Home Multiple Differenzierung und Wandel. Der Beitrag der evolutionär-institutionalistischen Perspektive
Article Open Access

Multiple Differenzierung und Wandel. Der Beitrag der evolutionär-institutionalistischen Perspektive

  • Marc Mölders

    Marc Mölders, geb. 1978 in Emmerich. Studium der Soziologie in Bonn, Bielefeld und Edinburgh (Science & Technology Studies), Promotion in Bielefeld. Von 2009-2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dortmund, von 2012-2013 BMBF-Spitzencluster Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe (it’s owl) Paderborn und Bielefeld, von 2014 bis 04/2023 Akademischer (Ober-)Rat auf Zeit an der Bielefelder Fakultät für Soziologie, Habilitation 2019. Seit Mai 2023 PD am Institut für Soziologie der JGU Mainz.

    Forschungsschwerpunkte: Differenzierungstheorie, Medien- und Kommunikationsforschung, Rechts- und Techniksoziologie

    Wichtigste Publikationen: Guided Travels. Organisation und Gesellschaft aus übersetzungstheoretischer Perspektive. Soziale Welt 73, 2022: 457–484. Wie ist Einflussnahme in einer multipel differenzierten Gesellschaft möglich? Ausblick auf ein Forschungsprogramm – aus Anlass eines Rückblicks. Zeitschrift für Theoretische Soziologie 10, 2022: 262–273. Irritation Design: Updating Steering Theory in the Age of Governance. Politics and Governance 9, 2021: 393–402. Die Korrektur der Gesellschaft. Irritationsgestaltung am Beispiel des Investigativ-Journalismus, Bielefeld 2019.

    ORCID logo EMAIL logo
Published/Copyright: October 31, 2023
Become an author with De Gruyter Brill

Zusammenfassung

Theorien multipler Differenzierung haben Konjunktur. Sie teilen die Annahme, die Gegenwartsgesellschaft sei durch mehr als eine Differenzierungsachse (z. B. funktionale Differenzierung oder vertikale Ungleichheit) charakterisiert. Solche Theorien thematisieren Anregungen sozialen Wandels höchst unterschiedlich. Der Beitrag unterscheidet drei Ausprägungen: (1) Anregungen als von eher historischem Interesse; (2) als inflationärer Dauerzustand; (3) als durch spezifische Modi (Kritik/Kooperation) ermöglicht. Die evolutionär-institutionalistische Perspektive Seth Abrutyns stellt demgegenüber ein Theorieangebot dar, das multiple Differenzierung auch als Ergebnis der Gestaltungsarbeit institutioneller Entrepreneure auffasst. Sie verzahnt multiple Differenzierung und Wandel unmittelbar. Dabei stellt sie die Überzeugungsarbeit solcher Wandelarchitekten in den Vordergrund und spielt Gestaltung und Evolution nicht gegeneinander aus. Abrutyns Rekonstruktion stoppt kurz vor der Gegenwartsgesellschaft. Hieran anschließend beleuchtet der Beitrag philanthropische Organisationen als zeitgenössische institutioneller Entrepreneure.

Abstract

Theories of multiple differentiation have been gaining momentum. They share the assumption that contemporary society is characterized by more than one axis of differentiation (e.g., functional differentiation or vertical inequality). Such theories address the instigation of social change in very different ways. The paper distinguishes three types: (1) instigating as of more historical interest; (2) disturbance as the usual case; (3) as enabled by specific modes (critique/cooperation). In contrast, Seth Abrutyn’s evolutionary institutionalist perspective presents a theoretical proposition that conceives of multiple differentiation also as the result of the formative work of institutional entrepreneurs. It directly links multiple differentiation and change. In doing so, it foregrounds the persuasive work of such change architects and does not play design and evolution off against each other. Abrutyn’s reconstruction ends shortly before the present society. Following this, the article sheds light on philanthropic organizations as contemporary institutional entrepreneurs.

1 Einleitung

Theorien multipler Differenzierung haben Konjunktur. Sie unterscheiden mehrere Differenzierungstypen bzw. -achsen (z. B. funktionale Differenzierung und vertikale Ungleichheit) und nehmen deren wechselseitiges Einwirken bzw. Zusammenspiel als bildgebend für den Blick auf die Gegenwartsgesellschaft an. Für Fragen des Anregens sozialen Wandels scheint diese Theorieentwicklung altbekannte Problemlagen zu verschärfen. Wenn funktionale Differenzierung Steuerung schon verunmöglichte (Luhmann 1988), erscheinen Änderungsinitiierungen unter Bedingungen multipler Differenzierung erst recht aussichtslos. Der von der Systemtheorie präferierte Ausweg führte zu Theorien sozialer Evolution, für die Steuerung o. Ä. als bloßes Spielmaterial künftiger Entwicklungen galt (Stichweh 2017).

Im ersten Kapitel erfolgt eine Bestandsaufnahme von Theorien multipler Differenzierung im Hinblick auf Fragen des Anregens von Wandel. Für einen ersten Typus steht die pragmatistische Differenzierungstheorie Joachim Renns (2.1). Hier wird die Herausbildung gesellschaftlicher Differenzierung historisch durchaus als organisationale Gestaltungsarbeit lesbar. Die multiple Differenzierung der Gegenwart lasse Gestaltung aber gegenüber einer unvermeidbaren „Anarchie der Nebenfolgen“ (Renn 2006: 407) in den Hintergrund treten. Für die Differenzierungstheorien Stefan Hirschauers und Uwe Schimanks ist Störung der Normalzustand einer multipel differenzierten Gesellschaft, was ihre Gemeinsamkeit für den zweiten Typus charakterisiert (2.2). Für beide erscheint Ordnung – und nicht: Wandel – als das eigentliche differenzierungstheoretische Rätsel. Ein dritter Typus umfasst Theorien, die dagegen konkrete Modi der Arbeit am Wandel differenzierter bzw. in differenzierten Gesellschaften angeben. In diesem Sinne lassen sich hier die – in vielen anderen Hinsichten zu unterscheidenden – Theorien Gesa Lindemanns (2018) sowie von Neil Fligstein und Doug McAdam (2012) zusammenfassen (2.3). Wo Lindemann Kritik als Voraussetzung von Strukturbildung ansetzt, bestimmen Fligstein & McAdam auf Grundlage der Feldtheorie Pierre Bourdieus Kooperation als wesentlich für die Entstehung neuer Felder.

Die evolutionär-institutionalistische Perspektive, wie sie insbesondere von Seth Abrutyn entwickelt wurde, definiert sich geradezu über den Zusammenhang von Differenzierung und Wandelanregung. Ein Ziel des vorliegenden Aufsatzes ist es, diese Theorie und ihren analytischen Mehrwert der deutschsprachigen Debatte bekanntzumachen (3). Denn diese historisch weit zurückreichende Theorie zeigt die multipel differenzierte Gegenwartsgesellschaft auch als das Ergebnis der Überzeugungsarbeit eines institutionellen Unternehmertums (institutional entrepreneurs) (3.1). Diese Arbeit erscheint vielfältiger und raffinierter als es die auf Kritik oder Kooperation verweisenden Ansätze annehmen. Abrutyns Theorie interessiert sich für Stabilität und Wandel; sie spielt Gestaltung und Evolution nicht gegeneinander aus. Damit gewinnt die soziologische Differenzierungsdebatte einen Ansatz, der die Arbeit an der Durchsetzung von Lösungen gesellschaftlicher Probleme beschreiben kann, ohne dabei auf (gewaltsame) Machtdurchsetzung, unmittelbare Durchgriffe oder andere Determinismen zurückgreifen zu müssen oder, umgekehrt, jede Wandelarbeit zum kontingenten Element weiterer Evolution zu erklären.

Die evolutionär-institutionalistische Perspektive macht eigenen Angaben zufolge aber vor der Gegenwartsgesellschaft Halt. Der vorliegende Beitrag skizziert eine diesbezügliche Fortführung, indem philanthropische Organisationen als zeitgenössische Beispiele für institutional entrepreneurs thematisiert werden (3.2). Deren Überzeugungsarbeit wird, hier schließt sich der Kreis, vor dem Hintergrund einer multipel differenzierten Gesellschaft besser verstehbar.

2 Theorien multipler Differenzierung und Wandel – eine Bestandsaufnahme

Für Luhmanns berüchtigten Steuerungspessimismus hatte das „Faktum funktionaler Differenzierung“ (Luhmann 1988: 325) schon hingereicht. Politik könne eben nicht in das Wirtschaftssystem eingreifen, sondern allenfalls „Politik machen“ (Luhmann 1988: 338). Jede Planungs-, Steuerungs- oder Rationalisierungskommunikation sei selbst Gegenstand sozialer Evolution, nicht deren Ergebnis (so später auch: Esposito 2002: 336 f.). Wegen ihrer klaren architektonischen Entscheidung für einen Primat funktionaler Differenzierung erscheint die Systemtheorie als der Kontrastfall für Theorien multipler Differenzierung, wie sie unten eingeführt werden. So klar Luhmann nicht in diesen Kanon zu gehören scheint, liegt der Fall womöglich aber nicht. Dies hat Dirk Baecker (2021: 210) zu bedenken gegeben, als er darauf verwies, dass Luhmann zwei Ebenen der gesellschaftlichen Differenzierung unterschieden habe: Die „Ebene der Differenzierung in Interaktion, Organisation, Gesellschaft und Protestbewegungen […] und die Ebene der Differenzierung der Gesellschaft in Funktionssysteme.“ Baecker konstatiert allerdings unmittelbar, dass Luhmann gerade in der Frage des Bezugs dieser beiden unterschiedlichen Ebenen eine Leerstelle hinterlassen habe. Luhmann selbst hat, wenn es um Anregungsfragen und die Ebene der Systemtypen geht, eher Restringierendes gesehen: „Man erlebt es tagtäglich: Man kann gewisse Vorhaben, die gesellschaftlich und organisatorisch möglich sind, trotzdem nicht anbringen, nicht durchsetzen, oft nicht einmal verständlich machen. […] Fast alles, was geschieht, muß letztlich durch das Nadelöhr einer Interaktion unter Anwesenden“ (Luhmann 2019[1972]: 9). Lassen sich also Gründe finden, Luhmann als Theoretiker multipler Differenzierung auszuweisen, so kommen die unterschiedlichen Differenzierungsebenen für Anregungsfragen aber nur als Problem in den Blick.

Für Theorien multipler Differenzierung ist dagegen die Beobachtbarkeit mehrerer unterschiedlicher Differenzierungsachsen und deren wechselseitige Relationierbarkeit konstitutiv: Es gibt mehr als einen Differenzierungstypus, was einen unangefochtenen Primat unwahrscheinlich und ein wechselseitiges Interferieren unterschiedlicher Differenzierungen wahrscheinlich erscheinen lässt. Diese Bestimmung sei im Weiteren kennzeichnend für Theorien multipler Differenzierung. Die folgenden Ausführungen sind einerseits Beispiele im Sinne von Mitgliedern dieser Theoriekleinfamilie.[1] Andererseits werden sie stets auch daraufhin befragt, inwiefern sie willens bzw. in der Lage sind, die Arbeit an der Durchsetzung neuer Lösungen großer gesellschaftlicher Probleme zu thematisieren.

2.1 Von historischer Delegationsarbeit zur modernen Anarchie der Nebenfolgen

Theorien multipler Differenzierung werden hier als Oberbegriff verwendet. Als Eigenname findet sich diese Bezeichnung gleichwohl in der pragmatistischen Differenzierungstheorie; Renn (2014a: 10) bezeichnet multiple Differenzierung als Antwort „auf die mittlerweile als unfruchtbar durchsichtige Kontroverse um den Primat entweder ‚funktionaler‘ oder aber ‚vertikaler‘ Differenzierung (‚Ungleichheit‘).“ Die Gegenwartsgesellschaft lasse sich längst nicht mehr sinnvoll auf eine einzige Differenzierungsform festlegen. Dagegen bringt er eine Differenzierung zweiter Ordnung in Stellung, also eine Differenzierung zwischen Formen der sozialen Differenzierung, die wiederum regional unterschiedlich realisiert werde (Renn 2014a: 10). Entscheidend für diese Perspektive ist folglich, nicht nach dem Primat einer Differenzierung zu fragen, sondern im Zusammenwirken unterschiedlicher Differenzierungsformen das konstitutive Merkmal der Gegenwartsgesellschaft zu sehen.

