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Entstehung und Ursachen von Eigenspannungen beim Gasnitrieren chromlegierter Stähle

  • D. Günther , F. Hoffmann and T. Hirsch
Published/Copyright: May 31, 2013

Kurzfassung

Die mechanischen Eigenschaften nitrierter Bauteile werden in starkem Maße durch die sich bei der Nitrierung ausbildenden Eigenspannungen in der Verbindungs- und Diffusionsschicht bestimmt. Dabei wird der Eigenspannungszustand bei einer gegebenen Nitriertemperatur maßgeblich durch die Nitrierkennzahl und den Werkstoff selbst beeinflusst, während die Eigenspannungsausbildung bei der Abkühlung durch die unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten der einzelnen Nitridphasen und des Grundwerkstoffes sowie durch Ausscheidungsbildung bestimmt wird. Noch bis vor einigen Jahren konnten Eigenspannungsmessungen an nitrierten Bauteilen nur nach einer Nitrierbehandlung durchgeführt werden, was zu einem erheblichen Kenntnismangel hinsichtlich der Beeinflussung und Ausbildung von Eigenspannungszuständen während eines Nitrierprozesses führte. Aus diesem Grunde wurde am IWT (Stiftung Institut für Werkstofftechnik) in Bremen eine spezielle Nitrierapparatur entwickelt, die in ein Röntgendiffraktometer eingebaut wurde. Dadurch ist es möglich, die Entstehung und die Ursachen von Nitriereigenspannungen sowohl vor, nach als auch während einer konventionellen Gasnitrierbehandlung und der Abkühlung mit röntgenographischen Methoden in situ zu untersuchen. Experimentelle Ergebnisse an unlegierten Kohlenstoffstählen wurden bereits vorgestellt. Mithilfe dieser Messapparatur werden jetzt die Veränderungen der Eigenspannungen während einer Nitrierung und Abkühlung in den einzelnen Phasen der Verbindungs- und Diffusionsschicht der Stähle 42CrMo4 und 31CrMoV9 dargestellt. Es zeigte sich dabei, dass die Eigenspannungen in der Verbindungsschicht weitgehend konstant sind, während die zu Beginn der Nitrierung in der Diffusionsschicht vorliegenden hohen Druckeigenspannungen durch die Bildung von Chromnitridausscheidungen abnehmen.

Abstract

Residual stresses have a strong effect on the mechanical properties of nitrided parts. Due to this fact, quite a number of papers dealt with the origin of residual stresses during nitriding and after cooling. Several theories of the development of residual stresses in gas nitrided steels have been proposed. The residual stress state at a given nitriding temperature is mainly affected by the nitriding potential and the steel grade. While cooling, residual stresses are generated or relaxed by effects from different thermal expansion coefficients of nitride phases and steel matrix or by formation of precipitates. Own investigations at elevated temperatures in nitriding atmospheres proved the possibility of residual stress measurements in-situ during a nitriding process with a special nitriding furnace mounted on a conventional X-ray diffractometer. The subject of this paper is the experimen-tal examination of residual stresses origin and formation of phases during the nitriding process in alloyed steels with different chromium contents. The development of residual stresses during the nitriding process as well as relaxation effects are documented. It is shown, that residual stresses of ∊- and of γ-nitride phase are approximately constant, whereas residual stresses of ferrite shifted from compression to tension during the nitriding process. This depends on the formation of chromi-um precipitates in the diffusion zone of the chromium alloyed steels during the nitriding. It will be explained and shown in this paper.


Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Peter Mayr zur Vollendung seines 65. Geburtstages gewidmet

Dipl.-Ing. Doris Günther, geb. 1970, studierte Werkstoffwissenschaften an der Technischen Universität Chemnitz-Zwickau. Sie ist seit 1995 in der Stiftung Institut für Werkstofftechnik in Bremen als Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. 2002 erhielt sie den 1. Preis in der Kategorie „Product innovations“ beim FAG Innovation Award 2002.

Apl. Prof. Dr.-Ing. habil. Franz Hoffmann, geb. 1950, studierte Maschinenbau an der Universität Karlsruhe. Er ist seit 1975 in der Stiftung Institut für Werkstofftechnik in Bremen tätig und leitet dort die Abteilung Wärmebehandlung.

Priv. Doz. Dr.-Ing. Thomas Hirsch, geb. 1951, studierte Maschinenbau an der Universität Karlsruhe und ist seit 1984 an der Stiftung Institut für Werkstofftechnik in Bremen beschäftigt. Er leitet dort die Abteilung Physikalische Analytik.


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Erhalten: 2003-10
Online erschienen: 2013-05-31
Erschienen im Druck: 2004-02-01

© 2004, Carl Hanser Verlag, München

Downloaded on 8.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.3139/105.100270/html
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