Überlegungen zur frühmittelalterlichen Textilproduktion als Frauenarbeit anhand der Hubenlisten des Lorscher Codex und anderer Polyptycha
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Colin Arnaud
Textilproduktion im Frühmittelalter gilt als Frauensache. David Herlihy beschreibt in seinem Buch zur Frauenarbeit im Mittelalter, wie Frauen im Textilbereich führend waren: Die grundherrschaftlichen Webhäuser wurden sogar als Frauenhäuser ( gynaecea/genitia ) bezeichnet; allerdings beschäftigten sie bekanntlich nur unfreie Frauen, die auch laut vieler Polyptycha der Zeit Webdienst leisten oder Stoffbahnen entrichten sollten. Erst im Laufe des 12. Jahrhunderts seien männliche Textilarbeiter belegt, die ab dem 13. Jahrhundert durch die städtischen Zünfte die Oberhand im Geschäft übernommen hätten, auch wenn Frauen weiterhin neben Männern im Textilgewerbe tätig waren [1]. Die Textilarbeit, die in der Karolingerzeit angeblich zu den häuslichen Pflichten der Bäuerin und in den Bereich der Hausproduktion gehörte, sei im Spätmittelalter von der männlichen Marktwirtschaft abgelöst worden [2].
Die vermeintlich männliche Dominanz beim Weberberuf im Spätmittelalter wird von Historikern und Historikerinnen allerdings differenziert betrachtet [3]. Dominique Cardon bemerkt, dass viele Frauen als Weberinnen in den spätmittelalterlichen Städten tätig waren, und dass Weberei ohnehin Teamarbeit war, die nicht von einem einzelnen Mann erledigt werden konnte: Viele Webstühle mussten zu zweit bedient werden, darüber hinaus wurden Arbeitskräfte zum Spulen und Spannen benötigt [4].
Für das Frühmittelalter hingegen ist in der Darstellung der Geschlechterverhältnisse in der Textilarbeit von der Geschichtsschreibung weniger Differenzierung angeboten worden. Dies liegt sicherlich an der spärlicheren Quellenlage. Valerie Garver findet in ihrer Studie zu aristokratischen Frauen in der Karolingerzeit viele Erwähnungen von weiblicher Textilarbeit, aber keine Belege für männliche Tätigkeit in diesem Bereich: Die einzige Ausnahme in ihren Befunden betrifft einen byzantinischen Mönch [5]. Die Autorin formuliert vorsichtig die Möglichkeit, dass Männer auch an der Textilproduktion beteiligt gewesen sein könnten. In den Aufsätzen von Bruno Andreolli und Ludolf Kuchenbuch zur frühmittelalterlichen Frauenarbeit werden Textilproduktion und Frauenarbeit gleichgestellt [6]. Dass diese Ansicht noch den Forschungsstand darstellt, belegt die pauschale Formulierung von Cordula Nolte in ihrem 2011 erschienenen Handbuch ‚Frauen und Männer in der Gesellschaft des Mittelalters‘, als sie die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der frühmittelalterlichen Grundherrschaft umreißt: „Die Textilherstellung für den Bedarf des eigenen Haushalts und als Abgabe für den Herrn, eine in der Wintersaison anfallende Tätigkeit, oblag den Bäuerinnen auf den Hufen.“ [7]
Nach Andreolli gehörte es zu den häuslichen Pflichten der frühmittelalterlichen Bauersfrau, Tuche aus Leinen oder Wolle für den Eigenbedarf herzustellen, ebenso wie Kochen und Brotbacken [8]. Quellen, die diese Konstellation belegen, sind jedoch selten. Unbestritten verdeutlichen die karolingischen Urbare und Kapitularien, dass manche Frauen, meistens Mägde ( ancille ), auf Textilarbeit spezialisiert waren. Dies beweist jedoch nicht, dass diese Spezialisierung für alle Frauen galt, und dass die Stoffe, die auf den Höfen hergestellt und gelegentlich als Abgabe vom Grundherrn verlangt wurden, ausschließlich von Frauen hergestellt wurden. Pierre Toubert beobachtet die große Verbreitung der Weberei in den Mansen überall in Europa, von Sachsen bis Mittelitalien [9]. Jean-Pierre Devroye bestätigt diese Allgegenwart der Textilarbeit auf karolingischen Bauernhöfen, und obwohl er sich weigert, die Arbeitsteilung von Männern und Frauen als anthropologische Konstante anzusehen, stellt er die frühmittelalterliche Textilarbeit als ausschließliche Frauensache dar: Leinen- und Hanfanbau habe ja zum weiblichen Bereich des Gartenanbaus gehört [10].
Es ist zwar tatsächlich belegt, dass die Textilherstellung als eine typisch weibliche Arbeit angesehen wurde. Oft zitiert wird der Teil der ‚Admonitio Generalis‘, der die am Sonntag verbotenen Aktivitäten für Männer und Frauen aufzählt. Die Männer durften u. a. keine landwirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben, keine Häuser bauen oder zum Markt gehen. Die Frauen ( femine ) durften keine Textilarbeit ( opera textilia ) verrichten, keine Stoffe schneiden, keine Wolle spinnen, keinen Flachs schlagen, keine Schafe scheren oder außer Haus ( in publico ) Wäsche waschen [11]. Man sollte aber beachten, dass einerseits das einfache, binäre Raster Mann/Frau benutzt wird – es handelt sich also um ein Stereotyp – und dass anderseits in dieser Passage nur opera servilia angesprochen werden: Gemeint sind Aktivitäten von Unfreien, möglicherweise Frondienste für den Herrn, aber nicht die häusliche Subsistenzarbeit der Bauernfamilie [12]. Noch ist die Geschichtsschreibung zur karolingischen Frauenarbeit ebenfalls im einfachen Raster Mann/Frau gefangen geblieben. Die Versuchung ist groß, die Klischees der religiös angehauchten normativen Quellen zu übernehmen, die Situation der in genitia für das Weben zuständigen Mägde zu verallgemeinern und zu schlussfolgern, dass nur Frauen für Textilarbeit zuständig waren.
Anhand von mitteleuropäischen Urbaren, insbesondere der Lorscher Hubenlisten, soll im Folgenden überprüft werden, inwiefern die Textilarbeit als weibliche Aktivität fassbar ist, welche Gruppen von Frauen betroffen waren, und ob diese Tätigkeit im Laufe des Hochmittelalters tatsächlich zugunsten einer aufblühenden Marktwirtschaft nachließ.
Textilarbeit – für welche Frauen? Karolingische Urbare zwischen Seine und Rhein
Im Gegensatz zur traditionellen Frauengeschichte betont die Gender-Geschichte der letzten Jahrzehnte, dass die binäre Gegenüberstellung Mann/Frau nur eine unzureichende Analyse der Geschlechterverhältnisse zulässt. Es existierten jedoch gleichzeitig parallele, teils konkurrierende Männlichkeits- und Weiblichkeitsmuster und daher sollten Differenzierungsfaktoren wie Lebenslauf, Familienstand, sozialer Status oder soziale Schicht mit einbezogen werden [13]. In der Analyse der frühmittelalterlichen Urbare finden sich Frauen mit unterschiedlichem sozialem Status – servile Mägde ( ancille ), Halbfreie ( lide ), freie Hörige ( colone, ingenue ) –, mit diversem Familienstand – ledig, verheiratet, verwitwet, Mutter mit oder ohne Vater, in Mansen mit einer oder mehreren Familien – und mit unterschiedlicher wirtschaftlicher Rolle im Rahmen der Grundherrschaft – eigenständige Hufinhaberin, Frau eines Hufinhabers, hufenlose Bedienstete auf dem Herrenhof oder Frau eines solchen Bediensteten ( provendarius, stipendarius ). Die Mansen selbst hatten unterschiedliche Rentenstrukturen, die auf unterschiedliche wirtschaftliche Spezialisierungen verweisen, deren Vielfalt ebenfalls zu beachten ist. Diese Vielfalt wird zwar von der Forschung bereits berücksichtigt, aber nur innerhalb des allgemeinen Postulats einer ausschließlich weiblichen Textilproduktion: Es wird meist angemerkt, dass die unfreien Frauen öfter von einer Arbeits- oder Produktrente im Textilbereich belastet wurden als die halbfreien und freien Hörigen, was nichts daran änderte, dass „die Abgabe von Textilien ausschließlich auf den Frauen lastete.“ [14]
Hier geht es also darum einerseits zu verstehen, welche Art von Frauen besonders mit der Textilarbeit in Verbindung gebracht wurde und welche nicht, andererseits die fehlenden Erwähnungen von Frauen bei Textilrenten aufzuspüren und neu zu bewerten. Es werden zunächst die Urbare analysiert, die in der Literatur über frühmittelalterliche Frauenarbeit benutzt werden, um das pauschale Bild der webenden Frau zu überprüfen und zu differenzieren, bevor die Lorscher Urbare genauer in den Blick genommen werden.
Staffelsee
Textilarbeit wird an nur wenigen Textstellen aus Urbaren explizit als Tätigkeitsbereich der Frau des Hufeninhabers dargestellt. Aus den ‚Brevium Exempla‘ – dem Inventar des Klosters Staffelssee von 810 – werden für die Ehefrauen der unfreien Hufner ( mansi serviles ) folgende Verpflichtungen aufgezählt: Uxor vero illius facit camsilem I et sarcilem I, conficit bracem et coquit panem [15]. Da der Text vermutlich als Muster ( exemplum ) für weitere Urbare ausgewählt wurde, ist diese Passage also ernst zu nehmen. Sie weist darauf hin, dass der fränkische Herrscher es für normal und angebracht hielt, wenn die Frau eines Hufeninhabers für die Tuchproduktion auf dem Bauernhof verantwortlich war. Trotzdem darf dieser Befund nicht pauschalisiert werden, er muss mit vergleichbaren Stellen anderer Urbare zusammengedacht werden.
