Zusammenfassung
Ausgehend von der Annahme, dass unser Zugang zur Welt auch und ganz wesentlich über Bilder vermittelt wird, fragt der vorliegende Beitrag, auf welche Weise mediale Visualisierungen von Kriminalität durch Kriminalitäts- und Sicherheitsdiskurse geprägt sind bzw. diese prägen. Er geht dieser Frage am Beispiel des Wohnungseinbruchsdiebstahls nach und greift dabei auf die dokumentarische Bildanalyse nach Bohnsack zurück, die einen sozialwissenschaftlichen Zugriff auf die spezifischen, sich visuell vermittelnden Sinnstrukturen eröffnet. Vorgeführt wird die exemplarische Analyse eines prominenten Titelbildes des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel« zum Thema, deren Befunde im zweiten Schritt mit den kriminologischen Erkenntnissen zum Phänomen kontrastiert werden. Im Ergebnis zeigt sich, dass ein methodischer Ansatz, der Bilder als Analysegegenstand in ihrer Eigenlogik ernst nimmt, auch in der kriminologischen Forschung Potenzial entfalten kann.
Abstract
Starting from the assumption that our understanding of the world is significantly conveyed through pictures, this paper addresses the question how discourses on crime and security influence its portrayal in media visualizations and vice versa. Using domestic burglary as an example, we examine this question by drawing on the documentary interpretation of pictures developed by Bohnsack, a method that enables social scientific access to the intrinsic meaning of pictures and how this meaning is communicated. An exemplary analysis of the cover design of the news magazine »Der Spiegel« is presented on the subject. In a second step, the findings of this analysis are contrasted with criminological findings on the subject. Results reveal that utilizing the inner logic of pictures could provide a powerful methodical approach for criminological research.
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