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Nietzsches ästhetischer Umgang mit dem Politischen. Ein Versuch zu JGB VIII

  • André Luis Muniz Garcia EMAIL logo
Published/Copyright: December 15, 2022

Abstract

Nietzsche’s Aesthetic Approach to the Political. An Essay on BGE VIII. This article aims to present the aesthetic basis of Nietzsche’s dealings with politics in BGE VIII. In order to fulfill this task, the present text is divided into two parts: in the first part, I discuss how politics appears in BGE VIII as linked to a dispute over the concepts of “Völker” and “Vaterländer.” Understanding the meaning of these concepts requires an analysis of what I call the Nationenfrage. This question characterizes a theoretical effort in Europe to establish an authentic sense of personal and social identity. The contextualization of this theme is decisive for the second part of this article, in which I present Nietzsche’s strategies for carrying forth the debate concerning political phenomena, figures and events, based on purely aesthetic coordinates. The guiding theme will be the political phenomenon of democracy, which Nietzsche approaches both in BGE VIII and GS V. However, my goal is to make clear that Nietzsche’s interest in politics is conditioned by his interest in showing the aesthetic procedure of his philosophizing.

Für Ramiro Correa Jr.

in memoriam

0 Einleitung

Falls Nietzsche tatsächlich eine programmatische Interpretation des Politischen vorschlägt, wie dies in den meisten Studien zum achten Hauptstück von Jenseits von Gut und Böse (1886) suggeriert wird, ist es ratsam, sich vor einer neuerlichen Untersuchung dieses Abschnitts zu fragen, worüber Nietzsche eigentlich spricht, wenn er über Völker und Vaterländer als Vorstellungen des Politischen schreibt.[1] Ich gehe nicht davon aus, dass Nietzsches philosophisches Interesse an den „Völker-und-Vaterländer“-Vorstellungen von einer unpolitischen Agenda geleitet ist, die teils auf einer ironischen oder karikaturistischen, teils auch auf einer psychologischen Auslegung der bedeutenden zeitgenössischen Figuren und Nationen Europas basiert. Sie ist nicht einmal von der Neutralität eines Schriftstellers (wie etwa eines „überpolitischen Denkers“)[2] geprägt, der angeblich unparteiisch gegenüber Patriotismus- und Nationenfragen wäre. Wenn Nietzsche in JGB VIII einer Agenda folgt, so ist sie ästhetisch orientiert.

Die Frage, ob die modernen Gesellschaften einen adäquaten politischen Identifikationsmodus für Individuen ausbilden könnten, verweist auf den Verwendungssinn der Begriffe „Volk“ und „Vaterland“. Ich gehe von der Hypothese aus, dass Nietzsche am Beispiel von JGB VIII nicht einfach eine kritische Durchkreuzung des Politischen vorlegt, wie es im Fall seiner ironischen Perspektivierung der Patriotismus- und Nationenfrage der Fall ist. Stattdessen bietet er eine innovative Alternative zu dieser Debatte und deren Voraussetzungen an. Daher müssen die politischen Vorstellungen zunächst aus dem Bereich heraus verschoben werden, in welchem sie für die vorherrschende politische Tradition selbstverständlich geworden sind. Ganz bewusst deutet Nietzsche an, dass die bedeutendsten politischen Figuren und Phänomene Europas auch durch „Maske, Übung und Kunst“ zu verstehen sind. Dies behauptet er selbst emphatisch in JGB 242 in Bezug auf die Demokratie. Damit denkt er das Politische vorrangig im Sinne von ästhetischen Kunstformen und folgt damit einem bekannten Schema der deutschen Ästhetik, die hier u. a. in der Tradition Goethes steht. Im Rahmen von Nietzsches Goethe-Lektüre bleibt dessen „feine[s] Schweigen“ (JGB 244) über den deutschen Nationalismus keine bloße unpolitische Betrachtung, sondern eine kalkulierte Verweigerung der Nationenfrage – war doch auch Goethes Beteiligung an dieser Debatte ästhetisch motiviert.

Um eine fundierte Vorstellung der Thematik zu leisten, gliedert sich der vorliegende Aufsatz in die folgenden zwei Teile:

  1. Zunächst werden einige der zentralen Voraussetzungen der Völker-und-Vaterländer-Vorstellung bzw. der Nationenfrage in JGB VIII erörtert, wobei Deutschland im Zentrum steht. Unter dem Konzept der Nationenfrage wird dabei eine Art Identitätsanspruch nicht nur im Sinne von politischen und ethnokulturellen Identifikationsmodi verstanden, sondern vor allem im Sinne eines Appells zur Transparentmachung menschlicher Selbstbilder und Selbstverständnisse. Dabei fungieren die Begriffe „Völker“ und „Vaterländer“ als letzte Bezugsgrößen. Diese Fragestellung wird in Deutschland bereits früh diskutiert, wie der Fall von Goethes innovativer Darstellung der Nationenfrage zeigt. Bei ihm findet sich eine kalkulierte Gegenüberstellung jenes Apells, auf den Nietzsche sich wörtlich in MA I 221 und programmatisch in JGB VIII beruft.

  2. Von JGB VIII ausgehend, beschäftigt sich die zweite Hälfte des Aufsatzes mit Nietzsches Polemik gegen das Zeitalter des „nationalen Nervenfiebers“ (JGB 251). Damit ist eine Art Impuls gemeint, das ethisch-politische Selbstbild des Menschen festzustellen. Diese Auseinandersetzung erweist sich als Nietzsches Strategie nicht nur für einen kritischen Blick auf sich selbst, sondern ebenso auf bestimmte Vertreter des deutschen Nationalismus (vor allem Richard Wagner). Sie erscheint auch mehr als eine Strategie gegen den kontroversen Versuch, durch das Politische zu einer authentischen „Ich“– oder „Wir“-Vorstellung zu gelangen. In diesem Kontext zeigt sich schließlich der grundlegende Beitrag Nietzsches zum Thema der Schauspielerei, die er als Kunstform des menschlichen Selbstbildes überhaupt ansieht. Hierbei wird seine auf Kunstkategorien und künstlerische Prozeduren und Prozesse gegründete Auslegung von politischen Figuren und Phänomenen in JGB VIII erläutert. Entscheidend dafür ist seine Umkehrung der Perspektive auf das Zeitalter des „nationalen Nervenfiebers“, welchem er das demokratische Zeitalter mit seiner selbstdarstellerischen, ästhetisch-theatralischen, dramatisch fundierten Auffassung des Politischen gegenüberstellt. Mit Bezug auf das fünfte Buch von Die fröhliche Wissenschaft (1882–87) erfolgt anschließend der Übergang zu Nietzsches Umgang mit der Demokratie-Vorstellung im Sinne einer politischen Theatralik, die von der Perspektive des Rollen- und Masken-Konzeptes als dramatische Kategorien geprägt ist. Damit wird die eigentliche Aufgabe des vorliegenden Aufsatzes konkretisiert, nämlich zu zeigen, dass Nietzsches Besinnung auf Politik auf ästhetischer Reflexivität beruht.

1 Zur „Völker-und-Vaterländer“-Vorstellung im Spannungsfeld des Ästhetischen

Einer der Höhepunkte der spannungsvollen Geistesgeschichte Europas, mit dem Nietzsche sich in JGB VIII beschäftigt, ist die moderne politisch-philosophische Polarisierung der Nationenfrage. Diese ist nicht nur unter ihrem kriegerischen Aspekt, sondern vor allem auch in Hinsicht auf eine feindliche Ausdifferenzierung eines Nationalbewusstseins und von Nationalgefühlen zu betrachten. Diese Haltung richtet sich in Deutschland im 19. bis hin zum frühen 20. Jahrhundert besonders gegen Frankreich. Grob gesagt, schließt sich die politische und kulturelle Selbstbild-Findung in Deutschland ihrer feindlichen Animosität gegen die liberale Stimmung in Frankreich nach der Revolutionszeit an.[3] Interessanter noch ist die Frage, inwieweit die Feindseligkeit Deutschlands eine Art Identitätskrise verbirgt, die durch die strikte Ablehnung „kultureller Mischung“ in der Zeit der napoleonischen Kriege entstand. Auch die Eigendynamik der Polarisierung Frankreich–Deutschland in Bezug auf die Sinngesetzgebung des nationalen Charakters wird in der Art überlagert, dass sich nach und nach eine patriotische, ausschließende Denkweise herauskristallisiert.[4]

