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Sonderforschungsbereich (SFB/TRR 167) NeuroMac „Entwicklung, Funktion und Potenzial von myeloischen Zellen im zentralen Nervensystem“

  • Marco Prinz

    Marco Prinz ist Professor für Neuropathologie und Ärztlicher Direktor am Institut für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland.

    Er hat sein Medizinstudium an der Charité, Humboldt-Universität zu Berlin, absolviert und dort auch seinen Doktortitel 1997 erhalten. Er arbeitete danach als Postdoktorand am Max-Delbrück-Zentrum (MDC) für Molekular Medizin Berlin und forschte über die Funktion von Gliazellen im Zentralen Nervensystem (ZNS). Anschließend war er als Assistenzarzt und Postdoktorand am Institut für Neuropathologie am Universitätsspital Zürich, Schweiz, tätig, wo er die Rolle des peripheren und ZNS-spezifischen Immunsystems bei der Pathogenese von neurodegenerativen Erkrankungen untersuchte. 2007 wurde er Facharzt und Privatdozent für Neuropathologie am Universitätsklinikum Göttingen. 2008 erhielt er den Ruf auf eine W3-Professur und wurde Ärztlicher Direktor am Institut für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg, welches er seitdem leitet. Das Labor von Prof. Prinz studiert die Entwicklung von myeloischen Zellen im ZNS, wie Mikroglia, perivaskuläre und meningeale Makrophagen und deren Funktion bei entzündlichen und degenerativen ZNS-Erkrankungen. Sein Labor hat in den letzten Jahren mehrere grundlegende Entdeckungen zur Funktion und Ursprung dieser Zellen gemacht. Prof. Prinz leitete gemeinsam mit Prof. Priller von 2010 – 2016 die DFG-Forschergruppe FOR 1336 „Von Monozyten bis zu Hirnmakrophagen – Einflüsse auf die Eigenschaften myeloider Zellen im Gehirn“, und fungiert seit 2017 als Sprecher des SFB/TRR 167. Er organisierte in den letzten Jahren mehrere Cell und Keystone Symposien zum Thema „Neuroinflammation“.

    Prof. Prinz weist mehr als 200 Originalmanuskripte und Reviews in hochrangigen Journalen auf. Seine Arbeiten wurden vielfach mit Preisen ausgezeichnet, so z. B. mit dem Sobek-Preis und dem Reinhard-Kosselleck-Preis.

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    , Lena Geimer-Breitenstein

    Lena Geimer-Breitenstein ist wissenschaftliche Koordinatorin des SFB/TRR 167 am Institut für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland.

    Sie hat an der Universität Hamburg Physik mit Nebenfach Biophysik studiert und ist nach ihrem Diplom 2008 zur Promotion ans Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme nach Freiburg gewechselt. Dort hat sie die Oberflächen von hocheffizienten Siliziumsolarzellen erforscht. Durch die Beteiligung an einem öffentlich geförderten Kooperationsprojekt mit der Industrie konnte sie sich bereits während der Promotion intensiv mit wissenschaftlicher Projektarbeit auseinandersetzen. Nach ihrer Promotion im Fach Physik an der Universität Konstanz im Jahr 2015 ist sie in den Bereich der Wissenschaftsadministration und des Wissenschaftsmanagements gewechselt. Hierzu war sie zunächst im Bereich der Kapazitätsrechnung der Universität Freiburg in der zentralen Universitätsverwaltung tätig, bevor sie im Jahr 2017 die wissenschaftliche Koordination des SFB/TRR 167 übernahm.

    and Josef Priller

    Josef Priller ist Professor für Neuropsychiatrie und Direktor der Abteilung für Neuropsychiatrie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

