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Alltagssprache, Beschreibungssprache und praxeologische Validität

Aspekte sozialwissenschaftlicher Güte aus der Perspektive des interpretativen Paradigmas und der Ethnomethodologie
  • Christian Meier zu Verl

    Christian Meier zu Verl, geb. 1982 in Bielefeld. Studium der Soziologie, Psychologie, Politik und Geschichte in Bielefeld. Promotion in Konstanz. Von 2010–2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bielefeld, von 2013–2015 Kollegiat am Graduiertenkolleg „Locating Media“ an der Universität Siegen, von 2015–2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und seit 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz.

    Forschungsschwerpunkte: Migrationsforschung, Medienforschung, Dis-/Ability Studies, Wissenschafts- und Technikforschung, Methodologie qualitativer Forschung sowie Kultur- und Sozialtheorie.

    Wichtigste Publikationen: Daten-Karrieren und epistemische Materialität. Eine wissenschaftssoziologische Studie zur methodologischen Praxis der Ethnografie. Stuttgart 2018, Die alternde Migrationsgesellschaft. Untersuchungen zur intersektionalen Praxis kultursensibler Pflege. In: Schweizerische Zeitschrift für Soziologie 46, 2020: 305–329, Video Analysis and Ethnographic Knowledge. An Empirical Study of Video Analysis Practices (zus. mit R. Tuma). In: Journal of Contemporary Ethnography 50, 2021: 120–144.

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    , Christian Meyer

    Christian Meyer, geb. 1971 in Darmstadt. Studium der Ethnologie, Soziologie, Linguistik, Politik- und Erziehungswissenschaft in Heidelberg, Montpellier III und Mainz. Promotion in Mainz, Habilitation in Bielefeld. 2012–2014 Professurvertretungen an den Universitäten Halle-Wittenberg (Soziologische Theorie) und Siegen (Medientheorie) und Senior Fellowship am Centre for Global Cooperation Studies am Käte Hamburger Kolleg in Duisburg. Von 2014–2015 Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Duisburg-Essen, von 2015–2016 Professor für Soziologie an der Universität Würzburg. Seit 2016 Professor für Allgemeine Soziologie an der Universität Konstanz, seit 2017 Vorsitzender des Sozialwissenschaftlichen Archivs (Alfred Schütz-Gedächtnisarchiv) an der Universität Konstanz und seit 2021 Direktor des Binationalen Zentrums für Qualitative Methoden (BZQM) der Universität Konstanz und Pädagogischen Hochschule Thurgau.

    Forschungsschwerpunkte: Kultur- und Sozialtheorie, Interaktionssoziologie, Methodologie qualitativer Sozialforschung.

    Wichtigste Publikationen: Ethnomethodologie reloaded. Neue Werkinterpretationen und Theoriebeiträge zu Harold Garfinkels Programm. Bielefeld 2021 (hrsg. mit J. Bergmann), Culture, Practice, and the Body. Conversational Organization and Embodied Culture in Northwestern Senegal. Stuttgart 2018, Intercorporeality: Emerging Socialities in Interaction. New York 2017 (hrsg. mit J. Streeck & S. Jordan).

    and Frank Oberzaucher

    Frank Oberzaucher, geb. 1974 in Villach/AUT. Studium der Soziologie in Wien und Bielefeld. Promotion in Bielefeld. Von 2005–2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bielefeld. Seit 2012 Senior Lecturer für Qualitative Methoden der empirischen Sozialforschung und Interaktionsforschung an der Universität Konstanz und seit 2021 Geschäftsführer des Binationalen Zentrums für Qualitative Methoden (BZQM) der Universität Konstanz und Pädagogischen Hochschule Thurgau.

    Forschungsschwerpunkte: Methodologie empirischer Sozialforschung, Interaktionsforschung, Kommunikation im institutionellen Kontext, Arbeits- und Berufssoziologie, Soziologie der Achtsamkeit, Rassismus in Institutionen und Stadtsoziologie.

    Wichtigste Publikationen: Übergabegespräche. Interaktionen im Krankenhaus. Eine Interaktionsanalyse und deren Implikationen für die Praxis. Stuttgart 2014, Der Fall. Studien zur epistemischen Praxis professionellen Handelns (hrsg. mit J. Bergmann & U. Dausendschön-Gay). Bielefeld 2014, Das Selbst kultivieren. Praktiken der Achtsamkeit in spirituellen und psychotherapeutischen Handlungsfeldern (zus. mit C. Eisenmann). In: psychosozial 42, 2021: 31–48.

Published/Copyright: February 18, 2023
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Zusammenfassung

Dieser Beitrag ergänzt die Debatte über sozialwissenschaftliche Güte um zwei Dimensionen. Erstens diskutieren wir anhand einiger Positionen des interpretativen Paradigmas, welche Konsequenzen sich aus der doppelten Relevanz von Sprache als sowohl Bestandteil des Gegenstands, als auch Medium wissenschaftlicher Beschreibung für die Bewertung sozialwissenschaftlicher Güte ergeben. Eine rigide Forschung muss sich in Bezug auf diese doppelte Relevanz positionieren und diese Position konsistent umsetzen. Zweitens schlagen wir das ethnomethodologische Konzept der praxeologischen Validität als bislang übersehenes Gütekriterium vor. Praxeologische Validität ist immer dann gewährleistet, wenn die Prozeduren zur Erzeugung sozialer Phänomene nach ihrer Identifikation und Beschreibung so reproduziert werden können, dass die Phänomene selbst erneut entstehen. Dieses Kriterium gibt Soziolog:innen die Möglichkeit, die Angemessenheit soziologischer Beschreibungen am Gegenstand selbst zu validieren.

Abstract

This article adds two dimensions to the debate on sociological rigor. Drawing on some positions of the interpretive paradigm, we first discuss the consequences that arise for the assessment of rigor from the double relevance of language as both constituent of the object and medium of sociological description. Rigorous research needs to position itself in relation to this double relevance and implement this position consistently. Secondly, we suggest the ethnomethodological concept of praxeological validity as a further principle of rigor. Praxeological validity emerges when the procedures that produce social phenomena are identified and described in such way that they reproduce the phenomena when implemented. Praxeological validity thus allows sociologists to validate the adequacy of their descriptions by reference to the object itself.

1 Einleitung

Die Güte sozialwissenschaftlicher Forschung ergibt sich maßgeblich aus der Angemessenheit von Aussagen bzw. Beschreibungen gegenüber den untersuchten und beschriebenen Gegenständen. Die Besonderheit der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften liegt dabei im Unterschied zu den Naturwissenschaften darin, dass das Medium der wissenschaftlichen Aussage bzw. Beschreibung, nämlich Sprache, zugleich ein konstitutiver Bestandteil des Gegenstands selbst, des Sozialen und Gesellschaftlichen, ist. Diese Besonderheit lässt sich als doppelte Relevanz von Sprache bezeichnen. Die sich hieraus ergebende erkenntnistheoretische Frage nach dem Verhältnis zwischen Beschreibungssprache und Gegenstandssprachlichkeit wurde seit dem linguistic turn (Rorty 1967) um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert immer wieder angesprochen und vielfach diskutiert. Nicht nur für die qualitativen Ansätze in der Soziologie war sie konstitutiv (z. B. Neurath 1932, Popper 1935; Schütz 1953). Umso erstaunlicher ist, dass methodologische Vorschläge, wie diese Frage im Sinne der wissenschaftlichen Güte produktiv beantwortet werden kann, in der bisherigen von Strübing et al. (2018) in der Zeitschrift für Soziologie angestoßenen Debatte nicht angesprochen wurde (vgl. Eisewicht & Grenz 2018; Hirschauer et al. 2019; Jansen 2019, Reichertz 2019; Kalthoff 2021).

Dazu, wie diese Frage nach dem Verhältnis zwischen Beschreibung und zu beschreibendem Gegenstand beantwortet werden kann, wurde innerhalb der methodologischen Debatten der Soziologie bereits eine lange Reihe von Vorschlägen gemacht, die hier nicht alle angesprochen werden können. Die Ansätze des interpretativen Paradigmas, wie es Thomas Wilson (1970) skizziert, eint das Ziel, den soziologischen Gegenstand als vorinterpretierten Gegenstand methodologisch ernst zu nehmen und die Voraussetzungen für Intersubjektivität, Interaktion, wechselseitiger Kommunikation und Sprache zu klären.[1] Dies umfasst auch eine Kritik an korrespondenztheoretischen Konzeptualisierungen des Verhältnisses zwischen Gegenstand und Beschreibung, wie sie in den Naturwissenschaften verbreitet sind (vgl. Schütz 1954: 261). Aus diesem Grund wurden innerhalb des interpretativen Paradigmas der Soziologie erkenntnistheoretische Ansätze formuliert, die den Wahrheitswert wissenschaftlicher Aussagen nicht an deren Korrespondenz mit einer als ihnen extern konzeptualisierten Wirklichkeit festmachen. Denn diese Trennung lässt sich aufgrund der doppelten Relevanz der Sprache für die Soziologie nicht durchhalten. Stattdessen wurde der Anspruch wissenschaftlicher Aussagen z. B. als innerhalb einer wissenschaftlichen Deutungsgemeinschaft konsensuell bzw. konsensfähig oder als kohärent eingebettet in ein System weiterer Aussagen konzeptualisiert (vgl. Cicourel 1964; Habermas 1985).

Eine Konzeptualisierung von Güte muss eine Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen Gegenstandssprachlichkeit und Beschreibungssprache geben, wenn sie nicht in der proto-, alltags- oder laien-soziologischen Position eines naiven Realismus verharren oder implizit eine andere, nicht-explizierte Position mitführen will, aus der dann keine systematischen Konsequenzen für die wissenschaftliche Erkenntnisdarstellung gezogen werden. Erst über eine erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Verortung sowie eine wissenschaftsempirische Selbstbeobachtung ist die Soziologie in der Lage, ihre methodologischen Bedingungen selbstreflexiv zu explizieren und die Güte ihrer Erkenntnisse als Konstruktionen von Konstruktionen (Schütz 1954: 267) zu bestimmen. In den bisherigen Diskussionen über Güte in der Zeitschrift für Soziologie bleibt dies ungeklärt.

Harold Garfinkel hat mit der Ethnomethodologie einen spezifischen Vorschlag zur Lösung des hier skizzierten Problems zwischen Gegenstandssprachlichkeit und Beschreibungssprache vorgelegt.[2] Wenngleich er keine umfassende Diskussion bislang formulierter Gütekriterien vorlegt, schlägt er mit der „praxeologischen Validität“ ein Kriterium vor, das es ermöglicht, die Güte soziologischer Beschreibungen sozialer Wirklichkeit vor-wissenschaftlich bzw. lebensweltlich zu fundieren. Auf dieser Grundlage muss sich Güte im soziologischen Diskurs anhand von weiteren wissenschaftlichen Kriterien nachfolgend bewähren. Mit dem Kriterium der praxeologischen Validität, das bisher noch wenig diskutiert wurde, geht die Ethnomethodologie über bisherige Vorschläge des interpretativen Paradigmas hinaus.

