Die Neue Altstadt Band:1 Die Entstehung und Band:2 Das Quartier Matthias Alexander.- Frankfurt: Societäts-Verlag, 2018. 448 Seiten, Taschenbuch. ISBN 978-3955423070, 50,00 EuroDie immer neue Altstadt. Bauen zwischen Dom und Römer seit 1900 Philipp Sturm und Peter Cachola Schmal (Hrsg.).- Berlin: Jovis Verlag, 2018. 368 Seiten, 250 Abb., Hardcover. ISBN 978-3-86859-501-7, 58,00 Euro
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Alexander Matthias Die Neue Altstadt Band:1 Die Entstehung und Band:2 Das Quartier 2018 Societäts-Verlag Frankfurt 978-3955423070 50,00 Euro
Sturm Philipp Schmal Peter Cachola Die immer neue Altstadt. Bauen zwischen Dom und Römer seit 1900 2018 Jovis Verlag Berlin 978-3-86859-501-7 58,00 Euro


„Brutalismus“ – das sagt Ihnen noch was? Jene Bauepoche zwischen 1960 und den frühen 1980er Jahren, die sich durch den Einsatz großer Mengen Sicht- oder eben rohen Betons (frz. béton brut) auszeichnete und vielen Zeitgenossen das Gefühl vermittelte, dass die im Bunker durchzitterten Bombennächte des vergangenen Weltkriegs in einer Endlosschleife wieder- und wiederkehrten.
Einst als Aufbruch in der Architektur gefeiert, tun wir uns heute mit den zahlreichen Relikten dieser Periode sehr schwer − auch die sich in jüngster Vergangenheit häufenden Ausstellungen (z. B. SOS Brutalismus − 2017/2018 im DAM Deutschen Architekturmuseum Frankfurt am Main gezeigt) oder Symposien zum Brutalismus können an dieser Einschätzung bislang nur wenig ändern.
In diesem Zusammenhang soll auch das Diktum des Psychoanalytikers Alexander Mitscherlich über die „Unwirtlichkeit der Städte“ (vgl. auch Beitrag Günter Micks in der rezensierten Festschrift) nicht unerwähnt bleiben. In den betongewordenen Trabantenstädten der 60er und 70er Jahre, uniform und gesichtslos, werde den Bewohnern auch noch die letzte Chance genommen, sich nach den Erlebnissen der Jahre 1933–1945 zu autonomen, kommunikativen und sich für das demokratische Gemeinwesen engagierenden Menschen zu entwickeln.
Eigentlich erstaunlich, denn Mitscherlich begab sich hier auf ein Terrain, das sich ihm als Gründer und Leiter des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt am Main nicht unbedingt aufdrängen musste.
Dennoch hat gerade Frankfurt am Main, dessen neue alte Stadtmitte uns im Verlauf näher interessieren soll, auch im Jahre 2019 noch einen ganzen Park an brutalistischen Gebäuden, gar kompletten Stadtteilen aufzuweisen. Von der Zentrale der Bundesbank im Stadtteil Bockenheim (1967–1972 von ABB Otto Apel, Hannsgeorg Beckert und Gilbert Becker entworfen) über das Union Investment-Hochhaus in der Wilhelm-Leuschner-Straße (1974–1977) bis hin zur Nordweststadt, konzipiert vom Stadtplaner Hans Kampffmeyer und von den Architekten Walter Schwagenscheidt und Tassilo Sittmann 1962–1968 umgesetzt, lassen sich maßgebliche Relikte der Brutalismus-Periode bestaunen.
Weitere Ikonen des brachialen, rechtwinkligen Bauens leben jedoch nur noch in Büchern, Katalogen oder auf Fotografien fort, darunter das Historische Museum am Römerberg/Saalgasse − und das Technische Rathaus − einst auf dem hier einschlägigen Areal zwischen Römerberg und Domplatz gelegen, Anschrift: Braubachstraße 15. In nur zwei Jahren Bauzeit (1972–1974) nach Plänen der Architektengemeinschaft Bartsch, Thürwächter, Weber errichtet, konzentrierte es bis zum Jahre 2009 die technischen Ämter der Stadt Frankfurt am Main auf einer Grundfläche von rd. 7.000 Quadratmetern.
Von Anbeginn hielt sich die Zahl der unvoreingenommenen Fans des Technischen Rathauses in Grenzen. Nachdem der genannte Siegerentwurf von 1963 sechs Jahre später nochmals revidiert und an den inzwischen deutlich gewachsenen Raumbedarf bei der Nutzung des künftigen Verwaltungsgebäudes adaptiert in die Umsetzung ging − nunmehr mit dem gleichzeitig stattfindenden Bau der Altstadtstrecke der U-Bahn synchronisiert − sammelte die Bürgerinitiative „Freunde Frankfurts“ mehr als 20.000 Unterschriften gegen den Neubau. Befeuert wurde der damalige Protest auch durch den notwendigen Abriss von sechs Gebäuden entlang der Braubachstraße, darunter mit der Hausnummer 21 ein dreigeschossiges Fachwerkhaus aus dem 16. Jahrhundert.