Funktionale Differenzierung wird damit nicht in Abrede gestellt, sondern vielmehr im engeren Sinne relativiert, nämlich mit anderen Formen in Beziehung gesetzt. Als weitere Achse qualifiziert Renn (2006: 21) die praktisch-kulturelle Differenzierung. Funktionale Differenzierung wird in der Theorie der Übersetzungsverhältnisse als Explikation und Generalisierung vormals impliziter und partikularer bzw. lokal begrenzter (Anschluss-)Regeln aufgefasst. Explikation ist als Problemlösungsstrategie aufzufassen, weil sie sicherstellt, dass Anschlussselektion nicht immer wieder neu gefunden werden muss (Renn 2006: 345). Explizierte Lösungen entstehen, um situationsübergreifend ähnliche Probleme ähnlich zu lösen. „Explikation von Regelmäßigkeiten ist Kodifizierung von Regeln und Normen“ (Renn 2006: 384). Für Renn mündet Explikation in das, was bei Luhmann Ausdifferenzierung bedeutet: Die Autonomisierung von (Sonder-)Sprachspielen als generalisierte Problemlösungen (Renn 2006: 386 f.). Zu Systemen verdichten diese sich, sobald ihre Selbstbezüglichkeit auf ein spezielles Kommunikationsmedium zugreift (Renn 2006: 25).

Doch bis es so weit ist, geht mit Explikation Durchsetzungsarbeit einher. Sobald sich Herrschaftsräume ausbreiten, ergibt sich das Problem der Herrschaftsdelegation (Renn 2014a: 158 ff.). Denn die Formalisierung und Standardisierung von Regeln und Normen ist für die pragmatistische Differenzierungstheorie nur eine Seite auf dem Weg in die Moderne. Dass Regeln über konkrete Situationen hinweg durch ihre Kodifikation Geltung beanspruchen können, bedeutet nicht, dass sie konkrete Situationen determinieren. Abstrakte Regeln sind also auf konkrete Situationen abzustimmen. Hierfür bildet die Zentralmacht im Frankreich des 12. Jahrhunderts die „Baillis“ zur Aufsicht und Kontrolle der jeweiligen lokalen Zuständigen („Prévots“) aus (Renn 2014a: 160). Das von solchen Stäben sukzessive entwickelte Applikationswissen macht Renn als wesentlich auch für den Erfolg der preußischen Verwaltung des 18. und 19. Jahrhunderts (Stein-Hardenberg) aus, also für Webers (1934) Paradebeispiel okzidentaler Rationalisierung.

Am Beispiel christlichen Missionierens zeigt Renn (2006: 350), dass Auslegungskontrolle an „spezialisierte Netzwerke, Systeme oder Organisationen, etwa an ethnologische Experten, Missionsbehörden, formal organisierte Stäbe und dergleichen mehr“ delegiert werden kann. Wesentlich für den Durchsetzungserfolg seien „sekundäre Praktiken der Kontrolle und der Durchsetzung ihrer Geltung und Befolgung“ gewesen (Renn 2006: 356). Was aus den kanonischen Schriften folgen sollte, wurde nicht der Schriftlichkeit überlassen. Stattdessen rechnete man mit dem Problem eigensinniger Interpretation und institutionalisierte die Exegese (Renn 2014a). „‚Macht‘ allein erklärt noch gar nichts“, so Renn (2006: 350), die „Ungleichheit von Differenzierungsniveaus“ – eben die Einsatzmöglichkeit organisierter, spezialisierter Stäbe, die sukzessive im interkulturellen Kontakt Ankerpunkte für Revisionsanregungen finden – sei ausschlaggebend. In dieser unterschiedlich verteilten Kapazität zur Revisionsverpflichtung liegt die Ungleichheitsdimension dieser Theorie, sie spiegelt sich nicht in den Differenzierungsachsen (funktional-systemisch und kulturell-praktisch) unmittelbar wider. Gewalt kann prinzipiell zur Übernahme von Regeln zwingen, ist aber nicht dazu in der Lage, die intendierte Verwendung zu determinieren. Echte Sedimentierung, das Einschleifen expliziter Regeln in konkrete Praxen oder umgekehrt, das Absetzen gelebter Praxis in Kodifikation, kann erst durch Wiederholung erreicht werden (Schäfer 2016), die auf praktisches Bewähren angewiesen ist (Nassehi 2021a: 244 ff.).

Die formal-abstrakten Regeln der Funktionssystemebene müssen also wieder den Weg hinunter bis in konkrete (Applikations-)Situationen finden. Bis etwa eine Rechtsvorschrift im Publikumsverkehr einer Behörde oder Verwaltung wirksam wird, liegen einige „Kaskadenläufe“ (Nell 2021: 246) in der Vergangenheit. Dies hat aber gerade nicht nur temporale Konsequenzen – etwas dauert seine Zeit –, angenommen werden hier vielmehr Bedeutungsbrüche und vielfältige Übersetzungsverhältnisse. Dieser Weg hinunter firmiert hier als „Respezifikation“ (Renn 2006: 443 ff.). Die Übersetzungstheorie geht von Milieus („Applikationskulturen“) aus, die sich gerade durch ihre Art und Weise auszeichnen, wie sie Regeln verarbeiten. An dieser Stelle greift dann auch die kulturell-praktische Differenzierung. Über die abstrakt integrierten Einheiten System und Organisation hinaus sieht die Theorie der Übersetzungsverhältnisse mit Milieus und Personen über das Medium der Interaktion koordinierte Integrationseinheiten vor. Milieus sind kollektive Lebensformen und gegeneinander abgegrenzte Einheiten habitueller Routinen und Gewissheiten, also gleichsinnigen (impliziten) Hintergrundwissens (Renn 2006: 410 ff.). Kontraste zu anderen Lebensformen machen sich in direkten Begegnungen durch das Fehlen dieser Art der Gleichsinnigkeit bemerkbar. Dieselbe Gleichsinnigkeit fällt innerhalb eines Milieus dann als bis dahin unbemerkte Voraussetzung der Kommunikation auf (Renn 2006: 332). Ebendies vollzieht sich im Medium (und für diese Theorie nicht: Systemform) der Interaktion, also unter der Bedingung wechselseitig wahrgenommener Anwesenheit (Luhmann 1997: 812 ff.).

Diese Dispositionen haben ein höchst komplexes Verständnis von Gesellschaft zufolge. Eine multipel differenzierte Gesellschaft, die nicht nur unterschiedliche Integrationseinheiten (Systeme, Organisationen, Milieus und Personen) vorsieht, sondern darüber hinaus auch unterschiedliche Integrationsformen (funktional sowie praktisch-kulturell) und Übersetzungsrichtungen (Explikation/Generalisierung und Respezifikation) kann nicht steuerbarer erscheinen als die von Luhmann (1981: 22) proklamierte funktional differenzierte Gesellschaft „ohne Spitze und ohne Zentrum“: „Das schließt die Ahnung ein, dass die Rationalisierung von Praktiken, Techniken und Koordinationsmechanismen steuerungstheoretisch betrachtet nicht umstandslos, wenn überhaupt, zu verbesserter Kontrolle und optimierten Ergebnissen führt, sondern eher zur Vermehrung von Nebenfolgen, nicht intendierten, unvorhersehbaren und unkontrollierbaren Konsequenzen“ (Renn 2006: 42). Jedes Änderungsansinnen durchläuft „Übersetzungskaskaden“, sogar von einer „Anarchie der Nebenfolgen“ (Renn 2006: 407) ist die Rede, weshalb auch Renn (2021: 297) auf eine Theorie der soziokulturellen Evolution setzt.

Für das vorliegende Thema ist an diesem Theoriefall besonders relevant, dass er sich historisch konkret für die Arbeit an der Durchsetzung gesellschaftlicher Problemlösungen interessiert, für die Gegenwart allerdings Aspekte der Unsteuerbarkeit oder unintendierter Nebenfolgen fokussiert. Gegenwärtige Durchsetzungsarbeiten kommen nicht in den Blick. Zu diesem Schluss wird auch die Erörterung der Ansätze von Hirschauer und Schimank im nächsten Absatz kommen, wenngleich aus anderen Gründen.

2.2 Störung als Normalzustand der multipel differenzierten Gesellschaft

Hirschauers Theorie der Humandifferenzierung ist unzweifelhaft eine Theorie multipler Differenzierung (Hirschauer 2021). Als miteinander verschränkt werden hier gesellschaftliche Differenzierung (entspricht der Vorstellung von Teilsystemen, etwa: Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst), die Differenzierung sozialer Gebilde bzw. Gesellungsformen (Netzwerk, Organisation, Gruppe, Milieu, imaginierte Gemeinschaft etc.) und die Humandifferenzierung als spezifische Form kultureller Differenzierung, die beim „Menschenmaterial“ (Simmel 1908) ansetzt (Ethnizität, Nationalität, Leistungsklasse, Geschlecht, Alter etc.), konzipiert. Geprüft werden auch differenzierte Sinnschichten des Kulturellen (Zeichensysteme, kognitive Schemata, Praktiken, soziale Strukturen, Infrastrukturen etc.).

Humandifferenzierung bezeichne einen Prozess der Abstandsvergrößerung, aber „nicht einen evolutiven, eigenlogisch ablaufenden Selbstteilungsprozess der Gesellschaftsgeschichte“ (Hirschauer 2021: 157). Sein praxeologischer Differenzierungsprozess fokussiert stattdessen „ein laufendes Auseinanderfinden, -halten, -ziehen und -treiben, das praktisch aufrechterhalten wird“ und das „weniger dem biologischen Modell der Zellteilung als dem agrarischen der Züchtung“ folge (Hirschauer 2021: 157). Warum sich zu spezifischen Zeiten bzw. in unterschiedlichen Regionen bestimmte Humandifferenzierungen aufbauen und verhärten (z. B. Kasten in Indien, Race in den USA), müsse die Soziologie systematisch anhand der Kombinatorik mit anderen Humandifferenzierungen sowie der Verschränkung mit Formen sozialer und gesellschaftlicher Differenzierung rekonstruieren (Hirschauer 2017: 36 f.; 2021: 171). Hierin zeigt sich, dass Ordnung für diesen Ansatz das Erklärungsbedürftige ist. Die Arbeit an der Durchsetzung von Abweichungen ist der Normalfall. Es kann dann temporär zu Eskalationen und Verhärtungen kommen. Die Aufmerksamkeit bleibt auf die ständigen Auseinandersetzungen um Differenzierung gerichtet; Differenzierung kommt empirisch als praktisch immer wieder aufs Neue herzustellend in den Blick.

Diese Wendung erinnert in spezifischer Weise an Schimanks (2009: 200 ff.) Vorstellung, funktionale Differenzierung reproduziere sich durch „verdinglichte Akteurfiktionen“: Weil Akteure in ihrem Handeln unentwegt davon ausgehen, dass es Funktionssysteme gibt, reproduzieren sie diese und deren Logiken. Auch hier ist gesellschaftliche Differenzierung etwas Gemachtes. Handlung – und nicht Praxis – ist dabei Schimanks Grundbegriff, genauer gesagt ist die „menschliche Handlungsfähigkeit“ Ausgangspunkt seiner „integrativen Theorie der Gesellschaft“ (Schimank 2015: 240). Dieser Integrationsversuch zielt nicht in erster Linie auf unterschiedliche Differenzierungstypen ab, sondern vielmehr auf einen Zusammenbau von differenzierungs-, ungleichheits- und kulturtheoretischen Perspektiven. Kapitalismustheorie wird zudem noch als differenzierungstheoretische Sub-Perspektive eingeführt. Diese Triperspektivität impliziert gleichwohl eine Theorie multipler Differenzierung. Sie sieht Akteure und Systeme vor, betont die Bedeutung funktionaler Differenzierung, hebt darin aber den Kapitalismus und eine arbeitsmarktvermittelte Ungleichheit als Grundmuster gesellschaftlicher Ordnungen hervor.