    Er studierte Medizin an den Universitäten Bochum, TU München, Université de Lausanne (Schweiz), Georgetown University und Harvard University (USA). Seine Ausbildung zum Facharzt für Neurologie absolvierte er an der Charité in Berlin. Dort habilitierte er sich als Gruppenleiter in der Abteilung für Experimentelle Neurologie im Jahr 2002 zum Thema „Glia und hämatopoetische Zellen im zentralen Nervensystem“. 2004 erhielt er den Ruf auf eine C3-Professur für Psychiatrie verbunden mit der Leitung des Labors für Molekulare Psychiatrie an der Charité. Seine Arbeitsgruppe untersucht die Interaktionen des peripheren Immunsystems mit ortsständigen Immunzellen des Gehirns (Mikroglia, perivaskuäre und meningeale Makrophagen) bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen. Darüber hinaus besteht ein Interesse an regenerativer Medizin, pluripotenten Stammzellen und Narbenbildung im Gehirn. Nach der Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie wurde er 2011 zum stellvertretenden Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie CCM und erhielt 2015 den Ruf auf eine W3-Professur für Neuropsychiatrie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Er ist zudem am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), am Berlin Institute of Health und an der Universität Edinburgh (UK) tätig.

Published/Copyright: January 18, 2018
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Im Januar 2017 etablierte die Deutsche Forschungsgemeinschaft an den Standorten Freiburg, Berlin und Rehovot (Israel) den neuen SFB/TRR 167, kurz „NeuroMac“ genannt. Ziel des SFB/TRR 167 ist es, ein verbessertes Verständnis der Entwicklung und Funktion myeloider Zellen im zentralen Nervensystem (ZNS) zu erlangen, was zukünftig klinische Bedeutung für die verbesserte Behandlung von häufigen ZNS-Erkrankungen wie Alzheimer- Krankheit, Schlaganfall, Multiple Sklerose, Schizophrenie, Autismus und Depressionen haben dürfte.

Sprecher des SFB/TRR 167 ist Prof. Dr. Marco Prinz, Direktor des Instituts für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg. Er führt zusammen mit Vize-Sprecher Prof. Dr. Josef Priller, Direktor der Neuropsychiatrie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, den Vorsitz des SFB/TRR 167. Viele weitere Wissenschaftler unterschiedlichster Fachrichtungen von verschiedenen Instituten und Abteilungen der Universität und des Universitätsklinikums Freiburg, sowie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, des Max-Delbrück- Centrums für Molekulare Medizin in Berlin und des Weizmann Institute of Science in Rehovot (Israel) sind an diesem Forschungsverbund beteiligt.

Myeloide Zellen sind spezialisierte Immunzellen, die entweder als Monozyten im Blut und Knochenmark vorkommen oder als Makrophagen in allen Organen des Körpers, wie Mikrogliazellen, perivaskuläre und meningeale Makrophagen im ZNS. Schon vor über 100 Jahren erkannten Paul Ehrlich und Elie Metchnikoff, dass es spezialisierte mobile Zellen im Körper gibt, die Fremdkörper aufnehmen können, und sie nannten sie „Phagozyten“ oder „Makrophagen“. Unser Wissen über die Bedeutung der Makrophagen im Körper hat seit dieser Zeit dramatisch zugenommen und nicht zu Unrecht stehen diese Zellen jetzt im Fokus der aktuellen Forschung in den Neurowissenschaften und der Immunologie.

Es gibt kaum ein pathologisches Ereignis im ZNS, an welchem myeloide Zellen und damit Teile des angeborenen Immunsystem des Gehirns, nicht beteiligt sind. Das Gehirn enthält verschiedene Typen myeloider Zellen, darunter Mikroglia, perivaskuläre Zellen, Meningealmakrophagen, dendritische Zellen und krankheitsbedingt eingewanderte Monozyten des Blutes (Abbildung 1). Erst in jüngster Zeit ist deutlich geworden, dass den residenten myeloiden Zellen auch im gesunden Gehirn eine zentrale Bedeutung, z. B. bei der Entstehung und Aufrechterhaltung neuronaler Netzwerke im Erwachsenenalter, zukommt. Störungen dieser hoch komplexen Prozesse zwischen Mikrogliazellen und Neuronen werden heutzutage mit vielen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen in Verbindung gebracht und sind bisher nur in Ansätzen verstanden.

Der SFB/TRR 167 hat sich folgende Zielstellungen gesetzt:

  1. Ein wichtiges Ziel ist es, die Funktion und die Entwicklung myeloider Zellen besser zu verstehen. Dabei sollen sowohl allgemeine als auch zelltypspezifische molekulare Mechanismen der Entwicklung von verschiedenen myeloiden Zelltypen im Gehirn untersucht werden.

