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Where there is (there’s) a will, there is (there’s) a way

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Published/Copyright: November 11, 2025
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Abstract

Paremiologists have shown little interest in whether polygenesis of two equivalent proverbs in two languages is possible or not. Few studies have shown that polygenesis does in fact exist. However, a very detailed historical analysis based on numerous contextualized references is required to prove that the two equal proverbs did not originate through monogenesis, with one proverb being no more than a loan translation of the other. This case study presents two chronologically arranged lists of references (including modern anti-proverbs) for the English proverb “Where there is a will, there is a way” and for the German proverb “Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg”. A third list presents contextualized references that maintain the German proverb is a subsequent loan translation of the English proverb. While this would be an argument for monogenesis, a careful analysis of numerous references suggests that the two proverbs most likely originated independently of each other. If so, and if the data justifies this conclusion, it would, in fact, be a case demonstrating that polygenesis—although rare—is certainly possible for proverbs. In fact, the concise nature and even the identical structure of the two proverbs make polygenesis much more likely than would be the case with, for example, folk narratives. Nevertheless, polygenesis has not been ruled out completely for some longer fairy tales, ballads, etc., although there is no doubt that folklorists and paremiologists are correct that the dominant origin and distribution of proverbs is based on monogenesis. However, regarding the two proverbs under discussion here, “The exception proves the rule!” can support the view that, at least in this case, polygenesis is the determining factor regarding the independent origin of both proverbs.

1 Einleitung

Die Frage nach dem Ursprung mehr oder weniger identischer Volkserzählungen spielt seit langem eine erhebliche Rolle in der Erforschung der Geschichte und Verbreitung von Varianten einzelner Märchen, Sagen, Balladen und anderer Erzählstoffe. Es liegen zahlreiche Monographien vor, die an Hand von zahlreichen oft internationalen Varianten versuchen, die Urfassung und deren historisch-geographische Überlieferung zu ermitteln (Uther 2015). Das heißt, man geht davon aus, dass es irgendwann und irgendwo einen Anfang gegeben haben muss, worauf alle späteren Fassungen beruhen. Diese einsichtsvolle als Monogene bezeichnete Vorstellung ist bis heute allgemein gültig, obwohl es bereits im neunzehnten Jahrhundert zu Stimmen kam, die eine Polygenese besonders bei längeren Texten nicht ausschließen wollten. Es könnte ja doch hin und wieder möglich sein, dass es zu einer unabhängigen Erfindung von scheinbar verwandten Texten gekommen ist (Chesnutt 2007). Zweifelsohne ist die Theorie der Monogenese bis heute vor allem in der internationalen Märchenforschung vorherrschend geblieben, und das gilt auch für die nur aus einem Satz bestehenden Sprichwörter, die doch wohl durchaus zu verschiedenen Zeiten und an anderen Orten in identischer Form und Struktur, wenn auch in unterschiedlichen Sprachen, entstanden sein könnten. Die Wahrscheinlichkeit, dass es mehr als einen Ursprung für ein gewisses Sprichwort gibt, ist wenigstens nicht auszuschließen und ist in einigen Fällen gezeigt worden.

Selbstverständlich aber geht auch die Parömiologie davon aus, dass Sprichwörter ganz allgemein nur einen Ursprung haben. Unzählige Monographieen und Aufsätze haben gezeigt, wann und wo ein Sprichwort entstanden ist und wie es sich über Jahrhunderte oder Jahrzehnte hinweg, oft in Variantenbildungen, entwickelt und verbreitet hat (Mieder 2009). Solche Studien sind von sprachlichem und kulturgeschichtlichem Interesse, die durch historisch ausgerichtete Sprichwörtersammlungen mit ihren Textbelegen ergänzt werden. Gyula Paczolays bekannte Sammlung European Proverbs in 55 Languages (1997) zeigt für 106 international verbreitete Sprichwörter, die von der Antike über das Mittelalter in Europa und darüber hinaus ihren Weg gegangen sind. Im Prinzip geht es hier um sogenannte Lehnsprichwörter, deren Geschichte in einzelnen Sprachen zu untersuchen wäre. Lutz Röhrich und ich haben in unserem Buch Sprichwort (1977) auf die Komplexität solcher Tradierungsprozesse aufmerksam gemacht, und zwar unter Hervorhebung, dass Polygenese nicht immer auszuschließen ist:

Für die Quellenforschung ergibt sich allerdings ein großes Problem, denn die Entlehnung eines Sprichwortes läßt sich nur sehr schwer unter Beweis stellen. Überhaupt muß die Möglichkeit einer Polygenese mancher Sprichwörter mit in Betracht gezogen werden, denn es kann möglich sein, dass eine als Sprichwort ausgedrückte Weisheit in der Antike ohne ­Entlehnungsvorgang Jahrhunderte später von einem einzelnen in ein unabhängiges ­deutsches Sprichwort verdichtet wird, was eine nur zufällige Übereinstimmung der beiden Sprichwörter darstellen würde. Die Lehnsprichwortforschung geht allerdings von der Monogenese der Sprichwörter aus, d.h. sie versucht, neuere Sprichwörter jeweils auf ein älteres Ursprungssprichwort zurückzuführen. Um über die Originalität oder Entlehnung deutscher Sprichwörter entscheiden zu können, bedarf es allerdings eingehender Einzelforschungen. (Röhrich und Mieder 1977: 37)

Es hat jedoch an dem Problem der Mono- und Polygenese mit Bezug auf den Ursprung besonders älterer Sprichwörter – bei modernen Sprichwörtern ist der exakte Ursprung oft bekannt – in der Sprichwortforschung gefehlt. So erscheinen zum Beispiel beide Begriffe nicht in meinem Buch Proverbs. A Handbook (2004), was ich sehr bedauere. Aber der bekannte Folklorist Alan Dundes hat in seinem knappen Beitrag über „Paremiological Pet Peeves“ (2000) auf eben dieses kaum beachtete Phänomen der Polygenese von Sprichwörtern in aller Kürze hingewiesen: „If one is engaged in citing cognates of a particular proverb, one should be careful to distinguish actual cognates, that is, versions and variants of the proverb in question, assumed to be historically/genetically related to that proverb, from mere parallels which may well have arisen independently, that is through polygenesis“ (Dundes 2000: 298). Mit Bezug auf meinen verstorbenen Freund Alan Dundes habe ich in meinem Beitrag über „Origins of Proverbs“ (2015) Folgendes vermerkt:

All these loan processes assume a single origin of every proverb, i.e., monogenesis. And yet, separate origins of such minimalistic texts as proverbs can occur […] After all, why should such short proverbs as Love is blind or Walls have ears not have been coined more than once in disparate areas of the world? They express common ideas or phenomena, often in a metaphorical way, that might well have resulted in more than one origin. Such proverbs, few as they might be, could be called universal proverbs [Paczolay 2005: 74] in opposition to proverbs of but one origin appearing in many parts of the world due to normal loan processes that are enhanced by modern aspects of globalization. Nevertheless, polygenesis is hard to prove. (Mieder 2015: 34)

2 Polygenese zweier Sprichwörter

In der Tat, Polygenese ist nur schwer zu beweisen, und es wird wohl wirklich nur eine geringe Anzahl solcher Fälle geben. Aber auch das wäre erst noch von Parömiologen unter Beweis zu stellen. Immerhin habe ich es versucht, Polygenese von je zwei Sprichwörtern an zwei sogenannten „case studies“ aufzuzeigen. Da ist einmal meine in dem spanischen Jahrbuch Paremia erschienene Studie „‚Laissez faire à Georges‘ and ‚Let George do it‘. A Case of Paremiological Polygenesis“ (2013), die erklärt, dass es sich bei dem französischen Text um ein Sprichwort aus dem 15. Jahrhundert handelt, das sich auf den Cardinal Georges d’Amboise bezieht, der als Minister unter König Louis XII. dessen Staatsgeschäfte vorzüglich zu bewältigen wusste. Demgegenüber bezieht sich der Vorname in dem seit etwa 1880 umlaufenden amerikanischen Sprichwort auf schwarze Gepäckträger, die alles gewissenhaft für die weißen Zugfahrgäste besorgten. Beide Sprichwörter haben absolut nichts miteinander zu tun, d.h., das amerikanische Sprichwort ist nicht aus dem Französischen entlehnt worden (Mieder 2014: 436–480). Aber sie haben dennoch dieselbe Bedeutung und sind auch im Gebrauch gleich, um auszudrücken, dass man es jemandem mit dem Allerweltsnamen Georges/George überlässt, eine Sache verantwortlich zu erledigen. Es sei aber auch erwähnt, dass das französische Sprichwort heutzutage nur noch sehr selten auftritt, während das amerikanische Sprichwort noch zu hören und zu lesen ist, allerdings auch weniger, da es inzwischen als Vorurteil betrachtet wird. Übrigens konnte ich anhand von etlichen historischen Belegen zeigen, dass sowohl Lexikographen als auch Parömiographen zwischen 1926 und 2001 daran festhielten, dass das amerikanische Sprichwort eine Lehnübersetzung des französischen Textes darstellt. Sie hielten also an der vorherrschenden Idee einer Monogenese fest, anstatt die Möglichkeit einer Polygenese in Betracht zu ziehen.

In meiner zweiten in der ägyptischen Zeitschrift Kairoer Germanistische Studien erschienenen Untersuchung geht es um „‚Mein Haus ist meine Burg‘ – ‚My House is My Castle‘. Zur Überlieferung und Bedeutung eines deutsch-englischen Sprichwörterpaars“ (Mieder 2022). Offensichtlich gehen beide absolut äquivalente Texte auf die lateinische Rechtsregel „Domus sua cuique est tutissimum refugium. Das eigene Haus ist für jeden die sicherste Zufluchtstätte. Der Wohnungsinhaber braucht niemand einzulassen“ (Liebs 1982: 59, Nr. 66) zurück. Das kommt jedoch im Wortlaut und der Struktur noch keineswegs den beiden Sprichwörtern gleich! Im Deutschen entwickelte sich das Sprichwort seit dem mittelalterlichen Text „daz einem ieglichen purger sein haus sein veste sei / dass einem jeden Bürger sein Hause seine Burg sei“ (Singer und Liver 1995–2005: V, 448, Nr. 84) weiter zu dem in Rechtsquellen zitierten Sprichwort „Mein Haus ist meine Burg“, ohne jedoch als allgemein bekanntes Volkssprichwort zu gelten. Im Englischen dagegen trat das Sprichwort „My house is my castle“ bereits im 16. Jahrhundert als gängige Weisheit mit etlichen Varianten auf. Unter Einfluss aber eben dieser englischen Formulierung ist dann auch das deutsche Sprichwort stärker verbreitet worden, so dass im Deutschen heutzutage die deutsche sowie die englische Fassung zitiert wird. Dennoch muss das deutsche Sprichwort nicht als Lehnübersetzung aus dem Englischen gelten, auch wenn es Quellenbelege gibt, die das behaupten wollen. Sie sind unabhängig voneinander entstanden, treten aber jetzt wie gesagt oft in Tandem in deutschen Texten auf, was natürlich für die Verwendung im Englischen nicht der Fall ist.

3 „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ als Lehnsprichwort?

