Abstract
Die Überschätzung der Zahlungsbereitschaft in rein hypothetischen Entscheidungssituationen ist ein in der Literatur wohlbekanntes Phänomen. Zur Eliminierung dieser Verzerrung wurden verschiedene Methoden vorgeschlagen, unter anderem der sogenannte Cheap-Talk-Ansatz und das Consequential-Skript. Auf Basis einer Erhebung unter mehr als 6.500 deutschen Haushalten untersucht dieser Beitrag die Effekte dieser Korrektive anhand der bekundeten Präferenzen privater Haushalte für reinen Grünstrom. Nach unseren ökonometrischen Ergebnissen beeinflusst allein Cheap Talk in statistisch signifikanter Weise die Zahlungsbereitschaft für grünen Strom, senkt diese jedoch nur bei jenen Befragten, die sich nicht ganz sicher hinsichtlich ihrer Angaben zur Zahlungsbereitschaft sind. Darüber hinaus zeigen unsere Befragungsergebnisse einen starken Kontrast zwischen der Unterstützung für erneuerbare Energien und der Zahlungsbereitschaft für grünen Strom. So sprechen sich 85,1 % der Antwortenden für die Förderung erneuerbarer Energietechnologien aus, aber nur knapp die Hälfte der Antwortenden ist bereit, für grünen Strom zusätzliche Kosten in Kauf zu nehmen.
Anhang: Auszug aus dem Fragebogen
Die Erhebung der Zahlungsbereitschaften für bestimmte Strommixe begann mit einer kurzen, unten dargestellten Einführung über die verschiedenen Erzeugungstechnologien und das Fragebogendesign inklusive einiger praktischer Beispiele. Daraufhin wurden die Einführungstexte des Cheap-Talks- und des Consequential-Skripts den jeweiligen Gruppen angezeigt und die Abfrage der Zahlungsbereitschaft gestartet. Der Einführungstext sowie die Texte der beiden Skripte sind nachfolgend aufgeführt:
Einführungstext
Strom kann mit Hilfe unterschiedlicher Energieträger und verschiedenen Technologien produziert werden, zum Beispiel in Kohle- oder Erdgaskraftwerken, in Kernkraftwerken oder mit Hilfe erneuerbarer Energietechnologien, wie etwa Photovoltaik-, Wasser- oder Windkraftanlagen. Beispielsweise wäre es möglich, dass ein Haushalt Strom bezieht, der ausschließlich mit den fossilen Energieträgern Kohle, Erdgas und Öl erzeugt wurde. Ein anderes Beispiel wäre, dass sich der Strom, den ein Haushalt bezieht, zu gleichen Teilen aus fossilen Energieträgern, Atomstrom und Strom aus erneuerbaren Energien zusammensetzt.
Wir zeigen Ihnen jetzt mehrere Stromangebote, die sich ausschließlich in dem Mix (Anteilen) an fossilen Energieträgern (Fossil), Atomenergie (Nuklear) und erneuerbaren Energietechnologien (Erneuerbare) unterscheiden, mit dem der Strom hergestellt wurde. Wir möchten Sie bitten, jeweils anzugeben, wie viel Sie persönlich bereit wären, für einen bestimmten Mix maximal zu zahlen. Zu Vergleichszwecken haben wir den Preis für Strom, der ausschließlich mit den fossilen Energieträgern Kohle, Erdgas und Erdöl erzeugt wird, auf 100 Euro pro Monat festgesetzt.
Beispiel: Der Preis für das Vergleichsangebot beträgt 100 Euro pro Monat. Wenn Sie für das Alternativangebot, das wir Ihnen zeigen, maximal 70 Euro zahlen würden, geben Sie bitte den Wert 70 ein. Würden Sie für das Alternativangebot maximal 180 Euro bezahlen, geben Sie bitte den Wert 180 ein. Selbstverständlich sind auch alle anderen Werte möglich.
Zahlungsbereitschaft für verschiedene Strommixe
Nun geht es darum, wie viel Sie bereit sind, für Strom, der mit unterschiedlichen Energieträgern bzw. bestimmten Technologien erzeugt wird, zu bezahlen. Wir nennen dies im Folgenden kurz Ihre Zahlungsbereitschaft.