  2. In einem weiteren Schritt wird der Einfluss myeloider Zellen auf Erkrankungen des ZNS erforscht. Hierfür werden die myeloiden Zellen auf zellulärer Ebene und später anhand von Krankheitsmodellen untersucht. Dabei sollen die Mechanismen in myeloiden Zellen identifiziert werden, welche für die Pathogenese und die Regeneration von degenerativen und entzündlichen ZNS-Krankheiten eine Rolle spielen.

  3. Im letzten Schritt soll das therapeutische Potenzial myeloider Zellen erforscht werden. Hierfür werden neuen Therapien, basierend auf genetischen Modifikationen myeloider Zellen, für Erkrankungen des ZNS anhand von präklinischen Modellen getestet.

Relevanz des Themas

Im gesunden ZNS gibt es verschiedene nicht-neuronale Zelltypen (Abbildung 1), die den myeloiden Zellen und dem allgemeinen Monozyten-Makrophagen-System des Körpers zugeordnet werden.

Abb. 1: Lokalisation von myeloiden Zellen im zentralen Nervensystem (ZNS). Im gesunden ZNS finden sich mehrere Typen myeolider Zellen an strategisch wichtigen Orten der Immunüberwachung. Im Parenchym sind es die Mikrogliazellen (a) die, in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Nervenzellen sitzend, ständig mit ihren Fortsätzen ihre Umgebung abtasten. Ihre entwicklungsgeschichtlich eng verbundenen Verwandten sind Makrophagen um die Blutgefäße, sogenannte perivaskuläre Makrophagen (b) und die in den weichen Hirnhäuten liegenden meningealen Makrophagen (c). Die sich dort befindenden Makrophagen können von außen eindringende Infektionen bekämpfen, wohingegen die perivaskulären Makrophagen bei Gefäßwachstum und -schädigungen eine entscheidende Rolle spielen. In den oben dargestellten Blutgefäßen gibt es spezielle Subtypen weißer Blutzellen, sogenannte Monozyten (d), welche bei Erkrankungen in das Gehirn oder Rückenmark gelangen und dort bei der Krankheitsmodulation wichtige Funktionen haben. Deren Vorläufer sind die im Knochenmark lokalisierten myeloischen Stammzellen (e), die sehr langlebig sind.
Abb. 1:

Lokalisation von myeloiden Zellen im zentralen Nervensystem (ZNS). Im gesunden ZNS finden sich mehrere Typen myeolider Zellen an strategisch wichtigen Orten der Immunüberwachung. Im Parenchym sind es die Mikrogliazellen (a) die, in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Nervenzellen sitzend, ständig mit ihren Fortsätzen ihre Umgebung abtasten. Ihre entwicklungsgeschichtlich eng verbundenen Verwandten sind Makrophagen um die Blutgefäße, sogenannte perivaskuläre Makrophagen (b) und die in den weichen Hirnhäuten liegenden meningealen Makrophagen (c). Die sich dort befindenden Makrophagen können von außen eindringende Infektionen bekämpfen, wohingegen die perivaskulären Makrophagen bei Gefäßwachstum und -schädigungen eine entscheidende Rolle spielen. In den oben dargestellten Blutgefäßen gibt es spezielle Subtypen weißer Blutzellen, sogenannte Monozyten (d), welche bei Erkrankungen in das Gehirn oder Rückenmark gelangen und dort bei der Krankheitsmodulation wichtige Funktionen haben. Deren Vorläufer sind die im Knochenmark lokalisierten myeloischen Stammzellen (e), die sehr langlebig sind.

Eine Unterscheidung der einzelnen myeloiden Zelltypen erfolgt nach ihrer Lokalisation, ihrer Morphologie, den genetischen Profilen, Oberflächenmarkern und ihrer Funktion. Die innerhalb des neuralen Gewebes lokalisierten Mikrogliazellen machen dabei den größten Anteil der myeloiden Zellen des ZNS aus. Sie sind verzweigte Zellen mit Fortsätzen, die einen Durchmesser von 30 – 50 µm erreichen können. Die perivaskulären Makrophagen dagegen befinden sich in den perivaskulären Räumen außerhalb des Hirngewebes. Sie sind typischerweise schlanke, langgestreckte Zellen mit breiten, kurzen Fortsätzen. Die perivaskulären Makrophagen unterscheiden sich damit in der Lokalisation und dem Aussehen klar von den residenten Mikroglia. Die meningealen Makrophagen hingegen bestehen aus großen abgerundeten Zellen, die integrale Bestandteil der Hirnhäute sind. Damit befinden auch sie sich außerhalb des Hirngewebes.

