Naturbilder / Images of Nature
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Herausgegeben von:
Frank Fehrenbach
, Robert Felfe und Iris Wenderholm
Die Reihe beschäftigt sich mit der Kunst- und Bildgeschichte der Natur. Im Zentrum stehen Charaktere des Natürlichen und deren Imitation, Emulation und Transformation in den Künsten - paradigmatisch Lebendigkeit, Kraft/Intensität, Form, Qualität. Die Publikationen analysieren vor diesem Hintergrund zum einen grundlegende Analogien und Übertragungsvorgänge zwischen Kunst und Natur. Zum anderen untersuchen sie, inwiefern diese Strukturmerkmale im Verlauf der neuzeitlichen Wissenschaftsgeschichte allmählich aus der wissenschaftlichen Axiomatik herausfallen und bloß noch als Metaphern geduldet werden, während sie im Kunstdiskurs und in der Form künstlerischer Erfahrung Asyl finden und dort bis in die Gegenwart überleben. Ziel ist es, zum Dialog zwischen den Bildgeschichten von Kunst, Naturwissenschaften, Naturphilosophie und Technik beizutragen.
Die Prachthandschriften aus dem Umfeld Karls des Großen zählen zu den Schätzen der mittelalterlichen Buchkunst. Sowohl in den Werken der "Hofschule" als auch in der "Gruppe des Wiener Krönungsevangeliars" spielen imitierte Materialien eine große Rolle. Ilka Mestemacher ergründet erstmals die Ästhetik, Ikonographie und Technik der gemalten Marmorsäulen und Edelsteine. Der Fokus auf Materialien ermöglicht zugleich, das Verhältnis der Buchmalerei zu zeitgenössischer Architektur und Goldschmiedekunst zu beleuchten. Darüber hinaus wird der christliche Diskurs um Naturnachahmung thematisiert. Mit ihren zahlreichen Farbabbildungen bietet die Monographie einen völlig neuen Blick auf die karolingischen Prachthandschriften.
Das Buch zeigt erstmals auf, wie die unsichtbare Pflanzenseele in Kunst, Film, Tanz und Wissenschaft Frankreichs dargestellt und mit religiösen und biologischen Konzepten vermischt wurde. Die Bandbreite der Visualisierungen reicht von romantischen Personifikationen im frühen Film über fleischfressende zoomorphe Monster bis zu Ornamenten bei František Kupka und Loïe Fuller, die Pflanzenbewegungen zu einem abstrakten Dynamismus stilisierten. Auch der neu erfundene Zeitrafferfilm zeigt das langsame Leben der Pflanzen beschleunigt und schreibt ihnen so Willen und Ausdruck zu. Die Kunst- und Bildgeschichte der postevolutionären anima vegetativa verdeutlicht, dass der vegetabile Animismus Konzeptionen von Natur, Wahrnehmung und Wirkmacht hinterfragt und damit auch den Sonderstatus des Menschen.
Ökologien des Ausdrucks antwortet auf aktuelle Ansätze zur Rekonzeptualisierung von Kunst und Natur, Lebendigkeit und Handlungsfähigkeit. In multidisziplinären Annäherungen, die von Kunst- und Filmgeschichte bis zur Philosophie und Wissenschaftsgeschichte reichen, stellen die Beiträge des Bandes Ausdruck jenseits der anthropozentrischen Kategorien eines überkommenen naturalistischen Weltbilds vor. An den historischen und theoretischen Ausprägungen des Expressiven lassen sich die vielfältigen Überlagerungen und produktiven Übernahmen zwischen biologischen, ästhetischen und psychologischen Wissensfeldern nachzeichnen.
Angesichts einer Vielzahl von "Naturalismen" widmet sich der Band der Frage nach übergreifenden Zusammenhängen. Als durchgängiges Moment der verschiedenen Tendenzen, Arbeitsweisen und Werke kann gelten, dass künstlerische Naturnachahmung auf einen gesteigerten Realitätsgrad der Bildwerke zielt. Gefragt wird nach der Relevanz von Praktiken bildnerischer Beschreibung und nach Spielarten von Illusionismus.
Die natürliche Genese von Steinen eignet sich besonders als Produktionsparadigma mimetischer Kunst, wie etwa Fels- und Korallenformen oder Marmoräderungen als Ausprägungen der natürlichen Gestaltkräfte zeigen.
Künstlerische Materialien vermitteln zwischen Idee und Ausführung und prägen den Werkprozess. Die Formung des Materials legt Bedeutungsebenen des Werkes ebenso frei, wie die spezifische Form eines Materials Möglichkeiten der Bedeutungsgenerierung bietet. Die Nachahmung natürlicher Materialien ist weitaus mehr als ein Materialersatz oder das Herausstellen eigener künstlerischer Fertigkeiten. Die Beiträge in diesem Buch beleuchten die Imitation des Naturmaterials Stein als künstlerisches Vermögen, das Wechselspiel von natürlichen und artifiziellen Materialqualitäten zu gestalten.
Mit dem weiten Meer, der felsigen Küste und der bedrohlichen Gegenwart des Vesuvs ist das Bild Neapels in der kollektiven Imagination mehr als jede andere Stadt der Frühen Neuzeit durch seine Natur geprägt. In diesem Band untersuchen Kunst-, Literatur- und WissenschaftshistorikerInnen die Konvergenzen von Kultur und Natur in einem einzigartigen geographischen Kontext.
