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2. Der pädagogische Inklusionsbegriff

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Inklusion und Fremdheit
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2 Der pädagogische Inklusionsbegriff Von Inklusion (lat. inclusio: Einschließung, Einsperrung; includere: einschließen, einsperren, einengen, zurückhalten) ist allerorts die Rede. Bildungspolitik, Medien, gesellschafts- und behindertenpolitische Organe und Verbände, ebenso Einrichtun-gen für ‚Behinderte‘ und insbesondere einzelne Fachwissenschaften hier vor al-lem die mit Behinderung befassten pädagogischen Teildisziplinen wie die Heil- und Sonderpädagogik bedienen sich dieses Begriffes in zunehmender Weise und er-zeugen damit zugleich seine Aufmerksamkeit. Historisch betrachtet ist Inklusion, beispielsweise im Vergleich zum Bildungs-, aber auch zum Integrationsbegriff, ein noch recht junger Begriff. Beginnend mit der Jahrtausendwende und spätestens seit der UN-BRK im Jahr 2009 hat er eine steile Karriere in der pädagogischen Teildisziplin der Heil- und Sonderpädagogik hinter sich und auch im gesellschafts- und bildungspolitischen Bereich hat der Inklusionsbegriff inzwischen an enormer Strahlkraft gewonnen. Doch obgleich der Begriff der Inklusion sowohl in öffentlich-medialen und bil-dungspolitischen Diskursen als auch in pädagogischen Disziplinen inzwischen hof-fähig geworden ist: Kaum ein Begriff polarisiert die Debatten in den Feldern der Bildungspolitik sowie der Heil- und Sonderpädagogik mehr als Inklusion. Sowohl die theoretischen Vorstellungen als auch die praxisrelevanten Veränderungen, die aus dem Inklusionsbegriff abgeleitet werden, sind nicht deckungsgleich und wider-sprechen sich teilweise. Derjenige, der den Versuch unternimmt, sich dieses Begrif-fes aus wissenschaftlicher Sicht anzunehmen, sieht sich mit einer Reihe von Prob-lemlagen konfrontiert. Der Diskurs um Inklusion hat inzwischen eine solche Dichte und Komplexität erreicht, so dass es nicht mehr möglich erscheint, sich mit diesem Begriff auseinanderzusetzen, ohne das Diskursfeld zuvor selbst in den Blick zu nehmen. Dabei kann es nicht um den Anspruch gehen, die Komplexität des Diskur-ses um Inklusion vollständig zu erfassen und darzustellen. Ein solch aufwendiges Vorhaben würde eine gesonderte und systematische Betrachtung notwendig ma-chen, die derzeit noch nicht vorliegt. Vielmehr müssen hier diejenigen Probleme zur Sprache kommen, die für den Kontext und das Erkenntnisinteresse der Arbeit
© 2018 transcript Verlag

2 Der pädagogische Inklusionsbegriff Von Inklusion (lat. inclusio: Einschließung, Einsperrung; includere: einschließen, einsperren, einengen, zurückhalten) ist allerorts die Rede. Bildungspolitik, Medien, gesellschafts- und behindertenpolitische Organe und Verbände, ebenso Einrichtun-gen für ‚Behinderte‘ und insbesondere einzelne Fachwissenschaften hier vor al-lem die mit Behinderung befassten pädagogischen Teildisziplinen wie die Heil- und Sonderpädagogik bedienen sich dieses Begriffes in zunehmender Weise und er-zeugen damit zugleich seine Aufmerksamkeit. Historisch betrachtet ist Inklusion, beispielsweise im Vergleich zum Bildungs-, aber auch zum Integrationsbegriff, ein noch recht junger Begriff. Beginnend mit der Jahrtausendwende und spätestens seit der UN-BRK im Jahr 2009 hat er eine steile Karriere in der pädagogischen Teildisziplin der Heil- und Sonderpädagogik hinter sich und auch im gesellschafts- und bildungspolitischen Bereich hat der Inklusionsbegriff inzwischen an enormer Strahlkraft gewonnen. Doch obgleich der Begriff der Inklusion sowohl in öffentlich-medialen und bil-dungspolitischen Diskursen als auch in pädagogischen Disziplinen inzwischen hof-fähig geworden ist: Kaum ein Begriff polarisiert die Debatten in den Feldern der Bildungspolitik sowie der Heil- und Sonderpädagogik mehr als Inklusion. Sowohl die theoretischen Vorstellungen als auch die praxisrelevanten Veränderungen, die aus dem Inklusionsbegriff abgeleitet werden, sind nicht deckungsgleich und wider-sprechen sich teilweise. Derjenige, der den Versuch unternimmt, sich dieses Begrif-fes aus wissenschaftlicher Sicht anzunehmen, sieht sich mit einer Reihe von Prob-lemlagen konfrontiert. Der Diskurs um Inklusion hat inzwischen eine solche Dichte und Komplexität erreicht, so dass es nicht mehr möglich erscheint, sich mit diesem Begriff auseinanderzusetzen, ohne das Diskursfeld zuvor selbst in den Blick zu nehmen. Dabei kann es nicht um den Anspruch gehen, die Komplexität des Diskur-ses um Inklusion vollständig zu erfassen und darzustellen. Ein solch aufwendiges Vorhaben würde eine gesonderte und systematische Betrachtung notwendig ma-chen, die derzeit noch nicht vorliegt. Vielmehr müssen hier diejenigen Probleme zur Sprache kommen, die für den Kontext und das Erkenntnisinteresse der Arbeit
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