In den letzten Jahren wurden viele faszinierende Entdeckungen auf dem Gebiet der Hirnmakrophagen im ZNS gemacht. Dabei wurden die vielfältigen Rollen dieser Zellen bei der Gehirnentwicklung, bei Alterungsprozessen und Erkrankungen des Gehirns besser verstanden. Neuere Arbeiten konnten zeigen, dass die hirneigenen myeloiden Zellen, die das Immunsystem des ZNS darstellen, entscheidende Modulatoren von Veränderungen ihrer Umgebung sind und auf diese Veränderungen innerhalb von wenigen Minuten reagieren können (Prinz und Priller, 2014). Zahlreiche genomweite Assoziationsstudien haben kürzlich bei tausenden Patienten mit Morbus Alzheimer, Multipler Sklerose und anderen Krankheiten zahlreiche Genvarianten, sogenannte SNPs, identifiziert, die für Mikrogliazellen und anderen Makrophagenpopulationen im ZNS eine besondere Rolle spielen. Es liegt die Vermutung nahe, dass diese Genvariationen in myeloiden Zellen entscheidend zur Krankheitsentstehung beitragen. Weitere spannende Einsichten in die Funktionen ortsständiger Hirnmakrophagen hat eine Gruppe autosomal dominanter oder rezessiver neurodegenerativer und entzündlicher ZNS-Erkrankungen erbracht, die alle Mutationen in Genen myeloider Zellen aufweisen, wie z. B. autosomal dominante Mutationen im CSF1-Rezeptorgen (Rademakers et al., 2012) oder in dem Deubiqutitinierungsenzym USP18 (Meuwissen et al., 2016). Diese Erkrankungen können als „Mikrogliopathien“ betrachtet werden, da ZNS-Makrophagen mit diesen Genmutationen Krankheiten hervorrufen (Prinz und Priller, 2014). Diese neuen, völlig unerwarteten Erkenntnisse haben zu einem Paradigmenwechsel für das Verständnis zahlreicher neurodegenerativer und psychiatrischer Erkrankungen geführt und lassen auf neue therapeutische Ansätze hoffen.

Außerdem wurde kürzlich herausgefunden, dass die im Gewebe des ZNS residenten Mikroglia eine zentrale Funktion bei der Aufrechthaltung der Gewebehomöostase und bei der Verschaltung und dem Aufbau neuronaler Netze währen der Gehirnentwicklung haben. Es wird daher vermutet, dass Störungen dieser Mikroglia-Neuron-Interaktionen im sich entwickelnden Gehirn eine wichtige Rolle bei der Entstehung neuropsychiatrischer Krankheiten spielen könnten (Prinz und Priller, 2014). Die genauen Mechanismen, welche die sehr diversen Funktionen myeloischer Zellen im gesunden und erkrankten Gehirn erklären, sind allerdings bei Weitem noch nicht verstanden.

Kürzlich konnte weiterhin gezeigt werden, dass im gesunden Zustand auch im Erwachsenengehirn alle ortsansässigen Makrophagenpopulationen, d. h. sowohl die Mikrogliazellen als auch die perivaskulären und meningealen Makrophagen, einen gemeinsamen Ursprung im Dottersack haben, während der embryonalen Entwicklungsphase des Gehirns entstehen und sehr langlebig sind (Goldmann et al., 2016). Bislang hatte man hingegen vermutet, dass alle Makrophagen außer den Mikrogliazellen aus kurzlebigen Blutzellen abstammen. Welche Rolle die einzelnen ortsansässigen Makrophagenpopulationen im gesunden Gehirn im Detail haben und wie ihre genaue Entwicklung verläuft, soll unter anderem zukünftig im SFB/TRR 167 erforscht werden.