Cheap Talk (Nur Gruppe 2):
Bei Befragungen wird häufig festgestellt, dass einige Befragten relativ hohe Zahlungsbereitschaften für Umweltgüter, wie etwa saubere Luft, angegeben werden. Vermutlich berücksichtigen die Befragten in diesem Moment nicht, dass sie auf andere Dinge verzichten müssten, wenn sie tatsächlich einen Geldbetrag zu zahlen hätten, den Sie als ihre Zahlungsbereitschaft angeben. Wir möchten Sie daher bitten, im Folgenden möglichst nur einen solchen Geldbetrag anzugeben, den Sie in der Realität tatsächlich zu zahlen bereit wären.
Consequential-Skript (Nur Gruppe 3):
Zunächst eine Frage dazu, ob Sie glauben, dass repräsentative Umfragen (wie diese) Einfluss auf politische Entscheidungen haben. Also konkret: Glauben Sie, dass die Ergebnisse dieser Umfrage Einfluss auf politische Entscheidungen haben?
Ja
Nein
Weiß nicht
Unabhängig davon, wie Sie konkret geantwortet haben, möchten wir Sie bitten anzunehmen, dass diese repräsentative Umfrage Einfluss auf politische Entscheidungen hat. Aus diesem Grund sollten Sie möglichst bei der Angabe Ihrer Zahlungsbereitschaft nur einen solchen Geldbetrag angeben, den Sie in der Realität tatsächlich zu zahlen bereit wären.
Sicherheitsabfrage
Sie haben gerade für verschiedene Angebote angegeben, wie viel Sie maximal bereit wären, dafür zu zahlen – jeweils im Vergleich zu Strom, der ausschließlich mit fossilen Energieträgern erzeugt wird. Was würden Sie sagen, wie sicher sind Sie sich bei Ihren angegebenen Zahlungsbereitschaften?
Sie sind sich bei den von Ihnen angegebenen Zahlungsbereitschaften
Ganz sicher?
Eher sicher?
Weiß nicht
Förderung erneuerbarer Energien
Denken Sie, dass es grundsätzlich richtig ist, erneuerbare Energien zu fördern?
Ja
Nein
Weiß nicht
Zahlungsbereitschaft für erneuerbare Energien
Derzeit wird etwa ein Viertel des Stroms mit Hilfe erneuerbarer Energien produziert. Wie viel sind Sie bereit, für einen solchen Anteil an erneuerbaren Energien in Form der EEG-Umlage (in Cent pro kWh) zu zahlen? (Zur Information: Im Januar 2013 betrug der durchschnittliche Strompreis 28,50 Cent pro kWh)
[Eingabewert zwischen 0 und 1000] Cent pro kWh.
Weiß nicht
Schätzungen für andere Strommixe mit Grünstromanteilen
OLS-Schätzergebnisse für Strommixe mit Grünstrom- und fossilen Anteilen
* zeigt das 5%-Signifikanzniveau an, ** das 1%-Signifikanzniveau
OLS-Schätzergebnisse für Strommixe mit Grünstrom- und nuklearen Anteilen
* zeigt das 5 %-Signifikanzniveau an, ** das 1 %-Signifikanzniveau
OLS-Schätzergebnisse für Strommixe mit Grünstrom-, fossilen und nuklearen Anteilen
* zeigt das 5%-Signifikanzniveau an, ** das 1%-Signifikanzniveau
Danksagung
Für wertvolle Kommentare und Anregungen sind wir Christoph M. Schmidt, Stephan Sommer und zwei anonymen Gutachtern sehr dankbar. Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die finanzielle Unterstützung (Förderkennzeichen 01LA1113A) im Rahmen des Forschungsschwerpunkts Ökonomie des Klimawandels. Diese Arbeit wurde außerdem im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Statistik nichtlinearer dynamischer Prozesse“ (SFB 823) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Projekt A3, „Dynamische Technologie-Modellierung“ unterstützt.
Literatur
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