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Die Zukunft sozialer Rechte

Sozialeigentum als Vergesellschaftung von Sozialpolitik
  • Silke van Dyk

    Wichtigste Publikationen: Post-Truth, the Future of Democracy and the Public Sphere, in: Theory, Culture & Society 39 (4), 2022, 37–50; Community-Kapitalismus. Hamburg 2021 (mit T. Haubner); Soziologie des Alters. Bielefeld 2020; Wer ist schuld am Rechtspopulismus? Zur Vereinnahmung der Vereinnahmungsdiagnose: eine Kritik. Leviathan, 47 (4), 2019, 405–427 (mit S. Graefe); Post-wage Politics and the Rise of Community Capitalism. Work, Employment and Society, 32 (3), 2018, 528–545.

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    and Markus Kip

    Wichtigste Publikationen: Territorialized Commons and Social Movements: Legal Appropriations of Collective Spaces in Berlin and Santiago de Chile. Frontiers in Sustainable Cities 3, 2021, 1–16. (mit D. Amacher und D. Opazo); The Paradox of Preserving Modernism. Heritage Debates at Alexanderplatz. In: L. Drummond and D. Young (Eds.): Socialist and Post-Socialist Urbanisms. A Global Perspective. University of Toronto Press 2020, 185–203 (mit D. Young); The Ends of Union Solidarity: Undocumented Labour and German Trade Unions. Stuttgart 2017; Urban Commons: Moving Beyond State and Market. Basel 2015 (Hrsg. mit M. Dellenbaugh, M. Bieniok, A. Müller und M. Schwegmann).

Published/Copyright: October 31, 2023
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Zusammenfassung

In Anbetracht multipler Krisendynamiken wird gegenwärtig um eine Neuausrichtung des Kapitalismus und neue Formen der Marktbegrenzung gerungen. Dabei geht es grundlegend um das Verhältnis von (Privat-)Eigentum, Demokratie und sozialen Rechten. Zugleich bleibt die Eigentumsfrage ein auffälliges Desiderat der Sozialpolitik- und Wohlfahrtsstaatsforschung, die seit Jahrzehnten die Frage der Verteilung gegenüber der Verfügungs- und Gestaltungsmacht priorisiert. Um diese Lücke zu schließen erweist sich die Arbeit des Soziologen Robert Castel als instruktiv, der soziale Rechte als Sozialeigentum der Bürger:innen fasst. Allerdings ist sein Konzept eng mit dem Normalarbeitsverhältnis der fordistischen Wachstumsökonomien verbunden und eigentumstheoretisch nur rudimentär ausgearbeitet. Der Beitrag zielt ausgehend von einer ausführlichen Rekonstruktion darauf, das Konzept des Sozialeigentums analytisch ernst zu nehmen, es mit Blick auf öffentliche Infrastrukturen zu erweitern und sein demokratisches Potenzial zu entfalten.

Abstract

In the face of multiple crisis dynamics, there is currently a struggle for the re-embedding of capitalism and new forms of market regulation. This is fundamentally about the relationship between (private) property, democracy, and social rights. At the same time, the question of property remains a desideratum of social policy and welfare state research, which for decades has prioritised the question of distribution over class and property relations. To fill this gap, the work of sociologist Robert Castel, who conceives of social rights as social property proves instructive. However, his concept is closely linked to standard labour relations in Fordist growth economies and is only rudimentarily elaborated in terms of property and ownership. Based on a detailed reconstruction, this article aims to take the concept of social property analytically more serious than Castel himself, to expand it with regard to public infrastructures and to unfold its democratic potential.

1 Einleitung

Wir leben in einem Zeitalter der multiplen Krisen, die eng verschränkt sind: von der Finanz- und Wirtschaftskrise über die Klima- und Energiekrise, wachsende soziale Ungleichheit und die neue geopolitische Lage bis hin zum pandemischen Ausnahmezustand, der die Bruchstellen einer kommodifizierten, unterfinanzierten sozialen Daseinsvorsorge hat zutage treten lassen. Das über Jahrzehnte dominierende Effizienzversprechen der Privatisierung hat deutliche Risse bekommen; Inflation, Energiekrise und die Explosion von Wohnkosten lassen die soziale Frage und ihre Bearbeitung mit neuer Dringlichkeit hervortreten; soziale Infrastrukturen im Gesundheits- und Pflegebereich, im Bildungssystem und in der Energieversorgung erhalten neue Aufmerksamkeit. Der Krisenkapitalismus der Gegenwart wird dabei nicht nur ökonomisch und sozial herausgefordert, sondern auch politisch: Soziale Bewegungen gegen die „accumulation by dispossession“ (Harvey 2004) werden einflussreicher und nach Jahrzehnten der Privatisierung und Vermarktlichung sind gerade auf lokaler Ebene neue Bewegungen für eine Politik des demokratisierten Öffentlichen zu beobachten (Kishimoto et al. 2020), die zuletzt als neuer Munizipalismus diskutiert worden sind (Thompson 2021; Bianchi 2022). Grundsätzlich können Gegenbewegungen, wie Karl Polanyi (1944) am Beispiel der Zwischenkriegszeit des frühen 20. Jahrhunderts gezeigt hat, jedoch auch totalitäre und autoritäre, postliberale Projekte sein, die neue Marktschranken installieren; das Erstarken rechter und rechtsextremer Kräfte in zahlreichen Ländern demonstriert diese Gefahr gegenwärtig in aller Deutlichkeit. Im Lichte der multiplen sozialen, politischen und ökonomischen Krisenbedingungen ist es eine politisch drängende Frage, wie soziale und demokratische Marktschranken errichtet und gestärkt werden können, die Existenzsicherung und Teilhabe jenseits von Marktlogik, Wettbewerb und Privateigentum garantieren. Dabei geht es nicht nur um die Verteilung von Ressourcen, sondern auch um Eigentumsverhältnisse und Gestaltungsrechte und damit um den Zusammenhang von sozialen Rechten, Eigentum und Demokratie.

Der französische Soziologe Robert Castel ist bis heute der Einzige, der den Zusammenhang von Eigentum und sozialen Rechten systematisch ausgeleuchtet hat: Er begreift über Lohnarbeit vermittelte soziale Rechte als ein soziales Eigentum, das als „modernes Äquivalent zur traditionell vom Eigentum gewährleisteten Absicherung“ (Castel 2008: 264) fungiert. Wir sehen im Konzept des Sozialeigentums großes Potenzial für eine Konzeption sozialer Rechte, die im Sinne einer marktbegrenzenden Entprivatisierung und Demokratisierung auf eine neue Politik des Öffentlichen zielt. Castel analysiert nicht nur, wie das Sozialeigentum als (sozialstaatlich verbürgtes) funktionales Äquivalent zum Privateigentum soziale Sicherheit für die Eigentumslosen garantiert, sondern diskutiert auch die Limitierungen dieser Lösung der sozialen Frage. Zugleich eröffnet er eine sowohl analytische als auch normative Perspektive, die es erlaubt, den wohlfahrtsstaatlichen Wandel vergangener Jahrzehnte sowie den Abbau sozialer Rechte als Enteignung verstehbar zu machen und zu problematisieren.

Im Anschluss an einen kurzen Überblick zur Genese und zum Wandel sozialer Rechte in den Wohlfahrtsstaaten des globalen Nordens, erörtern wir die Ausgangsdiagnose einer tendenziellen Eigentumsvergessenheit der sozialwissenschaftlichen Wohlfahrtsstaatsforschung (Abschnitt 1). Im zweiten Abschnitt rekonstruieren wir das Konzept des Castel’schen Sozialeigentums sowie seine Rezeption, die – so die These – die Eigentumsimplikationen des Sozialeigentums weitgehend unberücksichtigt lässt. Der Beitrag verfolgt daraufhin grundsätzlich die zwei Ziele, das analytische und normative Potenzial des Konzepts für eine demokratische Sozialpolitik herauszuarbeiten und zugleich mit Castel über Castel hinauszudenken, um folgende Probleme und Leerstellen seiner Analyse zu adressieren: Erstens bindet Castel als Chronist der Lohnarbeitsgesellschaft aus historisch naheliegenden Gründen das Sozialeigentum an den Status der Lohnarbeiter:innen in den fordistischen Wachstumsökonomien, ohne es systematisch für die postfordistischen Bedingungen weiterzudenken – obwohl er selbst die aus diesem Wandel erwachsenen Herausforderungen luzide analysiert hat. Zweitens unterscheidet er zwar instruktiv zwischen zwei Arten von Sozialeigentum – Transfereigentum (individuelle Transferleistungen) und Kollektiveigentum (öffentliche Infrastrukturen und Dienstleistungen) –, ordnet letzteres aber analytisch dem ersteren unter, was Folgen für die Einschätzung des transformativen Potenzials von Sozialeigentum hat. Schließlich spielt drittens die Frage der demokratischen Partizipation der Nutzer:innen und Empfänger:innen sozialstaatlicher Leistungen keine Rolle bei Castel, obwohl dieses Verfügungsrecht – Arrangements zu gestalten und nicht nur zu nutzen – dem Eigentumsbegriff inhärent ist. Im vierten Abschnitt gehen wir schließlich der konstitutiven Ambivalenz des Sozialeigentums im kapitalistischen Staat nach, um im Fazit resümierend zu erörtern, warum ein derart erweitertes und radikalisiertes Konzept von Sozialeigentum sowohl analytisch als auch normativ geeignet ist, die Demokratisierung und Vergesellschaftung sozialer Rechte zu denken.

2 Was bisher geschah: Soziale Rechte, Sozialpolitik und eine gewisse Eigentumsvergessenheit

Es ist heute weitgehend unstrittig, dass die Etablierung sozialer Rechte seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert sowohl der Stabilisierung und Befriedung der entstehenden Industriegesellschaften diente als auch das Ergebnis sozialer Kämpfe der an Einfluss gewinnenden Arbeiterbewegung war (Lessenich 2012: 25f.). Entscheidend war der Rückgriff auf das nicht-marktförmige soziale Recht, das sich insbesondere über die Einführung der Sozialversicherungen von philanthropischen und karitativen Programmen der Armenfürsorge abhob. Georg Simmel hat eindrücklich beschrieben, warum das Recht den Armen stärkt: „Die Gedrücktheit, die Beschämung, die Deklassierung durch das Almosen hebt sich für ihn in dem Maße auf, in dem es ihm nicht aus Barmherzigkeit, Pflichtgefühl oder Zweckmäßigkeit gewährt wird, sondern er es fordern darf.“ (Simmel 2018: 514) Das soziale Recht schaffte sukzessive und trotz zunächst rudimentären und exklusiven Charakters eine neue Form der Planbarkeit, der materiellen Absicherung und Autonomie gegenüber lokalen und familiären Zwängen, die sich dann vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verstetigten (Castel 2003: 236–335). In diesem Sinne waren die institutionalisierten Prinzipien moderner Sozialpolitik auf Entpersonalisierung, Rationalisierung und Verrechtlichung angelegt – einerseits. Andererseits haben Wohlfahrtsstaaten stets, wenn auch im Ländervergleich in unterschiedlichem Maße (Esping-Andersen 1990; Kaufmann 2003), auf die alltäglichen, sozialen Netze familialer und nachbarschaftlicher Solidarität sowie die unbezahlte Arbeit von (Haus-)Frauen gesetzt und diese gefördert (Aulenbacher et al. 2015). Rasantes Wachstum, Klassenkompromiss und Vollbeschäftigung, Normalarbeitsverhältnis und konservatives Geschlechterregime schienen in den so genannten Trente Glorieuse wirtschaftliche Prosperität mit sozialem Ausgleich zu versöhnen – innerhalb des engen und durchaus repressiven Normengefüges der fordistischen Nachkriegsgesellschaften (van Dyk 2013). Die Wirtschaft der Nachkriegsjahrzehnte wuchs dabei so schnell, dass Sicherheit in Gestalt einer „growth-security alliance“ (Offe 1983: 237) aus den Zugewinnen zu finanzieren war, ohne dass substanziell umverteilt werden musste.

