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„Massentourismus anders gedacht: Nachhaltiger, gerechter, demokratischer und zukunftsfähiger?“

19.–20.05.2022, St. Peter-Ording Jahrestagung Arbeitskreis Tourismusforschung (AKTF) der Deutschen Gesellschaft für Geografie e.V.
  • Sarah Dornheim

    Sarah Dornheim ist seit 2021 Projektmitarbeiterin im Deutschen Institut für Tourismusforschung. Sie absolvierte von 2016 bis 2019 den Bachelor of Arts International Tourism Management und von 2019 bis 2022 den Master of Arts International Tourism Management an der Fachhochschule Westküste in Heide. Ihre derzeitigen Forschungsschwerpunkte sind Gartentourismus und Wandertourismus.

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    and Rebekka Weis

    Rebekka Weis ist Projektleiterin im Deutschen Institut für Tourismusforschung mit Sitz an der FH Westküste in Heide. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf den quantitativen Marktforschungsmethoden im Tourismus, Nachhaltigkeit im Tourismus sowie dem Wander- und Reittourismus. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt besteht in der Verknüpfung von Forschung und Lehre.

Published/Copyright: March 17, 2023

Kann Massentourismus nachhaltiger, gerechter, demokratischer und zukunftsfähiger sein? Mit dieser Frage haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der Jahrestagung des Arbeitskreises Tourismusforschung (AKTF) befasst. Ausrichter war das Deutsche Institut für Tourismusforschung mit Sitz an der Fachhochschule Westküste. Nach der vorigen Jahrestagung im Oktober 2021 in Berlin fand die Jahrestagung zum zweiten Mal in hybrider Form statt. Mehr als 60 Forschende aus ganz Deutschland nahmen virtuell oder in Präsenz in St. Peter-Ording an der Tagung teil.

Die touristischen Nachfragevolumina nehmen nach dem starken Einbruch durch die Reisebeschränkungen wieder zu, wie Ulf Sonntag (Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT)) in einer Keynote mit den aktuellen Zahlen der Reiseanalyse ausführte. Bereits nächstes Jahr werde die Reiseintensität wieder fast das Niveau von 2019 erreicht haben. Die Konsumierenden verhalten sich jetzt allerdings nicht nachhaltiger, achten immer noch vor allem auf den Preis und ein Paradigmenwechsel werde wohl nicht von der Nachfrageseite ausgehen, sondern müsse von der Branche gesteuert werden, so Sonntags Gedanken zum Titel der Tagung.

Die erste Session knüpfte mit dem Thema Der neue Massentourist 2.0? an Sonntags Gedanken an, allen voran der Beitrag von Volker Rundshagen (Hochschule Stralsund) zur Figur des verantwortungsbewussten Massentouristen, der sich freilich eher als ein Mythos denn als machbar herausstellte. Das Potenzial von Slow Travel-Aktivitäten, bei denen vermehrt die Nutzung nachhaltiger Alternativen festgestellt werden konnte, wurde ebenfalls dargestellt (Kim Hartmann, University of Strathclyde). Daniela Aidley und Bernd Eisenstein (Deutsches Institut für Tourismusforschung/FH Westküste) zeigten aufgrund empirischer Daten erste gesellschaftliche Anzeichen der Entglorifizierung räumlicher Mobilität auf und Friedericke Kuhn (NIT) überzeugte mit einem Vortrag zu den Auswirkungen touristischer Selbstdarstellungen auf das Sozialprestige.

In der zweiten Session ging es um Visitor Management. Dazu wurden die Möglichkeiten des Einsatzes digitaler Lösungen im Besuchermanagement (Julian Reif und Eric Horster, Deutsches Institut für Tourismusforschung/FH Westküste) und das Monitoring von Besuchern in Schutzgebieten über Social-Media-Daten (Marius Mayer, Universität Innsbruck/Institut für Strategisches Management, Marketing und Tourismus) vorgestellt.

Zum Thema Marketing und Branding in der dritten Session folgten ein Vortrag zum Sustainable Tourism Marketing als Ansatz zur Überwindung des Attitude-Behavior-Gaps (Julia E. Beelitz, Hochschule Kempten) sowie eine Präsentation von Julian Hodson (ehemals Leuphana Universität Lüneburg), der ein Modell zu den Markenassoziationen von Reisezielen vorstellte. Julius Arnegger (Deutsches Institut für Tourismusforschung/FH Westküste) stellte zudem seine Anwendung des Markenmehrklangmodells auf Schutzgebietskategorien dar.

