Startseite Linguistik & Semiotik 19. Sprache (in) der Lyrik
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19. Sprache (in) der Lyrik

  • Ulrich Breuer
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Handbuch Sprache in der Literatur
Ein Kapitel aus dem Buch Handbuch Sprache in der Literatur

Abstract

Der vorliegende Beitrag spürt der eigenen Sprache der Lyrik nach. Verse sind dafür verantwortlich, dass der Lyrik schon von Anbeginn eine besondere Rolle zugefallen ist. Diese Exklusivität ist eine vermeintliche: auch andere Gattungen bedienen sich der Versform. Sowohl aus historischer als auch aus systematischer Perspektive ist es somit heikel, der Lyrik eine eigene Sprache zuzubilligen. Eher ist die Umkehrung geboten, nämlich die Einheit der Sprache in der Differenz ihrer Verwendungsweisen zu suchen. Entscheidend ist hier der Materialbegriff. Alle Dichtung geht vom gleichen sprachlichen Material aus, die Sprache der Lyrik ist nur insofern als eine besondere begründbar, als sie sich in ein Verhältnis zur Prosa- oder Satzsprache setzt. Der Beitrag arbeitet diesen Ansatz an verschiedenen Beispielen durch, bevor er die Lyrik im Spannungsfeld von Konstruktion und Kommunikation betrachtet. Mit Rekurs auf Sklovskijs Theorem der Konstruktionssprache und Tynjanovs Konzeption der Verssprache entsteht ein differenziertes Bild dieser spezifischen Funktion der Lyrik. Es wird konfrontiert mit dem linguistischen Kommunikationsmodell, das Jakobson um die Faktoren Kontext, Kontakt und Kode gebildet hat. Im Anschluss folgt die aktuelle Diskussion über Lyrik. Die Vorstellung einer ‚eigenen Sprache‘ wird abgelöst von der Auffassung, dass Lyrik einen spezifischen Umgang mit Sprache markiert. Im Mittelpunkt steht dabei die Arbeit an den kommunikativen und kognitiven Leistungen dieser literarischen Gattung. So wird die Bearbeitung von Sprache zur Intention von Lyrik. Der Erkenntnisprozess fuhrt über die Störungen, die den ‚Eigensinn‘ der Sprache hervorheben, bis zur Genese immer neuer Segmentierungsverfahren. Dabei setzt sich die Gattungsentwicklung als autonomer Prozess nicht nur über Lyriktheorien, sondern auch über Sprachgrenzen hinweg.

Abstract

Der vorliegende Beitrag spürt der eigenen Sprache der Lyrik nach. Verse sind dafür verantwortlich, dass der Lyrik schon von Anbeginn eine besondere Rolle zugefallen ist. Diese Exklusivität ist eine vermeintliche: auch andere Gattungen bedienen sich der Versform. Sowohl aus historischer als auch aus systematischer Perspektive ist es somit heikel, der Lyrik eine eigene Sprache zuzubilligen. Eher ist die Umkehrung geboten, nämlich die Einheit der Sprache in der Differenz ihrer Verwendungsweisen zu suchen. Entscheidend ist hier der Materialbegriff. Alle Dichtung geht vom gleichen sprachlichen Material aus, die Sprache der Lyrik ist nur insofern als eine besondere begründbar, als sie sich in ein Verhältnis zur Prosa- oder Satzsprache setzt. Der Beitrag arbeitet diesen Ansatz an verschiedenen Beispielen durch, bevor er die Lyrik im Spannungsfeld von Konstruktion und Kommunikation betrachtet. Mit Rekurs auf Sklovskijs Theorem der Konstruktionssprache und Tynjanovs Konzeption der Verssprache entsteht ein differenziertes Bild dieser spezifischen Funktion der Lyrik. Es wird konfrontiert mit dem linguistischen Kommunikationsmodell, das Jakobson um die Faktoren Kontext, Kontakt und Kode gebildet hat. Im Anschluss folgt die aktuelle Diskussion über Lyrik. Die Vorstellung einer ‚eigenen Sprache‘ wird abgelöst von der Auffassung, dass Lyrik einen spezifischen Umgang mit Sprache markiert. Im Mittelpunkt steht dabei die Arbeit an den kommunikativen und kognitiven Leistungen dieser literarischen Gattung. So wird die Bearbeitung von Sprache zur Intention von Lyrik. Der Erkenntnisprozess fuhrt über die Störungen, die den ‚Eigensinn‘ der Sprache hervorheben, bis zur Genese immer neuer Segmentierungsverfahren. Dabei setzt sich die Gattungsentwicklung als autonomer Prozess nicht nur über Lyriktheorien, sondern auch über Sprachgrenzen hinweg.

Kapitel in diesem Buch

  1. Frontmatter I
  2. Inhaltsverzeichnis V
  3. Einleitung IX
  4. Grundlegendes
  5. 1. Was oder wann ist Literatur? 3
  6. 2. Angst und Gewalt in der Literatur: Historizität, Semantik und Ausdruck 18
  7. 3. Transformationen der Freundschaftssemantik in Diskursen und literarischen Gattungen seit dem Mittelalter 55
  8. II. Textbeschaffenheit
  9. 4. Literatur aus der Sicht von Text- und Diskurslinguistik 97
  10. 5. Der besondere Einsatz der sprachlichen Mittel im literarischen Erzähltext. Das Beispiel der Personalpronomen 120
  11. 6. Das Wort im literarischen Text 140
  12. 7. Metaphern in literarischen Texten 160
  13. 8. Satz und Zeichensetzung: Formen, Variationen, Entgrenzungen 182
  14. III. Textproduktion
  15. 9. Entwürfe und Revisionen der Dichterinstanz – poeta vates, poeta imitator, poeta creator 205
  16. 10. Das Problem der Ästhetizität von Texten 236
  17. 11. Dialogizität und Intertextualität 252
  18. 12. Medialität 272
  19. 13. Semiotisierung und Semantisierung von Erfahrung, Weltsicht und Wissen in literarischen Texten 290
  20. 14. Abweichen als Prinzip 310
  21. 15. Ironie als Prinzip 330
  22. 16. Das Emotionspotenzial literarischer Texte 351
  23. IV. Textmerkmale von Epik, Lyrik und Dramatik
  24. 17. Fiktionalität und Fiktionalitätssignale 373
  25. 18. Erzählern aufs Wort glauben? Sprachliche Merkmale der fiktionalen Kommunikation 391
  26. 19. Sprache (in) der Lyrik 410
  27. 20. Sprachspiele und Rhetorische Figuren in der Lyrik 425
  28. 21. Sprache in Drama und Theater 449
  29. 22. Fingierte Mündlichkeit und poetische Sprachgestalt im Theatertext 462
  30. V. Textrezeption
  31. 23. Interpretation 487
  32. 24. Metaphern verstehen. Probleme einer literarischen Hermeneutik 509
  33. VI. Perspektiven auf besondere literarische Bereiche
  34. 25. Der Umgang mit Sprache in der Migrationsliteratur 531
  35. 26. Pop-Literatur 550
  36. 27. Sprache in der Prosa für Kinder und Jugendliche 559
  37. 28. Sachprosa, Sachtexte, Sachbuch 569
  38. Sachregister 582
Heruntergeladen am 1.10.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110297898-019/html
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