Technisches Rathaus, Frankfurt am Main. (Foto: Jutta Hoffmann © Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main)
Und spätestens hier setzt der aktuelle Beitrag zur Geschichte der Nachnutzung des Areals des Technischen Rathauses von Matthias Alexander ein, Ressortleiter der Rhein-Main-Zeitung der FAZ, promovierter Historiker und Autor zahlreicher Bücher über Frankfurter Bauten, nun der Herausgeber der Festschrift: „Die Neue Altstadt“ in zwei Bänden: Band 1 „Die Entstehung“ und Band 2 „Das Quartier“. Erschienen in der 1. Auflage im Mai 2018 im Frankfurter Societätsverlag, seit November 2018 in der 2. Auflage vorliegend, um deren Besprechung es im Folgenden − neben der ergänzenden des Ausstellungskatalogs des DAM „Die immer neue Altstadt − Bauen zwischen Dom und Römer seit 1900“ − hauptsächlich gehen soll.
In seinem Vorwort zu Band 1 hebt der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann auf die kontroverse Diskussion innerhalb der Stadtgesellschaft im Vorfeld des Projekts „Neue Frankfurter Altstadt“ ab. Traditionalisten und Modernisten, wenn man so verkürzend verfahren will, standen sich als Folge unterschiedlicher Rezeption der Ergebnisse eines 2004 initiierten städtebaulichen Ideenwettbewerbs zur Bebauung des nach dem Abriss des Technischen Rathauses freiwerdenden Areals (S. 8) unversöhnlich gegenüber.
Der siegreiche Entwurf des Architektenbüros KSP Engel und Zimmermann − ein durchaus zeitgenössisch-kühner Plan mit flachen Dächern − fiel in der Rezeption der Stadtgesellschaft mehrheitlich durch.
Gleichzeitig erscholl „(d)er Ruf nach Rekonstruktionen historischer Altstadthäuser (...) immer lauter.“ (ebda.)
Gerade noch rechtzeitig wurde nun auch von kommunalpolitischer Seite ein Diskussionsprozess initiiert, der die unterschiedlichen Standpunkte innerhalb der Frankfurter Bevölkerung aufnahm. So generierte im Herbst 2006 eine bürgeroffene „Planungswerkstatt“ Ergebnisse, die 2007 in eine modifizierte Planung der Stadtverordnetenversammlung einfloss. 2009 entstand so die Dom-Römer GmbH, die mit ihrem Geschäftsführer Michael Guntersdorf von städtischer Seite mit der „Entwicklung und Bebauung des Areals“ (ebda.) betraut wurde.
Unterstützt durch die fachlichen Beiträge eines Expertengremiums, des sog. Gestaltungsbeirates, verabschiedete der Magistrat eine Gestaltungssatzung für den nunmehr verfolgten Plan, Teile der ehemaligen Frankfurter Altstadt wiederaufzubauen. Rasch nahm auch unter ehemaligen Kritikern, zu denen neben dem Direktor des Deutschen Architekturmuseums, Peter Cachola Schmal, auch Peter Feldmann selbst gehörte, die Einsicht zu, dass große Teile der Frankfurter Bevölkerung nicht lediglich eine Art „Disneyland“ an Stelle des Technischen Rathauses sehen wollten, also eine kitschige Form von „Stadtkosmetik“, sondern stattdessen ein nachhaltiges Narrativ bedient haben wollten, das an ihr „tiefes Bedürfnis (...) nach einer ‚Frankfurter Identität‘“ (ebda.) anknüpfte.
Seit Ende September 2018 können nun Einheimische und Gäste das Ergebnis der Planungen besichtigen: fünfzehn „schöpferische Nachbauten“, die im originalen Maßstab auf ihren jeweiligen Parzellen das Bild der Frankfurter „Kernaltstadt“ (S. 17) an genau diesem Ort um das Jahr 1720 bekunden, also dem Stand des Wiederaufbaus nach dem großen „Christenbrand“ von 1719, der rund 400 Häuser der nordwestlichen Altstadt zerstörte. Ergänzend dazu fügen sich zwanzig Neubauten in ihrer Originalität und Passgenauigkeit bündig in das Gesamtensemble ein − sowie das sog. Stadthaus, ein Veranstaltungsort, der eine Fuge hin zum östlichen Abschluss mit dem Domplatz bildet.
