Göttinger Forum für Altertumswissenschaft. Beihefte N.F.
-
Herausgegeben von:
Bruno Bleckmann
, Thorsten Burkard , Gerrit Kloss , Jan Radicke und Markus Schauer
Das Göttinger Forum wurde im Jahr 1998 als kostenfreies elektronisches Printmedium in Alternative zu den herkömmlichen Zeitschriften gegründet. Das GFA enthält fachübergreifend Beiträge zur Griechischen und Lateinischen Philologie, zur Alten Geschichte und zur Klassischen Archäologie. Die Beihefte verstehen sich als historisch-philologische Sonderpublikation der Zeitschrift und umfassen Monographien zu Themen der Alten Geschichte und der Klassischen Philologie.
Information zu Autoren / Herausgebern
Bruno Bleckmann, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; Gerrit Kloss, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; Jan Radicke und Thorsten Burkhard, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Die umfassendste antike Darstellung der Rhetorik findet sich ohne Zweifel in der Institutio oratoria von Quintilian. Obwohl schon viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschungen der antiken Rhetorik gewidmet haben, gab es bisher keinen umfangreichen und tiefgehenden Kommentar des 7. Buches von Quintilians Institutio oratoria. Die vorliegende Arbeit schließt diese Forschungslücke. Sie ermöglicht dem/der Leser/-in eine erkenntnisreiche Lektüre, indem ausführliche Informationen zu sprachlichen, textkritischen und inhaltlichen Problemen geboten werden. Die Untersuchung ist in drei Hauptteile gegliedert: (1.) Die Einleitung bietet Erklärungen zu den Hauptthemen der divisio (systematische Gliederung mithilfe von Fragen) sowie der Statuslehre (Einteilung dieser Fragen in Kategorien). (2.) Die Neuedition des Textes stellt die Grundlage für (3.) den Kommentar dar. Jeder, der sich für antike Rhetorik, ihre Argumentationsstruktur, die Welt der Deklamationen und die Kultur der frühen Kaiserzeit interessiert, bekommt mit diesem Buch einen kritischen Begleiter zum Verständnis des von der Forschung eher oberflächlich rezipierten 7. Buches der Institutio oratoria.
Nachdem im Jahre 56 v. Chr. auf der Konferenz von Luca das Triumvirat von Caesar, Pompeius und Crassus bekräftigt worden war, verteidigte Cicero in demselben Jahr – womöglich auf Drängen der Triumvirn hin – den spanischen Provinzialen Lucius Cornelius Balbus, dem das römische Bürgerrecht verliehen worden war, gegen eine Anklage, die den bürgerrechtlichen Status des Balbus für illegitim erklärte. Die Verteidigungsrede Ciceros ist neben derjenigen für den Dichter Archias eines der wichtigsten Dokumente für die Fragen und Diskussionen bezüglich der Bürgerrechtsverleihung in spätrepublikanischer Zeit. Daneben legt die Rede aufgrund der Behandlung von Fragen über außerordentliche Befugnisse für Feldherren aber auch beredtes Zeugnis ab für den sich andeutenden politischen Paradigmenwechsel und damit auch für die Agonie der römischen Republik, deren Ende einige Jahre später besiegelt sein sollte. Dieser in erster Linie philologische Kommentar behandelt daher neben grammatischen, rhetorisch-stilistischen sowie textkritischen Fragen auch historische, vor allem rechtshistorische Probleme. Die vergleichsweise wenig beachtete Rede Pro Balbo findet dadurch vielleicht ein Forum für eine intensivere Rezeption und Behandlung in den Altertumswissenschaften.
Africa ist ein weitgehend unerforschter Kontinent, als die augusteischen Dichter Vergil, Horaz und Properz ihn zum Thema in Epos und Lyrik machen. Anders als in Schriften mit faktualem Anspruch liegen hier literarische Fiktionen vor; im Diskurs erweisen diese sich oft als besonders wirkungsmächtig.