Mit diesem Beitrag problematisieren wir Güte in zwei Schritten: Zuerst nehmen wir unter Bezug auf die Autor:innen des interpretativen Paradigmas eine erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Diskussion und Positionierung von Sprache als Gegenstand und Medium der Soziologie vor. Anschließend leiten wir aus dieser Positionierung allgemeine methodologische Bedingungen für Güte ab und ergänzen die gegenwärtige Debatte über Gütekriterien und deren Begründung um ein weiteres Kriterium, das Garfinkel als praxeologische Validität bezeichnet hat.

2 Die doppelte Relevanz von Sprache in der Soziologie

Auf den sinnhaften Aufbau der sozialen Welt – ihre Vor-Interpretiertheit und damit auch potenziell sprachliche Verfasstheit – hat prominent Alfred Schütz in Auseinandersetzung mit Max Webers verstehender Soziologie, dem logischen Empirismus des Wiener Kreises und Edmund Husserls Phänomenologie hingewiesen. In diesem Spannungsfeld kritisiert Schütz zusammen mit Felix Kaufmann eine korrespondenztheoretische Ausrichtung der Sozialwissenschaften, durch die ihrer Meinung nach Gegenstand und Medium wissenschaftlicher Beobachtungen methodologisch inadäquat zueinander positioniert werden. Schütz (1943, 1953) hat sich unter Bezug auf Husserl intensiv mit dem Verhältnis von Alltags-Konzepten und -Anwendungen von Rationalität und Sinnzuschreibung und entsprechenden wissenschaftlichen Konzepten und Anwendungen befasst. Kaufmann (1936) entwickelte durch den Einfluss Husserls, des logischen Empirismus und des Pragmatismus von John Dewey eine modifizierte Kohärenztheorie der Wahrheit, die von Garfinkel (1952: 92) in Grundzügen übernommen und als Kongruenztheorie bezeichnet wurde. Auf phänomenologischer Grundlage haben Kaufmann und Schütz an einer erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Neuausrichtung der Sozialwissenschaften gearbeitet, die sich von Positionen des Empirismus (Korrespondenztheorie), aber auch des Rationalismus (Kohärenztheorie) entfernen (vgl. Eberle 1984: 77–83).

Ihr Ausgangspunkt ist die phänomenologische Position, dass reale Objekte nur als wahrgenommene Objekte behandelt werden können. Hinter dem wahrgenommenen Objekt ein anderes, eigentliches Objekt anzunehmen, dessen Eigenschaften wir nur wegen unserer subjektiven Position nicht wahrnehmen könnten, ist aus phänomenologischer Perspektive überflüssig und vergeblich. Ein objektiver Standort, von dem aus eigentliche Objekte abgebildet und so neue Erkenntnisse produziert werden könnten, ist nicht zugänglich. Eine korrespondenztheoretische Konzeption der Wahrheit macht aus dieser Perspektive keinen Sinn (vgl. dazu z. B. Adorno 1956).

Kurz nach seiner Emigration in die USA hatte Schütz bereits eine phänomenologische Fundierung der Soziologie im Briefwechsel mit Talcott Parsons (1940–1942) angeregt (vgl. Schütz & Parsons 1977). Schütz‘ phänomenologische Neuorientierung des Gegenstandsverhältnisses der Soziologie zielte als konstruktiv gedachte Kritik auf die zeitgenössische Soziologie, wie sie exemplarisch durch Parsons‘ Position verkörpert war, die noch klare Bezüge zum Kantianismus aufwies (vgl. Münch 1982: 17–59). Für Parsons‘ Grundlegung der Soziologie sind damit auch erkenntnistheoretische Annahmen der Korrespondenztheorie wichtig. In seiner Handlungstheorie (1937) etwa existiert eine Welt objektiver Handlungsbedingungen, Mittel-Ziel-Relationen und Werteorientierungen hinter den subjektiven Wahrnehmungen der Akteure, und die Aufgabe der Soziologie ist es, nach objektivem Wissen über diese Welt zu suchen und diese auch entsprechend abzubilden, um so zu verallgemeinerbaren Aussagen über viele Handlungssituationen hinweg zu gelangen. Aus phänomenologischer Sicht sind die Bedingungen der Konstitution und Erfahrung sozialer Objekte, die für Akteure gelten, den Parsonianischen Mittel-Zweck-Formulierungen jedoch vorgängig und müssen zuerst geklärt werden, wie Schütz es in zahlreichen seiner Schriften geleistet hat.

Während sich Immanuel Kant noch für eine apriorische Klärung der Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis interessierte, fragte Husserl mit seiner Phänomenologie, insbesondere den verschiedenen Methoden der Reduktion, empirisch nach den Prozeduren der Wirklichkeitskonstitution.[3] Garfinkel (1952: 91) hat diese phänomenologische Wendung mit dem Übergang von der Kant‘schen Frage „how can we believe our eyes?“ zur Husserl’schen Frage „how do we believe our eyes?“ illustriert.

Die phänomenologischen Ansätze des interpretativen Paradigmas (Schütz, Kaufmann, Luckmann, Garfinkel) fragen daher nach den vielen verschiedenen situativ gültigen und jeweils in sich schlüssigen Varianten spezifischer Wissens- und Handlungswelten. Diese Varianten ergeben sich nach Schütz (1945) entlang der Varianz unterschiedlicher Einstellungen, die für diese Welten jeweils konstitutiv sind. Garfinkel erweitert diese Varianz „mannigfaltiger Wirklichkeiten“ (Schütz 1945) zu einem „Pluralismus der Welten“ (Garfinkel 1952: 97; eigene Übersetzung), die die Soziologie in ihren Varianten beobachten und adäquat beschreiben soll. Sinn existiert nicht – wie noch bei Parsons – als unabhängige Größe, sondern entsteht mit den Akteuren, ihren Einstellungen und ihren interpretativen Praktiken sowie ihrem Handeln innerhalb von Situationen. Akteure sind daher nie einfach nur Handelnde, sondern immer auch Beobachtende, Beschreibende und Interpretierende, und dies gilt auch für die Soziolog:innen selbst (Schütz 1953: 3). Für den Sinn sozialer Aktivitäten sind zudem die Alltagssprache, die verfestigte Versprachlichbarkeiten bereitstellt (vgl. Cicourel 1964; Berger & Luckmann 1966; Garfinkel & Sacks 1970), sowie interaktionale Abstimmungsprozesse konstitutiv (Garfinkel 1963).

2.1 Soziologie zwischen Korrespondenztheorie und Kongruenztheorie

In ihrer Kritik der zeitgenössischen Soziologie und deren korrespondenztheoretischer Annahmen über die soziale Wirklichkeit nahmen Kaufmann (1936) und Schütz (1953) das Problem der Beschreibung zum Ausgangspunkt. Beide knüpften damit an eine Debatte des Wiener Kreises über Protokollsätze an, in der Moritz Schlick, Otto Neurath und Rudolf Carnap über die erkenntnistheoretische Positionierung von Sprache als Medium wissenschaftlicher Beobachtung diskutierten. Drei Fragen waren für Kaufmann und Schütz im Anschluss an diese Debatte zentral: Was ist eine Beschreibung sozialer Wirklichkeit? Inwiefern unterscheiden sich lebensweltliche und sozialwissenschaftliche Beschreibungen voneinander? Wie können adäquate sozialwissenschaftliche Beschreibungen methodisch produziert werden?

Je nach Perspektive, korrespondenz- oder kongruenztheoretisch, stellt sich das Beschreibungsproblem der Sozialwissenschaften unterschiedlich dar. Aus einer korrespondenztheoretischen Perspektive geht es um die Beschreibung von realen Objekten, die außerhalb von Beschreibungen existieren. Eine Beschreibung von Objekten kann immer dann als zutreffend gelten, wenn sie mit dem Objekt selbst übereinstimmt. Eine korrespondenztheoretische Konzeptualisierung des Verhältnisses zwischen Beschreibung und Gegenstand hat die folgende Form:

Ein Satz über eine Tatsache ist genau dann wahr, wenn er mit dieser Tatsache korrespondiert, d. h. mit ihr übereinstimmt, ihr entspricht oder sie sprachlich oder formal abbildet.

Es wird direkt ersichtlich, dass diese Konzeptualisierung auf die Gegenstände der Soziologie nicht anwendbar ist, weil soziale Sachverhalte oft selbst in Aussagen über Sachverhalte bestehen, wie sie etwa in Interviews erhoben werden, oder weil sie häufig sprachliches und nicht-sprachliches Handeln umfassen, mit dem soziale Realität überhaupt erst produziert wird. Zudem bestehen mindestens zwei theoretische Unsicherheiten (Franzen 1981: 76–8): Erstens können wir nicht außerhalb von unseren Beschreibungen überprüfen, ob ein Objekt auch wirklich real ist oder nicht. Der ontologische Status von Objekten bleibt immer vage, vorläufig und stellt sich als nur graduell bestimmt bzw. unbestimmt dar. Zweitens ist auch der Begriff der Korrespondenz selbst vage. Es lassen sich keine konkreten Kriterien theoretisch ableiten, die den Grad an Korrespondenz zwischen Beschreibung und Objekt objektiv bestimmbar machen würden.

Aus einer kongruenztheoretischen Perspektive, die für die phänomenologischen Ansätze des interpretativen Paradigmas charakteristisch ist, geht es daher darum, ein auf Deckungsgleichheit zielendes Verhältnis zwischen Beschreibung der Konstitution des Gegenstands in der Wahrnehmung und dem konstituierten Objekt herzustellen.