Mit Blick auf die moderne Gesellschaft geht Schimank (2015: 247) aber davon aus, „dass funktionale Differenzierung die erste Tatsache ist, die ein in der modernen Gesellschaft Lebender wissen und in Rechnung stellen muss, um sein Leben führen zu können, ohne als fundamentaler Ignorant überall anzuecken.“ Vielfältige Kämpfe prägten, auch hierin Hirschauer ähnlich, das Differenzierungsgeschehen: „Dass dies nicht darauf hinausläuft, dass die Ordnung funktionaler Differenzierung zerbricht, ist somit erklärungsbedürftig – und nicht das Gegenteil: dass Ordnungsstörungen vorkommen. […] Diese Perspektive wundert sich nicht über Störungen, sondern über das Fortbestehen von Ordnung trotz allgegenwärtiger Störungen“ (Schimank 2015: 251). Die Anregungsseite sozialen Wandels bleibt hier unbeleuchtet, weil es sich zum einen um den Normalfall handelt und andererseits, weil aus diesem Modus der Dauerstörung die „sehr begrenzte Planbarkeit und Gestaltbarkeit“ der gesellschaftlichen Ordnung folge (Schimank 2015: 261).

Für diesen zweiten Typus erscheint die Arbeit an der Durchsetzung von gesellschaftlichen Problemlösungen nicht als Gegenstand. Der Fokus liegt bei Schimank auf dem Fortbestehen von Ordnung, bei Hirschauer steht die praktische Arbeit an der Abstandsvergrößerung im Vordergrund. Beide sind sich einig darin, dass unter diesen Bedingungen Ordnungserhalt das Rätselhafte abgibt. Die im nächsten Abschnitt thematisierten Ansätze kennen dagegen konkrete Modi der Differenzierungsarbeit.

2.3 Kritik und Kooperation als (ungleiche) Modi der Differenzierungsarbeit

Lindemann liefert gleich mehrere Ankerpunkte für multiple Differenzierung. So bieten ihre unterschiedlichen Typen[2] von Weltzugängen (Lindemann 2014: 291 ff.) eine Ergänzung bzw. Ersetzung der systemtheoretischen Unterscheidung von segmentärer, stratifikatorischer oder funktionaler Differenzierung (Luhmann 1997) an: „Die von mir vorgeschlagene Differenzierung orientiert sich daran, wie in der Sozialdimension die Grenzen des Sozialen gezogen werden und wie dies strukturell gestützt wird durch die Strukturbildung in den anderen Dimensionen der Ordnungsbildung“ (Lindemann 2014: 295). In ihrem jüngsten Beitrag zur Differenzierungstheorie beschäftigt sich Lindemann (2018) mit den Bedingungen der Herausbildung horizontaler Differenzierung. Webers Wertsphären, aber auch Parsons‘ oder Luhmanns Systeme kämen ohne Verweise auf die Revolutionen und bisweilen kriegerischen Auseinandersetzungen aus, die aber die folgende horizontale Differenzierung erst ermöglicht hätten (Lindemann 2018: 30). Auch die fortsetzende Differenzierung, das Frauenwahlrecht oder auch das (formale) Ende der Sondergewalt von Vätern bzw. Ehemännern Frauen gegenüber, seien, so Lindemann (2018: 30 f.) keineswegs selbstläufige Prozesse gewesen, sondern Ergebnisse auch militanter Wahlrechts- und Frauenbewegungen. Für das vorliegende Thema ist dabei von besonderer Bedeutung, dass mit der Kritik sozialer Bewegungen ein Antrieb in die Entwicklung differenzierter Gesellschaften hineinkommt. Die gegenwärtige horizontale Differenzierung wird damit als das Ergebnis von Kämpfen gegen vollständige Vereinnahmungen beobachtbar. Diese Ordnung sei aber stets prekär und eine die eigenen Strukturen gefährdende Form der Vergesellschaftung, die der Selbstkritik bedürfe (Lindemann 2018: 32). Sofern Vereinnahmungstendenzen Überhand zu gewinnen scheinen, drohe der Umbruch. Insofern ist die Kritik sozialer Bewegungen einerseits differenzierend und andererseits Differenzierung aufrechterhaltend. Inwiefern „technologische Entwicklungen“ (Lindemann 2018: 410 ff.) diese Reproduktion beeinträchtigten, werde sich zeigen und dürfte Gegenstand der Fortsetzung von Lindemanns Theorie der modernen Gesellschaft sein.

Dass bis hierin ausschließlich deutschsprachige Ansätze zu Wort gekommen sind, mag angesichts des Stellenwertes der Differenzierungstheorie andernorts wenig überraschend erscheinen und ist zudem durch den hier gewählten Ausgangspunkt, den systemtheoretischen Steuerungspessimismus unter Bedingungen funktionaler Differenzierung, angelegt. International darf Pierre Bourdieu als bedeutendster Vertreter einer Theorie multipler Differenzierung gelten, wenngleich er dies nie so etikettiert hat. Weil dessen Theorie sowohl ungleiche Klassen als auch sachlich differenzierte Felder kennt, lässt sie sich als „kompletteste“ Soziologie lesen (Kieserling 2008: 4). Bourdieus Arbeiten über unterschiedliche Differenzierungsachsen liegen nicht in synthetisierter Form oder gar im Sinne eines Absehens von einer Primatentscheidung zugunsten des wechselseitigen Bezugs der Achsen vor (Hillebrandt 2006; Bongaerts 2011; Renn 2014b: 316). Doch zur Frage, wie sich neue problemlösende Regeln in einer sozial ungleichen sowie sachlich differenzierten Gesellschaft etablieren, wird man in Bourdieus Werk fündig, auch wenn er vielfach als „Theoretiker der Stabilität“ rezipiert wird (Jäger & Weinzierl 2007; Schäfer 2013; Kropf 2018).

Lisa Suckert (2017: 425) hat die in Bourdieus Werk „enthaltene bruchstückhafte Darstellung“ zum Thema Wandel systematisiert und benennt drei unterschiedliche Typen: 1) Oberflächlicher Wandel („ständige Teilrevolutionen“), der aber grundlegende Spielregeln unverändert lässt (Bourdieu 1993: 110); 2) Krisen des Feldes, die zu fundamentalem Wandel führen können, sofern es gelingt, externe Einflüsse in interne Machtkämpfe zu übersetzen (Bourdieu 1999: 400 f.); 3) Genese neuer Felder, die durch die Abspaltung von bestehenden Feldern entstehen, wofür die „Regeln der Kunst“ als Paradebeispiel gelten (Bourdieu 1999: 100 f.). Insbesondere an diesen dritten Typus haben Neil Fligstein und Doug McAdam (2012: 60) mit ihren Strategic Action Fields (SAF) angesetzt: Ein SAF „ist eine soziale Ordnung auf der Meso-Ebene, innerhalb derer einander bekannte Akteure (individuelle oder kollektive) interagieren, mit geteilten Ansichten über den Zweck und die Regeln des Feldes sowie die dort vorhandenen Beziehungsverhältnisse (auch in der Frage, wer Macht hat und warum).“ Auch wenn sie manches hierfür der Bewegungsforschung entlehnen, weist die Theorie doch einen universalen Erkenntnisanspruch auf (Schützeichel & Wächter 2017: 33).

Insbesondere dazu, wie Wandel angeregt werden kann und neue Felder entstehen, zeigt sich, inwiefern die Theorie der SAFs über Bourdieu hinausgeht.[3] Interaktion, Kooperation und Kommunikation stehen im Fokus. Die Strategiefähigkeit von Akteur/innen wird stärker beleuchtet als strukturelle Zwänge, Gemeinsamkeiten werden gesucht und nicht vor allem Mechanismen der Distinktion und Abgrenzung. Anders als Bourdieu, aber auch im Unterschied zu den bisher besprochenen Ansätzen multipler Differenzierung, kommen mit den SAFs eher gegenwärtige als vergangene Situationen in den Blick (Suckert 2017: 416; Windeler 2021: 452 f.). In solchen sei die Sozialkompetenz (social skill) der Akteur/innen von zentraler Bedeutung; diese gebe „Auskunft darüber, in welchem Maße individuelle oder kollektive Akteur/innen über die Fähigkeit verfügen, Menschen und Bedingungen zu ‚lesen‘ und zu verstehen, einen Handlungsrahmen festzulegen und andere Menschen dazu zu bringen, innerhalb dieses Rahmens aktiv zu werden“ (Fligstein & McAdam 2012: 66). Die starke Annahme in diesem Zusammenhang lautet, dass „Menschen kollektives Handeln erzeugen wollen, indem sie andere einbinden“ (Fligstein & McAdam 2012: 67). Mit diesem Ansatz kommen also gegenwärtige Projekte des Anregens sozialen Wandels in den Blick, die nicht auf (gewaltförmige) Kritik, sondern auf Kooperation und Einbindung setzen. Bewegungen spielen in beiden in diesem Abschnitt erörterten Ansätzen eine prominente Rolle, die Theorie der SAFs versteht sich aber als eine vom empirischen Einsatzbereich unabhängige Theorie des Wandels (Kluttz & Fligstein 2016: 186; Suckert 2017: 419). Sie sieht sich gleichwohl explizit als eine Theorie mittlerer Reichweite auf der Meso-Ebene (Fligstein & McAdam 2012: 92). Es geht ihr „eher um lokale und situationsspezifische Regeln“ (Schützeichel & Wächter 2017: 33), nicht um die Durchsetzung von Lösungen großer gesellschaftlicher Probleme.

Für das Thema der Durchsetzungsarbeit unter Bedingungen multipler Differenzierung hat diese Synopse einige Antworten zusammentragen können: Unter diesem Dach versammeln sich Ansätze, die historische Wandelarbeit thematisieren, die Gegenwart aber entweder als zu komplex hierfür beschreiben und daher an Theorien soziokultureller Evolution übergeben (Renn) oder mit (gewaltsamer) Kritik einen spezifischen Motor angeben (Lindemann). Es gibt überdies Konzepte, die gegenwärtige Differenzierungsarbeit thematisieren, diese aber entweder als zu ubiquitär für eine Fokussierung bestimmen (Hirschauer, Schimank) oder als innovationszentriert auf die Meso-Ebene beschränken (Fligstein & McAdam). Der folgende Abschnitt führt in die evolutionär-institutionalistische Differenzierungstheorie Abrutyns ein. Es wird sich zeigen, dass damit nicht nur ein seltener Fall einer englischsprachigen Differenzierungstheorie vorliegt, sondern vielmehr ein Angebot, das viele der bislang erfassten Erkenntnisse bündelt und systematisiert. Das Desiderat, das Abrutyn selbst formuliert, markiert dann den Ausgangspunkt für den anschließenden Teil: Die Arbeit an der Durchsetzung neuer institutioneller Lösungen unter Bedingungen multipler Differenzierung.

3 Die evolutionär-institutionalistische Differenzierungstheorie Seth Abrutyns

Differenzierungstheoretische Entwicklungen sind kaum Gegenstand anglo-amerikanischer Debatten. Hier haben es Großtheorien seit geraumer Zeit schwer. Dass dies einmal anders war, ist geradezu der Ausgangspunkt für Abrutyn (2009: 449), der diesbezüglich auf eine weit zurückreichende Traditionslinie verweist: Herbert Spencer (1897), Shmuel N. Eisenstadt (1964), Peter M. Blau (1977), Jonathan H. Turner (1980), Jeffrey C. Alexander und Paul Colomy (1990) und natürlich Talcott Parsons (1966).

Die evolutionär-institutionalistische Differenzierungstheorie Abrutyns bzw. dessen „General Theory of Differentiation“ ist als Theorie multipler Differenzierung im Sinne des vorliegenden Beitrags gebaut. Sie verschränkt, dies zeigt der nächste Abschnitt genauer, soziale Differenzierung (der Humandifferenzierung ähnlich), symbolische Differenzierung (durch soziale Differenzierung angestoßene gleichzeitige Generalisierung und Partikularisierung von Kultur) und strukturelle Differenzierung (Ausdifferenzierung institutioneller Sphären). Damit wird dieser Ansatz auch in die deutschsprachige Debatte eingeführt.

3.1 General Theory of Differentiation

Abrutyn beginnt seine Theorie mit dem „Basic Feedback Loop“: „the greater and faster the growth in population size and density, the greater is the level of social differentiation“ (Abrutyn 2021: 157). Soziale Differenzierung markiert den Beginn seiner sequenziell entfalteten Typologie multipler Differenzierung. Das Grundprinzip sozialer Differenzierung lautet: „the greater the degree to which populations grew, the greater the degree to which individuals and classes of individuals grew distinct along one or more attributes“ (Abrutyn 2021: 153). Je größer Populationen werden, desto mehr fallen Unterschiede innerhalb dieser auf. Alle menschlichen Gesellschaften unterscheiden entlang von Alter und Geschlecht (Abrutyn 2021: 147). Dieser soziale Differenzierungstyp ähnelt Hirschauers (2017) Bestimmung von „Humandifferenzierung“ (siehe 1.2). Das ist insofern kein Zufall, als sich beide explizit auf Georg Simmel (1908) beziehen.