Allerdings darf man sich dieses neu entstandene Ensemble nicht als „fotorealistischen Schnappschuss“ eines bestimmten Tages im besagten Jahr 1720 vorstellen (so dies technisch zu jener Zeit bereits möglich gewesen wäre). Vielmehr ist es ein Amalgam der verschiedensten Quellen, darunter Beschreibungen aus der Goethezeit, Stiche der Altstadt, zeitgenössische Aquarelle und Gemälde, jüngere Foto- und Filmaufnahmen, plastische Modelle der Altstadt und nicht zuletzt 3D-Computermodelle, die in ihrer Gesamtheit eine sehr anschauliche Ausgangsbasis für die jetzige Bebauung bildeten. Am ehesten vermögen viele alteingesessene Frankfurter diesen Teil der Kernaltstadt in ihrer Erinnerung mit den Jahren vor der Zerstörung der Altstadt im Herbst 1943 und v. a. März 1944 verbinden − zumindest was die „schöpferischen Neubauten“ anbelangt. Zur Bedeutung der einzelnen Quellen werden wir noch konkrete Einschätzungen, u. a. von Björn Wissenbach, lesen können.
Das jetzige Areal der Neuen Altstadt war bereits seit vor- und frühgeschichtlicher Zeit besiedelt. Auch die Römer nutzten es seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert zur Errichtung eines Militärstützpunktes (vgl. Beitrag „Die Keimzelle Frankfurts. Die Entwicklung der Altstadt bis 1944“ von Evelyn Brockhoff, Direktorin des Instituts für Stadtgeschichte der Stadt Frankfurt am Main, S. 23). Siedlungsreste zeugen von der intensiven Nutzung des Areals von der Zeit der Völkerwanderungen und der ersten schriftlichen Erwähnung − Franconofurd − 794, als die von Westen her eingewanderten Franken hier einen Königshof etablierten, über das Hochmittelalter, als der Stauferkaiser Friedrich II. im Jahr 1227 die Frankfurter Messe unter Schutz stellte, bis in die Zeit der Renaissance, von deren Handwerkskunst und Opulenz die „schöpferisch nachempfundenen“ Bauten des Patrizier- bzw. Messehofes „Klein Nürnberg“ (Hinter dem Lämmchen 8) wie auch die „Goldene Waage“ des Glaubensflüchtlings Abraham van Hamel, am Beginn des ursprünglichen Krönungsweges gegenüber dem Dom gelegen, zeugen. Letztgenanntem Bauwerk dürfte nach Einschätzung zahlreicher Experten der Geschichte der Frankfurter Altstadt wohl noch am ehesten das Prädikat „Rekonstruktion“ zukommen.
Auch sollten wir uns die städtebauliche Entwicklung des vormaligen Kernaltstadt-Ensembles nicht als ruhigen, kontinuierlich verlaufenden Prozess vorstellen: „Eine Konstante in der ganzen Altstadt war der permanente Wandel: Häuser wurden abgerissen, neu erbaut, umgebaut und dem wechselnden Zeitgeschmack angepasst. (...) Diese unablässige Bautätigkeit ist der Grund dafür, dass die meisten rekonstruierten Bauten kein mittelalterliches Erscheinungsbild, sondern Formen von der Renaissance bis zum Klassizismus zeigen. Da man die Fachwerkbauweise mit ihren überkragenden Geschossen beibehielt, blieb die grundsätzliche Anmutung der Altstadt jedoch bestehen“ (ebda., S. 37).
Aber nicht zuletzt diese „Überkragung“ der Geschosse führte im Laufe der Zeit in Verbindung mit der „nachlassenden Bautätigkeit im Bestand“ (ebda, S. 39) zu einer regelrechten Verslumung der Altstadt. Das Messegeschäft verlor an den jahrhundertealten Rivalen Leipzig. Bank- und Kreditgeschäfte wurden längst außerhalb der Altstadt getätigt und die Gasthöfe waren inzwischen weitgehend an der Zeil etabliert. Immobilieninvestments kamen denn auch zunehmend anderen Teilen der Stadt zugute − sei es das Sachsenhäuser Mainufer oder den nach ihrer Schleifung in den Jahren 1804–1812 entstehenden Wallanlagen. Noch heute erinnern Straßennamen wie Eschenheimer Anlage, Untermainanlage oder Gallusanlage an diese Epoche. Weitere städtebauliche Entwicklungen verstärkten und beschleunigten den Niedergang der „gotischen“ Altstadt.
Im frühen 20. Jahrhundert war die Kernaltstadt endgültig ein „Sanierungsfall (...) (d)ie hygienischen und sanitären Verhältnisse galten als nicht mehr hinnehmbar, ein Drittel der Kinder litt an Tuberkulose“ (ebda. S. 44). 1922 gründete Fried Lübbecke den „Bund tätiger Altstadtfreunde“, der sich sowohl für den Schutz der Altstadt als auch für die Verbesserung der Wohnverhältnisse einsetzte und durch aktives Spendeneintreiben sowie die Mobilisierung der Hauseigentümer erreichte, dass sowohl einzelne Altstadthäuser als auch ganze Ensembles renoviert und saniert werden konnten − inklusive Freilegens von Fachwerk und neuen Fassadenanstrichen.
Gerade jedoch diese äußerlich-ästhetischen Maßnahmen stießen beim neuen Stadtbaurat Ernst May, seit 1925 im Amt, auf Gegenwehr und Ablehnung. 1926 entwarf der Maler und Grafiker Hans Leistikow in diesem Kontext eine sehr eingeschränkte Farbpalette für die Außengestaltung der Altstadthäuser, die von einem hellen, gedeckten Gelb in Kombination mit Grau dominiert war.
