun tatsächlich sanktionierende Wirkung zeigt oder nicht (2020: 227 f). Moralistische Gesinnungsethiker:innen, der Begriff muss wohl irgendwann fallen (vgl. Weber 1992), kennzeichnen sich durch konsequentialistisches Desinteresse. Ob die supererogative Moralprovokation bei anderen auch ankommt oder sie nur verprellt, wird nachrangig, entscheidend ist vielmehr die Herstellung von Anlässen eigener Empörungsdemonstration. Anders gewendet, Moralismus beginnt, wo Interessen an eigener Identitätsbehauptung als Moralsubjekt und die sich daraus ergebenden Selbstcharismatisierungseffekte (vgl. dazu Abschnitt 8) den faktisch erwartbaren Wirkungschancen moralischer Kommunikation vorgelagert werden. So gilt auch hier: Moralismus beginnt, wo außermoralische Sozialinteressen die Moral selbst zu überlagern beginnen.

Oliver Hallich schließlich entwickelt ein drittes Kriterium zur Eingrenzung von Moralismus. Auch Hallich sieht die Chancen als gering, Moralismus inhaltlich abzugrenzen. Was nun die formale Seite betrifft, so unterscheidet er zwei Formen moralischer Sanktion. Primäre Moralsanktion folgt dem Interesse der Handlungssteuerung, indem Moraladressat:innen durch Missbilligung zu moralgerechtem Verhalten angehalten werden sollen. Sekundäre Moralsanktion missbilligt nun nicht direkt das moraldelinquente Handeln Anderer, sondern deren Unwilligkeit, gleichermaßen Empörungsbereitschaft gegenüber Moralverstößen an den Tag zu legen: „[Moralismus] fordert von anderen moralisches Engagement und sanktioniert dessen Ausbleiben. Er rümpft die Nase, wenn andere es an moralischer Empörung fehlen lassen, und hat die Neigung, sie deswegen zu maßregeln und zurechtzuweisen.“ (Hallich 2020: 67 f).

Was hier also sanktioniert wird, ist die fehlende Bereitschaft, selbst mitzusanktionieren. Damit aber kommen zwei soziologisch höchst relevante Stellgrößen ins Spiel. Nach dieser Definition beginnt Moralismus dort, wo erstens kollektiver Zugehörigkeitsdruck aufgebaut und zweitens mit gruppenbezogenen Regeln verbindlichen Emotionsmanagements, also mit moralischen feeling rules (Hochschild 2006: 15) abgesichert wird. Moralismus beginnt so gesehen dort, wo Moral sukzessive an sich außermoralische Interessen wie insbesondere das nach sozialer Zugehörigkeitsverortung bedient. Die damit sowohl identitätsbezogene als auch emotionalisierte Aufladung „moralisch“ bzw. „moralistisch“ gerahmter Sozialphänomene wird im folgenden Abschnitt näher ausgeleuchtet.

4 Konfliktebene: Moral, Emotion und Identität

Moralisierungsanlässe gehen in aller Regel mit Verletzungsanlässen einher. Denn wo nichts oder niemand verletzt wird, bedarf es keiner werteverteidigenden Moralmobilmachung. So lassen sich moralisierungsaffine Verletzungsanlässe gegenwärtig beispielsweise in jenen öffentlichen Debatten beobachten, die um Subjektivitäts- und Identitätsaushandlungen kreisen, so insbesondere im Falle von Fragen geschlechtsbezogener und kultureller Identitäten, deren gesellschaftliches Konfliktpotential inzwischen auch soziologisch aufmerksam verfolgt wird (Jann & Selk 2023a; Münch 2023). „Identität“ (und damit Fragen der „Identitätsbedrohung“ und „Identitätsbehauptung“, vgl. Schimank 2016: 142) ist daher für sich genommen bereits Streitanlass mit erhöhtem moralisierungsanschlussfähigem Krisenpotential, wobei die identitätsbezogene Verletzungsmacht der „Sprache“ hier oftmals besonders hervorgehoben wird (vgl. Krämer & Koch 2010).

Wo verletzt wird, lässt daher Moral nicht lange auf sich warten, und wo verletzt wird, so auch dort, wo es um Identitätsfragen geht, sind erwartungsgemäß auch Emotionen im Spiel. Emotionalität gewinnt damit unweigerlich Moralisierungsrelevanz, muss dazu aber, um überhaupt sozial wirksam zu werden, erst einmal mitgeteilt werden. Aus konflikttheoretischer Perspektive ist daher weniger von Belang, wer was „tatsächlich“ fühlt, entscheidend sind vor allem die kommunikationsstrategischen Instrumentalisierungseffekte, die aus Emotionsmittteilungen und deren moralisierten Begleittönen folgen. Werteaffine Emotionalitätssemantiken (z. B. „Empörung“ oder „Betroffenheit“) lassen sich über diesen Weg in „affektives Kapital“ (Penz & Sauer 2016: 76) konvertieren und damit als symbolische Machtressource nutzen, indem damit gleichsam „emotionsperformativ“ die Seite der Adressat:innen unter Reaktionsdruck gesetzt wird.

Man kann das am populär gewordenen Subjektivitätsideal der „Sensibilität“ verdeutlichen. Sensibilität als gefühlsqualitative Charaktereigenschaft vermittelt subjektbezogene Einzigartigkeitsgarantien, indem die Besonderheit der Identitätsdarstellung an die Besonderheit des Gefühlsvermögens rückgekoppelt wird (vgl. Reckwitz 2019; zur Subjektkultur der „Empfindsamkeit“ vgl. Eagleton 1994: 42 f). Sensibilitätsproklamationen besitzen insofern aber auch performativen Mitteilungscharakter, indem sie Andere zu „Rücksichtnahme“ auffordern. Sensibilität ist damit ebenso hochgradig moralisch konnotiert, da „Empfindsamkeit“ überhaupt dort erst zum Vorschein gelangt, wo sie potentieller Verletzung ausgesetzt wird. Anders gesagt: In einer von Wattesubjekten bevölkerten Wattegesellschaft bedarf es keiner Emfindsamkeitsvirtuosität. Wäre Sensibilität ohnehin eine etwas fade Sache, bliebe sie von Anderen unbemerkt, so erlangt sie erst im Akt ihrer (potentiellen) Verletzung sozialrelevante Sichtbarkeit, die dann vermittels (Selbst-)Viktimisierungskommunikationen mitgeteilt werden muss, insbesondere um damit „Schuldige“ im Sinne von „Sensibilitätsmissachter:innen“ (d. h. „Widersacher:innen“) zu identifizieren. Denn Letztere sind für den wertebezüglichen Anspruch der Sensibilität als Subjektivitätsideal ebenso konstitutiv notwendig wie im Sinne Durkheims Normbekräftigung grundsätzlich sozialintegrativ auf Normabweichung angewiesen ist (Durkheim 1984: 85 f und 157 f; vgl. König im selben Band: 68). Am Beispielfall des Subjektivitätsideals der Sensibilität lässt sich so gesehen verdeutlichen, dass Werteprogrammatiken erst über den Weg identitätsbezüglicher Emotionalisierungen publikumswirksame Skandalisierungsmöglichkeiten eröffnen und damit – als potentielle Machtressource – das Phänomen der „Moralisierung“ als sozialen Sachverhalt überhaupt erst in Erscheinung treten lassen.

Für den weiteren Verlauf ergeben sich daraus zwei Anschlüsse. Geht es sogleich um die Sanktionsmöglichkeiten der Moral, so werden auch hier Emotionalisierungen eine Rolle spielen. In Abschnitt 6 wird dann auf die soziale Position der genannten Figur der „Widersacher:innen“ innerhalb einer triangulären Akteurskonstellation eingegangen.