Stiegen nun Bevölkerungszahl und -dichte, so Abrutyn (2021: 158 f.), würden Ressourcen knapp. Um den Wettbewerb um diese Ressourcen zu entschärfen, entstünden organisatorische und technologische Innovationen, nicht zuletzt neue Rollen (z. B. Schamanen oder Handwerker) (Abrutyn 2021: 159). Abrutyn (2021: 158) betont, dass die entstehenden Status- und Einflussunterschiede sich auf Differenzierung gründeten. „Hunter-gatherers“ erlebten in hohem Maße die gleiche soziale Realität, aber ihre unterschiedlichen praktischen Erfahrungen beim Jagen, Sammeln und bei der Reproduktionsarbeit errichteten, mit Karl Mannheim (1929) gesprochen, die ersten unterschiedlichen „Denkstandorte“. Damit sei der Grundstein für symbolische Differenzierung gelegt worden. Einerseits wählten kleinere Einheiten aus dem breiteren kulturellen Spektrum und bildeten gruppenspezifische Bedeutungen aus. Andererseits mussten die Symbole auch allgemeiner und abstrakter differenzieren, sollen die Gruppen in Austausch-, Interaktions- und Kommunikationsbeziehungen bleiben. Symbolische Differenzierung als eigener Differenzierungstypus kennt dann zwei Richtungen bzw. Dynamiken: Generalisierung und Partikularisierung (Abrutyn 2021: 156).

Die Bedeutung kultureller Generalisierung bzw. Abstraktion sieht Abrutyn (2021: 161) explizit in Émile Durkheims „Arbeitsteilung“ (1992[1892]) und implizit in den „Elementaren Formen“ (2020[1912]) angelegt. Durkheim habe erkannt, dass Kultur verallgemeinert werden müsse, solle sie eine große und vielfältige Population zusammenhalten. Aus sehr spezifischen Bräuchen würden allgemeine Gesetze; Werte, die untrennbar mit der unmittelbaren Erfahrung einer Gruppe verbunden seien, würden zu abstrakten Regeln, die die unterschiedlichen Erfahrungen der Einzelnen abdecken sollten. Auch aufgrund von affektiven und kognitiven Belastungen wird es Einzelnen zunehmend unmöglich, „das große Ganze“, so klein dies nach heutigen Maßstäben auch sein mag, zu überblicken. Austausch, Interaktion und Kommunikation würden unpersönlicher, buchstäblich distanzierter.

Diese unpersönlichen Interaktionen wiederum ermöglichten kognitive Abkürzungen und trügen gleichzeitig dazu bei, ein strukturelles Gerüst zu schaffen, auf dem die Interaktionen und der Austausch routinisiert werden könnten. In dem Maße, wie die soziale Differenzierung zunähme, würden Klassen von Individuen zunehmend typisiert, anstatt als „ganze“ Personen behandelt zu werden. Wenn dieser Typisierungsprozess eine ungleiche Verteilung wertvoller Ressourcen mit sich bringe – was in der Regel der Fall sei –, würden diese Typisierungen durch Statusüberzeugungen über den relativen Wert und die Kompetenz von Individuen, die den Typisierungen entsprechen, durchdrungen (Abrutyn 2021: 162).

Hieraus ergibt sich für die evolutionär-institutionalistische Perspektive, dass der dritte Differenzierungstypus – strukturelle Differenzierung – erst einsetzen kann, wenn die soziale und die symbolische Differenzierung bereits ein gewisses Stadium erreicht haben. Es brauche Zeit, bis sich soziale Differenzen von kulturell bzw. symbolisch erkennbaren Unterschieden zu strukturellen Gerüsten kristallisierten (Abrutyn 2021: 162). Für diese Entwicklung sei die Bearbeitung dreier Probleme entscheidend: (1) Die Abnahme der moralischen Verbindlichkeit („decline in moral specificity“); (2) Probleme im Zusammenhang mit Kontrolle und Koordination; (3) zunehmende Konflikte, die eine Schlichtung durch Dritte erforderten. Jedes dieser Probleme stelle sich durch den bisherigen Entwicklungsverlauf, biete aber strukturelle Möglichkeiten für (kollektive) Akteure. Dieses Hinzufügen von „elements of agency and power“ (Abrutyn 2021: 165) ist für Abrutyn von besonderer Bedeutung, stellt aus seiner Perspektive gerade die Lücke bisheriger Differenzierungstheorien dar. Auch deshalb wird hierauf in Abschnitt 2.2 zurückzukommen sein.

Der Evolutionsverlauf bringt sozial differenzierte Gruppen und symbolisch differenzierte Einheiten hervor, was Austausch im Allgemeinen und Vertrauen im Besonderen erschwert. Vor allem aber, so Abrutyn (2021: 164), verhindere diese Differenzierung Kollektivhandlungen, die das soziale Ganze verbessern könnten. Dies biete wiederum die Chance auf symbolische und normative Innovationen, die die moralische Spezifizität reduzieren und etwa ideologischer Macht zum Durchbruch verhelfen könnten, wie etwa einende Narrative, die aus Einzelsegmenten die Griechen machten (Meier 1983). Die zweite Problemgruppe – Kontrolle und Koordination („problems related to regulation more generally“) – biete vielleicht die meisten Gelegenheiten für organisatorische, technologische, symbolische und normative Neuerungen, die die ideologische Macht sowie die Zwangs- und politische Macht festigten (Abrutyn 2021: 164). Drittens schließlich ermögliche erhöhtes Konfliktpotenzial organisationale und normative Lösungsfindung, die die politische Macht und die Zwangsgewalt sowie späterhin die ideologische Macht sicherten (Abrutyn 2021: 164).

Die Aspekte der Regulierung (Kontrolle und Koordination) und der Konfliktresolution hängen eng zusammen. Gewalt allein könne nicht lange, so Abrutyn & Lawrence (2010: 427), die einzige Lösung bleiben. Gewalt sei nicht nur höchst umstritten, sondern in zunehmend stratifizierten Gesellschaften ordneten sich die Menschen nicht einfach denjenigen unter, die ihnen so etwas wie benötigte Dienste anbieten. Zwar gelte einerseits: „one of the often-ignored or taken-for-granted forces driving structural and cultural change is male aggression“ (Abrutyn & Turner 2022: 146). Andererseits machen Abrutyn & Turner (2022: 155) darauf aufmerksam, dass schon für die ersten Anführer von Banden und Sippenverbänden („first leaders of bands and kin units“) gilt, dass die Betonung auf Überzeugung und nicht auf der brutalen Anwendung von Zwangsgewalt lag. Die für eine wirksame Überwachung und Sanktionierung erforderlichen Technologien habe es nicht gegeben, was es gab, sei kostspielig gewesen. Abseits der wachsenden politischen Zentren sei der Widerstand wahrscheinlich endemisch gewesen (Abrutyn & Lawrence 2010: 427).

Das verweist auf das grundsätzliche Problem, dass lokal wirksame und wirksam kontrollierbare Regeln schon außerhalb des Zentrums ihre Selbstverständlichkeit und Orientierungsleistung einbüßen, ein Problem, das sich zudem mit jeder Ausbreitung von Herrschaftsräumen stellt (Renn 2014a: 158 ff.; Rapior 2022). Unter Berufung auf Norman Yoffee (2000) verfolgt Abrutyn (2021: 164) diese Entwicklung bis zum 3. bzw. 4. vorchristlichen Jahrtausend zurück. Hier seien aus Königen oberste Richter („chief justices“) geworden, um ihre Machtansprüche zu festigen. Ihre Gerichte gewährten den lokalen und aristokratischen Eliten Zugang, um Beschwerden vorzutragen und Konflikte zu lösen, während die Könige jedes Jahr in die umliegenden Dörfer reisten und Berufungsurteile fällten. Delegation an politisch legitimierte Lokalexpertise wurde in Bezug auf Regeldurchsetzung und -kontrolle also zu einem funktionalen Äquivalent gewaltsamer Herrschaft, das letztere keinesfalls vollständig verdrängte.

Mit Blick auf Differenzierungsprozesse kehrt Abrutyn aber an dieser Stelle hervor, dass sich hierin das zeigt, was Weber (1922) als Formalisierung informeller Normen und Luhmann (1993) als Positivierung des Rechts bezeichnete: „If the law is, indeed, the routinization and formalization of informal norms (…), conflict resolution offered individuals and collectives opportunities to sediment their rules, both in the act of adjudicating cases and in legislating norms“ (Abrutyn 2021: 164; Herv. i. O.). Diese Regelsedimentierung, die mit zunehmender Formalisierung und Explikation (Renn) wieder zu Distanzproblemen führt, geht für Abrutyn (2021: 163) zurück auf „human architects who purposefully sketch out the foundations and frames of the metaphoric building upon which roles and organizations become interlocked in new patterns of interaction, exchange, and communication“. Hierin unterscheide sich strukturelle Differenzierung wesentlich von sozialer und symbolischer. Abrutyn (2021: 163) betont, dass die Bemühungen dieser „Architekten“ manchmal umsonst seien, in aller Regel unbeabsichtigte Folgen hätten und oft neue Probleme eröffneten. Sie sind von Bedingungen abhängig, die sie weder vollends in der Hand halten noch diesen gänzlich passiv ausgeliefert seien (Abrutyn et al. 2016: 16). Weil dieser Aspekt für das Thema des vorliegenden Artikels, das Herbeiführen von Wandel in einer multipel differenzierten Gesellschaft, von großer Bedeutung ist, wird er unten (2.2) vertieft.

Wenn die strukturelle Differenzierung sich ausweitet, führt sie zu einer Differenzierung auf der Makroebene, deren Einheiten Abrutyn (2016; 2021: 164 f.) „institutional spheres“ nennt. Diese weisen sowohl Elemente von Webers Wertsphären als auch Luhmanns Funktionssystemen auf.[4] Die Differenzierung erfolgt entlang von vier Achsen: physisch, zeitlich, sozial und symbolisch. Physisch meint hier das Aufteilen des geografischen Raums und seiner Nutzung für Aktivitäten im Zusammenhang mit einer institutionellen Sphäre sowie die Stratifizierung des Zugangs zu diesen Räumen (z. B. Gebäude, Denkmäler oder Statuen). Die zeitliche Differenzierung bezieht sich auf die Festlegung bestimmter Zeiten für Aktivitäten sowie auf die Hierarchisierung der Art und Weise, wie Zeit Handlungen, Ziele und Entscheidungen beeinflusse. Ein Raum, etwa eine Arena, könne durchaus für zwei oder mehr Institutionen dienen, allerdings nur zu bestimmten Zeiten. Soziale Differenzierung beinhalte, wie skizziert, die Schaffung neuer Rollen und Statusunterscheidungen in Verbindung mit der Entstehung neuer Gruppen, Kategorien und Organisationseinheiten. Schließlich bezieht sich die symbolische Differenzierung auf die oben beschriebene gleichzeitige Generalisierung und Partikularisierung der Kultur (Abrutyn 2016: 209).

Die Durchsetzung einer institutionellen Sphäre auf der Makroebene koppelt Abrutyn (2016: 210) an Luhmanns Begriff der Autonomie, allerdings ohne dessen Vorstellung von Geschlossenheit. Demzufolge solle Autonomie derjenige Prozess heißen, „by which institutional spheres become discrete cultural spaces in so far as the physical, temporal, social, and symbolic elements come to orient most people’s emotions, attitudes, and actions towards the institutional sphere’s cultural system and source of authority“ (Abrutyn 2016: 210). Mit Blick auf die Vorsicht insbesondere englischsprachiger Theorien gegenüber der Makroebene („aspects of the social world that are invisible, macro, and perhaps invented by sociologists“) seit Parsons in Verruf geriet (Abrutyn 2016: 207), formuliert Abrutyn (2016: 210; Herv. i. O., dass die Soziologie im Allgemeinen und die Differenzierungstheorie im Besonderen schon deshalb Makroeinheiten brauche, „because institutional spheres come to penetrate the everyday lived experience of significant portions of the population such that they come to cognitively understand religion as separate – in the abstract and ideal – from polity or economy (…); a unique logic.“ Institutionelle Sphären böten strukturelle und kulturelle Kontexte, in denen Akteur/innen ihren Handlungen und Einstellungen sowie denen anderer Bedeutung verleihen könnten (Abrutyn 2009: 451 f.). Dies weist nicht nur eine gewisse Ähnlichkeit mit Schimanks (2015: 247) Annahme auf, funktionale Differenzierung sei die erste Tatsache, die gegenwärtig Lebende wissen und einkalkulieren müssten. Diese Stelle hat überdies Implikationen für die Frage der Einflussnahme in einer multipel differenzierten Gesellschaft. Hierauf kommt der nächste Abschnitt zurück.