Ziel des „Neuen Bauen“ Ernst Mays und seiner am damals noch jungen Bauhaus-Stil orientierten Mitstreiter war denn auch nicht die Sanierung der räumlich begrenzten Altstadt, sondern das Bauen im großen Stil − Trabantenstädte an den damaligen Stadträndern Frankfurts. So wurden in den Jahren 1925–1930 immerhin rund 12.000 Wohnungen fertiggestellt − nur gestoppt von der städtischen Finanzlage im Zuge der Weltwirtschaftskrise.
Nach der sog. „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten fanden ab 1935 weitere Sanierungs- und Abrissarbeiten in der Altstadt unter dem Slogan „Altstadtgesundung“ statt. Allerdings mit der verdeckten Agenda, von den Nazis als „asozial“ diffamierte „Geringverdiener und Fürsorgeempfänger“ (ebda. S. 45) aus ihren angestammten Quartieren zu vertreiben. Das Ende der historischen Kernaltstadt besiegelten dann drei große Luftangriffswellen der britischen und amerikanischen Alliierten, die am 4. Oktober 1943 sowie am 18. und 22. März 1944 die komplette Frankfurter Altstadt in Schutt und Asche legten. Ergänzend und zusammenfassend hierzu auch die Übersicht in Teil VII. der Festschrift „Chronik der Altstadt“.
Der bereits angesprochene Konflikt zwischen „Traditionalisten und Modernisten“ trat jedoch nicht erst im Zuge der aktuellen Planungen zur Neugestaltung der Frankfurter Altstadt zutage, sondern zeigte sich bereits direkt nach Kriegsende, als die Frage des Wiederaufbaus Frankfurts im Zentrum der kommunalpolitischen Diskussionen stand.
Einige der ehemaligen Mitarbeiter Ernst Mays − oder doch zumindest Unterstützer dessen Baustils − wie Werner Hebebrand, Eugen Blanck oder auch Herbert Boehm forderten „eine moderne Planungspolitik“, wie Günter Mick, Ressortvorgänger Matthias Alexanders in der FAZ in seinem Festschriftartikel „Traditionalisten gegen Modernisten. Gestaltungsmächte des Wiederaufbaus“ betont. Ausgelöst wurde diese Diskussion bereits im Frühjahr 1947, als es um die grundsätzliche Frage ging, ob das im Krieg ebenfalls zerstörte Geburtshaus Johann Wolfgang v. Goethes im Großen Hirschgraben (historisch getreu) wieder aufgebaut werden sollte. Zusammenführend lassen sich die Argumente der genannten Modernisten vielleicht am ehesten als Versuch einer „Geschichtsklitterung“ beschreiben. Dennoch wogen die Argumente der „Traditionalisten“ in diesem konkreten Falle schwerer und wurden durch die nationale wie internationale Unterstützung verdienter Zeitgenossen wie Alfred Weber oder Hermann Hesse, Literaturnobelpreisträger von 1946 und Träger des Goethepreises der Stadt Frankfurt (vgl. Günter Mick, S. 50) nachhaltig unterstützt. Vielleicht wurde das Vorhaben aber auch durch die parallele Projektierung des Wiederaufbaus der Frankfurter Paulskirche als Sitz des ersten deutschen Parlaments befördert, die zur Hundertjahrfeier dessen erstmaligen Zusammentretens 1948 eingeweiht werden konnte.
Doch zurück zu den Planungen der − vermeintlichen bis unvermeidlichen − „Modernisten“. In seinem Beitrag „Städtebauliche Grundlegung für ein neues Frankfurt“ (in: Max Kurz (Hrsg.), Frankfurt baut auf. Bauherr-Architekt-Baugewerbe berichten über Planung und Ausführung der Aufbaujahre 1948–1953, AWAG Allgemeine Werbe Agentur und Verlag Max Kurz KG, Stuttgart, 1953, S. 7–14) setzt sich Herbert Boehm, in der Nachfolge Werner Hebebrands bis 1954 Frankfurter Baudirektor und Leiter des Stadtplanungsamts, durchaus für einen (Wieder-)Aufbau der Altstadt ein; „(...) diese Altstadt soll nun wieder das Herzstück der Stadt werden, also nicht ‚Hirn‘ und ‚Börse‘, die an anderer Stelle ihr tonangebendes Sonderrecht haben und behalten sollen: Herzstück in dem Sinne, daß um die verbliebenen historischen Zeugen einer glorreichen Vergangenheit (...) sich wieder die Bauten des kulturellen Gemeinschaftslebens scharen sollen“ (ebda. S. 11).
