Startseite 4 Diskursanalyse als Gesellschaftsanalyse – Ideologiekritik und Kritische Diskursanalyse
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4 Diskursanalyse als Gesellschaftsanalyse – Ideologiekritik und Kritische Diskursanalyse

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Handbuch Diskurs und Raum
Ein Kapitel aus dem Buch Handbuch Diskurs und Raum
4 Diskursanalyse als Gesellschaftsanalyse Ideologiekritik und Kritische Diskursanalyse Bernd Belina, Iris Dzudzek E i n l ei t u n g In diesem Kapitel diskutieren wir Diskursanalyse als Gesellschaftsanalyse. Un-ser Ziel ist es, das gesellschaftskritische Potenzial der Diskursanalyse für die Geographie auszuloten. Diskurse verstehen wir als hervorgebracht durch und Momente von Gesellschaft: Den theoretischen Ausgangspunkt bildet deshalb die Analyse der Gesellschaft, die methodisch auch als Diskursanalyse vonstat-tengehen kann. Im Anschluss an Überlegungen, die unseren eigenen Arbeiten zugrunde liegen, setzen wir uns mit zwei Strömungen in der Literatur auseinander. Erstens grei-fen wir auf Konzepte der an Karl Marx anschließenden Ideologiekritik zurück (vgl. Marx/Engels 1969 [1845/46]; Althusser 1977 [1970]; PIT 1979; Gramsci 1991ff. [1948ff.]; Herkommer 2005), ohne die Essenzialismen zu verwenden, die dieser Tradition oft zu Unrecht unterstellt werden. Zweitens beziehen wir uns auf poststrukturalistische Diskursverständnisse (vgl. Foucault 1973 [1969], 1991 [1971], 2002 [1971], 2003a [1977], 2004 [1999]; Derrida 1974 [1967], 1976 [1972], 2001 [1971]; Laclau/Mouffe 1985; Laclau 1994; Mouffe 2005 [1993]), ohne die dort lau-ernden Idealismen zu reproduzieren. In unserem Verständnis ist die Tradition der Ideologiekritik mit ihrem Begriff von Gesellschaft entscheidend, weil die gesellschaftliche und politische Relevanz von Diskursen nur zu begreifen ist, wenn herausgearbeitet wird, aus welchen sozialen Praktiken diese hervorgehen und welche Machtverhältnisse sie stützen. Hier werden die „Was-Fragen“ be-antwortet im Sinne von „Was wird diskutiert?“. Die Stärke poststrukturalisti-scher Diskursverständnisse sehen wir in ihrem Fokus auf die Form von Diskur-
© 2021 transcript Verlag

4 Diskursanalyse als Gesellschaftsanalyse Ideologiekritik und Kritische Diskursanalyse Bernd Belina, Iris Dzudzek E i n l ei t u n g In diesem Kapitel diskutieren wir Diskursanalyse als Gesellschaftsanalyse. Un-ser Ziel ist es, das gesellschaftskritische Potenzial der Diskursanalyse für die Geographie auszuloten. Diskurse verstehen wir als hervorgebracht durch und Momente von Gesellschaft: Den theoretischen Ausgangspunkt bildet deshalb die Analyse der Gesellschaft, die methodisch auch als Diskursanalyse vonstat-tengehen kann. Im Anschluss an Überlegungen, die unseren eigenen Arbeiten zugrunde liegen, setzen wir uns mit zwei Strömungen in der Literatur auseinander. Erstens grei-fen wir auf Konzepte der an Karl Marx anschließenden Ideologiekritik zurück (vgl. Marx/Engels 1969 [1845/46]; Althusser 1977 [1970]; PIT 1979; Gramsci 1991ff. [1948ff.]; Herkommer 2005), ohne die Essenzialismen zu verwenden, die dieser Tradition oft zu Unrecht unterstellt werden. Zweitens beziehen wir uns auf poststrukturalistische Diskursverständnisse (vgl. Foucault 1973 [1969], 1991 [1971], 2002 [1971], 2003a [1977], 2004 [1999]; Derrida 1974 [1967], 1976 [1972], 2001 [1971]; Laclau/Mouffe 1985; Laclau 1994; Mouffe 2005 [1993]), ohne die dort lau-ernden Idealismen zu reproduzieren. In unserem Verständnis ist die Tradition der Ideologiekritik mit ihrem Begriff von Gesellschaft entscheidend, weil die gesellschaftliche und politische Relevanz von Diskursen nur zu begreifen ist, wenn herausgearbeitet wird, aus welchen sozialen Praktiken diese hervorgehen und welche Machtverhältnisse sie stützen. Hier werden die „Was-Fragen“ be-antwortet im Sinne von „Was wird diskutiert?“. Die Stärke poststrukturalisti-scher Diskursverständnisse sehen wir in ihrem Fokus auf die Form von Diskur-
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Kapitel in diesem Buch

  1. Frontmatter 1
  2. Inhalt 5
  3. Vorwort zur dritten, aktualisierten und erweiterten Auflage 9
  4. 1 Diskursforschung in der Humangeographie 13
  5. A Theorien und Konzepte der Diskursforschung in der Humangeographie
  6. Einleitung 63
  7. 2 Grundlagen und zentrale Begriffe der Foucault’schen Diskurstheorie 65
  8. 3 Gouvernementalität in der humangeographischen Diskursforschung 87
  9. 4 Diskursanalyse als Gesellschaftsanalyse – Ideologiekritik und Kritische Diskursanalyse 109
  10. 5 Die Hegemonie- und Diskurstheorie von Laclau und Mouffe 137
  11. B Raumbegriffe in der Diskursforschung
  12. Einleitung 167
  13. 6 Impulse geographischer Raumtheorien für eine raumund maßstabskritische Diskursforschung 169
  14. 7 Der unmögliche Raum bei Laclau und die politischen Räume der Geographie 183
  15. 8 Wenn Raumproduktionen zu Regierungspraktiken werden – Michel Foucaults Angebote an die Geographie 195
  16. C Modi der diskursiven Konstitution von Gesellschaft-Raum-Verhältnissen
  17. Einleitung 207
  18. 9 Sprachlichkeit 211
  19. 10 Bildlichkeit 223
  20. 11 Performativität 249
  21. 12 Praktiken 269
  22. 13 Materialität 291
  23. D Methoden und empirische Zugänge der raumbezogenen Diskursforschung
  24. Einleitung 309
  25. 14 Verfahren der lexikometrisch-computerlinguistischen Analyse von Textkorpora 313
  26. 15 Raumbezogenes Argumentieren 345
  27. 16 Die Aussagenanalyse als Mikromethode der Diskursforschung 365
  28. 17 Kodierende Verfahren in der Diskursforschung 379
  29. 18 Ein diskurstheoretisch informierter Blick auf Karten und Kartographie 405
  30. 19 Ethnographische Ansätze zur Analyse diskursiver Praxis 417
  31. 20 Fotografie als Methode zur Analyse von Visualität und Materialität 441
  32. E Fazit und Ausblick
  33. Einleitung 459
  34. 21 Ins Spiel der Wahrheit eintreten 461
  35. Autorinnen und Autoren 469
  36. Index 473
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