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Verschiedene Preise für gleiche Produkte? Personalisierte Preise und Scoring aus ökonomischer Sicht

  • Lieselotte Locher
Veröffentlicht/Copyright: 6. September 2018
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Zusammenfassung

Im Zuge der Digitalisierung nimmt die Menge an Informationen, die Anbieter über ihre potentiellen Kunden haben, stetig zu. Dies schafft neue und erweitert bestehende Möglichkeiten, dieses Wissen bei der Produkt- und Preisgestaltung zu nutzen, z. B. durch personalisierte Preise oder durch Scoring.

Personalisierung von Preisen bedeutet, dass Verbraucher unterschiedliche Preise für ein identisches Produkt bezahlen. Es handelt sich dabei um eine Form der Preisdiskriminierung aus der klassischen Industrieökonomik. Bei personalisierten Preisen schätzt ein Anbieter mithilfe der Auswertung umfangreicher Daten die Zahlungsbereitschaft seiner Kunden und fordert von jedem seiner Kunden jeweils einen daran angepassten, individuellen Preis. Voraussetzung für die Personalisierung von Preisen ist angebotsseitige Marktmacht.

Scoring findet Anwendung bei Versicherungstarifen und Kreditverträgen. Beim Scoring ermittelt der Anbieter ebenfalls individuelle Preise, allerdings nicht auf Basis unterschiedlicher Zahlungsbereitschaften, sondern weil Verbraucher unterschiedlich hohe Kosten verursachen, z. B. bei Kfz-Versicherungen durch mehr oder weniger riskantes Fahrverhalten.

Dieser Beitrag stellt die ökonomischen Grundlagen von Preisdiskriminierung und Scoring dar und analysiert, unter welchen Marktbedingungen die beiden Phänomene anzutreffen sind. Er zeigt an ausgewählten Beispielen auf, welche Ausweitungen dieser Praxis durch die Digitalisierung zu erwarten sind.

Schließlich werden Konsequenzen für die kartellrechtliche Beurteilung diskutiert. Inwiefern kann das Vorliegen personalisierter Preise oder von Scoring ein Indiz für Marktmacht sein oder nicht? Wie lassen sich so gebildete Preise im Rahmen der Missbrauchsaufsicht bewerten?

Abstract

Personalized Pricing and Scoring – An economic point of view

This contribution discusses two main reasons for non-uniform pricing: Value-based personalized pricing as a form of Pigouvian price discrimination and risk-based pricing based on scoring methods, prevalent in insurance and credit markets. Both personalized pricing and scoring boost with the rapid increase in available data on individual preferences and behavior. It is shown that personalized pricing takes place in a non-competitive environment and allows dominant suppliers to further increase their profits. However, personalized pricing also has a market enhancing effect, which increases overall welfare. As to risk-based pricing, more accurate scoring methods are shown to partially remove detriments of market failure due to asymmetric information. Refined scoring is particularly beneficial for risk-averse individuals that show relatively low risks. Furthermore, it may stimulate overall risk aware behavior.

Whereas value-based pricing acts as an indicator for supply side market power, advanced risk-based pricing methods may even be more prevalent in competitive markets. In abuse cases, competition authorities should aim to achieve a decrease in the overall level of prices rather than enforce uniform prices and thus remove the market-enhancing effects of discrimination.

Published Online: 2018-09-06
Published in Print: 2018-09-06

© 2018 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Aachener Str. 222, 50931 Köln.

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