Aby Warburgs Rede von der Lebendigkeit und dem Nachleben der Bilder zeugt von der Bedeutung, die Natürliches für seine Konzeptualisierung von Bildformeln hat: Die Natur tritt immer wieder als bildergenerierende Instanz auf.
Warburg identifiziert menschliche Bildproduktion vor dem Hintergrund naturmagischer, -philosophischer oder -wissenschaftlicher Vorstellungen und Beschreibungsweisen. Seine eigenwilligen Begriffsübernahmen und -prägungen wie etwa Mneme, kinetische/potentielle Energie oder Dynamogramm verweisen auf ein enges Verhältnis zu zeitgenössischen naturwissenschaftlichen Modellen. Die Beiträge des Bandes fragen nach der Bedeutung von Vererbungslehre und Evolutionsbiologie, Völker- und Affektpsychologie, aber auch von Physik und Mathematik für Warburgs Bilderdenken.
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„Lebendigkeit" ist der dominante Topos in Kunst und Kunstdiskurs der Frühen Neuzeit. Er ist durch ein Paradox gekennzeichnet, denn die Werke leben nur scheinbar. In der Faszinationskraft beinah lebendiger Werke spiegelt sich aber die Unmöglichkeit, starre Grenzlinien zwischen tot und lebendig zu ziehen. Die Kunst erkundet hier experimentell, was auch die zeitgenössische Naturphilosophie beschäftigt.
Das Buch untersucht die Übergänge zwischen lebendig und tot in Fallstudien, etwa zu frühen Grabmälern, anatomischen Darstellungen und skulpturaler Monochromie; zur Koloritgeschichte, Vasaris Teleologie, Michelangelos non-finito und Tizians Porträts. Es geht um Erotik, Geldtheorie, Augenglanz und Stilleben, um Bildgedichte, fürstliche Triumpheinzüge und Licht und Skulptur im Barock.
Hunters’ techniques, customs and myths are representative of cultural practices and life spheres. The cultural and historical significance of the hunt lies not in the hunt itself, but rather in the power of its resulting images. Pictorial evidence, beginning with the famous cave paintings in Altamira, suggests that man represents himself as natural hunter and gatherer. Many others bear witness to the hunter’s mythic strength, like the hunting gods of Olympus – Diana, Apollo and Hercules. This book explores modern images of the hunt, determines their archeology and explains their places, functions and strengths. It shows clearly how exactly the hunt, its narrative and associated actions, continue to fascinate and function as emblems of broader cultural ideals.
Maßgeblich für die Ausbildung des neuzeitlichen Begriffs von Kunst war es, dass diese als wesensmäßig natürlich verstanden werden konnte. "Im Grunde genommen ist das Wesen artifizieller Dinge gänzlich natürlich," schrieb so Francesco di Giorgio Martini und unterstrich damit, dass die Physiologien der Bilder nicht als Bagatellen abzutun seien. Dieser Prämisse geht die vorliegende Publikation nach und zeigt erstmals die grundsätzliche Bedeutung der sogenannten 'okkulten' Wissenschaften bei der Ausbildung des neuzeitlichen Kunstbegriffs auf. Denn diese hielten für so unterschiedliche Fragen wie nach der Rolle des Künstlers, den materiellen Prozessen der Produktion oder dem medialen Status des Bildes und seiner Wirkmacht Erklärungsmöglichkeiten bereit.
Die ästhetische Bedeutung der "Kraft" mit ihren semantischen Nachbarn "Intensität" und "Energie" wird seit einigen Jahren verstärkt in der Literaturwissenschaft untersucht und findet innerhalb der philosophischen Ästhetik zunehmend Beachtung. Eine historische und interdisziplinäre Auseinandersetzung mit diesen zentralen Begriffen künstlerischer Produktion und Wirkung steht aber noch aus. Der vorliegende Band erkundet dieses kaum vermessene und reich profilierte Gelände. Die Beiträge gehen von der Annahme aus, dass die Beziehungen zwischen ästhetischen und naturphilosophischen Wissensfeldern, zwischen künstlerischen und naturwissenschaftlichen Modellierungen im Zeichen der Kraft enger sind, als bisher vermutet wurde.
Seit dem Ende der Natur als normativem Referenzrahmen hat sich die künstlerische Auseinandersetzung mit ihr grundlegend gewandelt. In der Kunst der Gegenwart wird dabei auf der einen Seite die technische Manipulation und kulturelle Konstruktion der Natur in den Vordergrund gestellt. Auf der anderen Seite rufen gerade die fortschreitende Vernutzung außermenschlicher Lebensräume und die Verletzlichkeit natürlicher Sphären Bilder der Trauer und des Protests hervor. "Natur" bietet aber auch heute noch Residuen der Alterität, der Indifferenz, durch die Kunst
gegenüber der Dominanz von Wirtschaft und Wissenschaft Autonomie gewinnt.
Das Buch reflektiert in exemplarischer Auffächerung zeitgenössische künstlerische Positionen zum Thema Natur. Zugleich ist es der erste Band einer Reihe "Naturbilder", herausgegeben von der gleichnamigen Forschungsstelle an der Universität Hamburg.