Bei Schütz (1953: 3) erscheint die Relation zwischen den Sozialwissenschaften und ihren Gegenständen als ein Konstruktionsverhältnis. Im Alltag, so Schütz, konstruieren die Akteure wechselseitig die Wissensbestände und Relevanzen, die ihre soziale Wirklichkeit ausmachen (Konstruktionen erster Ordnung). In den Sozialwissenschaften werden diese Konstruktionen der Akteure rekonstruiert (Konstruktionen zweiter Ordnung). Beschreibungen sozialer Wirklichkeit bzw. sozialer Gegenstände sind also sozialwissenschaftliche Konstruktionen von alltäglichen Konstruktionen. Um adäquat zu sein, müssen sie, so Schütz (1953: 34), in einem kongruenten Verhältnis zu den ursprünglichen Konstruktionen stehen. Um Kongruenz zu erreichen, geht es nicht mehr wie bei einer korrespondenztheoretischen Ausrichtung um ein Abbilden, sondern um das reflexive Nachbilden sozialer Wirklichkeit. Damit wird dem erkenntnistheoretischen Problem begegnet, dass das, was abgebildet wird, aus den gleichen Mitteln besteht wie die Abbildung. Nur in einem Kongruenzverhältnis bleiben die spezifischen Eigenschaften der Konstruktionen erster Ordnung in deren wissenschaftlicher Beschreibung zweiter Ordnung weiterhin erhalten. Methodologisch ist ein Nachbilden für Schütz dann erreicht, wenn die beobachteten Akteure ihre soziale Wirklichkeit – etwa in Form von Typisierungen oder Relevanzen – in den sozialwissenschaftlichen Beschreibungen selbst wiedererkennen können (vgl. Endreß 2008: 100–1). Aus diesem Grund zeichnen sich soziologische Beschreibungen auch dadurch aus, dass sie auf den Gegenstand zurückwirken können (Giddens 1993: 155–70).

Aus phänomenologischer Perspektive sind soziale Gegenstände als Teil der sinnhaft organisierten sozialen Wirklichkeit selbst immer schon typisierbar und damit sprachfähig (vgl. Husserl 1936; Schütz 1953; Garfinkel 1967: 56; Meyer 2022). Das Beschreibungsproblem verschiebt sich damit von der korrespondenztheoretischen Frage, wie ein zunächst sprachloser sozialer Gegenstand wissenschaftssprachlich abgebildet werden kann, hin zu der kongruenztheoretischen Frage, wie ein genuin alltagssprachfähiger sozialer Gegenstand mit wissenschaftssprachlichen Mitteln nachgebildet werden kann. Das Thema der Güte und die Diskussion über ihre Kriterien ist damit kein ausschließlich wissenschaftliches, sondern bereits ein lebensweltliches Phänomen, und Kriterien für die Güte von Beschreibungen finden sich schon im Bereich des Alltags.

Da die Akteure des Alltags sich in einer Pluralität von Rationalitäten unterschiedlicher Sinnprovinzen (Schütz 1943, 1945) befinden, beschäftigen sie sich fortwährend sowohl mit epistemischen Fragen, Antworten, Problemen und Lösungen als auch mit der Herstellung, Darstellung und intersubjektiven, wechselseitigen Kenntlichmachung der Güte, Wiedererkennbarkeit und Angemessenheit ihres Wissens. Auf dieser Grundlage sprechen Marilyn Whalen und Don Zimmerman (1990) von einer practical epistemology in Alltagssituationen und Russell Hardin (2002) von einer street-level epistemology, die zum empirischen Gegenstand der Soziologie gemacht werden müsse.

Adäquanz bedeutet vor diesem Hintergrund, dass sozialwissenschaftliche Beschreibungen Gegenstände nachbilden, indem sie deren lebensweltliche Wiedererkennbarkeit, die ein Gütekriterium erster Ordnung bereitstellt, erhalten und nicht durch wissenschaftliche Methoden derart verfremden, dass sie zerstört wird. Güte wird also nicht, wie in der Korrespondenztheorie, als Produkt wissenschaftlicher Methoden und Merkmal wissenschaftlicher Aussagen, sondern als konstitutiver Teil des sozialen Gegenstands selbst aufgefasst.

2.1.1 Das Verhältnis zwischen Alltag und Wissenschaft

In der bisherigen Diskussion wurde das Verhältnis zwischen Alltag und Wissenschaft entlang von drei Dimensionen analysiert. Erstens geht die Alltagssprache der Akteure nicht zwangsläufig benennend vor; es handelt sich vielmehr um eine geteilte Welt des Sprechens, ein Sprachspiel. Und dennoch bauen die Sozialwissenschaftler:innen ihre Beschreibungen auf dieser Sprache auf (Schütz 1940; Cicourel 1964; Luckmann 1973). Nach Garfinkel (1967: 2) teilen die Akteure im Alltag als Laiensoziolog:innen mit den Wissenschaftler:innen (professionellen Soziolog:innen) zudem praktische Methoden, mit denen soziale Ordnung und sozialer Sinn hergestellt werden.

Beim Einsatz der sprachlichen und sprachfähigen praktischen Methoden folgen die Akteure allerdings im Alltag und in der Wissenschaft zweitens jeweils unterschiedlichen Relevanzen. Während im Alltag lebensweltliche, praktische Probleme im Vordergrund stehen, die von den Akteuren in pragmatischer Einstellung bearbeitet werden, arbeiten Sozialwissenschaftler:innen an konzeptionellen Rekonstruktionen und Beschreibungen dieser Probleme und Problembearbeitungen. Zu beobachten ist diese Verschiebung der Relevanzen u. a. anhand der Befreiung und Entlastung der Sozialwissenschaftler:innen von den pragmatischen Handlungsmotiven und -zwängen der Alltagsakteure. Sie können sich dem sozialen Gegenstand in einer wissenschaftlichen, beobachtenden, analytischen und v. a. skeptischen Haltung zuwenden, ohne dem Handlungsdruck der beobachteten Akteure selbst ausgesetzt zu sein, und so deren implizite Bedeutungsstruktur erkennen, die sonst für selbstverständlich gehalten und quasi naturalisiert wird (Schütz 1953: 3). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Sozialwissenschaftler:innen in ihrer wissenschaftlichen Praxis grundsätzlich von Handlungsdruck befreit wären (Garfinkel 1967: 100; Bergmann 1988: 30–1). Auch in der wissenschaftlichen Praxis müssen zu bestimmten Zeitpunkten Entscheidungen getroffen werden.

Praktiken des Entscheidens in der Praxis der quantitativen und qualitativen Sozialforschung wurden bereits empirisch untersucht (vgl. Maynard et al. 2002; Meier zu Verl 2018). Es findet eine Verschiebung, aber keineswegs eine Aufhebung von Handlungszwängen statt. Für die Kategorie der Güte impliziert dies die Frage, ob die wissenschaftliche Beschreibung genügend reduziert, d. h. von alltags-, proto- und laiensoziologischen Vorannahmen und Vorurteilen befreit, distanziert und, wie Garfinkel betont, verfremdet ist. Mit anderen Worten: Sind diese Vorannahmen genügend eingeklammert, so dass die generativen Prinzipien zur Erzeugung des Gegenstands herausgearbeitet werden können und nicht alltagssoziologische Vorannahmen und Vorurteile reproduziert werden?

Drittens sollen sich die Akteure in den sozialwissenschaftlichen Beschreibungen ihrer Lebenswelt dennoch wiederfinden und diese als angemessen und adäquat bewerten. Mit diesem letzten Punkt beschreibt Schütz unter Bezug auf Weber keine wissenschaftstheoretische Differenz zwischen Alltag und Sozialwissenschaft, sondern formuliert eine methodologische Forderung, die den Gegenstand der Soziologie ernst nimmt: soziale Gegenstände, die Konstruktionen der Akteure sind. Die Partikularität der Sozialwissenschaften besteht darin, dass sie in besonderem Maße mit ihrem Gegenstand verbunden ist, so dass eine adäquate Beschreibung sozialer Wirklichkeit stets nur von innen und nicht von außen erfolgen kann. Die Angemessenheit wissenschaftlicher Aussagen und Beschreibungen kann letztlich – dies haben Weber, Kaufmann, Schütz, Thomas Luckmann, Garfinkel und andere vielfach angesprochen – nur durch deren angemessenem Bezug zu den sinnfähigen oder bereits sinntragenden Praktiken, Aussagen und Beschreibungen der Alltagswelt bestimmt werden. Bei Beschreibungen von außen geht dieser sinnhaft organisierte Bezug zum Gegenstand, den Weber bereits 1922 mit dem Begriff der Sinnadäquanz[4] gefasst hatte, verloren. Die Güte soziologischer Erkenntnisproduktion kann entsprechend nicht allein mit Hilfe methodologischer oder methodischer Kriterien bestimmt werden, sondern ergibt sich maßgeblich aus der Konzeptualisierung des Verhältnisses zwischen Gegenstand und Beschreibung.

2.1.2 Sinnadäquanz und das Geschäft der Soziologie

Die Erkenntnisproduktion der statistisch vorgehenden Soziologie, die ihre eigenen Methoden naturalisiert und nicht mehr als der Sinnadäquanz logisch nachgeordnete Prozeduren auffasst, wurde in der Nachkriegszeit als Teil einer „‚Krise‘ der Sozialwissenschaft“ wahrgenommen, die in einigen Aspekten Husserls Charakterisierung der Krise der modernen Wissenschaften allgemein entsprach (Luckmann 1973: 148–152). Denn die statistisch ausgerichteten Sozialwissenschaften seien zwar, so Luckmann (1973: 147), nach eigener Überzeugung „ein Spross galileischer Naturwissenschaft“. Ihre Messungen seien jedoch nicht wie bei Galilei auf primäre Eigenschaften von Gegenständen (z. B. geometrische oder kinematische Eigenschaften) gerichtet, sondern es seien „Assoziationen ‚sekundärer’ Qualitäten (…), die eigentlich ‚gemessen’ werden – so, als repräsentierten sie unmittelbar die ‚primären Qualitäten’“ (Luckmann 1973: 162). Tatsächlich seien die Messungen, so Luckmann (1973: 162–3) unter Bezug auf Cicourel (1964), grundlegend von sprachlichen, darunter prominent alltagssprachlichen Prinzipien geprägt, die bei der Zurechnung von Ziffern oder Zahlen zu sprachlich konstituierten Objekteigenschaften und Ereignissen zur Anwendung kommen. Luckmanns Lösungsvorschlag für die Krise lag daher in der Erarbeitung einer Vergleichsmatrix für die Sozialwissenschaften, einer Mathesis universalis, die er zusammen mit Schütz in Form der Strukturen der Lebenswelt vorlegte (vgl. Meyer 2021).

Garfinkel hat demgegenüber unter Bezug auf Wittgenstein und die Phänomenologie zum einen zusammen mit Cicourel die Beziehung zwischen Alltagssprache und Wissenschaftssprache untersucht, woraus Cicourels Method and Measurement in Sociology (1964) entstanden ist. Zum anderen hat er zur Lösung der fachinternen Krise die Konzepte der Accountability, der Lebenswelt pairs und der praxeologischen Validität vorgeschlagen, die im weiteren Verlauf dieses Textes erläutert werden.