Aus diesem Grund ist es an dieser Stelle nötig, eine zentrale begriffliche Unterscheidung vorzunehmen: Einerseits entwickelte sich der deutsche Volksbegriff im Zuge einer ästhetischen Reaktion (der Romantik) zur Bezeichnung für das aktive Subjekt der westlichen Geschichte.[5] Damit ist gemeint, dass „Volk“ nicht einfach nur einen deutschen Ausdruck für die gemeinschaftliche Einheit des Nationalcharakters darstellt, sondern vor allem als Gegensinn konzipiert wird, der aus der akuten Krisenphase der napoleonischen Kulturpolitik entsteht. „Das Volk“ ist also eine kalkulierte Reaktionskategorie gegen das philosophische Wirken und die politischen Erfolge der französischen Idee der nation.[6] In diesem Kontext bekannt geworden ist die Beschreibung Deutschlands von Helmuth Plessner, der die romantisch-inspirierte Konstruktion des Volksbegriffes als eine bloße reaktiv-verzögerte Wirkung bezeichnet hat. Er beschreibt dies als Tat einer „verspätete[n] Nation“.[7]

Die Dynamik dieses Gegensatzes besteht ihrerseits hauptsächlich in einer Sinnunterscheidung zwischen dem Konzept der nation und dem dagegen entwickelten Entwurf des Volkes. Davon abhängig ist das weitere Spektrum von politischen Haltungen und intellektuellen Positionierungen in der Debatte. Entscheidend für die Philosophie und politische Theorie, aber ebenso relevant für die Soziologie und Geschichtsschreibung während des 19. Jahrhunderts, zielt diese Polarisierungslogik auf eine Sinnpolemik ab, wie sich anhand der politisch-kulturellen anstelle einer sprachlichen Dichotomie zeigt. Im Kontext einer bekannten Ausdifferenzierung Friedrich Meineckes, des Begründers der sogenannten Ideengeschichte, ist diese am Anfang des 20. Jahrhunderts noch geläufigerer geworden.[8] Auf die Staatsnation hinweisend beschreibt Meinecke eine Gemeinschaft, welche die Grundlage ihrer Einheit bzw. ihres Nationalgefühls erst in einer nur stricto sensu verstandenen politischen Sphäre erhält. Das heißt, dies ist ein gesetzlich und institutionell fundierter Staat. Das die Definitionselemente der Staatsgrenzen ignorierende Konzept der Kulturnation tendiert seinerseits dazu, auf eine geistige Verwirklichung eines gebildeten, Kulturgüter besitzenden Kreises zuzugreifen, der die symmetrische Integrationskraft von Religion, Sprache und Sitten übernimmt.

Eine zunehmende nationale Selbstbild-Spannung enthüllt, wie tief im Deutschland des 19. Jahrhunderts das Bedürfnis nach einer durchsichtigen Selbstdefinition als Volk verwurzelt war. Dies zeigt sich am deutlichsten am Widerstand Deutschlands gegen das in Frankreich entwickelte Modell der nation.[9]

Trotz politikwissenschaftlicher Argumentationen in diese Richtung lässt sich jedoch nicht behaupten, dass dieser Widerstand der Deutschen gegen die nation während der stürmischen Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert eindeutig war.[10] Dies zeigt sich beispielsweise an der Tendenz, den Kulturbegriff eng mit den nationalistischen Aspekten des deutschen Selbstkonzeptes zu verbinden. Das Ziel war, die politische Ebene des Zusammenlebens (Staat) unter dem Vorrang eines ethnisch-kulturellen begründeten Volkskonzeptes zu subsumieren, was zweifellos einer starken Triebfeder des Nationalmythos – der sogenannten Volksgemeinschaft – entsprach; andererseits ist eine zweite, aber äußerst einflussreiche Tendenz nicht zu übersehen, nämlich die, den Kulturbegriff integral von ethnologischen Elementen zu entgrenzen. Damit ist die Autonomie von nationalistischer Interferenz für eine deutsche Konstruktion und Legitimierung eines ästhetischen Kulturbegriffes gemeint, wie dies etwa die Haltung Friedrich Schillers verdeutlicht. Insofern sind dessen philosophische und ästhetische Schriften dafür mustergültig, da er die oben erwähnte Polarisierung als unfruchtbar auffasst. Davon zeugt z. B. das berühmte Fragment über Deutsche Größe (1801):

Deutsches Reich und deutsche Nation sind zweierlei Dinge. Die Majestät des Deutschen ruhte nie auf dem Haupt seiner Fürsten. Abgesondert von dem Politischen hat der Deutsche sich einen eigenen Wert gegründet, und wenn auch das Imperium untergegangen, so bliebe die deutsche Würde unangefochten.[11]

Schiller verfolgt damit das ambitionierte philosophisch-ästhetische Programm, das Spannungsfeld zwischen Volk (Kultur) und Nation (Politik) durch ein, im Rahmen der Philosophie Kants utopisch geprägtes, Konstrukt aufzuheben. Deutschland wird deshalb als Kulturnation gedacht, welche die unvergängliche geistige Heimat der Deutschen im Sinne eines als Ausbruch der Moderne konzipierten Ideals,[12] nämlich als welthistorisches Heilsbringer-Symbol, konstituiert.[13]

Wenn diese Position Schillers einerseits als übernational oder überstaatlich ausgelegt werden kann, gerade weil sie künstlerische Mittel[14] für die Vergegenständlichung der Kultur voraussetzt, enthält sie andererseits einen bestimmten Ansatz rousseauscher Art (den Verlustschmerz in Bezug auf das Goldene Zeitalter).[15] Eine solche Kulturkonzeption, ausgehend von Schillers Programm der ästhetischen Erziehung des Menschen, stellt den geistigen Raum für die Selbstverwirklichung des Menschen dar, d. h. dessen „Freiheit und Würde“. Schiller ist der Meinung, dass die Mythologie einer „neuen Menschheit“ als Programm eines geschichtlich fundierten menschlichen Ideals konzipiert werden sollte.[16] Er sucht darum in der Kunst die aus dem modernen Zeitbewusstsein herrührende Utopie des menschlichen Ideals und dessen Weltbezuges zu vergegenwärtigen. Daraus folgt die Absicht, die Kunst der Idylle als eine dichterische authentische Praxis, ja mehr noch als Maßstab des Wirklichen und dessen Transformation darzustellen.[17] So denkt Schiller an die Nationenfrage im Rahmen des Versuches, aus der Gegenwart (Moderne) auf die Vergangenheit (Antike) zuzugreifen. Etwas Neues – die Modernität – dürfte also nur aus dieser künstlerischen Perspektivierung der Zeit entstehen. Bei ihm ist in die Zukunft der Idee die geschichtliche Rettung der verlorenen Vergangenheit durch eine Theorie der Idylle gefasst. Dies lässt die Frage nach dem echten (moralischen) Selbstbild des Menschen, besonders in der modernen Konstruktion und Festigung der Identität als Kulturnation, mit einem sentimentalischen Anblick zusammenfallen. Nicht von ungefähr hängt die Art und Weise, wie kulturelle und politische Identifikationsformen in Europa konzipiert werden, davon ab, wie sich das Zeitbewusstsein oder, ästhetisch betrachtet, das Gedächtnis konstituiert.[18]

Volk oder Nation, Kultur oder Staat, moralisches Individuum oder Staatsbürger – alle diese politischen Identifikationsmodi folgen vor allem der idealistisch inspirierten Zeitdiagnose von Schillers Ästhetik, analog zu einer auf die Hoffnung auf eine kommende ästhetische Revolution gegründeten engagierten Kunst-Praxis.[19]

2 Goethes Bruch mit dem Konzept der engagierten Kunst und die Dringlichkeit schierer ästhetischer Reflexivität

Wenn die deutsche Klassik die Synthese ebendieses ästhetischen Umbruchs zusammenfasst, bedeutet dies jedoch nicht, dass Schillers „epochale Reflexivität“[20] der klassizistischen Denkform den entscheidenden theoretischen Impuls geliefert hätte, besonders im Vergleich zu Goethes Kunstauffassung. Den Höhepunkt von Goethes Auseinandersetzung mit der engagierten Kunstpraxis bildet seine Dekompatibilisierung des ästhetisch konzipierten Kulturkonzeptes und des idealistischen Selbstportraits schillerscher Art. Wie Schiller kehrt sich auch Goethe von einer als Nationalstaat und ursprünglich-völkisch konzipierten Gemeinschaft (Preußen als Beispiel) ab, wie er in seinen Distichen der Xenien (1797) deutlich macht: „Deutschland! Aber wo liegt es? Ich weiß das Land nicht zu finden … Wo das gelehrte beginnt, hört das politische auf“ – und hochpolemisch fügt er hinzu: „Zur Nation euch zu bilden, ihr hoffet es, Deutsche, vergebens; Bildet, ihr könnt es, dafür freier zu Menschen euch aus.“[21] Was die Xenien auch für Schiller gewesen sein mögen, gilt keineswegs ipsis litteris für Goethe.