Hier geht es um eine kleine in der deutschen Zeitschrift Der Sprachdienst veröffentlichte Glosse „Woher stammt eigentlich die Redewendung ‚Wo ein Wille ist, (da) ist auch ein Weg‘?“ (2017b), die ich dann in noch kürzerer Gestaltung in meinem Buch Entkernte Weisheiten. Modifizierte Sprichwörter in Literatur, Medien und Karikaturen (2017a: 474–483) zusammen mit Antisprichwörtern und Illustrationen abgedruckt habe. Beide Texte beginnen mit der als Überraschung ausgedrückten Feststellung, dass es sich bei diesem Sprichwort um eine Lehnübersetzung des ­englischen Sprichwortes „Where there is a will, there is a way“ handelt, dessen Frühbeleg aus dem Jahre 1822 stammt. Nach meinem damaligen Wissen trat die deutsche Lehnübersetzung dreißig Jahre später 1852 zum ersten Mal auf, die sich dann langsam zu einem eigenständigen deutschen Sprichwort entwickelt hat. In beiden Fällen war ich erstaunt, dass die Sprichwörter wirklich nicht älter sein sollten, und so habe ich in den vergangenen Jahren immer einmal wieder geschaut, ob es nicht doch noch etwas Weiteres zu entdecken gäbe. Meine umfangreichen Nachforschungen, die ich an mehreren Belegketten aufzeigen möchte, lassen erkennen, dass der deutsche Text vielleicht doch nicht eine Lehnübersetzung aus dem Englischen ist, obwohl es genügende historische Belege gibt, die das ausdrücklich behaupten. Mit anderen Worten, vielleicht liegt hier doch ein weiteres Beispiel für die eher seltene Polygenese statt der generellen Monogenese vor. Wie schon gesagt, der polygenetische Beweis ist schwer zu erbringen, und falls weiterhin zweifelhaft, so sollen folgende Ausführungen immerhin die Geschichte des Sprichwörterpaars darstellen und zeigen, wie komplex sich solche Nachforschungen erweisen können. Ganz allgemein hat mein parömiologischer Freund Charles Clay Doyle dies in seinem grundlegenden Beitrag „Observations on the Diachronic Study of Proverbs“ (2001) bestens zum Ausdruck gebracht: „How is a paremiologist to differentiate between an actual instance of a proverb and a variant or a paraphrase or an adaptation of the proverb, or an antecedent or a precursor of the proverb, or an analog of the proverb, or an allusion to the proverb, or a parody of the proverb? Those questions concerning the form, style, and functions of proverbs continue to vex the researchers“ (Doyle 2001: 74).

Dass es sich lohnt, die beiden Sprichwörter eingehender zu erforschen, mag schon daraus hervorgehen, dass sie zu dem parömiologischen Minimum beider Sprachen gehören, d.h., sie sind in der Tat allgemein bekannt. Das ist für das deutsche Sprichwort bestimmt der Fall, auch wenn Kun Hwan Kim es nicht in seine reichhaltige Untersuchung „Deutsche Sprichwörter im Spiegel der Gesellschaft: Analyse der von Deutschen am häufigsten genannten Sprichwörter“ (1999) aufgenommen hat. Dagegen haben Christa Frey, Annelies Herzog, Arthur Michel und Ruth Schütze in ihrem Sprachlehrbuch Deutsche Sprichwörter für Ausländer. Eine Auswahl mit Beispielen (1970) in ihre 275 Texte der „heute noch häufig gebrauchten deutschen Sprichwörter“ (5) dieses Sprichwort aufgenommen. Es erscheint in einer besonderen Liste von 30 Sprichwörtern, die Lernende oft hören werden und die „sie kennen und auch selbst anwenden können sollten“ (84). Auch hat mein verstorbener Freund Peter Grzybek in seiner grundlegenden Studie „Sinkendes Kulturgut? Eine empirische Pilotstudie zur Bekanntheit deutscher Sprichwörter“ (1991) feststellen können, dass das Sprichwort mit 97.5 %-iger Bekanntheit offensichtlich gang und gäbe sowie allgemein bekannt ist (Grzybek 1991: 257). In ihrer vorzüglichen empirisch durchgeführten Analyse zur „Proverb Familiarity in the United States: Cross-Regional Comparisons of the Paremiological Minimum“ (2008) konnte die Soziologin Heather Haas feststellen, dass das englischsprachige elliptisch ausgedrückte Sprichwort „Where there’s a will, there’s a way“ an dreizehnter Stelle unter 313 Sprichwörtern in Beziehung auf Bekanntheit steht (Haas 2008: 338). Offensichtlich dreht es sich also bei beiden Sprichwörtern um ungemein verbreitete und bekannte Sprichwörter!

4 Parömiographische Erfassung des deutschen Sprichwortes

Was ihre lexikographische oder besser parömiographische Erfassung betrifft, so erweist sich die historische Parömiographie des Deutschen als absolut katastrophal! Einmal davon ausgehend, dass das Sprichwort nicht älter als das frühe 19. Jahrhundert ist, so kann es nicht überraschen, daß es in den drei folgenden Sammlungen nicht auftritt: Wilhelm Körte, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Deutschen (1837); Josua Eiselein, Die Sprichwörter und Sinnreden des deutschen Volkes in alter und neuer Zeit (1840); und auch nicht in Karl Simrocks (vgl. Chlosta, Grzybek und Roos 1994: 36) weit verbreiteter Sammlung Die deutschen Sprichwörter (1846). Aber es fehlt auch, mehr oder weniger unverständlich nach meinen hier versammelten historischen Belegen, bei dem so unglaublich umsichtigen Karl Friedrich Wilhelm Wander und seinem fünfbändigen Deutschen Sprichwörter-Lexikon (1867–880)! Wie ist das nur möglich? Teilweise liegt es daran, dass die historische Parömiographie des Deutschen im Vergleich zum Englischen seit seinem Lexikon kaum Fortschritte gemacht hat. Dazu möchte ich hier mein bereits 1984 ausgedrücktes Desideratum noch einmal abdrucken:

Momentan gibt es, wie gesagt, ausgezeichnete Einzeluntersuchungen zu Sprichwörtern oder zu den Sprichwörtern in den Werken deutschsprachiger Schriftsteller [und natürlich mehr!]. Es ist an der Zeit, daß diese Forschungsergebnisse wenigstens für eine beachtliche Anzahl der heute noch gebräuchlichen Sprichwörter in einem Sprichwörterlexikon zusammengefaßt werden. Mit den lexikographischen Möglichkeiten des Computers wäre ein solches wissenschaftliches Werk durchaus zu bewältigen. Auch diese Sammlung wäre alphabetisch nach Stichwörtern aufzubauen, doch würde sie wegen der vielen Belege für jedes Sprichwort weit über alle bestehenden deutschen Sprichwörtersammlungen hinausgehen. Wir brauchen nicht noch eine Massensammlung unbelegter Sprichwörter, sondern eine historisch exakte Sammlung der wichtigsten deutschen Sprichwörter, die diese von ihrem Ursprung bis zur Moderne in ihren Varianten aufzeichnet. Ein solches Sprichwörterlexikon würde auch endlich auf kompaktem Raum nachweisen, daß Sprichwörter ­keineswegs starre Wortblöcke sind, sondern daß sie sich heute noch sprachlich weiterentwickeln, indem z.B. Parodien zu allgemein akzeptierten Sprichwörtern werden. (Mieder 1984: 348–349)

Mir schwebte damals eine Forschungsstelle mit mehreren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor, doch dazu ist es leider nicht gekommen. Und was haben wir nun mit Bezug auf das Sprichwort „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ parömiographisch aufzuweisen? Ein durchaus negatives Bild von neueren Massensammlungen, die einen Text kommentarlos an den anderen hängen, und zwar, was speziell dieses Sprichwort betrifft, erst seit den fünfziger Jahren!

  • 1957: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Französisches Sprichwort

    Karl Peltzer, Das treffende Zitat. Thun: Ott Verlag, 1957, S. 782, Nr. 17. Die französische Bezeichnung muß ein Fehler sein!

  • 1970: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

    Christa Frey, Annelies Herzog, Arthur Michel und Ruth Schütze, Deutsche ­Sprichwörter für Ausländer. Eine Auswahl mit Beispielen. Leipzig: Brockhaus, 1970, S. 82, Nr. 26.

  • 1973: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Dt. Spr.

    Lutz Mackensen, Zitate, Redensarten, Sprichwörter. Stuttgart: Fackelverlag, 1973,

    S. 829, Nr. 9977.

  • 1974: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. (Sprichwort)

    Gerhard Hellwig, Zitate und Sprichwörter von AZ. Gütersloh: Bertelsmann,1974, S. 485.

  • 1982: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. (Sprichwort)

    Gerhard Hellwig, Das Buch der Zitate. München: Mosaik Verlag, 1982, S. 485.

  • 1983: Wo e Willen ist, ist au es Wärch.

    Paul F. Portmann, Di letschti Chue tuets’s Törli zue. Schweizerdeutsche Sprichwörter. Frauenfeld: Huber, 1983, S. 155.

  • 1984: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

    Horst und Annelies Beyer, Sprichwörterlexikon. Sprichwörter und sprichwörtliche Ausdrücke aus deutschen Sammlungen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Leipzig: Bibliographisches Institut, 1984, S. 660 und S. 674.

  • 1986: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

    Christian Morgen, Zitate und Sprichwörter von A bis Z. München: Vehling Verlag, 1986, S. 352.

  • 1992: Wo ein Wille [ist], ist auch ein Weg.

    Lutz Röhrich, Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Freiburg: Herder, 1991–1992, Bd. 3, S. 1730.

  • 1993: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

    Margit Mehring, Zitate und Sprichwörter von A bis Z. Niedernhausen/Ts.: Bassermann, 1993, S. 282.

  • 1995: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!: wenn man etwas unbedingt erreichen will, findet man auch einen Weg, es zu erreichen.

    Maron Schön, Deutsch. Sprichwörter und Redensarten. München: Compact Verlag, 1995, S. 434.

  • 1995: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – (prov.) where there’s a will, there’s a way.

    Keith Spalding, An Historical Dictionary of German Figurative Usage. Oxford: Blackwell, 1952–2000, Bd. 6, S. 2629.

  • 1997: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

    Karl August Fritz, Das große Buch der Sprichwörter und Spruchweisheiten. Würzburg: Stürtz, 1997, S. 176.

  • 2013: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg / (scherzh.:) Gebüsch: wenn man etwas ernst-haft will, findet man auch eine Möglichkeit, es zu erreichen.

    Werner Scholze-Stubenrecht und Angelika Haller-Wolf, Duden. Redewendungen. Wörterbuch der deutschen Idiomatik. 4. Aufl. Berlin: Dudenverlag, 2013, S. 844. Identisch auch schon in Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden. Mannheim: Dudenverlag, 1999, Bd. 10, S. 4520 (vgl. Mieder 2003).

5 Parömiographische Erfassung des englischen Sprichwortes

Doch wie enorm anders sieht es um das Sprichwort „Where there is a will, there is a way“ in der angloamerikanischen Parömiographie aus! Auch wenn der international weiterhin geschätzte amerikanische Parömiologie und Parömiograph Archer Taylor (1890–1973) in seinem Beitrag „How Nearly Complete Are the Collections of Proverbs“ (1969) feststellen musste, dass halt manches Sprichwort fehlt, zu welchem Urteil auch Charles Doyle in seinem bedeutenden Aufsatz „On, New‘ Proverbs and the Conservativeness of Proverb Dictionaries“ (1996) kommen musste, so ist dennoch nicht zu bestreiten, dass die englischsprachige historische Parömiographie auf einem sehr hohen wissenschaftlichen Niveau steht. Ich habe seit fast fünfunddreißig Jahren in meinen „Prolegomena to Prospective Paremiography“ (1990: 136–137) argumentiert, dass solche zwischen zwei bis sage und schreibe vierzehn historische Belege enthaltenden Sammlungen wie die folgenden unbedingt als Modelle beachtet werden müssten: Burton Stevenson, The Home Book of Proverbs, Maxims and Familiar Phrases (1948); Morris Palmer Tilley, A Dictionary of the Proverbs in England in the Sixteenth and Seventeenth Centuries (1950); Archer Taylor und Bartlett Jere Whiting, A Dictionary of American Proverbs and Proverbial Phrases 18201880 (1958); F.P. Wilson, The Oxford Dictionary of English Proverbs (1970), Bartlett Jere Whiting, Modern Proverbs and Proverbial Sayings (1989), Wolfgang Mieder, Stewart A. Kingsbury und Kelsie B. Harder, A Dictionary of American Proverbs (1992); und Gregory Titelman, Dictionary of Popular Proverbs and Sayings (1996). Andere Sammlungen kommen noch hinzu, wie aus der folgenden Liste wertvoller historisch aufgebauter Werke hervorgeht. Ersichtlich wird hier natürlich auch, dass das englische Sprichwort bereits 1855 parömiographisch erfasst worden ist, während es im Deutschen erst hundert Jahre später 1957 dazu kommt:

  • 1855: Where there’s a will, there’s a way.

    Henry G. Bohn, A Hand-Book of Proverbs. London: H.G. Bohn, 1855, S. 564.

