Zusammenfassung
Die Bundesärztekammer gibt mit der Richtlinie zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen anzuwendende Verfahren vor. Dadurch können im Bereich der Heilkunde zuverlässige Analyseergebnisse erzielt werden. Nur so ist ein sicheres Erkennen von Erkrankungen und eine anschließende zielgerichtete Behandlung von Patienten möglich. Im Folgenden werden die Entwicklung und Anforderungen der RiliBÄK dargestellt. Die Überwachungsergebnisse der zuständigen Behörden zur Anwendung und Umsetzung der Richtlinienvorgaben in den medizinischen Laboratorien der letzten drei Jahre zeigen große Defizite, insbesondere im Bereich der Praxen von niedergelassenen Allgemeinmedizinern und Fachärzten.
Abstract
The directive of the German Medical Association for quality of medical laboratory examinations shows the requirements of procedures and instructions for examinations. The implementation of these requirements in a laboratory guarantees reliable results in this field of medicine and a reliable detection of disease and targeted treatment of patients. In this article, the development and requirements of the directive are presented. The results of the supervising authorities investigating the implementation and application of the requirements of the directive through the medical laboratories in the past 3 years show many shortcomings, particularly in the sector of doctors’ surgeries of general practitioners and medical specialists.
Einleitung
Die Bundesärztekammer gibt mit der Richtlinie zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen anzuwendende Verfahren vor. Dadurch können im Bereich der Heilkunde zuverlässige Analyseergebnisse erzielt werden. Nur so ist ein sicheres Erkennen von Erkrankungen und eine anschließende zielgerichtete Behandlung von Patienten möglich.
Die medizinischen Laboratorien in Deutschland sind seit dem 01.04.2010 gesetzlich dazu verpflichtet, die Neufassung der Richtlinie aus dem Jahr 2008 umzusetzen und anzuwenden. Dies wird in allen deutschen Bundesländern von den zuständigen Behörden überwacht.
Auch nach drei Jahren „neue“ RiliBÄK 2008 gibt es bei den Anwendern noch viele Baustellen
Die Entwicklung der RiliBÄK
Seit dem Jahr 1971 existiert eine Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung quantitativer laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen – kurz RiliBÄK genannt [1]. Schon damals war das Ziel dieser Richtlinie, Verfahren vorzuschreiben, die die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Messergebnisse bei quantitativen Blutanalysen sicherstellen kann.
Eine behördliche Überwachung der Regelungen fand zum damaligen Zeitpunkt nicht statt. Dies hatte zur Folge, dass die medizinischen Laboratorien die Richtlinie nicht oder nur ungenügend umgesetzt haben, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet waren.
Im Jahr 1988 wurde die RiliBÄK neu gefasst und deren Anwendung gleichzeitig gesetzlich in die Eichordnung eingebunden. Die Eichbehörden aller Bundesländer wurden mit der Überwachung der Richtlinie betraut. Die Ergebnisse der ersten behördlichen Überwachungen waren von einer hohen Beanstandungsquote geprägt. Mit entsprechenden Folgeüberwachungen konnten die Kontrollbehörden dafür sorgen, dass sich der Umsetzungsgrad der RiliBÄK-Vorgaben bei den Anwendern kontinuierlich verbesserte.
Naturgemäß stieg die Beanstandungsquote bei den behördlichen Überwachungen wieder an, nachdem im Jahr 2001 die dritte Ausgabe der RiliBÄK erneut Veränderungen bei den Verfahren zur quantitativen Qualitätssicherung in den medizinischen Laboratorien gebracht hatte.
Die Anwendung der RiliBÄK wird seit dem Jahr 2001 gesetzlich im § 4a der Medizinprodukte-Betreiberverordnung vorgeschrieben.
Anforderungen der aktuellen RiliBÄK
Die vierte und derzeit gültige RiliBÄK-Ausgabe wurde im Februar 2008 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht. In dieser Neufassung der RiliBÄK 2008 fanden wesentliche Erweiterungen bei den Anforderungen an die Qualitätssicherung bei laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen statt.
Abbildung 1 zeigt die Struktur der RiliBÄK 2008.

Struktur der RiliBÄK 2008.
Im Teil A der RiliBÄK wurde die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems für alle laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen gefordert. Damit wurden Anforderungen erstmals nicht nur an die Analytik selbst, sondern auch an die Präanalytik und Postanalytik gestellt.
