Totalgewinn, Restgewinn, Periodengewinn — Zu den zeitlichen Bezugsgrößen der Einkünfteerzielungsabsicht
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Johanna Stark
Zusammenfassung
Eine liberale Wirtschafts- und Rechtsordnung, die dem Einzelnen grundsätzlich die Wahl seines Berufes und die Ausgestaltung seiner wirtschaftlichen Betätigung überlässt, kommt auch mit Blick auf ihre eigenen Existenzbedingungen nicht umhin, einen Kompromiss zu finden zwischen den für den Gebrauch dieser Freiheit nötigen Spielräume und der steuerrechtlich konturierten Teilhabe des Staates an den daraus entstehenden wirtschaftlichen Vorteilen. Wenn sich aus einer Tätigkeit positive Einkünfte ergeben, soll der Staat gemäß der Fiskalfunktion des EStG nach dem Maßstab des objektiven Nettoprinzips daran partizipieren. Nimmt man diese funktionale Verankerung ernst, muss eine von Vornherein nicht auf die Erzielung positiver Einkünfte angelegte Tätigkeit bei der Einkommensbesteuerung außen vor bleiben. Der vorliegende Beitrag betrifft vor diesem Hintergrund die Differenzierung zwischen steuerbaren Verlusten und nicht steuerbarer Liebhaberei anhand des Merkmals der Einkünfteerzielungsabsicht im Bereich der Gewinneinkünfte; im Zentrum stehen die zeitlichen Bezugsgrößen der objektiven Totalgewinnprognose, die nach allgemeiner Auffassung den Ausgangspunkt der zweistufigen Liebhabereiprüfung bildet. Der Beitrag endet mit dem Vorschlag einer reformierten Liebhabereiprüfung, deren objektive erste Stufe bei bereits länger andauernden Tätigkeiten keine Beschränkung auf eine Restgewinnprognose vorsieht. Die hier vorgeschlagenen Veränderungen betreffen vor allem den Umgang mit „Auslaufverlusten“, welche sich in der letzten Phase einer Tätigkeit mit auf die Totalperiode bezogen positiven Einkünften ergeben.
Abstract
This article deals with the differentiation between taxable losses and losses associated with non-taxable activities in German Income Tax Law. It focuses on whether an activity is expected to be profitable over its entire lifetime. Losses are generally only deductible if the activity as a whole is taxable, which in turn depends on a realistic chance of future profits. The article proposes giving more weight to past profits when evaluating losses in an activity's final phase, even if the remaining period itself is objectively unlikely to be profitable.
© 2024 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln.
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