  • 1869: Where there’s a will there’s a way.

    William Carew Hazlitt, English Proverbs and Proverbial Phrases. London: J.R. Smith, 1869, S. 467.

  • 1929: Where there’s a will there’s a way.

    G.L. Apperson, English Proverbs and Proverbial Phrases: A Historical Dictionary. London: J.M. Dent, 1929, S. 687. Mit vier Belegen.

  • 1935: Where there’s a will there’s a way.

    William George Smith, The Oxford Dictionary of English Proverbs. Oxford: Clarendon Press, 1935, S. 582. Mit 3 Belegen.

  • 1948: Where there’s a will there’s a way.

    Burton Stevenson, The Home Book of Proverbs, Maxims and Familiar Phrases. New York: Macmillan, 1948, S. 2510. Mit 6 Belegen.

  • 1958: Where there is a will there is a way.

    Archer Taylor und Bartlett Jere Whiting, A Dictionary of American Proverbs and Proverbial Phrases 18201880. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1958, S. 402. Mit 8 Belegen.

  • 1970: Where there’s a will there’s a way.

    F.P. Wilson, The Oxford Dictionary of English Proverbs. 3. Aufl. Oxford: Oxford University Press, 1970, S. 891. Mit 3 Belegen.

  • 1989: Where there’s a will there’s a way.

    The Oxford English Dictionary. Eds. John A. Simpson und E.S.C. Weiner. 2. Aufl. Oxford: Clarendon Press, 1989, Bd. 20, S. 19 und S, 342. Ohne Belege.

  • 1989: Where there’s a will there’s a way.

    Bartlett Jere Whiting, Modern Proverbs and Proverbial Sayings. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1989, S. 683–684. Mit 14 Belegen.

  • 1992: Where there’s a will there’s a way.

    Wolfgang Mieder, Stewart A. Kingsbury und Kelsie B. Harder, A Dictionary of American Proverbs. New York: Oxford University Press, 1992, S. 655, Nr. 8. Mit 2 Belegen.

  • 1996: Where there’s a will, there’s a way. If one is determined, anything can be achieved.

    Gregory Titelman, Dictionary of Popular Proverbs and Sayings. New York: Random House, 1996, S. 369–370. Mit 6 Belegen.

  • 2005: Where there’s a will, there’s a way.

    George B. Bryan und Wolfgang Mieder, A Dictionary of Anglo-American Proverbs & Proverbial Phrases Found in Literary Sources of the Nineteenth and Twentieth Centuries. New York: Peter Lang, 2005. S. 843. Mit 9 Belegen.

  • 2015: Where there’s a will, there’s a way. If sufficient determination is present, a way can be found through all obstacles. Will here normally means ‘strong intention’, but punning on the sense of will as a document that declares a person’s wishes regarding his property after his death, the saying has been used by the legal profession to encourage people to make out formal wills.

    Jennifer Speake, Oxford Dictionary of Proverbs. 6. Aufl. Oxford: Oxford University Press, 2015, S. 346–347. Mit 4 Belegen.

  • 2021: Where there’s a will, there’s a way. Sehr oft zitiertes Sprichwort.

    Wolfgang Mieder, English Proverbs. Reclam premium Sprachtraining. Stuttgart: Philipp Reclam, 2021, S. 131.

  • 2021: Where there’s a will, there’s a way.

    Fred R. Shapiro, The New Yale Book of Quotations. New Haven, Connecticut: Yale University Press, 2021, S. 666, Nr. 327. Mit 2 Belegen.

6 Beide Sprichwörter in polyglotten Sammlungen und Wörterbüchern

Hier sei auch gleich noch hinzugefügt, dass die beiden Sprichwörter auch in polyglotten Sammlungen auftauchen, wobei festzustellen ist, dass es auch die holländische Fassung „Waar een will is, is een weg“ gibt, wobei es sich wohl um eine Lehnübersetzung entweder aus dem Deutschen oder Englischen handeln dürfte. Festzustellen ist hier allerdings, dass das parömiographisch so engagierte Ehepaar Ida von Düringsfeld und Otto von Reinsberg-Düringsfeld das deutschsprachige Sprichwort im dritten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts als Lehnsprichwort aus dem Englischen betrachteten:

  • 1863: Wo ein Wille ist, da ist ein Weg. (engl.)

    Ida von Düringsfeld, Das Sprichwort als Praktikus. Leipzig: Hermann Fries, 1863, S. 103. Auch als zweiter Teil in Ida von Düringsfeld, Das Sprichwort als Kosmopolit. Leipzig: Hermann Fries, 1866, S. 103. Nachdruck hrsg. von Wolfgang Mieder. Hildesheim: Georg Olms, 2002.

  • 1875: Where there’s a will, there’s a way. Wo ein Wille ist, da ist ein Weg. en. ­[englisch].

    Ida von Düringsfeld und Otto von Reinsberg-Düringsfeld, Sprichwörter der germanischen und romanische Sprachen. Leipzig: Hermann Fries, 1872–1875, Bd. 2, S. 376, Nr. 658.

  • 1994: Where there’s a will there’s a way. English / Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. German / Waar een will is, is een weg. Dutch.

    Emanuel Strauss, Dictionary of European Proverbs. London: Routledge, 1994, Bd. 1, S. 524–525, Nr. 587.

Der Vollständigkeit halber seien hier noch zwei neuere holländische Sammlungen erwähnt, wobei der Herausgeber der neueren Sammlung von 2018 darauf hinweist, dass das Sprichwort in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts aus dem Deutschen oder Englischen ins Holländische wird entlehnt worden sein:

  • 1979: Waar een will is, is ook een weg = met ernstige wil bereikt men zijn doel.

    K. ter Laan, Nederlandse spreekwoorden/spreuken en zegswijzen. Amsterdam: Elsevier,1979, S. 367.

  • 2018: Waar een will is, is een weg. Wie werkelijk een doel will bereiken, zoekt net zo lang naar mogelijkheden en middelen tot dat gelukt is. […] De herkomst van het spreekwoord is onduidelijk. […] Zeker is dat het spreekwoord in de tweede helft van de 19e eeuw courant werd. […] Parallele spreekwoorden komen voor in het Duits: wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, en het Engels: where there’s a will there’s a way.

    Ton den Boon, Spreekwoordenboek Utrecht: Van Dale, 2018, S. 360. Mit 3 Belegen.

Natürlich treten beide Sprichwörter auch in den größeren zweisprachigen Wörterbüchern auf (Mieder 1999), wofür die vier großen Langenscheidt-Bände für die beiden Sprachen Deutsch und Englisch als Beispiele zitiert werden mögen. Lexikographisch gesehen ist vielleicht von Interesse, dass der deutsch-englische Band beide Texte ausdrücklich als Sprichwort/proverb kennzeichnet, während der englisch-deutsche Band diese Kennzeichnung unterschlägt:

  • 1963: where there’s a will there’s a way / wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

    Otto Springer, Langenscheidt’s Encyclopaedic Dictionary of the English and German Languages. Part I. English-German. Berlin: Langenscheidt, 1963 (8. Aufl. 1986),

    Bd. 2, S. 1662.

  • 1975: wo ein Wille ist, ist auch ein Weg (Sprichwort) where there’s a will, there’s a way (proverb).

    Otto Springer, Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache. Teil II. Deutsch-Englisch. Berlin: Langenscheidt, 1975 (3. Aufl. 1983), Bd. 2, S. 1805.

7 Mögliche Vorläufer beider Sprichwörter

Soweit also die lexikographisch-parömiographische Übersicht zu beiden Sprichwörtern, die möglicherweise auf folgende Vorläufer zurückgehen. Im Deutschen käme die 1619 von Jacob Böhme formulierte Aussage „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Begehren“ in Frage, die auch strukturmäßig dem gängigen Sprichwort entspricht. Allerdings ist dies eine ausgesprochene Eintagsfliege, die wohl kaum der Ausgangspunkt des so bekannten Sprichwortes gewesen sein dürfte:

  • 1619: Der Wille machet die Sehnlichkeit / daß sich der Wille immer sehnet nach dem Lichte; und ist das ein ewig Band / das ohne Anfang und ohne Ende ist. Dess wo ein Wille ist / da ist auch ein Begehren; und wo ein Begehren ist / da ist auch ein Anziehen in des Willens Begehren / dessen so der Wille begehret.

    Jacob Böhme, De Tribus Principiis. Oder: Beschreibung der Drey Principien Göttlichen Wesens, geschrieben 1619, gedruckt 1715 in Theosophia Revelata. Das ist: Alle Göttliche Schriften Des Gottseligen und Hocherleuchteten Deutschen Theosophi Jacob Böhmens. Hamburg: Holle, 1715, S. 533–534.

    Im Englischen ist die Sache etwas interessanter, denn immer wieder haben Parömiographen das etwa zwanzig Jahre später von George Herbert in seiner Sammlung Outlandish Proverbs (1640) registrierte Sprichwort „To him that will, waies are not wanting“ als definitiven Ausgangspunkt für das bekannte Sprichwort betrachtet:

  • 1640: To him that will, waies are not wanting.

    George Herbert, Outlandish Proverbs. London: Humphrey Blunden, 1640, ohne Seitenangabe, Nr. 730. Nachdruck hrsg. von Gordon Jackson. Lincoln, Great Britain: Asgill Press, 2001, S. 29. Auch in Morris Palmer Tilley, A Dictionary of the Proverbs in England in the Sixteenth and Seventeenth Centuries. Ann Arbor, Michigan: University of Michigan Press, 1950, S. 711 (W157).

    Nun gut, die Idee und Bedeutung dieses Sprichwortes entspricht in etwa dem gängigen Sprichwort, aber es hat über Herbert hinaus keine Belege aufzuweisen, und vor allem hat es natürlich nicht die Struktur des überlieferten Sprichwortes. Wenn ich heute in einer neuen Sprichwörtersammlung entscheiden müsste, Herberts Sprichwort als „Urform“ zu registrieren, so würde ich es nicht als solche

    aufnehmen. Das widerspräche einigen bedeutenden Parömiographen, aber ich könnte zu meiner Rechtfertigung anführen, wie die folgenden zahlreichen historischen Belege mich zu dieser Entscheidung überzeugt haben.

8 Strukturgleichheit beider Sprichwörter

Die absolut identische Struktur der beiden Sprichwörter, worauf Dutzende von Sprichwörtern fußen, ist für ihren Ursprung und ihre Überlieferung von erheblicher Bedeutung (Peukes 1977). Die Strukturmodelle „Wo A ist, da ist (auch) B“ beziehungsweise „Where there is A, there is (also) B“ haben zu zahlreichen Sprichwörtern geführt (Röhrich und Mieder 1977: 61; Taylor 1931: 149). Einige deutsche Beispiele wären etwa „Wo Frieden ist, da ist Segen“, „Wo Liebe ist, da ist auch Vertrauen“, „Wo Mäuse sind, da sind auch Katzen“, „Wo Rat ist, da ist Hilfe“, „Wo Reue ist, da ist auch Gnade“ und „Wo Stroh ist, da ist auch Korn.“ Die englische Überlieferung weist ähnliche Sprichwörter auf, wie etwa: „Where there is gold, there is wealth“, „Where there is life, there is hope“, „Where there is light, there is shadow“, „Where there is much love, there is much mistake“, „Where there is whispering, there is lying“ und auch das moderne Sprichwort „Where there is no victim, there is no crime.“ Nun gut, in beiden Sprachen liegen aber auch die zwei identischen Sprichwörter „Wo Rauch ist, da ist auch Feuer“ und „Where there’s smoke, there‘s fire“ vor, die auf das klassische Sprichwort „(There is) no smoke without (some) fire“ zurückgehen, das in Varianten, auch identisch mit den beiden gerade zitierten Sprichwörtern, in mehr als fünfzig Sprachen registriert worden ist (Paczolay 1997: 33–37). Dennoch muss es sich bei dem Auftreten des Sprichwortes in den Nationalsprachen nicht unbedingt um Monogenese handeln, denn es ist durchaus denkbar, daß sie unabhängig, also durch Polygenese, voneinander auf der Basis des verbreiteten Strukturmodells entstanden sind. Schließlich beruht die Weisheit des Sprichwortes auf einem in aller Welt zu beobachteten Naturphänomen. Ganz allgemein geht es darum, dass „proverbs in this structural group all express a certain causal relationship based on two nouns“ (Mieder 2006: 997). Das gilt selbstverständlich ebenfalls für das hier diskutierte Sprichwörterpaar mit seiner allgemeinen Botschaft, dass Willenskraft manches ermöglichen kann.