5 Konfliktebene: Moral und Sanktion

Moral will sich Geltung verschaffen. Dazu muss sie wie jedes Normsetzungsverfahren sanktionsbewehrt sein, oder in Luhmanns Worten: „Wer moralisiert, will verletzen“ (1997: 333). Das aber gestaltet sich mitunter schwieriger als man denkt. Und das allein deshalb, weil Moral, zumindest in ihrer zeitgenössischen, an Gleichheits- und Partizipationswerten orientierten Version, es im Grunde als amoralisch ansieht und daher nicht gerne daran erinnert wird, sich notfalls auch Strafwerkzeugen bedienen zu müssen.

Ein anderer Grund ist folgenschwerer. Luhmanns Moralsoziologie wird in der Rezeption meist auf den, wenn auch sicherlich ausschlaggebenden Gedanken reduziert, Moral entscheide über die Verteilung von Achtung und Missachtung, womit allein schon das Konfliktpotential moralisierter Kommunikation vorgezeichnet sei (Luhmann 2012: 276 f). An dem Argument ist viel dran, es ist aber erst die halbe Wahrheit. Achtung und Missachtung bezieht sich nämlich laut Luhmann, und das ist deutlich festzuhalten, auf die „Person als Ganze“ (1994: 319, 2012: 276). Diese beiden zentralen Charakteristika von Moralsanktionen – Missachtungsbekundungen gegenüber der Person als Ganze – sind zum ersten, auch wenn bei Luhmann das Wort nicht fällt, etwas ganz Typisches für Demütigungs- und Beschämungsvorhaben. Emotional aufgeladene Demütigungs- und Beschämungssanktionen zielen nicht auf einzelne, unter Schuldverdacht stehende und damit sanktionsrelevante Handlungen, sondern auf die Totalidentität des delinquenzverdächtigen Subjekts (Neckel 1991: 87; Benthien 2011: 53 f; Tangney und Dearing 2002: 24 f). Das auf „Schuld“ zugeschnittene System des „Rechts“ dagegen bezieht sich auf einzelne Handlungen. So ist ein Grund der Trennung von Recht und Moral nach Luhmann darin zu sehen, vermittels dieser Distanzgewinnung verabschiede sich das Recht aus guten Gründen „von der Funktion eines Gewissensregulativs im Sinne einer Sicherung der sich selbst normierenden Identität einer individuellen Persönlichkeit.“ (1987: 224).

Moral, so kann man daraus folgern, greift, sobald sie sanktionieren will, auf ein Strafinstrumentarium zurück, das sich Mittel bedient, die mit dem Werteprogramm der Moral an sich so gar nichts zu tun haben. Moral, und damit auch die Moralsanktion, muss emotionalisiert und mit starken Identitätsbezügen ausgestattet werden, denn sonst bliebe der normative Apellcharakter, zumindest außerhalb der Stadtgrenzen von Königsberg, allzu spröde und abstrakt. Einfach gesagt: Spätestens ab der Sanktionsschwelle muss sich Moral in realen Interaktionsgefügen gemäß eigener Machtinteressen zwecks ihres Selbsterhalts außermoralischer Mittel bedienen. Und hier kommt Beschämung ins Spiel, indem Schuldgefühle über Beschämungspraktiken hervorgerufen werden (Jann 2023b: 39).

Luhmann wirft nun zum zweiten eine Frage auf, die unter Gesichtspunkten moralischer Norm- und Sanktionsverwirklichung eine besonders kritische Stelle markiert. Man könnte meinen, Miss- oder Verachtung stünde in diesem Fall für Exklusion, doch prompt folgt Luhmanns Hinweis, „Personen“ könnten nicht aus Gesellschaft exkludiert werden. Denn selbst wenn Abweichler:innen seitens der Moralakteur:innen mit Missachtung überzogen werden, man kann sie nur schlecht daran hindern, weiter an Kommunikation teilzunehmen. So erklärt Luhmann die „Heftigkeit, die Zornigkeit, die kämpferische Aufspreizung des moralischen Urteils“ (2012: 279) darüber, dass Moral, konfrontiert mit ihrer erheblich eingeschränkten Exklusions- und Sanktionsfähigkeit, eines Ausweichventils bedürfe, und er kommt zu dem Schluss, Moral müsse „die Unmöglichkeit der Exklusion durch Verachtung kompensieren.“ (ebd.). Das ist zwar richtig, aber Verachtung und damit einhergehende emotions- und identitätsbezügliche Beschämungsintentionen können nur dann Wirkung erzielen, wenn deren Adressat:innen das zugrundeliegende Normsystem bereits selbst teilen (vgl. Neckel 1991: 86 f). Schließlich lautet doch das moralische Grundbekenntnis „Der moralisch handelnde Mensch soll nicht nur das Gute tun, er soll es zugleich wollen!“ (Nassehi 2015: 17). Auch Missachtung und anschließende Demütigungs- oder Schamreaktionen bedürfen, wollen sie funktionieren, eines „looking-glass self“ (vgl. Scheff 2004). Das aber kann nicht vorausgesetzt werden, mehr noch, Moral will ja genau diejenigen strafen, die eben diese Überzeugungen (noch) nicht teilen. Daraus folgt, dass auch Verachtung ein sehr unzuverlässiges Sanktionssurrogat ist, das nun allerdings für die Moralakteur:innen selbst eine in erster Linie performative Funktion zu erfüllen beginnt.

Wenn daher erstens Moral angesichts ihrer eingeschränkten Exklusions- und Sanktionsmöglichkeiten Missachtung nicht mehr als rational ergebnisintendierte, das heißt gegenüber Dritten verhaltensregulativ wirkende Strafmaßnahme verwendet, sondern Missachtung in einem kompensatorischen Sinne eine nun performative Funktion zu erfüllen beginnt, wenn sich zweitens sowohl Achtung als auch Missachtung auf die Person als Ganze beziehen und wenn drittens davon auszugehen ist, dass innerhalb des Systems moralischer Prestigeökonomie die Verteilung von Achtungsgewinnen und Achtungsverlusten komplementär aneinander gebunden ist, dann muss in der Synthese viertens daraus folgen: Performative Verachtungsbekundungen dienen rekursiv immer der performativen Selbstachtungsbekundung, demnach der eigenen Aufwertung als Moralsubjekt, und zwar nicht im Sinne eines Teilaspekts von Subjektivität, sondern als moralisch ganze Person.

Dieser Befund ist vielleicht nicht einmal besonders überraschend, heißt aber in nuce: Die Moral gewinnt, auch wenn sie scheitert. Das Versagen der Moral nach außen kann postwendend in identitätsbezogene Selbstaufwertung moralischer Akteur:innen umgemünzt werden. Wenn sich aber für Akteur:innen eigene moralbezogene Identitätsgewinne ohnehin verlässlich einstellen, wozu sich dann mit der Selbstdomestikation des eigenen Moralprogramms herumschlagen? Wozu sich fragen, inwiefern moralische Kommunikation ein Sensorium eigener Selbstbegrenzung entwickeln sollte (mehr dazu in Abschnitt 9), wenn, selbst im Falle faktischen Versagens moralischer Programme, man selbst doch charismatisierende Subjektivitätsprofite erzielt? Das Verhältnis zwischen moralischen Akteur:innen und deren Widersacher:innen bedarf daher eines genaueren Blicks.

6 Konfliktebene: Die Triangularität von Moralkonflikten

Moral, so lautete das Argument, sanktioniert vermittels performativer Verachtungsbekundungen, die in Zusammenhang mit performativen Selbstevaluationen moralischer Akteur:innen stehen. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass sich die daraus ergebenden Interaktionsfigurationen moralisch gerahmter Konflikte nicht anhand von dyadischen Relationen („wir gegen sie“), sondern weitaus präziser vermittels Triangulationsverflechtungen beschreiben lassen, wobei „moralische Unternehmer:innen“ nach Howard S. Becker eine besondere Rolle spielen werden.