Doch der „kurze Traum immerwährender Prosperität“ (Lutz 1989) fand mit den Ölkrisen der 1970er Jahre und der aufkommenden Massenarbeitslosigkeit sein Ende, auch wenn zunächst eine gewisse Beharrungskraft bestehender (wohlfahrts-)staatlicher Institutionen zu beobachten war (Hirsch & Roth 1990). Mit der Abkehr von der standardisierten Massenproduktion und der Zunahme von Beschäftigung im Dienstleistungsbereich setzte eine Erosion des fordistischen Normalarbeitsverhältnisses und eine zunehmende Deregulierung und Prekarisierung von Lohnarbeit ein (Castel & Dörre 2009; Nachtwey 2016). Parallel wurden gesellschaftliche Bereiche in den Kapitalverwertungsprozess einbezogen, die im Fordismus der Marktlogik entzogen waren: Folge ist die Re-Kommodifizierung und Privatisierung von Dienstleistungen und öffentlicher Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen Transport und Kommunikation, Energie und Wasser, Bildung und Erziehung, Gesundheit und Pflege (Frei & Süß 2012; Hermann & Flecker 2012). Nachdem eine Politik der Austerität zur dominanten Krisenbearbeitung der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008ff. wurde und sich im Zuge dessen Ausgabenkürzungen und Deregulierungen von sozialen Rechten zuspitzten, haben viele dies als Gipfel der neoliberalen Ära analysiert (z. B. Peck 2012). Zugleich befindet sich der neoliberale Kapitalismus trotz seiner in der Austerität kulminierten Dominanz in einer Hegemoniekrise (Durand 2021) und wird von liberalismuskritischen Bewegungen und Parteien von rechts und links herausgefordert. Angesichts der sich verschärfenden sozialen Ungleichheit in allen OECD-Ländern sowie der größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit 1929 problematisieren aber selbst langjährige Verfechter neoliberaler Politik wie der IWF oder die OECD das Ausmaß sozialer Ungleichheit als zunehmend system-destabilisierend (OECD 2015).

Obwohl mit den sozialstaatlichen Transformationen der vergangenen Jahrzehnte weitreichende Implikationen für Eigentumsverhältnisse verbunden sind und in Wohlfahrtsstaaten grundsätzlich die Verfügungsmacht von Privateigentümer:innen (de-)reguliert und die Rechte von Nicht-Eigentümer:innen institutionalisiert werden, bleiben genau diese Zusammenhänge in der soziologischen Forschung unterbelichtet (vgl. für diese Diagnose auch: Carruthers & Ariovich 2004: 24f.). Als sich die Soziologie im Kontext globaler Systemkonkurrenz und der Wohlfahrtsstaatlichkeit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts akademisch etablierte, rückten im Lichte des politischen Klassenkompromisses, der darauf zielte, die soziale Lage der Arbeiter:innen substanziell zu verbessern, ohne die (Privat-)Eigentumsverhältnisse herauszufordern (Gamble & Kelly 1996: 62f.), auch wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit Eigentum in den Hintergrund. In der Arbeits-, Wirtschafts- und Industriesoziologie, der (vergleichenden) Wohlfahrtsstaatsforschung sowie der Sozialstrukturanalyse herrschten (sieht man von zumeist randständigen marxistischen Debatten ab) Fragen der Verteilung von Einkommen, Vermögen und Bildungschancen vor (Rehberg 2006). Es dominierte „eine ‚Black-Box‘-Auffassung der Wirtschaft“, wie Rahel Jaeggi (2020: 17) es treffend genannt hat, die prioritär in den Blick nimmt, was aus der Box herauskommt, zulasten der diesen Output konstituierenden Eigentumsverhältnisse in der Box. Ebenfalls marginalisiert blieben Fragen der Beteiligung der abhängig Beschäftigten am Wirtschaftseigentum (Demirovic 2007; Müller-Jentsch 2011) sowie Klassenanalysen, die Eigentumsverhältnisse adressieren (Sørensen 2000). Die Idee einer „distributional justice“ (Cumbers 2012: 146) in der prosperierenden Wachstumsgesellschaft, die soziale Konflikte durch die Verteilung von Überschüssen befriedete, verdrängte die weitergehende Perspektive von „class justice“ (ebd.), die nicht nur die Frage nach dem Eigentum an Produktionsmitteln aufwirft, sondern auch die der Verfügungsmacht im Sinne der Partizipation an Entscheidungen, die das Leben der Menschen prägen. In einem Interview zu seinem viel diskutierten Buch Das Kapital im 21. Jahrhundert, das die Debatte um soziale Ungleichheit neu belebt hat, unterstreicht auch der Ökonom Thomas Piketty die Relevanz dieser Perspektive: “I probably place too much emphasis on progressive taxation, but I do talk about the development of new forms of governance and property structure, but probably not sufficiently.“ (zit. n. Hanna 2018: 54) Aus demokratietheoretischer Perspektive problematisiert wiederum die politische Theoretikerin Danielle Allen die im Klassenkompromiss angelegte Reduzierung ökonomischer Gerechtigkeit auf Verteilungsfragen: Sie plädiert stattdessen für eine „ökonomische Ermächtigung“ (Allen 2020: 28), die politische Gleichheit explizit auch als eine Frage der „Miteigentümerschaft an den politischen Institutionen“ (ebd.: 23) begreift.

Im Lichte dieser Vernachlässigung von Eigentumsverhältnissen verdient das Werk von Robert Castel besondere Aufmerksamkeit.

3 Das Sozialeigentum im Werk von Robert Castel – und seine Rezeption

Castel gilt als zentrale Referenz für die Geschichte der Lohnarbeit in westlichen Industriegesellschaften und gerade seine späte Forschung zu Prekarisierung und sozialer Vulnerabilität hat große Aufmerksamkeit erfahren.[1] Wenige Autor:innen sind vergleichbar bedeutsam für die historische Analyse der Genese und des Wandels sozialer Rechte und ihrer systematischen Abgrenzung von karitativer Unterstützung und Almosen.[2] In seiner Chronik der Lohnarbeit analysiert Castel die Entstehung wohlfahrtsstaatlicher Systeme und befragt sie auf ihr Potenzial, für die große Mehrheit der Eigentumslosen eine Alternative zum Privateigentum zu schaffen, das nur einer Minderheit Sicherheit, Planungsfähigkeit und Unabhängigkeit garantierte. Bei John Locke ansetzend und über ihn hinausgehend, verfolgt er die Frage, „welche Art und welche ‚Menge‘ von Eigentum“ (Castel & Haroche 2001: 38; eigene Übersetzung) erforderlich sind, um in der modernen Gesellschaft als Individuum existieren zu können, das nicht „unter der Dringlichkeit des Bedarfs“ (ebd.: 66) steht. In ausführlicher historischer Rekonstruktion legt er dar, dass es in den modernen Wohlfahrtsstaaten gelungen sei „die (soziale) Unsicherheit zu besiegen und (soziale) Sicherungsleistungen für alle oder fast alle Mitglieder einer modernen Gesellschaft zu garantieren“, indem „mit dem sozialen Eigentum eine neue Eigentumsform begründet und umgesetzt [wurde], um die Rehabilitation der Nichteigentümer zu garantieren“ (Castel 2005: 40). Gewährleistet werde ein Leben in sozialer Sicherheit außerhalb der Sphäre des Privateigentums, in dem die Sicherheit vom Privateigentum entkoppelt werde: “It is the construction of an analogon of private property – in other words, of making available to non-property-owners a type of asset that was not the direct possession of a private holding or patrimony, but a right of access to collective goods and services.“ (Castel 2002: 319) Konzeptionell rekurriert er hier auf den französischen Sozialtheoretiker Henri Hatzfeld, der das Verhältnis von Besitz und kollektivem Status ausleuchtet und betont, dass es immer weniger wichtig sei, „was jeder einzelne besitzt, und immer mehr die Rechte, die sich die Gruppen, zu denen er gehört, erstreiten“ (zit. n. Castel 2005: 51). Mit dieser Perspektive grenzt sich Castel in drei Richtungen ab: von sozial-liberalen Theorien, die im Sinne einer „property owning democracy“ (O’Neill & Williamson 2012) auf die breite Streuung von Privateigentum und den allgemeinen Zugang zu produktiven Ressourcen setzen; von marxistischen Ansätzen, die das Privateigentum an Produktionsmitteln grundsätzlich zur Disposition stellen sowie von sozialpolitischen Ansätzen, die auf philanthropische, karitative, oft paternalistische Programme der Armenfürsorge setzen, aber keine Perspektive sozialer Rechte verfolgen.