Trotz vergleichbarer Perspektive geht Goethe jedoch über den Nationalpatriotismus und über Schillers moralisch-ästhetisches Ideal der Kultur hinaus. Der Grund besteht darin, dass die (sei es ästhetische oder nicht) „offizielle Rede“ über Politik und Kultur unfähig ist, eine Antwort auf die Frage „Was ist deutsch?“ zu geben. Dies geschieht nicht aufgrund einer vermeintlichen Ohnmacht theoretischer, diskursiver Rekurse, sondern überwiegend deswegen, weil eine dafür notwendige Sprache und Fragestellung völlig fehlen. Goethe betont vor allem, dass in einer Rede der Inbegriff der Stimme eines Redners nie zum Vorschein komme. Daher verweist er auf die Kontingenz, ein authentisches Selbstbild des Menschen zu beanspruchen. Am Beispiel der Kunstauffassung Goethes kommt dem Roman eine zentrale Rolle als höchste Ausdrucksform zu, „die das Versprechen der Identifikationsmöglichkeit mit der fiktiven Gestalt scheinbar am weitestgehenden erfüllen kann.“[22]

Völlig konträr zu dem, was einige Interpreten am Beispiel der unverfälschten sentimentalischen Beschreibung Werthers als dramatische Verwandtschaft mit der Nostalgieästhetik Rousseaus oder mit dem idealistischen Verlustschmerzkonzept Schillers bezeichnen, ist Goethes Roman exemplarisch für eine rigorose und energische Auflösung von Authentifizierungsmotiven. Das geschieht in diesem Sinne, dass es der Sprache, dem menschlichen Kommunikationsmittel, überhaupt unmöglich ist, das echte, durchsichtige menschliche Selbstbild darzustellen.[23]

Wie bereits ausgeführt, findet sich bei Goethe ein genauer Wendepunkt, dessen erste Folge die konkrete Loslösung von der Sprache der Nationenfrage im Sinne der oben erwähnten Logik des Entweder-Oder ist – entweder Kultur (Deutschlands ursprünglich-mythische Fassung des Authentisch-Seins durch den Volksbegriff) oder Politik (politisch-revolutionärer, ethisch-aufklärerischer Nationsbegriff in Frankreich). Der fundamentale Grund dieser Umkehrung liegt vor allem in der ästhetischen Methode Goethes, der zufolge die Kunstformen mit keiner extra-künstlerischen Referenz – mit keiner Gegenstandskategorie[24] – übereinstimmen. Gegenüber idealistisch orientierten ästhetischen Tendenzen hat die Kunst vielmehr die Aufgabe, „durch Schein die Täuschung einer höheren Wirklichkeit zu geben.“[25] Goethe betrachtet die Ästhetik als permanente Reflexion künstlicher Verfahrensweisen. Nicht im ästhetischen Interesse am Wirklichen und Geschichtlichen, sondern eher in einer selbstreferenziellen Artistik bestehe die Verselbständigung der Kunstsprache. Die Schein-Kunstform schafft die ästhetische Täuschung nicht dadurch, dass sie die bloße Zerstörung der eigentlichen repräsentierten Wirklichkeit vollzieht, sondern indem sie die Täuschung primär als Darstellungsform einer höheren Wirklichkeit schafft, d. h. um des der Kunst eigenen Interesses willen. Es ist ein „falsches Bestreben“, fährt Goethe noch in Dichtung und Wahrheit (1811–33) fort, „den Schein solange zu verwirklichen, bis endlich ein gemeines Wirkliches übrig bleibt.“[26]

Goethe konnte die Frage nach dem „natürlichen“, nicht-künstlichen Selbstbild des Menschen überhaupt konterkarieren, da er die Entfremdung der Kunst und deren Entfernung von diskursiven Authentizitätsansprüchen[27] in hohem Grad wahrnahm. Dies kann am Beispiel der Schein-Kunstform konstatiert werden. Vielleicht ist der strategische Einwand Goethes gegen die oben erwähnte Nationenfrage, dessen Relevanz und Erreichen Nietzsche klar berücksichtigt hat, der folgende: Authentisch-sein setzt ausnahmslos einen Appell an naturalistische Sprachformen voraus. Nicht von ungefähr beschäftigt sich Nietzsche damit in dem fundamentalen Abschnitt MA I 221. Das Naturalistische stellt eine Tendenz der Sprachform dar, die sich für die Moderne im Allgemeinen und die deutschen Moderne im Besonderen eigne.[28] Karl Heinz Bohrer folgend handelt es sich hierbei um keine bestimmte Anspielung auf eine literarische Bewegung, „sondern [um] ein Prinzip, die Priorität von Vorstellung wie Natürlichkeit, Unmittelbarkeit und Authentizität, denen Nietzsche Künstlichkeit, Zitat, Schein und Tradition gegenüberstellt.“[29] Als Ausnahme dafür gilt eben für Goethes Werk, dass „alles Natürliche durch ein Künstliches ersetzt worden sei.“

Nietzsche zufolge ist die naturalistische Orientierung moderner Dichtungssprache „durch das Fieber der Revolution entzügelt“ (MA I 221). An derselben Stelle heißt es, dass im Zeitalter der Revolution der Naturalismus als literarische Opposition gegen griechisch-französisch inspirierte Kunstformen den Status einer ästhetisch-engagierten (politischen) Bewegung erlangt habe. Als Beispiel dafür erwähnt Nietzsche das „revolutionäre“ Prinzip des Naturalismus in der deutschen Kunst, das auf dem Gefühl einer definitiven Abkehr von der Vergangenheit (der „Antike“) basiere. Hierin besteht – angesichts von Goethes Kunstverständnis – vielleicht Nietzsches gravierendster Verdacht gegenüber demjenigen, was sich mit Bezug auf die engagierte Kunsttradition eine Manie der Erneuerung nennen ließe; das geht zugleich einher mit einem aus dem Geist der Französischen Revolution entstehenden Anti-ancien-Gefühl. In MA I 221 beruht Nietzsches Kalkül darauf, der in der modernen deutschen Literatur vorherrschenden naturalistischen Tendenz aus dem engagierten Geist der Aufklärung resultierend die Tradition der Klassik (am Beispiel Goethes) entgegenzusetzen. Damit soll die sorgfältige und kontinuierliche Überarbeitung griechisch-französisch inspirierter Kunstformen aufgezeigt werden.

Kein anderer im 19. Jahrhundert hat Goethes Auseinandersetzung mit dem Naturalismus und dessen literarischen Implikationen so tiefgreifend und radikal verstanden und weiterentwickelt wie Nietzsche. Dafür liefert MA I 221 ein eindrückliches Zeugnis ab. In der Bahn einer ästhetischen Revolution poetischer Sprache festgehalten, sei Goethes Artistik-Methode

in Hinsicht auf die Kraft des neuen Zeitalters unerfüllbar […]. Nicht Individuen, sondern mehr oder weniger idealische Masken; keine Wirklichkeit, sondern eine allegorische Allgemeinheit; Zeitcharaktere, Localfarben zum fast Unsichtbaren abgedämpft und mythisch gemacht; das gegenwärtige Empfinden und die Probleme der gegenwärtigen Gesellschaft auf die einfachsten Formen zusammengedrängt, ihrer reizenden, spannenden, pathologischen Eigenschaft entkleidet, in jedem andern als dem artistischen Sinne wirkungslos gemacht (MA I 221).

Die goethesche Revolution der poetischen Sprachform habe die naturalistische Vorstellung des „Individuums“ und der „Gesellschaft“ durch „idealische Masken“ ersetzt. Ebenso sei die Vorstellung der „Wirklichkeit“ durch „allegorische Allgemeinheit“ und des „Zeitcharakters“ durch „Unsichtbares“, durch das Mystische, substituiert worden. Davon ausgehend gibt Nietzsche einer ästhetischen Reflexivität den Vorrang, die, mit Bohrer zu sprechen, „dem Projekt der literarischen Moderne, wie es gemeinhin, nicht zuletzt von deutschen Philosophen, verstanden wurde und wird, nämlich als dynamisch-revolutionäre Progression des politischen Subjekts, auf sublime Art opponiert.“[30] Infolgedessen zeigen die strategische Abweichung des Naturalismus und die Hochschätzung der Künstlichkeit bei Goethe, so Nietzsche in MA II, WS 125, die Sterilität alles politisches Engagements in der Kunst. „Von Goethe, wie angedeutet, sehe ich ab, er gehört in eine höhere Gattung von Litteraturen, als „National-Litteraturen“ sind.“[31]

Der Forschung ist die Zweideutigkeit von Nietzsches Goethe-Bild bekannt.[32] Wie man in den vorangegangenen Absätzen unschwer erkennen kann, besitzt das Goethe-Bild eine fundamentale axiale, verbindende Funktion. Dies ist nicht unbedingt dem Fakt seiner, wenn auch sehr relevanten, Intervention hinsichtlich des oben genannten Entweder-Oder-Dilemmas geschuldet. Seine Ästhetik offenbart sich als eine Gegenstrategie zu den ethnisch-kulturellen und politischen Referenzen im Kontext der Nationenfrage. Der wichtigste Punkt ist hier die Unbeirrbarkeit seiner ästhetischen Reflexion, welche, anders als die Schillers, sich nicht den fremden, extrinsischen theoretischen Absichten der Kunst unterwirft. Deswegen reicht es nicht aus, die Ästhetik als ein theoretisches Feld zu präsentieren, welches der Nationenfrage entgegensteht. Sie ist mehr. Dies ist etwas, das Nietzsche in MA I 221 sehr gut erkannt hat. Daher ist es unbedingt notwendig, die Kunst als ein privilegiertes Gebiet der Interpretationen politischer Ereignisse (im Sinne von „Gesellschaften“, „Individuen“, „lokalen Farben“) abzulehnen. Aus diesem Grund ist es unausweichlich, diese Phänomene von politischen in „ästhetische“ umzuwandeln. Demzufolge ist dies keine ästhetische Interpretation des Politischen, sondern das Politische wird ästhetisch unterfüttert. Daher beabsichtige ich im zweiten Teil dieses Artikels zu zeigen, wie Nietzsche diesen Vorschlag mit allen seinen Konsequenzen in JGB VIII aufnimmt, gleichsam eine tiefe Verbeugung vor Goethe machend.