Zur Eröffnung des zweiten Konferenztages legte Birgit Grauvogel (Tourismus Zentrale Saarland) in ihrer Keynote dar, wie nachhaltiger Massentourismus ganz praktisch aus Sicht einer DMO aussehen kann, bevor sich die vierte Session zum Thema Destination und Tourismusakzeptanz anschloss. Dabei wurde über Erkenntnisse zur bundesweiten Messung des Tourismusakzeptanzsaldos (TAS) berichtet (Anne-Sophie Krause und Norbert Kunz, Deutscher Tourismusverband sowie Sabrina Seeler und Bernd Eisenstein, Deutsches Institut für Tourismusforschung/FH Westküste). Markus Pillmayer (Hochschule München) und Nicole Stadtmüller (Technische Hochschule Deggendorf) referierten zur Bedeutung von Partizipationsansätzen für eine nachhaltige Destinationsentwicklung. Anschließend zeigte Werner Gronau (Hochschule Stralsund) auf, wo Hemmschwellen eines nachhaltigeren Kreuzfahrttourismus in der Ostseeregion bestehen. Sven Groß (Hochschule Harz) beendete die Session mit seiner Potenzialabschätzung zum Deep-nature Glamping.

Die letzte Session Herausforderungen eines Massentourismus 2.0 umfasste Vorträge von Kerstin Heuwinkel (Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes), die zu touristischen Berufsrollen am Beispiel von Pilotinnen referierte und von Rainer Hartmann (Hochschule Bremen), der sich den Chancen und Herausforderungen des Tourismus in Afrika widmete. Der Beitrag von Heike Bähre (Fachhochschule des Mittelstands) zum Europäischen Grünen Deal schloss die Tagung.

Insgesamt war die Breite der dargebotenen Beiträge bemerkenswert: Die Fachvorträge der Tagung waren sehr heterogen und reichten von aktuell in der Erstellung befindlichen Projektanträgen über Dissertationsvorhaben bis hin zu laufenden oder abgeschlossenen Forschungsprojekten. Auch thematisch wurde mit den Vorträgen ein weites Spektrum der Tourismuswissenschaft und -wirtschaft abgedeckt, sodass es Werner Gronau nicht leichtfiel, zum Abschluss die Vorträge der Jahrestagung noch einmal kurz zusammenzufassen.

Nicht zu kurz kam auch der wissenschaftliche Nachwuchs. Wie im Jahr zuvor wurde dieser mittels des sogenannten Young Researchers Forum, für das Ina Voshage und Tim Harms federführend verantwortlich zeichneten, fest in das Programm der AKTF Jahrestagung eingebunden. Bei dem Format konnten je 3 Bachelor- und Masterabsolvierende, die sich zuvor deutschlandweit gegen andere Kandidatinnen und Kandidaten durchgesetzt hatten, ihre Abschlussarbeiten präsentieren und wurden dafür ausgezeichnet.

In Summe kann die AKTF Jahrestagung 2022 in St. Peter-Ording als inhaltlich rundum gelungen bezeichnet werden – nicht zuletzt auch, weil den Teilnehmenden ausreichend Zeit für das Networking oder den Austausch in den Pausen und in der Abendveranstaltung eingeräumt wurde. Auch hinsichtlich der Organisation haben die Verantwortlichen (Sylvia Müller und Tim Harms) hervorragende Arbeit geleistet. Zu bemängeln bleiben lediglich der dann doch etwas zu kleine Veranstaltungsraum und dass der Zeitdruck innerhalb der Sessions (wieder einmal) keine tiefergehenden Diskussionen unter den Teilnehmenden erlaubte.

About the authors

Sarah Dornheim

Sarah Dornheim ist seit 2021 Projektmitarbeiterin im Deutschen Institut für Tourismusforschung. Sie absolvierte von 2016 bis 2019 den Bachelor of Arts International Tourism Management und von 2019 bis 2022 den Master of Arts International Tourism Management an der Fachhochschule Westküste in Heide. Ihre derzeitigen Forschungsschwerpunkte sind Gartentourismus und Wandertourismus.

Rebekka Weis

Rebekka Weis ist Projektleiterin im Deutschen Institut für Tourismusforschung mit Sitz an der FH Westküste in Heide. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf den quantitativen Marktforschungsmethoden im Tourismus, Nachhaltigkeit im Tourismus sowie dem Wander- und Reittourismus. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt besteht in der Verknüpfung von Forschung und Lehre.

Published Online: 2023-03-17
Published in Print: 2023-03-13

© 2023 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 11.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/tw-2022-0008/html
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