Tatsächlich hat Castel den Begriff des Sozialeigentums nicht erfunden, sondern übernimmt ihn von Alfred Fouillée, der 1884 die Abhandlung La proprieté sociale et la démocratie publizierte. Fouillée ist der Tradition des Solidarismus zuzuordnen, die Ende des 19. Jahrhunderts nach einem Mittelweg zwischen marktliberalen und sozialistisch-revolutionären Positionen suchte und außerhalb von Frankreich bis heute kaum rezipiert wird (Große-Kracht 2017: 11f.). Fouillée ging es, wie allen Vertretern des Solidarismus, um die Balance von Individualismus und Kollektivismus, weshalb er sich sowohl von der Idee des reinen Privateigentums wie auch von marxistischen Vorstellungen der Kollektivierung abgrenzte: „Für uns enthält das Eigentum, theoretisch betrachtet, zugleich einen individuellen und einen sozialen Teil, da jedes Produkt das gemeinsame Werk des Individuums und der Gesellschaft ist.“ (Fouillée 1884: V) Privateigentümer:innen hätten sich den ihnen nicht zustehenden sozialen Anteil angeeignet und profitierten überproportional von den Erfindungen, Werken und Techniken anderer, insbesondere auch vorheriger Generationen. Anders als Castel, der auf eine nahezu hundertjährige Geschichte der Erkämpfung und Etablierung wohlfahrtsstaatlicher Institutionen zurückblicken konnte, denkt Fouillée (1884: VIIIf.) seiner Zeit voraus und entwirft drei Formen des sozialen Eigentums, auf die alle Menschen als Anteil ihres kollektiven Erbes einen Partizipationsanspruch haben sollen: Dies sind die Teilhabe am kollektiven Kapital und an öffentlichen Diensten, Teilhabe an Bildung sowie Teilhabe an politischer Macht. Anders als T.H. Marshall, der historisch die Entstehung sozialer Rechte als Komplement bürgerlicher und politischer Rechte beschrieben hat, bietet der Solidarismus eine starke normative Theorie zu ihrer Begründung: als Rückzahlung und Kompensation des privat angeeigneten und entwendeten sozialen Anteils (vgl. zum normativen Erbe des Solidarismus: Kohn 2016; Große-Kracht 2017: 250ff.). Obwohl Castel in erster Linie als historisch arbeitender Chronist die Entstehung der Lohnarbeitsgesellschaft analysiert, schreibt er sich zugleich in dieses normative Erbe ein. So betont er, den Topos der Sozialschuld aus dem solidaristischen Denken aufgreifend, „daß ein jeder allen gegenüber Schulden hat, um so mehr als ein Individuum, wenn es zur Welt kommt, schon eine Ansammlung von gesellschaftlichen Reichtümern vorfindet, woraus es schöpfen kann. […] Pflichtabgaben, Umverteilung von Gütern und Dienstleistungen stellen also keineswegs Angriffe auf die Freiheit des Individuums dar. Sie sind Rückzahlungen.“ (Castel 2008: 245; vgl. auch: Castel & Haroche 2001: 101)

3.1 Transfereigentum und Kollektiveigentum

Castel unterscheidet zwei Formen von Sozialeigentum: Während er individuelle, monetäre Transferleistungen, v. a. im Kontext von Sozialversicherungen als Transfereigentum adressiert, nimmt er öffentliche Infrastrukturen und soziale Dienste als Kollektiveigentum in den Blick. Im Zentrum seiner Analyse stehen die Sozialversicherungssysteme, mit einem starken Fokus auf die Rentenversicherung in Frankreich, entlang derer er sein Konzept von Sozialeigentum als Verknüpfung von status-basierten Rechten und sozialer Sicherheit ausarbeitet. Seine Aufmerksamkeit gilt dem (kollektiven) Status des Lohnarbeiters, an den die sozialen Rechte gebunden sind und der die Funktion des nicht vorhandenen Privateigentums übernimmt: „Die Sozialversicherung bewerkstelligt, vermittelt über die Arbeit und unter der Ägide des Staates, eine Art Eigentumstransfer. Sicherheit und Arbeit werden sich zu einer substanziellen Einheit fügen, weil in einer Gesellschaft, die sich um die Lohnarbeit herum neu organisiert, der Status, der der Arbeit zukommt, das moderne Äquivalent zur traditionell vom Eigentum gewährleisteten Absicherung bildet.“ (Castel 2008: 264) Dafür ist es zentral, dass es sich um eine Pflichtversicherung handelt, denn nur der unausweichlichen Verpflichtung korrespondiere ein „unveräußerliche[r] Rechtsanspruch“ (Castel 2008: 276). Castel hat zwar die Begrenzungen im Blick, die das Sozialeigentum dadurch mit sich führt, dass der Leistungsbezug an bestimmte Umstände (wie Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Alter) gebunden und nicht (durch Erbe, Übertragung oder Verkauf) übertragbar ist. Es handele sich deshalb um ein vom Staat garantiertes „Eigentum unter Kuratel“ (ebd.), aber um eines, das die Arbeiterklasse vor “gesellschaftlicher Entmündigung“ (Castel 2008: 277) bewahre. Während er das Sozialeigentum mitunter gar als vollgültiges Äquivalent zum Privateigentum bezeichnet, ist er an anderer Stelle präziser und stellt die Funktion der Gewährung von Sicherheit und Planungsfähigkeit ins Zentrum seiner Überlegungen: „At the mechanism’s core, there is thus a form of property which differs from private property even as it plays one of its essential roles – that of promoting security.“ (Castel 2002: 325)

Zwar steht die Institution der Sozialversicherung eindeutig im Zentrum der analytischen Entwicklung des Sozialeigentums, aber Castel kennt neben dem Transfereigentum als zweiten Strang zudem das erwähnte Kollektiveigentum: öffentliche Dienste und Infrastrukturen, die nicht der Marktlogik unterworfen sind. Die Charakterisierung dieses Feldes bleibt jedoch sehr allgemein, jenseits der besonderen Hervorhebung von öffentlicher Bildung und sozialem Wohnungsbau (Castel 2008: 280) verzichtet Castel auf eine systematische Unterscheidung und Vertiefung von Infrastrukturleistungen und Diensten.[3] Grundsätzlich schärft er mit der Unterscheidung von Transfer- und Kollektiveigentum den Blick für zwei unterschiedliche Alternativen zum Privateigentum: auf der einen Seite die individuelle Verfügung über monetäre Ressourcen, die sozialstaatlich vermittelt qua sozialem Status erlangt werden, auf der anderen Seite die Nutzung von Dienstleistungen und Infrastrukturen, die als öffentliches Eigentums organisiert sind. Konzeptionell schließt er jedoch das Sozialeigentum mit dem Transfereigentum kurz: Er identifiziert die Kopplung von sozialem Recht und sozialem Status (als Lohnarbeiter) und damit die Beziehung von Arbeit und Eigentum als Kern des Sozialeigentums. Damit bleibt die Frage unbeantwortet, welcher Status anspruchsbegründend im Fall des Kollektiveigentums ist und in welchen Bereichen Anspruchsgrundlagen jenseits der Lohnarbeit existieren – zum Beispiel durch den bloßen Aufenthalt in einer Stadt oder Kommune, den legalen Aufenthaltsstatus, den Status als (Staats-)Bürgerin oder auch als Familienangehörige (etwa im Zugang zum Gesundheitssystem).

Es ist kein Zufall, dass Castel die öffentlichen Infrastrukturen analytisch vernachlässigt, geht es ihm doch vor allem um den individuellen Anspruch, den das Transfereigentum seiner Meinung nach eher garantiert (und dass es damit näher an das Privateigentum heranrückt) als es das Kollektiveigentum tut. Dieses könne nicht „von einem einzelnen Individuum angeeignet werden“ (Castel 2008: 272). Hier zeigt sich, dass klassische Eigentumstheorien ihre Spuren in Castels Überlegungen zum Eigentum in der modernen Gesellschaft hinterlassen haben: Es scheint ein hegelianisch geprägtes Verständnis von Eigentum auf, dem zufolge allein der individuelle Zugriff auf ein Eigentumsobjekt (und nicht die Nutzung von Gütern und Diensten) subjektkonstituierend und autonomiestiftend ist (z. B. Castel & Haroche 2001: 75). Und indem der Zugriff auf Eigentum (bzw. auf das Äquivalent des sozialen Rechts) an Arbeit gebunden wird, sind auch Anklänge an die Arbeitstheorie von Locke auszumachen (Locke 1974, § 27).[4]

Da Castel sich vor allem für die Frage interessiert, wie ein Vermögen, das nicht privater Natur ist, individuell angeeignet werden kann, widmet er den Implikationen des Kollektiveigentums zu wenig Aufmerksamkeit – und lässt die Frage unbeantwortet, wie sich das ‚Kollektive‘ des Kollektiveigentums zu seiner Charakterisierung als öffentliches Eigentum verhält.

3.2 Sozialeigentum und Privateigentum

Bevor wir in diesem Sinne mit Castel über ihn hinausdenken, lohnt ein Blick auf das Verhältnis von Sozialeigentum und Privateigentum. Die Eigentumslosigkeit der Lohnarbeiter:innen markiert den Ausgangspunkt für Castels Überlegungen und normativ ist seine historische Analyse geleitet von der Annahme, dass es einen kollektiven Anteil im Privateigentum gibt, der lange Zeit nicht abgegolten wurde und die Pauperisierung der Arbeiterschaft zur Folge hatte. In diesem Sinne versteht er das Sozialeigentum – historisch wie normativ – als „Rehabilitation der Nichteigentümer“ (Castel 2005: 40), nicht aber als Werkzeug zur Überwindung kapitalistischer Privateigentumsverhältnisse. Als Alternative zum Privateigentum ist das Sozialeigentum lediglich in Bezug auf das abgesicherte Individuum gedacht, nicht aber in Bezug auf die kapitalistische Lohnarbeitsgesellschaft mit der ihr eigenen Arbeitsteilung und Sozialstruktur: „Die Einführung der Versicherung bestätigt daher die Anerkennung des irreversiblen Charakters der sozialen Schichtung in modernen Gesellschaften sowie der Tatsache, daß sie auf der Arbeitsteilung und nicht mehr allein auf dem Eigentum aufbauen kann.“ (Castel 2008: 275) Das Sozialeigentum ziele auf eine „Gesellschaft der Ähnlichen“ (Castel 2005: 44) mit einem rechtlich garantierten Absicherungsniveau, das soziale Sicherheit und Planungsfähigkeit gewährleiste, nicht aber eine Angleichung der Lebensverhältnisse. Für die Überwindung sozialer Unsicherheit sei deshalb „weder eine Abschaffung noch eine Umverteilung des Privateigentums notwendig“ (Castel 2005: 44). Hier wird deutlich, dass Castel vor dem Horizont fordistischer Wachstumsökonomien der Nachkriegsjahrzehnte argumentiert, getragen von der Vorstellung, dass soziale Kosten aus der stetig wachsenden Wirtschaftsleistung finanziert werden können. Und doch finden sich in seinen Arbeiten auch Hinweise auf ein darüberhinausgehendes Potenzial des Sozialeigentums, das der Reichweite des Privateigentums und vor allem der Willkür seiner Verwendung Grenzen setzen soll. Hier scheint ein Sozialeigentum auf, dass nicht nur individuelle Sicherheit stiftet, sondern auch – im Sinne des Gemeinwohls – ein institutionalisiertes, soziales Band knüpft (Castel 2003: 271). Eine reine Ansammlung von souveränen Eigentümer:innen bildet nach Castel keine Gesellschaft, weshalb er die Idee einer Universalisierung des Eigentums im Zusammenleben von (Klein-)Eigentümer:innen ablehnt.