3 Das politische Geschehen wird künstlerisch: Nietzsches kalkulierte Umdeutung des Politischen in JGB VIII

Wenn Nietzsches Goethe-Rezeption bis in seine frühen Schriften zurückreicht, so kommt eben in dieser Schaffensperiode eine gewisse Ambiguität in Nietzsches Denken in Bezug auf die deutsche Nationalfrage zum Vorschein. Nach Henning Ottmann war das Ziel die Verstärkung eines unversöhnlichen Gegensatzes zwischen staatlicher Politik und Kultur.[33] Es ist hierfür entscheidend, sich die epochale Bedeutung der Auseinandersetzung um das politisches Selbstbild in Europa zu vergegenwärtigen, zu welcher der junge Nietzsche im Fall seiner Bewunderung für Wagner gelangte. Für ihn war Wagner der Prototyp des „Deutschseins“, eine von „fremden“ Elementen französischer Art gereinigte, kulturimperialistische Figur. Die Vorstellung von Wagner als Vertreter „ächter deutscher“ Kunst taucht beispielsweise in Nietzsches Mahnruf an die Deutschen (1873) auf, wobei eine Art von „deutschem Geist“ schlicht mit einem universellen – dem Volk „der höchsten und edelsten Kunst- und Culturkräfte“ – gleichgesetzt wird.[34] Die von Nietzsche erwartete Überwindung der durch Massen- und Nationalpolitik kontaminierten Interessen Wagners wurde dabei spätestens im August 1876 enttäuscht. Nietzsche erkannte die zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele eingeladenen Zuschauer (es war die erste komplette Aufführung des Nibelungenrings) als Angehörige der damaligen europäischen Aristokratie, in welche Wagner große Hoffnungen setzte.[35] Allerdings lässt sich dieses isolierte Manuskript nicht als Beispiel des Ganzen herausgreifen, wäre dies doch eine Vereinfachung von Nietzsches fortwährender Auseinandersetzung mit den Deutschen und – als Deutscher – auch mit sich selbst.

Es sollte zunächst einmal festgestellt werden, dass Nietzsches Forderung nach einem Umdenken in Bezug auf den Ursprung und das Schicksal der deutschen Nationalfrage im Verlauf seines intellektuellen Lebens keineswegs opportunistisch war. Nicht zuletzt, weil seine während aller Schaffensphasen uneingeschränkte und intensive Auseinandersetzung mit dem Deutschsein auch als eine Polemik gegen sich selbst verstanden werden kann. Auch diese selbstbezügliche Umgangsweise Nietzsches mit dem Deutschsein bildet in diesem Zusammenhang einen interessanten Forschungsgegenstand. In den Variationen und Modulierungen von Nietzsches Standpunkten zur Idiosynkrasie der deutschen Nationalfrage der wagnerschen Periode (in seinem Werk zusehends als Auseinandersetzung mit der deutschen Vorstellung eines vermutlich ethnisch-kulturell hochbegründeten Volkskonzeptes)[36] treten zugleich die Grundrisse einer Selbstkritik als Methode der eigenen Schreib- und Denkweise in Erscheinung. Das zeigt sich besonders im Schaffen in seinem Werk im Anschluss an Also sprach Zarathustra (1883–85).[37] Dies entlarvt ferner die tendenziöse Naivität von Fragestellungen, die Nietzsches Positionierung innerhalb der (gegebenen) politischen Debatte zu präzisieren versuchen, wie es in den Veröffentlichungen seit Längerem geschieht – als ob seine Einstellung entweder anti-demokratisch, anti-sozialistisch, anti-kommunistisch oder aristokratisch, bürgerlich oder sogar faschistisch gewesen sei. Darin offenbart sich ein grundlegendes Missverständnis.

Nietzsches Denken präsentiert sich nicht in bloßer Adhäsion an politischer Ideologie. Die Forderung eines bestimmten politischen Engagements setzt vielmehr voraus, dass man erstens die gegebene (dominierende) Grammatik des öffentlich-politischen Spektrums befolgt, und zweitens, dass man zu einem rein-eindeutigen, aufrichtig-transparenten Selbstausdruck als Einzelner fähig ist.[38] JGB VIII stellt programmatisch Nietzsches konkurrierende Alternativen zu dieser Forderung, ihren Implikationen und ihrem Umfang dar. Dies soll die Plausibilität einer Reflexion über Identitätsvorstellungen, die immer noch auf nationales Selbstbewusstsein und epochale Diskussionen angewiesen sind, demonstrieren. Inwiefern diese Strategie dem roten Faden einer ästhetischen Reflexion folgt,[39] soll im Folgenden erörtert werden.

In JGB 251 richtet Nietzsche seine Aufmerksamkeit auf die Nationenfrage, um einzugestehen, „dass auch ich, bei einem kurzen gewagten Aufenthalt auf sehr inficirtem Gebiete, nicht völlig von der Krankheit verschont blieb und mir, wie alle Welt, bereits Gedanken über Dinge zu machen anfieng, die mich nichts angehn: erstes Zeichen der politischen Infektion“ (KSA 5.192 f.). Er plädiert hier eindeutig für eine besondere Art der Selbstkritik: Nietzsche typisiert sich selbst, sich als Deutschen identifizierend, und fügt ein selbstbezügliches Prädikat („krank“) hinzu. Dies soll aufzeigen, dass die „Deutschen von Heute“ ein Volk seien, das „am nationalen Nervenfieber und politischen Ehrgeize leidet, leiden will.[40] Als mögliche Gründe dieses Leidens angesichts des damals herrschenden patriotischen Selbstbewusstseins sind außer ihrer „antifranzösische[n] Dummheit, bald die antijüdische, bald die antipolnische, […] bald die teutonische, bald die preussische“ aufzuzählen. Jedes dieser hier erwähnten Merkmale gibt Anlass, die Abschnittsreihenfolge des achten Hauptstücks um das Thema der Nationenfrage bzw. deren erwarteter Selbstaufhebung einheitlich zu harmonisieren.

Der Wille zum authentischen Selbstbild in Deutschland spielt schon auf die Diskussion an, die JGB 241 in einem „Gespräch von zweien alten „Patrioten““ um das Thema „Größe der Politik“ simuliert. Der eine beginnt schonungslos mit Angriffen gegen den anderen, aus dem „Zeitalter der Massen“ herkommenden Staatsmann, der „sein Volk zum „Politisieren“ überhaupt [verurteilt], während dasselbe bisher Besseres zu thun und zu denken hatte und im Grund seiner Seele einen vorsichtigen Ekel vor […] politisierenden Völker nicht los wurde.“ Diese Inszenierung enthält einen parodistischen Hinweis auf die Regierung des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck,[41] dessen strategischer Fokus die Politisierung der als Masse konzipierten deutschen Bevölkerung mittels rhetorischen und symbolischen Engagements war. Dies wird etwa deutlich am Beispiel des kultischen Lobes von Denkmalbau und Festlichkeiten wie auch der gesellschaftlichen Aneignung des Staatlichen.[42] Vorausgesetzt, dass der erwähnte Staatsmann

die eingeschlafenen Leidenschaften und Begehrlichkeiten seines Volkes auf[stachle], […] ihm aus seiner bisherigen Schüchternheit und Lust am Danebenstehn einen Flecken [mache], […] ihm seine herzlichsten Hänge [entwerte], […] sein Gewissen um[drehe], […] seinen Geist eng [mache], seinen Geschmack „national“, – wie! ein Staatsmann, der dies Alles thäte, den sein Volk in alle Zukunft hinein, falls er es Zukunft hat, abbüssen müsste, ein solcher Staatsmann wäre gross? (JGB 241)