Boehm wird jedoch − wenn auch eher zwischen den Zeilen − konkreter: „Nur eine solche Aufgabenstellung wird es erlauben, den Zeugen alter Baukultur im Maßstab und Artung der neuen, in ihrer Architektonik natürlich nur als Ausdruck unserer Zeit zu denkenden neuen Bauten den Respekt zu erweisen, den sie verlangen können und den − auch unter Aufopferung einer denkbaren vervielfachten Bodenrente − ihnen zu erweisen die Stadtvertretung in schöner Einmütigkeit sich entschlossen hat“ (ebda.). Fast mag dabei in Vergessenheit geraten, dass bereits ein 1950 ausgelobter Wettbewerb um die Neugestaltung des Altstadtareals vermeintlichen „Sehnsüchte(n) einer falschen Romantik“ eine klare Absage erteilte. Als „bewusst(es)“ und „gewaltsam(es) Ignorieren der „historische(n) Signatur der Altstadt“ kritisiert Günter Mick den Geist dieses ausgelobten Wettbewerbs wie der gesamten Stadtplanung.
Einstweilen fristete das ehemalige Altstadtgelände ein trauriges Dasein − in seiner Nutzung changierend zwischen riesigem Parkplatz und Volksfestgelände. Hans Kampffmeyer, von 1956–1972 Frankfurter Planungsdezernent, initiierte 1962/63 den „Dom-Römer-Wettbewerb“ (Günter Mick, a. a. O., S. 55). Die Zielrichtung dieses Anstoßes für die neue Nutzung des Areals der historischen Altstadt war jedoch weiterhin sehr typisch für diese Phase der Nachkriegszeit: Ausstellungsmöglichkeiten, „zentrale(.) Volksbücherei, Jugendmusikschule, Kleinkunstbühne, Künstlerateliers, Läden, Gaststätten“ (ebda., S. 55–56). Fortschrittlich im Geiste demokratischer Partizipation − in einer technokratischen, vielleicht auch über’s Ziel hinausschießenden Attitüde. Als Wettbewerbssieger ging das bereits oben erwähnte Büro Bartsch, Thürwächter, Weber hervor. Eine der zentralen Vorgaben Hans Kampffmeyers für die Ausschreibung war nämlich die Integration eines Gebäudekomplexes, der als Technisches Rathaus die entsprechenden Ämter der Stadt dort konzentrieren sollte. Die bald darauf deutschlandweit einsetzende Rezession verhinderte jedoch die rasche Umsetzung dieser Pläne.
Und so zeigt uns diese Zeitreise rund um das Werden, Vergehen und Wiedererstehen der gotischen Frankfurter Altstadt − mit wichtigen Zwischenetappen, wie die postmodern restaurierte Ostzeile des Römerbergs, von vielen als Mischung aus Disneyland und Hexenhäuschen verspottet − dass nicht zuletzt Betrachtungsweise, Zeitgeist und vielleicht auch der Wunsch nach Harmonie und Sicherheit, in Bevölkerung, handelnder Politik und bei den Experten höchst variabel sind und zuletzt den Wiederaufbau der Neuen Frankfurter Altstadt ermöglichten, ohne jedoch direkt vergleichbare Fehler wie z. B. in Dresden begangen zu haben.
Wer sich dabei für eine sehr detaillierte und kenntnisreiche Schilderung der jüngsten Entwicklungen und Entscheidungen vor dem eigentlichen Wiederaufbau-Beschluss interessiert, dem sei der zentrale Festschrift-Beitrag von Herausgeber Matthias Alexander ans Herz gelegt, „Eine Art Bürgerbegehren. Willensbildung in Stadtgesellschaft und Kommunalpolitik vom städtebaulichen Ideenwettbewerb bis zum Baubeginn“ (S. 69–96).
Im dritten Teil des ersten Bandes vertieft dann Michael Guntersdorf, der Geschäftsführer der für die Bauentscheidung, -planung und -durchführung gegründeten Dom-Römer GmbH, diese Betrachtungsweise. Aus der Perspektive eines maßgeblichen Insiders werden nicht zuletzt die mikropolitischen Entscheidungswege skizziert, in deren unerwarteten Verästelungen sich der geneigte Beobachter sonst schnell einmal verlieren könnte. „Von Bauherren und Beratern. Entscheidungsfindung im Umfeld der Dom-Römer-Gesellschaft“ (a. a. O. S. 99–107).
Björn Wissenbach, Architekturhistoriker, Mitglied des Gestaltungsbeirats für das Dom-Römer-Areal und „Stadtforscher“, wie ihn die Frankfurter Rundschau in einem Beitrag adelte, nimmt in seinem Beitrag „Ein großes Informationspuzzle. Quellen zur Neuen Altstadt“ (a. a. O., S. 108–119) die schwierige Suche nach identitätsstiftenden Quellengattungen in den Blick. Für Wissenbach dabei unverzichtbar:
„Spolien“, ursprünglich Beutestücke, heute allgemeiner bezeichnet als „Überrest(e) eines nicht mehr vorhandenen Gebäudes“ (ebda. S. 109)
Historische Fotografien
„Frühe Stadtansichten“
Kataster- sowie Be- und Entwässerungspläne
„Skizzen, Handaufmaße(.) und Notizen der Brüder Treuner“, die „zwischen 1926 und 1961 ein Modell der Altstadt innerhalb der städtischen Mauer im Maßstab 1:200 hergestellt haben“ (ebda. S. 115)
„Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main“ – in fünf Bänden zwischen 1896 und 1902 erschienen (ebda.)