Mit dieser Verzahnung von Mikro- und Makroebene ist eine Verbindung der Differenzierungstypen bereits angelegt. Institutionelle Sphären, wie Politik, Religion oder Wirtschaft, konstituierten sich aus weiteren sozialen Einheiten auf der Mesoebene, wie Gruppen oder Organisationen, aus Einheiten auf der Mikroebene („encounters and identities“) und würden von globalen und situativen Schichtungssystemen durchschnitten („cross-cut by global and situational stratification systems“) (Abrutyn 2016: 225). Institutionelle Sphären mögen Einzelnen abstrakt und unbewusst sein, doch schon ihre Autonomisierung und das beschriebene Zerschneiden („carve up“) physischer, zeitlicher, sozialer und symbolischer Realität zwinge der Person eine institutionelle Realität auf, die ihr fremd sei (Abrutyn 2016: 226). Ein weiteres Zusammenspiel der Differenzierungstypen erinnert stark an Bourdieus (2001; Witte 2014) Vorstellung von Kapitalkonvertierung: „The accumulation of wealth may make one more prominent in their congregation or enhance their child’s position in school. These dynamics are not restricted to the economy, as being a well-known doctor or athlete or judge carries influence beyond the medical, sport, or legal realms; especially in smaller communities“ (Abrutyn 2021: 165).

Ungleichheit spielt sich in unterschiedlichen horizontal differenzierten Sphären aus, was immer auch symbolisch abgesichert ist, weil sich Eingeweihte erkennen müssen. Diese Interrelation von Differenzierungstypen kann als der Basiskonflikt zwischen Theorien multipler Differenzierung und Theorien mit Primatentscheidungen gelten. Hirschauers (2017) Vorschlag einer Verschränkung von Formen sozialer, gesellschaftlicher und Humandifferenzierung hält Nassehi (2017: 76) als Verfechter des Primats funktionaler Differenzierung entgegen, dass Konflikte, die sich an Merkmalen mit Humandifferenzierungspotential orientieren, auf der Ebene der Gesellschaftsstruktur kaum zu Informationswerten führten (originell kommentiert: Youssef 2022). Einig sind sich Nassehi und Hirschauer darin, sich der Arbeit an und mit Differenzen empirisch zuzuwenden. Nassehi et al. (2019) sind interessiert an Formen des Umgangs mit Übersetzungskonflikten, die sich aus Perspektivdifferenzen ergeben. Hierzu spielen Verfahren, etwa im Ethikrat (Barth et al. 2017; Nassehi 2021b) oder in Form von Mediation (Barth & Mayr 2017), eine herausragende Rolle. Mit Blick auf die großen Krisen der Gegenwart fragt Nassehi (2021a: 319) sogar, ob Evolution genüge. Weil eine vielfältig differenzierte Gesellschaft die „große Transformation“ mit geringen Chancen ausstatte, liege – im Wissen darum, dass man es mit einer „contradictio in adiecto“ zu tun habe – dennoch die Frage auf der Hand, ob man „der Evolution auf die Sprünge helfen“ könne. Diese Formulierung geht aus systemtheoretischer Perspektive sehr weit in Richtung Gestaltung. Konkret ist hier an eine „Rekombination von Sprechern, von Logiken, von Möglichkeiten und Anschlüssen“ gedacht, die „am ehesten in der Lage [ist], für Variation, Selektion und Restabilisierung zu sorgen“ (Nassehi 2021a: 327). Hirschauers Metapher des Züchtens aufgreifend, werden hiermit Formate ins Spiel gebracht, deren Offenheit für unterschiedliche Anschlussmöglichkeiten Variationen in Form von Ideen in die Welt bringt, aus denen dann Lösungen werden können, die sich bewähren. Es geht also um die Produktion von Variationen, die es ohne offene Formate dieses Typs nicht geben würde.

Ziel dieses Abschnitts war es, in die evolutionär-institutionalistische Perspektive Abrutyns als eine Theorie multipler Differenzierung einzuführen. Diese Theorie geht evolutionstheoretisch gesprochen diesen einen Schritt weiter: Sie thematisiert nicht nur das Ingangsetzen von Prozessen soziokultureller Evolution, sondern auch die Arbeit an Selektion und Restabilisierung. Aus Abrutyns Sicht besteht das wichtigste Versäumnis bisheriger Differenzierungstheorien darin, der Gestaltung struktureller Differenzierung zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt zu haben (Abrutyn 2021: 165). Der folgende Abschnitt beleuchtet zunächst Abrutyns ausführlichere Antwort hierauf. Bis hierhin ist deutlich geworden, dass die evolutionär-institutionalistische Differenzierungstheorie in erster Linie ein Angebot zur Erklärung von Ausdifferenzierungsprozessen bietet. Die erneut historischen Überlegungen zum Gestaltungsaspekt aber werden auch die Möglichkeit bieten, nach Einflussoptionen unter Bedingungen einer multipel differenzierten Gesellschaft zu fragen, also unter den Bedingungen, die durch die zuvor beschriebenen Differenzierungsprozesse entstanden sind.

3.2 Die Arbeit an sozialem Wandel aus evolutionär-institutionalistischer Perspektive

Zwar geht Abrutyn (2016: 214) von „ubiquitous human concerns“[5] aus, nicht aber davon, dass sich deswegen zwingend so etwas wie institutionelle Sphären ausbilden müssten. Unzureichend erforscht sei die Frage, wie Prozesse auf der Makroebene in die gelebte Erfahrung der Menschen „übersetzt“ würden und diese zu Innovationen unterschiedlicher Art motivierten (Abrutyn 2016: 215). Wie bereits im vorherigen Abschnitt skizziert, geht Abrutyn diesbezüglich und im Gegensatz zu weiten Teilen der Literatur davon aus, dass es hierzu „human architects“ bedürfe.

Als in dieser Rolle befindlich diskutieren Abrutyn & Van Ness (2015) „institutional entrepreneurs“. Dieser Begriff geht auf Eisenstadts (1971) Auseinandersetzung mit Webers (1968) Trägergruppen zurück. Diese seien „'switchmen' of history, capable of reorienting people to a new worldview“ (Abrutyn et al. 2016: 8). Schon aus dieser ersten Bestimmung geht hervor, dass das Weichenstellende aufs Engste mit der Veränderung von Weltbildern verknüpft ist. Abrutyn & Van Ness (2015: 60) definieren institutional entrepreneurs als „bounded corporate units who (1) perceive real or imagined crises, (2) pursue institutional projects that include (a) symbolic, organizational, and technological innovation meant to resolve the crisis, (b) efforts to articulate and frame their solutions vis-à-vis existing solutions, (c) the pursuit of monopolies over innovations and goods/services that make them unique and, possibly, indispensable, and (d) leveraging power-dependent and power-sharing relationships with various strata, which (3) results in some degree of structural and symbolic independence and, thereby, varying abilities and motivation to reconfigure the physical, temporal, social, and symbolic macro-level of social reality.“

Mit der Bezeichnung „bounded corporate units“ ist differenzierungstheoretisch die Frage nach der Bedeutung von Organisationen aufgeworfen. Die Historizität des evolutionären Institutionalismus lässt hierüber vermeintlich schnell hinweggehen. Jedoch hat schon Rena Schwarting (2017) aus systemtheoretischer Perspektive am Beispiel des „Reichskammergerichts“ (1495-1806) diskutiert, inwiefern Organisationen die Ausdifferenzierung von Funktionssystemen – hier: des Rechts – vorangetrieben und erst ermöglicht hätten.[6] In Ermangelung eines eindeutig bestimmten Konzepts von Organisation lässt sich dies nicht bruchlos an den evolutionären Institutionalismus herantragen. Gleichwohl wird der nächste Abschnitt gegenwärtiger Entrepreneure in Form von Organisationen thematisieren. Organisationen werden damit als diejenigen gesellschaftlichen Einheiten bestimmt, in denen Änderungsprojekte auf eine vielfältig differenzierte Umwelt eingestellt werden (Mölders 2022).

Soziokulturelle Evolution operiere nicht „blind“, Evolution und Gestaltbarkeit müssen einander nicht ausschließen (Abrutyn & Turner 2022: 100). Entscheidend sei hierfür, dass institutional entrepreneurs ihre Lösungen als überlegen darstellten und andere Schichten („strata“) glaubten, dass diese Lösungen funktionierten. Nichtsdestotrotz gebe es vier Schlüsselkräfte, die dieses Unternehmertum vorantrieben: Notlagen („exigencies“), Selektionsdruck („selection pressures“), die Wirksamkeit bestehender Lösungen („efficacy of extant solutions“) und die Wahrscheinlichkeit, dass Personen oder Gruppen eine Krise als dringlich („identify and label a crisis as pressing“) erkannten und bezeichneten (Abrutyn & Van Ness 2015: 60).

So etwas wie einen gestalterischen Einstieg biete die Wirksamkeit bestehender Lösungen. Bisherige Bemühungen dienten als Blaupausen für die Lösung neuer Probleme. Wissenschaftlichen entrepreneurs sei es vor allem durch technische Erfolge gelungen, die Ansprüche auf Wahrheit und angewandtes Wissen („truth and applied knowledge“) gegenüber ihren religiösen Counterparts zu monopolisieren (Abrutyn & Van Ness 2015: 62; Abrutyn 2013). Die Überlegenheit der eigenen Erklärungslösungen sei damit vorführbar geworden. Diese Pionierarbeit ebne den Weg zur Ausdifferenzierung einer spezifisch wissenschaftlichen institutional sphere auf der gesellschaftlichen Makroebene (hierzu: Schneider 2011; Kaldewey 2013). Entrepreneurs müssten sowohl in der „Kunst des Framings“ als auch darin begabt sein, Eigeninteresse zu verbergen und ihr Anliegen als dem Gemeinwohl förderlich auszuweisen (Bourdieu 1979).

Als „structural holes“ bezeichnet Ronald S. Burt (2004) Gelegenheitsstrukturen, die es institutional entrepreneurs erleichterten, sich ein Bild von den Interessen und Schwierigkeiten anderer zu machen, eine Überzeugung in eine für andere Gruppen verständliche Sprache zu übersetzen („translate into language digestible“), generalisierbare symbolische Rahmen („generate increasingly universal and generalizable symbolic frameworks“) zu schaffen, die scheinbar ungleiche Gruppen integrierten, und schließlich die Überzeugungen und Praktiken von mehreren Gruppen synthetisierten (Abrutyn & Van Ness 2015: 65). Es muss institutional entrepreneurs also gelingen, eine immer größere Zahl von Menschen und Gruppen davon zu überzeugen, dass ihre Lösungen überlegen und sie die einzige Quelle für diese Lösungen seien (Abrutyn & Van Ness 2015: 68). Es erleichtert die Durchsetzung zudem, wenn die in Aussicht gestellte Lösung auf ein weithin als dringlich erkanntes Problem („real, imagined, or manufactured“; Abrutyn & Turner 2022: 101) antworte. Auch an der Wahrnehmung als dringlich könne „unternehmerisch“ gearbeitet werden. Bisherige Eliten könnten hierdurch entweder überzeugt oder ausgebootet werden: „manipulate, appease, accommodate, or defeat“ (Abrutyn et al. 2016: 9).