Die Arbeit setzt sich unter dieser Prämisse mit der Frage auseinander, mit welchen inhaltlichen und gestalterischen Elementen der afrikanische Raum jeweils konstruiert wird und welche Bilder auf diese Weise entstehen.
In Vergils Aeneis werden dazu u. a. das Raumkonzept des Epos, die Projektionen der Figuren in der Wahrnehmung Afrikas sowie die Semantisierung, ideologische Konnotierung und Mediatisierung des Raumes untersucht. In der Lyrik steht die Verwendung afrikanischer Elemente in poetischen Kommunikationssituationen im Fokus: Untersucht wird, wie diese, oft pointiert als Tropen zur Verdeutlichung abstrakter Sachverhalte eingesetzt, zum strategischen Argument oder emotionalen Ausdruck werden und als Motive zur Topisierung von Vorstellungen beitragen.
Mit der Analyse poetischer Konstruktionsmodelle und ihrer Implikationen in augusteischer Zeit bietet die Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Afrika-Diskurs in Vergangenheit und Gegenwart.
Am Tag nach seiner Rückkehr aus dem Exil hielt Cicero eine Dankesrede vor dem Senat. Mit dieser Arbeit liegt erstmals ein moderner Kommentar zur Rede cum senatui gratias egit vor. Unter besonderer Berücksichtigung der Parallelrede an das Volk schließt dieses Buch somit eine frappierende Lücke in der Ciceroforschung. Ein Schwerpunkt liegt insbesondere in der Behandlung textkritischer Probleme.
Die Festschrift präsentiert die Ergebnisse der Tagung „Vestis variata. Texte und Strukturen – Motive und Intertexte“, die anlässlich des 70. Geburtstages des bedeutenden Klassischen Philologen Niklas Holzberg an der Universität Bamberg stattgefunden hat. Im Zentrum steht der ‚Text‘, dessen Struktur und Motivik sowohl seine Einheit konstituieren als auch über ihn hinausweisen: ‚Text‘ und ‚Kontext‘ interagieren ebenso über Struktur- und Gattungselemente wie über Topoi und Motive. Renommierte Klassische Philologen erläutern das komplizierte Verhältnis von ‚Text‘ und ,Kontext‘ – immer auf der Suche nach ‚Klartext‘.
Es geht also um jene literaturwissenschaftlichen Aspekte, die Niklas Holzberg während seines langen Forscherlebens besonders in den Fokus seiner Arbeit genommen hat. Hier sind nun die Vorträge seiner Kollegen, Freunde und Schüler versammelt, die auf der Bamberger Tagung gehalten und vielfältig diskutiert wurden. Sie umfassen die ganze Bandbreite antiker und neuzeitlicher Gattungen und Autoren: Von den Sprüchen der Sieben Weisen über Sappho, Aristophanes, Longos, Catull, Ovid, Martial und Juvenal bis zur neulateinischen Dichtung und Fachliteratur. Der Sammelband gibt Einblicke in die Forschungsarbeit und bietet anregende Reflexionen zur Forschungsleistung des Ausnahme-Philologen Niklas Holzberg.
In diesem Grundlagenwerk zur antiken Literaturtheorie werden erstmals die wichtigsten antiken Theorien der literarischen Fiktion von Homer bis Isidor von Sevilla systematisch ausgewertet. Zur literarischen Fiktion wurden nicht erst in der Moderne, sondern schon in der Antike verschiedene Konzepte entwickelt. So hat Aristoteles im neunten Kapitel der Poetik die literarische Fiktion als Gegenstandsbereich des Dichters legitimiert. Über die literarische Fiktion wurde aber zum einen schon vor Aristoteles und zum anderen auch lange nach ihm diskutiert, wobei nicht alle Autoren dasjenige als Fiktion betrachtet haben, was wir oder was andere antike Autoren als solche angesehen haben. In dieser Arbeit werden die wichtigsten expliziten Äußerungen zur literarischen Fiktion untersucht, wohingegen die Praxis der literarischen Fiktion (für sich betrachtet) von der Untersuchung ausgeschlossen wurde. Die Ergebnisse werfen nicht nur ein neues Licht auf viele antike Texte, sondern zeigen auch, in welchem Ausmaß bereits in der Antike die modernen Fiktionstheorien vorbereitet wurden.