Es hat in der Sozialtheorie gewisse Tradition, Interaktionskonstellationen gemäß des Schemas eines dyadischen „Sich-Gegenüber-Stehens“ zweier Parteien zu lesen, so beispielsweise im Falle der Thematisierung von „Fremdheit“ oder „Außenseitern“ und deren jeweiliger Gegenseite, aber auch in besonderem Maße im Falle von Gegnerschaft und Konfliktverhältnissen (vgl. Fischer 2022: 22). Es erscheint zwar naheliegend, auch Moralkrisen als konflikttypische „Zweiergegnerschaft“ (Luhmann 1994: 534) zu lesen, insofern sie dem binären Wertekonflikt einer bestimmten moralischen Ordnung unterliegen, die ein dafür oder dagegen erzwingt. Ein solches tertium non datur mag bezüglich der moralischen Werteordnung zutreffen (z. B. für oder gegen Fleischkonsum) gewinnt aber erheblich an Komplexität, sobald miteingerechnet wird, dass solche wertebezogenen Dualismen sehr oft innerhalb akteursbezogener Dreierkonstellationen ausgetragen werden. Nach Walter L. Bühl wäre die soziale Dynamik von Konflikten falsch verstanden, reduzierte man sie auf einem Zweier-Antagonismus unterliegende Oppositionskonstellationen (1973: 9 f). Das gilt auch für die soziale Positionierung von Moral Entrepreneurs, um die es sogleich gehen wird. Auch hier empfiehlt es sich, den Konflikt gemäß Bühl als triangulierte Konstellation zu deuten (1973: 44 f).

Im Folgenden gilt das Interesse Moralkonflikten, in denen folgende idealtypische Situation vorliegt: Der wertebezogene Ausgangskonflikt folgt einer binären Struktur (z. B. pro oder contra „gendern“). Bezüglich der sozialen Austragung dieses Konflikts sind nun folgende triangulär organisierten Positionen relevant: 1) Moral Entrepreneurs als „Werteüberwachungs- und durchsetzungsbeauftragte“ und zwar bezüglich der Fürsprache hinsichtlich 2) einer potentiell als viktimisierungsgefährdet geltenden Gruppe (z. B. „Migrant:innen“, oder auch eines als bedroht geltenden ideellen Guts, z. B. „das Klima“) und schließlich 3) all jene sozialen Akteur:innen, von deren Anerkennung der Status Quo der Moral Entrepreneurs zwar mitabhängt, die aber, falls sie im Konfliktfall Anerkennung verweigern, damit zur Partei der „Widersacher:innen“ werden.[1]

Um ihren Auftrag erfüllen zu können, bedürfen Moral Entrepreneurs nach Becker der Anerkennung und Achtung durch Andere (2014: 153). Ohne eine solche Achtungs- bzw. Anerkennungsgrundlage wären Moral Entrepreneurs als Wertebeauftragte handlungsunfähig, und das hat folgende Auswirkung: „Daher wird ein gut Teil der durchsetzenden Tätigkeit nicht der tatsächlichen Durchsetzung von Regeln gewidmet, sondern der Erzwingung von Achtung durch Menschen, mit denen der Durchsetzer zu tun hat.“ (ebd., kursiv von mir). Sollte nun Moral Entrepreneurs – nach deren eigenem Dafürhalten – nicht hinreichend Anerkennung zuteilwerden, so ergibt sich für die nun zu „Widersacher:innen“ gewordenen Dritten wiederum Folgendes: „Das aber bedeutet, dass man als abweichend abgestempelt werden kann, nicht weil man tatsächlich eine Regel gebrochen hat, sondern weil man dem Regeldurchsetzer Missachtung entgegengebracht hat.“ (ebd., kursiv von mir). Drei Parteien sind demnach für das Konfliktverhältnis ausschlaggebend. Erstens die Moral Entrepreneurs selbst (z. B. „Aktivist:innen“), zweitens diejenige Partei in Gestalt einer potentiell viktimisierten Gruppe oder eines ideellen Guts, die des moralischen Beistands in Form reformatorischer „Regel“-Durchsetzung bedarf (z. B. „Rechte von Transpersonen“, „Klimakrise“, im Folgenden „Opfer“-Partei genannt) und schließlich drittens diejenigen „Anderen“, auf deren Anerkennung Moral Entrepreneurs angewiesen sind.

Auf was Becker in der zitierten Passage vor allem aufmerksam macht, ist die Unterscheidung zweier unterschiedlicher „Delikt“-Ebenen, die man als Wertemissachtung und Statusmissachtung benennen kann. Moral Entrepreneurs müssen nicht nur normativ wertebezogen handeln, d. h. sich für (moralische) „Regel“-Geltung zuständig erklären, sie müssen ebenso bedacht sein, die (soziale) Akzeptanz ihres Zuständigkeitsstatus‘ seitens Anderer abzusichern. Ihre Widersacher:innen können damit auf zweierlei Weise straffällig in Erscheinung treten: indem sie diejenigen inhaltlich substantiellen Werte an sich missachten, für die Moral Entrepreneurs einstehen, oder aber indem sie die Legitimität des sozialen Status‘ der Moral Entrepreneurs als Wertedurchsetzungsbevollmächtigte bestreiten. Sicherlich ist beides eng miteinander verflochten, denn auch hier gilt: „Die Anerkennung der Autorität ist die Anerkennung der Werte, die sie repräsentiert.“ (Sofsky & Paris 1991: 23; kursiv von mir). Dennoch ist ein Unterschied entscheidend, der vermittels eines rechtshistorischen Beispiels herausgestrichen werden kann. Im frühneuzeitlichen Recht erschienen „Verbrecher:innen“ in einer Doppelgestalt, zum einen als „Sünder:in“ und zum anderen als „Feind:in“. Während „Sünder:innen“ gegen die heilige (d. h. gottgegebene) Ordnung verstoßen, besteht der Normbruch der „Feind:innen“ in der Missachtung der weltlichen Autorität, die für die Durchsetzung der (göttlichen) Gebote zuständig ist (Galassi 2004: 38). Dieses Verhältnis – sündhaft vor Gott, feindselig gegenüber dem Gesetz – lässt sich insofern auf den vorliegenden Fall übertragen, als strukturanalog auch Moral Entrepreneurs im Auftrag „geheiligter Werte“ tätig sind (s. Abschnitt 8), bezüglich derer sie nun in Gesellschaft Durchsetzungsautorität für sich einklagen.

Es kann allerdings der Fall eintreten, dass seitens Dritter gar nicht einmal in erster Linie die zur Debatte stehenden Werte an sich abgelehnt werden, als vielmehr allein die Überwachungsautorität der Moral Entrepreneurs bestritten wird. Autoritäten haben im Falle solcher statusbezogenen Erwartungsenttäuschungen einen gewissen Hang zum Beleidigtsein. Um den Angriff auf ihre Statuslegitimität abzuwenden, können sie zu folgendem Mittel greifen: Aufgrund ihrer wertebezogenen Identifikation mit einer jeweiligen Opfer-Partei können sie den Angriff auf ihren Status als Angriff auf das Opfer reinterpretieren und entsprechend auf die Widersacher:innen reattribuieren, sprich: Wenn Widersacher:innen (1) uns, d. h. die Moral Entrepreneurs (2) missachten, dann missachten sie im Grunde die Opfer-Partei (3). Da aber gleichzeitig die Opferidentifikation der Moral Entrepreneurs jenen Kipppunkt von Stigma zu Charisma markiert, demnach jenen Transformationsprozess von (Selbst-)Stigmatisierung hin zu (Selbst-)Charismatisierung von „Außenseiter“-Figuren wie Wolfgang Lipp es präzise analysiert (2010), dann kann die den Widersacher:innen (1) unterstellte Missachtung gegenüber der Opfer-Partei (2) wiederum im Umkehrschluss als Statusmissachtung gegenüber den Moral Entrepreneurs (3) selbst rückübersetzt werden, da letztere ihre eigene statusrelevante Selbstcharismatisierung über das identifikatorisch der Opfer-Partei entliehene Stigma absichern.

