Markt und Wissenschaft - kritische Betrachtungen zur deutschen Hochschulpolitik
-
Hans Willgerodt
Zusammenfassung
Die deutsche Hochschulpolitik hat in der Zeit des Aufruhrs nach 1968 zunächst mit teilweise verfassungswidrigen Mitteln eine Politisierung der Hochschulen zugelassen und gefördert. Gegen die Folgen ging man während einer Beruhigungsphase mit ständig geänderten Hochschulgesetzen und bürokratischen Eingriffen vor. Gleichzeitig sind die Hochschulen mit einer vervielfachten Zahl an Studierenden überschwemmt worden, ohne daß die Kapazitäten hinreichend ausgedehnt wurden. Inzwischen hat sich eine Wende vollzogen, indem die Hochschulen nur noch als Zweckveranstaltungen für die Berufsbildung und für die Lieferung wirtschaftlich sofort verwertbarer Forschungsergebnisse angesehen werden. In allen drei Phasen richtete und richtet sich die Politik gegen die Professoren und ihre Mitarbeiter, die jetzt bei unveränderter oder herabgesetzter Ausstattung zu höheren Leistungen gezwungen werden sollen.
Die hinter dieser Politik stehenden Irrtümer werden im einzelnen dargestellt. Die Universitäten sind weder unmittelbar politische Gebilde noch mit Vorrang Produktionsstätten für marktfähige Forschungsergebnisse. Ihre indirekte Produktivität über die Entwicklung neuer Methoden und die Grundlagenforschung ist jedenfalls wichtiger. Die Lehre muß nach wie vor so forschungsnah wie möglich sein, wenn sie ihren Zweck erfüllen soll. Die deutsche Hochschulpolitik versucht mit untauglichen Mitteln, die Effizienz der Hochschulen zu steigern und bewirkt das Gegenteil.
Summary
During the so-called student movement after 1968 German governments accepted and promoted the partial transformation of German universities into political organizations. Some of the new regulations proved to be unconstitutional. During a phase of consolidation a continuous flow of ever-changing and contradictory bureaucratic interventions was intended to combat the outcome of the first destabilizing period. At the same time universities with their not sufficiently adapted capacity had to accept heavily growing numbers of students. In the meantime policy-makers changed their mind by stressing now only the economic functions of the universities as professional schools and producers of directly marketable new knowledge. The working conditions of professors and other scientists deteriorated more or less in all three phases, while they were pressed to improve their efficiency.
The errors behind this policy are analyzed in detail: universities are neither political institutions nor firms only selling products on the market. At least much more important is their capacity to develop new methods and to find new basic knowledge. The resulting indirect growth of productivity is the main contribution of the universities also from an economic point of view. Teaching at universities should remain connected with research as far as possible. German policy tries to improve the efficiency of universities by unsuitable methods.
© 2002 by Lucius & Lucius, Stuttgart
Articles in the same Issue
- Titelei
- Vorwort
- Inhalt
- Finanzpolitik für die kommende Generation
- Wirtschaftspolitik im demokratischen Wohlfahrtsstaat - Anatomie einer Krise
- Europäische Geldpolitik: Gefährdungspotentiale - Handlungsmöglichkeiten - Glaubwürdigkeit
- Markt und Wissenschaft - kritische Betrachtungen zur deutschen Hochschulpolitik
- Sozialansprüche, individuelle Eigentumsbildung und Marktsystem
- Funktionen einer Eigentumsordnung
- Unsere Aufgabe. Friedrich A. Lutz (1901 - 1975) zum hundertsten Geburtstag
- Ordnungsdenken - eine geistesgeschichtliche Skizze
- Über den Wettbewerb als allgemeines Aufdeckungs-, Ordnungs- und Erkundungsverfahren
- „Das Wunder der europäischen Musik“ und der Wettbewerb
- Eigennutz als Triebfeder des Wohlstands - die invisible hand im Hörsaal-Experiment sichtbar gemacht
- Der Netzzugang als Blockademittel in der Stromwirtschaft - zugleich ein Diskussionsbeitrag zur Einführung einer staatlichen Regulierungsbehörde in der Elektrizitätswirtschaft
- Insolvenzen in Deutschland: Entwicklung und ordnungspolitische Perspektiven
- Zur staatlichen Förderung von Sport-Großveranstaltungen
- Zum Wandel der japanischen Unternehmensorganisation: Innovationsfähigkeit zwischen Diskontinuität und Stabilität
- Besprechungen
- Kurzbesprechungen
- Namenregister
- Sachregister
- Anschriften der Autoren
Articles in the same Issue
- Titelei
- Vorwort
- Inhalt
- Finanzpolitik für die kommende Generation
- Wirtschaftspolitik im demokratischen Wohlfahrtsstaat - Anatomie einer Krise
- Europäische Geldpolitik: Gefährdungspotentiale - Handlungsmöglichkeiten - Glaubwürdigkeit
- Markt und Wissenschaft - kritische Betrachtungen zur deutschen Hochschulpolitik
- Sozialansprüche, individuelle Eigentumsbildung und Marktsystem
- Funktionen einer Eigentumsordnung
- Unsere Aufgabe. Friedrich A. Lutz (1901 - 1975) zum hundertsten Geburtstag
- Ordnungsdenken - eine geistesgeschichtliche Skizze
- Über den Wettbewerb als allgemeines Aufdeckungs-, Ordnungs- und Erkundungsverfahren
- „Das Wunder der europäischen Musik“ und der Wettbewerb
- Eigennutz als Triebfeder des Wohlstands - die invisible hand im Hörsaal-Experiment sichtbar gemacht
- Der Netzzugang als Blockademittel in der Stromwirtschaft - zugleich ein Diskussionsbeitrag zur Einführung einer staatlichen Regulierungsbehörde in der Elektrizitätswirtschaft
- Insolvenzen in Deutschland: Entwicklung und ordnungspolitische Perspektiven
- Zur staatlichen Förderung von Sport-Großveranstaltungen
- Zum Wandel der japanischen Unternehmensorganisation: Innovationsfähigkeit zwischen Diskontinuität und Stabilität
- Besprechungen
- Kurzbesprechungen
- Namenregister
- Sachregister
- Anschriften der Autoren