Zunächst sei jedoch darauf hingewiesen, dass Garfinkel die Übertragung einer aus der Naturwissenschaft entlehnten Wissenschaftsauffassung auf die spezifische Situation der Soziologie auch deshalb problematisiert, weil diese in ihren Gegenständen Regelmäßigkeiten identifiziert, die als den Erforschten selbst unzugänglich konzeptualisiert werden. Er strebt seinerseits hingegen eine wissenschaftstheoretische Position an, die über Kaufmann und Schütz hinausgehend eine Kongruenz zwischen Theorie und Gegenstand bzw. Methode und Gegenstand ermöglicht: Auch sie sollen ihren Ursprung in den zu erforschenden sozialen Phänomenen selbst finden.

Während Schütz (1945) das Verhältnis der wissenschaftlichen Einstellung zur natürlichen Einstellung theoretisch anhand eigener Erfahrungen fasste, untersuchte Garfinkel (1952) es in seiner Dissertation empirisch, indem er auf experimentelle Weise eine Inkongruenz zwischen den sinnstiftenden Praktiken zweier Personen erzeugte. Dadurch legte er die Schwierigkeit offen, die im Alltag geltenden Sinnkriterien verlustfrei in die Wissenschaft zu transferieren und mit deren Sinnkriterien zu repräsentieren. In der von ihm kritisierten korrespondenztheoretisch operierenden Soziologie werden wissenschaftliche Aussagen jedoch auf eine Weise erzeugt, mit der die im Alltag verankerten Sinnkriterien der erforschten sozialen Phänomene verändert oder entfernt werden, so dass die ursprüngliche Sinnkonstruktion (erster Ordnung) grundlegend verändert wird (vgl. Kaufmann 1936). Um sich von der Lebenswelt ihrer Entstehung – sowohl in Bezug auf die Empirie als auch auf die diese bearbeitenden Theoretiker:innen selbst – zu reinigen, muss sie starke abstrakte Theoreme wie etwa einen universalistischen Rationalitätsbegriff formulieren, an dem dann empirische Daten gemessen werden.

Zusätzlich zur Tatsache, dass dadurch starke nicht-empirisierte Setzungen eingeführt werden, liegt ein weiteres Problem darin, dass diese Theoreme das mit ihnen relationierbare empirische Auftreten nicht erschöpfend klären, antizipieren und determinieren können. Ihre Identifikation im Material ist daher nicht direkt und schematisch durchführbar. Vielmehr bleibt sie auf permanente interpretative lebensweltliche Ergänzungspraktiken der Forschenden angewiesen, die Husserl (1929) – und im Anschluss an ihn auch Schütz (1953) – z. B. als „und so weiter“ bezeichnet hat. Garfinkel (1967: 21) nannte sie „ad-hocing“. Auf diese Weise entsteht ein endloser Regress, der durch die jeder Formalisierung notwendig folgenden sprachlichen Sinnzuschreibungen weiter vorangetrieben wird. Diese Sinnzuschreibungen führen immer wieder neue lebensweltliche Bestände ein, die erneut formalisiert werden müssen.

Wenn der korrespondenztheoretische Ansatz verworfen wird, dann muss ein anderer Weg zur wissenschaftlichen Güte gefunden werden als der abbildungstheoretische, der Erklärungsfaktoren von außen einführt, die zur Empirie passen. Es muss ein Weg gefunden werden, der die für die Soziologie spezifische Beziehung zwischen Gegenstand und wissenschaftlicher Beschreibung respektiert. Für Garfinkel liegt dieser Weg in der praxeologischen Validität, die im dritten Teil dieses Textes diskutiert wird.

2.2 Geordnetheitsvorstellungen in der Soziologie

Zunächst möchten wir jedoch auf Geordnetheitsvorstellungen in der Soziologie eingehen, denn die unterschiedlichen erkenntnistheoretischen Ausrichtungen bzw. Konzeptualisierungen der Sprachlichkeit von Forschung und Gegenstand hängen eng mit sozialtheoretischen Annahmen über die erforschbare Geordnetheit des Sozialen zusammen. Dieses Thema muss bei der Betrachtung von Güte beachtet werden, weil die Strukturiertheit und Geordnetheit des Sozialen wahlweise das avisierte Ergebnis oder den Gegenstand soziologischer Beschreibungen bildet.

Parsons‘ korrespondenztheoretischer Strukturfunktionalismus unterscheidet sich in dieser Hinsicht erheblich von der kongruenztheoretischen Position des interpretativen Paradigmas. Beide Ansätze nehmen zwar die Hobbes’sche Frage: „wie ist soziale Ordnung möglich?“ zum Ausgangspunkt. Die Antworten, die beide formulieren, weisen jedoch in grundlegend unterschiedliche Richtungen. Parsons geht von einer unsichtbaren sozialen Struktur hinter den konkret sichtbaren sozialen Handlungen aus, die nur durch objektive theoriegeleitete Beobachtungen sichtbar gemacht werden kann. Hinter den subjektiven Motivationen, Orientierungen und Bewertungen der Situation befindet sich also nach Parsons eine eigentliche soziale Struktur (Garfinkel 2019: 117), die nur durch wissenschaftliche Methoden analytisch und objektiv zugänglich wird. Das interpretative Paradigma hingegen sieht die von den Akteuren wahrgenommene und interpretierte und zugleich selbst verfertigte Welt als die einzig reale soziale Struktur an. Es unterstellt keine dahinter oder darunter liegende Struktur und auch keine ihr externen, sie determinierenden Faktoren, die die Handlungen der Akteure ordnen würden und allein von der Soziologie methodisch beobachtbar gemacht werden könnten.

Zeitgenössische soziologische Konzeptionen waren für Schütz und Garfinkel exemplarisch für eine der korrespondenztheoretischen Annahme verhaftet gebliebene Forschung. Mit ihnen – und sie dachten nicht nur an Parsons‘ Begriff der Sozialstruktur, sondern auch an Webers Konzept von Idealtypen – wird der Akteur korrespondenztheoretisch zu einem Homunculus (Schütz 1953: 32), einer Marionette (Schütz 1943: 143, eigene Übersetzung) oder auch zu einem kulturellen bzw. urteilsunfähigen Trottel (Garfinkel 1967: 66–73, eigene Übersetzung) verfremdet. Nach einer solchen Verfremdung kann nur die Soziolog:in mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden die Ordnungsmechanismen und Strukturen der Gesellschaft identifizieren, während sie den Akteuren selbst verborgen bleiben. Die aus solchen in Unwissenheit lebenden, normengeleiteten Akteuren bestehende Grundgesamtheit der Gesellschaft nennt Garfinkel (1988) Parsons‘ Plenum.

Demgegenüber behaupten Schütz und Garfinkel, dass soziale Phänomene bereits in sich selbst geordnet seien und durch ihre (Wieder-)Erkennbarkeit als Phänomene eine lebensweltliche Güte besitzen. Denn die Teilnehmer:innen stehen selbst vor der Herausforderung, ihre Situation in ihrer Spezifik anderen kenntlich und verstehbar zu machen, so dass eine gemeinsame Wirklichkeit entsteht. Dies impliziert, dass sie ihre sozialen Situationen selbst ununterbrochen füreinander und damit auch für die soziologische Beobachter:in ordnen (vgl. Eberle 1984; Sharrock 1995).

2.3 Sprache, Geordnetheit und die Beschreibung von Geordnetheit

Sprache ist ein wesentliches Medium sozialer Ordnungsbildung und sozialen Sinns. Soziale Phänomene sind aus der Perspektive des interpretativen Paradigmas prinzipiell sprachfähig, selbst wenn sie zunächst als stumme Phänomene in Erscheinung treten. Grund dafür ist die intersubjektive, sinnbezogene Basierung des Sozialen. Das bedeutet nicht, dass soziale Phänomene sämtlich eine Benennbarkeit oder sprachliche Formalisierbarkeit besäßen. Ganz im Gegenteil kann diese grundsätzliche Intersubjektivierbarkeit in vielen verschiedenen Formen auftreten: als Besprechbarkeit, Berichtbarkeit, Erzählbarkeit, Erklärbarkeit, Umschreibbarkeit, vage Darüber-Sprechbarkeit, als Lyrik und in vielen weiteren Formen. Als theoretischer Grund kann die von der Phänomenologie vorgebrachte Gleichursprünglichkeit von Typisierung und Exemplifizierung gelten: Jedes Exemplar wird immer gleichzeitig als Typus wahrgenommen, jeder Typus immer in Exemplaren gedacht (Husserl 1939). Im Hier und Jetzt sozialer Situationen werden Versprachlichungen, die sich aus dem Typisierungspotenzial der Alltagssprache ergeben, permanent mitgeführt. Sie tragen allerdings auf diese Weise auch dazu bei, dass Situationen, bzw. soziale Gegenstände allgemein, als externe und objektive Kontexte gefasst werden und rational und normal erscheinen.

Von einigen körper-, performanz- oder praxistheoretischen Ansätzen wird bisweilen eine übermäßig logozentrische Inklination dieser Position ins Feld geführt. Diese Kritik trifft aber nur, wenn eine korrespondenztheoretische Sprachtheorie oder gar dualistische Erkenntnistheorie zugrunde gelegt wird, mit der das Sprachliche als von außen kommend konzipiert wird und ihm ein höherer erkenntnistheoretischer Wert und Rationalitätscharakter zugeordnet wird, oder wenn das Körperliche und Kognitiv-Sprachliche gegeneinander ausgespielt werden. Neben Schütz (1962), der die Materialitäten der Kommunikation in seiner Zeichentheorie ausdifferenzierte, wollte auch Garfinkel (1967: 33, 34) mit seinen zahlreichen nicht-abbildungsbezogenen Begriffen zur Umschreibung von Accountability, von denen wir oben einige erwähnt haben, diese Fehlschlüsse vermeiden.