Dies verweist implizit auf Bismarcks Auffassung der sogenannten „großen Politik“. Es handelt sich um ein Projekt mit der Absicht, einen umfassenden Blick auf die Modernisierung Deutschlands – auf seine „Zukunft“ – zu werfen. Diese Frage ist jedoch nicht ohne Weiteres zulässig. Am Ende bestätigt der bisher sich zurückhaltende andere Redner: „„Unzweifelhaft! antwortete ihm der andere alte Patriot heftig: sonst hätte er es nicht gekonnt““, um kurz danach hinzufügen, „„[e]s war toll vielleicht, so etwas zu wollen? Aber vielleicht war alles Grosse im Anfang nur toll!““ Die Ohnmacht der beiden Gesprächspartner, die Größe des Deutschen jenseits der pragmatischen Ebene der Gegenwartspolitik (des „nationalistischen Fiebers“) zu denken, ist die Stelle, an der der Autor – das „ich“ – wieder erscheint: „ich aber, in meinem Glück und Jenseits.“

Nietzsche geht, so gesehen, von einem (selbstkritisch-)deutschen Blick auf die Deutschen aus, um dadurch eine Art Ausgleich für sich bzw. für die Deutschen zu gewinnen, nach welchem „die geistige Verflachung eines Volkes“ durch die „Vertiefung eines anderen“ behoben werden könne (JGB 241). Vollkommen abhängig davon ist Nietzsches Auslegung des Größen- bzw. Nationalbildes: „wie bald über den Starken ein Stärkerer Herr werden wird.“ Damit ist aber nicht ein hochgeschätztes Bild der deutschen Authentizität gemeint. Im Gegenteil: „Größe“ ist als politisch-faktisches Identitätsbild von Deutschland einfach nicht relevant. Um den Übergang von einer ruhmlosen Vergangenheit zu einer vielversprechenden, „großen“ Zukunft besser zu fassen, nimmt Nietzsche in JGB 242 eine Präzisierung vor, um Deutschland an der Schwelle der Moderne besser zu verorten. Die Übergangsmetaphorik vermischt sich hier mit einer Begriffskonstellation, in der Europa „jetzt“ den Sinn seiner Modernität sucht, nämlich in demjenigen, was „nun „Civilisation“ oder „Vermenschlichung“ oder „Fortschritt““ genannt wird. Nietzsche fährt fort, diese Zeichen der Modernisierung besser zu erklären: „nenne man es einfach, ohne zu loben und zu tadeln, mit einer politischen Formel die demokratische Bewegung Europa’s“ (JGB 242). Indirekt klingt in dieser Passage die Reminiszenz an die französische politische Selbstverständigung angesichts der Errungenschaften der Revolutionszeit an, deren Entwicklung, so Nietzsche in JGB 245, von „Rousseau zu Napoleon“ reiche. Der Leser von JGB VIII erwartet womöglich eine bloße Unterschätzung der Demokratie, wie sie in dem Satz zum Vorschein kommt, dass Demokratie der „Prozess einer Anähnlichung der Europäer, ihre wachsende Loslösung von den Bedingungen, […] zunehmende Unabhängigkeit von jedem bestimmten milieu“ (JGB 242) sei.[43] Wie schon oben hervorgehoben, klänge dies nach einer typisch-feindlichen Ansicht, einem bloß anti-französischen, anti-revolutionären Gefühl Nietzsches (als Deutscher). Aber so konzipiert, wäre diese Einstellung einfach „Dummheit“. Unerwartet ist dann Nietzsches plötzliche Neufassung des Konzeptes der Demokratie. Aufgrund ihrer strategischen und entscheidenden Rolle für die „langsame Heraufkunft einer wesentlich übernationalen und nomadischen Art Mensch“ – nämlich den Typus des „werdenden Europäers“ – wird sie neu gefasst (JGB 242). Was wäre dann die Bedeutung der Demokratie dabei? Ein eigentliches, authentisches Ideal des Politischen? Ich sehe das anders.

Nietzsches Satz führt eine Paradoxie ein: Wie könnte aus der Demokratie eine konkrete Alternative zu dem „jetzt noch wüthende[n] Sturm und Drang des „National-Gefühls““ in Europa entspringen, wenn sie zu einem ohnmächtigen Milieu des Politischen führt? Zugestanden wird in JGB 242, dass „der Prozess des werdenden Europäers […] durch grosse Rückfälle im Tempo verzögert“ wird, doch werde er durch diese keineswegs aufgehalten. Dies verdeutlicht, dass Demokratie in JGB VIII eine zweideutige Kategorie darstellt. Mit dem Konzept des Tempos suggeriert Nietzsche dem Leser eine musikalische Auslegung dessen, was gerade als zweideutig identifiziert wurde. Diese Denkform weist vor allem auf die Relevanz hin, das Thema der Nationalidentität in ästhetischen Kategorien nachzuvollziehen. Das würde für Nietzsche eine Reflexion politischer Sphären nach dem Modell künstlerischer Phänomene erlauben.[44] Hierbei gibt es ein klares Merkmal dafür, dass die hermeneutischen Rekurse, die Nietzsche verwendet, um die Musik in der Politik zu verstehen, zur Deutung der Demokratie eingesetzt werden. Deren fundamentale Implikation ist: Demokratie ist tatsächlich interessant für Künstler. Wenn das Verständlichste an der Sprache nicht das Wort selbst wäre, sondern die Musik, dann könnte man das Tempo der politischen Sprache hören.[45]

Die Demokratisierungsbewegung der Gegenwart, welche die Deutschen, so Nietzsche, noch nicht verstanden haben, ließe sich als Prozess der Homogenisierung des Menschen durch die Aufhebung von mannigfaltigen, sich ausdifferenzierenden Situationen,[46] die vor allem als Nivellierung und Vereinheitlichung politischer Vorstellungen auftritt, auffassen. Die drei wichtigsten Merkmale dieses Prozesses werden am Anfang von JGB 242 aufgeführt: Zivilisation als der expansive, verflechtende und massive Globalisierungsprozess europäischer Modelle; Vermenschlichung als die humanitär geprägte Gleichförmigkeit der „geistigen“ Lebensbedingungen; und Fortschritt als Vereinheitlichung der (unter anderem) geschichtlichen Entwicklung des Menschen. Diese Beobachtung impliziert nicht, dass die Pluralität der Situationen eine wirkliche oder ideale Referenz politischer Praxis sei. Das lässt sich in JGB VIII nicht belegen. Die Sprache Nietzsches ist raffinierter: Der Leser benötige „das dritte Ohr“, um zu erkennen, dass „Kunst in jedem guten Satze steckt“ (JGB 246). Damit ist eine gewollte Verstärkung nicht des sensorischen Hören-Könnens gemeint, sondern dessen ästhetischer Kunstform. Auf diese Weise solle man lernen, die Musik der Politik[47] – am Beispiel des demokratischen Tempos – hörend zu verstehen.

Betrachtet man nochmals Nietzsches zweideutigen Umgang mit der Demokratie vor dem Hintergrund dieser Aufforderung, dann wird deutlich, dass die schon erwähnte deutsche Verachtung der Demokratie nicht einfach eine nationalistische Reaktion gegen die politische Praxis der Franzosen, sondern vor allem ein Defizit ästhetischen Vermögens ist. Nietzsches ironische Bemerkung dazu lautet: Der Deutsche habe „seine Ohren dabei in’s Schubfach gelegt“ (JGB 247). In JGB VIII verspottet er die deutschen Musiker, die nicht mehr fähig sind, durch die Ohren zu sehen. Erforderlich sei, die Erscheinungsform der Demokratie als musikalisches Phänomen hörend zu verstehen, aber dazu fehle den Deutschen „das dritte Ohr“.

Der ästhetische Rekurs auf die Verfeinerung des Sprachstils in JGB VIII hängt eng mit Nietzsches Sichtweise der Demokratie zusammen, der zufolge diese nur für Kunst und Künstler interessant bleibe. Trotz ihrer Bemühungen hätten die „Deutschen“, wie das Beispiel der deutschen Musiker der Romantik zeige, den „Übergang Europa’s von Rousseau zu Napoleon und zur Heraufkunft der Demokratie“ völlig missverstanden (JGB 245). Nietzsche seinerseits setzt sich in JGB 242 mit den „wechselnde[n] Bedingungen“ innerhalb der Demokratie auseinander. Er geht von dem fruchtlosen Milieu der Demokratie als epochalem Ereignis über ihre positive Valenz als Kunstfigur hinaus. Er deutet die Demokratie im Sinne einer schauspielhaften Dimension um, also einer Dimension, die es dem „Ausnahme-Mensch[en] der gefährlichsten und anziehendsten Qualität den Ursprung“ gebe. Eine Dissonanz darf hierbei nicht überhört werden: Es geht um eine tiefe Umdeutung der Kultur und Politik Europas, aus einer Gegenströmung – des Sich-bewusst-Werdens der Masse – gegen das Interesse bestimmter Fürstendynastien herkommend, die Demokratie als Kunstkategorie darzustellen. Darin liegt etwas Neues: Die Demokratie hat durch ihre radikale Gegnerschaft gegen das ancien régime viele Erfolge gehabt, und dies „[d]ank der ungeheuren Vielfältigkeit von Übung, Kunst und Maske“ (JGB 242, meine Kursivierung). Aus dieser ästhetischen Perspektive,[48] und eine strategische Distanz zu aller naturalistischen Bildlichkeit einnehmend, erkennt Nietzsche den erhöhenden Takt des demokratischen Tempos. Es ist nämlich die Macht der Demokratie als eine ästhetische Kategorie einer aus altbekannter Topik der westlichen Kunsttradition importierten Politik-Theatralik, nämlich die Schauspielmetapher.[49]