Außerdem wurden in dem speziellen Teil B1 neue Vorgaben für quantitative laboratoriumsmedizinische Untersuchungen veröffentlicht.
Die speziellen Teile für qualitative laboratoriumsmedizinische Untersuchungen (Teil B2), direkter Nachweis und Charakterisierung von Infektionserregern (Teil B3), Ejakulatuntersuchungen (Teil B4) und molekular- und zytogenetische Untersuchungen (Teil B5) waren in der ersten Ausgabe der RiliBÄK 2008 noch nicht fertig gestellt.
Am 29.07.2009 wurde mit der Änderung des § 4a der Medizinprodukte-Betreiberverordnung [2] die Anwendung des Teils A und des speziellen Teils B1 der RiliBÄK vorgeschrieben. Eine gesetzlich fixierte Übergangsregelung zur Umsetzung der neuen RiliBÄK-Vorgaben endete am 01.04.2010.
Die nachträglich fertig gestellten speziellen Teile B2, B3, B4 und B5 wurden bisher noch nicht in den § 4a der Medizinprodukte-Betreiberverordnung integriert. Somit erstreckt sich der Überwachungsauftrag der zuständigen Behörden derzeit lediglich auf den Teil A und den speziellen Teil B1 der RiliBÄK 2008.
Erfahrungen aus der Überwachung von Anwendern der RiliBÄK
Die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen muss von allen Institutionen angewendet werden, die die entsprechenden Untersuchungen durchführen. Hierzu zählen medizinische Laboratorien von Krankenhäusern, Krankenhausstationen, die Blutanalysen im Rahmen der patientennahen Sofortdiagnostik durchführen, Laboratorien medizinischer Einrichtungen wie beispielweise Rehakliniken sowie Laboratorien niedergelassener Laborärzte. Auch niedergelassene Nicht-Laborärzte wie beispielsweise Allgemeinmediziner oder Fachärzte müssen die RiliBÄK anwenden, wenn sie entsprechende laboratoriumsmedizinische Untersuchungen in ihrer Praxis anbieten und durchführen.
Die Überwachungsergebnisse aus den einzelnen Anwenderbereichen weisen beim Umsetzungsgrad der RiliBÄK 2008 sehr große Unterschiede auf. Die nachfolgend dargestellten Überwachungserfahrungen wurden im April 2013 in Stuttgart anlässlich eines internen RiliBÄK-Erfahrungsaustausches von Vertretern der zuständigen Überwachungsbehörden der Bundesländer zusammengetragen. Die dabei berücksichtigten Vor-Ort-Überwachungen fanden ab dem 01.04.2010 statt, wobei keine Anzahl der Überwachungen bei den einzelnen Anwendergruppen erhoben wurde.
Laboratorien niedergelassener Laborärzte
Häufig sind Laboratorien niedergelassener Laborärzte nach der DIN EN ISO 15189 „Medizinische Laboratorien“ akkreditiert und erfüllen somit nachweislich die entsprechenden Anforderungen an die Qualität und Kompetenz. Diese Normanforderungen an das Qualitätsmanagementsystem gehen deutlich über die Anforderungen des Teils A der RiliBÄK 2008 hinaus. Dadurch werden in diesen Laboratorien bei der behördlichen Überwachung nur sehr selten Abweichungen festgestellt, die in der Regel als geringfügig einzustufen sind. Außerdem kennen sich nahezu alle Mitarbeiter der Einrichtung gut in der Systematik des eingeführten Qualitätsmanagement aus, da sie auf diesem Gebiet geschult wurden.
Die Umsetzung der Vorgaben des speziellen Teils B1 der RiliBÄK 2008 an die Qualitätssicherung quantitativer laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen in den Laboratorien der niedergelassenen Laborärzte befindet sich aus behördlicher Sicht sehr häufig auf hohem Niveau. Dabei besitzen die Mitarbeiter fundierte Kenntnisse über die Anforderungen des speziellen Teils B1 und wenden die zur Dokumentation verwendete Softwarelösung sicher an. Festgestellte Abweichungen sind in der Regel als gering zu klassifizieren und hängen häufig mit kleineren Fehlern in der eingesetzten Softwarelösung zusammen.