Der entscheidende Punkt ist, dass verbale Aktivitäten, einschließlich Erklärungen, Erläuterungen, Um- oder Beschreibungen, intrinsische und konstitutive Bestandteile der sozialen Objekte sind, die sie erklären, erläutern, um- oder beschreiben. Sie entstehen nicht von außen, wie von einer externen Beobachter:in aus dem Nirgendwo, sondern aus dem Inneren der Situation selbst, die sie erklären, erläutern oder beschreiben. Jedes Detail eines komplexen sozialen Gegenstands verkörpert und reflektiert zugleich den Gegenstand als Ganzes (Gurwitsch 1964; Garfinkel 1967: 1; Meyer 2022). Praktische und verbale Erklärungen sind immer Teil – Ereignisse innerhalb der Ereignisse – dessen, was sie verbal oder praktisch erklären (Garfinkel 1966: 24). Dieses von Garfinkel als Reflexivität bezeichnete Merkmal des Sozialen kann als ein zentrales Theorieelement der Kongruenztheorie des interpretativen Paradigmas insgesamt gelten, aus dem sich die Güte von Beschreibungen ableitet.[5]

Die Reflexivität sozialer Gegenstände bedeutet, dass zum einen soziale Handlungen und Praktiken und zum anderen soziale Situationen, Kontexte und Strukturen, die von den Akteuren als solche erkannt werden, einander elaborieren. Garfinkel fasst dies mit einer Re-Interpretation der dokumentarischen Methode von Karl Mannheim: Die dokumentarische Methode ist für ihn eine grundlegende Methode der Alltagsakteure, mit der diese ein tatsächliches, empirisches soziales Ereignis (etwa eine soziale Praxis) als Dokument für, zeigend auf oder stehend für ein unterstelltes ihnen zugrunde liegendes Muster behandeln. Das zugrunde liegende Muster wird dabei nicht nur induktiv aus den jeweiligen dokumentarischen Daten erschlossen, sondern die einzelnen dokumentarischen Daten werden ihrerseits auf der Grundlage dessen interpretiert, was den Akteuren über das zugrunde liegende Muster bekannt und vertraut ist. Beides wird verwendet, um das jeweils andere zu erhellen (Garfinkel 1967: 78). Da soziale Gegenstände temporal sind, können die beobachteten, tatsächlichen Ereignisse nicht nur auf strukturelle Muster, sondern auch auf weitere, unmittelbar in der Zukunft sich möglicherweise anschließende oder zu erwartende Ereignisse verweisen (vgl. Meyer 2022).

Die Strukturen, nach denen Akteure handeln, sind demnach nichts anderes als deren eigene Interpretationsgrundlagen, mit denen sie Manifestes als etwas deuten, das auf etwas Unsichtbares, aber als gemeinhin bekannt Unterstellbares verweist. Allein aus diesem Grund können Strukturen das Handeln von Akteuren determinieren. Garfinkel zeigt z. B. in einer ethnomethodologischen Studie, wie die implizit unterstellte binäre Geschlechterstruktur für die Akteure Ereignisse von Handlungen und Äußerungen erklärbar macht und wie diese Handlungen und Äußerungen ihrerseits im Rahmen sozialer Ereignisse manipuliert werden können, um eine bestimmte zugrunde liegende Geschlechterstruktur zu suggerieren (Garfinkel 1967: 116–85).

Für die sozialwissenschaftliche Forschung bedeutet dies, dass eine soziologische Beschreibung als Teil einer sozialen Praxis dazu beiträgt, die soziale Situation zu konstituieren, von der sie Teil ist. Eine Beschreibung ist daher niemals einfach Abbildung einer vergangenen oder typischen sozialen Tatsache, sondern erzeugt stets eine neue soziale Situation, von der sie Teil ist, und damit einen neuen sozialen Gegenstand. Garfinkels Ziel im Sinne wissenschaftlicher Güte ist es daher, auch die wissenschaftliche Situation, in der Beschreibungen sozialer Situationen vorkommen, mit dem beschriebenen sozialen Gegenstand in einem Kongruenzverhältnis zu halten. Um dies zu untersuchen, dachte sich Garfinkel (2002: 145–68) seine berühmten Tutorial Problems aus, mit denen er Erfahrungen von Inkongruenz erzeugte und so das Verhältnis reflexiv werden ließ.

2.4 Praktische Vertrautheit als Bedingung des Verstehens sozialer Phänomene

Eine Konsequenz hieraus ist, dass eine Voraussetzung für valide Beschreibungen sozialer Ereignisse seitens der Soziolog:in die Kenntnis dessen ist, was ein Ereignis in einer erforschten Gruppe als seinen Kontext, sein darunterliegendes Muster oder seine Anschlussereignisse nahelegt und wie dieses zugrunde liegende Muster wiederum das Ereignis verstehbar macht. Die Güte sozialwissenschaftlicher Beschreibungen hängt somit vom Grad der praktischen Vertrautheit mit den beschriebenen sozialen Gegenständen ab. Konstruktionen erster Ordnung sind für die Akteure, die sie selbst konstruieren, immer schon praktisch vertraut und verstehbar. Die kongruenztheoretische Position erfordert daher eine Untersuchungshaltung, die durch ihr Vorgehen in der Lage ist, den Gegenstand angemessen, d. h. seine Spezifik bewahrend, nachzubilden.

Schütz (1953) formuliert hierfür das Postulat der Adäquanz: Ihm zufolge sollen sozialwissenschaftlich verwendete Begriffe auch für den alltagsweltlichen Akteur selbst mit dessen eigenen Erfahrungen vereinbar, verstehbar und vernünftig sowie alltagsweltlich als hinreichend motiviert begreifbar sein. Die Tatsache etwa, dass der Gegenstand der Sozialwissenschaft bereits vor deren Zugriff „durch typisierte Erwartungszusammenhänge strukturiert ist, die von den alltäglich Handelnden in ihren Aktionen hervorgebracht werden und die zugleich der Sinnorientierung des alltäglichen Handelns dienen“ (Eberle & Srubar 2010: 10), berechtigt die Sozialwissenschaften, selbst ebenfalls typenbildend zu verfahren. Im Unterschied zu Parsons soll die Sinnstruktur der sozialen Welt, die von den Handelnden selbst hervorgebracht wird, nicht ignoriert werden, etwa indem die Rationalität sozialen Handelns an einem Theoriesystem gemessen wird (vgl. Eberle & Srubar 2010: 19–20, 25, 31–2). Für Schütz kann es keinesfalls die Sinnstruktur eines Theoriesystems sein, das beobachteten sozialen Phänomenen ihren wissenschaftlich letztgültigen Sinn verleiht. Vielmehr muss die Wissenschaft die Sinnstruktur des alltäglichen Handelns bewahren. Die Konsequenz ist eine bevorzugt ethnografische Grundlegung der Forschungen innerhalb des interpretativen Paradigmas (vgl. Meyer & Meier zu Verl 2022): Durch einen zeitlich befristeten Aufenthalt bzw. eine vorübergehende aktive Mitgliedschaft der Forscher:in im Feld werden die Praktiken zur „Sinngenerierung und Sinnstrukturierung“ des Feldes erlernt (Bergmann 2005: 644), was eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, die soziale Ordnung, die diesen immanent ist und die durch sie erzeugt wird, auch zu erkennen.

Garfinkel (2002: 175–6) schließt mit der unique adequacy requirement of methods als Vorbedingung sozialwissenschaftlicher Beschreibungen an Schütz an. Allerdings ergänzt er dessen methodologische Forderung nach der Bewahrung der Sinnstruktur des Alltags in wissenschaftlichen Beschreibungen um den Bereich der Erkenntnismethoden.[6] Neben der Vertrautheit mit und Kenntnis des Untersuchungsfeldes muss als weitere Dimension die Angemessenheit und Passung des methodischen Vorgehens gewährleistet sein (vgl. Rooke & Kagioglou 2007: 982). Diese Dimension ist in ihren forschungspraktischen und methodologischen Konsequenzen weitgreifender: Auch das methodische Vorgehen selbst ist demnach darauf abzustimmen, dass die „Methoden zur Untersuchung eines Feldes ein Bestandteil dieses Feldes selbst sein sollen, also etwa die Beobachtung eines Feldes die in diesem Feld selbst praktizierten Beobachtungsverfahren aufnimmt“ (Bergmann 2005: 643). Nur wenn auch dies der Fall ist, bleibe Kongruenz gewahrt. Garfinkels Erfordernis zielt also darauf ab, Methoden nicht als außerhalb des Sozialen stehend zu verstehen und über alle sozialen Felder hinweg in der gleichen Schematik anzuwenden, sondern als Teil des im Fokus stehenden Sozialen zu begreifen, mit dem dessen Erkenn- und Versprachlichbarkeit von innen genuin organisiert wird. Sie sind daher selbst Teil des zu erforschenden Gegenstands. Hieraus ergibt sich, dass die Frage der Methodenwahl mit jedem neuen Gegenstand feldspezifisch neu gestellt werden muss. Die Güte der Forschung hängt mit der Tiefe der Kenntnis über das Forschungsfeld und dessen praktischen Verfahren zur Verfertigung, Erkennbarmachung und bisweilen Versprachlichung einer plausiblen, normalen und vertrauten sozialen Wirklichkeit zusammen, denn nur aus dieser Kenntnis heraus kann in wissenschaftlichen Darstellungen ein Kongruenzverhältnis mit dieser Wirklichkeit erreicht werden.

Teil des kongruenztheoretischen Ansatzes im interpretativen Paradigma ist damit – ungeachtet der spezifischen Fragestellungen – das Bestreben, stets jene epistemischen Prinzipien und Praktiken, mit denen das Forschungsfeld selbst Güte verfertigt und reflektiert, zu identifizieren. Den praktischen Epistemologien des Gegenstands selbst wird ein wesentlicher Status für die Güte der wissenschaftlichen Beschreibung eingeräumt.

3 Praxeologische Validität als Kriterium lebensweltlicher und wissenschaftlicher Güte

Im vorherigen Teil haben wir gesehen, dass die doppelte Relevanz der Sprache, die konstitutiver Bestandteil sozialer Gegenstände, aber auch Medium der wissenschaftlichen Beschreibung ist, sowie die Suche nach der methodisch erreichten Kongruenz zwischen Beschreibung und Gegenstand im interpretativen Paradigma eine eigene methodologische Bewertung von Güte erfordern. Die Ethnomethodologie Garfinkels legt mit dem Konzept der praxeologischen Validität ein Verfahren zur praktischen Herstellung von Güte vor. Es unterscheidet sich damit von anderen Vorschlägen des interpretativen Paradigmas, wie das Verfahren der kommunikativen Validierung, das eine kommunikative Bewertung von Güte im Dialog zwischen Forscher:innen und Forschungsteilnehmer:innen vorschlägt (vgl. Steinke 2000 für eine methodologische Darstellung sowie Meier zu Verl 2018: 221–33 für eine wissenschaftsempirische Untersuchung kommunikativer Validierung).

Da die Soziologie selbst Teil ihres Gegenstandes ist, schlägt die Ethnomethodologie vor, die Güte von Erkenntnis- und Darstellungsformen erstens als soziales Phänomen sui generis zu beobachten. Güte wird dann zu einem praktisch-epistemischen Problem im Alltag und nicht nur in der Wissenschaft. Die praktische Herstellung lebensweltlich gültiger Phänomene und Diskussion von Güte lässt sich in vielen verschiedenen sozialen Feldern beobachten (vgl. u. a. Lynch 1985; Oberzaucher 2014). Die lebensweltliche Güte von Beschreibungen sozialer Wirklichkeit wird so zum Thema und zur Ressource des sozialen Handelns der Akteure selbst. Damit wird die herausgehobene epistemische Position der Soziologie relativiert.