Polyptychon von Saint-Bertin
Das Polyptychon von Saint-Bertin in Saint-Omer ( Nordfrankreich ) aus den Jahren 844–856 scheint ebenso die geschlechtsspezifische Aufteilung der Arbeit innerhalb der Hufeninhaberfamilie zu bestätigen. Jede Hufe war mit Arbeits- und Produktrenten versehen, dazu waren die Männer mit wöchentlichen Frondiensttagen belastet und die Frauen mit Textilleistungen: Jede ancilla sollte ein ladmen herstellen, anscheinend ein Tuch weben oder ein Bund Fäden spinnen; jede freie Hörige sollte nur die Hälfte eines ladmen liefern. Diese Aufteilung der Renten betrifft zehn der 19 im Urbar beschriebenen Domänen [16]. Auch wenn die Ehepaare für jede Hufe nicht explizit erwähnt werden, werden für jede Domäne zusätzlich zu den Rentenbeschreibungen die Anzahl der Hufen und der darin wohnenden servilen Hörigen ( servi, ancille ) sowie manchmal die Anzahl der freien Frauen ( ingenue ) angegeben. Meist stimmen die Anzahl der Hufen und die der Frauen überein, so dass man davon ausgehen kann, dass die Frauen, die ein ganzes oder halbes ladmen liefern sollten, tatsächlich Ehefrauen der männlichen Hufeninhaber und keine hufenlosen Hörigen waren. Der Bauer ackert, die Frau spinnt, wie im Bilderbuch – dies betrifft allerdings nur etwa die Hälfte der Domänen.
Urbar von Weißenburg
Das Urbar des Klosters Weißenburg ( Elsass ) liefert auf den ersten Blick ebenfalls gute Argumente für die These der webenden Bäuerin. Die Liste der Besitzungen stammt aus unterschiedlichen Zeitschichten, zwischen 818–819 für die ersten Kapitel bis zum 13. Jahrhundert, mit einem Schwerpunkt auf dem 9. bis 11. Jahrhundert [17]. Im Urbar findet man zahlreiche Erwähnungen von spezifischen Abgabensorten in Tuch, die von den Frauen der Hufen geleistet werden sollten: mulieres eorum sarcile in longitudine .V. cubitorum, in latitudine .IIII. [18]. Solche und ähnliche Formulierungen sind wiederholt Teil der Abgabenliste. In einem Eintrag aus dem 9. Jahrhundert wird sogar erklärt, dass jede Frau ihren eigenen Dienst leisten solle, nämlich ein Hemd herstellen: unaqueque mulier debet opus suum peragere, hoc est camisile .I. longitudine .X. cubitorum [19]. Diese Formulierung macht die Verbindung zwischen Textilarbeit und Frauenarbeit explizit; andererseits weist die Tatsache, dass diese Verbindung erklärt wird ( hoc est ), darauf hin, dass die Zeitgenossen dies nicht für selbstverständlich oder allgemeingültig gehalten haben dürften [20].
Wer waren aber die mulieres eorum? Handelte es sich um Ehefrauen der Hufeninhaber oder gegebenenfalls um Frauen im Allgemeinen, die in diesen Hufengruppen wohnten, also möglicherweise um Mägde? Manche Paragrafen, die die Textilarbeit der Frauen innerhalb der jeweiligen Hufengruppe ausführlicher ausdifferenzieren, können helfen, diese Frage zu klären. In Altdorf werden 40 Hufen und eine Mühle verzeichnet. Für vier Hufen sollten die Frauen jeweils ein Tuch von zehn Ellen Länge liefern; für die 37 weiteren Hufen schuldeten sie ein Tuch von fünf Ellen Länge: Für 41 Hufen ( den Mühlenhof eingeschlossen ) waren somit 41 Tuche vorgesehen [21]. Dies bedeutet, dass immer ein Tuch pro Hufe geliefert werden sollte. Auch in zwei anderen Kapiteln mit ähnlichen Differenzierungen stimmt immer die Anzahl der Hufen mit derjenigen der unterschiedlichen Tuch- und anderen Sonderrenten überein [22]. Die Tuchabgabe war also nicht Aufgabe der Hufengruppe, sondern der Bauersfrau jeder einzelnen Hufe. Demnach meinte der Schreiber mit dem Wort mulier tatsächlich die Ehefrau des Hufeninhabers. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die anderen Familienmitglieder bei der Textilproduktion untätig waren, sondern nur, dass der Grundherr die Ehefrau als die Verantwortliche für die Tuchabgabe ansah.
Ein anderer Aspekt des Weißenburger Urbars, der leicht übersehen wird, ist die fehlende Generalisierung der Tuchabgabe für Frauen. Das Urbar besteht aus 315 Kapiteln: In nur 24 Kapiteln wird gefordert, dass die Frauen der Hufen explizit Textilarbeit leisten sollen [23]. Bei weiteren 14 Kapiteln wird eine Ersatzleistung für ein unspezifisches Frauenwerk gefordert [24]. In 46 anderen Kapiteln wird die Tuchabgabe ohne Erwähnung von Frauen aufgelistet [25]. Einige wenige Hufen mussten hingegen die doppelte Anzahl bzw. Länge der Stoffbahnen aufbringen [26], die meisten jedoch überhaupt keine. Diese ungleiche Belastung der jeweiligen Hufen hinsichtlich der Tuchproduktion zeigt eine ( auch regionale ) Spezialisierung mancher Hufen im Tuchgewerbe [27]. Diese Spezialisierung konnte sogar innerhalb einer Domäne vorhanden sein: In Leinsweiler sind 41 Mansen und zwei Mühlen verzeichnet, mit insgesamt fünf unterschiedlichen Rentenstrukturen für 42 Mansen: In nur zwei von diesen fünf Rentenstrukturen ( die 18 Mansen betreffen ) wird eine Stoffbahn verlangt – und zwar nur eine Stoffbahn, während die Mansen mit anderen Rentenstrukturen Geld, Getreide, Ferkel oder Huhn und Eier abgeben sollen [28]. Gerade auf solchen spezialisierten Hufen kann man sich eine Beteiligung weiterer Hufeneinwohner an der Textilproduktion vorstellen, um die Frau der Hufeninhaber bei dieser woanders nicht geforderten Aufgabe zu unterstützen.
Prümer Urbar
Fakt ist, dass die karolingischen Polyptycha nur selten explizit der Ehefrau des Hufners Tuchabgaben zuweisen. Der Hof ist meist für alle Rentensorten zuständig; es wird nicht spezifiziert, wer für welche Arbeit zuständig ist.
Im Prümer Urbar aus dem Jahr 893 sind die direkten Verbindungen zwischen Bäuerin und Textilherstellung alles andere als systematisch. In Weinsheim ( Kap. 32 ) haben die Frauen der 16 Hufeninhaber tatsächlich jeweils einen Zins von zehn Denaren oder von einem Hemdentuch zu entrichten [29]. In Wallersheim ( Kap. 6 ) wird die Leinen- oder Tuchrente implizit der Hufnerin zugewiesen, indem das Femininum benutzt wird [30]. Zudem sollen die Frauen der unfreien Hufner in Rommersheim und in fünf anderen Ortschaften ( Kap. 1–6 ) Hosen nähen ( femina sua debet suere femoralia ) [31]. Die Frauen der Hufeninhaber in Mehring ( Kap. 24 ) haben einen ausführlichen Aufgabenkatalog, darunter Flachs ernten und verarbeiten sowie Schafe waschen und scheren – interessanterweise aber kein Tuch weben [32]. Eine femina Alduini hat im selben Ort eine Hufe und soll dafür eine halbe Stoffbahn liefern: Da Alduin im Paragraphen nicht auftaucht, kann man schlussfolgern, dass es sich um eine eigenständige Hufeninhaberin handelt und nicht um die Frau eines Hufeninhabers [33]. Die Tuchabgabe lässt sich also mit diesem Beispiel nicht als typisch weibliche Abgabesorte deklarieren, zumal eine andere benachbarte eigenständige Hufeninhaberin ( femina de ecclesia ) kein Tuch liefern soll [34].
Man findet hingegen im Prümer Urbar mehrere Verbindungen zwischen Textilarbeit und manchen besonderen Frauengruppen. In Rommersheim ( Kap. 1 ) sollten die Frauen der prevendarii eine Zweitagefron leisten oder als Ersatz für den Frondienst entweder ein halbes Pfund Flachs spinnen oder eine halbe Hemdenleinwand weben [35]. Die prevendarii waren keine Hufeninhaber, sondern reine Fronarbeiter, die für ihre Arbeit Verpflegung erhielten [36]. Ihre Frauen hatten also ein Arbeitsverhältnis mit der Grundherrschaft, das eher demjenigen der Mägde in den genitia ähnelte. In Etteldorf ( Kap. 10 ) gab es eine Gruppe von Frauen, die für die Herstellung von Hemdentuche zuständig waren, und die den Flachs selbst ernten, rösten und verspinnen sollten [37]. Die Formulierung Ille femine, que camsilis faciunt weist nicht auf die Frauen der Hufeninhaber hin, sondern auf eine besondere Gruppe von spezialisierten Frauen, die als Fronarbeit den Flachs des Grundherrn zu Leinwand verweben sollten. Wahrscheinlich waren diese Frauen eher hufenlose Hörige: Zur in Etteldorf wohnenden familia gehörten nicht nur Hufeninhaber ( mansuarii ), sondern auch Arbeiter ( operarii ) und hufenlose Junggesellen ( haistaldi ) [38]. In Bredimus ( Kap. 33 ) gab es Frauen vom Herrenhof ( femine fiscaline ), die Leinen ernteten und insgesamt bis zu zehn Hemden pro Jahr herstellen konnten [39]. Ähnlich spezialisiert – und nicht mit üblichen Hufnerinnen zu verwechseln – waren in Mötsch ( Kap. 23 ) die Frauen, die Flachs zinsten [40], und jene Frauen, die Hemdentuche herstellten [41]. Schwieriger ist der Status der Frauen in den fünf Hufen in Balefsfeld und Densborn ( Kap. 21 ) zu verstehen: linum dant ille femine, que debitrices sunt, alie camsiles faciunt [42]. Da sie sich anscheinend beim Grundherrn verschuldet hatten, handelte es sich vermutlich um unverheiratete, eigenständige Frauen, die im Plural als Gruppe zusammengefasst wurden, weil sie anscheinend gemeinsam für den Grundherrn Tuche produzierten. Es fällt also auf, dass die Frauen, die im Textilbereich tätig waren, im Prümer Urbar fast immer in Gruppen erwähnt werden, wie die Mägde in den gynaecea [43]. Im Prümer Urbar befindet sich auch eine explizite Erwähnung von webenden und spinnenden Mägden ( ancille ): Die landlosen, auswärtigen Mägde, die sich in Villance aufhielten ( Kap. 45 ), sollten jeweils eine Stoffbahn von zwölf Ellen Länge und zwei Ellen Breite aus dem Flachs des Fronhofs weben oder selber 30 Spindeln Flachs liefern [44]. Dort sollten ebenfalls landlose Frauen 30 Spindeln liefern [45].