Medizinische Laboratorien von Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen
Die RiliBÄK 2008 beschreibt im Teil A die grundlegenden Elemente, die ein Qualitätsmanagementsystem eines medizinischen Laboratoriums erfüllen muss, wenn darin laboratoriumsmedizinische Untersuchungen durchgeführt werden. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Zertifizierung oder Akkreditierung des eingeführten Qualitätsmanagementsystems besteht jedoch nicht.
Einige medizinische Einrichtungen (z. B. Labor im Krankenhaus oder Rehaklinik) erklärten die Zertifizierung oder Akkreditierung ihres Qualitätsmanagementsystems nach entsprechenden Normen trotz fehlender gesetzlicher Vorgabe zu einem ihrer Hauptziele, das konsequent verfolgt wurde. Die dazu notwendigen Ressourcen wurden in dem Projekt eingeplant und konnten während der Einführung des Qualitätsmanagementsystems kontinuierlich abgerufen werden. Der Erfolg dieses Verfahrens lässt sich bei der behördlichen Überwachung in diesen Laboratorien sehr gut ablesen: die Überwachungsergebnisse bewegen sich auf dem gleichen erfreulich hohen Niveau wie bei den o. g. Laboratorien niedergelassener Laborärzte
Viele andere medizinische Einrichtungen stellt die Einführung des Qualitätsmanagementsystems nach dem Teil A der RiliBÄK jedoch häufig vor das Problem, dass für das Installieren des Qualitätsmanagementsystems keine oder nicht ausreichende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Dies bedeutet, dass die Mitarbeiter des Labors oft keine Schulungen zum Qualitätsmanagement erhalten haben. Außerdem muss zu der personellen Auslastung durch die tägliche Laborroutine „nebenbei“ noch ein Qualitätsmanagementsystem aufgebaut werden.
In diesen Fällen zeigen die Überwachungsergebnisse deutlich, dass die Umsetzung der Vorgaben des Teil A der RiliBÄK vom Personal des Labors überwiegend nur unzureichend geleistet werden konnte. Auch im Jahr 2013 fehlte in Einzelfällen noch immer das komplette Qualitätsmanagementsystem, obwohl dies seit dem 01.04.2010 verbindlich vorgeschrieben ist. Sehr häufig sind auch noch nicht alle vorgeschriebenen Elemente des Qualitätsmanagements vollständig in das Qualitätsmanagementhandbuch integriert, so dass ggf. noch keine erste abschließende Freigabe des Qualitätsmanagementhandbuchs vorliegt.
Für einen effizienteren Aufbau des Qualitätsmanagementsystems werden zum Teil Musterhandbücher mit entsprechenden Vorlagen beschafft. Die Eignung der Musterhandbücher zur Bewältigung dieser Aufgabe erscheint jedoch manchmal eingeschränkt, da vom Personal der medizinischen Einrichtung nicht erkannte Fehler in den Vorlagen schon bei oberflächlicher Überwachung festgestellt werden können. Da wird beispielsweise in einem Musterhandbuch als mitgeltende Vorschrift der § 4 des Eichgesetzes zitiert, obwohl dort keinerlei Bezug zur RiliBÄK zu finden ist. Dieser Fehler taucht dann in nahezu allen abgeleiteten Laborhandbüchern auf.
Außerdem kann immer wieder festgestellt werden, dass die Vorlagen der Musterhandbücher zu wenig an die örtlichen Gegebenheiten des entsprechenden Labors angepasst werden. Dies trifft besonders dann zu, wenn die Mitarbeiter keine Schulungen zum Qualitätsmanagement bekommen haben. So entsteht bei der Überwachung leicht der Eindruck, dass das Qualitätsmanagementsystem nur für die Zufriedenstellung der behördlichen Überwacher eingeführt wurde.