Abb. 2: Funktionelle und methodische Ansätze zur Bearbeitung der Zielstellungen im SFB/TRR167. Um die Rolle von myeloischen Zellen im sich entwickelnden, gesunden adulten und kranken ZNS besser verstehen zu können, verfolgt der SFB/TRR167 verschiedenste methodische Ansätze, welche von molekularen Analysen auf Einzelzellebene bis hin zu Krankheitsmodellen und Analysen in Patienten gehen.
Abb. 2:

Funktionelle und methodische Ansätze zur Bearbeitung der Zielstellungen im SFB/TRR167. Um die Rolle von myeloischen Zellen im sich entwickelnden, gesunden adulten und kranken ZNS besser verstehen zu können, verfolgt der SFB/TRR167 verschiedenste methodische Ansätze, welche von molekularen Analysen auf Einzelzellebene bis hin zu Krankheitsmodellen und Analysen in Patienten gehen.

Trotz dieser klaren anatomischen Unterscheidung zwischen Mikroglia und anderen ZNS-Makrophagen gibt es Gemeinsamkeiten, die sie von den im Blut zirkulierenden myeloischen Zellen unterscheidet. Im Krankheitsfall und bei Verletzungen des Gehirns kann sich die Blut-Hirn-Schranke öffnen. Dadurch können zirkulierende Monozyten, spezialisierte weiße Blutzellen, Zugang zum Gehirn bekommen (Prinz und Priller, 2017). Diese werden für gewöhnlich im Knochenmark gebildet und stellen auf Grund ihrer zügigen Produktion die schnellen Effektorzellen des Immunsystems dar. Die sich aus den Monozyten entwickelnden Makrophagen sind jedoch recht kurzlebig, unterscheiden sich in ihrer Funktion von Mikrogliazellen und anderen ortsständigen Makrophagen und sterben in der Reparationsphase des ZNS wieder ab.

Die Erforschung der funktionellen Rolle von Gehirnmakrophagen und insbesondere von Mikrogliazellen bei neurodegenerativen Erkrankungen, entzündlichen Erkrankungen, vaskulären Störungen und psychischen Erkrankungen befindet sich erst am Anfang. Auf Grundlage der neuen Erkenntnisse über Hirnmakrophagen im gesunden ZNS soll ein Hauptaugenmerk in der zukünftigen Forschungsarbeit des SFB/TRR 167 auf den myeloischen Zellen bei Erkrankungen des Gehirns liegen.

Bislang war die Forschung im Bereich der myeloiden Zellen durch technische Limitierungen jedoch begrenzt. Innovative und völlig neue Techniken im Bereich der hochauflösenden Mikroskopie, der genetischen Markierungen, der Hochdurchsatzsequenzierungen auf Einzellzellebene und der Epigenetik versprechen daher völlig neue Impulse für die Erforschung myeloider Zellen in den nächsten Jahren. In der von der DFG geförderten Forschergruppe FOR1336 mit den Koordinatoren Prof. Marco Prinz und Prof. Josef Priller, die von 2010-2015 erfolgreich arbeiten konnte, wurde ein Teil dieser neuen Techniken etabliert. Diese neuen Methoden konnten unter anderem dazu verwendet werden, den Ursprung und die Entwicklung myeloider Zellen im zentralen Nervensystem detaillierter zu untersuchen. Im Rahmen dieser Forschergruppe konnten z. B. die Mikrogliavorläuferzellen im Dottersack gefunden und charakterisiert werden (Kierdorf et al., 2013). Weiterhin konnte innerhalb der FOR1336 von der Arbeitsgruppe von Prof. Jung, Rehovot, eine neue Cre-transgene Mauslinie für Mikrogliazellen, die Cx3cr1CreER – Linie, etabliert werden (Yona et al., 2013; Goldmann et al., 2013). Ferner konnten im Rahmen der FOR1336 erstmals Daten zum Transkriptom und Epigenom von Mikrogliazellen im adulten ZNS etabliert werden (Lavin et al., 2014). Es gelang auch, den Ursprung der meningealen und perivaskulären Makrophagen des zentralen Nervensystems neu zu definieren (Goldmann et al., 2016). Diese erfolgreichen Arbeiten in der FOR1336 lieferten äußerst wichtige Grundlagen für die zukünftigen Studien, welche im SFB/TRR167 „NeuroMac“ nun im größeren Rahmen fortgesetzt und erweitert werden. Dabei sollen auch neue Felder erschlossen werden, um die Funktion myeloider Zellen im Nervensystem während der Hirnentwicklung, Homöostase und bei Erkrankungen zu untersuchen. Insbesondere sollen im SFB/TRR167 die neuen Erkenntnisse aus den Tiermodellen zukünftig auch auf den Menschen übertragen werden. Deshalb werden im Forschungsverbund „NeuroMac“ eine Vielzahl an neurologischen, psychiatrischen und immunologischen Funktionsstörungen untersucht. Dazu gehören insbesondere der Schlaganfall, Multiple Sklerose, Meningitis, Alzheimer-Krankheit, Huntington-Krankheit, Adipositas und Graft-Versus-Host-Reaktion (Transplantationsabstoßungen).