Diese trianguläre Konfliktfiguration gewinnt noch an Schärfe, wenn Folgendes hinzukommt. Moral Entrepreneurs stehen grundsätzlich insbesondere zwei Rollenmodelle zur Verfügung, sie können sich zum einen über eine mediatorische und zum anderen über eine advokatorische Rolle definieren. Eine mediatorische, auf Konfliktschlichtung ausgerichtete Rollenauffassung würde bedeuten, zwischen gegenüberstehenden Parteien zu vermitteln (vgl. Fischer 2022: 228 f), so beispielsweise zwischen Befürworter:innen und Gegner:innen „gendergerechter Sprache“. Das Problem ist nur, dass eine mediatorische Rollenerfüllung voraussetzt, dass die Schlichtungspartei sich selbst zu einer gewissen Werteabstinenz verpflichtet, um ihren Vermittlungsauftrag überhaupt erfüllen zu können. Da Moral Entrepreneurs aber ihren Autoritätsanspruch über ihre hohe Werteidentifikation und damit einhergehender Identifikation mit der „Opfer“-Partei legitimieren, bedeutete für sie eine solche mediationsnotwendige Werteabstinenz einen Verlust an moralischer Autorität. Wenn Moral Entrepreneurs ihren Auftrag wiederum advokatorisch definieren, droht ein anderes Problem. Der advokatorische Beistand gegenüber einer „Opfer“-Partei geht automatisch mit der Anklage gegenüber denjenigen einher, die nun als deren „Widersacher:innen“ identifiziert und damit kulpabilisiert werden. Moralisierende Anklageführung im Sinne einer Identifikation von „Schuldigen“ produziert aber automatisch vertikale soziale Distanz (vgl. Black 1995: 836 f), das heißt, diejenigen, die so adressiert werden, fühlen sich jetzt „von oben herab“ behandelt. Aber genau von der Anerkennung dieser sich nun auf der Anklagebank wiederfindenden „Anderen“ hängt, wie oben ausgeführt, die Statussicherung der Moral Entrepreneurs ab. Während daher für Moral Entrepreneurs eine mediatorische Rollendefinition die Gefahr wertebezogenen Autoritätsverlusts qua eigener normativer Selbstbescheidung beinhaltet, so droht im Falle der advokatorischen Rollendefinition nun die Gefahr eines statusbezogenen Autoritätsverlusts qua demonstrativem Kulpabilisierungsgestus und daraus als Gegenreaktion folgendem Anerkennungsentzug seitens Dritter. Das Agieren von Moral Entrepreneurs bewegt sich so gesehen in einem relativ eng limitierten Interaktionskorridor, da wertebezogene Autorität ohne statusbezogene Autoritätsanerkennung sozial nicht durchsetzungsfähig wäre, statusbezogene Autorität wiederum ohne wertebezogene Autoritätsanerkennung ihre normative Legitimationsgrundlage einbüßen würde, wobei die sozialen Realisierungschancen jeweils werte- und statusbezogener Autoritätssicherung sich in die Quere zu geraten drohen.

Daran kann das weitere Problem angeschlossen werden, dass es für Moral Entrepreneurs ab einem bestimmten Institutionalisierungsgrad eben nicht nur „um die Sache selbst“ geht, sondern ebenso um eigene Identitätsbehauptung und daran anknüpfende Verteilungsfragen von „Positionsgütern“ (vgl. Esser 2000: 191 f). Positionsgüter im verallgemeinerten Sinne einer grundsätzlichen Knappheit von Prestigeverteilung richten sich an Eigeninteressen. Eigeninteressen aber vertragen sich nicht mit Moral. James S. Coleman (1982) hat auf eine Strukturähnlichkeit zwischen Free Riders („Trittbrettfahrer:innen“) und Zealots (wörtlich „Eiferer:innen“ bzw. „Aktivist:innen“) aufmerksam gemacht. Beide stehen in einem diametralen Verhältnis zueinander, agieren aber innerhalb ähnlicher Rahmenbedingungen. Trittbrettfahrer:innen drücken sich bei gemeinschaftsdienlichen Aktionen um ihren eigenen Beitrag, wollen aber von der Leistung anderer mitprofitieren. Aktivist:innen, und darin gleichen Colemans Zealots den Moral Entrepreneurs im Sinne Beckers, drücken sich nicht, sondern sind bei der Sicherstellung von Kollektivgütern geradezu Overachiever, wollen aber dafür jenseits der Erreichung des allgemeinen Kollektivguts auch eigene Profite, und zwar in Form von Anerkennungsgewinnen. Wird „moralisches Kapital“ zum Positionsgut, so bedarf dessen Verteilungsökonomie daher zweierlei: sowohl Achtung durch Andere als auch Achtungsentzug gegenüber Anderen. Die Folge ist auch hier eine erhebliche Tendenz zu personaler Überattribuierung bezogen auf moralische und „anti“-moralische Akteur:innen, und daraus resultieren zusätzliche Konfliktverdichtungen.

7 Konfliktebene: Moralische Pädagogisierung

Daran schließt sich eine weitere akteurskonstellative Problematik an. Beckers Moral Entrepreneurs befinden sich gerade in der Etablierungsphase normativer Innovationen in der Situation, einerseits problembezogene Lösungskompetenz für sich zu reklamieren, um gleichzeitig mitzukommunizieren, dass trotz aller tatsächlich erzielten Erfolge das Problem immer noch weiterhin besteht (Becker 2014: 152). Man könnte also sagen, dass sie das altbekannte Tocqueville-Paradox schon vorauseilend zur eigenen Positionssicherung für sich einrechnen müssen, insbesondere wenn moralisches Engagement für sie zur existenzsichernden „Vollzeitbeschäftigung“ (ebd.: 149) geworden ist. Moral Entrepreneurs müssen so gesehen einerseits Expertise für Protest an den Tag legen und zur langfristigen Sicherung der eigenen Position auf „alarmierende Kommunikation“ (Luhmann 2016: 205) setzen. Aber sie müssen andererseits, folgen wir Becker, eben auch eigene Problemlösungskompetenz beweisen. Jetzt aber sind sie in einer Zwickmühle. Protest, so Luhmann, „negiert, schon strukturell, die Gesamtverantwortung. Er muss andere voraussetzen, die das, was verlangt wird, ausführen.“ (2016: 205). Eigenverantwortlichkeit, so ließe sich hinzufügen, dämpft für gewöhnlich den Protestenthusiasmus, denn sonst müsste man ja im Falle von Erfolglosigkeit am Ende gegen sich selbst protestieren (ähnlich lautend notiert Henri Fayol: „Nun ist die Verantwortlichkeit im Allgemeinen ebenso gefürchtet, wie die Autorität begehrt wird.“. 1976: 123). Wer auf Protestexpertise setzt, tut daher gut daran, sich nicht gleichzeitig unmittelbarem Erwartungsdruck hinsichtlich eigener messbarer Erfolge auszusetzen. Moral Entrepreneurs müssen nun allerdings sowohl einerseits zukunftsorientiert alarmieren als andererseits auch gegenwartsorientiert handeln. Dieses Problem lässt sich elegant lösen, indem man das eigene Problemlösungshandeln darauf ausrichtet, andere zum richtigen Problemlösungshandeln zu instruieren, sprich: man setzt ergänzend zum Protest auf Pädagogik. Wer edukativ tätig wird, kann nun weiterhin alarmierende Protestkommunikation betreiben und im Falle des Ausbleibens von Erfolgen auf „Schwererziehbarkeit“ verweisen, sich selbst also direkter Misserfolgszurechnung entziehen.

