Editorial
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Johannes Mersch
and Paul Motzki
smart3 , Director on the Board of the ASM International Organization on Shape Memory and Superelastic Technologies (SMST), Senate Member of the AMSESMASIS division and co-founder of theInternational Elastocalorics Society – IES . His research interests cover the design and development of multifunctional actuator-sensor-systems or artificial muscles based on smart materials like shape memory alloys and electroactive polymers. Special focus is on the emerging field of elastocalorics.
Faserverstärkte Kunststoffe (FVK) sind Werkstoffe, die aus einer Kunststoffmatrix und Verstärkungsfasern bestehen. Dadurch bieten sie die typischen Vorteile herkömmlicher Kunststoffe, sind z. B. sehr flexibel, chemisch beständig und formbar und dadurch leicht, widerstandsfähig und kostengünstig. Durch die Integration der Verstärkungsfasern lässt sich entsprechend den Anforderungen eine höhere Steifigkeit und Festigkeit erreichen. Das kann im gesamten Bauteil oder auch nur lokal sein. Durch diese Eigenschaften sind FVK für viele Anwendungsgebiete interessant, z. B. für tragende Leichtbau-Konstruktionen, im Flug- und Fahrzeugbau oder für Sportgeräte.
So wie die Verstärkungsfasern lassen sich in FVK aber auch weitere Funktionselemente integrieren. Mit strukturintegrierten Aktoren kann man beispielsweise die Bauteilsteifigkeit lokal und zeitlich veränderlich einstellen, so dass komplexe Verformungsmuster mit hohen Verformungsgraden und vergleichsweise großen Stellkräften erreichbar sind. FVK lassen sich aber auch sehr weich gestalten, so dass sie für Soft-Robotik-Anwendungen genutzt werden können, beispielsweise an der Schnittstelle zum Menschen. Auf der anderen Seite eröffnet die Integration von Sensoren neue Möglichkeiten zur Überwachung des Zustands von FVK und damit zur Verbesserung ihrer Funktionalität. Die Sensoren können auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Materialien eingesetzt werden, sei es in der Faser, der Matrix oder in einer synergetischen Kombination aus beidem. Zusammen mit integrierten Aktoren eröffnet dies Möglichkeiten zur Anpassung des Materialverhaltens an spezifische Anforderungen und verspricht innovative Entwicklungen in Bereichen wie Strukturüberwachung, adaptive Strukturen und intelligente Fertigung.
Dieses Themenheft des „Technischen Messens“ zum Thema “Sensoren in faserverstärkten Kunststoffen” stellt nun Forschungsarbeiten zusammen, die sich insbesondere mit der Integration von Sensoren in FVK befassen, und behandelt die sich daraus ergebenden Vorteile, aber auch die damit verbundenen Herausforderungen. Es vereint Forschungsarbeiten an der Schnittstelle zwischen Sensoren und faserverstärkten Kunststoffen und beleuchtet die praktischen Auswirkungen und Fortschritte auf diesem Gebiet. Die Forschung zu Sensoren in FVK umfasst ein breites Spektrum an Themen, das von Techniken zur Integration von Sensoren in FVK während der Herstellung bis hin zu unterschiedlichsten Faser- und Matrixmaterialien mit mannigfaltigen Eigenschaften, von flexibel bis hin zu hochsteif, reicht. Ein weiterer hier untersuchter Aspekt ist die Integration von Aktoren, die die Funktionalität von FVK über die reine Sensorik hinaus erweitert.
Die Artikel dieses Themenheftes widmen sich ganz unterschiedlichen Fragestellungen von den Methoden der Sensoreinbindung während des Herstellungsprozesses über die Charakterisierung solcher Sensorsysteme bis hin zu spezifischen Anwendungen. Die Autoren liefern dabei wertvolle Erkenntnisse darüber, wie Sensoren zur Überwachung des Strukturzustands, zur Bewertung von Verformungszuständen und zur Optimierung von Instandhaltungsstrategien in FVK eingesetzt werden können.
Der Beitrag von Lena Pfeiffer et al. konzentriert sich auf die Anwendung von textilbasierten Sensoren in FVK, insbesondere für die Detektion von Impaktereignissen. Die Autoren beleuchten nicht nur die Integration von neuartigen silberbeschichteten Glasfasern in die Materialstruktur, sondern auch deren Leistungsfähigkeit bei der Erfassung und Analyse von Aufprallereignissen. Die Forschung wirft dabei ein Licht auf potenzielle Anwendungen in sicherheitskritischen Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt.
Auch Hung Le Xuan und Chokri Cherif adressieren in ihrem Beitrag die Überwachung solcher Hochleistungsverbundwerkstoffe. Sie stellen einen Ansatz vor, wie sich leitfähige Carbonfasern im Verbund als Sensoren für diverse Belastungsszenarien nutzen lassen. Damit können nicht nur wie bisher Zugbelastungen, sondern auch Druckbelastungen, welche deutlich häufiger zum Versagen führen, überwacht werden.
Faserverstärkte Kunststoffe in Drucktanks sind für die Energiewende und den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft von immenser Bedeutung. Möglichkeiten zur Überwachung solcher carbonfaserverstärkten Bauteile mittels faseroptischer Sensoren werden von Christos Karapanagiotis et al. vorgestellt. Dieser Ansatz erlaubt eine ortsaufgelöste Messung entlang der Faser und stellt somit ein in der Praxis wichtiges Werkzeug für die Entwicklung als auch die Überwachung der Druckbehälter dar.
Da faserverstärkte Kunststoffe als Hochleistungswerkstoffe häufig in Anwendungen mit stark schwankenden Temperaturen eingesetzt werden, ist die Kompensation des Temperatureinflusses von großer Bedeutung. Diesem bisher wenig beachteten, jedoch praktisch enorm wichtigen Punkt widmen Thomas Mäder et al. ihren Beitrag. Sie fokussieren sich dabei auf elastische Formgedächtnislegierungen als Sensormaterial und zeigen erfolgreiche Wege zur Kalibrierung und Temperaturkompensation.
Neben diesen klassischen Anwendungen von FVK im Leichtbau steigt in jüngerer Zeit das Interesse an dieser Materialklasse für neuartige Anwendungen in der Soft-Robotik, insbesondere im Hinblick auf die Mensch-Maschinen-Interaktion. Dies gilt ganz besonders für die Kombination von Sensoren mit Aktoren. Ein vielversprechendes Aktor-Sensor-Konzept stellen dielektrische Elastomeraktoren dar, die in drei weiteren Beiträgen im Fokus stehen.
So stellen Sebastian Gratz-Kelly et al. einen Handschuh mit integrierten Sensoren aus dielektrischen Elastomeren vor, der sowohl Gesten als auch die Kraft des Trägers für die Digitalisierung von Handgriffen in der Produktion überwacht. Aufgrund der innovativen Anordnung der Elektroden zur Schirmung und die dadurch verringerten Anforderungen an die Elektronik ergeben sich neue Möglichkeiten, den Menschen vergleichsweise einfach in hoch digitalisierte Produktionsumgebungen einbinden zu können.
Einen ähnlichen Ansatz verwenden Meyer et al., welcher mehrlagige dielektrische Elastomersensoren in einen Schuh für Diabetespatienten integriert. Dadurch ist es möglich, an verschiedenen potenziellen Druckstellen die Fußbewegung zu überwachen und über eine im Schuh enthaltene Elektronik kontaktlos nach außen zu funken. Somit können Patienten vor irreparablen Schädigungen bewahrt werden, ohne ihre Bewegungen durch die integrierten Sensoren einzuschränken.
Auch Markus Koenigsdorff et al. widmen sich der Nutzung von dielektrischen Elastomeraktoren (DEA) als Sensoren und Aktoren. Durch die Faserverstärkung lässt sich die Kraft solcher Aktoren verdoppeln. Gleichzeitig beeinflussen die extrem anisotrop wirkenden Carbonfasern auch die Leitfähigkeit und damit die piezoresistiven Eigenschaften stark und führen zum bis dato für solche Aktoren unbekannten Phänomen, bei dem der elektrische Widerstand bei zunehmender Dehnung kleiner wird, anstatt anzusteigen.
Wir sind zuversichtlich, dass die vielfältigen Einblicke und die neuen Forschungsergebnisse, die in diesem Themenheft des „Technischen Messens“ präsentiert werden, auf großes Interesse bei den Lesern stoßen werden.
Über die Autoren