Zusammengefasst kann für das Prümer Urbar festgestellt werden: In 118 Kapiteln werden 43-mal Renten in Stoffbahnen [46] und 66-mal in Leinen gefordert [47], aber nur in 14 Fällen werden diese Frondienste oder Abgaben Frauen zugeordnet [48]. Der Rest wird den Höfen oder stellvertretend den männlichen Hufeninhabern zugerechnet. In elf von diesen 14 Fällen weiblicher Textilarbeit wird diese an Gruppen spezialisierter Frauen zugewiesen. Nur in drei Fällen ist die Frau des Hufeninhabers explizit in die Textilarbeit involviert: Weinsheim ( Tuchweberei, Kap. 32 ), Mehring ( Flachsverarbeitung, Kap. 24 ) und Wallersheim ( beides, Kap. 6 ). In wenigen anderen Fällen ( Kap. 1 und 3 ) wird Näharbeit von den Bauersfrauen erwartet. Der Grundherr war also imstande, seine Forderungen an die Ehefrauen der Hufeninhaber klar zu formulieren, er tat es jedoch in den wenigsten Fällen. Zwar heißt das nicht, dass die Bäuerinnen nicht webten, wenn sie vom Grundherrn nicht direkt dazu aufgefordert wurden. In den Urbaren gibt es keine standardisierte Formulierung. Für den Grundherrn war es günstiger und flexibler, die Tuchabgabe der Hufe im Allgemeinen und nicht speziell der Bauersfrau zuzuordnen, weil er am Endergebnis – der Lieferung der Tuche – und nicht am Arbeitsprozess interessiert war. Man kann also anhand des Prümer Urbars nicht ausschließen, dass die Frauen der Hufeninhaber in der Regel für die häusliche Tuchherstellung zuständig waren – eindeutig belegen lässt sich dies aber auch nicht. Eindeutiger ist hingegen die Verbindung zwischen Textilherstellung ( als Frondienst ) und anderen Arten von Frauen, nämlich den hufenlosen, auf dem Herrenhof arbeitenden Frauen.
Polyptychon von Saint-Germain-des-Prés
Das berühmte, zwischen 823 und 829 kompilierte Polyptychon von Saint-Germain-des-Prés [49] hat die seltene Eigenschaft, alle in den Mansen wohnenden Hörigen zu erwähnen, auch Kinder und Frauen. Somit kann man nachvollziehen, welche Struktur die jeweilige Hofgemeinschaft hatte. Interessant ist zu bemerken, dass die Mansen mit mehreren Bauernfamilien sehr verbreitetet waren [50], was die Frage aufwirft, ob tatsächlich alle Frauen der Mansen mit Textilherstellung beschäftigt waren, oder ob es unter den zwei bis vier Bauernehefrauen in der Manse eine Spezialisierung auf Textilarbeit gab.
Die Tuchabgabe oder die frondienstliche Verarbeitung von rohen herrschaftlichen Textilstoffen ( Flachs, Wolle ) kommt nur in fünf der 25 brevia vor, was auf eine regionale Spezialisierung hindeutet. Im brevium 25 ( Maisons-Laffitte ) findet man etwa das perfekte Zitat für den Beleg einer webenden Bauernehefrau: Uxor vero eius aut facit sarcilem aut solvit denarios .XII. ( Rubrik 6 ) [51]. Auffällig ist jedoch, dass die Ehefrau hier eine ancilla ist, und dass die anderen Bauersfrauen im brevium keine vergleichbare Abgabe haben, nicht einmal die andere ancilla, die nur zwölf Denare zahlen muss ( Rubrik 16 ).
Dass die Textilarbeit vorzugsweise die ancille betraf, belegen andere Passagen. Im brevium 15 ( Villa Nova, heute Villeneuve Saint-Georges ) werden in vier Fällen Ehefrauen von Bauern erwähnt, die den Status einer ancilla haben und ein Wolltuch ( sarcilis ) aus herrschaftlicher Wolle weben sollen ( Rubriken 70, 76, 78, 82 ). Der Status der ancilla scheint in dieser Sonderverpflichtung, die stets mit der für ancille typischen Kapaunenabgabe verbunden ist, eine Rolle zu spielen, auch wenn es keinen Automatismus gab: In Rubrik 77 wird eine ancilla erwähnt, ebenfalls Bauernehefrau, die keine Tuchabgabe leisten musste. Interessant ist Rubrik 78 [52], in der präzisiert wird, dass die ancilla Ragentisma und ihre Mutter Leinentuche ( sarciles ) herstellen sollen. Wahrscheinlich ist die Mutter die namenslose ancilla, die auf demselben Hof mit ihrem Mann Ermenoldus wohnt. Die Konstellation von Mutter und Tochter, die unter demselben Dach weben, wird an einer anderen Stelle im Polyptychon erneut angetroffen [53]. Diese Indizien können als Anzeichen verstanden werden, dass die Spezialisierung auf Textilarbeit status-, hufen- und familienbedingt war.
Am Ende des brevium 11 ( Nuviliaco, heute Neuilly-le-Bisson ) ist zudem eine summarische Personenliste von ancille vorhanden. Diese ancille sollen jeweils Kapaune mästen und Wolltuche herstellen, wenn der Grundherr ihnen Wolle liefert. Merkwürdigerweise decken sich die Namen aus der Personenliste nicht vollständig mit den Angaben zu den Personen in den Hoflisten des brevium. Die summarische Personenliste erwähnt nämlich vier ancille – Frotlina, Ansegundis, Alda und Framberta ( Rubrik 13 ) – aber nur Ansegudis wird in einer Manse identifiziert. Die ancilla Frolaica, die mit ihrer Familie in derselben Manse wohnt, könnte die Frotlina aus der Personenliste sein. Alda und Framberta sind hingegen völlig neue Namen. Es ist gut möglich, dass die „überzähligen Personen mit servilem Status aus den Listen auf einem der Höfe lebten, aber keinen focus bildeten“ [54], oder dass sie auf dem Herrenhof ( mansus indominicatus ) wohnten. Es heißt, dass die Mägde Alda und Framberta eng in die fronhöfische Wirtschaft eingebunden und auf Textilarbeit spezialisiert waren, es sich bei ihnen also nicht um typische Ehefrauen von Hufeninhabern handelte.
Eine ähnliche Inkongruenz zwischen Personen- und Hoflisten findet man im brevium 13 ( Buxido, heute Boissy-en-Drouais ). Am Ende des brevium steht eine Liste von 14 ancille, die Leinwand herstellen sollen, wenn der Grundherr ihnen Flachs liefert ( Rubrik 109 ), und eine Liste von 19 lide, also halbfreien weibliche Hörigen, die jeweils eine Leinwand von acht Ellen oder vier Denare abgeben sollen ( Rubrik 110 ). Allerdings findet man in den Beschreibungen der Höfe nicht 14, sondern 16 ancille. In den Hoflisten finden sich zudem drei ancille, die in der Personenliste nicht erscheinen [55]. Umgekehrt sind die dort genannten ancille Frodolda und Baltedrudis in den Hoflisten nicht zu finden. Dies bedeutet, dass einerseits manche ancille vom Webfrondienst nicht betroffen waren, während anderseits manche andere nicht einer bestimmten Manse zugeordnet wurden. Auch manche weiblichen lide werden in den Hofbeschreibungen erwähnt, sie sind jedoch nicht in der Personenliste der lide erfasst und somit von der Textilabgabe nicht betroffen. Die vom Grundherrn angeordnete Textilarbeit war also nicht systematisch mit dem Freiheitsstatus verknüpft.
Trotz dieser Inkongruenzen zeigt das brevium 13, dass die meisten Frauen, die von der Textilabgabe betroffen waren, unfreie oder halbreie Hufnerinnen waren, also Ehefrauen eines Hofinhabers [56]. Allerdings wurden die Mansen meist unter mehreren Familien aufgeteilt. Acht der zwölf webenden ancille [57] und alle 17 in den Hoflisten erwähnten lide [58] gehörten zu einem Hof mit mehreren Familien. Interessanterweise sind die Fälle, bei den zwei Bauersfrauen vom selben Hof eine Textilabgabe leisten müssen, selten: Auf nur zwei Höfen findet man zwei ( für den Grundherren ) webende lide ( Rubriken 74 und 82 ), auf zwei anderen eine webende lida und eine webende ancilla, auf einem letzten webten die Ehefrau und ihre Tochter, beide ancille [59]. Auf allen anderen Höfen mit mehreren Familien wohnte nur höchstens eine Ehefrau, die mit einer Textilabgabe belastet wurde [60]. Dies bedeutet, dass die Zuständigkeit für Textilarbeit nicht gleichmäßig allen Bauersfrauen auf dem Hof oblag, zumindest was die herrschaftliche Tuchabgabe anbelangt. Im Allgemeinen muss noch einmal betont werden, dass die Textilabgabe nur eine Minderheit der Frauen und der Höfe im ganzen brevium betrifft.
Weitere ancille mit Textilarbeitsverpflichtungen gegenüber dem Grundherrn waren zudem explizit keine typischen Bauersfrauen, sondern „unlängst behauste mancipia, die man auf Katen in der Nähe des Herrenhofes ansiedelte, wo sie durch ihre Verpflichtung zu ungemessenem servitium quod ei injungitur, zu Arbeiten auf dem Herrenhof herangezogen wurden.“ [61] Besonders ersichtlich ist dies im brevium 20, in der villa supra mare, einer landarmen Siedlung an der Seinemündung. Dort wohnten vier ancille mit ihren Kindern in jeweils einem hospicium; sie sollten aus herrschaftlichem Flachs Leinwand herstellen [62]. Sie stellten somit keine typischen Bauersfrauen dar, sondern „noch eng an den Herrenhof gebundene servile Häusler“ [63], ähnlich wie die ancille der grundherrschaftlichen Webhäuser. Die camsilarie aus dem Register der Abtei St. Peter in Lobbes [64] und aus dem Urbarfragment der Abtei Saint-Amand-les-Eaux [65] sind das Paradebeispiel für solche auf Textilarbeit hochspezialisierte, hufenlose weibliche Hörige.