Und damit ist noch ein weiteres Problem gelöst. Insbesondere als besonders dringlich empfundene Anlässe moralischer Innovation (z. B. Klimapolitik) erforderten es eigentlich, „die Gesellschaft“ als verantwortliche Instanz zu adressieren, schließlich kann das Problem letztlich nur dort gelöst werden. Ein solcher gesellschaftlicher Adressat „aus einem Guss“ (Nassehi 2020: 71) ist aber notorisch unerreichbar. Wenn man aber schon „die Gesellschaft“ nicht erreichen kann, so doch wenigstens deren Statthalter en miniature, also das „Individuum“, am besten jedes einzelne. Und alle zusammen, da wird wohl schon „Gesellschaft“ herauskommen. Eine solche simplifizierte „Aggregatspsychologie“ (Esser 1999: 419 f) mag zwar sozialedukatives Handeln legitimieren, taugt aber nur bedingt zur grundsätzlichen Problemanalyse. Unter diesem Gesichtspunkt lohnt sich ein Blick in die Schriftenreihe der Psychologists for Future. Deren Programm lautet, dem Klimawandel vermittels „Bewusstseinswandel“ zu begegnen (vgl. Dohm et al. 2021). Entworfen wird ein Maßnahmepaket, das auf individualisiert-emotionalisierte Verhaltensänderung abgestellt ist. Eine solche psychologisierte Klimaseelsorge erklärt klimaschädliches Verhalten über einschlägige individualpsychologische Mechanismen, wendet sich mit therapeutischer Empathie an Klimaängste und macht die Klimakrise damit letztlich zur persönlichen Einstellungssache, die über psychologische Aufklärung und Beratung bearbeitbar ist.

So sehr ein dahingehender Bewusstseinswandel in der Tat wünschenswert wäre, so geht damit auf der Ebene der Problemanalyse eine individualreduktionistische Simplifikation einher. Eine solche psychologisiert-pädagogisierte Deutung erfüllt aber eine wesentliche Funktion zur Aufrechterhaltung von Moral an sich. Moral bedarf zwecks der Zuschreibung sowohl moralischen als auch unmoralischen Verhaltens belastbarer Attributionsanker, und die einfachste Form der Adressierbarkeit ist die Person. Denn grundsätzlich gilt: Wer erziehen (oder strafen) will, braucht Personen. Moral Entrepreneurs beanspruchen dabei allerdings für sich selbst einen besonderen Personenstatus, der seinerseits konfliktbezogenes Potential besitzt. Das soll nun unter dem Stichwort moralischer Selbstsakralisierung besprochen werden.

8 Konfliktebene: Sakralität als Provokation

Durkheim eröffnet seine Überlegungen zur sozialen Tatsache der Moral damit, dass er zunächst zwei deren Merkmale herausstreicht. Zum einen charakterisiert sich nach ihm Moral durch „Obligation“, das heißt, sie erweist sich als pflichtbezogene Gebotsvorschrift (1976: 85). Das ist, so will ich es nennen, die Instruktions- und Handlungsebene der Moral, sprich: was man tun soll. Darin allerdings erschöpft sich Moral nicht. Durkheim fährt fort, nicht allein das in diesem Sinne Imperative kennzeichne Moral, hinzu käme zum zweiten eine bestimmte qualitative Idee des „Guten“ und „Erstrebenswerten“. Nennen wir es die Werte- oder Programmebene der Moral, sprich: an was man glauben soll. Von hier aus schreitet Durkheim weiter zum Vergleich des Moralischen mit dem Heiligen und stellt fest, in beiden Fällen sei dieselbe Dualität zu registrieren. Nun allerdings kommt etwas Drittes ins Spiel, wenn er darauf hinweist, im Falle des Heiligen artikulierten sich die angesprochenen Obligationsvorschriften in Gestalt von Distanzierungsgeboten dergestalt, als dass nun das „heilige Wesen“ (ebd.: 86) danach verlange, gebotenen Abstand zu ihm zu wahren. Durkheim nennt dafür sogleich auch ein Beispiel, wenn er die menschliche Persönlichkeit als jenes „Heilige“ ausweist, dessen Unverletzlichkeit distanzwahrend zu garantieren sei, ein Gedanke, der später bei Erving Goffman unter Bezug auf Durkheim noch eine große Rolle spielen wird (vgl. Goffman 1986: 54, 2000: 64; vgl. Joas 2015: 81 f). Bezeichnen wir dieses Merkmal daher als die Relations- bzw. Konstellationsebene der Moral, sprich: wie man sich in Beziehung setzen soll.

Hinsichtlich der symbolischen Parallelität zwischen Heiligem und Moral folgert nun Durkheim, es sei nicht an erster Stelle das Imperative, das der Moral ihre Sakralität verleihe, als vielmehr, ebenso wie im Falle des ursprünglichen Heiligen, seien auch moralische Werte dann im Raum des Sakralen angesiedelt, insofern auch sie eine Aura der Unantastbarkeit, des Abgesonderten und Inkommensurablen umhülle. Durkheim stellt die Existenz solcher gleichsam unantastbarer moralischer Werte in Aussicht und schließt: „Gibt es sie, dann sind sie heilig. Darin also kann die Moral etwas Religiöses haben.“ (1976: 127).

Ohne sich in einer tieferen Exegese der Sakralitätstheorie im Umfeld der Durkheim-Schule zu verlieren, so genügt hier die These, das „Heilige“ und daher auch nachmetaphysische gesellschaftliche Heiligtümer wie eben „Moral“ seien an erster Stelle durch das Charakteristikum ehrfurchtgebietender Unantastbarkeit gekennzeichnet.

Ich möchte den Kerngedanken des Inkommensurablen als Sakralindikator vermittels einer soziologisch eher etwas unkonventionellen Quelle präzisieren, nämlich anhand des Verfahrens der Heiligsprechung in der katholischen Kirche. Warum auch nicht auf Expertenwissen[2] aus dem Feld zurückgreifen? Wenn im Verfahren eines aufwändigen klerikalen peer reviews Heiligsprechungen vollzogen werden, dann entscheiden in einem System unterschiedlicher Kombinationsmöglichkeiten drei zentrale Kriterien über die Zuerkennung dieses Status‘. Voran steht die Überprüfung einer das Erwartbare weit überschreitenden, gleichsam heroischen Tugendhaftigkeit. Weiterhin ausschlaggebend ist das Vorhandensein eines Martyriums und das Bewirken eines Wunders (vgl. Beinert 2002; Samerski 2002: 81). Versuchen wir, diese drei Prüfkriterien des Heiligen erstens zu abstrahieren, um sie dann zweitens daran zu messen, ob auch sie der von Durkheim hervorgehobenen Inkommensurabilitätsthese standhalten, um dann drittens zu fragen, ob die so gewonnenen Kriterien auch auf Phänomene gesellschaftlicher Heiligkeitsverehrung im übertragenen Sinne zutreffen.

Tugendhaftigkeit im Sinne außerordentlich vorbildlicher Lebensführung lässt sich als Form vollendeter Subjektivität wiedergeben. Wir begegnen hier dem Reinheitsideal subjektiver Selbstvervollkommnung in dem Sinne, als das ein solches Subjekt seine Handlungsimpulse gemäß einer noblesse de cœur aus sich selbst schöpft, und zwar in einer das nach konventionellen Maßstäben ethisch Erwartbare um Längen überschreitenden Weise. Das Martyrium wiederum – Prüfung oder Widerfahrnis – ließe sich übersetzen als grundsätzliche, ebenso das allgemein Erwartbare deutlich überschreitende Opferbereitschaft. Das Wunder schließlich ist das wirkungsbezogene Durchbrechen kausalitätsbezüglicher Erwartbarkeitsmaßstäbe. Das Wunder vollbringt, was in der Ordnung der Welt so nicht vorgesehen ist, so auch die Ordnungsmuster des Gesellschaftlichen betreffend. So gesehen ist das Wunder gewissermaßen das Gegenteil von Kontingenz im Sinne Luhmanns (1994: 152), insofern das Wunder zur Errettung der Welt (bzw. der Gesellschaft) zwar sowohl notwendig als auch (im Grunde) unmöglich ist.