Die evolutionär-institutionalistische Perspektive beschränkt sich darauf, die geschürte Entstehung der modernen Welt („the fomentation of the modern world“) zu untersuchen und enthält sich bezüglich Aussagen über die Gegenwartsgesellschaft (Abrutyn & Turner 2022: 359). Im Ergebnis steht eine multipel differenzierte Gesellschaft, für die gleichwohl gelte: „there are plenty of autonomous institutional domains in which aspiring entrepreneurs can emerge and contend. It is easier to examine the earliest political entrepreneurs because institutional complexity was much less compared to other points in history“ (Abrutyn & Van Ness 2015: 72). Die multipel differenzierte Gesellschaft wird auch als das Ergebnis der Überzeugungsarbeit von institutional entrepreneurs verstehbar: „Entrepreneurs are critical to the process of institutionalization, and they exert their influence in talk and actions, they set down themes that influence others within an emerging institutional domain“ (Abrutyn & Turner 2022: 368). Dieser Ansatz endet mit der Feststellung, dass die analysierte Wandelarbeit es mit einer geringeren institutionellen Komplexität zu tun hatte. Diese betrifft nicht zuletzt die Bedeutung von Verbreitungsmedien und deren Wandel für die Evolution der Weltgesellschaft (Baecker 2007). Das solle aber explizit nicht ausschließen, sich soziologisch auch für den Anstoß von Wandel in dieser nun sehr viel komplexeren Gesellschaft zu interessieren (Abrutyn & Van Ness 2015: 72).

Demzufolge beleuchtet der folgende Abschnitt skizzenhaft die gegenwärtig zu beobachtende Arbeit an evolutionärem Wandel am Beispiel von Projekten großer philanthropischer Organisationen, die sich in Abrutyns Sinne als institutional entrepreneurs auffassen lassen.

3.3 Zeitgenössische Beispiele für institutional entrepreneurs: Philanthropische Organisationen

Dieser Abschnitt wird schlaglichtartig zeitgenössische Beispiele für diejenigen „human architects“ anbringen, die bei Abrutyn als historische institutional entrepreneurs firmieren. In dieser Rolle werden große philanthropische Organisationen diskutiert. Der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF), der Chan Zuckerberg Initiative (CZI) oder dem Omidyar Network (ON), um bekanntere Beispiele zu nennen, wird nicht selten eine große Wirkmacht unterstellt, die vor allem durch ihre außerordentliche Kapitalausstattung im Sinne Bourdieus begründet wird (Shaw et al. 2013; Maclean et al. 2021). Für die vorliegende Thematik ist allerdings entscheidend, so der folgende Abschnitt, wie und wofür diese Kapitalien eingesetzt werden, womit gleichermaßen die Notwendigkeit einer Arbeit an Konvertierung gezeigt wird.

Philanthropische Organisationen sind kein Synonym für Stiftungen. Einige Organisationen in diesem Bereich haben die Stiftungsform verlassen oder sind diese nie eingegangen. Mit der Form der Limited Liability Company (LLC) wird zwar auf Steuerbefreiung verzichtet. LLCs stehen dafür andernfalls rechtlich unzulässige Handlungsmöglichkeiten offen (Advocacy, gezielte Kampagnenunterstützung oder Lobbying; Brakman Reiser & Dean 2023). Damit eröffnen sich Möglichkeiten, sowohl auf die Verbreitung als auch die konkrete Verwendung ihrer Erzeugnisse Einfluss zu nehmen. Wie sich dies praktisch ausnimmt, wird folgend im Lichte der Erkenntnisse der evolutionär-institutionalistischen Perspektive skizziert.

Eine erste Parallele zu Abrutyn & Van Ness (2015) liegt im Verfolgen von Projekten. Das mag zunächst erwartbar klingen, legt allerdings frei, dass der angestrebte Wandel bereits kleingearbeitet bzw. respezifiziert (Besio 2014) wurde. Es geht dann nicht etwa um „Gerechtigkeit“ oder „Bildung“, sondern, spezifischer und damit ins Praktische überführbar, um den Einsatz von Rückfälligkeitsvorhersagealgorithmen anstelle ungerechter Kautionsverhandlungen in der US-amerikanischen Strafjustiz[7] oder um das Implementieren lernwissenschaftlicher Erkenntnisse anstelle bildungshemmender Unterrichtsformate[8] (Mölders 2023). Mit solchen Projekten reagieren philanthropische Organisationen auf (echte oder imaginierte) Krisen. In den besagten Beispielen sind die Krisen des Strafens oder die Bildungskrise gemeint, ferner finden sich auch Projekte zur Klimakrise[9], zur Replikationskrise der Wissenschaft[10] oder zur Kapitalismuskrise[11]. Häufig wird dabei die eigene Lösung („Innovation“) als überlegen im Vergleich zum Bestehenden gerahmt: Das Kautionswesen sei offenkundig ungerecht und die zugehörigen Verhandlungen u. a. von rassistischen Stereotypisierungen durchzogen. Traditioneller Unterricht kümmere sich nicht um individuelle Lernbedürfnisse usw.

Das Streben nach Monopolen für solche Lösungen, die entrepreneurs einzigartig und unverzichtbar machten, ist sicher nicht für jedes Projekt plausibel. Bedenkt man allerdings z. B. die Bedeutung der BMGF für das Gesundheitswesen, ist auch dieser Aspekt parallelisierbar (McGoey 2015). Häufiger noch dürften power-sharing relationships nachzuweisen sein: Das Sichern von Einfluss über das Teilen von Macht kennzeichnet Public-private-Partnerships (PPP), also die Kooperation philanthropischer Organisationen mit staatlichen Einrichtungen (Münch 2018). Ebendies hilft zudem dabei, ein Eigeninteresse zu verbergen und Projekte als dem Gemeinwohl förderlich auszuweisen.

Die Überlegenheit der eigenen Lösung, auch und gerade im Kontrast zum Bestehenden, funktioniert – in einer multipel differenzierten Gesellschaft – allerdings nicht durch das bloße Vorführen dieser Überlegenheit, wie es Abrutyn & Van Ness (2015) bezüglich der Autonomisierung der Wissenschaft gegenüber dem Religiösen beschreiben. Im Gegenteil beklagen philanthropische Organisationen häufig die Widerständigkeit politischer Verstehenskontexte gegenüber den bei diesen Organisationen besonders prominenten „evidenzbasierten Lösungen“ (Mölders 2022: 472). Doch auch solche Widerstände werden professionell bearbeitet. So leistet sich etwa die CZI mit der Chan Zuckerberg Advocacy einen eigenen „politischen Arm“.[12] Ferner wird gezielt Personal aus dem politischen Milieu abgeworben, wie etwa David Plouffe, der den berühmten ersten Obama-Wahlkampf leitete und nunmehr als „Strategist in Residence“ für die CZI arbeitet.[13] Ein anderes prominentes Beispiel ist Jared Cohen, der als Gründungsdirektor für die philanthropische Tochter Jigsaw LLC (anfangs: Google Ideas) von Google (bzw. Alphabet) gewonnen werden konnte.[14] Cohen war zuvor Mitglied des Policy Planning Staff im US-Außenministerium und Berater von Condoleezza Rice und Hillary Clinton. Solchen Biographien wird die Kunst des Framings – also resonanzfähiger Übersetzung in verdauliche Sprache – zugetraut.

Nicht alle Krisen können gleichermaßen als dringlich wahrgenommen werden. Es besteht wenig Grund zum Zweifel, dass auch hieran organisiert gearbeitet wird. Dabei können plausibilisierbare Verbindungen zu den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen helfen (Braig 2018). Ein Unterschied zu dem aus der evolutionär-institutionalistischen Perspektive Beschriebenen ist darin zu sehen, dass es gegenwärtig weniger darum geht, eine große Zahl anderer vom Nutzen des Neuen zu überzeugen – auch wenn die zugehörigen PR-Abteilungen keineswegs untätig sind. Eher aber geht es um den Zugang zu denjenigen, die über die Verwendung des als Lösung Angepriesenen zu entscheiden haben, und zu denjenigen, die dies verwenden sollen.

Abrutyn & Van Ness (2015: 65) zufolge, müsse es diesem Unternehmertum schließlich gelingen, Überzeugungen und Praktiken mehrerer Gruppen zu synthetisieren. Auch dies lässt sich in der Praxis philanthropischer Organisationen nachweisen. Als Lösung für das Problem, dass lokal eingespielte Regeln translokal an Orientierungsleistung einbüßen, hatte Abrutyn (2021: 164) die Delegation an Zuständige mit Lokalexpertise schon in vorchristlicher Zeit ausgemacht. Ein solches Verhältnis unterhalten philanthropische Organisationen zu Nehmeradressen („Grantees“). Letztere werden von ihren Auftraggeberinnen systematisch beobachtet und evaluiert, was in der zugehörigen Literatur häufig als „Donor Control“ kritisiert wird (Barman 2007; Ostrander 2007). Während also die Entscheider/innen durch die Abteilungen für Lobbying und Advocacy von der Überlegenheit der Lösungen überzeugt werden sollen, obliegt es den auf Ausschreibungen reagierenden Grantees, die praktische Verwendung vor Ort einzuüben. Beispiele wären das Center for Transformative Teaching & Learning (CTTL)[15], das im Auftrag der CZI das praktische Einüben neuer lernwissenschaftlicher Erkenntnisse in Klassenräumen übernimmt oder das eigens zum Zweck der Gewöhnung an die Benutzung des o. a. Rückfälligkeitsvorhersagealgorithmus gegründete Projekt Advancing Pretrial Policy and Research (APPR).[16] Als Evaluationen (Christin 2017; DeMichele et al. 2019) feststellten, dass insbesondere ältere Richter/innen die Verwendung des Algorithmus‘ umgingen, reagierte man mit überarbeiteten und auf diese Zielgruppe zugeschnittenen Trainings.

Manchmal, so stellt Abrutyn (2021: 163) fest, seien die Bemühungen der Architekt/innen strukturellen Wandels umsonst, in der Regel zeitigten sie unbeabsichtigte Folgen und erzeugten neue Probleme – sie hinterließen aber strukturell erkennbare Gestaltungsspuren. Ebendies darf mit Blick auf die Unternehmungen philanthropischer Organisationen auch gesagt werden. Dabei geht es nicht um die Durchsetzung neuer institutioneller Sphären, sondern eher um spezifische Veränderungen bestehender. In der Strategie der Organisation Arnold Ventures (AV) kommt dies besonders deutlich zum Ausdruck: „We focus on correcting system failures through evidence-based solutions. Viewing philanthropy as an engine of innovation, we identify problems, rigorously research them, and search for answers. Once an idea is tested, validated, and proven efficacious, we fund policy development and technical assistance to create change that outlasts our funding.“[17] Über die Bedeutung von Evidenzbasierung im Sinne von Abrutyns (2021: 164) „ideological power“ wäre gesondert zu diskutieren.

Das Vorstehende hat philanthropische Organisationen als zeitgenössische Beispiele für Architektinnen zu plausibilisieren versucht, die nicht einfach die Evolution walten lassen, aber auch nicht mit leicht herstellbarer Überzeugungsarbeit dank darstellbarer Überlegenheit rechnen. Theorien multipler Differenzierung erlauben es eher, die Feinheiten dieser Überzeugungsarbeit auf den Begriff zu bringen: Während etwa für die „neue Philanthropie“ Evidenzbasierung und Datengetriebenheit zu Leitorientierungen geworden sind, sind ihre Adressat/innen genau hiervon erst zu überzeugen. Diese Differenz lässt sich als eine „interkulturelle Kommunikation“ (Renn 2006: 329 ff.) zwischen unterschiedlichen Milieus fassen, die nicht mit Teilsystemen identisch sind. Das Einüben des Einsatzes neuer Lösungen reicht bis in die Ebene der Praxis hinunter. Die zugehörige Beharrlichkeit und Detailverliebtheit können sich philanthropische Organisationen eher als andere leisten. Das bringt eine Ungleichheitsdimension hinein, die zum Ausspielen von Anregungsvorteilen gleichwohl Organisation benötigt. Mit Kooperation ist dann genau der Modus angesprochen, den Fligstein & McAdam (2012) als entscheidend für das Anregen von Wandel sowie das Entstehen neuer Felder bezeichneten, wofür spezifische social skills benötigt werden. Für die Praxis philanthropischer Organisationen scheint zu gelten, was Abrutyn & Turner (2022: 155) schon für die ersten Bandenführer geltend machten: „emphasis was on persuasion rather than on brute use of coercive power“ (Herv. i. O.). Damit ist auch deutlich geworden, dass der evolutionäre Institutionalismus keineswegs die Durchsetzung bestimmter Lösungen auf Machtgefälle reduziert, sondern sich vor allem für hinterliegende Mechanismen der Überzeugungsarbeit interessiert, „the agentic side of institutional evolution“ (Abrutyn & Turner 2022: 99).