Die Rentenstruktur der Grundherrschaft des Klosters von Saint-Germain-des-Prés weist keinesfalls auf eine Spezialisierung aller Bauersfrauen auf Textilarbeit hin, sondern liefert ein ausdifferenzierteres Tableau. Die Spezialisierung auf Stoffherstellung bezog sich zwar nur auf Frauen, aber nicht auf alle Frauen. Freie Hörige waren nicht von den Stoffrenten betroffen. Auch unfreie und halbfreie Frauen wurden nicht systematisch mit Stoffrenten belastet, vielmehr kann eine Spezialisierung von bestimmten Domänen einerseits und von bestimmten Mansen anderseits beobachtet werden. Selbst innerhalb der Manse war selten mehr als eine Frau von Tuchabgaben betroffen, was auf eine Arbeitsteilung unter den Frauen der jeweiligen Manse hindeutet. Zudem waren hufenlose Hörige in die fronwirtschaftliche Textilproduktion involviert. Jenseits dieser zwei eingeschränkten Frauengruppen verlangte das Kloster von den meisten weiblichen Hörigen keine besondere Spezialisierung auf Textilarbeit.
Textilarbeit und andere Spezialisierungen: Die Urbare im Lorscher Codex
Nehmen wir nun die Lorscher Hubenlisten in den Blick. Die Hubenlisten der Abtei Lorsch aus dem Lorscher Codex ( Urk. 3651–3682 ) stammen aus unterschiedlichen Zeiträumen zwischen dem Anfang des 9. und dem Ende des 11. Jahrhunderts. Die von dem Herausgeber der kritischen Quellenedition Karl Glöckner [66] und dem Übersetzer Karl Josef Minst [67] vorgenommenen Datierungen wurden von Franz Staab revidiert [68].
Die Hubenlisten haben eine gewisse Berühmtheit dadurch erlangt, dass sie einen Auszug aus einer Liste von Reichsbesitzungen enthalten, das sogenannte ,Lorscher Reichsurbar‘ ( Urk. 3671–3675 ). Letzteres datiert nach Glöckner aus den Jahren 830–850. Unter all den dort erwähnten Gütern ist Gernsheim die einzige eigentliche Besitzung des Klosters: Als diese vom Reichs- ins Klostereigentum übertragen wurde, haben die Mönche das ganze Dokument kopiert [69]. Das Reichsurbar wurde meist für sich alleine analysiert [70]. Franz Staab hat jedoch die anderen Hubenlisten ebenfalls ausgewertet, um die Lorscher Grundherrschaft zu untersuchen [71]. Die Hubenlisten sind Teil des Lorscher Codex, der im 12. Jahrhundert redigiert wurde; damals sind Urkunden und Dokumente über die Besitzungen des Klosters kopiert worden. Das Faksimile des gesamten Codex, die Edition von Glöckner [72] und die deutsche Übersetzung von Minst [73] sind auf der Webseite ‚Archivum Laureshamense‘ digital untereinander und mit einer Orts- und Personenliste verknüpft [74].
Um die Entwicklung der Textil- und Frauenarbeit in den jeweiligen Zeitabschnitten zurückzuverfolgen, wurde im Rahmen einer Lehrveranstaltung eine kleine Datenbank mit allen Erwähnungen von Frauen und Textilarbeit erstellt [75], die sich in tabellarischer Form im Anhang befindet. So konnte für jede Zeitschicht genauer beobachtet werden, welche Grundmerkmale für Frauen- und Textilarbeit sich abzeichnen. Tatsächlich kann man zeitspezifisch besondere Muster finden. Wir finden in der Datenbank 24 Einträge für die Zeit um 800 und vom Anfang des 9. Jahrhunderts [76] neun Einträge im Reichsurbar ( 830–850 ), das ( fast ) keinen Lorscher Grundbesitz, sondern nur Reichsgüter auflistet [77], sieben Einträge für den Anfang des 10. Jahrhunderts [78], sechs aus dem 10. Jahrhundert [79], drei vom Anfang des 11. Jahrhunderts [80] und drei weitere aus dem ersten Viertel des 11. Jahrhunderts [81].
Lorscher Reichsurbar
Im Lorscher Reichsurbar ( 830–850 ) wird wiederholt auf den Geldersatz einer Unze für das Frauenwerk ( opus feminile/opus feminarum ) hingewiesen. Ludolf Kuchenbuch deutet dieses Frauenwerk als Textilarbeit bzw. als Herstellung einer Leinwand aus herrschaftlichem Flachs, weil der Gegenwert von einer Unze oder einem Schilling dem Wert eines Tuches in späteren Lorscher Hubenlisten entspricht [82]. Tatsächlich deutet eine Passage aus einer anderen Hubenliste aus dem Anfang des 10. Jahrhunderts ( Urk. 3680 ) auf diese Interpretation hin: Während viele Hufen entweder eine Leinwand oder einen Schilling zinsen sollten ( camisile I de dominico lino sive solidum I ) [83], sollten die Lidenhufen im Dorf Cruftela anstelle des Frauenwerks ( pro opere feminarum ) eine Silberunze zahlen [84], was dafür spräche, dass Frauenwerk hier die Bahn Leinwand bedeutet, falls eine Unze und ein Schilling gleich viel wert wären. Diese Gleichsetzung ist allerdings zweifelhaft: Nach den Berechnungen von Minst für den Lorscher Codex betrug ein Schilling tendenziell 15 Mark, eine Unze dagegen tendenziell 25 Mark [85]. Zudem sind das Reichsurbar aus dem 9. Jahrhundert ( Urk. 3671 bis 3675 ) und die Urkunde 3680 aus dem 10. Jahrhundert in unterschiedlichen Kontexten entstanden: Was für das eine gilt, muss nicht automatisch für das andere gelten. Im Reichsurbar ist eine Identifikation des Frauenwerks als Textilarbeit demnach nicht zwingend.
Eine andere Stelle des Reichsurbars könnte zumindest indirekt dazu beitragen, diese Gleichstellungshypothese zu verifizieren. In Urkunde 3675 über die villa Flagestat ( Florstadt ) wird präzisiert, dass die freien Mansen ( mansi ingenuili ) anstelle der Frauenarbeit eine Unze zahlen – das Übliche also. Darüber hinaus wird aber gefordert, dass die 33 ½ freien Mansen und die 27 servilen Mansen ( mansi serviles ), insgesamt also 60 ½ Mansen:
anstelle des Frauenwerks der freien Mansen zwei Pfund und neun Unzen zahlen,
anstelle des Frauenwerks der servilen Mansen ein Pfund, acht Unzen und fünf Denare zahlen,
sowie aus „herrschaftlichen Werken“, sprich Herstellung aus vom Herrn geliefertem Flachs oder Wolle, 27 Bahnen Hemdleinwand ( camsilia ) und siebeneinhalb Bahnen Grobleinwand oder Wolltuch ( sarcilia ) herstellen sollen [86].
Zunächst irritiert die Stelle: Wenn die Mansen Geld anstelle von „weiblichem Textilwerk“ zahlen, warum soll trotzdem Leinwand geliefert werden? Soll man davon ausgehen, dass unter Frauenwerk ( opus feminile ) doch die allgemeine Fronarbeit der Frauen und nicht die spezielle Textilarbeit verstanden wurde, da die Textilwerke separat abgerechnet werden? Wohl gemerkt sind die 27 camsilia genauso viele wie die servilen Mansen. Gälte also die Befreiung von Frauen( -Textil- )werk gegen Geld nur für die freien Mansen, während die servilen Mansen weiterhin diese Abgabesorte entrichten? Schließlich ist diese Befreiung gegen Geld ausschließlich für freie Mansen explizit erwähnt: Für die unfreien Mansen heißt es nur, dass sie Herrendienst wie andere servile Mansen leisten sollen. So gelesen verdeutlicht die Passage, dass Frauenwerk eben doch Textilwerk ist. Aber warum sollten dann die servilen Mansen trotzdem eine bestimmte Summe zahlen, und warum werden dazu noch siebeneinhalb sarcilia ( Wolltuch oder Grobleinwand ) verlangt? Die Abrechnung ist undurchsichtig, denn man kann nicht mehr die genaue Wertrelation zwischen Pfund, Unze und Pfennig rekonstruieren. Überdies haben die Kopisten möglicherweise beim Abschreiben der Zahlen Fehler gemacht.
Nach Gockels Interpretation decken die genannten Geldsummen das Frauenwerk komplett: Bei 20 Denaren für eine Unze und zwölf Unzen für ein Pfund würden die Geldbeträge fast genau stimmen, wenn die ingenualen Mansen eine Unze und die servilen Mansen 15 Denare zahlen. Die erwähnten Tuchbahnen kämen hinzu und würden am königlichen Hof hergestellt. In dieser plausiblen Interpretation werden Textilproduktion und Frauenwerk getrennt betrachtet [87].
Nach mehreren Umrechnungen schlage ich eine andere mögliche Interpretation dieser Stelle vor: Die freien Mansen ersetzen das Frauenwerk vollständig in Geld [88]; die unfreien Mansen zahlen das Frauenwerk teilweise in Geld und teilweise in sarcilia ( also in tatsächlichem Frauenwerk ) [89]. Die 27 Bahnen camsilia aus herrschaftlichem Flachs stellen zusätzlichen Herrendienst dar [90]. Aus dieser Perspektive wäre Frauenwerk also mit Textilwerk gleichzusetzen. Allerdings ist die Stelle zu unsicher und interpretationsbedürftig, um darin eindeutige Belege für diese Lesart zu finden.