3.3 Aktualisierung: Sozialeigentum und die Rückkehr der Unsicherheit

Robert Castel war sich der historischen Spezifik der Bearbeitung der sozialen Frage in den fordistischen Wachstumsökonomien bewusst, insbesondere was die ‚Integrationsmaschine‘ des Normalarbeitsverhältnisses und die Organisation von Beschäftigten in kollektiven Vertretungsinstanzen betraf. In seinen späteren Arbeiten hat er die „Rückkehr der Unsicherheit“ (Castel 2005: 54) und die zunehmende Prekarisierung von Arbeit und Leben ins Zentrum seiner Analyse gestellt (z. B. Castel 2005: 54–125; Castel & Dörre 2009). Die Erosion der durch Lohnarbeit und lohnarbeitsbezogene Sicherungssysteme garantierten Zone der Integration steht nun im Zentrum seiner Aufmerksamkeit, wobei die geschlechtsspezifischen Implikationen des Status-Sicherheit-Nexus weiterhin unterbelichtet bleiben (vgl. kritisch: Aulenbacher 2009; Völker 2011). Auch eine globale Verortung der Wohlfahrtsstaaten des globalen Nordens nimmt er nicht (mehr) vor (z. B. Eversberg 2021), was eine De-Thematisierung der ökologischen und sozialen Kosten der demokratischen Inklusion der Arbeiterklasse bedingt.

Hellsichtig analysiert hat er hingegen die Flexibilisierung von sozialen Sicherungsleistungen jenseits der Sozialversicherungssysteme, die angesichts der Erosion des Normalarbeitsverhältnisses an Bedeutung gewinnen und „mit dem vorherrschenden sozialen Eigentum in Form von Sozialleistungen […] nicht mehr viel gemein [haben]“ (Castel 2005: 99). Die größere Vielfalt gehe mit einer Individualisierung der Umsetzung und einer Mobilisierung der Leistungsempfänger:innen einher. Castel zeigt sich skeptisch gegenüber diesen Entwicklungen, sowohl hinsichtlich der befürchteten negativen Stigmatisierung der Empfänger:innen fürsorgeähnlicher Leistungen als auch hinsichtlich der neuen Politik der Aktivierung, die „jenen, die wenig haben, viel und oft mehr abverlangt als anderen, die viel haben“ (Castel 2005: 103). Seine Ausführungen zum neuen Wohlfahrtsstaat sind von einer großen Ambivalenz geprägt, da er einerseits die Notwendigkeit des Ausbaus steuerfinanzierter Sozialleistungen anerkennt, zugleich aber eine Hierarchisierung und Spaltung der Sozialstaatsbürger:innen in drei Klassen befürchtet: ganz unten die Ärmsten und Vulnerablen, die auf steuerfinanzierte Fürsorgeleistungen angewiesen sind, in der Mittel all jene, die Anspruch auf grundlegende Versicherungsleistungen haben und oben diejenigen, die über das private Kapital verfügen, Absenkungen des Leistungsniveaus und verschärfte Anspruchskriterien durch den Kauf von privaten Zusatzleistungen und -versicherungen zu kompensieren. Zu beobachten sei, so Castel (2005: 106), eine Entwicklung, „in der der universalistische Sozialstaat zu einem Sozialstaat wird, der auf einer ‚positiven‘ Diskriminierung aufbaut“.

Seine eigenen Überlegungen, wie ein Sicherheit stiftender Sozialstaat unter Bedingungen von Prekarisierung und Verunsicherung aussehen kann, sind jedoch fragmentarisch geblieben. Leitend bleibt für ihn die Wiedereingliederung und Reintegration in das Sozialversicherungssystem, so dass er andere, steuerfinanzierte Sozialleistungen vor allem als Übergangshilfen ansieht (Castel 2005: 111). Das lediglich in einer Fußnote diskutierte bedingungslose Grundeinkommen betrachtet er als gefährliche Utopie, die „von der Suche nach realistischeren Alternativen“ ablenke (Castel 2005: 113). Seine Suche nach alternativen Sicherungsmechanismen ist weiterhin auf das Lohnarbeitsverhältnis gefluchtet, auch wenn Castel im Anschluss an den französischen Rechtswissenschaftler Alain Supiot den Vorschlag diskutiert, „die Rechte vom Beschäftigungsstatus zu entkoppeln und auf die Person des Arbeitnehmers zu übertragen“ (Castel 2005: 119). Auf diese Weise würde angesichts zunehmend prekärer und durch Arbeitslosigkeit unterbrochener Erwerbsbiografien eine „Rechtskontinuität“ (Castel 2005: 119) geschaffen. Was er hingegen nicht leistet, ist eine systematische Weiterentwicklung des unter fordistischen Bedingungen institutionalisierten Sozialeigentums, etwa durch die von ihm selbst wiederholt aufgebrachte, aber nicht realisierte Ausarbeitung der öffentlichen Dienste als tragender zweiter Säule. Wie aber verändert sich der Charakter von Sozialeigentum, wenn der Nexus Lohnarbeitsstatus-soziale Sicherheit aufgrund der Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen für immer weniger Menschen greift und gleichzeitig das Leistungsniveau sinkt sowie die Risikoabsicherung selektiver wird?

Die in Bezug auf das Sozialeigentum offenbleibenden Fragen werden auch in der breiten Rezeption des Castel’schen Werkes nicht beantwortet. Zwar wird der Begriff des Sozialeigentums vielfach aufgegriffen, in der Regel wird er jedoch als Synonym für die im fordistischen Kapitalismus institutionalisierten sozialen Rechte verwendet, ohne dass der Eigentumsspezifik des Konzepts Aufmerksamkeit zuteilwird. Die einzige eigentumstheoretische Auseinandersetzung mit dem Konzept findet sich in Étienne Balibars Buch Equaliberty. Dieser analysiert das Sozialeigentum als „Figur eines bedingten Eigentums, […] das immer schon die institutionelle Vermittlung von ‚Dritten‘ einschließt: des Staats, der öffentlichen Dienste“ (Balibar 2012: 166). Vor allem aber problematisiert er, dass Castel einseitig die autonomiestiftende Funktion des Sozialeigentums in den Blick nimmt, ohne parallel seine Funktion und normierende Kraft im kapitalistischen Staat zu analysieren (vgl. zu dieser Kritik Abschnitt 4). Die Eigentumsvergessenheit sozialwissenschaftlicher Forschung, die einhergeht mit der Konzentration auf Verteilungsfragen zulasten der Analyse von Klassenverhältnissen, zeigt auch in der Rezeption Castels ihre Wirkung. Damit gehen wichtige Implikationen des Castel’schen Konzepts verloren, weist er doch mit der Entscheidung für die Eigentumsterminologie den Maßstab für die Institutionalisierung sozialer Rechte aus: Der Anspruch an das soziale Recht misst sich an der sicherheitsstiftenden Funktion von Privateigentum, die nur wenigen zugutekommt und die verallgemeinert werden soll, um „den starren Charakter des Gegensatzes zwischen Eigentümern und Nichteigentümern zu überwinden“ (Castel 2005: 46). Diese Leerstelle der Rezeption hat zur Folge, dass das Anregungspotenzial des Konzepts, das Castel selbst nicht (mehr) ausgeschöpft hat, ungenutzt bleibt. Das wollen wir mit den folgenden Überlegungen ändern.

4 ‚Sozialeigentum‘ erweitern und radikalisieren: Mit Castel über Castel hinausdenken

Darüber, wie soziale Sicherheit und Teilhabe jenseits der Absicherung durch das immer weniger ‚normale‘ Normalarbeitsverhältnis gewährleistet werden können, wird eine weit über das Castel’sche Werk hinausreichende Debatte geführt. Auch wenn die Rekapitulierung dieser Debatte den Rahmen dieses Beitrags sprengt, lenkt sie doch ein weiteres Mal die Aufmerksamkeit auf die tendenzielle Eigentumsvergessenheit sozialpolitischer Auseinandersetzungen: Kaum ein Vorschlag wird so populär, breit und kontrovers diskutiert wie der eines bedingungslosen Grundeinkommens,[5] während Vorschläge, die am Kapital und Vermögen ansetzen und etwa die Idee eines durch Vermögens- und Erbschaftssteuern finanzierten Grunderbes für alle verfolgen, weit weniger Beachtung finden (z. B. Piketty 2020: 1185–1271). Eine an diesen Debatten ansetzende Aktualisierung des Sozialeigentums, die über die historisch spezifischen Bedingungen der fordistischen Wachstumsökonomie hinausweist, verdient einen eigenen Beitrag. Wir wollen im Folgenden dagegen enger die eigentumstheoretischen und -politischen Implikationen des Konzepts diskutieren: Im Sinne einer Erweiterung des Konzepts machen wir im ersten Schritt das bei Castel mitgeführte, aber analytisch nicht ausbuchstabierte Kollektiveigentum an öffentlichen Infrastrukturen und Diensten als Säule des Sozialeigentums mit transformativem Potenzial stark. Ein analytisch ernst genommenes Kollektiveigentum würde die bestehenden Eigentumsverhältnisse, so die These, grundsätzlicher herausfordern als das von Castel schwerpunktmäßig analysierte Transfereigentum und Antworten auf die soziale Frage bieten, die Sicherheit vom Lohnarbeitsstatus entkoppeln.

In einem zweiten Schritt entwickeln wir eine Radikalisierung des Konzepts, die den Eigentumscharakter des Sozialeigentums analytisch ernst nimmt und aufzeigt, wo diesbezüglich die Grenzen in Castels Analyse liegen. Tatsächlich beantwortet Castel die Frage, ob Sozialeigentum eine neue/alternative Eigentumsform darstellt oder aber ein non-proprietäres Äquivalent zum Privateigentum nicht konsistent. Der Begriff selbst und verwandte Formulierungen weisen in die erste Richtung, während er an anderer Stelle unterstreicht: „Security is not property, but it takes its place for non-property-owners by guaranteeing their protection.“ (Castel 2002: 326) Wir setzen an dieser Unschärfe an und ziehen neben der Gewährleistung sozialer Sicherheit weitere, von Castel nicht thematisierte Funktionen von Eigentum in Betracht, um nach ihrer Realisierung im Sozialeigentum zu fragen. Castels exklusiver Fokus auf die soziale Sicherheit, so die These, adressiert materielle Leistungen (in Gestalt von Transferzahlungen, sozialen Diensten und Infrastrukturen) ohne der Verfügungs- und Entscheidungsmacht Rechnung zu tragen, die für ein Eigentumsverhältnis konstitutiv ist. Wir radikalisieren seine Perspektive in diesem eigentumstheoretischen Sinne und argumentieren, dass darin das Potenzial für eine Demokratisierung von Sozialpolitik liegt, die die Engführung auf Verteilungsfragen überwindet. Wir argumentieren also, dass im Konzept selbst ein unausgeschöpftes analytisches Potenzial liegt, das eine politische Programmatik begründen kann, die sich einschreibt in das normative Erbe des französischen Solidarismus.