Zweitens ist nach ethnomethodologischer Auffassung soziale Wirklichkeit von einer genuinen Sprachfähigkeit gekennzeichnet, die Garfinkel mit Husserl und Aron Gurwitsch als Paarung organisiert sieht (vgl. Meyer 2022). Das paarweise Auftreten von sozialer Handlung oder Praxis und Beschreibung bzw. Beschreibbarkeit nennt er Lebenswelt pairs. Lebenswelt pairs bestehen aus praktisch konstituierten sozialen Phänomenen und Beschreibungen dieser Phänomene. Für das Problem der Güte impliziert diese Form der Organisation sozialer Objekte, dass es möglich wird, die Güte von wissenschaftlichen Beschreibungen in ein Kongruenzverhältnis zur Güte von lebensweltlichen Alltagsbeschreibungen zu setzen.

Die auf Beschreibungen erster Ordnung basierenden soziologischen Beschreibungen sozialer Phänomene eröffnen drittens umgekehrt eine praktische Validierbarkeit der Beschreibungen, indem sie als Anleitungen für die gelingende (wenn die Beschreibungen adäquat bzw. kongruent sind) oder scheiternde Verfertigung (wenn sie inadäquat oder inkongruent sind) des im Fokus stehenden sozialen Phänomens verwendet werden.

Viertens eröffnet sich aus dieser Konzeptualisierung für die methodologische Diskussion der Soziologie eine kongruenztheoretisch bedingte Vielzahl möglicher Darstellungsformen soziologischer Beschreibungen, die je nach Gegenstand zum Einsatz gebracht werden können.

Dies führt fünftens zu einer lebensweltlichen Fundierung und reflexiven Reformulierung von Güte als Thema und Ressource des wissenschaftlichen Arbeitens. Die Entdeckung von lebensweltlichen Praktiken der Güte eröffnet nicht nur ein Forschungsfeld, sondern auch einen anderen Blick auf die eigenen wissenschaftlichen Praktiken der Güte. Dieser reflexive Blick setzt implizite lebensweltlich und wissenschaftlich fundierte Gütepraktiken in Relation zueinander.

3.1 Lebenswelt pairs und die soziale Organisation von Güte und Beschreibung

Schütz‘ Formulierung von Konstruktionen zweiter Ordnung macht nicht nur auf die Besonderheiten der Sozialwissenschaft und ihres Gegenstands aufmerksam, sondern privilegiert – entgegen der Position von Garfinkel – auch die Wissenschaft gegenüber dem Alltag. Für sie wird exklusiv eine reflexive Position reserviert, die dem pragmatisch ausgerichteten Alltag vorenthalten bleibt. Dafür ist nach Schütz (1953) die Entlastung vom alltäglichen Handlungsdruck sowie die Annahme einer Position der Skepsis ausschlaggebend, denn nur die temporäre Aufhebung dieses Drucks und die Einklammerung der alltäglichen Selbstverständlichkeiten ermöglicht eine Theoretisierung sozialer Tatbestände. Garfinkel (1967; 2019: 117–33) hebt demgegenüber zwar den Unterschied von alltäglichem und wissenschaftlichem Wissen nicht grundsätzlich auf. Er macht aber auf eine Partikularität der professionellen Soziologie aufmerksam: Sie übernimmt zahlreiche Methoden, Verfahren und Prozeduren der Laiensoziologie des Alltagsmenschen und verwendet sie ständig implizit, ohne dies kenntlich zu machen und zu reflektieren. Das wird v. a. deshalb zum Problem, weil mit ihnen unterschiedliche Geltungsansprüche verbunden werden: die Produktion formalisier- und generalisierbaren Wissens im Fall der Wissenschaft, die Erzeugung von praktischer Gewissheit und die pragmatische Verwirklichung von Zwecken im Fall des Alltags.

Garfinkel richtet den Blick – wie die frühe Wissenssoziologie Max Schelers und Mannheims – damit reflexiv auf die disziplinären Methoden der Wissensproduktion. Im Unterschied zu ihnen empirisiert er jedoch diese Fragestellung. Er untersucht die praktischen Prozeduren soziologischer Theoriebildung, deren Abstraktionen dann zu Beschreibungen sozialer Wirklichkeit führen, in denen die beobachteten Akteure – entgegen des Adäquanzpostulats von Schütz – sich selbst und ihre Wirklichkeit nicht mehr wiederfinden können. Hierfür gibt Garfinkel ein anschauliches Beispiel: Der Strukturfunktionalismus würde einen bewaffneten Raubüberfall soziologisch abstrahiert als eine Form der Markttransaktion beschreiben, mit der die Kontrollrechte über Gebrauchsgegenstände auf der Grundlage einer Verletzung einer gegenwärtig legitimen Marktordnung durchgeführt werden (Garfinkel 2019: 120–1). Mit dieser Beschreibung wird das Phänomen Raubüberfall jedoch nicht gegenstandsangemessen und in seiner lebensweltlichen Gültigkeit beschrieben und kann durch die Akteure des Alltags nicht mehr mit dessen Beschreibung in ein kongruentes Verhältnis gebracht werden.

Schon in seinen frühen Arbeiten hat Garfinkel nicht nur die Partikularitäten der soziologischen Einstellung (Garfinkel 1952), sondern auch die Methoden, Verfahren und Prozeduren der Soziologie untersucht (Garfinkel 2019). Dabei hat er sich für die empirisch auftretenden Unterschiede zwischen einem korrespondenztheoretischen und einem kongruenztheoretischen Vorgehen interessiert, insbesondere dafür, wie soziale Phänomene durch deren jeweilige Form der soziologischen Dokumentation und Beschreibung transformiert werden: wie sie sich vom ursprünglichen Phänomen entfernen und prozedural zu anderen Phänomenen werden, die in einem bestimmbaren (Korrespondenz- oder Kongruenz-) Verhältnis zum Ursprungsphänomen stehen. Die soziologische Transformation von sozialen Phänomenen beschreibt Garfinkel (2002: 157) mit dem render theorem. Im Fall der korrespondenztheoretisch vorgehenden Soziologie stellt es sich folgendermaßen dar:

{ } –> ( )

Die linke geschweifte Klammer „{ }“ umschließt und isoliert ein konkretes Phänomen. Der Pfeil „->“ bezeichnet die praktische Arbeit einer korrespondenztheoretischen formalen Analyse, wie sie die Grundlage für Parsons‘ Soziologie bildet. Die runde Klammer „( )“, auf die der Pfeil zeigt, stellt das soziologische Produkt dar, das das Ursprungsphänomen nun in transformierter Form fasst: das Produkt in diesem Schema stimmt am Ende nicht mehr mit dem ursprünglichen Phänomen überein.

Die formale Analyse der korrespondenztheoretischen Soziologie isoliert einzelne beobachtete soziale Phänomene und überführt sie dann in neue, sozialwissenschaftliche Relevanzstrukturen und Problemstellungen, so dass sie in diesen Hinsichten nicht mehr identisch mit den ursprünglich beobachteten Phänomenen sind. Diese resultierende Nicht-Identität von Phänomen und Beschreibung wird zum Problem für die Soziologie, denn in der Konsequenz können soziologische Erkenntnisse nicht mehr an die erforschte Wirklichkeit rückgebunden und empirisch überprüft werden (vgl. Garfinkel 2002: 135–44).

Der korrespondenztheoretischen Transformation sozialer Phänomene durch Isolation aus dem Beobachtungskontext und Einbettung in komplett neue Relevanzstrukturen und Problemlagen stellt Garfinkel das kongruenztheoretische Vorgehen gegenüber. Dabei bezieht er sich auf das oben angesprochene Prinzip des Lebenswelt pairs (Garfinkel 2002: 187–90). Ein Lebenswelt pair besteht aus einem ersten und einem zweiten Segment, wobei letzteres sich sequenziell und logisch auf das ihm vorausgehende Segment bezieht. Empirisch treten z. B. soziale Handlungen und Praktiken als erste Paarsegmente auf, die dann Erklärungen, Erzählungen, Berichte, Rechtfertigungen und andere Formen der Versprachlichung als zweite Paarsegmente nach sich ziehen können. Dies kann aber auch umgekehrt organisiert sein: Sprachliche Aktivitäten wie z. B. Anleitungen, Anweisungen und Planungen können als erste Paarsegmente auftreten, die dann die angeleiteten, angewiesenen oder geplanten Praktiken als zweite Paarsegmente logisch nach sich ziehen (vgl. Meyer 2022: 136).

Angewendet auf die kongruenztheoretische Umsetzung einer soziologischen Beschreibung darf ein zweites Segment eines Lebenswelt pairs gerade nicht eine Transformation, Entkopplung und Neu-Einbettung des beschriebenen Phänomens nach sich ziehen, sondern muss als Anleitung dienen können, die seine erneute praktische Verfertigung ermöglicht. Dies wird möglich, indem die Beschreibung die konstitutiven Prinzipien – die notwendigen Prozeduren seiner Verfertigung – des beschriebenen Phänomens offenlegt (vgl. Meier zu Verl 2018: 53). Beispiele hierfür sind die schriftlichen Anleitungen für Praktiken des mathematischen Denkens, wie sie Eric Livingston (1986) vorlegt. Diese Anleitungen können von kompetenten Leser:innen theoretisch nachvollzogen und praktisch nachempfunden werden. Die Möglichkeit des praktischen Nachvollzugs bieten die Beschreibungen der korrespondenztheoretischen formalen Analyse nicht, da sie soziale Phänomene so stark transformieren und wissenschaftlich neuordnen, dass die konkreten Praktiken der Akteure, auf denen sie basieren, nicht mehr rekonstruiert und re-empirisiert werden können (vgl. Garfinkel 2002: 137, 140–1). Im Gegensatz zu kongruenztheoretischen Beschreibungen stellen die Beschreibungen der korrespondenztheoretischen formalen Analyse als „( )“ kein zweites Segment eines stets ineinander übersetzbar bleibenden Lebenswelt pairs dar.

Ein Grund hierfür ist, dass die in einer formalen Analyse verfolgte programmatische Ersetzung situations- und kontextgebundener Verweisungen durch objektive Ausdrücke zu einer Trennung von Phänomen und Beschreibung führen und die situierte Hier-und-Jetztigkeit des flüchtigen Sozialen zerstören. Wie man praktisch zu ethnomethodologisch adäquaten Beschreibungen kommt, untersucht Garfinkel allerdings nicht empirisch. Hier wiederum kann auf ein Projekt von Luckmann in den späten 1970er Jahren verwiesen werden (vgl. Bergmann 1985: 316; Luckmann 2003; Meier zu Verl 2018: 3–9), mit dem das Verhältnis von Konstruktionen erster und zweiter Ordnung empirisch bestimmt werden sollte. Die Projektmitarbeiter:innen experimentierten dafür mit Formen von Beschreibungen audiovisuell aufgezeichneter Interaktionen. Dabei sollten Sinnschwellen von Beschreibungen – d. h. der Unterschied zwischen sinnbewahrenden und sinnauflösenden Beschreibungen – bestimmt werden. Ziel war die Entwicklung eines Beschreibungssystems, das den sinnhaften Charakter sozialer Phänomene konserviert.