Nehmen wir an, Frauenwerk heißt im Lorscher Reichsurbar tatsächlich Stoffbahnzins: Dies würde implizieren, dass die königliche Grundherrschaft bereits in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts auf die Pflicht für alle unfreien Hufnerinnen, eine Stoffbahn zu liefern, verzichtete. Textilproduktion fände nur in einer von vielen Domänen als fronhöfliche Aktivität statt, während andere Fronhöfe andere Spezialisierungen aufwiesen. Andersartige Herrendienste für servile Mansen werden nämlich in anderen Domänen des Lorscher Reichsurbars verlangt. Der Frondienst für 30 servile Hufen der villa Gernsheim wird als ( Transport- )Dienst mit dem Schiff und anderen Mitteln definiert [91]. In der villa Nersten übernehmen die servilen Hufen das Mahlen des Getreides und die Aufbereitung der Grütze sowie den Anstrich der Zäune und Scheunen [92]. In Moraha werden jährlich 32 Wagen Pech aus dem fronhöflichen Ofen gewonnen [93]. Während manche Fronhöfe sich auf Textilproduktion spezialisierten, mussten nicht alle Bauersfrauen für den königlichen Grundherren Tuche weben.
Die Hubenlisten um 800
Die anderen Lorscher Hubenlisten weisen in dieselbe Richtung. Die Hubenlisten um 800 werden von Franz Staab als Konventsurbar bezeichnet, weil sie keine systematische Erhebung aller Besitzungen und Abgaben, sondern eine Art Versorgungsplan für den alltäglichen Gebrauch des Klosters darstellen. Dies bedeutet, dass viele Hufen im Besitz des Klosters dort nicht erwähnt werden, und dass weitere Dienste und Abgaben für die angegebenen Hufen möglicherweise verlangt wurden, auch wenn sie im Urbar unerwähnt bleiben [94].
Die einzige explizite Verbindung von Frauenarbeit mit Textilproduktion lässt sich in den Lorscher Hubenlisten in den Passagen zu den Mägden ( ancille ) wiederfinden. Diese sind nur für die Zeit um 800 zu identifizieren. Von den 25 Einträgen von Textilarbeit für die Zeit um 800 oder Anfang des 9. Jahrhunderts beziehen sich fünf Einträge auf Mägde und 20 weitere auf Fälle von Textilarbeit ohne explizite Angabe von Frauen.
Mägde verarbeiteten herrschaftliches Rohmaterial ( de opera dominica ) und webten daraus Hemdleinwand ( camsile ) oder gröbere Tuche ( sarcile ), die alle zehn Ellen lang und vier Ellen breit sein sollten [95]. In den Ortschaften, in denen die Mägde webten, zinsten die Bauern der servilen Huben keine Textilien, sondern etwas anderes [96]. Die Textilarbeit der Mägde kann der Fronarbeit zugeordnet werden. Dies bedeutet, dass eine fronhöfliche Leinenproduktion existierte, die von der Produktion in den Huben getrennt war. Nur Orte südöstlich von Lorsch waren betroffen, teilweise in erheblicher Entfernung vom Kloster, im Bauland beim heutigen Mosbach ( Lohrbach, Gundelsheim, Seckach ) oder noch weiter weg in Schwaben ( Weilheim an der Teck, Reimlingen bei Nördlingen ) ( Karte 1 im Anhang ).
In den Urkunden um 800 treten nur servile Huben auf. Manche Huben zinsten eine Stoffbahn ( camsilis oder sarcilis ). Die Tuchrente wurde dem Hof, nicht der Bäuerin oder einer anderen Frau zugeordnet. In fünf Fällen war die Tuchrente die einzige Abgabe [97], in neun weiteren Fällen wurde sie lediglich von einer Eier-Huhn-Abgabe begleitet, die allerdings ohnehin fast jedem Hof zustand [98]. In Dannstadt [99] kamen noch ein Hammel, in Hamme [100] ein Lamm und in Mommenheim sieben Fuder Wein [101] dazu. Die Spezialisierung der betroffenen Höfe auf Leinwand ist also deutlich. Die meisten anderen Höfe in den Urkunden um 800 haben ebenfalls eine spezialisierte Abgabesorte, die neben der häufigen Eier-Huhn-Abgabe und den gelegentlichen Geld-, Hammel-, Lamm- und Ferkelrenten entrichtet werden soll: Getreide, Bier und Wein. Keine Hube, die Leinwand abgibt, zinst auch Getreide: Dies ist angesichts der erwarteten Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau eine Überraschung, bedeutet allerdings nicht, dass der Bauer keinen Ackerbau betrieb: Die Getreideabgaben sind in den Lorscher Hubenlisten um 800 eine Ausnahme – Franz Staab vermutet, dass das Kloster seinen Weizenbedarf vorwiegend aus Salland- und Kirchenzehnteinkünften deckte [102]. Außerdem werden nicht alle existierenden Abgaben im Urbar aufgelistet, sondern nur diejenigen, die für die Versorgung des Klosters wesentlich waren. Es ist also sehr wohl möglich, dass die hier erwähnten Hufen auch Getreide zinsen sollten. Trotzdem zeigt der Fokus mancher Hufen auf Tuchabgaben, dass die Tuchherstellung dieser Hufen vom Kloster als eine wichtige Ressource angesehen wurde und außerdem so produktiv war, dass sie Überschüsse erzielte. Wahrscheinlich war nicht nur die Frau des Hufners in der Leinwandherstellung tätig, sondern auch die anderen Hufenbewohner. In den auf Bier, Wein oder Getreide spezialisierten Huben war es hingegen denkbar, dass auch die Frauen sich an der Feld- und Gartenarbeit beteiligten. Christiane Walter betont, dass sich die Frauen im Frühmittelalter am Ackerbau beteiligten, wenn die Männer mit ihren Frondiensten zu sehr beschäftigt waren [103]. Diese Logik funktioniert auch in die andere Richtung für Textilarbeit.
Anhand der Geodaten der Webseite ‚Archivum Laureshamense digital‘ [104] und von weiteren Ortsangaben in den Editionen konnte eine Karte aller Huben aus den Hubenlisten um 800 und vom Anfang des 9. Jahrhunderts erstellt werden ( Karte 2 im Anhang ). Die Karte zeigt eine regionale Spezialisierung auf Textilien im Speyer- und Wormsgau: Zwischen dem heutigen Ludwigshafen und Monsheim produzierten acht Höfe an sieben Standorten Leinwand ( camisile ) [105], während sarcile an elf Standorten zwischen Monsheim und Mainz hergestellt wurden [106]. Ob unter sarcile Wolltuche – wie im Prümer Urbar erklärt wird [107] – oder grobe Leinentuche – wie Minst in seiner deutschen Fassung des Lorscher Codex übersetzt [108] – zu verstehen sind, kann nicht überprüft werden. Dass sarcile in einer hügeligen, für Herden günstigen Landschaft und camisile in der Ebene hergestellt wurden, spricht eher für die Deutung von sarcile als Wolltuche ( Karte 3 im Anhang ).
Wie die meisten anderen um 800 im Urbar erwähnten Huben lagen die auf Leinwand spezialisierten Huben auf dem linken Rheinufer zwischen Speyer und Mainz. Nach eingehender Prüfung der geologischen und hydrografischen Karten von Rheinland-Pfalz [109] konnte keine nennenswerte Korrelation zwischen der Spezialisierung auf Tuch und einer besonderen Bodenart, dem Ertragspotential des Bodens oder der Lage an einem Fluss festgestellt werden. Die auf Leinen spezialisierten Hubengruppen lagen tendenziell in flachem Gelände. Die Höfe in den Domänen, die in hügeligeren Landschaften lagen, etwa im Nordpfälzer Bergland oder im Alzeyer Hügelland, mussten keine Leinwand zinsen. Die auf Textilproduktion spezialisierten Höfe bildeten auch kleine Cluster von zwei bis vier benachbarten Domänen, in der Regel in der Nähe weiterer Höfe ohne Textilabgabe. Es ist möglich, dass Flachs auf vielen Höfen angepflanzt wurde, dass er jedoch auf spezialisierten Höfen geröstet, versponnen und verwoben wurde. Ähnliches ist für die Schafzucht und Wollherstellung denkbar. Eine lokale Arbeitsteilung unter den Hubengruppen innerhalb einer Gegend könnte diese unterschiedlichen Spezialisierungen erklären. Allerdings hatten die meisten Huben aus den linksrheinischen Gebieten zwischen Mannheim und Mainz entweder Textilien oder gar keine spezifischen Abgaben zu entrichten, abgesehen von gelegentlichen Eier-Huhn- und Geldrenten. Die Höfe in der Umgebung der auf Textilproduktion spezialisierten Höfe wiesen also selbst keine Spezialisierung auf – die einzigen Ausnahmen bildeten ein Hof, der ein Scheffel Korn entrichten sollte, und drei Weinhöfe an den Weinberghängen im Speyergau [110].
Die Spezialisierung mancher Höfe auf Textilproduktion spricht also für eine weniger genderspezifische Arbeitsteilung, als die expliziten Erwähnungen von Mägden als Textilproduzentinnen und die Verwendung von opus feminile für die Tuchherstellung vermuten lassen. Die Textilherstellung auf diesen spezialisierten Hufen dürfte einen Großteil der jeweiligen Hofproduktion dargestellt und deswegen alle Hufenbewohner betroffen haben – auch die männlichen.
Da die Lorscher Hubenlisten kein Vollurbar darstellen und nur eine Auswahl von wichtigen Abgaben erwähnen, erscheint die tatsächliche Spezialisierung der Höfe in der Quelle überbewertet. Die Mansen aus demselben rechtsrheinischen Gebiet zwischen Karlsruhe und Worms, die im Weißenburger Urbar erwähnt werden, sollten z. T. ebenfalls ein Tuch abgeben – dafür waren sogar die Frauen explizit zuständig – aber eben auch eine Reihe von anderen Renten wie eine Weinabgabe oder Fronarbeit auf den Feldern und für den Transport leisten [111]. Es ist gut möglich, dass die Lorscher Huben eine ähnlich vielfältige Rentenstruktur wie die Weißenburger Mansen aufwiesen. Allerdings bestätigt das Weißenburger Urbar die Spezialisierung des Gebiets auf die Leinenproduktion und dementsprechend ein Textilgewerbe, das in seinen Dimensionen möglicherweise eine gelegentliche weibliche Heimproduktion zur Selbstversorgung überstieg. Auch sollte man nicht ins andere Extrem verfallen und die Erwähnung von Frauen im Zusammenhang mit der Textilproduktion im Weißenburger Urbar überbewerten. Schließlich handelt es sich um eine normative Quelle, die den moralischen Darstellungsmustern der Zeit verhaftet ist. Die Weißenburger Mönche kontrollierten sicher nicht, ob auf den Höfen auch Jungen und Männer an der Textilherstellung beteiligt waren.
