Startseite Linguistik & Semiotik 21. Sprache in Drama und Theater
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21. Sprache in Drama und Theater

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Handbuch Sprache in der Literatur
Ein Kapitel aus dem Buch Handbuch Sprache in der Literatur

Abstract

Dramatische Dichtung war und ist vom alteuropäischen Beginn an bis heute eine von Sprache und Sprechen grundlegend bestimmte Kunst, die unauflöslich mit dem Theater verbunden ist. Die Sprache im Drama ist stets eine vor Zuschauerinnen und Zuschauern entfaltete Figurenrede; sie artikuliert sich in Monologen und Dialogen, im Tumult von Massenszenen wie in der Stille einer fast wortlosen, nur in spärlicher Körpersprache angedeuteten Bühnensituation. Dramensprache steht in der Regel im Kontext von Aktionen und Handlungen und ist daher nur ein - wenn auch wesentliches und wichtiges - Element eines vor Zuschauerinnen und Zuschauern inszenierten Gesamtgeschehens auf dem Theater. Es verwundert nicht, dass schon Aristoteles (384-322 v. u. Z.) in seiner Poetik die Sprache zu den Grundelementen des Dramas zahlt: „Immerhin besteht jedes Stuck in gleicher Weise aus Inszenierung, Charakteren, Mythos, Sprache, Melodik und Erkenntnisfähigkeit“ (Aristoteles 1982, 21). Zugleich ist die Sprache im Drama in aller Regel an Personen bzw. Figuren geknüpft, die vor einem Publikum Spiele auffuhren. Seit der Existenz des Theaters ist die Sprache nie ein bloß funktionales Kommunikationssystem zur menschlichen Verständigung. Selbst dort, wo sie sich sozialer Alltagscodes bedient, geht sie nicht in den Codes auf, sondern ist und bleibt eine künstlerische Ausdrucksform, der eine dramaturgische Konzeption unterliegt, in diesem Falle mit dem Ziel, auf der Buhne eine möglichst große Alltagsreferenz zu erzeugen. Das gilt sogar für Stücke des so genannten Dokumentarischen Theaters, das, wie Peter Weiss (1916-1982) in seinem Stuck Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen (1965), mit authentischen Textvorlagen aus dem Frankfurter Auschwitz-Prozesse arbeitet, mit protokollierten Zeugenaussagen, Prozess-Mitschriften und Materialien, die 1963 dem Gerichtsverfahren zugrunde lagen.

Abstract

Dramatische Dichtung war und ist vom alteuropäischen Beginn an bis heute eine von Sprache und Sprechen grundlegend bestimmte Kunst, die unauflöslich mit dem Theater verbunden ist. Die Sprache im Drama ist stets eine vor Zuschauerinnen und Zuschauern entfaltete Figurenrede; sie artikuliert sich in Monologen und Dialogen, im Tumult von Massenszenen wie in der Stille einer fast wortlosen, nur in spärlicher Körpersprache angedeuteten Bühnensituation. Dramensprache steht in der Regel im Kontext von Aktionen und Handlungen und ist daher nur ein - wenn auch wesentliches und wichtiges - Element eines vor Zuschauerinnen und Zuschauern inszenierten Gesamtgeschehens auf dem Theater. Es verwundert nicht, dass schon Aristoteles (384-322 v. u. Z.) in seiner Poetik die Sprache zu den Grundelementen des Dramas zahlt: „Immerhin besteht jedes Stuck in gleicher Weise aus Inszenierung, Charakteren, Mythos, Sprache, Melodik und Erkenntnisfähigkeit“ (Aristoteles 1982, 21). Zugleich ist die Sprache im Drama in aller Regel an Personen bzw. Figuren geknüpft, die vor einem Publikum Spiele auffuhren. Seit der Existenz des Theaters ist die Sprache nie ein bloß funktionales Kommunikationssystem zur menschlichen Verständigung. Selbst dort, wo sie sich sozialer Alltagscodes bedient, geht sie nicht in den Codes auf, sondern ist und bleibt eine künstlerische Ausdrucksform, der eine dramaturgische Konzeption unterliegt, in diesem Falle mit dem Ziel, auf der Buhne eine möglichst große Alltagsreferenz zu erzeugen. Das gilt sogar für Stücke des so genannten Dokumentarischen Theaters, das, wie Peter Weiss (1916-1982) in seinem Stuck Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen (1965), mit authentischen Textvorlagen aus dem Frankfurter Auschwitz-Prozesse arbeitet, mit protokollierten Zeugenaussagen, Prozess-Mitschriften und Materialien, die 1963 dem Gerichtsverfahren zugrunde lagen.

Kapitel in diesem Buch

  1. Frontmatter I
  2. Inhaltsverzeichnis V
  3. Einleitung IX
  4. Grundlegendes
  5. 1. Was oder wann ist Literatur? 3
  6. 2. Angst und Gewalt in der Literatur: Historizität, Semantik und Ausdruck 18
  7. 3. Transformationen der Freundschaftssemantik in Diskursen und literarischen Gattungen seit dem Mittelalter 55
  8. II. Textbeschaffenheit
  9. 4. Literatur aus der Sicht von Text- und Diskurslinguistik 97
  10. 5. Der besondere Einsatz der sprachlichen Mittel im literarischen Erzähltext. Das Beispiel der Personalpronomen 120
  11. 6. Das Wort im literarischen Text 140
  12. 7. Metaphern in literarischen Texten 160
  13. 8. Satz und Zeichensetzung: Formen, Variationen, Entgrenzungen 182
  14. III. Textproduktion
  15. 9. Entwürfe und Revisionen der Dichterinstanz – poeta vates, poeta imitator, poeta creator 205
  16. 10. Das Problem der Ästhetizität von Texten 236
  17. 11. Dialogizität und Intertextualität 252
  18. 12. Medialität 272
  19. 13. Semiotisierung und Semantisierung von Erfahrung, Weltsicht und Wissen in literarischen Texten 290
  20. 14. Abweichen als Prinzip 310
  21. 15. Ironie als Prinzip 330
  22. 16. Das Emotionspotenzial literarischer Texte 351
  23. IV. Textmerkmale von Epik, Lyrik und Dramatik
  24. 17. Fiktionalität und Fiktionalitätssignale 373
  25. 18. Erzählern aufs Wort glauben? Sprachliche Merkmale der fiktionalen Kommunikation 391
  26. 19. Sprache (in) der Lyrik 410
  27. 20. Sprachspiele und Rhetorische Figuren in der Lyrik 425
  28. 21. Sprache in Drama und Theater 449
  29. 22. Fingierte Mündlichkeit und poetische Sprachgestalt im Theatertext 462
  30. V. Textrezeption
  31. 23. Interpretation 487
  32. 24. Metaphern verstehen. Probleme einer literarischen Hermeneutik 509
  33. VI. Perspektiven auf besondere literarische Bereiche
  34. 25. Der Umgang mit Sprache in der Migrationsliteratur 531
  35. 26. Pop-Literatur 550
  36. 27. Sprache in der Prosa für Kinder und Jugendliche 559
  37. 28. Sachprosa, Sachtexte, Sachbuch 569
  38. Sachregister 582
Heruntergeladen am 24.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110297898-021/html?lang=de&srsltid=AfmBOorm8ZqtbcdTlVkzkXQ-F3BkNY_0G62J26AhVxtSAS90wHQOK8OA
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