9 Historische Belegkette des englischen Sprichwortes

Doch „revenons à nos moutons!“ beziehungsweise „kehren wir zu unseren Hammeln zurück“ oder „let’s return to our muttons“, wie es redensartlich seit dem fünfzehnten Jahrhundert heißt (Büchmann 1995: 241). Die Frage ist nach wie vor, wie es um den Ursprung der beiden Sprichwörter steht. Nach eingehenden und langwierigen Nachforschungen, die möglicherweise durch die anwachsenden Datenbanken erweitert werden können, ist es mir gelungen, den Frühbeleg für das englische Sprichwort im Jahre 1724 zu entdecken. Interessant ist dabei, dass die Einführungsformel „tho’ it be homely, it is a true Saying“ schon zu dem Zeitpunkt darauf hinweist, dass es sich um ein scheinbar gängiges Sprichwort handelt. Das heißt, dass das Sprichwort zu diesem Zeitpunkt bereits im mündlichen Umlauf war und dass vielleicht auch frühere schriftliche Belege noch zu finden sind:

  • 1724: So that instead of improving, he [the apprentice] must lose the Learning he aquir’d at School. And indeed, if he leaves the School possess’d of a sluggish indolent Disposition, and of Learning rather forc’d upon him than chosen, it is probable he will forget what he brought thence; but if he be active, emulous and aspiring, he will certainly find Time for Reading and Thinking; for tho’ it be homely, it is a true Saying, that where there is a Will, there is a Way.

    Anonym, Pharmacoplae Justificati: or, Apothecaries Vindicated from the Imputation of Ignorance. London: J. Roberts, 1724, S. 6. Auch in Mr. Boyer (Hrsg.), The Political State of Great Britain for the Month of July 1724. London: T. Warner, 1724, S. 31.

Obwohl in meiner Belegkette eine Lücke von fünfundsechzig Jahren besteht, wird das Sprichwort im Jahre 1789 wieder durch einen direkten Hinweis eingeführt. Es kann also kein Zweifel daran bestehen, dass das englische Sprichwort mindestens seit dem achtzehnten Jahrhundert im Umlauf war:

  • 1789: Thus my little readers may see, by the example of Miss Sally-Scramble, how possible it is to grow good, if they will but take pains to become so; for according to the old proverb, “Where there is a will there is a way.”

Anonym, The Entertaining History of Little Goody Goosecap Containing a Variety of Adventures Calculated to Amuse and Instruct. London: J. Marshall, 1789, S. 27.

In den folgenden chronologisch angeordneten Belegen erscheint das Sprichwort in sehr unterschiedlichen Kontexten, wobei hin und wieder Einführungsformeln auf die gängige Weisheit hinweisen:

  • 1822: I found „the proverb“ nothing “musty”

  • 1832: according to the old saying

  • 1847: as to render the old adage […] a perfect truism

  • 1850: the truth is, as the proverb says

  • 1879: you reminded me of that proverb

  • 1923: the old saying

  • 1955: one old proverb

Zu bemerken ist auch, dass „where“ in einigen Belegen durch „when“ oder „if“ ersetzt wird, wobei es wohl kaum zu einer Bedeutungsverschiebung kommt. Höchstens dass die beiden Varianten die Möglichkeit statt des Daseins eines starken Willens etwas mehr hervorheben. Zu beobachten ist schließlich noch, dass es bei der offensichtlichen Bekanntheit und Frequenz des Sprichwortes gelegentlich auch zu einer Infragestellung (Beleg von 1850), Negierung (Belege von 1905 und 2000) oder einem Sprachspiel (Beleg von 1955) kommt:

  • 1797: As our Saviour says, “what shall it profit a man if he gain the whole world and lose his own soul?” As for time to serve God – why, where there’s a will, there’ a way. Take my word for it.

    Anonym, The Happiness of Having God for a Friend in Time of Trial. London: Jaques and Thomas, 1797, S. A4. (Shapiro 2021: 666, Nr. 327)

  • 1798: Learn, then, to understand the true hindrance to your recovery. It is not that there are no Christians who will help you. It is not that there are no means of deliverance for you, for we have shewn [sic] you that “if there is a will there is a way.” It is not that you are driven into sin by any irresistible fate, for God is above fate, and God drives no man into sin. It is, in short, your own fault, and your own fault alone.

    Anonym, Cheap Repository Tracts for Sunday Reading. London: C. Rivington, 1798, S. 291.

  • 1822: Where there’s a will, there’s a way. – I said to myself, as I walked down Chancery-lane, about half-past six o’clock on Monday the 10th of December, to inquire at Jack Randall’s where the fight next day was to be; and I found “the proverb” nothing “musty” in the present instance.

    William Hazlitt, “The Fight,” The New Monthly Magazine and Literary Journal, 4 (1822), S. 102–112 (hier S. 102).

  • 1832: The precision with which these injunctions are attended to will depend chiefly on three things: The personal disposition of the captain; the nature of the service upon which the ship is employed; and the state of the weather. “When [sic] there is a will there is a way,” according to the old saying; so that the question depends ultimately, in most cases, very much on the commander himself.

    Basil Hall, Fragments of Voyages and Travels. Edinburgh: Robert Cadell, 1832, Bd. 2, S. 2.

  • 1839: “Hoo [sic] much cash hast thee gotten?” “Not much,” said Nicholas, colouring, “but I make it enough. Where there’s a will, there’s a way, you know.”

    Charles Dickens, The Life & Adventures of Nicholas Nickleby. Oxford: Oxford University Press, 1950, S. 157.

  • 1839: “You can learn to do something else, you know. Where there’s a will, there’s a way.” “And I am very willing,” said Smike, brightening up again. “God knows you are,” rejoined Nicholas; “and if you fail, it shall go hard but I’ll do enough for us both.” “Do we go all the way, to-day?” asked Smike, after a short silence.

    Charles Dickens, The Life & Adventures of Nicholas Nickleby. Oxford: Oxford University Press, 1950, S. 272.

  • 1846: His was a spirit of beneficence, that is, of doing good. And, though the world was against him, he did immeasurable good. He who has the spirit of doing good, will find the means and accomplish the end. Where there is a will, there is a way. Talk not of your obscurity and your obstacles.

    The Cottage Magazine; or, Plain Christian Library. For the Year 1846, New series, 1 (1846), S. 188.

  • 1847: So as to render the old adage, as it regards education, a perfect truism, “If there is a will, there is a way.”

    Celatus, The Modern Theme: or Education, the People’s Right and a Nation’s Glory. London: John Johnstone, 1847, S. 154.

  • 1849: But you have time – you have all time. When [sic] there is a will there is a way. Make up your minds that there shall be a will, and pray earnestly to God to give it to you, if it is but for forty days: and in them think seriously, slowly, solemnly, over your past lives.

    Charles Kingsley, Twenty-Five Village Sermons. London: John W. Parker, 1849, S. 244–245.

  • 1850: The uneasiness of Mr. Wallace’s mind increasing with the growth of his suspicion that there must surely be a flaw in the old adage, and that where there was a will (and a great many wills) there was no way at all, he betook himself to the Cathedral-close.

    Charles Dickens (with W.H. Wills), “The Doom of English Wills: Cathedral Number Two,” in Charles Dickens’ Uncollected Writings from “Household Words” 18501859. Ed. Harry Stone. Bloomington, Indiana: Indiana University Press, 1968, S. 173–181 (hier S. 175).

  • 1850: The truth is, as the proverb says, “When [sic] there is a will, there is always a way.” Having it in their heart to give, they contrived, by dint of some ingenuity, and not a little self-denial, to get it into their power to give.

    The Evangelical Magazine and Missionary Chronicle, 28, New Series (June 1850), S. 294.

  • 1854: You want your own way; you have a will of your own, and you wish us all to bow to it. Now all of this may be said in a few words, as “When there is a will, there is a way.”

    A Schoolmaster, The Word-Making Primer, Designed for Use in Elementary Schools. London: Longman, 1854, S. 46.

  • 1857: Such separation, if ever effected at all, must be effected by colonization; and no political party, as such, is now doing anything directly for colonization [sending African American slaves to Africa]. Party operations at present only favor or retard colonization incidentally. The enterprise is a difficult one; but “when [sic] there is a will there is a way;” and what colonization needs most is a hearty will. Will springs from the two elements of moral sense and self-interest. Let us be brought to believe it is morally right, and, at the same time, favorable to, or, at least, not against, our interest, to transfer the African to his native clime, and we shall find a way to do it, however great the task may be.

    Abraham Lincoln, The Collected Works of Abraham Lincoln. Ed. Roy Basler. New Brunswick, New Jersey: Rutgers University Press, 1953, Bd. 2, S. 409 (Rede am 26. Juni 1867).

  • 1866: “To be sure you will. Remember there is always a way where there’s a will. When I pay off the debt I owe Peter Wood, I will see what we can do about some new books.

    Augusta J. Evans, St. Elmo. New York: Grosset & Dunlap, 1866, S. 16.

  • 1879: “Never. I will work my fingers to the bone first.” “What good will that do, if nobody will pay you for your work? Most people are willing to work; but the will is of no use, unless there is a way too.” “Where theres [sic] a will, theres a way.” “May I ask” said Lady Geraldine, irritated, “whether you think you reminded me of that proverb, or I you?” “Or you me?” said Fenwick, confused.

    Bernard Shaw, Immaturity. London: Constable, 1931, S. 393 (geschrieben 1879).

  • 1894: But how can this [negro] problem be solved? I will tell you how it can not be solved. It cannot be solved by keeping the negro poor, degraded, ignorant, and half-starved, as I have shown is now being done in the Southern States. […] It can, however, be done, and very easily done, for where there’s a will, there’s a way! Let the white people pf the North and South conquer their prejudices. Let the Northern press and pulpit proclaim the gospel of truth and justice against the war now being made upon the Negro. Let the American people cultivate kindness and humanity.

    Frederick Douglass, The Frederick Douglass Papers. Ed. John Blassingame. New Haven, Connecticut: Yale University Press, 1985–1992, Bd. 5, S. 604.

  • 1905: If there is a will there is a way. The way is open for every man, woman and child to be successful in the raising of fruit. There is no excuse.

    E.B. Flick, Transactions of the Indiana Horticultural Society for the Year 1904. Indianapolis, Indiana: William Surford, 1905, S. 139.

  • 1905: I do not know whether you have any illusions left on the subject of education, progress, and so forth. I have none. Any pamphleteer can shew [sic] the way to better things; but when [sic] there is no will there is no way. My nurse was fond of remarking that you cannot make a silk purse out of a sow’s ear; and the more I see of the efforts of our churches and universities and literary sages to raise the masses above its own level, the more convinced I am that my nurse was right.

    George Bernard Shaw, Complete Plays with Prefaces. New York: Dodd, Mead & Company, 1963, Bd. 3, S. 503 (Vorwort zu Man and Superman).

  • 1923: If the giraffe can develop his neck by wanting and trying, a man can develop his character in the same way. The old saying, “Where there is a will, there is a way,” condenses Lamarck’s theory of functional adaptability into a proverb. This is bracingly moral to strong minds, and reassuringly pious to feeble ones.

    George Bernard Shaw, Complete Plays with Prefaces. New York: Dodd, Mead & Company, 1963, Bd. 2, S. S. 60 (Back to Methuselah).

  • 1943: Be [sic] God, now you’re using your wits. And where there’s a will there’s a way. You and me have never been beat when we put our brains together. I’ll keep thinking it over, and you do the same.

    Eugene O’Neill, Complete Plays 19321943. New York: The Library of America, 1988, Bd. 3, S. 871 (A Moon for the Misbegotten).

  • 1955: One old proverb originated differently than we hear it today. It seems that Bill was so much in love with May that he followed her wherever she went. People said, Where there’s a Bill, there’s a May. Someone twisted it around later to: Where there’s a will, there’s a way.