Die Lorscher Hubenlisten aus dem 10. und 11. Jahrhundert
Die Spezialisierung mancher Hufen auf Tuchherstellung lässt sich auch für spätere Hubenlisten beobachten. Drei der vier Hubengruppen in Urkunde 3663 ( Anfang 11. Jh. ), die unweit östlich des Klosters lagen, zinsten lediglich ein Schwein und eine Leinwand [112]. In der Urkunde 3680 ( Anfang 10. Jh. ) verweisen die meisten Huben ebenfalls auf eine Spezialisierung. Von den 13 ausgeführten Hubengruppen weisen nur zwei eine Vielfalt an Renten auf [113]. Sechs Gruppen von servilen Huben entrichten hingegen lediglich eine Leinwand- und eine Huhn-Eier-Rente [114]. Andere vereinzelte Spezialisierungen sind Eisen ( Wiline ), Geld ( Widergisen ) und Pferde ( Cruftela ). Die hessische grundherrschaftliche Leinwandproduktion war für Lorsch eine Innovation: Von den hessischen Besitzungen des Klosters um 800 im Erdagau, in der Wetterau und im Lahngau entrichtete nur ein Standort ein Leintuch [115].
Die Urkunde 3678, die nach Staab aus dem ersten Viertel des 11. Jahrhunderts stammt und fast dieselben Ortschaften wie die Urkunde 3680 auflistet, zeigt eine ähnliche Spezialisierung der auf Leinwandherstellung beteiligten Höfe [116]. Die servilen Huben, die Leinwand, Huhn und Eier abgaben, sollten jedoch zusätzlich drei Tage in der Woche für den Grundherrn Frondienst leisten, was im Vergleich zum 10. Jahrhundert ( Urk. 3680 ) neu ist [117]. Somit konnte sich möglicherweise eine geschlechterspezifische Arbeitsteilung auf der Ebene der Fronarbeit etablieren: Der Bauer bestellte drei Tage pro Woche die Felder des Grundherrn, während die Bäuerin das Flachs des Grundherrn zum Tuch verwebte. Diese Arbeitsteilung ist allerding nicht explizit der Quelle zu entnehmen.
Auch die aus dem 10. Jahrhundert datierte Urkunde 3677 zeigt eine ähnliche Konstellation: Es werden insgesamt zwölf Ortschaften – vorwiegend im Rangau in Mittelfranken – erwähnt, die alle mit Tuchabgaben aus herrschaftlichem Flachs belastet waren [118], abgesehen von einer ( Ebach ), die kein Tuch, sondern Flachs und Getreide abgibt. Die Textilrente wird nur einmal ( in Seenheim ) von einer Haferabgabe begleitet [119]. In Wiebelsheim gibt es fünf Huben: Drei entrichten Schwein, Huhn und Tuch, zwei andere Hafer. Der Fall von Wiebelsheim verdeutlicht besonders gut die Spezialisierung der Hufen entweder auf Tuch oder Getreide. Anderseits sollten die meisten Huben auch laut dieser Urkunde drei Tage pro Woche Fronarbeit leisten, was abermals – wie für Urkunde 3678 – auf eine geschlechterspezifische Arbeitsteilung auf der Ebene der Fronarbeit hindeuten könnte.
Zusammengefasst wird in den Lorscher Hubenlisten das opus feminile wahrscheinlich als Textilarbeit verstanden, aber man kann nicht ausschließen, dass mit diesem Ausdruck eine breitere weibliche Fronarbeit gemeint ist. Die Textilarbeit der Mägde war eine Fronarbeit für eine spezifische Kategorie von Frauen und lässt sich keineswegs auf alle Bäuerinnen übertragen. Die explizite Textilproduktion ist auf der Ebene der Hufen verortet, deren klare Spezialisierung auf eine gemeinsame Textilproduktion der Hufenbewohner und nicht auf eine abgetrennte weibliche Textilproduktion hindeutet. Die Angaben von Dreitagefron pro Woche für Höfe mit Leinwandabgabe vermehren sich im 10. und 11. Jahrhundert, sie könnten auf eine zunehmende geschlechterspezifische Arbeitsteilung innerhalb des Hofes hindeuten.
Ist Textilarbeit eine spezielle Aufgabe für Unfreie?
Der Befund zum Dreitagefrondienst ist überraschend, denn die Forschung ging bisher vom Verschwinden der wöchentlichen Dreitagefron im 10. Jahrhundert aus. Ludolf Kuchenbuch hat sogar gezeigt, dass u. a. durch dieses Verschwinden die Unfreien mit den Freien allmählich gleichgestellt wurden und dass der Statusunterschied zwischen inguenalis, lidus und servilis verschwamm [120].
Angesichts der Textilarbeit im Lorscher Urbar zeigt sich jedoch ein entgegengesetzter Trend. Während um 800 nur servile Huben ( hube serviles ) zu finden sind, werden Anfang des 10. Jahrhunderts ( Urk. 3680 ) servile Huben und halbfreie Lidenhuben ( hube lidorum ) mit einer jeweils eigenen Rentenstruktur unterschieden. Allerdings ist der Unterschied zwischen Liden- und Knechtshuben im Bereich der Textilarbeit nicht so groß: Beide Hubensorten geben in der Regel eine Bahn Hemdenleinwand aus herrschaftlichem Flachs oder einen Schilling ab. Ein Jahrhundert später ( Urk. 3678 ) hat sich für dieselben Dörfer der Unterschied zwischen beiden Hubensorten jedoch verschärft: In Niweren und in Cruftela liefern nun die Lidenhuben für die Textilproduktion nur noch Flachs, während die Knechtshuben eine Bahn Leinwand zinsen [121]. In Rotaha verweben die Lidenhuben Hemdenleinwand aus eigenem Flachs, die Knechtshuben aus herrschaftlichem Flachs [122].
Auch die Fronarbeit lässt im Textilbereich zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert keineswegs nach. Die Leinwandherstellung aus herrschaftlichem Flachs ( de opera dominica / de dominico lino ) kann um 800 nur bei den Mägden belegt werden [123]. Im 10. und 11. Jahrhundert sind es sowohl Liden- als auch Knechtshuben, die Leinwand aus herrschaftlichem Flachs weben [124]. Von einem Verschwinden des Fronhofes kann somit keine Rede sein, was die Zunahme der Dreitagefron pro Woche ebenfalls belegt.
Verwandelt sich die Tuchrente in einen Geldzins?
In der Forschung geht man von einer langsam aber sicher expandierenden Geldwirtschaft im Lauf des Hochmittelalters aus, was dazu führte, dass die Naturalabgaben verschwanden und durch Geldabgaben ersetzt wurden [125]. Tatsächlich musste der Kopist des Prümer Urbars im 13. Jahrhundert seinen Zeitgenossenen erklären, dass damals die Mansen Hemdenleinwand abgaben, als ob diese Praxis lange verschwunden wäre [126]. Das Verschwinden der Tuchabgabe und die Konkurrenz der städtischen Textilproduktion werden als Einflussverlust der Bäuerinnen interpretiert, welche für die Tuchabgaben verantwortlich waren. Das ländliche Hauswerk werde vom städtischen Handwerk oder Verlagssystem verdrängt, so die gängige Erzählung zur Entwicklung des Textilgewerbes im Mittelalter [127].
Wird diese Tendenz im Lorscher Urbar bestätigt? Entwickelt sich die Leinwandrente zum Geldzins, um dann zu verschwinden? Wenn man beide chronologischen Extreme des Urbars in den Blick nimmt, scheint die Quelle diese Entwicklung zu bestätigen. Die Leinwandrente hat in den früheren Hubenlisten um 800 tatsächlich keinen Gegenwert in Geld, sie hat auch keine standardisierte Länge und Breite, auch wenn man nicht ausschließen kann, dass die Länge und Breite, die für die Produktion der Mägde mit herrschaftlichem Flachs angegeben wird, auch für die Textilherstellung der Huben galt.
Die späteste Hubenliste im Lorscher Urbar bildet die Liste aus dem Ende des 11. Jahrhunderts für Ortschaften aus dem Ladengau [128]. Die Huben zinsten keine Tuche, dafür aber häufig Geldsummen. Oft beträgt der Geldzins einen Schilling, was in den früheren Listen den Gegenwert von einem Tuch darstellt [129]. Ersetzte dieser Schilling die verschwundene Bahn Leinwand, die die Bäuerin früher abgeben musste? Sicher ist dies nicht. Erstens konnten andere Naturalabgaben – etwa Ferkel – ebenfalls einen Schilling wert sein. Zweitens sind die Ortschaften des Ladengaus auch in einer früheren Hubenliste aufgelistet, die Franz Staab um 956 datiert, wo keine Leinwandrente erwähnt wird [130]. Drittens verläuft die Entwicklung zwischen diesen zwei chronologischen Extremen keineswegs linear, was die Verwandlung der Tuch- in Geldabgaben angeht.
Die idealtypischen Etappen der Entwicklung von der Natural- zur Geldabgabe stellt Ludolf Kuchenbuch anhand des Prümer Urbars und anderer frühmittelalterlicher Urbare vor [131]. Die erste Etappe ist die Wertangabe ( valente ): Die Naturalabgabe soll einen präzisen Geldwert haben; so kann eine bestimmte Qualität verlangt werden. Ein Ferkel im Wert von einem Schilling ist kleiner als ein Ferkel in Wert von zwei Schillingen. Dies bedeutet nicht, dass die Abgabe ( z. B. das Ferkel ) tatsächlich in Geld entrichtet wird, sondern dass der Marktwert des Gutes ( z. B. eines Ferkels ) so selbstverständlich war, dass selbst die Grundherrschaft auf den Markt-( Geld- )wert rekurriert, um dieses Gut zu spezifizieren. Die zweite Etappe ist die Alternativform: Anstelle der Naturalabgabe kann ( muss aber nicht ) der entsprechende Geldwert gezahlt werden. Die Hufe gibt z. B. ein Ferkel oder einen Schilling ab, wenn gerade kein Ferkel zur Verfügung steht. Die dritte Etappe ist die Definitivform: Der Geldersatz wird obligatorisch. Der Grundherr weiß, dass er zuvor eine Naturalabgabe ( oder einen Dienst ) von der Hufe erhielt, bevorzugt aber die Geldabgabe und schreibt deswegen in seinem Urbar „anstelle des Ferkels ein Schilling“. Eventuell verschwindet sogar die überflüssig gewordene Erwähnung des Ferkels.