4.1 Erweitern: Das Kollektiveigentum als zweite Säule des Sozialeigentums stärken

Dass Castel sich so stark auf die Sozialversicherung als Kern des Transfereigentums konzentriert hat, ist einerseits begründet, da nur diese ihm zufolge die individuelle Aneignung der monetären Mittel ermöglicht, die fundamental für soziale Sicherheit und individuelle Planungsfähigkeit sind. Andererseits überrascht es trotz dieser Priorisierung, dass er die anhand des Transfereigentums entwickelten Charakteristika des Sozialeigentums – Verknüpfung von Sicherheit und individuellem Status, Pflichtversicherung, keine Umverteilung/Einschränkung von Privateigentum – nicht aus dem Blickwinkel des Kollektiveigentums als zweitem Strang des Sozialeigentums reflektiert. Wenn wir diesen Strang, den er als öffentlichen Dienst bzw. öffentliche Dienstleistungen beschreibt, analytisch ernster nehmen als er selbst dies tut, sind einige seiner Grundannahmen zum Charakter des Sozialeigentums zu re-justieren, insbesondere was seine umverteilende Wirkung, den Maßstab der Gleichheit und sein transformatives Potenzial hinsichtlich der gesellschaftlichen Relevanz von Privateigentum betrifft.

Erstens lohnt es, kurz bei Castels Ausgangsbehauptung zu verweilen, das Kollektiveigentum biete keine individuell anzueignende Komponente. Dies ist insofern nicht zutreffend, als dass öffentliche Dienstleistungen und Infrastrukturen erhebliche Auswirkungen auf das Residualeinkommen von Haushalten haben, also das verfügbare Haushaltseinkommen nach Ausgaben für Wohnen, Energie, Wasser und Mobilität; ein Zusammenhang, der noch stärker ersichtlich wird, wenn man zusätzlich berücksichtigt, welche Anteile des Nettoeinkommens z. B. für Gesundheitsversorgung oder Bildung verausgabt werden müssen. Monetäre, individuelle Transferleistungen und kollektive, öffentliche Infrastrukturen sind auf der Haushaltsebene also untrennbar verzahnt, wenn es um Fragen sozialer Sicherheit und Teilhabe geht. Das zeigt sich gerade angesichts der umfassenden Privatisierung von sozialen Dienstleistungen und Infrastrukturen seit den 1980er Jahren, die das von Castel so benannte Kollektiveigentum erheblich eingeschränkt haben. Die Folge ist, dass die Zahlungsfähigkeit eines Haushalts – und damit die Verfügung über private Ressourcen – darüber entscheidet, ob (Zusatz-)Leistungen auf dem Markt gekauft werden können.

Neben dem Umstand, dass öffentliche Güter einen Einfluss auf individuell verfügbare Mittel haben, ist zweitens ihre umverteilende Wirkung hervorzuheben, machen sich kostenfreie oder kostengünstige Angebote doch für Haushalte mit niedrigem Einkommen deutlich stärker bemerkbar als für ressourcenreiche Haushalte: „On average, in OECD countries, existing public services are worth the equivalent of a huge 76 per cent of the post-tax income of the poorest group compared with just 14 per cent of the richest. Public services reduce income inequality in OECD countries by an average of 20 per cent“ (Gough 2019: 6). Während die Sozialversicherungen gerade nicht auf eine Gesellschaft der Gleichen zielen, sondern am Status (und der Statussicherung) des Lohnarbeiters ansetzen, gilt diese Beschränkung nicht in gleicher Weise für öffentliche Dienstleistungen und Güter, sei es der Zugang zum Trinkwasser aus der Leitung, zur Bildung oder zum öffentlichen Nahverkehr. Natürlich sind auch diese Zugänge mit bestehenden Ungleichheitsverhältnissen verwoben; grundsätzlich aber liegt in der Idee und Institutionalisierung (bezahlbarer) öffentlicher Güter das Potenzial, sie universal zugänglich zu machen sowie klassen-, geschlechts- und vor allem auch aufenthaltsrechtliche Hierarchisierungen zu durchbrechen. Neben der substanziell umverteilenden Wirkung stellt die Schaffung von Infrastrukturen in öffentlichem Eigentum historisch zudem sehr wohl einen Eingriff in bestehende Privateigentumsverhältnisse dar, wurden doch zentrale Bereiche der Daseinsvorsorge der Profitlogik entzogen.

Drittens haben öffentliche Dienste und Infrastrukturen ein transformatives Potenzial, da hier die strukturelle Hierarchie des Kapitalismus zulasten der Profitlogik und zugunsten von Sorge, Bedarf und Gebrauchswert umgekehrt wird (Hanna 2018; van Dyk & Haubner 2021). Öffentliche Infrastrukturen können gewissermaßen als institutionalisierte Anerkennung der Nicht-Nachhaltigkeit und mangelhaften Reproduktionsfähigkeit des kapitalistischen Systems begriffen werden. Dieses ist für seine Reproduktion auf Ressourcen und Regulierung angewiesen, die es entlang der Logik des Profits nicht selbst zu erzeugen vermag. In ihrem ambivalenten Doppelcharakter waren öffentliche Infrastrukturen deshalb von jeher sowohl Ermöglichungsbedingungen privater Kapitalakkumulation wie auch das Resultat sozialer Kämpfe um die Verbesserung der Lebensbedingungen von Arbeiter:innen und Eigentumslosen. Die Systemrelevanz von Infrastrukturen hat zuletzt angesichts von Pandemie, Energiekrise und neuer geopolitsicher Situation dazu beigetragen, dass (wieder) über die Bedeutung ‚kritischer‘ Infrastrukturen in öffentlicher Hand diskutiert wird (z. B. Prausmüller 2021; Durand 2021). Auch wenn verteilungs- und gerechtigkeitspolitische Erwägungen hier nicht im Vordergrund stehen, kann die wachsende Aufmerksamkeit für die Kritikalität von Infrastrukturen neue Koalitionen und Bündnisse für eine Revitalisierung des Öffentlichen erleichtern.

Hinzu kommt die Lokalität bzw. Territorialität von Dienstleistungen und Infrastrukturen, die gewissermaßen komplementär zum Sozialversicherungsstaat ein räumliches Pendant schaffen und mitunter eine größere Responsivität kommunaler Akteure für soziale Belange erzeugen (z. B. Davies et al. 2022: 91ff.). Auf lokaler Ebene wird der alltägliche Charakter von Staatlichkeit greif- und politisierbar: „In local government, the micro-materiality of life: from food, housing, and streets, to refuse, drains and sewage comes constantly to the fore“ (Cooper 2017: 345). In der nationalstaatlich orientierten Wohlfahrtsstaatsforschung oft vernachlässigt, zeigt die Geschichte munizipalistischer Bewegungen und Kämpfe, dass und wo jenseits der gut erforschten, zumeist zentralstaatlich organisierten Transfersysteme Ansatzpunkte für eine lokale Sozialpolitik liegen, die die Bürger:innen als Gleiche einbezieht (z. B. Dogliani 2002). Zuletzt wurde eine Krise neoliberaler Privatisierung und Kommodifizierung diagnostiziert, die insbesondere auf kommunaler Ebene manifest wird (Peck 2012). Im globalen Maßstab sind zivilgesellschaftliche Initiativen für (Re-)Munizipalisierung und „Gegenbewegungen für eine Rückkehr des Öffentlichen“ (Prausmüller 2021: 71) zu beobachten (Kishimoto et al. 2020; Candeias et al. 2020), so insbesondere in den Bereichen der Wasser- und Energieversorgung (della Porta 2020: 97ff.). Mit diesen Bewegungen nimmt eine politische Debatte über eine neue Infrastrukturpolitik an Fahrt auf: In Analogie zum breit diskutierten bedingungslosen Grundeinkommen (Universal Basic Income) werden Universal Basic Services propagiert, die als öffentliche Leistung kostenfrei (oder kostengünstig) für alle Bürger*innen zugänglich sein sollen: „Services mean collectively generated activities that serve the public interest; basic means essential and sufficient rather than minimal, enabling people to flourish and participate in society; and universal means that everyone is entitled to services that meet their needs, regardless of ability to pay.“ (Gough 2019: 1; vgl. auch: Coote & Percy 2020)

Während soziale Bewegungen und lokale Initiativen sich oft auf konkrete Güter und Leistungen beziehen, hat zuletzt ein übergreifender Ansatz konzeptionell und politisch für Aufmerksamkeit und Debatten gesorgt: Das Konzept der Fundamentalökonomie, vorgeschlagen vom Foundational Economy Collective (2019), zielt auf eine Neubestimmung und Erweiterung von (kritischen) Infrastrukturen und Grundgütern, die über die in den Nachkriegsjahrzehnten etablierten Bereiche des öffentlichen Sektors hinausreichen. Das Foundational Economy Collective spricht von „den für die Wohlfahrt unverzichtbaren Gütern und Dienstleistungen“ (Foundational Economy Collective 2019: 64): Neben der „providenziellen“ Fundamentalökonomie, die v. a. soziale Dienstleistungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Kultur, Pflege und Kinderbetreuung umfasst, geht es um die „materielle“ Fundamentalökonomie mit den dafür zentralen „Rohren und Kabeln, Versorgungs- und Filialnetzen“ (ebd.), die die Versorgung mit (Ab-)Wasser, Energie, Transportmöglichkeiten, Bankdienstleistungen und Nahrungsmitteln ermöglicht. Gerade Letztere sind bis heute privatwirtschaftlich dominierte Bereiche. In Deutschland und Großbritannien sind nach Berechnungen des Kollektivs mehr als 40 Prozent der Arbeitnehmer:innen in der Fundamentalökonomie beschäftigt (Foundational Economy Collective 2019: 70f.). Die Idee der Foundational Economy zielt darauf, die genannten Bereiche konsequent in den Dienst eines öffentlichen Interesses zu stellen und entsprechend zu regulieren, was durch ihre räumliche Bindung erleichtert wird.[6]

Staatliches und kommunales Eigentum sind für dieses Projekt zentral, wenngleich nicht der einzige Modus, um die fundamentale Ökonomie zu auszuweiten, zumal eine solche Eigentümerschaft nicht notwendig vor Kommodifizierung und Verbetriebswirtschaftlichung schützt, wie die Restrukturierungen vergangener Jahrzehnte gezeigt haben. Vor diesem Hintergrund betont das Foundational Economy Collective die entscheidende Bedeutung sozialer Regulierung, die unter Umständen wichtiger sei als der formale Eigentumstitel. Wenn damit (auch) öffentlich reguliertes Privateigentum als Teil der Fundamentalökonomie in den Blick rückt, geht es nicht um Public-Private-Partnerships im neoliberalen Sinne, sondern um ein gegenläufiges Projekt, d. h. die Verpflichtung privatwirtschaftlicher Akteure auf öffentlich definierte Standards: „Wer in der Fundamentalökonomie tätig ist, sollte nicht als private Gesellschaft, sondern als öffentliche Körperschaft gelten – und zwar unabhängig davon, ob es sich um private Konzessionäre, gemeinnützige Betreiber, Genossenschaften etc. handelt.“ (Foundational Economy Collective 2019: 174) Eine solche Bindung wird als staatlich reguliertes „social licencing“ (Froud/Williams 2019: 5) diskutiert, dem in der konsequenten Anwendung auf die Fundamentalökonomie transformatives Potenzial hin zu einer bedarfs- statt profitorientierten Ökonomie zugeschrieben wird.