4 Dramatische Bildlichkeit: Schauspielmetaphorik in JGB VIII mit Bezug auf FW V

„Vielfältigkeit von Übung, Kunst und Maske“ – mit dieser Triade macht Nietzsche darauf aufmerksam, dass es ihm keineswegs darum geht, die Demokratie zu beseitigen. Es geht ihm vielmehr darum, auf sie im Sinne ihrer komplexen Konfiguration durch Kunstmittel zuzugreifen, was ebenso ein roter Faden für das Verständnis der Bindung von ästhetischen Kategorien (Musik und Theater) politischen Denkens ist. Nietzsches kalkuliertes zweideutiges Demokratiekonzept setzt also seine Konkretisierung durch Übung und Maske voraus. Damit ist nicht gemeint, dass sich die Kunstfunktion der Demokratie wie eine soziale Rolle, im Sinne einer soziologischen Rollenhermeneutik, theoretisieren lässt. Nietzsche lehnt jeden Zugang zu der durch inszenierende Handlungsweisen ausgeführten Konkretion von Lebensformen ab, also eine Art Zugang zu der durch bewusste Maskenwahl und bewusstes Maskenspiel gebildeten Persönlichkeit der Person. Der Grund dafür liegt meines Erachtens in der Tatsache, dass, sobald eine Person im politischen Spielraum eine Maske trägt, sie immer mehr oder weniger bewusst eine Rolle spielt.[50] Nietzsche konterkariert diese gewöhnliche Denkart, wovon mehrere Abschnitte aus FW V zeugen.[51]

In JGB 242 hatte Nietzsche schon darauf hingewiesen, dass sein Demokratiekonzept eine „zunehmende Unabhängigkeit von jedem bestimmten milieu“ voraussetzt. Das Milieu-Bild seinerseits deutet auf eine Art Determinismus im Sinne des Sich-Gewöhnens, eines aus ständiger Wiederholung und Routine entstehenden sozialen Habitus hin, von dem aus man im Laufe der Zeit das Habituelle mit dem „Natürlichen“ verwechselt.[52] So betrachtet bleibt aus dem Demokratiekonzept ein „künstlicher“ Sinn ausgeschlossen, der jedoch interessant für eine ästhetische Perspektive wäre. Die ambitionierte Loslösung der Demokratie von jedem bestimmten Milieu in JGB 242 gilt vor allem als bedeutendes Beispiel dafür, was daran künstlich bzw. künstlerisch ist. Es ist nämlich die Übung des Sich-Verstellens, des Sich-Darstellens oder, kurz gesagt: die Kunst des Über-eine-Rolle-Verfügens – die Kunst der Maske.[53]

Man könnte auch sagen, wie Nietzsche es in FW 356 tut, dass die mehr oder weniger so zu nennende Bewusstheit des Über-eine-Rolle-Verfügens eine Vernatürlichung des Künstlichen bewirkt. Eine permanente Rollenpraxis im Alltagsleben suggeriert eine Art Gewöhnung der Person an das Sich-Maskieren, insofern sie die Rolle selbst als etwas Authentisches annimmt. Sobald die Rolle „aus der Kunst Natur“ (FW 356) geworden ist, entstehe daraus jedoch der „Charakter“, was keinesfalls dem Maskenkonzept im Sinne Nietzsches entspricht. In FW 356 ist der Charakter kein Gegenkonzept zur Rolle, sondern zunächst nur ein naturalisiertes Rollenkonzept, dessen künstlerische Form sich verloren hat. Charakter ist der Begriff für das Über-eine-Rolle-Verfügen, das zur Gewohnheit geworden ist. Nietzsche zufolge „verwechseln sich“ „fast alle Europäer […] in einem vorgerückteren Alter mit ihrer Rolle.“ Nicht von ungefähr wäre der Charakter noch eine Rolle, aber als etwas Natürliches (genau im Sinne der oben erwähnten Milieu-Abhängigkeit), als ethos der Maskerade konzipiert. Eben daraus entwickelt sich ein wichtiger Ansatz Nietzsches: Es gibt für jede Person ein unveräußerliches Selbstbild, das es auf bestimmte Weise ermöglicht, eine Prägung dessen zu schaffen, was eine Person eigentlich ist. Das Persönliche würde dieser Ansicht nach durch das Bewusstsein bzw. die unvermeidliche alltägliche Erhaltung des Spielens konstituiert, also dessen, was für eine Person als deren Maske gilt. Dies geschieht so, als ob eben das Über-eine-Rolle-Verfügen von einer freien Entscheidung des Menschen abhänge.

So lebt man „in unsrer Uebergangszeit, wo so Vieles aufhört zu zwingen“, fährt Nietzsche in FW 356 fort, soweit der Rollensinn die soziale oder kulturanthropologische Dimension alltäglicher „Lebens-Fürsorge“ erreicht (Nietzsches Beispiel dafür ist das Berufs-Bedürfnis). Dies lässt eben „die Europäer“ zu „Opfer[n] ihres „guten Spiels““ werden. Nietzsches Urteil lautet daher: Die Europäer „selbst haben vergessen, wie sehr Zufall, Laune, Willkür damals über sie verfügt haben.“ Die Inszenierung des Selbstbildes der modernen Arbeitsgesellschaft soll dafür sorgen, Rollen zu dienen, welche die Gesellschaft dem Menschen zumutet. Insofern aber die Gesellschaft als eine Art „Gericht“ gilt, spielt sie bereits eine (vergessene) Rolle, nämlich die Rolle, die alle Personen zur Selbstbeurteilung benötigen.

Nicht als Widerspruch, sondern als Übergewicht des Ästhetischen zum Nachteil des Anthropologischen oder Soziologischen spricht Nietzsche sich für „die umgekehrte[n] Zeitalter“ aus. Sie sind „die eigentlich demokratischen, wo man diesen Glauben mehr und mehr verlernt und ein gewisser kecker Glaube und Gesichtspunkt des Gegentheils in den Vordergrund tritt, jener Athener-Glaube, der in der Epoche des Perikles zuerst bemerkt wird, jener Amerikaner-Glaube von heute, der immer mehr auch Europäer-Glaube werden will“ (FW 356). Just mit dem rhetorischen Bild eines demokratischen Zeitalters führt Nietzsche eine Alternative ein, um die Natur-Kunst-Kategorien über das Rolle-Charakter-Modell hinaus zu denken. In FW 80 vertritt er die Meinung, dass die Griechen der Epoche des Perikles eine performative Dimension der sogenannten Lebensfürsorge zu beanspruchen wussten. Damit ist gemeint, dass bei ihnen die Darstellung menschlicher Dinge anhand einer künstlerischen Haltung verstanden und ausgeübt wurde. Dies geschehe durch ästhetische Kunstformen wie Verse, Redekunst, Lied, Schauspiel (was ganz klar auf die griechische dramatische Formel des Sich-Darstellens (ἐπίδειξις) hinweist) und verwandte „Unnatürlichkeiten“, derer Grund der folgende war: „in der Natur ist ja die Leidenschaft so wortkarg!“ (FW 80)

Mit Bezug auf die Schauspielerei, auf den sogenannten „Athener-Glaube[n]“, der ein „Rollen-Glaube[]“ oder „Artisten-Glaube[]“ ist (FW 356), berührt Nietzsche einen entscheidenden Punkt der Kunsttradition angesichts jener Performance-Metapher. Die Kunstform einer Reflexion, die das politische Zusammenleben in ihren hybriden Beziehungen darstellt, kann nur das Drama sein, dessen „Übung“ eben darin bestehe, in einem als Konfliktstruktur[54] verstandenen Wettstreit die Rollen zu spielen.[55] Daraus entsteht eine ausschlaggebende ästhetische Verfahrensweise.