Hat eine Einrichtung bereits ein Qualitätsmanagementsystem eingeführt, lässt die RiliBÄK 2008 die Wahlfreiheit, wo das einzuführende Laborqualitätsmanagementsystem angesiedelt wird: ob als eigenes Qualitätsmanagementsystem mit entsprechendem eigenständigen Laborhandbuch oder im Qualitätsmanagementsystem der Einrichtung – beides ist möglich. Bei der Überwachung wird jedoch immer wieder festgestellt, dass es Abstimmungsprobleme zwischen den Laborverantwortlichen und dem Qualitätsmanagementbeauftragen der Einrichtung gibt. Da will der Qualitätsmanagementbeauftragte genau vorschreiben, wie die Dokumente des Laborqualitätsmanagement auszusehen haben, ohne dabei auf die besonderen Bedürfnisse des Labors zu achten. Die festgestellten Abweichungen bei einer behördlichen Überwachung sind hier oft der Spiegel für die Frustration der Labormitarbeiter. Es steht zu befürchten, dass diese Qualitätsmanagementunterlagen später nicht mehr beachtet und verwendet werden.
Die Umsetzung des speziellen Teils B1 für die quantitativen Blutanalysen ist in den Laboren von Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen zum Großteil sehr gut gelungen. In der Regel wurden die qualitätssichernden Maßnahmen bereits zu Zeiten der Vorgängerrichtlinie mit einer Softwarelösung dokumentiert. Bei der Umstellung auf die aktuelle RiliBÄK behielten die Anwender häufig den bisherigen Softwarehersteller bei. Mittels Update wurde die Software „fit“ für die geänderten Auswertungsmethoden der neuen RiliBÄK gemacht. Haben die Programmierer die Vorgabenänderungen richtig interpretiert und umgesetzt, dann blieben auch die Abweichungen bei der Überwachung gering.
Organisationseinheiten in Krankenhäusern oder medizinischen Einrichtungen, die Blutanalysen im Rahmen der patientennahen Sofortdiagnostik durchführen
Im Sprachgebrauch der RiliBÄK 2008 versteht man unter einer Organisationseinheit einer medizinischen Einrichtung eine Funktionseinheit, in denen ein festgelegter Bereich von Anwendern einen diesem Bereich zugeordneten Pool von Messgeräten betreibt. Auf das Beispiel Organisationseinheit „Intensivstation“ eines Krankenhauses bezogen bedeutet dies, dass Ärzte und Pflegepersonal der Intensivstation die Blutgasmessgeräte und die Blutzuckermessgeräte der Intensivstation bedienen.
Wie aus einem Organigramm eines Krankenhauses leicht ersichtlich ist, bestehen medizinische Einrichtungen in der Regel aus mehreren Organisationseinheiten, die zunächst alle für sich gesehen die Vorgaben der RiliBÄK umsetzen müssen, wenn entsprechende laboratoriumsmedizinische Untersuchungen durchgeführt werden.
Für Organisationseinheiten in medizinischen Einrichtungen, die im Rahmen der patientennahen Sofortdiagnostik Blutanalysen durchführen, hält die RiliBÄK 2008 Regelungen bereit, die es der Einrichtung ermöglichen, den Aufwand bei der RiliBÄK-Umsetzung zu begrenzen. Dies ist auf zwei Arten möglich:
Die Organisationseinheiten werden schriftlich nachvollziehbar dem Zentrallabor zugeordnet. Dann können die Vorgaben für das Qualitätsmanagement der Organisationseinheit mit geringem Aufwand an zusätzlichen Ergänzungen im Laborqualitätsmanagement abgedeckt werden. Gleichzeitig werden die im Zentrallabor durchgeführten Ringversuche auch für die zugeordneten Organisationseinheiten anerkannt.
Die Blutanalysegeräte der Organisationseinheiten werden schriftlich nachvollziehbar zu einer Einheit zusammengefasst, so dass für alle Organisationseinheiten nur ein gemeinsames Qualitätsmanagementhandbuch erstellt werden muss. Gleichzeitig genügt bei den ringversuchspflichtigen Analyten das Durchführen eines Ringversuchs pro Quartal in der zusammengefassten Organisationseinheit.
In der Regel wird bei der behördlichen Überwachung jedoch festgestellt, dass diese möglichen Zuordnungen nicht schriftlich getroffen wurden. Dies hat zur Folge, dass typischerweise das geforderte Qualitätsmanagement des Teil A der RiliBÄK in der Organisationseinheit komplett fehlt, keine vorgeschriebenen Ringversuche durchgeführt werden und die Dokumentationsvorgaben nach dem speziellen Teil B1 der RiliBÄK nur stark eingeschränkt erfüllt werden.