    Vernon Howard, Humorous Monologues. New York: Sterling Publishing Co., 1955, S. 110.

  • 2000: If there is a will, there is a way. / If there is no will, there is no way.

    What I have seen over and over in myself and in my clients is that a strong will is needed to make a lasting transformation.

    Mukunda Stiles, Structural Yoga Therapy. Adapting to the Individual. Boston: Weiser Books, 2000, S. 88.

Die kontextualisierten Belege zeigen zur Genüge, dass das Sprichwort vor allem als Argument, Aufforderung und Ermunterung eingesetzt wird. Das kommt ganz besonders in dem didaktischen Gedicht von der amerikanischen Dichterin Eliza Cook (1818–1889) zum Vorschein, wo das Sprichwort als Titel und dann als Leitmotiv am Ende jeder Strophe auftritt. Am Ende hat man das Gefühl, dass das nun wirklich genug des Guten ist, aber warum soll das Sprichwort nicht auch die Hoffnung ausdrücken, dass Willenskraft und Engagement tatsächlich zu einem positiven Resultat führen können:

“Where There’s a Will There’s a Way” (1868)
We have faith in old proverbs full surely,
For Wisdom has traced what they tell,
And Truth may be drawn up as purely
From them, as it may from “a well.”
Let us question the thinkers and doers,
And hear what they honestly say;
And you’ll find they believe, like bold wooers,
In “Where there’s a will there’s a way.”
The hills have been high for man’s mounting,
The woods have been dense for his axe.
The stars have been thick for his counting,
The sands have been wide for his tracks.
The sea has been deep for his diving,
The poles have been broad for his sway,
But bravely he’s proved in his striving,
That “Where there’s a will there’s a way.”
Have ye vices that ask a destroyer?
Or passions that need your control?
Let Reason become your employer,
And your body be ruled by your soul.
Fight on, though ye bleed in the trial,
Resist with all strength that ye may;
Ye may conquer Sin’s host by denial;
For “Where there’s a will there’s a way.”
Have ye Poverty’s pinching to cope with?
Does Suffering weigh down your might?
Only call up a spirit to hope with,
And dawn may come out of the night.
Oh! much may be done be defying
The ghosts of Despair and Dismay;
And much may be gained by relying
On “Where there’s a will there’s a way.”
Should ye see, afar off, that worth winning,
Set out on the journey with trust;
And ne’er heed if your path at beginning
Should be among brambles and dust.
Though it is but by footsteps ye do it,
And hardships may hinder and stay;
Walk with faith, and be sure you’ll get through it;
For “Where there’s a will there’s a way.”

Eliza Cook, The Poetical Works of Eliza Cook. London: Frederick Warne and Co., 1869, S. 436-437 (das Gedicht stammt von 1868). Auch in Janet Sobieski und Wolfgang Mieder (Hrsg.), „So Many Heads, So Many Wits“. An Anthology of English Proverb Poetry. Burlington, Vermont: The University of Vermont, 2005, S. 46–47.

Schließlich sei noch diese Strophe aus dem Musical Iolanthe (1882) von W.S. Gilbert (1836–1911) und Arthur Sullivan (1842–1900) zitiert. Sie ist Teil des aus Sprichwörtern bestehenden Songs „Faint Heart Never Won Fair Lady“, worin es darum geht, Mut zu einem Liebesabenteuer zu fassen:

Faint Heart never won fair lady!
While the sun shines make your hay –
Where a will is, there’s a way –
Beard the lion in his lair –
None but the brave deserve the fair!

The Complete Plays of Gilbert and Sullivan. Hrsg. Bennett A. Cerf und Donald S, Klopfer. New York: The Modern Library, 1936, S. 280–281. Auch in Janet Sobieski und Wolfgang Mieder (Hrsg.), „So Many Heads, So Many Wits“. An Anthology of English Proverb Poetry. Burlington, Vermont: The University of Vermont, 2005, S. 55–56.

Bei einer solchen Beliebtheit des Sprichwortes ist es nicht verwunderlich, dass es schon im neunzehnten Jahrhundert zu zwei Wellerismen (Sagwörtern) gekommen ist, die das Sprichwort entstellen beziehungsweise bespötteln:

  • 1856: “Where there’s a will there’s a whey,” as the nurse said when she put the saucepan of pure Orange County milk on the fire.

  • 1881: “Where there’s a swill there’s a way,” as the hog said when he rooted the back gate off its hinges to come to the kitchen swill barrel.

    Wolfgang Mieder und Stewart Kingsbury, A Dictionary of Wellerisms. New York: Oxford University Press, 1994, S. 151, Nr. 1501 und S. 132, Nr. 1314.

Doch natürlich treten auch seit gut hundert Jahren zahlreiche Antisprichwörter auf, die sich mit der didaktischen Botschaft des Sprichwortes kritisch auseinandersetzen, seine Weisheit hinterfragen und ihr Sprachspiel damit treiben. Hier folgt wenigstens eine Auswahl aus meinem umfangreichen Archiv mit historischen Angaben:

  • 1906: Where there’s a will there’s a won’t. (Ambrose Bierce)

  • 1935: Where there’s a will there’s a way out of it. (Anonym)

  • 1964: Where there’s a will, there’s an inheritance tax. (Howard Kandel)

  • 1967: Where there’s a will there’s a wait. (Louis Safian)

  • Wolfgang Mieder, American Proverbs. A Study of Texts and Contexts. Bern: Peter Lang, 1989, S. 251, S. 256, S. 259, S. 262

  • 1904: Where there’s a will, there’s a lawsuit. (Gideon Wurdz)

  • 1955: Where there is no will, there is a way for the lawyers. (Austin O’Malley)

  • 1967: Where there’s a will there’s a lawyer’s bill. (Louis Safian)

  • 1967: Where there’s a bill, we’re away. (Louis Safian)

  • 1967: Where there’s a swill there’s a sway. (Louis Safian)

  • 1967: Where there’s a will – there’s a delay. (Louis Safian)

  • 1968: Where there’s a will, there are dissatisfied relatives. (Anonym)

  • 1968: Where there’s a will, there’s a why. (Anonym)

  • 1968: Where there’s a won’t, there’s a way. Anonym)

  • 1972: Where there’s a will, there’s a wail. (Leo Rosten)

  • 1977: Where there’s a pill, there’s a way. (Anonym)

  • 1990: Where there is a will there is an heir! (Alfred Palma)

Anna T. Litovkina und Wolfgang Mieder, Old Proverbs Never Die, They Just Diversify. A Collection of AntiProverbs. Veszprém, Hungary: The Pannonian University of Veszprém; Burlington, Vermont: The University of Vermont, 2006,

S. 333–335.

Gewiss ist nun auch längst bemerkt worden, dass das Sprichwort “Where there is a will, there is a way“ oft zu „Where there’s a will, there’s a way” verkürzt wird. So ergibt sich für die Lexikographie und Parömiographie das vollständige Lemma „Where (when, if) there is (there’s) a will, there is (there’s) a way.”

10 Historische Belegkette des deutschen Sprichwortes

Nun gut, doch wie sieht das alles nun für das deutsche Sprichwort aus? Auch dafür habe ich eine historische und kontextualisierte Belegkette zusammengestellt. Es wird sofort ersichtlich, dass der deutsche Frühbeleg erst gut hundert Jahre später 1833 auftritt. Natürlich bin ich weiterhin bemüht, dieses Datum noch bis ins achtzehnte Jahrhundert zu verschieben. Etwas problematisch mögen die Belege von 1842 und 1866 sein, da es sich bei den deutschen Texten um exakte Übersetzungen aus dem Englischen handelt, wofür ich auch die Originaltexte zitiert habe. Das stimmt auch für die Einführungsformel „ein altes und wahres Sprichwort“, die eine exakte Übersetzung der Formel „an old and true proverb“ darstellt. Wie bei den englischen Belegen kommt es auch bei den deutschen Texten zu Einführungsformeln, die auf die Sprichwörtlichkeit von „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ verweisen. Von großem Wert ist dabei der Beleg von 1863, wo die Behauptung, dass das Sprichwort „von der Weisheit der Jahrhunderte“ herkommt, auftritt. Das dürfte doch ein Hinweis darauf sein, dass das Sprichwort schon lange bekannt war:

  • 1849: wie wahr es ist

  • 1863: die Bedeutung des edlen Sprüchwortes

  • 1863: heißt es im Sprüchwort

  • 1880: sagt das Sprüchwort

  • 1887: sagt das Sprichwort

  • 1888: nach dem Sprichwort

  • 1890: Bewahrheitung des Sprüchleins

  • 1896: der alte wahre Satz

  • 1941: heißt ein altes schönes deutsches Sprichwort

  • 1969: nach dem Wahlspruch

Es fällt auf, dass in älteren Belegen neben der Bezeichnung „Sprichwort“ auch die Sekundärform „Sprüchwort“ auftritt, die allerdings heute lediglich zuweilen im Dialekt erscheint (Röhrich und Mieder 1977: 1). Zu erkennen ist auch in den deutschen Belegen wieder, dass das Sprichwort als Ratschlag, Ermunterung Entschlossenheit, Zuversicht und eben auch Hoffnung eingesetzt wird. Leider hat auch der Propagandaminister Joseph Goebbels das Sprichwort in seinen Tagebüchern benutzt, um sich im Juli 1943 Hoffnung für das Dritte Reich einzureden: „Im übrigen bin ich der festen Hoffnung, daß es uns gelingen wird, dieser Krise Herr zu werden; wie, das weiß ich im Augenblick noch nicht; jedenfalls ist die ernste Absicht dazu vorhanden, und wo ein Wille ist, da tut sich auch meistens ein Weg auf.“ Hier zeigt sich, wie Sprichwörter eben auch als Rechtfertigungsphrasen eingesetzt werden können. Doch hier nun die Belegkette, die zu erkennen gibt, dass es sich zweifelsohne um ein deutsches Sprichwort handelt. So sah es auch der große Parömiologe Friedrich Seiler in seiner immer noch wertvollen Deutschen Sprichwörterkunde (1922), wo er das Sprichwort zusammen mit vier anderen Sprichwörtern als Beispiel für Volksweisheiten zitiert, die behaupten, dass sich ein starker Willen durchsetzen kann: „Man kann alles, was man will. Wer nur will, der kann wohl. Wer will, der kann. Wollen ist können [vgl. französisch: ‚vouloir c’est pouvoir‘]. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“ (319):

  • 1833: Wer übrigens so schnell aufwacht, wie Sie, der hat wenigstens nicht sehr tief geschlafen. […] Wenigstens sollte diese Verlegenheit kein Anlaß zum Schlafen werden, „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.“

    Calwer Missions-Blatt, Nr. 15 (27. Juli 1833), S. 64.

  • 1836: Es ist eine erfreuliche Wahrnehmung, daß die Christen bei ihrer [Missions]Arbeit im Reiche Gottes einen immer größeren Maaßstab anlegen. Wenn das Maaß des Glaubens größer, und der Stab des Vertrauens stärker wird, so wird der Herr der Gemeinde auch dafür sorgen, daß die erforderlichen Mittel diesem Maaßstabe entsprechen. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

    Calwer Missions-Blatt, Nr. 23 (12. November 1836), S. 92.

  • 1842: ‚Kein Gedanke,“ erwiderte Daly; „Ihr wißt, wer nichts wagt, gewinnt nichts; wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, und wenn Ihr meinem Rathe folgt, so parire ich, daß es Euch glückt.“

    Theodor Hook, Gilbert Gurney. Roman. Aus dem Englischen von A. Kaiser. Leipzig: J.J. Weber, 1842, S. 25. Dies ist eine deutsche Übersetzung aus Theodore Hook, Gilbert Gurney. Paris: Baudry’s European Library, 1836, S. 109–110: „Never mind,“ said Daly; „faint heart you know, etc. – where there’s a will there’s a way; and if you choose to follow my advice, ‚I’ll back the caster in.‘“

    1846: „Sie haben ein weiches Herz, aber lassen Sie uns nicht Alle weichherzig sein. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Könnten sie [Sklaven] nur nach St. Petersburg gebracht, könnten sie nur den Klauen dieses boshaften … russischen Fürsten entrissen werden.“

    Charles Frederick Henningsen, Die weiße Sclaverei oder die Leibeigenschaft in Rußland. Grimma: Verlag des Verlags-Comptoirs, 1846, Bd. 3, S. 246.