Damit ist die zweite Frage bereits beantwortet. Die genannte Trias der Heiligkeitskriterien, bestehend aus inkommensurablem Idealsubjekt („Tugend“), inkommensurabler Handlungsmotivation („Martyrium“) und inkommensurabler Handlungsfolge („Wunder“) erfüllt in allen drei Fällen Durkheims Anspruch an das Heilige als etwas, das in seiner Einzigartigkeit und Abgeschiedenheit entgegen der restlichen Welt Andacht und Ehrerbietung erzeugt.

Kommen wir daher zur dritten Frage nach Aspiranten gesellschaftlicher Heiligsprechungen. Es bieten sich an sowohl ausgewählte charismatische Einzelakteur:innen, insofern sie in den Augen der anderen – gelegentlich auch in ihren eigenen – ein exzeptionelles Subjektivitätsideal verkörpern, insofern sie zumindest prinzipiell zum Martyrium Bereitschaft signalisieren und insofern sie hinsichtlich des Bewirkens von Wundern grundsätzliche Zuständigkeitsbekundungen artikulieren, als auch transpersonale, ebenso sakralisierungstaugliche Meta-Akteursfiguren wie beispielsweise „die Natur“ oder „die Gemeinschaft“. So ist „Natur“ gemäß des geschilderten Schematismus‘ mit einer Fülle an Metaphern des Inkommensurablen belegt. Sie steht (1) für Unberührtheit und Reinheit, gilt dabei als unüberschreitbare Verwirklichung des Guten, sie ist (2) dem dauernden Martyrium menschlicher Bedrohungen durch Umweltzerstörung ausgesetzt und gilt als (3) Vollbringerin von mancherlei Wunder, allem voran dem „Wunder des Lebens“. Eine solche „Moralisierung von Natur“ (Eder 1988: 230; kursiv im Original) geht einher mit der Konzeption einer „Romantiknatur“ als „Verfassung der Unschuld und Naivität“ (Marquard 1987: 57). Einer Heiligsprechung steht so gesehen nichts im Wege, nihil obstat, wie die Kirche sagen würde. Identifizieren und solidarisieren sich nun reale Akteur:innen mit solchen transpersonalen Heiligtümern wie z. B. „Natur“, so entstehen gesellschaftliche Sakralkerne mit besonders hoher moralischer Aufladung.

Da Sakralverdichtungen mit erheblichem Machtpotential einhergehen, ist es notwendig sie zu kontrollieren. Auf die Selbstkontrolle der Moral durch Moral ist dabei nur bedingt zu setzen, dazu mehr im folgenden Abschnitt. Ist im kirchlichen Verfahren der Heiligsprechung die Figur des promotor fidei, besser bekannt als advocatus diaboli vorgesehen (Beinert 2002: 679; Samerski 2002: 78), dem die kirchenanwaltliche Funktion zukommt, nach Gründen gegen eine mögliche Kanonisation zu suchen, so steht eine solche Rolle daher mutatis mutandis auch der Soziologie gut zu Gesicht, und zwar dort, wo nun im postreligiösen Sinne gesellschaftliche Heiligsprechungen unterschiedlicher Art vollzogen werden.

Was bedeutet das für die hier verhandelten Moralisierungsanlässe? Gemäß der religionssoziologischen Dispersionsthese (vgl. Ebertz 2018) lassen sich in modernen Gesellschaften auch weit jenseits des ursprünglich religiösen Feldes quasi-sakrale bzw. gläubigkeitsäquivalente Phänomene identifizieren. Gleichsam „geheiligten“ Werten verpflichtete Moralakteur:innen lassen sich hier in einiger Hinsicht einreihen.

Gemäß des vorgestellten Schemas scheren Moralakteur:innen so gesehen in ihrer idealtypisch gefassten dreifachen Inkommensurabilität (tugendhaftes Idealsubjekt, selbstlose Aufopferungsbereitschaft, Befähigung zur Fabrikation des „eigentlich Unmöglichen“ als Charakteristika des „Heiligen“) aus der gewohnten Ordnung des Sozialen aus. Damit sind ihre ebenfalls idealtypischen Gegenspieler:innen schnell identifiziert. Orientieren wir uns an Uwe Schimanks Typologie unterschiedlicher Akteursfiguren, so wäre der gesellschaftliche Antagonist von Moralakteur:innen sowohl der angepasste, sich mehr oder weniger halbbewusst an gesellschaftlichen Konventionen entlanghangelnde und an ethischen Alleingängen eher desinteressierte homo sociologicus als auch die in ihrem Eigennutzkalkül zu keinerlei Opfergaben bereite Krämerseele des homo oecomomicus (vgl. Schimank 2016). Sich ausgerechnet von dieser Akteursmelange allzu große Sympathien gegenüber Zumutungen moralischer Erwartbarkeitsüberschreitungen zu erhoffen, wäre nun wirklich etwas blauäugig. Ausgerechnet mit dieser gesellschaftlich durchaus dominanten Akteursfigur müssen sich nun allerdings Moralakteur:innen auf Kooperationsbeziehungen einlassen, wollen sie ihre Werteprogramme zu Wirklichkeit werden lassen, und gleichzeitig müssen sie dabei zur Imagepflege ihrer sakralitätsnahen moralischen Dignität den eigenen Unantastbarkeits- und Einzigartigkeitsstatus tunlichst aufrechterhalten. Eine Zwickmühle, die reichlich Anlass zu wechselseitiger Provokation und Erwartungsenttäuschung bietet.

Eine solche Konstellationsstruktur moralzentrierter Akteursverhältnisse verführt ganz erheblich zu wechselseitiger, auf die jeweils andere Person bezogener „Überattribuierung“ (Luhmann 1994: 319) und wird damit fast zwangsläufig als gegenseitige „Identitätsbedrohung“ (Schimank 2016: 143) wahrgenommen, wodurch das Konfliktrisiko erheblich in die Höhe schnellen kann. Eine Möglichkeit der Konflikteinhegung bestünde nun darin, die Weitreiche moralischer Geltungsansprüche zu begrenzen. Warum das nicht so einfach ist, wird im Folgenden besprochen.

9 Konfliktebene: Moralische Entgrenzungen

Eine differenzierte Typologisierung gesellschaftlicher Normprogramme (wie insbesondere Recht, Moral und alltagsbezogene Konventionalnormen) kann hier nicht geleistet werden, gleichwohl verdient diesbezüglich dennoch ein Punkt der Aufmerksamkeit. Normprogramme werden soziologisch meist nach deren – wenig verwunderlich – spezifischer Normierungsleistung befragt (vgl. Popitz 2006), das heißt, danach geprüft, gemäß welcher Eigenlogik sie ihre jeweiligen Regelungssansprüche in Gesellschaft realisieren, kurz und knapp: Wie beispielsweise „funktioniert“ (aus soziologischer Sicht) das „Recht“? Weniger beachtet bleibt dabei, dass Normprogramme auch sich selbst gegenüber insofern Normierungsleistungen vollziehen, insofern sie sich über die Limitationen ihres eigenen Zuständigkeitsradius‘ verständigen.

