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A practical guide to ISO 15189 in laboratory medicine

  • Folker Spitzenberger
Veröffentlicht/Copyright: 27. März 2015

Reviewed Publication:

Burnett David A Practical Guide to ISO 15189 in Laboratory Medicine ACB Venture Publications Association for Clinical Biochemistry and Laboratory Medicine 2013


Nach den Vorgängerversionen “Understanding Accreditation in Laboratory Medicine” aus dem Jahr 1996 und “A Practical Guide to Accreditation in Laboratory Medicine” aus dem Jahr 2002 ist pünktlich mit der dritten Auflage der ISO 15189 (in deutscher Sprache: DIN EN ISO 15189:2014 – Medizinische Laboratorien – Anforderungen an Qualität und Kompetenz) nun David Burnetts schon fast klassischer Kommentar zur ISO 15189 mit dem Titel “A Practical Guide to ISO 15189 in Laboratory Medicine” erschienen.

Sei es Zufall oder nicht,-und man kann nach der Lektüre des Buches Letzteres vermuten -, die „Akkreditierung“ wurde aus dem Titel dieses äußerst hilfreichen und lesenswerten Buches nunmehr gestrichen. Dieses steht ganz im Einklang mit einer der einleitend beschriebenen Intentionen dieses Buches: Anstatt mit dem Ziel der Akkreditierung die Aktivitäten eines Laboratoriums ganz auf die Frage „Entspricht diese Aktivität den Anforderungen der ISO 15189?“ auszurichten, empfiehlt der Autor nun mehr denn je eine Sichtweise, die durch die Fragestellung „Wie stellt diese Aktivität die Servicequalität des Laboratoriums für den Nutzer der Labordienstleistungen sicher?“ charakterisiert wird. Burnett unterstreicht in seinen Ausführungen vom Vorwort bis zum Schluss stets diese Perspektive auf die Anforderungen der Norm. Es geht darum, bei jedem Normkriterium den Sinn hinter der betreffenden Anforderung zu beleuchten und im Lichte des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses auf die eigene Laborsituation anzuwenden.

Das Buch wendet sich primär an Fachpersonal des mittleren und leitenden Labor- und Qualitätsmanagements, das die neuen Anforderungen der ISO 15189: 2012 (deutsch: DIN EN ISO 15189: 2013 bzw. 2014) besser verstehen und umsetzen möchte,- sei es mit oder ohne Akkreditierung. Dabei dient es einerseits als Kommentar zur Norm, - da letztlich abschnittsweise die Normanforderungen beschrieben und interpretiert werden -, anderseits aber auch als Praxishandbuch, da die Umsetzung der Anforderungen durch zahlreiche nützliche Praxisbeispiele illustriert wird. Als Zielgruppe der Publikation gelten aber auch Begutachter und Inspektoren aus den Reihen der Akkreditierung bzw. behördlichen Laborüberwachung, die in den Ausführungen des Autors quasi „aus erster Hand“ erfahren, wie Begrifflichkeiten, Anforderungen und vor allem die durchaus beachtlichen Neuerungen in der Norm zu begreifen sind. Denn Burnett ist bei der Erstellung der Neuversion der ISO 15189 federführend gewesen, hat jahrelang das zugehörige Projekt des ISO-Gremiums zur Novellierung der Norm geleitet und ist somit nicht nur mit den Inhalten, sondern vor allem mit der Zielsetzung und der Bedeutung der Normanforderungen bestens vertraut.

Burnett wählt auch in diesem Werk das fiktive Laboratorium „St. Elsewhere’s Hospital Trust“, das sich mittlerweile durch Fusion mit zwei Nachbarhäusern zum „St. Elsewhere’s Regional Hospital Trust“ entwickelt hat, um am Beispiel dieses Laboratoriums mögliche Wege zur Implementierung der Norm aufzuzeigen. Die Publikation enthält dabei zahlreiche Beispiele, wie bestimmte Anforderungen realisiert werden können und beschreibt dabei sowohl die Struktur als auch Inhalte von QM-Dokumenten wie Prozessanweisungen, Formblättern usw. Insgesamt liegt der Fokus stets auf dem prozessorientierten Qualitätsmanagement, das auf der Basis des Grundkonzeptes der ISO 9000-Familie „Eingaben“ in Form von an das Laboratorium gerichteten Anforderungen (engl. „inputs“) in gewünschte Ergebnisse (engl. „outputs“) umwandelt.

Die Norminhalte und mögliche Ansätze zu deren Umsetzung werden dabei nicht etwa chronologisch in der Abfolge der Normabschnitte vorgestellt. Vielmehr wählt Burnett auch hier den prozessorientierten Ansatz und stellt die Normanforderungen in der Reihenfolge des sog. „idealen Standards“ vor. Statt der Abschnitte 4 „Managementanforderungen“ und 5 „Technische Anforderungen“ der ISO 15189 teilt der „ideale Standard“ die Anforderungen in die großen Abschnitte „Organisation und Management“, „Qualitätsmanagementsystem“, „Ressourcenmanagement“, „Untersuchungsprozesse“ und „Bewertung und Ständige Verbesserung“ auf. Der erfahrene Autor entspricht hier dem Verständnis vieler Laborfachleute, welche die zwei normativen Hauptabschnitte der ISO 15189 für wenig geeignet halten, um die Prozesse eines medizinischen Laboratoriums strukturell abzubilden. Der informative Annex A der DIN EN ISO 15189: 2013 folgt dieser Sichtweise, die sich bei der Neufassung der Norm trotz vieler Argumente zugunsten der prozessorientierten Perspektive seinerzeit nicht als Konsens im ISO-Gremium etablieren konnte,- vor allem aufgrund des Widerstands von Seiten der internationalen Akkreditierung (ILAC). Diese wollte den gerade erst nach der Erstfassung der ISO 15189 akkreditierten Laboratorien nicht zumuten, eine signifikant geänderte Normstruktur in die Hände gelegt zu bekommen. Schade.