Ist die Zuordnung der Organisationseinheiten zum Zentrallabor gegeben, dient das Zentrallabor als Kompetenzzentrum für die Organisationseinheiten. Hier werden bei der Überwachung in den Organisationseinheiten deutlich bessere Ergebnisse festgestellt.
Zum Teil bietet das Zentrallabor den Organisationseinheiten auch die Durchführung der internen Qualitätssicherung an, damit eine konsequente RiliBÄK-konforme Durchführung und Dokumentation der Kontrollen gewährleistet wird. Dabei wird jedoch die Definition im Teil A der RiliBÄK „Verantwortung des Zentrallabors“ übersehen. Hier wird eindeutig darauf hingewiesen, dass ein Durchführen der Kontrollprobenmessungen durch Mitarbeiter des Zentrallabors nicht im Sinne der RiliBÄK ist. Das Zentrallabor soll lediglich zur RiliBÄK-konformen Durchführung der Qualitätssicherung in der Organisationseinheit anleiten und dies anschließend entsprechend überwachen. Wird entgegen dieser Definition des Teils A der RiliBÄK 2008 gehandelt, beanstandet die Überwachungsbehörde das abweichende Vorgehen.
Führt das Personal der Organisationseinheiten die Kontrollmessungen selbst durch, haben die Überwachungen gezeigt, dass eine komplette und dauerhafte Umsetzung des speziellen Teils der RiliBÄK kaum erreicht wird. Dies hat seine Ursachen häufig in der Personalfluktuation. Oft kommt noch erschwerend hinzu, dass die notwendige Einweisung von neuen Mitarbeitern in die RiliBÄK-Systematik fehlt oder nur ungenügend durchgeführt wird. Dadurch bleiben Verständnisprobleme bei den Mitarbeiten. Auch die enorme Arbeitsbelastung in den Organisationseinheiten verstärkt die schlechte Umsetzung der Vorgaben, da bei den Mitarbeitern häufig die Akzeptanz für den zusätzlichen und als unnötig empfundenen Aufwand zur Erfüllung der RiliBÄK-Vorgaben fehlt.
Ein Outsourcen des Zentrallabors aus einem Krankenhaus kann ebenfalls dazu führen, dass das einstmals gute Niveau vorbildlich dokumentierter Kontrollprobenmessungen sinkt, weil die Betreuung der Organisationseinheiten nicht in die Zuständigkeiten des neuen Laborbetreibers übergegangen ist. Somit fehlt den Mitarbeitern in den betroffenen Organisationseinheiten eindeutig der kompetente Ansprechpartner für RiliBÄK-Fragen.
Die häufigsten festgestellten Abweichungen bei der Dokumentation nach dem Teil B1 der RiliBÄK in den Organisationseinheiten sind zum einen unvollständig ausgefüllte Papierprotokolle und zum anderen Kontrollausdrucke von Analysegeräten, die die Dokumentationsvorgaben der Richtlinie nur zu einem kleinen Teil abbilden.
Wird bei einer Organisationseinheit in der patientennahen Sofortdiagnostik ein Analysesystem verwendet, das ein Unit-use-Reagenz verwendet, genügt es in der Regel, eine Kontrollprobeneinzelmessung pro Kalenderwoche durchzuführen. Manche Analysegeräte in der patientennahen Sofortdiagnostik verwenden jedoch kein Unit-use-Reagenz, so dass einerseits täglich Kontrollprobeneinzelmessungen durchzuführen sind und andererseits regelmäßig Kontrollzyklen ausgewertet werden müssen. Bei den Überwachungen wurde festgestellt, dass den Anwendern oft keine Information oder gelegentlich sogar eine falsche Herstellerinformation vorliegt, zu welcher Gruppe ihr Analysesystem zugeordnet wird. Im ungünstigsten Fall wird dann die geforderte Anzahl an Kontrollprobenmessungen nicht erreicht und die Auswertung der Kontrollzyklen fehlt.
Niedergelassene Nicht-Laborärzte (Fachärzte und Allgemeinmediziner)
Fasst man die Ergebnisse der Überwachungen von niedergelassenen Nicht-Laborärzten zusammen, so ist festzustellen, dass hier die höchsten Abweichungsquoten aller RiliBÄK-Anwender vorhanden sind. Die Bestimmungen der RiliBÄK haben somit die Fachärzte und Allgemeinmediziner kaum erreicht.