Neben neuen Formen konsequenter Regulierung privatwirtschaftlicher Akteure ist auch die Rolle von weder staatlichen noch profitorientierten, privatwirtschaftlichen Akteuren – etwa Genossenschaften, Sozialverbänden und Non-Profit-Organisationen – zentral für die Re-Organisation des öffentlichen Sektors: Das führt zu der Frage, was es heißt, über das fordistische Verständnis vom Staat als „tendenzielle[m] Monopolist[en] des Öffentlichen“ (Schultheis 2012: 11) hinauszudenken und zivilgesellschaftliche Akteure unterschiedlicher Provenienz einzubeziehen. Damit ist die Frage nach der Vergesellschaftung öffentlicher Sozialpolitik aufgeworfen. Castel selbst bezeichnet die öffentlichen Infrastrukturen als Kollektiveigentum, ohne das Verhältnis von ‚öffentlich‘ und ‚kollektiv‘ zu diskutieren. Was er hier – ebenso wie im Fall des Transfereigentums – ausblendet, ist die für Eigentum zentrale Frage der Verfügung(smacht), die in diesem Fall die Rolle des ‚Kollektivs‘ der Sozialstaatsbürger:innen aufruft. Die Frage, wer an der Steuerung des öffentlichen Eigentums partizipiert, führt zu unserer Radikalisierung des Konzepts.

4.2 Radikalisieren: Das Sozialeigentum als Eigentum ernst nehmen und Verfügungsmacht stärken

Aufgeworfen ist damit die Frage, welche Funktionen soziale Rechte haben müssten, damit es gerechtfertigt ist, von Sozialeigentum zu sprechen. Eigentum bezeichnet grundsätzlich die vielfältig regulierte Verfügungsgewalt von Eigentumssubjekten über Güter oder Eigentumsobjekte, die in der Regel mit dem Ausschluss anderer einhergeht. Damit regeln Eigentumsordnungen also den Zusammenhang, in dem Verfügungsberechtigte und andere Akteure in Bezug auf verschiedene Güter stehen. Worüber verfügen Sozialstaatsbürger:innen beim Sozialeigentum? Für Castel liegt die Antwort, zumindest für die Sozialversicherungen, auf der Hand: Die Subjekte verfügen qua sozialem Recht über z. B. die Rente oder das Arbeitslosengeld, wodurch Sicherheit und Planungsfähigkeit für die Zukunft geschaffen werden (anders als bei bedarfsgeprüften Leistungen, die er als Almosenökonomie problematisiert). Sozialeigentum impliziert also Zugangs- und Nutzungsrechte. Damit ist aber nur ein Ausschnitt der möglichen Rechte in Bezug auf ein Eigentumsobjekt erfasst, die die soziale Beziehung zwischen Eigentümer:innen und anderen regeln. Diese Einschränkung gegenüber dem bürgerlichen Privateigentum hat Castel, wie dargelegt, stets betont hat und doch an der Eigentumsbegrifflichkeit festgehalten.

Um die Eigentumsreferenz analytisch auszuarbeiten und das Sozialeigentum nicht lediglich am Maßstab des Privateigentums zu spiegeln, erweisen sich die so genannten Bündeltheorien des Eigentums als instruktiv. Diese konzipieren Eigentum als ein heterogenes Bündel von Rechten und ‚zerlegen‘ es gewissermaßen (vgl. im Überblick: Stepanians 2005). An diese, seit Ende des 19. Jahrhunderts von angelsächsischen Rechtswissenschaftlern ausgearbeitete Perspektive schließt etwa A.M. Honoré (1961: 113) mit seinem kanonischen Essay Ownership an, in dem er elf eigentumsbezogene Rechte differenziert: „Ownership comprises the right to possess, the right to use, the right to manage, the right to income of the thing, the right to the capital, the right to security, the rights or incidents of transmissibility and absence of term, the prohibition of harmful use, liability to execution, and the incident of residuarity.“ Bündeltheorien sensibilisieren zum einen dafür, dass auch das real existierende Privateigentum angesichts der vielfältigen, sozial-, arbeits- und privatrechtlichen Regulierungen nicht auf die von William Blackstone einst beschriebene, uneingeschränkte, exklusive und despotische Verfügungsmacht zu reduzieren ist. Man muss der bisweilen damit einhergehenden De-Thematisierung der Spezifik des Privateigentums unter kapitalistischen Bedingungen nicht folgen, um mit den Stärken dieser Differenzierung arbeiten zu können.

Zum anderen sind Bündeltheorien hilfreich, um Alternativen zum Privateigentum als Ent- und Re-Bündelung von Rechten zu fassen, wie es die Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom mit ihren Arbeiten zu Commons als Formen der kollektiven (Re-)Produktion, Nutzung und (Selbst-)Verwaltung von Ressourcen gezeigt hat. Gemeinsam mit Edella Schlager schließt sie die Commons-Forschung an Bündeltheorien des Eigentums an, fasst einige der von Honoré unterschiedenen Rechte zusammen und arbeitet anhand dessen die Heterogenität von Besitzverhältnissen aus (Schlager & Ostrom 1992). Schlager und Ostrom unterscheiden Rechte (1) des Zugangs und (2) der Nutzung der Ressource, (3) des Managements und der (Selbst-)Verwaltung (einschließlich der Kontrolle über die Bedingungen der (Re-)Produktion), (4) des Ausschlusses anderer sowie (5) der Übertragung auf andere durch Verkauf, Schenkung, Stiftung oder Vererbung (z. B. Schlager & Ostrom 1992: 251ff.). Für die hier verfolgte Perspektive ist ihre Unterscheidung in Rechte auf der operativen Ebene (Zugang und Nutzung) und Rechte auf der kollektiven Entscheidungsebene (Management, Ausschluss und Übertragung) von zentraler Bedeutung, um Formen der autorisierten Nutzung von abgestuften Formen der Eigentümerschaft abzuheben: „It is the difference between exercising a right and participating in the definition of future rights to be exercised. The authority to devise future operational-level rights is what makes collective-choice rights so powerful.“ (ebd.: 251)

Resümieren wir den Charakter des Sozialeigentums vor diesem Hintergrund: Castel identifiziert mit der Institution des Sozialeigentums ein (partielles) funktionales Äquivalent zum privaten Eigentum, das Zugriff von Nicht-Eigentümer:innen auf Ressourcen qua sozialem Status ermöglicht. Es handelt sich bei diesem Konnex aus Status und Sicherheit insofern um eine Alternative zum Privateigentum, als dass der Staat als Gewährleister für diejenigen auftritt, die vom Zugang zu profitgenerierenden Ressourcen (ergo: Privateigentum) ausgeschlossen sind. Anders als im liberalen Verständnis der property owning democracy, die darauf zielt, möglichst vielen Menschen den Zugang zu Privateigentum mit einer entsprechenden Rolle als Marktteilnehmer zu ermöglichen, tritt hier die Profitfunktion von Eigentum zugunsten der Garantie von Sicherheit und Teilhabe in den Hintergrund. Ist diese Relativierung der individuellen Bedeutung von Privateigentum aber gleichbedeutend mit der Konstitution einer neuen, nicht privaten Eigentumsform? Was ist ein Minimalkriterium dafür ist, den Konnex ‚Status-Sicherheit‘ eigentumsförmig zu fassen? Dieses Kriterium, so unser Argument im Anschluss an Schlager und Ostrom, ist die (niedrigschwellige) Möglichkeit an der Steuerung der (Re-)Produktion der Ressource zu partizipieren, also tatsächlich im gestalterischen Sinne durch kollektive Entscheidungsrechte über sie zu verfügen. Im Fall des Sozialeigentums sind nicht nur die Übertragungsrechte suspendiert; auch eine Kontrolle über die Bedingungen der (Re-)Produktion und Kriterien des Ein- und Ausschlusses ist nur äußerst vermittelt über das allgemeine Wahlrecht gegeben sowie – zum Beispiel in Deutschland – der korporatistisch verfassten Selbstverwaltung der Sozialversicherung mit ihren großen Limitierungen.[7] Faktisch sind Sozialstaatsbürger:innen vor allem ‚passive‘ Empfängeri:nnen der Leistungen, kollektive Entscheidungsrechte im Sinne der Aneignung der Bedingungen – zum Beispiel durch partizipative Gestaltung kommunaler Infrastrukturen – existieren kaum (vgl. kritisch zum Demokratiedefizit von Wohlfahrtsstaaten: Dardot & Laval 2019: 349ff.). Gemeint ist hier also nicht eine Passivität der Leistungsempfänger:innen, wie sie als vermeintlich fehlende Eigeninitiative in liberalen Aktivierungsprogrammen moniert wird, sondern eine staatlich verantwortete Passivität, die die Bürger:innen von der Gestaltung ausschließt. Sozialeigentum ist damit eine (gewichtige) Institution der Verteilung ohne reale Verfügungsmacht der Nutzer:innen und keine neue Eigentumsform.

Was würde es bedeuten, wenn Sozialstaatsbürger:innen nicht nur Nutzer:innen oder Empfänger:innen wären, sondern auch über die Bedingungen der Institutionalisierung sozialer Rechte verfügen würden? Ein in diesem Sinne radikalisiertes Sozialeigentum, das die Verfügungsmacht ernst nimmt, lenkt den Blick auf Fragen der Co-Governance und Demokratisierung sozialstaatlicher Strukturen. Das Eigentum im Sozialeigentum ernst zu nehmen, führt uns damit zur Frage der Vergesellschaftung des Öffentlichen. Um eine solche Perspektive zu entwickeln, sind Anschlüsse an das Prinzip genossenschaftlichen Eigentums im Sinne der Einheit von Zugang, Nutzung und Selbstverwaltung fruchtbar und auch die Forschung zu Commons bietet wichtige Impulse, wird hier doch die Verfügungsmacht über Gebrauchswerte als claiming ownership weitergedacht: „A plurality that claims ownership […] not only uses or accesses that use value, but also governs its production and reproduction, its sustainability and development.“ (De Angelis 2017: 29f.) Wie am Beispiel der Fundamentalökonomie zu sehen ist, ist dabei durchaus eine staatlich regulierte Heterogenität unterschiedlicher Eigentumsformen (staatlich, kommunal, genossenschaftlich, privat etc.) denkbar, so lange diese auf die Gebrauchs- und Bedarfsorientierung ausgerichtet und partizipationsoffen organisiert sind, wie auch Andrew Cumbers in seinen Arbeiten zur (Wieder-)Aneignung öffentlichen Eigentums festhält: „Whatever form of ownership is chosen – and it should be recognized that in practice there are a myriad of combinations rather than a simple dichotomy between public and private – the aspiration should be towards democratic decision-making in which employees and user groups have a voice.“ (Cumbers 2012: 164)