Ob die Tuchabgabe oder der Webdienst von herrschaftlichem Flachs diesen Etappen folgten, soll nun überprüft werden. Im Reichsurbar aus der Zeit zwischen 830 und 850 wird das Frauenwerk durch eine Silberunze ersetzt [132]: Die Definitivform ist bereits vorhanden, auch wenn manche Abhängigen trotzdem teilweise Leinwand entrichten sollen, wie bereits oben erklärt. Das könnte darauf zurückzuführen sein, dass der Grundherr in diesem Fall der König war, der weniger an textiler Selbstversorgung als an Geldreserven interessiert war.
Die Besitzungen des Klosters Lorsch im Rangau ( Urk. 3677 ) sollten hingegen im 10. Jahrhundert immer noch Naturalabgaben oder Frondienste leisten: Geldwert oder Geldalternativen werden nicht erwähnt, auch nicht für das Verweben von Leinwand aus herrschaftlichem oder hofeigenem Flachs.
Für die Huben im Lahngau, in der Wetterau und im Maingau ( Urk. 3680 ) ist Anfang des 10. Jahrhunderts hingegen eine Alternativform in Geld vorgesehen: Die Huben können entweder eine Bahn Leinwand aus herrschaftlichem Flachs oder einen Schilling abgeben [133]. Allein die servilen Huben in Erdehe genießen diese Alternativform nicht – die Lidenhuben im selben Ort hingegen schon. Eine andere Ausnahme bilden die Lidenhuben in Cruftela, für die die Definitivform gilt: Anstelle des Frauenwerks sollen sie eine Silberunze entrichten.
Merkwürdig ist, dass sich diese Alternativform dort nicht zu einer definitiven Geldrente entwickelt. Laut Urkunde 3678 müssen die Ortschaften aus derselben Region im ersten Viertel des 11. Jahrhunderts zwar nicht mehr so viel Leinwand herstellen wie Anfang des 10. Jahrhunderts, aber für die von den servilen Huben geleistete Leinwandabgabe aus herrschaftlichem Flachs wird nicht einmal ein Geldwert angegeben. Die Entwicklung zwischen dem 10. und dem 11. Jahrhundert ging also in diesem Fall nicht in die Richtung eines Geldersatzes, sondern zurück zur reinen Naturalabgabe bzw. zum Frondienst. Auch in Urkunde 3663 aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts ist keine Entwicklung hin zum Geldersatz zu verzeichnen: Von den drei Leinwandabgaben haben zwei lediglich eine Geldwertangabe ( camisile, ualens unciam I ) [134], die dritte hingegen gar keinen Geldbezug ( camisile unum ) [135]. Es handelt sich in diesem Fall anscheinend um Hemdleinwand aus hofeigenem Flachs.
Diese unerwartete Chronologie deutet darauf hin, dass die Entwicklung von der Natural- zur Geldrente nicht linear verlief, sondern für die Zeit zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert von den regionalen Gegebenheiten und Bedürfnissen des jeweiligen Grundherrn abhängig war. Insgesamt verdeutlicht auch die Tabelle von Kuchenbuch zu den jeweiligen Formen von Geldrente in bekannten fränkischen Urbaren des 9. und 10. Jahrhunderts [136], dass alle drei Stufen ( Geldwertangabe, Geldrente als Alternativform und als Definitivform ) bereits zu dieser Zeit gleichzeitig an unterschiedlichen Orten vorhanden waren. Die Verzahnung von Geld- und Naturalwirtschaft war bereits fortgeschritten, ohne dass man hinsichtlich der Formen der Geldrente ein progressives Voranschreiten der Geld- gegenüber der Naturalwirtschaft beobachten kann.
Stattdessen wird klar, dass die ländlichen Hufeninhaber an vielen Orten bereits im 9. Jahrhundert die Gelegenheit hatten, ihre Erzeugnisse auf dem Markt zu Geld zu machen, und dass dies auch für Leinwand und Wolltuch galt. Mehr noch: Die frühen Fälle von Alternativ- oder Definitivgeldzins für das Verweben von herrschaftlichem Flachs könnten Vorzeichen einer Lohnarbeit in der Weberei darstellen: Einerseits wollten die Grundherren lieber Geld als Weberfrondienst erhalten, was den Fortbestand der ländlichen Webarbeit gefährden konnte; andrerseits wussten die spezialisierten ländlichen Weber und Weberinnen, wie viel ihre Arbeit wert war; daher konnten sie auf die Idee kommen, sich für einen Schilling für das Verweben einer Bahn Leinwand zu verdingen. Tatsächlich sind webende Lohnarbeiter aber erst im Laufe des 12. Jahrhunderts belegt [137].
Fazit
Bisher hat die Forschung den moralischen Diskurs zur Textilarbeit als opus feminile überbewertet und die Unterschiede zwischen den beteiligten Frauen weitgehend übersehen. Dass unfreie – und meist hufenlose – weibliche Hörige in den Textilwerkstätten des Saalhofes arbeiteten, sollte belegen, dass alle Frauen – selbstverständlich auch die Frauen von Hufeninhabern – in der Textilherstellung tätig waren. Die wenigen Stellen aus den Urbaren, die tatsächlich explizit die Bauersfrau mit einer Tuchabgabe belasteten, wurden bisher als Belege für eine Gleichsetzung von Frauen- und Textilarbeit im Frühmittelalter verstanden.
Die umfassende Analyse der Urbare und die Berücksichtigung der Stellen, in denen die Hufen keine Textilabgaben entrichteten oder diese nicht der Frau zugeschrieben wurden, erfordert eine Differenzierung dieser These. Die Ehefrauen von Hufeninhabern, die explizit eine Rente in Textilien erbringen sollten, bildeten in den hier analysierten Urbaren stets eine Minderheit unter den Hufnerinnen. Die Tuchrenten waren meist an die Hufe selbst und nicht an die Hufnerin gebunden. Außerdem waren sie in den jeweiligen Urbaren nur für einen begrenzten Anteil von Hufen vorgesehen, was demzufolge auf eine gewisse Spezialisierung in der Textilherstellung hinweist. Wenn ein Hof den Fokus auf die Lein- oder Wolltuchherstellung legte, reichte die Arbeitskraft der Hufnerin nicht aus, und die ganze Familie musste sich möglicherweise beteiligen, auch die männlichen Mitglieder.
Die Urbare von Saint-Germain-des-Prés, Saint-Bertin und Weißenburg enthalten tatsächlich explizite Hinweise auf eine Arbeitsteilung innerhalb der Hufe zwischen dem Mann und der webenden Bauersfrau. Allerdings ist diese geschlechtsspezifische Aufteilung der Abgaben alles andere als systematisch: Sie betrifft zehn von 19 Domänen im Urbar von Saint-Bertin, 24 von 315 Kapiteln im Weißenburger Urbar, fünf der 25 brevia des Urbars von Saint-Germain-des-Prés, sowie drei der 118 Kapitel des Prümer Urbars. Die Bäuerinnen werden also in den allerwenigsten Fällen ausdrücklich mit einer Tuchabgabe in Verbindung gebracht. Häufiger werden im Prümer Urbar andere Kategorien von Frauen in Zusammenhang mit Textilarbeit erwähnt: Diese Frauen traten in Gruppen auf, hatten keine Verbindung zu einzelnen Hufen und waren mit fronwirtschaftlicher Tuchherstellung aus Leinen, das der Grundherr zur Verfügung stellte, beschäftigt. Auch wenn sie nicht immer Mägde ( ancille ) genannt wurden, hatten sie viele Ähnlichkeiten mit den unfreien, meist jungen Mägden, die in den herrschaftlichen Textilwerkstätten ( gynaecea ) arbeiteten. Hufenlose weibliche, mit Textilarbeit beschäftigte Hörige werden auch im Urbar von Saint-Germain-des-Prés erwähnt. In den Lorscher Hubenlisten boten die Mägde, die für den Grundherrn in Fronarbeit Tuche erstellen sollten, sogar die einzige explizite Assoziierung von Frauen- und Textilarbeit. Die weiteren Textilrenten betrafen die Bauersfrauen nicht speziell, sondern die ganze Hufe. Daher kann man sich fragen, ob es richtig ist, hinter der Formulierung opus feminarum zwangsläufig Textilarbeit zu verstehen. Die Hinweise aus dem Lorscher Reichsurbar und den späteren Hubenlisten sprechen für diese Deutung, sind aber nicht eindeutig.
Die Lorscher Hubenlisten um 800 erwähnen selten Hufen mit einer vielfältigen Rentenstruktur: Abgesehen von der Eier-Huhn-Abgabe, die so gut wie allgegenwärtig war, waren die meisten Hufen mit einer besonderen Abgabesorte belegt. Fast alle Hufen, die ein Tuch abgeben sollten, waren also klar auf Tuchherstellung spezialisiert. Die räumliche Verteilung dieser Höfe spricht ebenfalls für eine lokale, landschaftsmäßige Spezialisierung auf Leinen- ( und eventuell Woll- )Produktion im Speyer- und Wormsgau, so wie es ebenfalls eine Bierspezialisierung bei den Hufen am Neckar im Lobdengau gab. Zwar erwirtschafteten die Hufen mit Tuchabgaben sicherlich eine ganze Reihe von anderen Erzeugnissen, die im Urbar keine Erwähnung finden. Aber die Hufen in der linksrheinischen Ebene westlich von Mannheim erwirtschafteten Überschüsse in der Leinwandproduktion – wahrscheinlich wegen eines ausgeprägten Flachsanbaus, aber möglicherweise auch wegen der handwerklichen Tradition der dortigen Bauernfamilien –, was darauf hindeutet, dass die Textilherstellung nicht nur Aufgabe der Bauersfrau war, sondern der gesamten Bauernfamilie oblag. Das nördliche Oberrheingebiet dürfte nicht einmal das beste Fallbeispiel darstellen, um diese Argumentation zu stützen. In nördlicheren Regionen ( Westfalen, Emsland, Friesland ) dürfte die Spezialisierung der Hufen auf Textilproduktion noch ausgeprägter gewesen sein: Die Werdener Besitzungen in Friesland kannten keine andere Abgabesorte als Tuche und Geld [138].