  • 1848: Aber es würde sehr schwierig seyn, bis ein Missionar seinen Weg zu den Galla’s fände. Indessen wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg; und wo Glauben ist, da ist auch Kraft und Liebe zur Ueberwindung aller Hindernisse.

    Calwer Missions-Blatt, Nr. 18 (15. September 1848), S. 82.

  • 1849: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

    Habt Ihr diese alte Sage schon gehört? Es ist eine sehr gewöhnliche, aber auch eine sehr richtige. Ich will Euch einmal etwas erzählen, zu zeigen, wie wahr es ist, daß wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Letzten Freitag […].

    Der Christliche Botschafter, 14, Nr. 10 (15. Mai 1849), S. 79.

  • 1863: „Was ist die Bedeutung des edlen Sprüchwortes: ‚Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg?‘ Es kam von der Weisheit der Jahrhunderte, und ich glaube daran. Mein eigener Wille ist so stark, daß ich einen Weg finden werde, sie zu retten, und sollte er durch Fluthen und Flammen führen!“

    Epheuranken. Belletristische Beilage zum Würzburger Abendblatte, Nr. 47 (18. April 1863), S. 186.

  • 1863: Wie es geschehen solle, wie die verwickelte Sache [des amerikanischen Bürgerkrieges] sich entwirren werde, ist allerdings schwer zu sagen, aber „wo ein Wille ist, ist auch ein Weg,“ heißt es im Sprüchwort.

    Morgenblatt für gebildete Leser, Nr. 17 (23. April 1863), S. 1.

  • 1866: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg,“ sagt ein altes und wahres Sprichwort. Ein starker Entschluß ist gewissermaßen eine Sturmleiter, mit der die hemmende Mauer erstiegen und der Sieg gewonnen wird. Der Gedanke der Möglichkeit kommt fast der Erfüllung gleich; und der Entschluß der That ist fast die That selber. Daher hat es in vielen Fällen den Anschein gehabt, als ob dem festen Vorsatz etwas von dem Wesen der Allmacht innewohnte.

    Samuel Smiles, Selbsthilfe. Deutsch von F. Dobbert. Halle: Otto Hendel, 1866, S. 213. Dies ist eine deutsche Übersetzung aus Samuel Smiles, Self-Help. London: Ward Lock, 1859, S. 185: „Where there is a will there is a way,“ is an old and true proverb. He who resolves upon doing a thing, by that very resolution often scales the barriers to it, and secures its achievement. To think we are able, is almost to be so – to determine upon attainment is frequently attainment itself. Thus, earnest resolution has often seemed to have about it almost a savour of omnipotence.

  • 1880: „Aber wohin mit ihr [Grete]?“ fragte Gerdt. „Das findet sich; wo ein Will’ ist, ist auch ein Weg, – sagt das Sprüchwort. Ich hab’ an die Nonnen von Arendsee gedacht, das ist nicht zu nah und nicht zu weit. Und da gehört sie hin. Denn sie hat ein katholisch Herz.“

    Theodor Fontane, Grete Minde. Nach einer altmärkischen Chronik. Stuttgart: Philipp Reclam, 1967, S. 71.

  • 1885: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Sie sind groß und stark (ich hoffe auch innerlich) und Sie werden sich herausretten. Hier ist meine Hand. Alles wird davon abhängen, ob Sie die Kraft haben, diese Hand zu fassen und zu halten.“

    Theodor Fontane, Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Berlin: F. Fontane & Co., 1894, S. 62 („Der Karrenschieber von Griffelsbrunn“).

  • 1886: Wenn es uns gelingt, in dem deutschen Volk den Willen zu wecken, diesem Übel [dem überseeischen Branntweinhandel] ein Ende zu machen, dann haben wir viel gewonnen. Denn nicht nur ist, wo ein Wille ist, auch ein Weg, sondern auch, wo ein Unwille, Widerwille ist, da findet sich immer ein Ausweg, gerechten Forderungen auszuweichen.

    Allgemeine Missions-Zeitschrift, 13 (1886), S. 29.

  • 1887: Wo ein Wille ist, ist ein Weg, sagt das Sprichwort; und hier liegt der Weg klar vor Augen, auf dem die moderne Bühne wieder werden kann, was ihr einzig Bedeutung gibt: Spiegel und Chronik des Zeitalters.

    Die Nation, 4 (1887), S. 540.

  • 1888: Was die Technik [des Malens] betrifft, so läßt sich diese erwerben, und nach dem Sprichwort, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, weiß im allgemeinen das künst-

    lerische Talent die Mittel zu finden, um das auszudrücken, was es sieht und fühlt; freilich muß es durch Anleitung und Selbsterziehung in der richtigen Weise entwickelt werden.

    Ludwig Pfau, Kunst und Kritik. Aesthetische Schriften. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1888, S. 463.

  • 1890: Durch’s Gebet käme es auch zur Bewahrheitung des Sprüchleins: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Wo der durch’s Gebet geheiligte und gestärkte Wille ist, bleibt die That, der Segen sicher nicht aus. Und für die Arbeiter der Inneren Mission sollen wir beten, sie bedürfen es nicht weniger wie jene der äußeren Mission, und beider wollen wir gedenken, wenn wir sprechen: Dein Reich komme.

    Blätter für Innere Mission in Bayern, 5, Nr. 10 (15. Mai 1890), S. 75–76.

  • 1896: Wenn die Schiffer sagen: wir können dies nicht, unsere Hilfsmittel lassen uns mit der Grossschifffahrt nicht konkurrieren, so dürfte dem der alte wahre Satz entgegengestellt werden: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“.

    Franz Woerner, De Weiterführung der Kanalisierung des Mains bis Aschaffenburg. Aschaffenburg: Wailandt, 1896, S. 17.

  • 1899: Alles in allem aber: wir haben noch keinen Grund, unzufrieden zu sein. Wir sind seit 1800 gewaltig voran gekommen, nach außen und nach innen. Und daß wir nur richtig und unverzagt weiter voran wollen, darauf kommt’s an. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, und ohne Frage ist dieser Wille im Erstarken. Auch in der Überwindung der deutschen Michelei, der englischen Philisterei, die nur zu sparen, nicht auch zu gewinnen weiß.

    Velhagen & Klasings Monatshefte, 14, Nr. 4 (Dezember 1899), S. 528.

  • 1941: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“ heißt ein altes schönes deutsches Sprichwort. Der Weg aber, den die ungestüme und stetige Kraft des Willens früher oder später finden wird, muß zu einem Ziele führen. Denn die vorfixierende Kraft, als welche ja einzig und allein der sogenannte Wille angesprochen werden muß, bahnt sich den Weg in Hinblick auf das ersehnte, das heißt als erreicht im Geist ersehene Ziel.

    Arthur Trebitsch, Deutscher Geist – oder Judentum! Der Weg der Befreiung. Berlin: Antaios-Verlag, 1921, S. 332 (antisemitisches Buch).

  • 1941: Ich habe es längst aufgegeben, mit gutem Wetter zu rechnen. Kommt es dann doch, so betrachte ich es als eine sehr angenehme zusätzliche Beigabe zu unserem Programm; im übrigen müssen wir versuchen, auch gegen widrige Umstände, seien sie durch das Wetter oder durch andere Faktoren bedingt, zu unserem Ziel zu kommen. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

    Joseph Goebbels, Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Hrsg. von Elke Fröhlich. 29 Bde. München: K.G. Saur, 1993–2006, Bd. II-2, S. 197 (Oktober 1941).

  • 1943: Im übrigen bin ich der festen Hoffnung, daß es uns gelingen wird, dieser Krise Herr zu werden; wie, das weiß ich im Augenblick noch nicht; jedenfalls ist die ernste Absicht dazu vorhanden, und wo ein Wille ist, da tut sich auch meistens ein Weg auf.

    Joseph Goebbels, Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Hrsg. von Elke Fröhlich. 29 Bde. München: K.G. Saur, 1993–2006, Bd. II-9, S. 188 (Juli 1943).

  • 1945: Schade, daß sich das hiesige Klima nicht für den Anbau von Getreide eignet. Sonst hätten wir sogar Brot. Doch Großstädter, eher mit Bomben als mit Butter überfüttert, sind bescheiden. Sie säbeln Scheiben vom Käselaib und von der goldnen Butterkugel und belegen eins mit dem andern. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

    Erich Kästner, Werke. Hrsg. von Franz Josef Görtz. München: Carl Hanser, 1998, Bd. 6, S. 349.

  • 1945: So haben die traurigen Gestalten wenigstens nur die eigenen Füße weiterzuschleppen. Und das ist schon mühselig genug. Manche machen vorübergehend schlapp. […] Sie wollen heim. Bis nach Schlesien. Bis nach Ostpreußen. Wo ein Wille ist, denken sie, sei auch ein Weg.

    Erich Kästner, Werke. Hrsg. von Franz Josef Görtz. München: Carl Hanser, 1998, Bd. 6, S. 402–403.

  • 1969: Wir Deutschen neigen dazu, unsere Illusionen über die Macht unseres eigenen Willens für Politik zu halten – so unter Wilhelm II., so unter Hitler – so auch unter Adenauer und Ulbricht. Wer als Deutscher unsere Außenpolitik oder unsere Deutschlandpolitik nach dem Wahlspruch „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ betreiben wollte, der könnte uns auf gefährliche Wege führen. Es wäre gefährlich, die alten Illusionen der Adenauerschen Deutschlandpolitik durch umgekehrte neue Illusionen ersetzen zu wollen.

    Helmut Schmidt, Strategie des Gleichgewichts. Deutsche Friedenspolitik und die Weltmächte. Stuttgart: Seewald, 1969, S. 186.

Hier sei nun noch eine Strophe aus Bertolt Brechts (1898–1956) bekanntem „Lied von der Großen Kapitulation“ aus seinem Drama Mutter Courage und ihre Kinder (1941) hinzugefügt, wo Brecht an Hand von Sprichwörtern und Redensarten seinen satirischen Verfremdungseffekt zum Ausdruck bringt:

  • Viele sah ich schon den Himmel stürmen

  • Und kein Stern war ihnen groß und weit genug.

  • (Der Tüchtige schafft es, wo ein Wille ist, ist ein Weg, wir

  • Werden den Laden schon schmeißen.)

  • Doch sie fühlten bald beim Berg-auf-Berge-Türmen

  • Wie doch schwer man schon an einem Strohhalm trug.

  • (Man muß sich nach der Decke strecken!)

  • Und vom Dach der Star

  • Pfeift: wart paar Jahr!

    • Und sie marschiern in der Kapell

    • Im Gleichschritt, langsam oder schnell

    • Und blasen ihren kleinen Ton:

    • Jetzt kommt er schon.

    • Und jetzt: das Ganze schwenkt!

    • Der Mensch denkt: Gott lenkt –

    • Keine Red davon!

Bertolt Brecht, Gesammelte Werke. Hrsg. von Elisabeth Hauptmann. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1967, Bd. 4, S. 1395–1396 (Mutter Courage und ihre Kinder).

Mi den beiden letzten Zeilen, die in dem Lied dreimal als Leitmotiv auftreten, ist Brecht eine Meisterverfremdung des Sprichwortes „Der Mensch denkt, Gott lenkt“ (Mieder 1998: 47–49) gelungen. Doch damit sind auch für das deutsche Sprichwort nun ein Wellerismus (Sagwort) und etliche Antisprichwörter erreicht, die bei dessen Popularität zu erwarten waren. Hier zuerst das Sagwort von dem

Schweizer Aphoristiker Markus Ronner, das auf ein gescheitertes Liebesabenteuer anspielt:

  • 1977: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“, sagte der Mann zum Mädchen, aber es blieb beim Willen.

    Markus Ronner, Moment Mal! [Aphorismen]. Bern: Benteli, 1977, S. 14. Auch in Wolfgang Mieder, „Keine Rose ohne Dornen‘, sagte der Hase, als er die Igelin freite. Moderne Sagwörter aus Literatur und Medien. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2022, S. 153.