4 Schluss

Soziokulturelle Evolution operiert nicht „blind“. Dass die Mechanismen der Variation und der Selektion hierin nicht entkoppelt sind, hatte schon Max Miller (2006: 274) unter Bezug auf Stephen Toulmin (1983) proklamiert. Die evolutionär-institutionalistische Perspektive sieht über Kritik und/oder Kooperation hinausgehende Überzeugungstechniken vor. Mit ihr wird es überdies möglich, historische Gestaltungsarbeit zu thematisieren, ohne über gegenwärtige schweigen zu müssen (so aber: Stichweh 2017: 114).

Der vorliegende Beitrag hat am Beispiel philanthropischer Organisationen versuchsweise skizziert, wie die Überarbeitung gesellschaftlicher Problemlösungen gegenwärtig operiert und zu beobachten wäre; andere Beispiele sind denkbar. Überhaupt vermag diese Differenzierungstheorie Untersuchungen anzuleiten, die sich für die Durchsetzung von Lösungen in einer unübersichtlichen Gesellschaft interessieren. Die beharrliche Arbeit an der soziokulturellen Evolution hinterlässt ihre Spuren, wenngleich diese nicht immer exakt den projektierten Umriss haben müssen. Deutlich sollte geworden sein, dass sich Abrutyns Intuition als tragbar und weitere Forschungsfragen eröffnend erwiesen hat, solchen Architekturarbeiten auch unter Bedingungen einer multipel differenzierten Gesellschaft zu folgen.

Für die Zwecke des Beitrags wurde multiple Differenzierung eher als für Veränderungsansinnen hürdenreiche Umwelt thematisiert. Insofern wurden entsprechende Theorien ihrer Gemeinsamkeit wegen – der Annahme, zur Beschreibung der Gegenwartsgesellschaft bedürfe es mehr als einer dominanten Differenzierungsachse – und Unterschiede nur mit Blick auf das Anregen von Wandel erörtert. Die Debatte um multiple Differenzierung wird breiter ansetzen und Fragen nach zu unterscheidenden Differenzierungstypen, -einheiten und deren Relationierbarkeit beantworten müssen.[18] Diese ist bislang vornehmlich deutschsprachig geführt worden, ihre Internationalisierung ist ein weiterer Ansatzpunkt für Fortsetzungen. Ziel dieses Beitrages war es, darauf aufmerksam zu machen, dass die Diagnose multipler Differenzierung Fragen des Anregens sozialen Wandels eher provoziert als ausschließt.

About the author

Marc Mölders

Marc Mölders, geb. 1978 in Emmerich. Studium der Soziologie in Bonn, Bielefeld und Edinburgh (Science & Technology Studies), Promotion in Bielefeld. Von 2009-2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dortmund, von 2012-2013 BMBF-Spitzencluster Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe (it’s owl) Paderborn und Bielefeld, von 2014 bis 04/2023 Akademischer (Ober-)Rat auf Zeit an der Bielefelder Fakultät für Soziologie, Habilitation 2019. Seit Mai 2023 PD am Institut für Soziologie der JGU Mainz.

Forschungsschwerpunkte: Differenzierungstheorie, Medien- und Kommunikationsforschung, Rechts- und Techniksoziologie

Wichtigste Publikationen: Guided Travels. Organisation und Gesellschaft aus übersetzungstheoretischer Perspektive. Soziale Welt 73, 2022: 457–484. Wie ist Einflussnahme in einer multipel differenzierten Gesellschaft möglich? Ausblick auf ein Forschungsprogramm – aus Anlass eines Rückblicks. Zeitschrift für Theoretische Soziologie 10, 2022: 262–273. Irritation Design: Updating Steering Theory in the Age of Governance. Politics and Governance 9, 2021: 393–402. Die Korrektur der Gesellschaft. Irritationsgestaltung am Beispiel des Investigativ-Journalismus, Bielefeld 2019.

Literatur

Abrutyn, S., 2009: Toward a General Theory of Institutional Autonomy. Sociological Theory 27: 449–465.10.1111/j.1467-9558.2009.01358.xSearch in Google Scholar

Abrutyn, S., 2013: Revisiting Institutionalism in Sociology. Putting the ‘Institution’ Back in Institutional Analysis. New York: Routledge.10.4324/9780203795354Search in Google Scholar

Abrutyn, S., 2016: Institutional Spheres: The Macro-Structure and Culture of Social Life. S. 207–228 in: S. Abrutyn (Hrsg.), Handbook of Contemporary Sociological Theory. Switzerland Cham: Springer.10.1007/978-3-319-32250-6_11Search in Google Scholar

Abrutyn, S., 2021: Does Differentiation Matter to Sociology? S. 147–168 in: S. Abrutyn & O. Lizardo (Hrsg.), Handbook of Classical Sociological Theory. Cham: Springer.10.1007/978-3-030-78205-4_7Search in Google Scholar

Abrutyn, S. & K. Lawrence, 2010: From Chiefdom to State: Toward an Integrative Theory of the Evolution of Polity. Sociological Perspectives 53: 419–442.10.1525/sop.2010.53.3.419Search in Google Scholar

Abrutyn, S. & J.H. Turner, 2022: The First Institutional Spheres in Human Societies. Evolution and Adaptations from Foraging to the Threshold of Modernity. London, New York: Routledge.10.4324/9781003224433Search in Google Scholar

Abrutyn, S. & J. Van Ness, 2015: The Role of Agency in Sociocultural Evolution: Institutional Entrepreneurship as a Force of Structural and Cultural Change. Thesis Eleven 127: 52–77.10.1177/0725513615575935Search in Google Scholar

Abrutyn, S., J. Van Ness & M.A. Taylor, 2016: Collective Action and Cultural Change: Revisiting Eisenstadt’s Evolutionary Theory. Journal of Classical Sociology 16: 369–395.10.1177/1468795X16656269Search in Google Scholar

Alexander, J.C. & P. Colomy (Hrsg.), 1990: Differentiation Theory and Social Change. Comparative and Historical Perspectives. New York: Columbia University Press.Search in Google Scholar

Baecker, D., 2007: Studien zur nächsten Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Baecker, D. 2021: Die menschliche Freiheit. Zeitschrift für Theoretische Soziologie 10: 210–220.10.3262/ZTS2102210Search in Google Scholar

Barman, E., 2007: An Institutional Approach to Donor Control: From Dyadic Ties to a Field‐Level Analysis. American Journal of Sociology 112: 1416–1457.10.1086/511802Search in Google Scholar

Barth, N. & K. Mayr, 2017: Der Mediator als Übersetzer? Mediation als eine gesellschaftliche Strategie der Differenzbearbeitung. S. 161–170 in: K. Kriegel-Schmidt (Hrsg.), Mediation als Wissenschaftszweig. Im Spannungsfeld von Fachexpertise und Interdisziplinarität. Wiesbaden: Springer VS.10.1007/978-3-658-18257-1_13Search in Google Scholar

Barth, N., A. Nassehi & I. Saake, 2017: Perspektivität durch Verfahren. Zur Funktion des Deutschen Ethikrats. Soziale Systeme 22: 274–297.10.1515/sosys-2017-0008Search in Google Scholar

Besio, C., 2014: Strategien der Balance. Vermittlung zwischen Moral und Profit am Beispiel von Energiekonzernen. Sociologia Internationalis 52: 93–118.10.3790/sint.52.1.93Search in Google Scholar

Blau, P.M., 1977: A Macrosociological Theory of Social Structure. The American Journal of Sociology 83: 26–54.10.1086/226505Search in Google Scholar

Bongaerts, G., 2011: Grenzsicherung in sozialen Feldern – Ein Beitrag zu Bourdieus Theorie gesellschaftlicher Differenzierung. S. 113–133 in: T. Schwinn, C. Kroneberg & J. Greve (Hrsg.), Soziale Differenzierung. Handlungstheoretische Zugänge in der Diskussion. Wiesbaden: VS.10.1007/978-3-531-93143-2_6Search in Google Scholar

Bourdieu, P., 1979: Entwurf einer Theorie der Praxis. Auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Bourdieu, P., 1993: Soziologische Fragen. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Bourdieu, P., 1999: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Bourdieu, P., 2001: Meditationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Braig, K.F., 2018: Die Rolle von deutschen Stiftungen und Philanthropen bei der Umsetzung der SDGs. S. 13–26 in: R. Berndt, P. Kreutter & S. Stolte (Hrsg.), Zukunftsorientiertes Stiftungsmanagement. Herausforderungen, Lösungsansätze und Erfolgsbeispiele. Wiesbaden: Springer Gabler.10.1007/978-3-658-19267-9_2Search in Google Scholar

Brakman Reiser, D. & S.A. Dean, 2023: For-Profit Philanthropy. Elite Power and the Threat of Limited Liability Companies, Donor-Advised Funds, and Strategic Corporate Giving. Oxford: Oxford University Press.10.1093/oso/9780190074500.001.0001Search in Google Scholar

Burt, R.S., 2004: Structural Holes and Good Ideas. American Journal of Sociology 110: 349–399.10.1086/421787Search in Google Scholar

Christin, A., 2017: Algorithms in Practice. Comparing Web Journalism and Criminal Justice. Big Data & Society 4: 1–14.10.1177/2053951717718855Search in Google Scholar

DeMichele, M., P. Baumgartner, K. Barrick, M. Comfort, S. Scaggs & S. Misra, 2019: What Do Criminal Justice Professionals Think About Risk Assessment at Pretrial? Federal Probation 83: 32–41.10.2139/ssrn.3168490Search in Google Scholar

Durkheim, É., 1992 (zuerst 1892): Über die soziale Arbeitsteilung. Studie über die Organisation höherer Gesellschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Durkheim, É., 2020 (zuerst 1912): Die elementaren Formen des religiösen Lebens. Berlin: Verlag der Weltreligionen.Search in Google Scholar

Eisenstadt, S.N., 1964: Social Change, Differentiation and Evolution. American Sociological Review 29: 375–386.10.2307/2091481Search in Google Scholar

Eisenstadt, S.N., 1971: Social Differentiation and Stratification. Glenview: Scott: Foresman.Search in Google Scholar

Esposito, E., 2002: Soziales Vergessen. Formen und Medien des Gedächtnisses der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Fligstein, N. & D. McAdam, 2012: Grundzüge einer allgemeinen Theorie strategischer Handlungsfelder. S. 57–97 in: S. Bernhard & C. Schmidt-Wellenburg (Hrsg.), Feldanalyse als Forschungsprogramm 1. Wiesbaden: VS.10.1007/978-3-531-94259-9_3Search in Google Scholar

Hansen, K.P., 2022: Das Paradigma Kollektiv. Neue Einsichten in Vergesellschaftung und das Wesen des Sozialen. Bielefeld: Transcript.10.1515/9783839455968Search in Google Scholar

Hillebrandt, F., 2006: Funktionssysteme ohne Praxis oder Praxisfelder ohne System? Berliner Journal für Soziologie 16: 337–354.10.1007/s11609-006-0030-4Search in Google Scholar

Hirschauer, S. (Hrsg.), 2017: Un/doing differences. Praktiken der Humandifferenzierung. Weilerswist: Velbrück.10.5771/9783845292540Search in Google Scholar

Hirschauer, S., 2021: Menschen unterscheiden. Grundlinien einer Theorie der Humandifferenzierung. Zeitschrift für Soziologie 50: 155–174.10.1515/zfsoz-2021-0012Search in Google Scholar

Jäger, W. & U. Weinzierl, 2007: Moderne soziologische Theorien und sozialer Wandel. Wiesbaden: Springer VS.Search in Google Scholar

Kaldewey, D., 2013: Wahrheit und Nützlichkeit. Selbstbeschreibungen der Wissenschaft zwischen Autonomie und gesellschaftlicher Relevanz. Bielefeld: Transcript.10.1515/transcript.9783839425657Search in Google Scholar

Kieserling, A., 2008: Felder und Klassen: Pierre Bourdieus Theorie der modernen Gesellschaft. Zeitschrift für Soziologie 37: 3–24.10.1515/zfsoz-2008-0101Search in Google Scholar