Dem Anfang eines Textes kommt für dessen Gesamtwirkung und Verständnis eine herausragende Bedeutung zu – umso mehr, wenn der Text wie die plautinischen Komödien zur Aufführung bestimmt ist.
Die Prologe des Plautus verschaffen dem Publikum nicht nur einfach einen Überblick über die Rahmendaten der Handlung. Sie erschaffen auf der Bühne eine Parallelwelt, die dennoch der Zuschauerrealität verbunden bleibt, strukturieren die Wahrnehmung des Publikums und wirken über die Herstellung von Spannung und Komik weit in die Komödien hinein.
Die vorliegende Arbeit untersucht die Prologe nicht, wie zumeist der Fall, isoliert, sondern analysiert im Querschnitt wiederkehrende funktionale Elemente und Strukturen. Sie zeigt so die Gemeinsamkeiten innerhalb des heterogenen Textcorpus, bevor sie in einem zweiten Schritt deren virtuose Variation im Dienste der individuellen Komödie und ihrer Aussage würdigt.
Seit Irene de Jongs berühmter Untersuchung der Ilias (1987) mithilfe
des Fokalisierungsmodells der niederländischen Narratologin Mieke Bal sind
Methoden moderner Erzähltheorie unverzichtbare Werkzeuge für die Erforschung antiker Texte geworden. Doch gerade in der lateinischen Epik sind entsprechende Untersuchungen noch immer ein Desiderat. Die vorliegende Arbeit folgt de Jong, indem sie die Charakterfokalisation im Bürgerkriegsepos Pharsalia des römischen Dichters Lucan (39-65 n. Chr.) analysiert und ihre Funktionen für die Gesamtaussage des Textes beschreibt. In einem Vergleich mit Vergils Aeneis wird die unterschiedliche Verwendung der Figurenperspektive herausgearbeitet.
Die drei flavischen Epen bilden keine monolithische Einheit: Valerius Flaccus, Statius und Silius Italicus haben unterschiedliche Auffassungen von der Form und Funktion epischen Erzählens. Die vorliegende Studie untersucht, welche persona des epischen Erzählers aus einem jeden dieser Werke spricht und wie die dargestellten Sänger- und Prophetenfiguren die Haltung dieses Erzählers widerspiegeln. Dabei zeigt sich auch, dass die Interaktion zwischen dem Erzähler und der von ihm dargestellten Welt dynamischer ist als häufig angenommen.
Die flavischen Epen erscheinen als das Produkt einer Zeit, die mehr von Wandlung als von Gleichförmigkeit bestimmt ist und die immer neue literarische Antworten auf ihre sich ändernden Herausforderungen verlangt: Während Valerius Flaccus in seinem Epos den richtigen Weg zwischen Vergessen und Erinnern sucht, um in ein neues „episches Zeitalter“ aufzubrechen, stellt Statius jede Fähigkeit des Epos, bleibende Erinnerungen an Ruhmestaten zu schaffen, in Frage. Silius Italicus nimmt eine moderatere Position ein, die einen neuen Ausgleich zwischen Erinnern und Vergessen schafft.