Ergänzend zum „analogen“ Altstadtmodell der Gebrüder Treuner entwarf der Aschaffenburger Geograph Jörg Ott in achtjähriger Fleißarbeit im März 2006 aus „alten Plänen, Fotos und Skizzen“ sowie anknüpfend an die umfangreichen Vorarbeiten des „junge(n) Offenbacher Bauingenieur(s) Dominik Mangelmann für seine Diplomarbeit an der Fachhochschule Mainz“ 2005 (DAM-Ausstellungskatalog S. 130; ergänzend „Ein Offenbacher als Ideengeber“: https://www.fr.de/frankfurt/fdp-org26312/offenbacher-ideengeber-10984068.html [3.6.2019].), ein dreidimensionales digitales Altstadtmodell, das weit über das Areal der wieder erbauten Neuen Altstadt hinausreicht (https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=2923&_ffmpar%5B_id_inhalt%5D=8052794&template=nav_spez_ohne_nav [3.6.2019]).
„100 begehbare Straßen, rund ein Quadratkilometer Fläche, insgesamt 1700 Gebäude, die man zum Teil betreten kann. Dazu 125 Videos, in denen Ott eine Geschichte erzählt. Mit der Zeit entwickelt der virtuelle Spaziergänger eine Ahnung davon, welch Charme zur Zeit der Eltern und Großeltern von dem mittelalterlichen Zentrum ausgegangen sein könnte.“ Otts virtuelles Altstadtmodell ist größer als alles bisher Bekannte. Selbst das Modell der Treuner-Brüder aus dem Historischen Museum zeigt nicht die Bebauung nördlich der Berliner Straße, nicht den Liebfrauenberg. „Ich habe von Anfang an das Ziel verfolgt, alles zu zeigen“, erklärt Ott. „Sonst kann man die Stadt nämlich nicht verstehen.“ (a. a. O. – www.frankfurt.de)“.
Ursprünglich 2011 online gegangen, ist Otts Website mit dem digitalen Modell der Frankfurter Altstadt leider nicht mehr aufrufbar – auch nicht in den einschlägigen Webarchiven.
Rainer Schulze, zuständiger Redakteur der FAZ für Stadtplanung und Architektur, begibt sich in seinem aufschlussreichen Beitrag ins „Dickicht der Richtlinien. Vom Plan bis zur Baugenehmigung“ (a. a. O. S. 120–124) − und zeigt eindrücklich auf, wie flexibel baurechtliche Bestimmungen von kommunaler Seite gehandhabt werden können, wenn der politische Wille dazu vorhanden ist. Er schließt mit einer Übersicht zum „Geburtshelfer des Dom-Römer-Projekts“ an (a. a. O. S. 125–130) und lenkt in „Der Bau der Neuen Altstadt“ noch einmal den Blick auf eine nahezu minutiöse chronologische Darstellung „...vom Abriss des Technischen Rathauses bis zur Eröffnung des neuen Quartiers“ − so der komplette Titel auf den Seiten 131–155 der vorliegenden Festschrift.
Ein städtebauliches Projekt wie die Rekonstruktion des Dom-Römer Areals hat sich jedoch nicht nur an konkret-sachlichen Aspekten zu orientieren, sondern muss zudem auch die (positiven wie kritischen) Reaktionen der Öffentlichkeit im Auge behalten und während des Baufortschritts kontinuierlich mit möglichst zahlreichen Stake Holders kommunizieren. Eine filigrane Aufgabe, wie Michael Guntersdorf in seinem Beitrag „Verstetigung einer positiven Grundhaltung. Öffentlichkeitsarbeit und Vermarktung“ (a. a. O. S. 156–162) aufzeigen kann.
Im vierten Teil des ersten Bandes hebt Dieter von Lüpke, Leiter des Frankfurter Stadtplanungsamtes (2003–2014), auf den weiteren stadtplanerischen Kontext des Dom-Römer-Projekts ab. „Stadträume und Nutzungsangebote. Die Neue Altstadt als Teil der Innenstadt“ ist sein Artikel überschrieben.
Der fünfte Teil nimmt „Die neue Altstadt und ihr(en) architektonische(n) Kontext“ in den Blick. Matthias Alexander setzt sich in seinem Beitrag „Vorboten und Begleiterscheinungen. Das Dom-Römer-Projekt und die Wiederentdeckung der Baugeschichte in Frankfurt“ (a. a. O. S. 179–194) durchaus kritisch-reflektierend mit den von anderen Autoren der Festschrift bereits aufgeworfenen Fragen einer zeitgemäßen Architektur- bzw. Planungsästhetik auseinander. Schnell sei so z. B. die Architektur der Wiederaufbaujahre selbst historisch geworden − gleiches gilt jedoch auch für die heute ikonographischen, in den achtziger Jahren am Rande der Neuen Altstadt entstandenen Wohnhäuser im Stil der Postmoderne − ein komplettes Ensemble entlang der Saalgasse und somit auch parallel zum historischen Krönungsweg in der Altstadt.