Sehr häufig ist die RiliBÄK nicht bekannt, so dass die Umsetzung des Qualitätsmanagement nach dem Teil A und der Kontrollmessungen nach dem speziellen Teil B1 komplett fehlt.
Sind die Anforderungen des Teils A zum Qualitätsmanagement in der Praxis von einem niedergelassen Nicht-Laborarzt umgesetzt, wurden dazu teilweise externe Dienstleister beauftragt. Hier haben die Überwachungen gezeigt, dass die Qualität der RiliBÄK-Umsetzung stark von dem beauftragten Dienstleister abhängig ist.
In manchen Fällen sind – wie in den Laboratorien von Krankenhäusern auch – entsprechende Mustervorlagenhandbücher zum Einsatz gekommen. Auch hier ist oft zu bemängeln, dass die aus den Musterhandbüchern abgeleiteten Qualitätsmanagementhandbücher nicht ausreichend auf die Belange der eigenen Praxis angepasst sind.
In den Praxen niedergelassener Nicht-Laborärzte ist noch stärker als bei den Organisationseinheiten der Krankenhäuser zu spüren, dass die Qualitätsmanagementhandbücher nur deshalb „vorrätig“ gehalten werden, weil sie gesetzlich vorgeschrieben sind. Diese Feststellung wird auch dadurch untermauert, dass die einzelnen Praxismitarbeiter „keinen Umgang“ mit den Handbüchern haben.
Wenn die nach dem speziellen Teil B1 der RiliBÄK vorgeschriebenen Kontrollprobeneinzelmessungen überhaupt durchgeführt werden, dann fehlen häufig die notwendigen Kenntnisse, wie die Dokumentation der Messungen RiliBÄK-konform zu erfolgen hat. Kommen dabei Vorlagen der Messgerätehersteller zum Einsatz, ist das vollständige Ausfüllen der geforderten Angaben für den Anwender nicht selbstverständlich.
Die Kontrollhäufigkeit im Bereich der patientennahen Sofortdiagnostik (POCT) wird wie in den Organisationseinheiten von Krankenhäusern zum Teil nicht korrekt beachtet, da die Überwachungspflichtigen nicht darüber informiert sind, ob das verwendete Messgerät ein Unit-use-Reagenz verwendet oder nicht.
Die Allgemeinmediziner und Fachärzte monieren oft selbst den hohen bürokratischen Aufwand, den die Umsetzung der RiliBÄK in der Praxis bei einer aus ihrer Sicht geringen Analysezahl notwenig macht. Außerdem sei der Sprachgebrauch der RiliBÄK schwer verständlich, was sich bei den Überwachungen in einem hohen Erklärungsaufwand niederschlägt. Sieht sich die Praxis nach externen Schulungsangeboten zur RiliBÄK um, so trifft sie nur auf eine sehr geringe Anzahl von Anbietern.
Wenig Verständnis bringen die Nicht-Laborärzte im niedergelassenen Bereich dafür auf, dass die RiliBÄK für die ringversuchspflichtigen Tabelle-B1-Analyte vier Teilnahmen pro Jahr fordert, während die Kassenärztlichen Vereinigungen lediglich zwei Teilnahmen an Ringversuchen verlangen.
Bei den Überwachungen wurde ebenfalls mehrfach festgestellt, dass die Praxen den Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber bewusst falsche Angaben über die Analysegeräte machen, die in der patientennahen Sofortdiagnostik verwendet werden. Sie geben an, dass eine entsprechende Messgröße mit Unit-use-Reagenz gemessen wird, obwohl das Analysesystem nicht mit Unit-use-Reagenz arbeitet. Sie erreichen durch die gezielte Fehlinformation, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen gestützt auf die entsprechende RiliBÄK-Ausnahmeregelung keine Ringversuche fordert, obwohl dies bei korrekter Meldung notwendig wäre.
Auswertung der Überwachungsergebnisse
Die Bandbreite der festgestellten Erfüllungsgrade bei den einzelnen Anwendergruppen der RiliBÄK 2008 ist sehr groß und reicht von einer sehr guten Umsetzung mit geringeren Abweichungen (Erfüllungsgrad >75%) über eine ordentliche, jedoch eingeschränkte Umsetzung (Erfüllungsgrad zwischen 30% bis 75%) bis hin zu einer stark eingeschränkten bzw. komplett fehlenden Umsetzung (Erfüllungsgrad <30%) der Vorgaben.