3.2 Praxeologische Validität wissenschaftlicher Beschreibungen

Mit der praxeologischen Validität wird ein Kriterium formuliert, das nicht – wie andere Kriterien der Güte – durch apriorische theoretische Überlegungen und methodologische Überzeugungen begründet wird, sondern dessen Begründungshorizont in der Praxis, d. h. im jeweiligen Gegenstand der Forschung selbst, verortet ist. Eine Beschreibung erweist sich dann als kongruent zum beschriebenen Gegenstand, wenn sie auch als Anleitung dienen kann, den von ihr beschriebenen Gegenstand selbst zu erzeugen. Die praxeologische Validität soziologischer Beschreibungen sozialer Wirklichkeit ist daher ein wichtiger Maßstab, um die Angemessenheit von Beschreibungen bewerten zu können (vgl. Meyer & Meier zu Verl 2019: 276): Adäquate Beschreibungen müssen in der Lage sein, soziale Praktiken so genau in ihren generativen, konstitutiven Prinzipien zu bestimmen, dass sie von Soziolog:innen-als-Akteur:innen nachgebildet werden können. Auf der Grundlage der praxeologischen Güte müssen soziologische Beschreibungen dann aber auch anderen wissenschaftlichen Gütekriterien standhalten. Die praxeologische Validität soziologischer Beschreibungen bildet somit zwar das Fundament für die lebensweltliche Bestimmung von Güte, sagt aber noch nichts über die Anschlussfähigkeit innerhalb der Soziologie aus. Hierzu sind andere Gütekriterien dieser spezifischen Diskurs- und Praxisgemeinschaft relevant, wie sie bereits beschrieben wurden (Bergmann 2006: 16–26; Steinke 2000; Strübing et al. 2018). Während diese Gütekriterien auf die wissenschaftliche Gemeinschaft als Referenzgröße verweisen, bezieht sich die praxeologische Validität, dieser Referenzgröße vorgelagert, auf die lebensweltliche Angemessenheit und praktische Reproduzierbarkeit beschriebener sozialer Wirklichkeiten.

Mit der kongruenten Nachbildung sozialer Phänomene ist das Erfordernis der Soziologie erfüllt, ihren Gegenstand, dessen Teil sie selbst ist, im Sinne der Adäquanz von innen zu beschreiben. Mit einer soziologischen Beschreibung wird der Gegenstand nicht nur zum Thema, sondern auch zur expliziten Ressource der Beschreibung und Nachbildung, da der Gegenstand selbst immer auch eine Beschreibung erster Ordnung umfasst. Die angemessenen Methoden der Beschreibung lassen sich im Gegenstand und dessen Geordnetheit und mitgeführter Versprachlichbarkeit selbst identifizieren (Garfinkel & Wieder 1992: 176). Die Beschreibung der Praxis muss also die konstitutiven und generativen Momente sichtbar machen, mit denen kompetente Mitglieder ihre eigene Praxis und soziale Ordnung fortwährend hervorbringen (vgl. Sacks 1992).

Mit dem Konzept der praxeologischen Validität relativiert Garfinkel den erkenntnistheoretischen Anspruch der professionellen Soziologie als einzige Instanz, die soziale Welt ordnen, beschreiben und bewerten zu können. Für ihn bedeutet Güte, dass eine Kongruenz zwischen sozialen Phänomenen und ihren Beschreibungen dadurch entsteht, dass diese (Konstruktionen zweiter Ordnung) die bereits vorliegende Geordnetheit jener (Konstruktionen erster Ordnung) aufgreifen. Eine Beschreibung ist aus dieser Sicht immer dann wissenschaftlich gültig, valide und gegenstandsangemessen, wenn sie zugleich auch als funktionierende lebensweltliche Anleitung für die beschriebene Praxis dienen kann. Die in soziologischen Beschreibungen angeleiteten Praktiken können von den Rezipient:innen, aber auch z. B. von einer künstlichen Intelligenz ausgeführt werden, um ein gültiges soziales Phänomen ohne Sinnverlust zu reproduzieren (vgl. exemplarisch Eisenmann & Oberzaucher 2019; Meier zu Verl 2020, 2023).

Auch wenn es keineswegs darauf beschränkt ist, gewinnt das Kriterium der praxeologischen Validität im Feld der qualitativ-empirischen Wissens- und Praxissoziologie besondere Bedeutung. Im Rahmen von hybrid studies of work leistet es einen Beitrag sowohl für die Soziologie als auch für die untersuchte feldspezifische Praxis (Garfinkel 2002: 95). Zwei Studien möchten wir an dieser Stelle – auch allgemein dafür, wie die Umsetzung der ethnomethodologisch inspirierten Güte praktisch vollzogen werden kann – exemplarisch nennen. David Sudnow (1978) formuliert eine praxeologische Beschreibung, die die Leser:in in die Lage versetzt, auf der Grundlage der Beschreibung das Improvisieren von Jazzmusik auf dem Klavier selbst praktisch zu erlernen. Die Beschreibung besteht nicht aus der Analyse von ethnografisch dokumentierten Interaktionen von Jazzmusiker:innen, sondern macht die konstitutiven Momente der Praxis in Form einer Anleitung für Leser:innen reflexiv, die entweder selbst Jazzmusiker:innen sind oder die Anleitung in Form eigener angeleiteter Handlungen wiederum in die Praxis übersetzen und damit deren praxeologische Validität am eigenen Körper und an dessen Fertigkeiten überprüfen. Douglas Maynard und Kolleg:innen (2002) erarbeiten auf der Grundlage von empirischem Material eine Anleitung für die Durchführung von standardisierten Telefoninterviews. Die von ihnen mitgeschnittenen Interviews wurden konversationsanalytisch untersucht, und dadurch konnte ein Spannungsverhältnis der unterschiedlichen Formen der Gesprächsorganisation zwischen alltagsprachlicher Verständlichkeit und wissenschaftlicher Standardisierung beobachtet werden. Maynard und Kolleg:innen entwickeln auf der Basis ihrer Analysen praktische Anleitungen zur Vereinbarkeit beider Perspektiven.

3.3 Die Pluralisierung von einzigartigen Darstellungsformen

Die hier präsentierten Überlegungen zur Alltagssprache, zur Geordnetheit des Sozialen und zur praxeologischen Validität von Beschreibungen haben nicht eine Vereinheitlichung, sondern eine Pluralisierung von möglichen Darstellungsformen wissenschaftlicher Beschreibungen zur Folge. Die Validität der Darstellungsformen bemisst sich durch ihre einzigartige Gegenstandsangemessenheit. Da für die Ethnomethodologie soziale Phänomene zugleich Thema und Ressource der eigenen Forschung sind, sind die Methoden der Beschreibung immer dann angemessen, wenn sie identisch mit den Methoden der praktischen Hervorbringung des sozialen Phänomens sind. Garfinkel nutzt auch hier das Schütz’sche Postulat der Adäquanz, verschiebt aber dessen Prinzip der Gegenstandangemessenheit von den adäquaten Beschreibungen auf die Ebene der einzigartig adäquaten Voraussetzungen der Methoden der Beschreibungen (vgl. Eberle 2008: 157). Für Garfinkel müssen sowohl die Voraussetzungen der Methoden als auch die Methoden selbst angemessen sein, um adäquate Beschreibungen sozialer Wirklichkeit herstellen zu können (Garfinkel & Wieder 1992: 182). Dies erfordert ein tiefgreifendes Verständnis des Phänomens sowohl in praktischer als auch alltagssprachlicher Hinsicht. Die Soziolog:in muss also die Fertigkeiten besitzen, das Phänomen sowohl selbst praktisch hervorzubringen als auch auf eine Weise situativ angemessen zu beschreiben, dass andere es selbst verfertigen können.

Die Frage nach angemessenen Darstellungsformen wurde in den Sozial- und Kulturwissenschaften u. a. als „Krise der Repräsentation“ diskutiert (vgl. Fuchs & Berg 1993). In dieser Debatte hat Stephen Tyler (1986) das Schreiben am Limit und die Evokation als postmoderne Darstellungsformen diskutiert, die jene Dimensionen der Gegenstandsangemessenheit aufweisen, wie sie die Ethnomethodologie formuliert hat. Beide Verfahren umfassen eine Neuorientierung des Umgangs mit sozialwissenschaftlichen Daten. Für Garfinkel sind Daten Erinnerungsstützen für etwas, mit dem wir als kompetente Mitglieder eines Kollektivs praktisch vertraut sind (vgl. Lynch 2002). Die Forscher:in kann diese praktische Vertrautheit für sich und andere auf unterschiedliche Art und Weise in der wissenschaftlichen Darstellung aktivieren. Eine Anleitung, die Garfinkel als adäquate Beschreibung positioniert, kann konstitutive Prinzipien sozialer Phänomene auf verschiedene Weisen zur praktischen Darstellung bringen. Evokative Verfahren der Präsentation (Tyler 1986: 135) übersetzen das soziale Phänomen – etwa vermittelt durch sprachliche Materialität –, um seine Verfertigung nachzuempfinden und Verstehen zu generieren, indem vertraute Kontexte hervorgerufen werden. Hierzu zählen experimentelle Darstellungsformen, die auf Mimesis und Performanz (Erschreiben) statt auf Informationen über Informationen (Beschreiben) setzen. Das Schreiben am Limit zielt demgegenüber auf eine Kritik und Erweiterung wissenschaftlicher Konventionen und sucht nach präzisen Formen, mit denen die Details des Gegenstands möglichst umfassend und detailliert erschlossen werden.

4 Fazit

Die in diesem Beitrag diskutierte doppelte Relevanz der Sprache für die Soziologie ist für die aktuelle Debatte über die Güte erkenntnistheoretisch und methodologisch von größter Wichtigkeit. Bislang präsentiert sich die neue Debatte über Güte jedoch als sprachvergessen und lässt die Bedeutung der reflexiven Verbundenheit von Sprache, Gegenstand und Soziologie unberücksichtigt. Sprache wird allein in Bezug auf die Darstellungsfrage, als „textuelle Performanz“ (Strübing et al. 2018: 93–4) oder „textliche Darstellung qualitativer Forschung“ (Eisewicht & Grenz 2018: 370) behandelt, nicht jedoch in ihrer zugleich erkenntnistheoretischen und gegenstandskonstitutiven Dimension. Sprache bzw. die sprachliche Darstellung wird dadurch vorschnell zu einem Gütekriterium neben anderen Kriterien, ohne dass ihre wissenschaftlich wie gegenständlich konstitutive Relevanz vorab geklärt oder auch nur berücksichtigt würde.