Aus dem demokratischen Zeitalter herkommend ist dieser kunstbezogene Rollenglaube nichts anderes als der Glaube an die dramatische Kunstform, um den Einzelnen oder das Zusammenleben im agonalen (d. h. politischen) Spielraum so (komisch) oder so (tragisch) darzustellen. Diesbezüglich ist das umgedeutete Rollen- bzw. Maskenkonzept zunächst einmal die Kunstform für ein ästhetisches Verständnis der Dramen-Attitüde, eine künstliche Übung des Selbstbildes im politischen Spielraum. Dieses bereitet die artistischen Bedingungen für eine zuschauerfähige Zugänglichkeit zum sogenannten „demokratischen Zeitalter“ vor, dessen ambitionierte Erscheinungsform bei Nietzsche auch dramatisch präsentiert wird: Er hofft in einer künstlerischen Weise auf eine schauspielerhafte Gesellschaft.[56] So betrachtet, deutet Nietzsche mittels dramatischer Kunstformen die Demokratie um, ebenso wie er in JGB VIII politische und gesellschaftliche Phänomene in Europa ausschließlich durch ästhetische Kategorien und Motive deutet.[57]

5 Das Politische tritt auf die Bühne: Nietzsches höchste Besinnung auf ästhetische Reflexion

JGB VIII widmet sich der Frage nach politischen Phänomenen am Beispiel der Nationenfrage. „Anstelle der supponierten Unterscheidung von Maskierung und Selbst, mithin vom wahren bzw. natürlichen Sein jenseits des rituellen oder kulturellen Scheins“, so Enrico Müller mit Bezug auf Nietzsches Maskenbegriff,[58] wird hierin der eingehende Umgang mit Figuren und Nationen zugunsten ihrer Masken-Darstellungsform erarbeitet. Das ganze kulturell-politische Spektrum in JGB VIII wird als Szenarium entworfen, ähnlich jener (griechisch-römischen) scena-vita- bzw. (barocken) theatrum-mundi-Metaphorik und ihrer fundamentalen Schauspiel-Rhetorik.[59] Dabei soll auch Wagners Musiktheater-Utopie herausgestellt werden, in der die Individuen und Völker sowie Figuren und Gedanken nichts anders als „Bühnen-Attitüden“[60] darstellen.

Davon ausgehend überarbeitet Nietzsche in JGB 251 die Thematik der Nationenfrage bzw. des politischen Selbstbildes im Ganzen:

Das, was heute in Europa „Nation“ genannt wird und eigentlich mehr res facta als nata ist (ja mitunter einer res ficta et picta zum Verwechseln ähnlich sieht –), ist in jedem Falle etwas Werdendes, Junges, Leicht-Verschiebbares […]: diese „Nationen“ sollten sich doch vor jeder hitzköpfigen Concurrenz und Feindseligkeit sorgfältig in Acht nehmen! (JGB 251, KSA 5.194, meine Kursivierung)

Im pragmatischen, bloß politischen Feld der Nationenfrage sind – neben der Hervorhebung künstlerischer Bilder: die Nation als „res ficta et picta“ – Konkurrenz und Feindseligkeit leere Begriffe. Dies sind sie aber auf keinen Fall im Bereich der Kunst. Sobald Konkurrenz und Feindseligkeit der Nationen als agonale Formen dramatischer Attitüden vorausgesetzt sind, ist es vorteilhaft für den Triumph einer Art Vergeistigung der Feindschaft,[61] wie Nietzsche die kommende Völker-und-Vaterländer-Vorstellung Europas in JGB 251 konzipiert.

Um diese vergeistigte Feindschaft zwischen den Völkern Europas besser zu verstehen, legt Nietzsche von Anfang bis Ende des achten Hauptstückes nicht zufällig den Fokus auf den Schauspieler-Typus Wagners. Dieser gilt im Anschluss an die „französische Spät-Romantik der Vierziger Jahre“ als „Meister neuer Sprachmittel“ (JGB 256, KSA 5.202). Die philosophische Strategie in JGB VIII, die Sprache des politischen Spielraumes im Rahmen eines Rekurses auf die Musik (die Tempo-Kategorie) aufzufassen, steht direkt proportional zu Nietzsches subtiler Absicht, den Künstler Wagner als Schauspielermodell der Moderne zu präsentieren. Künstler und Schauspielermodell der Moderne haben ihm zufolge gemein, dass „allesammt Fanatiker des Ausdrucks „um jeden Preis“ […] allesammt grosse Entdecker im Reiche des Erhabenen, auch des Hässlichen und Grässlichen, noch grössere Entdecker im Effekte, in der Schaustellung, in der Kunst der Schauläden“ sind (JGB 256, KSA 5.202).

Wagners Schaustellung der Kunst erscheint in JGB VIII durch seine ambitionierte Vermischung „der Künste und der Sinne“, deren Mittel, aufgrund seines unermüdlichen Verlangens „nach dem Fremden, dem Exotischen, dem Ungeheuren, dem Krummen, dem Sich-Widersprechenden“, die Apotheose des Über-eine-Rolle-Verfügens eingeführt hat (JGB 256, KSA 5.203). Nietzsches bekannte Formel dafür versucht ebenfalls, die widersprechenden Elemente von Wagners façade zu kombinieren: „Wagner gehört als Musiker unter die Maler, als Dichter unter die Musiker, als Künstler überhaupt unter die Schauspieler“ (JGB 256, KSA 5.202). Wagners Schauspielerei, seine Kunst des wechselnden Rollenverhaltens, macht es der Untersuchungsmethode unmöglich, auf das wahrhaftige, natürliche Selbst des Referierenden zuzugreifen. Die Recherche von relevanten Figuren und Gedanken, die Nietzsche im achten Hauptstück betreibt, zielt nicht auf die Charakterisierung von etwas Authentischem bei Personen (oder Völkern), sondern zunächst auf das, was das Maximum ihrer Verstellungskraft, ihres Darstellung-Instinktes konstituiert. Dementsprechend könnten Maskenträger nie treu zu sich selbst sein, in einer echten, nicht-täuschbaren Individualität verbleiben. Somit geht Nietzsche in JGB VIII von der hochproblematischen Frage nach der Selbstverständigung dessen, was das „Ich“– bzw. „Wir“-Bild bedeutet, über zu der Frage nach dem Völker-und-Vaterländer-Bild, wie es in JGB 244 aufgezeigt wird.

JGB 244 beginnt mit der Voraussetzung, dass „tief“ die Selbstauszeichnung der „deutschen Seele“ sei. Dies ist eine intertextuelle Referenz auf Wagners Text Was ist deutsch? (1878) aus den Bayreuther Blättern.[62] Wagners Konzept der Tiefe steht zu dem Nietzsches in diametralem Gegensatz: „Alles, was tief ist, liebt die Maske“ (JGB 40). Es gilt hier nicht zu fragen, inwieweit der Deutsche eigentlich „tief“ sei, was die bloße Idiosynkrasie der Nationalfrage in Deutschland selbst im Ganzen darlege. Interessanter, so Nietzsche, sei vielmehr der Zweifel,

ob man sich ehemals mit jenem Lobe nicht betrogen hat: genug, ob die deutsche Tiefe nicht im Grund etwas Anderes und Schlimmeres ist – und Etwas, das man, Gott sei Dank, mit Erfolg loszuwerden im Begriff steht. Machen wir also den Versuch, über die deutsche Tiefe umzulernen: man hat Nichts dazu nöthig, als ein wenig Vivisektion der deutschen Seele (JGB 244).

Wenn Nietzsche von einem Konzept der deutschen Tiefe ausgeht, dann impliziert er sich dabei selbst als Deutscher, um kurz danach wieder zu fragen, ob sich die Art und Weise der deutschen Fragestellung eben an etwas „Anderes und Schlimmeres“ richte. Das sei etwas, von dem sich die Deutschen besser selbst distanziert hätten. Damit ist gemeint, dass das Konzept der Tiefe als genuines Selbstporträt oder als transparente Selbstbeschreibung gelten könnte. Die selbstbezügliche Kraft dieser Frage wird in rhetorischer Weise mit der Aufgabe Nietzsches verwechselt: „man hat Nichts dazu nöthig, als eine Vivisektion der deutschen Seele“, deren Grund darin bestehe, dass „bei ihnen [den Deutschen] die Frage „was ist deutsch?“ niemals ausstirbt“ (JGB 244).

Es lässt sich anhand von JGB VIII sagen, dass die vorausgesetzte Unvereinbarkeit von Tiefe und Selbstverständigung der Deutschen eine Spezifität der Frage „Was ist deutsch?“ konnotiert. Das Authentisch-Sein des Selbstbildes begreifen zu wollen, ist mit der Vermutung verbunden, dass am Beispiel der deutschen Hochschätzung der Redlichkeit (im Sinne von Wagners „deutscher Treue“) eine angebliche Tugend, treu zu sich selbst zu sein, zum Ausdruck kommt.[63] JGB 244 richtet die Aufmerksamkeit also auf eine relevante Unterscheidung: Die Frage nach der Tiefe setzt dem moralischen Standpunkt über die Konstruktion des deutschen Selbstbildes (als Perpetuierung der Nationalfrage verstanden) einen rein ästhetischen entgegen. Nietzsches Umgang mit der Verstellungskunst stellt eine rhetorisch dramatisierte Sicht des „Ich“ bzw. des „Wir“ als inszenierende Instanz (Rollen) dar.