Disziplinen, die im SFB/TRR 167 repräsentiert sind

Die Forschungsgebiete, welche im SFB/TRR 167 vertreten sind, reichen von der Neurologie, Neuropathologie, Psychiatrie bis hin zur Augenheilkunde, der Inneren Medizin und der Kardiologie. Neben den medizinischen Teildisziplinen finden sich Biologen, Immunologen, molekulare Mediziner, Biochemiker, Pharmazeuten und molekulare Biologen unter den verantwortlichen Wissenschaftlern. Der transdisziplinäre Ansatz des SFB/TRR 167 zeigt sich auch in der engen Kooperation zwischen institutioneller Forschung, Vorklinik und Klinik.

Erwartete Erträge und Zukunftsperspektiven

Von den neuen Einblicken in die Welt der myeloiden Zellen im ZNS erhoffen sich die Forscher des SFB/TRR 167 wichtige Impulse für die Behandlung von ZNS-Erkrankungen. Wenn die praktischen Probleme gelöst werden können, könnten myeloide Zellen aus dem Dottersack, Knochenmark oder Blut gezielt als schützende oder therapeutische Maßnahme im ZNS eingesetzt werden. Zahlreiche neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Funktion von Makrophagen im Gehirn haben unser Verständnis der Pathogenese zahlreicher neurodegenerativer und psychiatrischer Erkrankungen grundlegend verändert. Die Rolle von Makrophagen bei Hirnerkrankungen soll im Rahmen des SFB/TRR167 „NeuroMac“ besser charakterisiert werden und schließlich therapeutisch genutzt werden.

About the authors

Marco Prinz

Marco Prinz ist Professor für Neuropathologie und Ärztlicher Direktor am Institut für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland.

Er hat sein Medizinstudium an der Charité, Humboldt-Universität zu Berlin, absolviert und dort auch seinen Doktortitel 1997 erhalten. Er arbeitete danach als Postdoktorand am Max-Delbrück-Zentrum (MDC) für Molekular Medizin Berlin und forschte über die Funktion von Gliazellen im Zentralen Nervensystem (ZNS). Anschließend war er als Assistenzarzt und Postdoktorand am Institut für Neuropathologie am Universitätsspital Zürich, Schweiz, tätig, wo er die Rolle des peripheren und ZNS-spezifischen Immunsystems bei der Pathogenese von neurodegenerativen Erkrankungen untersuchte. 2007 wurde er Facharzt und Privatdozent für Neuropathologie am Universitätsklinikum Göttingen. 2008 erhielt er den Ruf auf eine W3-Professur und wurde Ärztlicher Direktor am Institut für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg, welches er seitdem leitet. Das Labor von Prof. Prinz studiert die Entwicklung von myeloischen Zellen im ZNS, wie Mikroglia, perivaskuläre und meningeale Makrophagen und deren Funktion bei entzündlichen und degenerativen ZNS-Erkrankungen. Sein Labor hat in den letzten Jahren mehrere grundlegende Entdeckungen zur Funktion und Ursprung dieser Zellen gemacht. Prof. Prinz leitete gemeinsam mit Prof. Priller von 2010 – 2016 die DFG-Forschergruppe FOR 1336 „Von Monozyten bis zu Hirnmakrophagen – Einflüsse auf die Eigenschaften myeloider Zellen im Gehirn“, und fungiert seit 2017 als Sprecher des SFB/TRR 167. Er organisierte in den letzten Jahren mehrere Cell und Keystone Symposien zum Thema „Neuroinflammation“.