Was die Antisprichwörter betrifft, so hat mein verstorbener Freund Lutz Röhrich, der große Folklorist und Parömiologe, gleich mehrere in Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten (1991–1992) aufgenommen, wobei die sexuell ausgerichteten „Pille“ und „Gebüsch“ Texte schon mehr oder weniger zu eigenständigen modernen Sprichwörtern geworden sind:

Das Sprichwort ‚Wo ein Wille, ist auch ein Weg‘ wird in der Gegenwart oft parodiert, z.B. ‚Wo eine Pille, ist auch ein Bett‘; ‚Wo ein Wille, da ist auch ein Gebüsch‘; ‚Wo ein Wille ist, da ist ein Weg, und wo kein Wille ist, da ist auch einer‘; ‚Wo ein Wille ist, ist auch ein Holzweg‘; ‚Wo ein Wille ist, ist auch ein Unwille‘. (Röhrich 1991–1992: III, 1730)

Er gibt mich freundlicherweise als Quelle an, doch sei es mir erlaubt, hier nun einige weitere Antisprichwörter mit genaueren Angaben aus zwei meiner Sammlungen hinzuzufügen:

  • 1970: Wo ein Wille ist, ist auch ein Abweg. (Hans Kudszus)

  • 1972: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Gebüsch. (anonym; Mieder 1975: 25)

  • 1972: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, und wo kein Wille ist, da ist auch einer. (Hermann Kant)

  • 1977: Wo kein Weg ist, ist auch kein Wille. (Gerhard Uhlenbruck)

  • 1978: Wo ein Wille ist, ist auch ein Unwille. (Werner Mitsch)

  • 1980: Wo kein Wille ist, sollte wenigstens ein Ausweg sein. (Sigmar Schollak)

  • 1982: Wo ein Wille ist, ist auch ein Bett. (Frieder Stöckle)

  • 1982: Wo ein Wille ist, ist auch ein Holzweg. (André Brie)

  • 1983: Wo eine Villa ist, ist auch ein Weg. (anonym)

  • 1984: Wo eine Pille ist, das ist auch ein Weg. (anonym)

  • 1986: Wo eine Pille ist, da ist auch ein Bett. (anonym)

  • 1986: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Irrweg. (anonym)

  • 1988: Wo ein Wille ist, ist auch ein „geht nicht“. (Hans-Dieter Schütt)

  • 1993: Wo ein Weg ist, da ist auch ein Wille. (Arthur Feldmann)

  • 1998: Wo ein Weg ist, ist nicht immer ein Wille. (Walter Ludin)

  • 2002: Wo ein Wille, da ist auch ein Widerstand. (Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger)

  • 2006: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Aber welcher Wille? (Chris Keller-Schwarzenbach)

  • 2011: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Schleichweg. (Gerhard Uhlenbruck)

  • 2011: Wo ein Wille ist, findet man auch eine Wegbeschreibung. (Gerhard Uhlenbruck)

  • 2013: Wo kein Wille ist, geht man des Wegs. (Franz Hodjak)

Wolfgang Mieder, Verdrehte Weisheiten“. Antisprichwörter aus Literatur und Medien. Wiesbaden: Quelle & Meyer, 1998, S. 319–324; und Wolfgang Mieder,

„Entkernte Weisheiten“. Modifizierte Sprichwörter in Literatur, Medien und Karikaturen. Wien: Praesens Verlag, 2017, S. 475–483.

Diese List ließe sich leicht aus meinem Internationalen Sprichwortarchiv verlängern, doch diese Antisprichwörter zeigen zur Genüge, dass dem Sprachspiel mit dem so geläufigen Sprichwort keine Grenze gesetzt ist. Abschließend ist noch hinzuzufügen, dass für die Lexikographie und Parömiographie das Lemma „Wo ein Wille ist, (da) ist auch ein Weg“ zu verwenden wäre.

11 Historische Belegkette für die Beanspruchung deutsch-englischer Lehnbeziehungen

Damit ist der bedeutende Punkt erreicht, ob nun die beiden Sprichwörter unabhängig voneinander entstanden sind (Polygenese) oder ob das deutsche Sprichwort als Lehnübersetzung aus dem Englischen hervorgegangen ist (Monogenese), wie es für eine Zeitspanne etwa zwischen 1845 und bis hin zu Jacob und Wilhelm Grimms Deutschem Wörterbuch von 1916 verschiedentlich behauptet worden ist. Es sei auch gleich hinzugefügt, dass nur eine detailliiert durchgeführte historische Erforschung beider Sprichwörter diese Fragestellung überhaupt erst ermöglicht. Wie aus der folgenden Belegkette hervorgeht, tritt der Hinweis, dass es sich bei dem deutschen Sprichwort um eine Übersetzung aus dem Englischen handelt, zum ersten Mal im Jahre 1845 auf (vielleicht lassen sich frühere Belege finden). Aber, und darauf kommt es natürlich an, die bereits angegebene Belegkette des deutschen Sprichwortes zeigt, dass es als solches bereits 1833 und 1836 (auch dafür könnten frühere Belege hinzukommen) zitiert wird. Und hinzu kommt selbstverständlich, dass parallel zu den Belegen, die das Sprichwort als Lehnübersetzung aus dem Englischen zitieren, ebenso viele Belege das Sprichwort als deutsche Volksweisheit betrachten. Eine interessante Überraschung bietet folgender Bericht aus einer Zeitung vom Jahre 1852, wo es um eine mögliche deutsche Übertragung des englischen Sprichwortes geht. Kurios ist dabei, dass als wortwörtliche Übersetzung das ja längst umlaufende deutsche Sprichwort „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ erwähnt wird. Waren denn die guten Leute sich wirklich nicht bewusst, dass es der ganzen Sprachübung gar nicht bedurfte? Oder handelt es sich vielleicht lediglich um eine unterhaltsame Anekdote? Immerhin sei erwähnt, dass die Fassung „Willenskraft Wege schafft“ dann tatsächlich mit einem Beleg aus dem Jahre 1871 in Karl Friedrich Wilhelm Wanders Deutschem Sprichwörter-Lexikon (1867–1880: V, Sp. 243) registriet ist:

1852: In einer Leipziger Gesellschaft von sprachkundigen Herrn und Damen wurde die Aufgabe gestellt, das englische Sprichwort: „where [there] is a will, there is a way“ (wörtlich übersetzt: „wo ein Wille ist, da ist ein Weg“ und seinem Sinne nach dem Französischen: „vouloir c’est pouvoir“ d.h.: „Wollen ist Können“ entsprechend) ohne Umschreibung in möglichst kurzem und kernhaftem Sprichwörter-Deutsch wiederzugeben. Eine Dame schlug vor: „Wolle nur mit ganzer Seele, daß zum Ziel der Weg nicht fehle;“ ein Herr: „Mit der wahren Energie findet man das Wo und Wie;“ ein anderer Herr: „Wo der Wille stark und fest, leicht ein Weg sich finden läßt,“ allein weder diese noch andere Uebersetzungsversuche wollten oder konnten genügen, und es machte schon die Ansicht sich geltend, so kurz wie im Englischen könne man sich im Deutschen nie ausdrücken. Da lieferte eine Dame, die bis dahin scheinbar theilnahmslos dagesessen, einen schlagenden Beweis, daß auch in dieser Beziehung die deutsche Sprache es mit jeder andern aufnehme, denn sie gab das aus acht Sylben bestehende englische Sprichwort bei vertiefterem Sinne durch die nur drei Wörter mit zusammen sechs Sylben zählende unübertrefflich gelungene wieder: „Willenskraft Wege schafft.“

Gewerbzeitung. Organ für die Interessen des bayerischen Gewerbstandes, 2, Nr. 26 (1852), S. 132.

Besonders herausgegriffen sei aber auch noch folgende Darstellung des Deutschamerikaners Karl Knortz (1841–1918), der sich als Folklorist mit seinen in deutscher Sprache verfassten Büchern dafür eingesetzt hat, deutsche Leserinnen und Leser mit der amerikanischen Volkskunde vertraut zu machen (Schamschula 1996). Allerdings ist ihm in folgender Darstellung ein Fehler unterlaufen, denn um ein amerikanisches Sprichwort im engeren Sinne geht es ja nun wirklich nicht. Höchstens um ein englisches in Amerika natürlich gängiges Sprichwort. Zu beachten ist zusätzlich, dass dem 1863 nach den USA ausgewanderten jungen Mann das deutsche Sprichwort scheinbar nicht (mehr) bekannt war. Das mag durchaus verständlich sein:

1892: „Der Wille und der Weg.“ (Titel eines knappen Essays)

Amerika ist, da darin dem individuellen Vorwärtsstreben weder von den Behörden noch von der Gesellschaft irgend welche nennenswerthe Schwierigkeiten bereitet werden, so recht die Heimat und das Paradies des Autodidakten geworden. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, heißt ein bedeutungsvolles, amerikanisches Sprichwort und wer dahier Muth und Ausdauer besitzt, dem gehört die Welt, d.h., er bringt es leichter als sonstwo zum Wohlstand und zur Unabhängigkeit. […] Napoleon pflegte zu sagen, daß das Wort „unmöglich“ nur in dem Wörterbuch der Narren vorkomme, und dies ist derselbe Gedanke, den der Amerikaner durch sein Sprichwort „where there is a will, there is a way“ ausdrückt. Die höchste Ehrenstelle, überhaupt ein jeder Posten steht dahier Jedem offen, der nur die nöthigsten Kenntnisse dafür besitzt.

Karl Knortz, Kulturhistorisches aus dem Dollar-Lande. Basel: Verlag der Schweiz, 1892, S. 138 und S 139–140. (der ganze Aufsatz auf S. 138–141).

Übrigens hatte jemand schon 1875 einmal den Fehler begangen, von einem amerikanischen Sprichwort zu sprechen, vielleicht auch deshalb, weil es die Sache esoterischer oder mysteriöser machte:

1875: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“ sagt ein amerikanisches Sprichwort. Die Liebe zur Sache muß erfinderisch machen und davon abhalten, die Flinte gleich in’s Korn zu werfen, wenn’s in der hergebrachten Weise nicht sofort gelingen will. Man versuche es dann eben auf einem neuen Wege.

Allgemeine Missions-Zeitschrift, 2 (1875), S. 334.

Doch hier nun noch drei weitere Belege, die das deutsche Sprichwort als englische Lehnübersetzung und als Beweis auch das englische Sprichwort zitieren. Es sei jedoch erneut gesagt, dass all dies im Prinzip nicht nötig war, denn das Sprichwort wurde ja längst als deutsche Volksweisheit zitiert:

  • 1870: Die praktischen und thatkräftigen Engländer haben ein Sprichwort, das lautet: „Wo ein Wille ist, da findet sich auch ein Weg“ (where there is a will, there is a way). In keiner Sache ist dieß wahrer, als in Sachen der Hausandacht. Ein wenig guter und fester Wille, verbunden mit erfinderischer Liebe und herzlichem Gottvertrauen, kommt da trotz allen Hindernissen und Schwierigkeiten sicherlich zum Ziel.

    Evangelisches Missions-Magazin, 14, Nr. 2 (1870), S. 51.

  • 1893: Aber woher die Mittel nehmen? Der Engländer hat ein Sprichwort: „Where [there] is a will, there is a way“, „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.“ Das bewahrheitete sich auch hier wieder.

    Die Gartenlaube. Illustriertes Familienblatt, Nr. 4 (1893), S. 112.

  • 1897: Vermögenskonfiscationen sind in einem Rechtsstaate nicht zulässig. Auch würden wir eine solche Maßregel für durchaus ungerecht halten, denn der Schifffahrtsverkehr kommt den ärmsten Classen ganz ebenso wie den reichsten zu Statten. Wir werden daher wohl auf ein anderes Mittel sinnen müssen. Denken wir dabei nur an das englische Wort: Where [there] is a will, there is a way (Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg).

    Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, Nr. 74 (22. Juni 1897), S. 296.

