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Zukunft fühlen. Jugendtreffen 1950/1951

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Zukunft fühlen. Jugendtreffen 1950/1951Mit der doppelten Staatsgründung 1949 rückte die Idee eines geeinten Deutschlands inweite Ferne. Ein Jahrzehnt begann, das vor allem durch Konfliktlinien des Kalten Krie-ges charakterisiert war. Dabei prägten sich in beiden deutschen Staaten gesellschaftli-che Deutungsmuster aus, in denen die Frontstellung der politischen Blöcke permanent»ausgemalt, inszeniert und materialisiert« wurde, der »imaginary war« nahm seinenAnfang.1In den Prozessen von »Amerikanisierung und Sowjetisierung als Chiffren füreinen Neubeginn unter ideologisch entgegengesetzten Vorzeichen« entfernten sich diebeidendeutschenStaatenpolitisch,ökonomischundgesellschaftlichvoneinander.2Diegesellschaftlichen dichotomen Sinngebungsmuster sollten die Deutschen in ihren je ei-genen politischen Systemen lehren, wie die zukünftige Entwicklung vorzustellen sei,wer Freund und wer Feind war. Das fand auch in Praktiken statt, deren Adressaten dieHeranwachsenden waren.1950 fand das Deutschlandtreffen der Jugend in (Ost) Berlin statt. Zu dieser Zeithatten Heranwachsende in der DDR bereits vier Jahre durchorganisierte FDJ-Arbeit er-lebt. Für die Kinder und Jugendlichen der Bundesrepublik endete zur gleichen Zeit diePhase des Nachkriegsmoratoriums. Nun gab es auch im Westen Deutschlands größe-re Jugendtreffen religiöser und politischer Organisationen, wie 1951 das europäischeJugendtreffen auf der Lorelei oder der Sozialistische Jugendtag der sozialdemokrati-schen Falken in Hamburg. Diese drei Großveranstaltungen stehen im Folgenden imFokus. Sie werden vor dem Hintergrund des »imaginary war« vergleichend hinsicht-lich der Praktiken zur Gefühlserziehung betrachtet. Es gilt, die Spur des Zeitregimesweiter zu verfolgen und danach zu fragen, ob und welche Zukunftsvorstellungen denHeranwachsenden in den neugegründeten beiden deutschen Staaten angeboten wur-den.1 Eugster/Marti (2015): »Das Imaginäre des Kalten Krieges«, 4. Der Kalte Krieg sei dementsprechend»eine Epoche, die stark vom Imaginären mitgeprägt wurde« (5). Siehe auch Grant/Ziemann (2016):»The Cold War as an imaginary war«, 1.2 Jarausch/Siegrist (1997): »Amerikanisierung und Sowjetisierung«, 12.
© 2020 transcript Verlag

Zukunft fühlen. Jugendtreffen 1950/1951Mit der doppelten Staatsgründung 1949 rückte die Idee eines geeinten Deutschlands inweite Ferne. Ein Jahrzehnt begann, das vor allem durch Konfliktlinien des Kalten Krie-ges charakterisiert war. Dabei prägten sich in beiden deutschen Staaten gesellschaftli-che Deutungsmuster aus, in denen die Frontstellung der politischen Blöcke permanent»ausgemalt, inszeniert und materialisiert« wurde, der »imaginary war« nahm seinenAnfang.1In den Prozessen von »Amerikanisierung und Sowjetisierung als Chiffren füreinen Neubeginn unter ideologisch entgegengesetzten Vorzeichen« entfernten sich diebeidendeutschenStaatenpolitisch,ökonomischundgesellschaftlichvoneinander.2Diegesellschaftlichen dichotomen Sinngebungsmuster sollten die Deutschen in ihren je ei-genen politischen Systemen lehren, wie die zukünftige Entwicklung vorzustellen sei,wer Freund und wer Feind war. Das fand auch in Praktiken statt, deren Adressaten dieHeranwachsenden waren.1950 fand das Deutschlandtreffen der Jugend in (Ost) Berlin statt. Zu dieser Zeithatten Heranwachsende in der DDR bereits vier Jahre durchorganisierte FDJ-Arbeit er-lebt. Für die Kinder und Jugendlichen der Bundesrepublik endete zur gleichen Zeit diePhase des Nachkriegsmoratoriums. Nun gab es auch im Westen Deutschlands größe-re Jugendtreffen religiöser und politischer Organisationen, wie 1951 das europäischeJugendtreffen auf der Lorelei oder der Sozialistische Jugendtag der sozialdemokrati-schen Falken in Hamburg. Diese drei Großveranstaltungen stehen im Folgenden imFokus. Sie werden vor dem Hintergrund des »imaginary war« vergleichend hinsicht-lich der Praktiken zur Gefühlserziehung betrachtet. Es gilt, die Spur des Zeitregimesweiter zu verfolgen und danach zu fragen, ob und welche Zukunftsvorstellungen denHeranwachsenden in den neugegründeten beiden deutschen Staaten angeboten wur-den.1 Eugster/Marti (2015): »Das Imaginäre des Kalten Krieges«, 4. Der Kalte Krieg sei dementsprechend»eine Epoche, die stark vom Imaginären mitgeprägt wurde« (5). Siehe auch Grant/Ziemann (2016):»The Cold War as an imaginary war«, 1.2 Jarausch/Siegrist (1997): »Amerikanisierung und Sowjetisierung«, 12.
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