Johannes Mersch is an APART-MINT postdoc fellow of the Austrian Academy of Sciences working at the Institute of Measurement Technology of the Johannes Kepler University Linz in Austria. Main fields of work: soft sensors made of carbon particle-filled elastomers, percolation phenomena in elastomers, dielectric elastomer actuators.

Gerald Gerlach is Professor of Solid-State Electronics at the Faculty of Electrical and Computer Engineering at Dresden University of Technology. Main fields of work: sensor and semiconductor technology, solid-state sensors with focus on infrared detectors and hydrogel-based gas sensors, dielectric elastomer actuators.

Prof. Dr.-Ing. Paul Motzki is the Director of the research division “Smart Material Systems” at the Center for Mechatronics and Automation Technology (ZeMA gGmbH) in Saarbrücken, Germany. He received his B.Sc., M.Sc. and PhD degrees in Mechatronics and Systems Engineering from Saarland University, Germany. In 2022, he was appointed the professorship “Smart Material Systems for innovative Production” by the Department of Systems Engineering of Saarland University. Since 2023, Paul Motzki is the Chair of the VDI/VDE Technical Committee GMA 2.16: “Smart Materials and Systems”, Board Member of Europe’s largest smart materials network smart3 , Director on the Board of the ASM International Organization on Shape Memory and Superelastic Technologies (SMST), Senate Member of the AMSE SMASIS division and co-founder of the International Elastocalorics Society – IES. His research interests cover the design and development of multifunctional actuator-sensor-systems or artificial muscles based on smart materials like shape memory alloys and electroactive polymers. Special focus is on the emerging field of elastocalorics.
© 2024 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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