Insgesamt acht Kapitel des Buches widmen sich auf ungefähr 300 Seiten der Vorstellung und Interpretation der Norminhalte, gefolgt von 2 Anhängen, die im Anhang A eine Vergleichstabelle zwischen den Abschnitten des „idealen Standards“ und der ISO 15189 enthalten und im Anhang B Beispiele für die Struktur und Inhalte möglicher Qualitätsmanagementhandbücher liefern. Das Buch erweist sich in diesen acht Kapitel als wertvolles Nachschlage- und Hilfsmittel. Seien es die Anforderungen an die präanalytischen Prozesse, die Kriterien hinsichtlich der Validierung und Verifizierung von Untersuchungsverfahren, die Anforderungen an die Personalkompetenzbewertung und -leistungsbeurteilung oder aber die neu eingeführte „automatisierte Auswahl und Berichtsabfassung“, die zu Spekulationen und Nachfragen seitens der interessierten Kreise einschließlich des nationalen Sektorkomitees der Akkreditierung und Anerkennung führt, - ein Blick in das Buch erklärt einiges und hilft so durchaus weiter. Oder könnte weiterhelfen.

Wertvoll sind auch die beiden einführenden Kapitel. Im ersten Kapitel wird der Leser in die Welt der ISO-Normung eingeführt, erhält Erklärungen zu den teilweise gewöhnungsbedürftigen Begrifflichkeiten einer ISO-Norm und lernt einiges über die Entstehungsgeschichte der ISO 15189. Über das Prozessmodell der ISO 9000-Familie sowie die Adaption dieses Konzepts im medizinischen Laboratorium wird der Leser an den „idealen Standard“ herangeführt. Das zweite Kapitel widmet sich ausführlich dem Begriff der Qualität im medizinischen Laboratorium. Der Autor diskutiert den Sinn von Qualitätszielen und Qualitätsindikatoren und widmet sich anschaulich der Problematik der „Messung“ von Qualität im medizinischen Laboratorium. Alles in allem eine gute, praxisorientierte Einführung in die Anforderungen an Qualität und Kompetenz im Sinne der ISO 15189.

Die Publikation enthält im Anhang C schließlich ein übersichtliches, nach den entsprechenden Buchkapiteln strukturiertes Literaturverzeichnis. Leser haben so die Möglichkeit, zu den einzelnen Themen weiterführende Anregungen und Leitfäden zur Implementierung von Qualitätsanforderungen zu erhalten. Der Autor zitiert häufiger auch Quellen, die u. a. im Internet frei erhältlich sind. Deutlich wird aber auch: Zwar ist die Sichtweise des Autors durchaus supranational, aber sie bleibt vorwiegend dem anglo-amerikanischen Raum verbunden, was sich in der Dominanz entsprechender Empfehlungen und Leitfäden reflektiert.

Die Publikation insgesamt orientiert sich streng am ISO-Ansatz, was für einen Leitfaden zur ISO 15189 zunächst einmal nicht verwundert. Dennoch wäre zumindest ein grundlegender Vergleich mit anderen QM-Modellen, beispielsweise dem europäischen EFQM-Modell, angebracht. Aber so tief steigt dieses Buch in die QM-Theorie dann doch nicht ein. Es erklärt das ISO 9000-Modell einschließlich der darauf beruhenden acht QM-Prinzipien,-und viel mehr eben nicht.

Auch darf man nicht meinen, Burnett könnte eine umfassende Interpretation jedes einzelnen Nebensatzes der Norm gelingen. Die Publikation beleuchtet zwar viele der Normanforderungen, aber lässt einige Aspekte völlig unkommentiert. Als Beispiel sei hier die Anforderung aus Abschnitt 5.10.3 der ISO 15189 genannt, gemäß der das Laboratorium dafür verantwortlich ist, zu verifizieren, „dass die Untersuchungsergebnisse, … sofern zutreffend elektronisch und in Papierform, durch die externen Informationssysteme außerhalb des Laboratoriums genau wiedergegeben werden“. Die Limitationen zur Erfüllung dieser Anforderung leuchten schnell ein. Somit sorgt die Norm noch an vielen Stellen für Interpretationsbedarf, den Burnett nicht aufgreift.

Zusammenfassend bietet das neue und im Hinblick auf die ISO-Arbeit wohl abschließende Werk von David Burnett genau das, was es im Titel beansprucht: Es handelt sich um einen praktischen Leitfaden zum Verständnis und zur Umsetzung der ISO 15189. Dieser Leitfaden ist einerseits so fließend und leicht geschrieben, dass sich auch Einsteiger aufgehoben und berücksichtigt fühlen, und andererseits werden viele Fragen diskutiert und praxisnah beantwortet, die sich erfahrene Vertreter des Labor- und Qualitätsmanagements bei der Umsetzung der Normenanforderungen stellen.

Dr. sc. hum. Folker Spitzenberger, Berlin

Published Online: 2015-3-27
Published in Print: 2015-4-1

©2015 by De Gruyter

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