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2 Ästhetische Wahrnehmung und das wahrnehmende Subjekt

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2 Ästhetische Wahrnehmung und das wahrnehmende Subjekt Ist das Schöne eine feststehende Eigenschaft des Objekts oder wird es erst durch die Wahrnehmung durch das Subjekt konstituiert? Diese Frage ist in jeder Auseinan-dersetzung mit dem Thema grundlegend. Ging man insbesondere in Bereichen der Architektur und schönen Künste lange Zeit von einer konstruierbaren, formalästhe-tischen Objektschönheit aus, so wurde diese Annahme mit der Aufwertung des Sub-jektes und der subjektiven Wahrnehmung, die zeitgleich mit der Etablierung einer modernen philosophischen Ästhetik im 18. Jahrhundert stattfand, zunehmend hin-terfragt. Diese Aufwertung des Subjekts und des Subjektiven fand etwa zeitgleich mit den ersten denkmalpflegerischen Bestrebungen statt und hatte sowohl Auswirk-ungen auf die Betrachtung von Kunst und Architektur als auch auf das Geschichts-verständnis bzw. den Umgang mit historischen Hinterlassenschaften. Man könnte in diesem Zusammenhang von einer Historisierung der Ästhetik und von einer ‚Ästhe-tisierung‘ der Geschichte sprechen, die gleichzeitig Voraussetzung für die moderne Denkmalpflege waren.1 Zusammenfassend lassen sich verschiedene Phänomene be-trachten, die prägend für die weitere Entwicklung der Denkmalpflege waren. Zum einen eine Veränderung des Geschichtsverständnisses und damit verbunden die Wertschätzung von Architektur als historisches Zeugnis. Zum anderen die histori-sche Selbstvergewisserung in dieser Geschichte. Und als Drittes die damit einher-gehende Auflösung universeller ästhetischer Grundregeln, da auch diese als histo-risch gewachsen betrachtet wurden. Das Kunstwerk und die Architektur rückte damit als Zeugnis einer kulturgeschichtlichen Entwicklung ins Interesse. Als Bei-spiel kann hier das Zusammenspiel zwischen Historisierung und Subjektivierung in der Architekturtheorie genannt werden, das unter anderem im Rahmen der Querelle des Anciens et des Modernes des französischen 18. Jahrhunderts diskutiert wurde. Das Subjekt wird hier als historisch verankert und wahrnehmend verstanden, also als ästhetisch denkend. Dadurch entwickelte sich eine Aufhebung des Glaubens an universelle ästhetischer Regeln, da auch diese als relativ in Bezug auf zeitliche Ab-1 Ästhetisierung wird hier nicht im häufig negativ besetzten Sinne einer oberflächlichen Verschönerung verstanden, sondern im Sinne einer Baumgartʼschen sinnlichen Erfahrung (s.u.).
© 2018 transcript Verlag

2 Ästhetische Wahrnehmung und das wahrnehmende Subjekt Ist das Schöne eine feststehende Eigenschaft des Objekts oder wird es erst durch die Wahrnehmung durch das Subjekt konstituiert? Diese Frage ist in jeder Auseinan-dersetzung mit dem Thema grundlegend. Ging man insbesondere in Bereichen der Architektur und schönen Künste lange Zeit von einer konstruierbaren, formalästhe-tischen Objektschönheit aus, so wurde diese Annahme mit der Aufwertung des Sub-jektes und der subjektiven Wahrnehmung, die zeitgleich mit der Etablierung einer modernen philosophischen Ästhetik im 18. Jahrhundert stattfand, zunehmend hin-terfragt. Diese Aufwertung des Subjekts und des Subjektiven fand etwa zeitgleich mit den ersten denkmalpflegerischen Bestrebungen statt und hatte sowohl Auswirk-ungen auf die Betrachtung von Kunst und Architektur als auch auf das Geschichts-verständnis bzw. den Umgang mit historischen Hinterlassenschaften. Man könnte in diesem Zusammenhang von einer Historisierung der Ästhetik und von einer ‚Ästhe-tisierung‘ der Geschichte sprechen, die gleichzeitig Voraussetzung für die moderne Denkmalpflege waren.1 Zusammenfassend lassen sich verschiedene Phänomene be-trachten, die prägend für die weitere Entwicklung der Denkmalpflege waren. Zum einen eine Veränderung des Geschichtsverständnisses und damit verbunden die Wertschätzung von Architektur als historisches Zeugnis. Zum anderen die histori-sche Selbstvergewisserung in dieser Geschichte. Und als Drittes die damit einher-gehende Auflösung universeller ästhetischer Grundregeln, da auch diese als histo-risch gewachsen betrachtet wurden. Das Kunstwerk und die Architektur rückte damit als Zeugnis einer kulturgeschichtlichen Entwicklung ins Interesse. Als Bei-spiel kann hier das Zusammenspiel zwischen Historisierung und Subjektivierung in der Architekturtheorie genannt werden, das unter anderem im Rahmen der Querelle des Anciens et des Modernes des französischen 18. Jahrhunderts diskutiert wurde. Das Subjekt wird hier als historisch verankert und wahrnehmend verstanden, also als ästhetisch denkend. Dadurch entwickelte sich eine Aufhebung des Glaubens an universelle ästhetischer Regeln, da auch diese als relativ in Bezug auf zeitliche Ab-1 Ästhetisierung wird hier nicht im häufig negativ besetzten Sinne einer oberflächlichen Verschönerung verstanden, sondern im Sinne einer Baumgartʼschen sinnlichen Erfahrung (s.u.).
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