Kluttz, D.N. & N. Fligstein, 2016: Varieties of Sociological Field Theory. S. 185–204 in: S. Abrutyn (Hrsg.), Handbook of Contemporary Sociological Theory. Switzerland: Springer.10.1007/978-3-319-32250-6_10Search in Google Scholar

Kropf, J., 2018: Übersetzung, Ungleichzeitigkeit und Konflikt: Zur Transformation sozialer Felder. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 43: 157–178.10.1007/s11614-018-0304-zSearch in Google Scholar

Lindemann, G., 2014: Weltzugänge. Die mehrdimensionale Ordnung des Sozialen. Weilerswist: Velbrück.Search in Google Scholar

Lindemann, G., 2018: Strukturnotwendige Kritik. Theorie der modernen Gesellschaft, Band 1. Weilerswist: Velbrück.10.5771/9783845298887-1Search in Google Scholar

Lindemann, G., 2019: Die Analyse der reflexiven Institutionalisierung von Technik als Teil empirischer Differenzierungsforschung. S. 77–104 in: C. Schubert & I. Schulz-Schaeffer (Hrsg.), Berliner Schlüssel zur Techniksoziologie. Wiesbaden: Springer VS.10.1007/978-3-658-22257-4_4Search in Google Scholar

Luhmann, N., 1981: Politische Theorie im Wohlfahrtsstaat. München: Olzog.Search in Google Scholar

Luhmann, N., 1988: Die Wirtschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Luhmann, N., 1993: Das Recht der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Luhmann, N., 1997: Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Luhmann, N., 2019 (zuerst 1972): Überlegungen zum Verhältnis von Gesellschaftssystemen und Organisationssystemen. S. 3–10 in: N. Luhmann (Hrsg.), Theorie organisierter Sozialsysteme. Schriften zur Organisation, Band 2. Herausgegeben von Ernst Lukas und Veronika Tacke. Wiesbaden: Springer VS.10.1007/978-3-658-23210-8_1Search in Google Scholar

Maclean, M., C. Harvey, R. Yang & F. Mueller, 2021: Elite Philanthropy in the United States and United Kingdom in the New Age of Inequalities. International Journal of Management Reviews 23: 330–352.10.1111/ijmr.12247Search in Google Scholar

Mannheim, K., 1929: Die Bedeutung der Konkurrenz im Gebiete des Geistigen. S. 35–83 in: Verhandlungen des 6. Deutschen Soziologentages vom 17. bis 19. September 1928 in Zürich. Tübingen: Mohr Siebeck.Search in Google Scholar

McGoey, L., 2015: No Such Thing as a Free Gift. The Gates Foundation and the Price of Philanthropy. London, New York: Verso.Search in Google Scholar

Meier, C., 1983: Die Entstehung des Politischen bei den Griechen. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Meyer, R.E., D. Jancsary & M.A. Höllerer, 2020: Sinnprovinzen, Leitideen, institutionelle Logiken. S. 101–136 in: R. Hasse & A.K. Krüger (Hrsg.), Neo-Institutionalismus. Kritik und Weiterentwicklung eines sozialwissenschaftlichen Paradigmas. Bielefeld: Transcript.10.1515/9783839443026-006Search in Google Scholar

Miller, M., 2006: Dissens: Zur Theorie diskursiven und systemischen Lernens. Transcript.10.1515/9783839404843Search in Google Scholar

Mölders, M., 2022: Guided Travels. Organisation und Gesellschaft aus übersetzungstheoretischer Perspektive. Soziale Welt 73: 457–484.10.5771/0038-6073-2022-3-457Search in Google Scholar

Mölders, M., 2023: Weltverbesserungsorganisationen. S. 565–582 in: M. Apelt & V. Tacke (Hrsg.), Handbuch Organisationstypen. Wiesbaden: Springer VS.10.1007/978-3-658-39559-9_25Search in Google Scholar

Münch, R., 2018: Der bildungsindustrielle Komplex. Schule und Unterricht im Wettbewerbsstaat. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.Search in Google Scholar

Nassehi, A., 2017: Humandifferenzierung und gesellschaftliche Differenzierung. Eine Verhältnisbestimmung. S. 55–78 in: S. Hirschauer (Hrsg.), Un/doing differences. Praktiken der Humandifferenzierung. Weilerswist: Velbrück.10.5771/9783845292540-56Search in Google Scholar

Nassehi, A., 2021a: Unbehagen: Theorie der überforderten Gesellschaft. München: C.H.Beck.10.17104/9783406774553Search in Google Scholar

Nassehi, A., 2021b: Im Land des Eigensinns. Möglichkeiten und Grenzen gesellschaftlicher Immunsysteme. Kursbuch 57: 65–77.10.5771/0023-5652-2021-206-65Search in Google Scholar

Nassehi, A., I. Saake & N. Barth, 2019: Die Stärke schwacher Verfahren. Zur verfahrensförmigen Entdramatisierung von Perspektivendifferenzen im Kontext der Organspende. Zeitschrift für Soziologie 48: 190–208.10.1515/zfsoz-2019-0015Search in Google Scholar

Nell, L., 2021: Differenzierungstheoretische Korrekturanregungen. Zeitschrift für Theoretische Soziologie 10: 235–247.10.3262/ZTS2102235Search in Google Scholar

Ostrander, S.A., 2007: The Growth of Donor Control: Revisiting the Social Relations of Philanthropy. Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly 36: 356–372.10.1177/0899764007300386Search in Google Scholar

Parsons, T., 1966: Societies: Evolutionary and Comparative Perspectives. Englewood Cliffs: Prentice-Hall.Search in Google Scholar

Passoth, J.-H. & W. Rammert, 2019: Fragmentale Differenzierung als Gesellschaftsdiagnose: Was steckt hinter der zunehmenden Orientierung an Innovation, Granularität und Heterogenität? S. 143–178 in: C. Schubert & I. Schulz-Schaeffer (Hrsg.), Berliner Schlüssel zur Techniksoziologie. Wiesbaden: Springer VS.10.1007/978-3-658-22257-4_6Search in Google Scholar

Rapior, R., 2022: Imperien. Zur Soziologie einer vergessenen Vergesellschaftungsform. Frankfurt am Main, New York: Campus.Search in Google Scholar

Renn, J., 2006: Übersetzungsverhältnisse: Perspektiven einer pragmatistischen Gesellschaftstheorie. Weilerswist: Velbrück.Search in Google Scholar

Renn, J., 2014a: Performative Kultur und multiple Differenzierung. Soziologische Übersetzungen I. Bielefeld: Transcript.10.1515/transcript.9783839424698Search in Google Scholar

Renn, J., 2014b: Die Form des Milieus. Vergemeinschaftung, multiple Differenzierung und die tiefenhermeneutische Makroanalyse. S. 304–338 in: P. Isenböck, L. Nell & J. Renn (Hrsg.), Die Form des Milieus. Zum Verhältnis von gesellschaftlicher Differenzierung und Formen der Vergemeinschaftung. Weinheim: Beltz Juventa.Search in Google Scholar

Renn, J., 2021: Indirekte Referenz. Pragmatischer Realismus und Medientheorie. Soziologische Übersetzungen 3. Bielefeld: Transcript.10.1515/9783839443545Search in Google Scholar

Schäfer, H., 2013: Die Instabilität der Praxis: Reproduktion und Transformation des Sozialen in der Praxistheorie. Weilerswist: Velbrück.Search in Google Scholar

Schäfer, H. (Hrsg.), 2016: Praxistheorie. Ein soziologisches Forschungsprogramm. Bielefeld: Transcript.10.1515/9783839424049Search in Google Scholar

Schimank, U., 2009: Wie sich funktionale Differenzierung reproduziert: eine akteurtheoretische Erklärung. S. 191–216 in: P. Hill, F. Kalter, J. Kopp, C. Kroneberg & R. Schnell (Hrsg.), Hartmut Essers Erklärende Soziologie. Frankfurt a. M., New York: Campus.Search in Google Scholar

Schimank, U., 2015: Grundriss einer integrativen Theorie der Gesellschaft. Zeitschrift für Theoretische Soziologie 4: 236–268.Search in Google Scholar

Schneider, W.L., 2011: Religion und funktionale Differenzierung. S. 181–210 in: T. Schwinn, C. Kroneberg & J. Greve (Hrsg.), Soziale Differenzierung. Handlungstheoretische Zugänge in der Diskussion. Wiesbaden: VS.10.1007/978-3-531-93143-2_9Search in Google Scholar

Schützeichel, R. & M. Wächter, 2017: Das »Feld« der Feldtheorien. Zeitschrift für Theoretische Soziologie 6: 27–43.Search in Google Scholar

Schwarting, R., 2017: Organisation und Verfahren. Zum Veranstaltungsproblem von Verfahren. Soziale Systeme 22: 381–423.10.1515/sosys-2017-0012Search in Google Scholar

Schwarting, R., 2019: Zur Programmatik einer historisch-soziologischen Organisationsforschung. S. 103–134 in: M. Böick & M. Schmeer (Hrsg.), Im Kreuzfeuer der Kritik. Umstrittene Organisationen im 20. Jahrhundert. Frankfurt am Main: Campus.Search in Google Scholar

Shaw, E., J. Gordon, C. Harvey & M. Maclean, 2013: Exploring Contemporary Entrepreneurial Philanthropy. International Small Business Journal: Researching Entrepreneurship 31: 580–599.10.1177/0266242611429164Search in Google Scholar

Simmel, G., 1908: Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Leipzig: Duncker & Humblot.Search in Google Scholar

Spencer, H., 1897: The Principles of Sociology. Vol. I–III. New York: Appleton.10.5962/bhl.title.29273Search in Google Scholar

Stichweh, R., 2017: Evolution and Control of Society. S. 109–115 in: J. Fritsch, Y. Borchert & J. Hacker (Hrsg.), Crossing Boundaries in Science: Modelling Nature and Society - Can we Control the world? Halle (Saale), Stuttgart: Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Nationale Akademie der Wissenschaften; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.Search in Google Scholar

Suckert, L., 2017: Same same but different. Die Feldtheorien Fligsteins und Bourdieus und das Potenzial einer wechselseitig informierten Perspektive für die Wirtschaftssoziologie. Berliner Journal für Soziologie 27: 405–430.10.1007/s11609-018-0353-ySearch in Google Scholar

Toulmin, S., 1983: Kritik der kollektiven Vernunft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Turner, J.H., 1980: Legal System Evolution: An Analytical Model. S. 377–394 in: W.M. Evan (Hrsg.), The Sociology of Law. A Social Structural Perspective. New York: Free Press.Search in Google Scholar

Weber, M., 1922: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie. Tübingen: Mohr.Search in Google Scholar

Weber, M., 1934: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. Tübingen: Mohr.Search in Google Scholar

Weber, M., 1968: On Charisma and Institution Building. Edited by S. N. Eisenstadt. Chicago: University of Chicago Press.Search in Google Scholar

Windeler, A., 2020: Innovationsfelder. Feldtheoretische Perspektiven auf Innovation. S. 447–465 in: B. Blättel-Mink, I. Schulz-Schaeffer & A. Windeler (Hrsg.), Handbuch Innovationsforschung. Wiesbaden: Springer VS.10.1007/978-3-658-17668-6_32Search in Google Scholar

Witte, D., 2014: Zur Verknüpfung von sachlicher Differenzierung und sozialer Ungleichheit. Perspektiven im Anschluss an Pierre Bourdieus Theorie der Felder. S. 1–18 in: M. Löw (Hrsg.), Vielfalt und Zusammenhalt. Verhandlungen des 36. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bochum und Dortmund 2012. Frankfurt am Main: Campus.Search in Google Scholar

Yoffee, N., 2000: Law Courts and the Mediation of Social Conflict in Ancient Mesopotamia. S. 46–63 in: J.E. Richards, J. Richards & M. van Buren (Hrsg.), Order, Legitimacy and Wealth in Ancient States. Cambridge: Cambridge University Press.Search in Google Scholar

Youssef, R., 2022: Luhmann auf Panta. Zum Verhältnis von funktionaler Differenzierung und Humandifferenzierung in Stanisław Lems Sterntagebüchern. S. 114–123 in: S. Seydel (Hrsg.), #StanisławLem-Festival 2021. Heidelberg: Carl-Auer Verlag.Search in Google Scholar

Published Online: 2023-10-31
Published in Print: 2023-11-21

© 2023 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 3.12.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zfsoz-2023-2024/html
Scroll to top button