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Vom Nachteil des Nutzens der Sozialwissenschaften für das Strafrecht

  • Reinhard Kreissl
Published/Copyright: October 18, 2016
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Zusammenfassung

Sozialwissenschaftliches Wissen gewinnt im Rechtssystem Bedeutung, wenn die gesellschaftliche Definition der Differenz von Konformität und Devianz brüchig wird. Die Rezeption sozialwissenschaftlichen Wissens erzeugt eine neue Selbstbeschreibung im Rechtssystem. Dadurch verändert sich die Rolle, die sich das Strafrecht in der Gesellschaft zuschreibt: es orientiert sich nicht mehr an der Bestrafung devianten Verhaltens, sondern an der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in einer als komplexem Sozialsystem interpretierten Gesellschaft. Es bedient sich dazu strategischer Kriminalisierungen und Entkriminalisierungen. Dabei ändert sich die Rationalität des rechtlichen Diskurses. Kognitive Argumente, die Effekte und Konsequenzen in Rechnung stellen, ersetzen allmählich juristische Argumente, die auf die normative Angemessenheit von Verhalten abzielen.

Summary

Sociological knowledge becomes relevant for penal law when the culturally defined distinction between conformity and deviance loses significance. A sociological interpretation of the criminal justice system not only deconstructs and reconstructs the traditional conformity I deviance dichotomy, but also triggers a new type of self-description in the legal system. This changes the self-assigned role of law in society from behavior-centered deviance control to maintenance of system stability by strategic de/criminalization. In this process the rationality of legal discourse changes. Cognitive arguments focussing on effects and consequences gradually replace legal arguments centered around the problem of normative appropriateness of behavior.

Online erschienen: 2016-10-18
Erschienen im Druck: 1988-11-1

© 1988 by Lucius & Lucius, Stuttgart

Downloaded on 28.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zfrs-1988-0211/html
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