Die Liebe zur Maske (im Sinne von JGB 40) und die Liebe zum Authentischen schließen sich gegenseitig aus.[64] In der philosophischen Strategie Nietzsches ist diese Unterscheidung hochrelevant, denn sie weist zuerst auf eine Inkongruenz der Frage „Was ist deutsch?“ bzw. des Selbstbildes hin. Es ist ein Hinweis auf ein nicht unschuldiges Übersehen dessen, dass Deutschland „ein Volk der ungeheuerlichsten Mischung und Zusammenrührung von Rassen“ ist. Dem deutschen Volksbegriff setzt Nietzsche neue Entdeckungen gegenüber, deren Resultate zeigen, dass „die deutsche Seele vor Allem vielfach, verschiedenen Ursprungs, mehr zusammen- und übereinandergesetzt [ist], als wirklich gebaut“ (JGB 244).[65] Es ist aber nötig, auch in Betracht zu ziehen, dass das Entscheidende nicht in der Rassenmischungs-Hypothese zu sehen ist: Diese ist illustrativ, keinesfalls jedoch konstitutiv. Es sei gegen den „Nationalitäts-Wahnsinn zwischen d[en] Völker[n] Europa’s“ (JGB 256, KSA 5.201) überhaupt – gesetzt, dass die nationalistische Bewegung keine deutsche Besonderheit ist – und in spezifischer Weise gegen das Nationalideal Deutschlands gerichtet, aus dem Mythos eines rein-ursprünglichen Volksbegriffes herkommend, wie es in JGB 244 durch den emblematischen Fall Fichtes[66] auftaucht. Die Hauptsache ist und bleibt, was für einen Ausgangspunkt die Nationenfrage hat.

Um diese perspektivische Gegenüberstellung weiter zu verstärken, stimmt Nietzsche mit Goethe überein, der „anders über die Deutschen dachte“ (JGB 244). Er sei ein „Deutscher, der sich erdreiste[t] [hat], zu behaupten „zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust!““, womit er „sich an der Wahrheit arg vergreifen [würde], richtiger, hinter der Wahrheit um viele Seelen“ zurückbliebe. Nietzsches Goethe-Bild als Deutscher und Anti-Deutscher zeigt nochmals den selbstbezüglichen Charakter seines Umgangs mit der Frage „Was ist deutsch?“ auf. Insofern ist Deutsch- und Anti-Deutsch-Sein relevant für die artistische Verfahrensweise der „idealischen Masken“ Goethes, auf keinen Fall aber für das Individuum Goethe. Nietzsche dramatisiert nicht nur politische Vorstellungen (wie Demokratie oder Völker und Vaterländer), sondern auch Eigennamen. Die nahegelegte „widersprechende Natur“ Goethes konvergiert in JGB 244 mit der bereits zitierten „widersprechenden Seele der Deutschen“. Der vorläufige Ansatz unternimmt einen nicht auf die Identitätslogik geprägten Rekurs, um „über die deutsche Tiefe umzulernen“. Der bereits kommentierte Verzicht Goethes auf Authentizitätsansprüche durch die Wahl ästhetischer Reflexivität erreicht mit Nietzsches Interpretation der Frage „Was ist deutsch?“ bzw. der Nationenfrage im Ganzen einen Höhepunkt.

Ausschlaggebendes Zeichen dafür ist in JGB VIII Nietzsches Bild von Goethes Napoleon, durch das er die Deutschen, oder die „Tiefe der Deutschen“, besser ausdeuten wollte. Das „Erscheinen Napoleon’s“ deutet in JGB 244 eben auf eine, auf deutschem Boden, übernationale, überdeutsche Wiedergewinnung eines kunstbezogenen Blickes auf Frankreich hin. Ähnlich wie er in FW 362 klarstellt, gilt Nietzsche das Napoleon-Bild, das der Vorstellung „der französischen Revolution, welche auf „Brüderlichkeit“ von Volk zu Volk und allgemeinen blumichten Herzens-Austausch ausgewesen ist“, gegenübersteht, tatsächlich als die ideale Maske des klassischen Krieg-Mensch-Bildes. Es ist ebenso als Maske des „Fortsetzer[s] der Renaissance“ zu verstehen (FW 362).[67] Das zeigt nochmals, dass Nietzsche auf die dramatische Attitüde hinweist, deren Wichtigkeit darin bestehe, ästhetische Formen und Verfahrensweisen für die Kritik an naturalistischen, nicht-künstlichen Vorstellungen politischer Phänomene überhaupt zu offerieren. Das Erscheinen Napoleons wird zu einem epiphanischen Bild, in dem jede dramatische qua ästhetisch-agonale Vorstellung, der bereits erwähnte „artistische Glaube“, auf eine lasterhafte, moralisch verwerfliche Weise betrachtet wird.

Nietzsche figuriert ein Frankreich des „Napoleonischen Tempo[s]“, in dem die „Fähigkeit zu artistischen Leidenschaften“ intensiv erfahren wurde, also ein Frankreich der „alte[n] vielfache[n] moralistische[n] Cultur“, als konkurrierendes, agonales Bild „zu der deutschen Unerfahrenheit und Unschuld in voluptate psychologica“ (JGB 254). Es ist ebenso das Frankreich der „Synthesis des Nordens und Südens“, so Nietzsches atmosphärische Metapher,[68] woraus eine Art Temperament entsteht, in dem „von Zeit zu Zeit das provençalische und ligurische Blut überschäumt.“ Kurz gesagt: Alle diese feindseligen Figuren und Völker, am Beispiel der Deutschen und Franzosen, der Deutschen und Juden (JGB 250 u. 251) sowie der Deutschen und Engländer (JGB 252 u. 253), sind in JGB VIII Völker- und Vaterländer-Vorstellungen, die in einer künstlerischen Instanz (das Dramatische) für- oder gegeneinander in Beziehung stehen. Alle diese vielfältigen Möglichkeiten dienen Nietzsches Strategie, einen konkreten Forschungsweg zu einer übernationalen, überterritorialen und übervaterländischen (nicht aber einer suprapolitischen!) Frage aufzuzeigen, die er sich in den Kategorien traditioneller Politik zu stellen weigert. Nietzsches höchste Besinnung auf die ästhetische Reflexion, wie am Bespiel der aus dem artistischen Glauben kommenden Vorstellungen des „Europäer[s] der Zukunft“ (JGB 256), des „guten Europäer[s]“ (JGB 254) bzw. der „Zukunft Europa’s“ (JGB 251) deutlich wird, hängt grundsätzlich von dieser Denkweise ab – ebenso sein ästhetischer Umgang mit dem Politischen im Ganzen.

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Published Online: 2022-12-15
Published in Print: 2023-10-27

© 2022 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Articles in the same Issue

  1. Titelseiten
  2. Abhandlungen
  3. Im „Wirbel des Seins“. Die Geburt der Geburt der Tragödie aus dem Geiste Friedrich Hebbels
  4. Nietzsche’s Heraclitus: Historical Figure and Personal-Philosophical Archetype
  5. Quid est veritas? Skeptische Implikationen von Ueber Wahrheit und Lüge im aussermoralischen Sinne
  6. „Aelter als die Sprache ist das Nachmachen von Gebärden“. Der Leib als Entstehungsort der Sprache
  7. Antinaturalistische Strategien in Jenseits von Gut und Böse
  8. Hegel and Nietzsche on Self-Judgment, Self-Mastery, and the Right to One’s Life
  9. Affektivität und Hermeneutik der Macht. Ein Kommentar zum Aphorismus 13 der Fröhlichen Wissenschaft
  10. Nietzsches ästhetischer Umgang mit dem Politischen. Ein Versuch zu JGB VIII
  11. Love-Hate and War: Perfectionism and Self-Overcoming in Thus Spoke Zarathustra
  12. Novalis und Nietzsche. Analogien und Differenzen zweier Dichter-Denker
  13. Abhandlung zur Rezeptionsforschung
  14. Die Nietzsche-Rezeption in der deutsch-jüdischen Presse von 1892 bis 1918
  15. Diskussion
  16. Derrida hat Nietzsches Regenschirm verloren. Zu Philipp Felschs Buch Wie Nietzsche aus der Kälte kam
  17. Miszellen
  18. Die Glocken von Sewastopol. Zur ersten musikalischen Komposition Nietzsches
  19. Abhandlungen zur Quellenforschung
  20. On Liberty as a (Re-)Source for Nietzsche: Tracing John Stuart Mill in On the Genealogy of Morality
  21. Welche Bücher Teichmüllers lagen Nietzsche vor? Versuch einer Rekonstruktion
  22. Nachweis zur Quellenforschung
  23. NACHWEIS AUS ALFONS BILHARZ, DER HELIOCENTRISCHE STANDPUNCT DER WELTBETRACHTUNG (1879)
  24. Rezensionen
  25. Heidegger’s Nietzsche, and the Finite Repetition of Difference
  26. Nietzsche on Conflict and Agon
  27. Nietzsche und der lange Flug des „guten Europäers“
Downloaded on 15.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/nietzstu-2021-0046/html
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