Auch das jeweils geltende Denkmalschutzrecht unterstützt Erhalt bzw. Sanierung und (Wieder)-Aufbau historischer Bausubstanz − oder kann mit entsprechendem Zuschnitt das genaue Gegenteil befördern. Der Autor weitet in seiner Darstellung den Blick auf den Umgang mit Rekonstruktionen oder „schöpferischen Nachbauten“ weiterer historischer Gebäude in der Frankfurter Innenstadt. Vom bereits besprochenen Geburtshaus Goethes, der Paulskirche, der Ostzeile des Römerbergs über das Thurn und Taxis-Palais hinter der Hauptwache, die Alte Stadtbibliothek hin zur Alten Brücke − um nur einige Beispiele zu nennen.
Inhaltlich anschließend, aber mit einem anderen Spin, beleuchtet Hanno Rauterberg, stellvertretender Feuilletonchef der ZEIT das Phänomen des Wiederaufbaus historischer Bausubstanz. Als „Versprechen der Verfügbarbarkeit. Rekonstruktionsvorhaben in Deutschland als Ausdruck eines Epochengefühls“, so sein Beitrag (a. a. O. S. 197–206) im sechsten Teil. „Wiederaufbau als nationales Phänomen“. „Bis heute bestimmt eine stete Sehnsucht nach Harmonisierung und Normalität das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Vergangenheit − und damit auch zu der Frage, welcher Umgang mit dem baulichen Erbe der richtige sei“ (ebda. S. 202). So geraten bspw. gerade jene Bauten im Westen Berlins am Beispiel des in den 1960er Jahren von Paul Baumgarten teilsanierten Reichstagsgebäudes in den Verdacht einer Art von Transitionsarchitektur, die spätestens im Anschluss an die Vollendung der Deutschen Einheit im Jahr 1990 ihre häufig vorhandene Bescheidenheit aufgeben und einer vermeintlich vollständigeren und historisch passgenaueren Rekonstruktion weichen müssen. Als „Projekt des Vergessens“ kritisiert Rauterberg ähnlich gelagerte Vorhaben der vergangenen wie der aktuellen Jahre, als „neue(n) Absolutismus der Gegenwart“ (ebda. S. 205).
Der zweite Band der Festschrift – „Das Quartier“, versammelt darüber hinaus zehn spannende Beiträge, die sich, und das sei hier wertschätzend aufgefasst, eher auf einer Mikroebene mit der Entstehung des Bauensembles wie der einzelnen Bauten beschäftigen. Hier können die Leser der Festschrift „en détail“ durch die Gassen der Neuen Altstadt bummeln und sich eingehend mit der Genese der einzelnen Gebäude und deren historischen Kontext befassen. Stellvertretend für das interessierte wie engagierte Publikum führen Dankwart Guratzsch, Korrespondent der WELT für Architektur und Städtebau sowie Falk Jaeger, Architekturhistoriker und außerplanmäßiger Professor der TU Dresden einen Diskurs über „Gegenbild zu den Maximen der Moderne“ und die „verlorene Unvollkommenheit der Originale“.
Beide Bände der Festschrift zeichnen sich durch liebevolle Aufmachung, anspruchsvolles Grafikdesign (vgl. hierzu den Beitrag in Band 2 von Markus Weisbeck), große inhaltliche Vielfalt und außergewöhnliches Fotomaterial aus. Sowohl für eine eher lexikalisch orientierte Nutzung als auch zum „Hintereinanderweglesen“ bieten sich die Beiträge an. Auch mit der Materie bereits vertraute Leser werden rasch konzedieren, dass 50 Euro für beide Bände zusammen gut angelegt sind.
Eine wünschenswerte dritte Auflage der vorliegenden Festschrift könnte denn auch die zahlreichen inhaltlichen Überschneidungen zwischen den Beiträgen sowie die schon deutlich seltener auftretenden Redundanzen redaktionell bearbeiten − ein Anspruch, der im Vorfeld der Publikation der ersten Auflage im Mai 2018 auch aus zeitlichen Gründen wohl kaum zu leisten war. Nach der Lektüre ist evident: jeder Leser und jede Leserin, die sich aktuell und künftig intensiver mit der Neuen Frankfurter Altstadt beschäftigen wollen, werden an diesem Standardwerk nicht vorbeikommen.
Und zum zweiten Standardwerk dürfte in diesem Zusammenhang auch der Katalog zur Ausstellung „Die immer neue Altstadt. Bauen zwischen Dom und Römer seit 1900“ des Deutschen Architekturmuseums DAM werden (22. September 2018 bis 12. Mai 2019).