Die Suasorien des älteren Seneca (ca. 50 v. Chr. - 40 n. Chr.) - die einzigen lateinischen Suasorien, die aus der Antike überliefert wurden - sind bis jetzt unkommentiert geblieben. Der vorliegende Kommentar schließt diese Lücke und unterstützt den Leser bei der Lektüre der nicht immer einfach verständlichen Deklamationsexzerpte. Dem Kommentar voran gehen eine Neuedition des schlecht überlieferten Textes sowie eine Einleitung, in der übergreifende Probleme der Forschung zum älteren Seneca bzw. zur antiken Deklamation (Die Suasorie, Die Geschichte der Deklamation, Die sententiae, divisiones und colores, Überblick über die erhaltenen antiken Suasorien u.a.m.) behandelt werden. Allen an der Schulrhetorik und der Kultur der frühen Kaiserzeit Interessierten wird in diesem Buch ein von der Forschung vernachlässigtes Gebiet grundlegend erschlossen.
19 Beiträger zeigen in diesem Sammelband anhand ausgewählter Beispiele, wie die Werke Vergils, vor allem die Aeneis, in der neuzeitlichen Literatur rezipiert werden. Die Beispiele reichen vom 15. bis zum 20. Jahrhundert und umfassen christliche und profane Texte aus verschiedenen Gattungen (Epos, Drama, Roman, Lyrik u.a.) und in mehreren Sprachen (Latein, Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch). Wie setzen neuzeitliche Autoren sich mit den Stoffen und Motiven, der Sprache und Metrik, wie mit Weltdeutung und Wertvorstellungen Vergils auseinander? Inwieweit können sie diese in ihren eigenen Diskurs integrieren, wo suchen sie sie zu überbieten, wo zu „korrigieren“? Die Antworten auf diese Fragen ermöglichen oft überraschende Einblicke in den Diskurs der Neuzeit und in die Vielfalt möglicher Zugänge zu Vergil. Folgende Autoren stehen im Zentrum eigener Aufsätze: Conrad Celtis, Francesco Filelfo, Pier Candido Decembrio, Marco Girolamo Vida, Luís Vaz de Camões, Melchior Barlaeus, Iacobo Sannazaro, Clément Marot, Ugolino Verino, Alexandre Hardy, Jakob Balde, Simon Dach, Ubertino Carrara, Voltaire, Charlotte von Stein, Thomas Mann, Georg Britting, J.R.R. Tolkien, Cyril Vernon Connolly, Cormac McCarthy, Waldtraut Lewin und Heiner Müller.
Im 9. Buch von Lucans Bellum Civile rückt der jüngere Cato in den Mittelpunkt des Geschehens. Damit erreicht das Epos auch seinen Höhepunkt in der Darstellung der stoischen Ethik und Naturerklärung. In seinem Kommentar zu den Versen 1-733 und drei weiteren Aufsätzen zu Einzelfragen legt Martin Seewald besonderes Gewicht auf die Erläuterung der paradoxalen Gedankenführung Lucans und des philosophisch-naturwissenschaftlichen Weltbildes, das der historisch-epischen Erzählung zugrundeliegt.
Im beschränkten Quellenbestand für die griechische Geschichte des 5./4. Jahrhunderts v.Chr. sind die Biographien Plutarchs nicht zu entbehren. Gleichwohl ist die Benutzung dieser kaiserzeitlichen und in ihrer Intention nicht historiographisch orientierten Texte vielfachen methodischen Schwierigkeiten unterworfen, die zu überwinden ohne kritische Durchleuchtung jeder Einzelpassage nicht gelingen kann. Dies gilt in besonderem Maße für Plutarchs Artaxerxes-Biographie, die aufgrund ihrer Eigentümlichkeiten der Forschung bisher viele Rätsel aufgegeben hat, dennoch aber den Status einer wichtigen Quelle für die Achaimeniden sowie die griechisch-persischen Verhältnisse dieser Zeit einnimmt. Eine Würdigung dieser Vita in einem historischen Kommentar war bisher ein Desiderat althistorischer Forschung. Verbunden mit dem eigentlichen Belegstellenkommentar stellt der Autor in ausführlichen Analysen der Quellenlage und in Untersuchungen zu Plutarchs Umgang mit seinen Vorlagen und seiner Intention, den Wert dieser Biographie für den Althistoriker heraus. So gelingt es ihm schrittweise, diese Schrift verständlich zu machen.