Es liegt auf der Hand, dass Möglichkeiten der Partizipation und Gestaltung oft auf lokaler und nachbarschaftlicher Ebene ansetzen und durch geographische Nähe und persönliche Kontakte erleichtert werden. Gute Beispiele sind Ansätze eines neuen Munizipalismus (Thompson 2021; Blanco et al. 2020), in deren Kontext unterschiedliche Formen von Public-Commons-Partnerships (Milburn & Russell 2021) und der Partizipation der Stadtbürger:innen erprobt werden (z. B. Bianchi 2022): So hat das aus sozialen Bewegungen hervorgegangene Bündnis Barcelona en Comu, das von 2015 bis 2023 die Stadtregierung geführt hat, nicht nur die Entwicklung des Wahlprogramms über Bürger:innenversammlungen und digitale Deliberation mit Hilfe einer dafür entwickelten Plattform Decidim organisiert, sondern es bestand fortlaufend die Möglichkeit Vorschläge und Initiativen in den politischen Prozess einzuspeisen, u. a. auch durch die Einführung eines Bürgerhaushaltes (Ajuntament de Bacelona 2023). Zugleich wurden zentrale politische Vorhaben der Stadtregierung wie die Inklusionsstrategie zur Stärkung der lokalen Sozialpolitik unter Einbezug zahlreicher zivilgesellschaftlicher Akteure und Projekte auf den Weg gebracht (Ajuntament de Barcelona 2018). Ein weiteres Beispiel ist die Re-Kommunalisierung der Wasserversorgung in Neapel, die auch die Vergesellschaftung ihrer Verwaltung durch die Einbeziehung lokaler und überregionaler zivilgesellschaftlicher Akteure umfasst (Carozza & Fantini 2016; Bianchi 2022). In eine ähnliche Richtung geht das Konzept der Berliner Initiative „Deutschen Wohnen & Co. enteignen“[8], die einen erfolgreichen Volksentscheid auf den Weg gebracht hat, dessen Ziel es ist, 240.000 Wohnung im Eigentum großer privater Immobilienkonzerne zu vergesellschaften. Der Initiative geht es nicht nur darum, die Wohnungen in öffentliches Eigentum des Landes Berlin zu überführen, sondern sie zu einer Form des (zivil-)gesellschaftlich verwalteten Gemeineigentums zu machen. Entscheidungen sollen in einem Verwaltungsrat getroffen werden, dem neben Vertreter:innen der Mieter:innen und des Senats auch direkt gewählte Vertreter:innen der Stadtgesellschaft angehören (Hoffrogge & Junker 2021).

Neben der Öffnung und Demokratisierung kommunaler Strukturen sind weitere Modi der öffentlich-zivilgesellschaftlichen Kooperation denkbar, die insbesondere auf die Vergesellschaftung von Infrastrukturen zielen: Zum einen beträfe dies die öffentliche Förderung von genossenschaftlichen Projekten und Commons, die Aufgaben im Bereich der fundamentalen Infrastruktur wahrnehmen, aber unabhängig organisiert sind; Beispiele sind subventionierte genossenschaftliche Wohnprojekte und die Förderung von alternativen digitalen Infrastrukturen. Zum anderen ist die Übertragung der autonomen Verwaltung öffentlicher Liegenschaften (v. a. Grundstücke und Gebäude) auf Nachbarschaftsprojekte oder zivilgesellschaftliche Organisationen denkbar und lokal in der Erprobung: Die Stadt/Kommune stellt in diesen Fällen die materielle Infrastruktur zur Verfügung und übernimmt die Kosten für Unterhalt und Betrieb, während zivilgesellschaftlichen Akteure ihr Engagement und ihre Zeit einbringen. Sie agieren autonom und als Teil der öffentlichen Infrastruktur (z. B. durch die Bereitstellung von Bildungs-, Beratungs- und Kulturangeboten, Sportstätten oder Bibliotheken) und sind an vereinbarte Standards – wie insbesondere die Gewährleistung des öffentlichen Zugangs zu angebotenen (Dienst-)Leistungen – gebunden; ein Beispiel ist das Programm Patrimonio Ciudadano („Bürgererbe“) in Barcelona (La Hidra Cooperativa 2019).

Partizipation und Vergesellschaftung kann in der Sozialpolitik aber nicht auf die lokale Ebene begrenzt bleiben, sind doch gerade die Sozialversicherungen und Programme der Existenzsicherung, aber auch die Behandlung und Versorgung von Kranken nicht auf dieser Maßstabsebene finanzier- und organisierbar. Denkbar ist aber eine Öffnung der translokalen Verwaltungsstrukturen, zum Beispiel durch die Einbeziehung von Bürger:innenräten, die die Interessen von Sozialversicherten als Sozialeigentümer:innen vertreten, aber auch durch lokale Anlaufstellen (in öffentlichen Bibliotheken oder Stadtteilzentren), die ebenso Orte der Information wie der Beschwerde in Bezug auf das in seinen Organisationsstrukturen für viele abstrakte System der Versicherung sein könnten: „Democratizing the social relations that govern these organizations is thereby a means to transform state administration into the social institutions of the common.“ (Dardot & Laval 2019: 353) Die Etablierung und Institutionalisierung von Patient:innenvertretungen ist ein Beispiel aus dem Gesundheitsbereich, das weiterzuentwickeln wäre, ebenso wie an Initiativen zum Aufbau solidarischer Gesundheitszentren angeschlossen werden könnte, die sich – verankert im Stadtteil, aber überregional organisiert und rückgebunden an Leistungen der Krankenversicherung – mit einem erweiterten Verständnis von Gesundheit, niedrigen Zugangshürden und kollektiven Entscheidungsstrukturen für die Überwindung gesundheitlicher Ungleichheit einsetzen.[9]

Den Eigentumscharakter des Sozialeigentums ernst zu nehmen und im Sinne der Vergesellschaftung der Verfügung zu radikalisieren, erfordert eine konsequente Verzahnung unterschiedlicher Regelungsebenen, um nicht zuletzt die materiellen Bedingungen für die oft im Lokalen ansetzende Partizipation zu schaffen. Dies ist nicht nur unabdingbar, um eine symbolische „Mitmachfalle“ (Wagner 2013) ohne reale Gestaltungsmacht zu verhindern;[10] auch die vielfach nachgewiesene Klassenspezifik politischer Partizipation stellt eine große Herausforderung dar, nehmen häufig doch gerade die finanziell Privilegierten und gut Gebildeten entsprechende Beteiligungsmöglichkeiten wahr (z. B. Schäfer & Schoen 2013). An diesem Punkt wird abschließend die Verschränkung der Perspektiven der Aktualisierung, Erweiterung und Radikalisierung des Castel’schen Sozialeigentums ersichtlich: Eine vergesellschaftete Sozialpolitik mit ihrem hohen Zeitaufwand für alle Beteiligten ist nicht nur auf soziale Infrastrukturen angewiesen, die die Voraussetzungen für Partizipation und Teilhabe schaffen (v. a. im Bildungssystem und mit der Entlastung von Sorge- und Betreuungsverantwortung), sondern auch auf „bezahlte Zeit für Arbeit am Gemeinwesen und der Demokratie“ (Dörre 2021: 88), die durch Arbeitszeitverkürzungen und sanktionsfreie Existenzsicherung, aber auch durch Aufwandsentschädigungen geschaffen werden könnte.

5 Zur Ambivalenz des Sozialeigentums im kapitalistischen Staat

Wenn wir die Erweiterung und Radikalisierung des Sozialeigentums nicht nur als konzeptionelle Weiterentwicklung verstehen, die das Potenzial des Eigentumscharakters ausschöpft, sondern auch als Ansatzpunkt für eine politisch-programmatische Neuausrichtung vergesellschafteter Sozialpolitik, ist es unabdingbar, die Funktionsbedingungen von Sozialpolitik im kapitalistischen Staat zu reflektieren. Gero Lenhardt und Claus Offe haben vor mehr als vierzig Jahren den normativen Überschuss kritischer Sozialpolitikforschung problematisiert, die zu sehr wolle und wünsche und zu wenig danach frage, was „die Sozialpolitik in einem funktionalen Sinne ist“ und wie diese Funktionen den politischen Gestaltungsspielraum strukturell einschränken (Lenhardt & Offe [1977] 2006: 155). Entscheidend ist, dass das kapitalistische System für die Reproduktion von Arbeit und Leben auf Ressourcen angewiesen ist, die es innerhalb der Profitlogik nicht selbst zu erzeugen vermag. Diese Ressourcen werden nicht nur unbezahlt in Privathaushalten bereitgestellt, sondern auch durch die Organisation von öffentlicher Gesundheitsversorgung, (Aus-)Bildungssystemen, professionellen Sorge- und Betreuungsangeboten, Lohnersatzleistungen im Fall von Krankheit und Alter sowie Infrastrukturen des Transports, der Mobilität und Kommunikation. In diese Richtung zielt auch die Kritik Balibars an Castel, wenn er diesem vorhält, die autonomiestiftende Funktion des Sozialeigentums herauszustellen, ohne zu berücksichtigen, dass es auch darum gehe, die Existenz des Individuums dort zu sichern, „wo seine ökonomischen Funktionen unterbrochen sind oder aufhören zu existieren (Arbeitslosigkeit, Krankheit)“ (Balibar 2012: 168) und damit darum, die Reproduktion von Arbeitskraft außerhalb der Produktion zu bewahren. Der Sozialstaat operiert, wie es Stephan Lessenich (2012: 25) treffend formuliert hat, „jenseits von Gut und Böse“, ist gleichermaßen der Sozialstaat der Kapitalrentabilität wie der der Arbeiterwohlfahrt.

Seit den 1980er Jahren hat sich die Kapitalseite jedoch immer weniger damit begnügt, die öffentlichen Infrastrukturen zu funktionalisieren bzw. soziale Vorbedingungen und Kosten der Akkumulation zu externalisieren; stattdessen zielte sie zunehmend darauf, „sich selbige zum unmittelbaren Zweck der Kapitalverwertung einzuverleiben“ (Brandt & Kremer 2019: 23). Die damit verbundenen Prozesse der Privatisierung, Kommodifizierung und Finanzialisierung erweisen sich als hochgradig zweischneidig, sind damit doch nicht nur neue Profitquellen für privatwirtschaftliche Akteure verbunden, sondern auch die Unterminierung und Erosion jener gebrauchswertorientierten Systeme, die die systemische und alltägliche Reproduktion gewährleisten. Die an Fahrt gewinnende Debatte um kritische Infrastrukturen und ihre staatliche Gewährleistung unter Krisenbedingungen ist auch Ausdruck einer wachsenden Einsicht in die Kehrseiten eben dieser Unterminierung (Prausmüller 2021: 70f.).