Bezüglich dieses letzten Belegs könnte man doch wirklich fragen, was dieser Unsinn soll? Warum dieser Bezug auf das englische Sprichwort, wo es doch nun wirklich genug gewesen wäre, ganz einfach das deutsche Sprichwort zu zitieren. Es ist anzunehmen, dass all dies auf die sogenannte „Engländerei“ zurückzuführen ist, die mit der übertriebenen Aufnahme von englischen Wörtern und Wendungen in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts zu einer von deutschen Sprachpuristen als Plage attackierte Modeerscheinung wurde. Hermann Dunger hat das in seinem Buch Engländerei in der deutschen Sprache (1909) an Hand von vielen Beispielen dargestellt, darunter auch das hier besprochene Sprichwort: „Zuweilen werden gleich ganze englische Wendungen [in Texte] eingeflochten […]. Gern werden auch englische Redensarten und Sprichwörter wörtlich angeführt, wenn auch die Übersetzung noch so nahe liegt, z.B.: to make money; time is money; last not least; where there is a will, there is a way; right or wrong, my country u.a.“ (Dunger 1909: 46). Statt naheliegender Übersetzung hätte Dunger getrost schreiben können, dass die Sprichwörter „Zeit ist Geld“ und eben „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ längst im Umlauf waren!

Doch hier soll nun noch eine Belegkette folgen, die mit den verschiedensten Einführungsformeln immer wieder darauf hinweisen wollen, dass es sich bei dem auf Deutsch zitierten Sprichwort „Wo en Wille ist, ist auch ein Weg“ eigentlich um ein englisches Sprichwort handelt. Aber warum das alles? Wenn nicht aus sprachkultureller Unkenntnis dann eben aus dem Snobismus der Engländerei. Auf jeden Fall sind die folgenden Einführungsformeln ermüdend, bedeutungslos und unnötig:

  • 1845: sagt ein englisches Sprüchwort

  • 1872: das englische Sprüchwort

  • 1872: sagt ein englisches Sprichwort

  • 1874: sagt der Engländer

  • 1874: ein englisches Sprüchwort sagt

  • 1879: das gute englische Sprüchwort

  • 1886: sagt das englische Sprichwort

  • 1886: sagt der Engländer

  • 1887: sagt der Engländer

  • 1892: ein englisches Sprichwort sagt

  • 1896: das englische Sprichwort

  • 1897: wenn das englische Sprichwort mit Recht sagt

  • 1900: sagt das englische Sprichwort

Was soll das? Es ist absolut von keiner Bedeutung für die zitierten Kontexte, und das deutsche Sprichwort wird doch sowieso längst zitiert. Das müsste im Prinzip genügen, wenn die Autoren, und es handelt sich in der Mehrzahl um Feuilletonisten und Journalisten, nicht der „Engländerei“ verfallen wären. Nun gut, hier also die angekündigte Belegkette:

  • 1845: Wie hätte man vor dreißig Jahren sich gefreut, wenn man hätte wissen können, daß jetzt schon die Arbeit in der Mission sich so mächtig vergrößern werde! Und wir sollten glauben, genug gethan zu haben, ehe das Ziel erreicht ist? Wer den Zweck will, die Ausbreitung des Evangeliums über alle Völker, der muß auch die Mittel wollen. Und wo ein Wille ist, sagt ein englisches Sprüchwort, da ist auch ein Weg.

    Süddeutsche Warte. Zeitschrift für das gesammte Volksleben Deutschlands, Nr. 13 (11. September 1845), S. 55.

  • 1872: James Watt, einer der vielen Verbesserer der Dampfmaschine, wurde am 19. Januar 1736 in Schottland geboren. Er war ein geduldiger, fleißiger, unermüdlicher Arbeiter, der durch sein Leben das englische Sprüchwort: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, gewissermaßen verwirklichte.

    Angelika von Lagerström, Biographisches Gedenkbuch. Gotha: Friedrich Andreas Perthes, 1872, S. 163.

  • 1872: Dazu kann Jeder an seinem Orte das Seinige beitragen, sobald er nur will. „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg,“ sagt ein englisches Sprichwort. Die Mittel und Wege sind zwar verschieden, der Geist aber, in welchem Hand angelegt werden muß, ist immer der nämliche: der Geist wahrhafter, ausdauernder, brüderlicher Liebe. Wir brauchen eine neue Liebeskraft – mit diesem Wort […] ist das Hauptanliegen ausgesprochen für die Lösung der ganzen socialen Frage.

    Wiener Kunst-Halle. Wochenschrift für Kunst und Industrie, Nr. 9 (3. Juli 1872), S. 72.

  • 1874: Vom Willen lassen viele Sprichwörter das Können abhängen: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“, sagt der Engländer. „Gott hilft wohl dem Fleiß, aber mit dem Fleiß hat man selbst zu beginnen.“ „Fleiß und Uebung machen gute Schüler“, „Hans ohne Fleiß, wird nicht weis“, „Rast ich, so rost ich“. Dagegen „Fleiß bricht Eis“ und „gebrauchter Spaten ist immer blank“, auch „thut der Fleißige sich nimmer genug“.

    Die Gegenwart. Zeitschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben, 6, Nr. 39 (26. September 1874), S. 200.

  • 1874: Meist wird Mangel an Zeit als Grund der Nichtbetheiligung angegeben, was ja auch oft gegründet sein mag; aber ein englisches Sprüchwort sagt: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“ und wenn ein Prediger das rechte Herz dafür hat, kann er viel für die Sache wirken, wenn es auch nur durch Empfehlung und Werbung von geeigneten Kräften geschieht.

    Bundes-Bote von Berlin, 16, Nr. 20 (15. Oktober 1874), S. 128.

  • 1879: „Wenn es gelingt, die Nation davon zu überzeugen, daß die Inangriffnahme des Colonisationswerkes eine durch dringende wirthschaftliche, wirthschafts-politische, sociale und Cultur-Interessen gebotene Aufgabe, ja, sogar eine Lebensfrage für uns ist; dann wird auch in dieser Sache das gute englische Sprüchwort wahr werden, und wo ein Wille ist, auch ein Weg sein.“ Bei anderen Nationen besteht dieser Wille, und in Folge dessen, diese Pfadfindung längst. Selbst solche Länder, deren Leistungsfähigkeit in der Regel niedriger als die unsrige taxirt wird, raffen sich neuerdings zu großen Colonialthaten auf: wir meinen Italien und Portugal.

    Deutsche Volkswirthschaftliche Monatshefte, 4, Nr. 4 (1879), S. 16.

  • 1886: Der Branntwein und die Maurer. Vieles wird für unmöglich erklärt, was ein ernstlicher Wille wohl erreichen kann: wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, sagt das englische Sprichwort. Als eine vollkommene Unmöglichkeit ist es wiederholt […] bezeichnet worden, die Arbeiter, speciell die Maurer, dazu zu bringen, daß sie das Schnapstrinken auf dem Bau unterlassen; ein Maurer ohne Schnaps ist ebenso wenig denkbar, als ein Bau ohne Mörtel.

    Zeitung für innere Mission, 3, Nr. 8 (Mai 1886), S. 125.

  • 1886: Es wäre schön, wenn unser eidgenössisches Kreuz wieder das Feldzeichen einer neuen Konvention würde, – einer Konvention, die bestimmt wäre, noch schmerzlichere, wenn auch weniger blutige Wunden zu heilen als die des Krieges. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!“ sagt der Engländer. Wir denken: Wenn den Bundesbehörden das Uebel als groß und ernst genug erscheint, wird es ihnen auch am Willen nicht fehlen.

    Schweizerisches Protestantenblatt, 8, Nr. 48 (27. November 1886), S. 383.

  • 1887: Vom Willen lassen viele Sprichwörter das Können abhängen, „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“, sagt der Engländer. „Gott hilft wohl dem Fleiß, aber mit dem Fleiß hat man selbst zu beginnen“. „Fleiß und Uebung machen gute Schüler“, „Hans ohne Fleiß, wird nicht weis“, „Rast ich, so rost ich“.

    Jürgen Bona Meyer, Probleme der Lebensweisheit. Berlin: Allgemeiner Verein für deutsche Literatur, 1887, S. 23.

  • 1892: Ein englisches Sprichwort sagt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Die bayerische Regierung erreicht blos deshalb nichts in Berlin, weil es am besten Willen fehlt. Was kann der preußischen Regierung daran liegen, ob in Bayern eine Redemptoristenniederlassung existirt oder nicht?

    Das Bayerische Vaterland, 14, Nr. 121 (28. Mai 1892), S. 1.

  • 1896: Die Mütter, Gattinnen, Schwestern, Bräute einflußreicher Männer müssen klug und besonnen es durchsetzen, daß diese Männer die von ihnen selbst verurteilten Unsitten abstellen. Allen Ausreden halte man das englische Sprichwort entgegen: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. – Natürlich müssen die Frauen selbst nach diesen Grundsätzen handeln.

    Neue Bahnen. Organ des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins, 31, Nr. 16 (15. August 1896), S. 137.

  • 1897: Wenn das englische Sprichwort mit Recht sagt: „wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“, so kann man das variieren und sagen: wo ein fester Wille ist, da ist kein Weg für den entgegengesetzten Willen. […] Der Erzieher also, der eine Aussage erzwingen will, statt zu ihr zu überzeugen, setzt sich […] ohne alle Not einer Niederlage aus.

    Ethische Kultur. Wochenschrift für sozial-ethische Reformen, 5, Nr. 41 (9. Oktober 1897), S. 327.

  • 1900: Wo ein Wille ist, das ist auch ein Weg, sagt das englische Sprüchwort. Wo aber ein Weg ist, da ist noch lange nicht immer der Wille vorhanden, ihn zu gehen. Hier ist ein Weg gezeigt zur Lösung eines sehr wesentlichen Teiles der Frauenfrage. Wo sind die klugen, willensstarken deutschen Frauen, die vorangehen und Bahn machen wollen? Sie werden sich ein großes, bleibendes Verdienst erwerben!

    Deutsche Rechtspartei. Correspondenzblatt für Gesamt-Deutschland, 9, Nr. 49 (Juli 1900), S. 232.

Im Prinzip haben die Belege mit dem Hinweis auf ein englisches Sprichwort um 1900 endlich aufgehört. Umso erstaunlicher ist es – und auch enttäuschend – dass Jacob und Wilhelm Grimms Deutsches Wörterbuch (1854–1960) in der Lieferung von 1916 weiterhin von einer Übersetzung des Sprichwortes aus dem Englischen ausgeht:

  • 1916: (nach dem engl. where there is a will, there is a way) wo ein wille ist, findet sich bald ein weg.

    Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch. Leipzig: S. Hirzel, 1960, Bd. XIV, II (Bd. 30), Spalte 165 (2. Lieferung 1916).

Der eigentliche Band ist dann aus verständlichen Gründen erst 1960 erschienen, aber hätte man nicht doch die frühere Lieferung noch einmal überarbeiten sollen? Übrigens wird auch lediglich ein historischer Beleg aus dem Jahre 1912 für das deutsche Sprichwort verzeichnet! Kein erfreuliches Bild, was zur Zeit der Brüder Grimm ein Unding gewesen wäre, die in den ersten Bänden mit großer Vorliebe Redensarten und Sprichwörter aufgenommen haben (Mieder 1986: 89–113).

12 Schlussfolgerung: Polygenese statt Monogenese

Doch was ist nun der Weisheit letzter Schluss nach all den hier vorgelegten historischen Belegen? Nimmt man die Struktur- und Wortgleichheit beider Sprichwörter zusammen mit den Textbelegen aus historischer Sicht in Betracht, so ist eine Polygenese meiner Meinung nach nicht auszuschließen. Wollte man die Behauptung, dass das deutsche Sprichwort eine Lehnübersetzung aus dem Englischen ist, auf die Spitze treiben und womöglich eine Monogenese der beiden Sprichwörter befürworten, so wäre ich bereit, möglicherweise einen „sekundären“ Ursprung aus dem Englischen für das deutsche Sprichwort anzuerkennen. Dennoch bestehe ich auf Grund des hier in aller Breite vorliegenden Beweismaterials darauf, dass die zwei Sprichwörter „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“ und „Where there is a will, there is a way“ in der Tat ein Beispiel für parömiologische Polygenese darstellen.

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Published Online: 2025-11-11
Published in Print: 2025-11-25

© 2025 the author(s), published by De Gruyter, Berlin/Boston

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Downloaded on 14.12.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/phras-2025-0008/html
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