Für Theorien des interpretativen Paradigmas sind Sprache und Kommunikation konstitutiv für das Soziale und Gesellschaftliche: dies trifft sowohl für die Theorie des kommunikativen Handelns (Habermas 1981), die Theorie des kommunikativen Haushalts der Gesellschaft (Luckmann 1986), die Theorie der Strukturierung (Giddens 1984), die kommunikationstheoretische Systemtheorie (Luhmann 1984) als auch für die Theorie des kommunikativen Konstruktivismus (Knoblauch 2017) zu, um nur einige zu nennen. Die Ethnomethodologie von Garfinkel hat jedoch die sprachliche und kommunikative Konstitution soziologischer Gegenstände und die reflexive Verbundenheit der Soziologie mit ihrem Gegenstand als ein spezifisches Problem von Gegenstandssprachlichkeit und Beschreibungssprache erkenntnistheoretisch reflektiert und auf eine neue produktive Art und Weise methodologisch gewendet.

Die sozialtheoretische Bedeutung von Sprache als Gegenstand und Beschreibungsmedium der Soziologie macht ihre Berücksichtigung für die Diskussion wissenschaftlicher Güte notwendig. Die Soziologie ist wegen der Sprache bzw. Sprachfähigkeit auf besondere Weise mit ihrem Gegenstand verbunden. Die sprachreflexive Selbstverortung der Soziologie findet sich in unterschiedlichen Ausprägungen auch in den oben angeführten Sozialtheorien wieder. Die methodologischen Konsequenzen für die Diskussion über die Güte soziologischer Beschreibungen sozialer Wirklichkeit wurden jedoch bislang nur an wenigen Stellen erörtert. Insbesondere die phänomenologisch inspirierten Varianten des interpretativen Paradigmas, darunter prominent die Ethnomethodologie, die wir hier besonders berücksichtigt haben, befinden sich unter denjenigen Ansätzen, aus denen sich solche Konsequenzen ableiten lassen. Für sie ist wesentlich, dass sie Abstand von korrespondenztheoretischen Annahmen über Wahrheit, Wissen und Wirklichkeit nehmen und aus unterschiedlichen Positionen heraus kongruenztheoretisch, konsenstheoretisch oder auch konstruktivistisch argumentieren. Diese Positionen teilen dabei die Vorstellung, dass sie hinter den wahrgenommenen Objekten keinen Latenzraum eigentlicher Objekte vermuten, den es zu erfassen gelte (vgl. Luhmann 1993).

Ein von Akteuren und ihren Wahrnehmungen unabhängiger und damit von Subjektivem freier Raum existiert nur in der korrespondenztheoretischen Konzeptualisierung. Wird ein solcher Raum nicht unterstellt, dann hat dies nicht nur erkenntnistheoretische, sondern auch sozial- und gesellschaftstheoretische Konsequenzen. Wir haben in diesem Beitrag hauptsächlich entlang der Perspektiven des interpretativen Paradigmas einen Teil dieser Konsequenzen diskutiert und auf die methodologische Diskussion über Güte bezogen. Die Annahme der prinzipiellen Sprachfähigkeit des Sozialen und Gesellschaftlichen unterstellt, dass diese beiden Bereiche – ohne den Eingriff der soziologischen Beobachter:in – in ihrer Geordnetheit bereits selbst seitens der Alltagsakteure beobachtet und beschrieben werden. Die Ordnung bzw. Geordnetheit des Sozialen entsteht damit nicht mit der soziologischen Beschreibung, sondern ist ihr vorgelagert.

Mit der wegweisenden Charakterisierung der sozialwissenschaftlichen Forschung durch Schütz (1953) als ein Konstruktionsverhältnis zweiter Ordnung, das auf einer bestehenden Geordnetheit der sozialen Welt aufbaut, stellt sich das Problem der Adäquanz in radikalisierter Weise: wie sollen soziale Phänomene dargestellt werden, ohne sie entweder zu doppeln oder zu zerstören? Einer kongruenztheoretisch operierenden Soziologie kann es nicht um die Abbildung, sondern muss es um die reflexive Nachbildung dieser der Beobachtung vorausgehenden Geordnetheiten gehen. Wie eine Nachbildung wissenschaftlich anzufertigen ist, bleibt umstritten, und unterschiedliche methodologische und methodische Vorschläge konkurrieren in dieser Frage miteinander (vgl. u. a. Soeffner 1989; vom Lehn & Hitzler 2015; Meyer & Meier zu Verl 2022). Die Ethnomethodologie schlägt in Anlehnung an das Postulat der Adäquanz von Schütz ein unique adequacy requirement of methods (Garfinkel & Wieder 1992) vor, das besagt, dass die Soziolog:in für ihre Beschreibung sozialer Wirklichkeit jene Methoden reproduziert, mit denen eben jene soziale Wirklichkeit praktisch hergestellt wird, die sie beschreiben möchte. Die Güte dieser Beschreibungen als Nachbildungen sozialer Wirklichkeit, die die konstitutiven Prinzipien sozialer Geordnetheit explizieren, kann dann jedoch nicht mehr allein wissenschaftlich, sondern muss durch den Einbezug der Praxis bestimmt werden. Die von Garfinkel vorgeschlagene praxeologische Validität soziologischer Beschreibung ist ein Gütekriterium, das nicht korrespondenztheoretischen Vorstellungen von Geordnetheit folgt, sondern im Sinne von Schütz die Konstruktionen erster Ordnung als Forschungsgegenstände in den Vordergrund soziologischer Betrachtung rückt. Garfinkel hat sich dem Problem der Sprachlichkeit jedoch auf eine andere Weise gestellt als Schütz. Ihm ging es nicht um die Bewahrung der Sinnstrukturen – Typisierungen und Relevanzen – der pragmatisch ausgerichteten Alltagswelt, sondern um soziale Praktiken, die durchaus auch stumm und schweigsam sein konnten. Entsprechend der phänomenologischen Fundierung seiner Soziologie unterstellte er diesen aber eine genuine Besprechbarkeit und Beschreibbarkeit – accountability –, auf der die Laiensoziologie wie auch die professionelle Soziologie dann aufbauen kann.[7] Darin unterscheidet sich die Ethnomethodologie von naturalistischen Varianten der Praxistheorie oder des Pragmatismus, die den lebensweltlichen Ursprung ihrer Versprachlichungs- und Beschreibungspraktiken nicht anerkennen.

About the authors

Christian Meier zu Verl

Christian Meier zu Verl, geb. 1982 in Bielefeld. Studium der Soziologie, Psychologie, Politik und Geschichte in Bielefeld. Promotion in Konstanz. Von 2010–2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bielefeld, von 2013–2015 Kollegiat am Graduiertenkolleg „Locating Media“ an der Universität Siegen, von 2015–2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und seit 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz.

Forschungsschwerpunkte: Migrationsforschung, Medienforschung, Dis-/Ability Studies, Wissenschafts- und Technikforschung, Methodologie qualitativer Forschung sowie Kultur- und Sozialtheorie.

Wichtigste Publikationen: Daten-Karrieren und epistemische Materialität. Eine wissenschaftssoziologische Studie zur methodologischen Praxis der Ethnografie. Stuttgart 2018, Die alternde Migrationsgesellschaft. Untersuchungen zur intersektionalen Praxis kultursensibler Pflege. In: Schweizerische Zeitschrift für Soziologie 46, 2020: 305–329, Video Analysis and Ethnographic Knowledge. An Empirical Study of Video Analysis Practices (zus. mit R. Tuma). In: Journal of Contemporary Ethnography 50, 2021: 120–144.

Christian Meyer

Christian Meyer, geb. 1971 in Darmstadt. Studium der Ethnologie, Soziologie, Linguistik, Politik- und Erziehungswissenschaft in Heidelberg, Montpellier III und Mainz. Promotion in Mainz, Habilitation in Bielefeld. 2012–2014 Professurvertretungen an den Universitäten Halle-Wittenberg (Soziologische Theorie) und Siegen (Medientheorie) und Senior Fellowship am Centre for Global Cooperation Studies am Käte Hamburger Kolleg in Duisburg. Von 2014–2015 Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Duisburg-Essen, von 2015–2016 Professor für Soziologie an der Universität Würzburg. Seit 2016 Professor für Allgemeine Soziologie an der Universität Konstanz, seit 2017 Vorsitzender des Sozialwissenschaftlichen Archivs (Alfred Schütz-Gedächtnisarchiv) an der Universität Konstanz und seit 2021 Direktor des Binationalen Zentrums für Qualitative Methoden (BZQM) der Universität Konstanz und Pädagogischen Hochschule Thurgau.

Forschungsschwerpunkte: Kultur- und Sozialtheorie, Interaktionssoziologie, Methodologie qualitativer Sozialforschung.

Wichtigste Publikationen: Ethnomethodologie reloaded. Neue Werkinterpretationen und Theoriebeiträge zu Harold Garfinkels Programm. Bielefeld 2021 (hrsg. mit J. Bergmann), Culture, Practice, and the Body. Conversational Organization and Embodied Culture in Northwestern Senegal. Stuttgart 2018, Intercorporeality: Emerging Socialities in Interaction. New York 2017 (hrsg. mit J. Streeck & S. Jordan).

Frank Oberzaucher

Frank Oberzaucher, geb. 1974 in Villach/AUT. Studium der Soziologie in Wien und Bielefeld. Promotion in Bielefeld. Von 2005–2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bielefeld. Seit 2012 Senior Lecturer für Qualitative Methoden der empirischen Sozialforschung und Interaktionsforschung an der Universität Konstanz und seit 2021 Geschäftsführer des Binationalen Zentrums für Qualitative Methoden (BZQM) der Universität Konstanz und Pädagogischen Hochschule Thurgau.

Forschungsschwerpunkte: Methodologie empirischer Sozialforschung, Interaktionsforschung, Kommunikation im institutionellen Kontext, Arbeits- und Berufssoziologie, Soziologie der Achtsamkeit, Rassismus in Institutionen und Stadtsoziologie.

Wichtigste Publikationen: Übergabegespräche. Interaktionen im Krankenhaus. Eine Interaktionsanalyse und deren Implikationen für die Praxis. Stuttgart 2014, Der Fall. Studien zur epistemischen Praxis professionellen Handelns (hrsg. mit J. Bergmann & U. Dausendschön-Gay). Bielefeld 2014, Das Selbst kultivieren. Praktiken der Achtsamkeit in spirituellen und psychotherapeutischen Handlungsfeldern (zus. mit C. Eisenmann). In: psychosozial 42, 2021: 31–48.

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Published Online: 2023-02-18
Published in Print: 2023-03-31

© 2023 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

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