Diese Konstellation ist für unsere Analyse in zweierlei Hinsicht bedeutsam: Zum einen ist mit der Funktionskrise der sozialen Reproduktion in Zeiten zunehmender Wirtschafts- und Finanzkrisen sowie neuer geopolitischer Konstellationen auch eine Hegemoniekrise des Neoliberalismus verbunden, die neue Möglichkeitsfenster für soziale Bewegungen des Öffentlichen schafft. Zum anderen sensibilisiert die Perspektive auf die Funktionsbedingungen von Sozialpolitik dafür, dass die Einschränkung der Verfügungsmacht der Sozialstaatsbürger:innen über das Sozialeigentum auch zum Ziel hat, genau diese Funktionsbestimmung vor demokratischen Interventionen zu schützen. Auf Partizipation zielende sozialpolitische Interventionen müssen also substanzielle Gegenmacht aufbauen, um die Grenzen der institutionalisierten Mitsprache und -gestaltung zu verschieben. Dafür gilt es, systematisch zu analysieren, wie, durch wen und auf welchen Ebenen Verfügungsmacht respektive eingeschränkt oder eröffnet wird – und mit welcher Wirkung. Während Maßnahmen auf nationalstaatlicher und EU-Ebene wie die Schuldenbremse als Verfassungsprinzip oder das EU-Wettbewerbsrecht zum Beispiel als „Immunisierung des Kapitalismus gegen massendemokratische Interventionen“ (Streeck 2012: 64f.) wirken, stehen dem Projekte lokale Beteiligungsoffensiven gegenüber: Diese haben oft eher symbolischen Charakter, bergen im Sinne einer „local trap“ (Purcell 2006) die Gefahr der Gestaltungsfiktion unter Ausblendung übergeordneter Strukturen oder zielen auf die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure bei der Leistungserbringung – ohne substanzielle Beteiligung am politischen Design. Mit Blick auf die ko-produktive Leistungserbringung im Sozialstaat ist zudem die Gefahr im Blick zu behalten, dass Alternativprojekte und zivilgesellschaftliche Initiativen, die unter Austeritäts- und Krisenbedingungen öffentliche Infrastrukturen ergänzen, als soziale Ressource ausgebeutet werden, ohne dass damit substanzielle Gestaltungsräume und Verfügungsmacht einhergehen (van Dyk & Haubner 2021: 139ff.; Caffentzis & Federici 2014).

Die ambivalente Funktion von Sozialpolitik, die sowohl Funktionserfordernisse im kapitalistischen Staat erfüllt als auch – und zugleich – Autonomie und Sicherheit stiften kann, ist nicht am Schreibtisch in die ein oder andere Richtung aufzulösen. Es war historisch (und ist es weiterhin) eine Frage der Kräfteverhältnisse und Klassenauseinandersetzungen, welche sozialen Rechte durchgesetzt werden konnten und auch die Funktionserfordernisse erweisen sich als historisch wandelbar. So betont Claus Offe: „Der Klassencharakter des Staates erweist sich post festum, nämlich dann, wenn in Klassenauseinandersetzungen […] die Grenzen seiner Funktionen in Erscheinung treten.“ (Offe [1972] 2006: 114) Die Krise der sozialen Reproduktion schafft ein neues Terrain für eben diese Auseinandersetzungen und lenkt den Blick dorthin, wo die Wohlfahrtsstaatsforschung eher schwach und die Stadt- und Bewegungsforschung stark ist: auf lokale soziale Kämpfe unter multiplen Krisenbedingungen. Wie neue munizipalistische Bewegungen zeigen, kann insbesondere der lokale und räumlich gebundene Charakter öffentlicher Infrastrukturen ein Ansatzpunkt für eine Sozialpolitik ‚von unten‘ sein, die im Sinne der diskutierten Radikalisierung des Sozialeigentums auch die Frage der Partizipation und Gestaltungsmacht stark macht – und zwar durch Nutzer:innen der Leistungen ebenso wie durch Beschäftigte im öffentlichen Sektor (Davies et al. 2022; Bianchi 2022; Cooper 2017). So tragen auch Arbeitskämpfe und Streiks gegen Arbeitsverdichtung und die Prekarisierung sozialer Dienstleistungsarbeit dazu bei, soziale Infrastrukturen, insbesondere im Gesundheits-, Pflege- und Bildungsbereich, zu Orten sozialer Auseinandersetzungen zu machen, an denen neue soziale Allianzen und Kooperationen entstehen (z. B. Dück 2022). Zugleich sind natürlich auch Bewegungsakteure kritisch zu reflektieren, fördern sie doch nicht per se eine Ausweitung inklusiver soziale Rechte oder eine größere Zugänglichkeit öffentlicher Infrastrukturen, sondern können durchaus Ungleichheiten reproduzieren und neue Formen sozialer Ausschlüsse begünstigen.

6 Fazit

Obwohl soziale Rechte historisch als Absicherung der Eigentumslosen institutionalisiert wurden und Wohlfahrtsstaaten Eigentumsverhältnisse strukturieren, ist es ein Alleinstellungsmerkmal Robert Castels, soziale Rechte als Sozialeigentum der Sozialstaatsbürger:innen zu denken. Mit dem Eigentumsbegriff grenzt er dieses Instrument von Fürsorgeleistungen ab und unterstreicht den Rechtsanspruch derjenigen, die nicht über privates Eigentum verfügen und auf eine Alternative angewiesen sind, um in sozialer Sicherheit leben zu können. Das Sozialeigentum als „Rehabilitation der Nichteigentümer“ (Castel 2005: 40) verweist in der Tradition des französischen Solidarismus dabei auf die konstitutive Hybridität des Eigentums in kapitalistischen Gesellschaften: Die in einer Gesellschaft produzierten Güter, Dienste, Ideen und Errungenschaften, die zumeist Wenigen zugerechnet bzw. als Privateigentum angeeignet werden, sind ohne öffentliche Infrastrukturen, unbezahlte Sorgearbeit, Leistungen vorheriger Generationen und die alltäglichen Beiträge in einer arbeitsteiligen Gesellschaft nicht denkbar. In dieser Tradition stehend ist Castels historische Rekonstruktion des Sozialeigentums auch von der normativen Annahme durchdrungen, dass es einen kollektiven Anteil im Privateigentum gibt, den es – in Gestalt des Sozialeigentums – zu erstatten gilt. Prozesse der Privatisierung und Kommodifizierung, der Leistungskürzungen und Verschärfungen von Anspruchsbedingungen werden mit dieser Brille als Prozesse der umkämpften An- und Enteignung erkennbar.

Zugleich ist im Konzept des Sozialeigentums ein analytisches Potenzial angelegt, das Castel selbst nicht ausschöpft. Es ist ein analytisches Potenzial, das die programmatische Neubestimmung einer Sozialpolitik leiten kann, die über das fordistisch-keynesianische Wohlfahrtsmodell hinausweist.[11] Ein besonderes Augenmerk verdienen in Zeiten, da der Lohnarbeitsstatus für immer mehr Menschen prekär geworden oder geblieben ist, die öffentlichen Infrastrukturen und sozialen Dienste – das von Castel so bezeichnete und zugleich gegenüber dem Transfereigentum vernachlässigte Kollektiveigentum. Wie unsere Diskussion eines erweiterten Verständnisses von Sozialeigentum gezeigt hat, birgt aber gerade das Kollektiveigentum beträchtliches umverteilendes, inklusives und hinsichtlich der Dominanz des Privateigentums transformatives Potenzial – und führt konzeptionell wie politisch über eine auf monetäre Transferleistungen gefluchtete Sozialpolitik hinaus.

Mit der Radikalisierung des Konzepts haben wir schließlich dem Umstand Rechnung getragen, dass Castel den Eigentumscharakter des Sozialeigentums auf Fragen der Sicherheit und Planungsfähigkeit engführt, während zugleich offenbleibt, wie der kollektive Charakter des Kollektiveigentums realisiert werden kann. Von Sozialeigentum als Eigentum kann aber, so unser eigentumstheoretisch begründetes Argument, nur dann die Rede sein, wenn Anspruchsberechtigte, Nutzer:innen und Empfänger:innen auch kollektive Entscheidungsrechte – und damit Verfügungsmacht – haben. Soziale Rechte als Sozialeigentum zu verstehen, lenkt damit die Aufmerksamkeit auf die Rolle des Staates, der nicht aus der Verantwortung entlassen, aber als „Monopolist des Öffentlichen“ (Schultheis 2012: 11) überwunden werden soll – durch die konsequente Einbeziehung nicht-staatlicher Akteure, d. h. durch Demokratisierung und Vergesellschaftung. Analytisch gesprochen trägt das Sozialeigentum damit das Potenzial seiner Demokratisierung im Namen.[12] Ob es gelingt, dieses Potenzial politisch zu aktivieren und zu nutzen ist jedoch eine Frage der Kräfteverhältnisse und der politischen Organisierung, zumal in Anbetracht des ambivalenten Doppelcharakters von Sozialpolitik im kapitalistischen Staat. So sind Rentenanwartschaften in Deutschland, wie in vielen anderen europäischen Ländern, zwar grundrechtlich als Eigentum geschützt (Sonnevend 2008); die Absenkung des Leistungsniveaus hat dies jedoch bislang nicht verhindert, obwohl die klassenspezifische Lebenserwartung (Lampert et al. 2019) dazu führt, dass viele der früher versterbenden Geringverdiener:innen nun weniger Rentenleistungen erhalten, als sie mit ihren Beiträgen eingezahlt haben. Politisch-programmatisch würde es der Eigentumsanspruch erlauben, das hier Enteignete in neuer Weise zu problematisieren – allein, es fehlen derzeit die Akteure, dies zu tun.

Sozialeigentum als Schlüsselkonzept einer neuen Sozialpolitik beschreibt deshalb weniger einen Ist-Zustand, als dass es – ausgehend von realen sozialen Bewegungen und Problemen – darauf zielt, bislang unverbundene Ansätze einer Politik sozialer Rechte und einer Politik der Demokratisierung zusammenzudenken und die im historischen Klassenkompromiss wurzelnde Engführung von Sozialpolitik als Politik der Verteilung ohne Verfügung aufzubrechen. Sozialeigentum im erweiterten und radikalisierten Sinne verschiebt nicht zuletzt Inhalt, Reichweite und Verfügungsgrenzen des Privateigentums: durch eine deutlich progressivere Besteuerung, eine strikte Regulierung sowie die systematische Ausweitung jener Bereiche der Fundamentalökonomie, die der Profitlogik entzogen werden. Dies stärkt in materieller und demokratischer Hinsicht die Macht der (Privat-)Eigentumslosen –– und damit die Abwehrkräfte gegen Prozesse der Enteignung. Sozialeigentum als Eigentum ernst zu nehmen, bedeutet schließlich auch, gängige Eigentumskonzepte zu überdenken, auf deren historische Variabilität John Stuart Mill bereits vor mehr als 150 Jahren hingewiesen hat: „The idea of property is not some one thing, identical throughout history and incapable of alteration, but is variable like all other creations of the human mind.“ (Mill 1967 [1879]: 753)

About the authors

Silke van Dyk

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Published Online: 2023-10-31
Published in Print: 2023-11-21

© 2023 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.

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Downloaded on 3.12.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zfsoz-2023-2025/html
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