Bei zahlreichen und sicherlich auch unvermeidlichen inhaltlichen Überschneidungen zwischen dem erstbesprochenen Werk und dem Ausstellungskatalog weiß jener doch noch ein Quäntchen mehr Schärfe bei der Darstellung und Charakterisierung der Planungshistorie rund um die Neue Altstadt aufzubringen und auch damals handelnde Personen und deren Sichtweisen mit einzubeziehen („Die immer neue Altstadt“. Peter Cachola Schmal und Philipp Sturm im Gespräch mit Petra Roth im DAM am 26. Januar 2018, Ausstellungskatalog S. 146–149).
Auch kommen Kritiker der jetzigen Bebauung in ihrer Einschätzung nicht zu kurz. Der Bamberger Kunsthistoriker Gerhard Vinken erläutert in seinem Katalogbeitrag „Geschichte wird gemacht − es geht voran? Die neue Frankfurter Altstadt ist so banal wie fatal“, warum er deren Charakter als eine Art verlängerten „New Urbanism“ (S. 163) begreift und sie mit chinesischen Satellitenstädten und deren „Citytainment“ (ebda.) vergleicht.
„Unübersehbar ist, dass sich dieses Projekt in eine internationale Konjunktur von altstädtisch gewandeten Bauprojekten einordnen lässt. An dem Punkt der vollständigen Entkopplung der Altstadt von tatsächlichem Alt-Sein scheint die Nähe dieser Projekte zu einem anderen Feld des Immobiliensektors auf, das international große Erfolge feiert, nämlich die historisierende Themenarchitektur“ (a. a. O. S. 160).
Vinken rührt seine Kritik sicherlich mit der ganz großen Kelle an, dürfte dabei aber nach wie vor die Meinung maßgeblicher Architekturtheoretiker und -historiker repräsentieren. Und auch der vermeintliche Brückenschlag zu den Befürwortern und Unterstützern der jetzigen Neuen Altstadt fällt bei Vinken eher verhalten aus: „Zu Gute halten kann man dem Dom-Römer-Areal, dass es den totalen architektonischen Offenbarungseid abwenden konnte: die Totalrekonstruktion des Stadtviertels im Vorkriegszustand, wie er besonders von den Altstadtfreunden gefordert worden war. Der heimliche Motor, das Ideal aller rekonstruktiven Projekte, ist der historisierende Fassadismus à la Dresden oder die Totalkopie.“ (a. a. O. S. 165)
Noch eine Schippe mehr legt der Architekturtheoretiker Stephan Trüby von der Universität Stuttgart in seinem Beitrag „Die Einstecktuchisierung verrohter Bürgerlichkeit − wie Rechte in Frankfurt und anderswo eine alternative deutsche Geschichte zu rekonstruieren versuchen“ (ebda. 168–175) drauf. Für ihn sind Rekonstruktionsprojekte wie jenes der Frankfurter Altstadt purer Ausweis von Geschichtsrevisionismus und „eindimensionales Heile-Welt-Gebaue“ (a. a. O. Zwischenüberschrift S. 173). „Ganz anders (als die für Stephan Trüby vorbildliche Rekonstruktion des Deutschen Museums in Berlin von David Chipperfield, MB) die neue Frankfurter Altstadt. Zu skandalisieren ist hier, dass die Initiative eines Rechtsradikalen (gemeint ist Claus Wolfschlag, MB) ohne nennenswerte zivilgesellschaftliche Gegenwehr zu einem Stadtviertel mit scheinbar bruchlosen Wiederholungsarchitekturen führte; historisch informiertes Entwerfen verkommt hier zum unterkomplexen Heile-Welt-Gebaue, das der Verblödung seiner Liebhaber zuarbeitet, indem es Geschichte auf ein eindimensionales Wunschkonzert reduziert. Vergangenheit soll für dieses Publikum wie geschmiert laufen, und zwar in Richtung einer alternativen Historie für Deutschland. Einer Historie, in der der Nationalsozialismus, die deutschen Angriffskriege und der Holocaust maximal Anekdoten zu werden drohen“ (ebda. S. 174).
Der geschätzte Leser, der angesichts der kühl-analysierenden Verdikte von Vinken und Trüby an seiner bislang gewonnenen Einschätzung der (wieder-)erstandenen Bauten in der Neuen Frankfurter Altstadt sowie an seiner Urteilskraft zu zweifeln beginnt und sich in einer Zeitkapsel wähnt, in der gerade Adornos „Minima Moralia“ diskutiert wird, mag sich beruhigen. Denn integrierende Essays der beiden Schriftsteller Martin Mosebach und Andreas Meier führen zwar in unterschiedliche Richtungen, binden aber dennoch wohlwollend auch ganz vorsichtig die jeweiligen Gegenpositionen ein und zusammen.
So stehen Ihnen intensive, aber sehr kurzweilige Lesestunden bevor – beide besprochenen Werke können bereits jetzt architektonischen „Ewigkeitswert“ für sich beanspruchen.
© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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