Prof. Prinz weist mehr als 200 Originalmanuskripte und Reviews in hochrangigen Journalen auf. Seine Arbeiten wurden vielfach mit Preisen ausgezeichnet, so z. B. mit dem Sobek-Preis und dem Reinhard-Kosselleck-Preis.

Lena Geimer-Breitenstein

Lena Geimer-Breitenstein ist wissenschaftliche Koordinatorin des SFB/TRR 167 am Institut für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland.

Sie hat an der Universität Hamburg Physik mit Nebenfach Biophysik studiert und ist nach ihrem Diplom 2008 zur Promotion ans Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme nach Freiburg gewechselt. Dort hat sie die Oberflächen von hocheffizienten Siliziumsolarzellen erforscht. Durch die Beteiligung an einem öffentlich geförderten Kooperationsprojekt mit der Industrie konnte sie sich bereits während der Promotion intensiv mit wissenschaftlicher Projektarbeit auseinandersetzen. Nach ihrer Promotion im Fach Physik an der Universität Konstanz im Jahr 2015 ist sie in den Bereich der Wissenschaftsadministration und des Wissenschaftsmanagements gewechselt. Hierzu war sie zunächst im Bereich der Kapazitätsrechnung der Universität Freiburg in der zentralen Universitätsverwaltung tätig, bevor sie im Jahr 2017 die wissenschaftliche Koordination des SFB/TRR 167 übernahm.

Josef Priller

Josef Priller ist Professor für Neuropsychiatrie und Direktor der Abteilung für Neuropsychiatrie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Er studierte Medizin an den Universitäten Bochum, TU München, Université de Lausanne (Schweiz), Georgetown University und Harvard University (USA). Seine Ausbildung zum Facharzt für Neurologie absolvierte er an der Charité in Berlin. Dort habilitierte er sich als Gruppenleiter in der Abteilung für Experimentelle Neurologie im Jahr 2002 zum Thema „Glia und hämatopoetische Zellen im zentralen Nervensystem“. 2004 erhielt er den Ruf auf eine C3-Professur für Psychiatrie verbunden mit der Leitung des Labors für Molekulare Psychiatrie an der Charité. Seine Arbeitsgruppe untersucht die Interaktionen des peripheren Immunsystems mit ortsständigen Immunzellen des Gehirns (Mikroglia, perivaskuäre und meningeale Makrophagen) bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen. Darüber hinaus besteht ein Interesse an regenerativer Medizin, pluripotenten Stammzellen und Narbenbildung im Gehirn. Nach der Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie wurde er 2011 zum stellvertretenden Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie CCM und erhielt 2015 den Ruf auf eine W3-Professur für Neuropsychiatrie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Er ist zudem am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), am Berlin Institute of Health und an der Universität Edinburgh (UK) tätig.

Literatur

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Rademakers, R. et al. (2012). Mutations in the colony stimulating factor 1 receptor (CSF1R) gene cause hereditary diffuse leukoencephalopathy with spheroids. Nat. Genet. 44, 200–205.10.1038/ng.1027Search in Google Scholar PubMed PubMed Central

Meuwissen, M. E. et al. (2016). Human USP18 deficiency underlies type 1 interferonopathy leading to severe pseudo-TORCH syndrome. J. Exp. Med. 213, 1163–1174.10.1084/jem.20151529Search in Google Scholar PubMed PubMed Central

Goldmann, T. et al. (2016). Origin, fate and dynamics of macrophages at central nervous system interfaces. Nat. Immunol. 17, 797–805.10.1038/ni.3423Search in Google Scholar PubMed PubMed Central

Prinz, M. and Priller, J. (2017). The role of peripheral immune cells in the CNS in steady state and disease. Nat. Neurosci. 20, 136–144.10.1038/nn.4475Search in Google Scholar PubMed

Kierdorf, K. et al. (2013). Microglia emerge from erythromyeloid precursors via Pu.1- and Irf8-dependent pathways. Nat. Neurosci. 16, 273–280.10.1038/nn.3318Search in Google Scholar PubMed

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Published Online: 2018-1-18
Published in Print: 2018-2-23

© 2017 by De Gruyter

Downloaded on 5.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/nf-2017-0023/html
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