So wird beispielsweise unter dem Stichwort der „Juridifizierung“ die Tendenz überhandnehmender Verrechtlichung diskutiert (vgl. Augsberg et al. 2020), wobei aber dieser rechtslimitative Diskurs zu erheblichen Teilen auch innerhalb des Rechts selbst stattfindet. So berücksichtigt beispielsweise die Rechtsprechung im Falle des Vergehens der „Beleidigung“ nach StGB § 185, wem gegenüber eine prinzipiell ehrverletzende Äußerung vollzogen wird. Miteinzurechnen ist hier nämlich „der besondere persönlichkeitsrechtliche Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation“[3]. Zu solchen Formen vertraulicher Kommunikation gehört der engste Familienkreis, bezüglich dessen der Schutz der Intimsphäre dem Schutz individueller Ehre vorgelagert wird, woraus folgt, dass ehrverletzenden Delikten hier nicht rechtlich nachgegangen wird, einfach gesagt: Ehepartner:innen kann man beleidigen, ohne rechtliche (dafür i. d. R. meist andere) Konsequenzen befürchten zu müssen. Das Recht setzt hier der eigenen Zuständigkeitssphäre Grenzen, während ein strikt „moralischer“ Anspruch sich damit kaum einverstanden erklären dürfte.

Aber auch alltagsbezogene Konventionalnormen verfügen über ein Sensorium eigener Weitreichenlimitation, zwar nicht in institutionalisierter Form wie das Recht, dafür aber vermittels der Verpflichtung auf Umgangsformen. Die normative Bindung an Umgangsformen in alltäglicher Interaktion beinhaltet das (wenn auch meist implizite) Wissen um deren jeweilige situationale Begrenztheit. Auch wenn in dieser Hinsicht die Frage nach der selbstlimitativen Grenzmodellierung normativer Geltungsradien von Goffman nicht explizit theoretisiert wird, so hat es doch Programm, wenn bei ihm von situativen Anstandsformen (2009: 39; im Original situational proprities) die Rede ist, womit die sowohl anlass- als auch formbezogene Gültigkeitsbegrenzung alltäglicher Konventionalnormen unmissverständlich zum Ausdruck kommt. „Rahmen“ und „normative Erwartungen“ betreffs eines situativ angemessenen Engagements gehen, wie Goffman an anderer Stelle betont, miteinander einher (1980: 376). Das auf der Beerdigung getragene Hawaiihemd kann so betrachtet situationsbezogen als alltagsnormativer Affront verstanden werden, ist an der Strandbar dagegen textile Obligation. Am Strand aber gelten wiederum andere Verhaltenskodizes, so zum Beispiel betreffs der Frage nach der Modulierung des (un-)angemessenen Austauschs von Blicken zwischen den Geschlechtern (Kaufmann 1996: 156 f). Und sollte man nach dem Strandaufenthalt im Hotel den Fahrstuhl benutzen, empfiehlt es sich zur Vermeidung von Peinlichkeiten vorher bei Stefan Hirschauer nachgelesen zu haben, welche Interaktionsregularien personaler Abstandswahrung hier wiederum zu beachten sind (Hirschauer 1999). Auch Alltags- bzw. Konventionalnormen verfügen so gesehen über Gültigkeitseinschränkungen, als sie ihre Normreichweite an je spezifisch situationsbedingte Rahmungen, damit einhergehende Angemessenheitsformen und deren sozial akzeptierte Begrenzungen knüpfen.

Normsichernde Limitationsverpflichtungen solcher Art verhindern Konflikte, indem sie definieren, wann der Konflikt beginnt. Sprich: Es herrscht Konsens, ab wann Dissens droht. Moralprogramme folgen allerdings einem gänzlich anderen Konsensideal. Sie sind nicht an Konsens bezüglich wechselseitig zu akzeptierender Dissenslinien und Normgeltungslimitationen interessiert, als vielmehr einem an Allgemeingültigkeit orientierten Werteexpansionismus verpflichtet. Es deutet daher viel darauf hin, dass Moral und insbesondere Moralismus in ungleich geringerem Maße über selbstlimitative Gültigkeitsregeln der genannten Art verfügen. So lässt sich in Gesellschaft die „Entgrenzung moralischer Anrufungen“ (Jann 2023b: 36) so verstehen, dass sich Moralismus‘ weitgehend nicht mit normativer Selbstbegrenzung belasten will. Wertedichotome Moralprogramme können im Grunde kaum anders, als allein schon die bloße Forderung nach eigener Zuständigkeitslimitation gemäß der eigenen binären Logik von „moralisch-unmoralisch“ deren Negativseite zuzuschlagen, sprich: Moralbegrenzungserwägungen wären bereits für sich genommen unmoralisch. Moralismus im eingangs definierten Sinne verfügt so gesehen über eine nicht geringe Autokorrekturschwäche. Bezüglich des Interaktionsverhältnisses von moralischen Akteur:innen und deren Kontrahent:innen folgt daraus insofern Konfliktpotential, als dem Prinzip nach zu Entgrenzung neigende Moralisierungsintentionen keine gesicherten, das heißt grenzwahrenden Erwartbarkeiten garantieren. Letzteres ist allerdings Grundlage von sozialem Vertrauen. Es ist aber fragwürdig, inwiefern gerade die Aushandlung werteorientierter Interessen in Gesellschaft ohne den Minimalkonsens geteilten Vertrauens möglich ist.

10 Zusammengefasst: Macht, Moral und Konflikt

Moral, begriffen im eingangs definierten Sinne als Gesamtkontext gesellschaftlicher Verhandlungsformen von Werteprogrammen, muss gemäß eigener Realisierungsintentionen machtvoll agieren, in einer Weise allerdings, die nicht den Verdacht aufkommen lässt, es ginge dabei um Eigen- oder Partikularinteressen, deren Umsetzung in einem taktisch-strategischen Sinne Normativitätsreserven distinktiv mobilisiert. Denn Letzteres würde nach eigenen moralischen Maßgaben den selbstformulierten Universalanspruch konterkarieren und allein damit bereits in die Nähe des Unmoralischen in Gestalt von Eigennutz geraten. Diese machtbezogene Ambivalenz spiegelt sich im Verhältnis der Moral zur Form des Konflikts. Moral als Wertesystem will sozialen Konsens erwirken, allerdings – weil es eben „in Gesellschaft“ stattfindet – im unausweichlichen Rahmen von Kontextbedingungen, die Dissens wahrscheinlich werden lassen. Der kritische Punkt ist dort erreicht, wenn jetzt ideelle Moralprogramme gerade im Falle gesellschaftlicher Durchsetzungsblockaden sukzessive in soziale Identitätsprogramme übersetzt werden, das heißt, wenn sich Moralakteur:innen und insbesondere exponierte Moral Entrepreneurs mit dem Konflikt zu identifizieren beginnen, Eigengewinne unterschiedlicher Art inklusive. Die kritische Politisierungsschwelle von Moralkonflikten ist nun dort zu finden, wo Moral zur Identitätssache wird, folgt auf Identität doch unweigerlich Differenz (vgl. Mouffe 2016: 23). Daraus können sich unheilvolle Negativsymbiosen moralischer und anti-moralischer Akteur:innen ergeben, die nun gerade in ihrer Abgrenzung wechselseitige Identitätsinteressen realisieren. Wenn man daher von politisch „rechts“ angesiedelten „Polarisierungsunternehmern“ (Mau et al. 2023: 375) redet, und außer Frage steht, dass dieser Befund zutrifft, so sollte man hinzuziehen, dass solche Polarisierungsofferten von der politisch entgegengesetzten Seite bereitwillig aufgenommen werden und damit letztlich auf eine wechselseitig identitätsstiftende (gesellschaftlich indes alles andere als unbedenkliche) Win-win-Situation hinauslaufen.

