Zusammenfassung
In meinem Beitrag möchte ich zeigen, dass und wie man das Konzept des „religiösen Nonkonformismus“ als analytische Kategorie in der religionswissenschaftlichen Forschung fruchtbar verwenden kann und sollte. Dazu ist eine begriffliche Klärung vonnöten. Zunächst wird der Begriff des „Nonkonformismus“ von dem semantisch nahestehenden der „Nonkonformität“ abgegrenzt. Während Nonkonformität als bloß zweckrationaler Normbruch zu verstehen ist, wird Nonkonformismus als handlungsleitende Gesinnung definiert, die sich negativ auf eine geltende Ordnung bezieht und die Grundlage wertrational motivierten Handelns im Sinne einer alternativen Ordnung bildet. In diesem Zusammenhang wird auf Max Webers Idee von den konkurrierenden Wertsphären und Lebensordnungen rekurriert. In einem weiteren Schritt soll gezeigt werden, dass religiöser Nonkonformismus als ein bestimmter, notorisch instabiler Aggregatzustand religiöser Pluralität unter asymmetrischen Machtverhältnissen zu konzeptualisieren ist. In diesem Sinne wird der Frage nachgegangen, wie sich religiöse Pluralität entwickelt und wie sie in Nonkonformismus-Zuschreibungen und entsprechende Sanktionen münden kann. Schließlich wird die Frage erörtert, inwieweit unter den Bedingungen eines postmodernen Pluralismus religiöser Nonkonformismus überhaupt noch möglich ist.
Abstract
In my article I want to demonstrate that and how the concept “religious nonconformism” can and should be fruitfully utilized in the study of religions. In order to do so it is necessary to clarify the meaning of the term. To begin with the term “nonconformism” is to be distinguished from the semantically related term “nonconformity”. “Nonconformity” is here understood as a purely purpose-rational breaking of norms while “nonconformism” is defined as an ethos relevant for social action that is based on value-rational motivation oriented towards an alternative order and thus refers negatively to a prevailing order. In this context I recur to Max Weber’s concept of competing “value spheres” and “life orders”. Next, I argue that religious nonconformism is to be conceptualized as a specific, notoriously instable aggregate state of religious plurality. Accordingly it will be asked how religious plurality evolves and under which circumstances it leads to ascriptions and sanctions of nonconformism. Finally the question is raised whether under the condition of postmodern plurality religious nonconformism is still possible at all.
© 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/München/Boston
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