Tabelle 1 zeigt die bei der Überwachung festgestellten Erfüllungsgrade der einzelnen Anwendergruppen in Abhängigkeit der beiden RiliBÄK-Teilbereiche A und B1 im Überblick. In der Gesamtübersicht aller Anwendergruppen ist gut zu erkennen, dass das Verbesserungspotential beim Umsetzen der RiliBÄK 2008 noch immer sehr groß ist, obwohl die Anwendung der Richtlinie seit dem 01.04.2010 gesetzlich bindend vorgeschrieben ist.
Erfüllungsgrade der einzelnen Anwendergruppen in Abhängigkeit der Teilbereiche A und B1 der RiliBÄK 2008.
| Anwendergruppe | Teil der RiliBÄK | Erfüllungsgrad | ||
|---|---|---|---|---|
| <30% | 30%–75% | >75% | ||
| Laboratorien niedergelassener Laborärzte | Teil A | X | ||
| Teil B1 | X | |||
| Laboratorien in Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen (z. B. Rehakliniken) | Teil A | X | ||
| Teil B1 | X | |||
| Organisationseinheiten in Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen mit Verantwortung des Zentrallabors | Teil A | X | ||
| Teil B1 | X | |||
| Organisationseinheiten in Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen ohne Verantwortung des Zentrallabors | Teil A | X | ||
| Teil B1 | X | |||
| Niedergelassene Nicht-Laborärzte (Fachärzte und Allgemeinmediziner) | Teil A | X | ||
| Teil B1 | X | |||
Literatur
1. Bundesärztekammer. Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen 2008. Available at: http://www.bundesaerztekammer. de/downloads/RiliBAEKLabor201303b.pdf. Accessed: 22.03.2013.Suche in Google Scholar
2. Bundesministerium für Gesundheit. § 4a der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (MPBetreibV), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2326). Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 48 Seite 2326–39.Suche in Google Scholar
©2014 by Walter de Gruyter Berlin/Boston
This article is distributed under the terms of the Creative Commons Attribution Non-Commercial License, which permits unrestricted non-commercial use, distribution, and reproduction in any medium, provided the original work is properly cited.
Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- Allergie und Autoimmunität/Allergy and Autoimmunity
- Nachweis von schweren angeborenen Immundefekten bei Neugeborenen: Diagnostisches Vorgehen bei Screening, Tracking und Follow-up
- Mediators in pleural effusions of different origin: a two-step diagnostic study
- Übersichtsarbeit/Review
- Die Umsetzung der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK) aus Sicht der überwachenden Länderbehörden
- Klinische Chemie und Stoffwechsel/Clinical Chemistry and Metabolism
- NMR-Spektroskopie – ein modernes Werkzeug zur Serum-Analytik von Lipoproteinen und Metaboliten
- Molekulargenetische und zytogenetische Diagnostik/Molecular-Genetic and Cytogenetic Diagnostics
- 13. Jahrestagung der Sektion Molekulare Diagnostik der DGKL am 15. und 16. Mai 2014 in der Evangelischen Akademie Tutzing
- Kongressbericht/Congress Report
- Analytica Conference 2014, München 02. April 2014
Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- Allergie und Autoimmunität/Allergy and Autoimmunity
- Nachweis von schweren angeborenen Immundefekten bei Neugeborenen: Diagnostisches Vorgehen bei Screening, Tracking und Follow-up
- Mediators in pleural effusions of different origin: a two-step diagnostic study
- Übersichtsarbeit/Review
- Die Umsetzung der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK) aus Sicht der überwachenden Länderbehörden
- Klinische Chemie und Stoffwechsel/Clinical Chemistry and Metabolism
- NMR-Spektroskopie – ein modernes Werkzeug zur Serum-Analytik von Lipoproteinen und Metaboliten
- Molekulargenetische und zytogenetische Diagnostik/Molecular-Genetic and Cytogenetic Diagnostics
- 13. Jahrestagung der Sektion Molekulare Diagnostik der DGKL am 15. und 16. Mai 2014 in der Evangelischen Akademie Tutzing
- Kongressbericht/Congress Report
- Analytica Conference 2014, München 02. April 2014