Kommunikationsdynamiken in „Klassenchats“
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Thomas Wenzl
Zusammenfassung
Der Beitrag geht von der Beobachtung aus, dass sich die Kommunikationsdynamiken in Klassenchats von Schüler*innen im Kindes- und im Jugendalter stark unterscheiden. Während die selbstorgansierten Klassenchats von Kindern regelmäßig in einer Flut von Nachrichten versinken, beruhigt sich diese Situation in den Klassenchats jugendlicher Schüler*innen deutlich. Für diese Differenz bietet der Beitrag eine „kommunikationsstrukturelle“ Deutung an, die nicht an den individuellen kommunikativen Voraussetzungen von Kindern und Jugendlichen ansetzt, sondern die die Peergroups von Kindern und Jugendlichen als kollektive Akteure betrachtet. Es wird die These entfaltet, dass die „Interaktionssysteme“ der Kindheit und der Jugend durch zwei zwar ähnliche, letztlich aber doch strukturell verschiedene Gleichheitsprinzipien gekennzeichnet sind, die es im Falle der Kindheit verunmöglichen, dass in größeren Gruppen sinnvoll „öffentlich“ kommuniziert werden kann, während sich in jugendlichen Peergroups allmählich die kollektive Fähigkeit, als Peergroup öffentlich miteinander zu kommunizieren, herausbildet.
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