In diesem Sinne lassen sich die vorangegangenen, in „Konfliktebenen“ gegliederte Abschnitte als Skizze eines sozialdynamischen Koordinatensystems verstehen, innerhalb dem „moralisches Kapital“ zum Einsatz kommt. Zwei miteinander verknüpfte empirische Desiderate seien dazu abschließend benannt. Insbesondere die öffentlich-mediale Darstellung thematisch unterschiedlicher Moralisierungskonflikte scheint einem regelmäßig erwartbaren Skript, repetitiven Rahmungen und ebenso erwartbaren Akteurskonstellationen zu folgen, deren unter anderem auch narrative Tiefendimension genauerer Betrachtung bedürfte. Hier wiederum wäre es interessant danach zu fragen, inwiefern religions- bzw. sakralitätssoziologische Theorieelemente der oben genannten Art zur deren näherer Analyse hilfreich wären.

11 Ausblick: Soziologie jenseits der Moralisierungsfalle?

Pendelt Gesellschaft permanent zwischen einerseits konservativem Strukturerhalt und andererseits progressiven, auf das „Neue“ und „Zukunft“ ausgerichteten Wandlungspotentialen, so bewegt sich Moral hier auf Messers Schneide. Nichts kann gesellschaftlich konservativer als auch progressiver sein als die Inanspruchnahme von Moral. Im normativen Nukleus moralbewehrter Programmatiken sind beide Potentiale angelegt, auf der einen Seite die Moralismen des Utopischen im Sinne einer künftigen Idealgesellschaft und auf der anderen Seite die Moralismen einer auf normativen Strukturerhalt ausgerichteten Beharrlichkeit vergangenheitsorientierter Unveränderbarkeitsbeschwörungen. Im einen Fall will Moral verändern, im anderen bewahren. Auf beides versteht sie sich, und in beiden Fällen will sie keine halbe Sache machen. Moral ist ein Denkschema, dem paradoxerweise sowohl Persistenzrigidität als auch Wandlungsradikalität zu eigen ist. Zwischen diesen beiden Extremen lässt Moral wenig Raum. Dummerweise findet gesellschaftliches Leben meist in eben diesem Dazwischen statt. Daher auch Luhmanns Hinweis, man dürfe es „auch mit Moral nicht zu doll treiben, sondern muss von der rechten Mitte aus auf die Umstände achten“ (2012: 294) und sein daran anschließender „Rat an die Moral, sich nicht rücksichtslos zu verwirklichen“ (ebd.), sprich – siehe oben – eigenes Limitationsbewusstsein zu entwickeln.

Die (Über-)Beanspruchung von Moral ist, wie gesagt, Kernelement sowohl konservativ struktursichernder als auch utopisch reformatorischer Gesellschaftsprogramme. So spiegelt sich auch in diesem Dualismus eine symbolische Analogie zum Sakralen. Nach Günter Dux ist der „Sakralbereich“ von zwei Eigenschaften gekennzeichnet, „die einander völlig entgegengesetzt erscheinen und doch die gleiche Wurzel haben: der Ekstase zum einen, der rigiden Normierung zum anderen.“ (1990: 171). Im Falle zeitgenössischer Moralkonflikte lässt sich beides beobachten, sowohl Moralinnovation im zuweilen ekstatischen Grenzbereich als auch Moralrigidität in konservativer Gestalt. In beiden Fällen wird es allerdings schwierig, miteinander ins Gespräch zu kommen. Weder Ekstase noch Orthodoxie sind gute Kommunikationsgrundlagen.

Die Frage ist, wie Soziologie sich hier positionieren kann. Moral findet in Gesellschaft statt. Soziologie auch. Moral will – genau wie das Sakrale – innerhalb von Gesellschaft das Gesellschaftliche transzendieren, das heißt, Gesellschaftliches auf wertegeleitete Grundlagen verpflichten, die außerhalb des sozialen Regelbetriebs uneingeschränkte Gültigkeit garantieren. Das, so hoffen wir, beabsichtigt Soziologie nicht, allerdings beansprucht auch Soziologie für sich selbst einen zumindest distanzierten Standpunkt zu Gesellschaft.

Wie also sich zu Moralangelegenheiten positionieren, ohne sich selbst in Moral zu verstricken? In Webers Rechtssoziologie findet sich der wertvolle Hinweis, nicht die Befolgung, als vielmehr die Orientiertheit an einer Ordnung entscheide über deren Gültigkeit (1960: 54). Was hier zum Ausdruck kommt, ist das Elend unterschiedlichster Protestkommunikationen, von der politischen Bühne bis hinunter zu pubertären Scharmützeln auf Kinderzimmerniveau. Wer sich gegen eine geltende Ordnung stellt und sie ganz bewusst nicht zu befolgen beabsichtig (sich also auf Nichtbefolgungsintentionen einschießt), ist gerade im Gestus einer solchen störrischen Nichtbefolgung immer noch, und zwar ganz erheblich, in seinem Denken und Handeln an eben dieser Ordnung orientiert. In diese Falle tappt auch schnell, wer gegen angebliche oder tatsächliche Moralisierungsexzesse polemisiert, denn auch hier droht die Gefahr, sich damit immer noch unmerklich am Koordinatensystem der Moral selbst zu orientieren. Wer sich über zunehmende Moralisierung echauffiert, tut daher gut daran, auch gegenüber antimoralischen Abwehrreflexen Distanz zu wahren. Nach Gabriel Tarde entstehen Ähnlichkeiten durch „Gegen-Nachahmung“ (2009 [1890]: 13, kursiv im Original), und eine solche „diametral entgegengesetzte Negation“ (ebd.) hat zur Folge, dass Gegner:innen gerade dadurch in besonderer Weise miteinander verbunden sind (ebd.: 14). Luhmann wird später in ähnlichem Sinne Konflikte als „hochinterdependente Systeme“ (1994: 533) bezeichnen. So erinnert das Konfrontationsverhältnis von moralistischen und antimoralistischen Akteur:innen ein wenig an das paartherapeutische, auf Intimbeziehungen ausgerichtete Modell der „Kollusion“, bei der die Partner:innen unbewusst denselben neurotischen Grundkonflikt verteilt auf entgegengesetzte Rollen austragen (vgl. Willi 1982: 56). Das natürlich sorgt für permanente Reibereien. Und was für die Paartherapie gilt, ist auch soziologisch zu beherzigen: vor einseitiger Parteinahme ist dringend abzuraten.

Daraus folgen Konsequenzen für den soziologischen Umgang mit Moral. Will man sich vom soziologischen Standpunkt aus dem „Integrationssog“ (Luhmann 1994: 532) in diesem Falle moralischer Konflikte entziehen, so empfiehlt es sich, die Moral um das qualitativ Moralische zu entkernen, ihr also nicht auf der Ebene ihres wertebezogenen Selbstanspruchs zu begegnen, als vielmehr das Augenmerk auf die formalen Rahmenbedingungen ihrer gesellschaftlichen Effekte zu richten. Sprich: Es gilt, die Moral so weit als möglich auf das Terrain gesellschaftlicher Struktur- und Interaktionsprinzipien zu ziehen unter bewusster Nichtberücksichtigung ihrer jeweils inhaltlichen Postulate. Dass eine in diesem Sinne moralkritische oder doch zumindest moralasketische Soziologie dabei längst keine amoralische Soziologie zu sein braucht, sollte dabei Konsens sein.

About the author

Christoph Schneider

Christoph Schneider, geb. 1967 in Stuttgart. Studium der Sozialarbeit in Freiburg. Promotion in der Soziologie in Konstanz. Wissenschaftlicher Mitarbeiter von 2000 bis 2009 ebendort. Seit 2015 Professor für sozialwissenschaftliche Grundlagen Sozialer Arbeit an der DHBW.

Forschungsschwerpunkte: Soziologie sozialer Professionen und therapeutischer Verfahren, Soziologie der Beschämung.

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Published Online: 2024-05-04
Published in Print: 2024-05-22

© 2024 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.

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