Auch die späteren Lorscher Hubenlisten aus dem 10. und 11. Jahrhundert enthalten Zeugnisse für auf Tuchherstellung spezialisierte Hufen. Die hessischen Besitzungen, die um 800 noch wenig Tuch abgaben, produzierten im 10. Jahrhundert vermehrt Leinwand für das Kloster. Überraschenderweise nahmen die Fälle von Hufen zu, die Tuche aus vom Grundherrn zur Verfügung gestellten Materialien herstellten: Die Fronarbeit ließ also im Bereich der Textilarbeit nicht nach. Auch kann man für Textilrenten keine lineare Entwicklung von der Natural- hin zur Geldabgabe feststellen. Manche Hufen hatten Anfang des 10. Jahrhunderts für ihren Webdienst einen Alternativzins in Geld, der jedoch im 11. Jahrhundert verschwunden war.
Wenn man sich fragt, wie es dazu kam, dass man im Lauf des 12. Jahrhunderts immer mehr auf männliche Weber stößt, lag es demzufolge nicht unbedingt am Rückgang der ländlichen Tuchherstellung aufgrund einer schleichenden Monetarisierung auf den Hufen der Grundherrschaft, sondern eher am Know-how, das männliche Bauern gerade auf diesen auf Textilherstellung spezialisierten Höfen sammeln konnten.
Eine Auseinandersetzung mit weiteren Urbaren und Urkundensammlungen mit derselben Methode, die in diesem Beitrag für die Lorscher Hubenlisten angewandt wurde, könnte die hier angestoßene Erneuerung der Forschung zur Textilherstellung in der frühmittelalterlichen Grundherrschaft vertiefen.
Anhang 1: Karten

Hufen der Lorscher Hubenlisten um 800 mit Erwähnung von Mägden

Hufen der Lorscher Hubenlisten um 800 ( Detail, Rheinland )
Kartierung der Hufen in den Urkunden 3651–3662 und 3678 des Lorscher Urbars. Es fehlen: Uttenheim ( Urk. 3652 ), Herresheim und Prangenheim ( Urk. 3660 ). Kartenvorlage: OpenStreetMap.

Hufen der Lorscher Hubenlisten um 800 mit Relief ( Detail, Rheinland )
Wie Karte 2. Reliefkartenvorlage: SRTM.
Anhang 2: Datenbank über Frauen- und Textilarbeit in den Lorscher Hubenlisten
Nr. |
Urk.-Nr. |
Ort |
Passage über Frauen- oder Textilarbeit |
Urk.-Datum |
Bezeichnung |
1 |
3653 |
Kraichgau |
In Creichgouue in Munichgoldesheim est huba I que soluit sarcile I |
um 800 |
nur Textilarbeit |
2 |
3654 |
Gau Wingartau in Lohrbach |
Ancille vero ad easdem hubas pertinentes faciunt singule camisile IX uinarum in longo V in lato de opera dominica |
um 800 |
Mägde |
3 |
3654 |
Gundolfesheim |
Ancille similiter faciant |
um 800 |
Mägde |
4 |
3654 |
manoldi ministerio |
Ancille faciunt singule sarcile I aut camisile I |
um 800 |
Mägde |
5 |
3655 |
Wilheim ( Weilheim ) |
Ancille singule faciant camisile aut sarcile I ad X ulnas in longum et IIII in latum de opera dominica |
um 800 |
Mägde |
6 |
3656 |
Rumeringa |
Ancille faciunt sarcile aut camisile ut supra |
um 800 |
Mägde |
7 |
3659 |
Scurheim |
In Scurheim est huba dimidia que soluit camisile I pullos III oua XV |
um 800 |
nur Textilarbeit |
8 |
3659 |
Assenheim |
In Assenheim est mansus cum XX iurnalibus qui soluit camisile I pullos III oua XV |
um 800 |
nur Textilarbeit |
9 |
3659 |
Dandestat |
In Dandestat est huba dimidia que soluit camisile pullos III oua XV ueruecem I denarium I ualentem |
um 800 |
nur Textilarbeit |
10 |
3660 |
Kircheim |
In Kircheim est huba dimidia que soluit pullum I oua X camisile I |
um 800 |
nur Textilarbeit |
11 |
3660 |
Offenstein |
In Offenstein est huba dimidia, que soluit camisile I pullum I oua X |
um 800 |
nur Textilarbeit |
12 |
3660 |
Landrichesheim |
In Landrichesheim est molendinum I quod soluit sarcile I pullum I oua X |
um 800 |
nur Textilarbeit |
13 |
3660 |
Merstat |
In Merstat sunt hube III que soluunt sarcilia pullum I oua X |
um 800 |
nur Textilarbeit |
14 |
3660 |
Dagolfesheim |
In Dagolfesheim sunt hube II que soluunt sarcile |
um 800 |
nur Textilarbeit |
15 |
3660 |
Ominesheim |
In Ominesheim sunt hube II una in dominico alia seruilis que soluit sarcile I pollum I oua X |
um 800 |
nur Textilarbeit |
16 |
3660 |
Ascmundesheim |
In Ascmundesheim sunt hube V una in dominico quatuor seruiles que soluunt unaqueque sarcile I |
um 800 |
nur Textilarbeit |
17 |
3660 |
Munzenheim |
In Munzenheim sunt hube II que soluunt sarcile I pollum I oua X |
um 800 |
nur Textilarbeit |
18 |
3660 |
Wintersheim |
In Wintersheim sunt hube III una in dominico II seruiles quarum una soluit sarcile I altera denarios VI |
um 800 |
nur Textilarbeit |
19 |
3660 |
Esgilenbrunnen |
In Esgilenbrunnen sunt hube XIIII in festiuitate s. Remigii persoluentes V solidos, et II manipulos et I denarium et integrum panem aduocato |
um 800 |
nur Textilarbeit |
20 |
3660 |
Frimaresheim |
In Frimaresheim sunt hube V una in dominico IIII seruiles que soluunt pullos IIII oua XL et totidem sarcilia |
um 800 |
nur Textilarbeit |
21 |
3660 |
Gunsenheim |
soluit sarcile I |
um 800 |
nur Textilarbeit |
22 |
3661 |
Erdehe |
Lazehube [ Laze=lides? ] soluit [ … ] camsile I |
unklar |
nur Textilarbeit |
23 |
3662 |
Hamme |
In Hamme sunt hube VIII sortes X quarum quelibet soluit uncias III agnum in pascha, pullum I oua X camisile I de opera sua |
Anfang 9. Jh. |
Textilarbeit |
24 |
3662 |
Momenheim |
In Momenheim huba I et IIII pitture soluunt VII carradas de uino, camisile I pullum I oua X |
Anfang 9. Jh. |
Textilarbeit |
25 |
3662 |
Gundheim |
In Guntheim sunt VIII hube seruiles, et de terra indominicata iurnales CCLXX hube soluunt quelibet sarcile I pullum I oua X |
Anfang 9. Jh. |
Textilarbeit |
26 |
3662 |
Merstat ( Mörstadt ) |
In Merstat sunt hube IIII que soluunt sarcilia, pullum I oua X |
Anfang 9. Jh. |
Textilarbeit |
27 |
3663 |
Heppenheim |
In Heppenheim sunt hube dominicales III. Seruiles XXVIII quarum unaqueque soluit porcum et carmisile unum |
Anfang 11. Jh. |
Textilarbeit |
28 |
3663 |
Michlenstat |
In Michlenstat sunt hube dominicales VIII. Seruiles XLVI quarum unaqueque soluit porcum II annorum et camisile, ualens unciam I |
Anfang 11. Jh. |
Textilarbeit |
29 |
3663 |
Morlebach |
In Morlebach sunt hube dominicales VI. Seruiles XXVII quarum unaqueque soluit porcum II annorum et camisile ualens unciam |
Anfang 11. Jh. |
Textilarbeit |
30 |
3668 |
Hohensachsen |
In alio uico VII curtales reddunt VII uncias, uiri XIIII et XVIIII mulieres I talentum et IIII solidos et dimidium persoluunt |
um 956 |
|
31 |
3668 |
Ritschweier sö. Weinheim |
In Ruozelensuuilre III curtales IIII molend( inarii ) VIIII uiri priuati et XIIII mulieres XVI solidos soluunt |
um 956 |
|
32 |
3668 |
Leuterhausen |
VII [ eigentlich XII ] curtales et II faciunt mensales si datur linum, et seruit I diem si datur anona |
um 956 |
nur Textilarbeit |
33 |
3668 |
Sassenheim |
IIII curtales serviunt I diem per totum annum, II [ curtales ] faciunt mensales |
um 956 |
nur Textilarbeit |
34 |
3669 |
Weinheim |
II hube utraque soluit I bouem. De priuatis uiris ac mulieribus in censum soluuntur II talenta IIII denariis minus quam VIII uncie |
um 956 |
|
35 |
3669 |
Hemsbach |
In Heimingesbach XVIIII denariorum minus quam I talentum soluitur ex priuatis uiris ac feminis |
um 956 |
|
36 |
3671 |
Rohrheim ( Klein Rohrheim ) |
Huba ingenualis que soluit [ … ] pro opere feminarum solidum I dat et parafredum et seruit sicut ei precipitur; Item seruiles hube XXX [ … ] pro opere feminarum dat XV. Item fiscaline femine VIIII soluunt quelibet solidum. Seruiles femine XXII soluunt quelibet XV denarios, VI serui soluunt quilibet solidum |
830–850 Reichsurbar |
|
37 |
3672 |
Nierstein |
Operatur in anno ebd ( omadas ) IIII ubicumque ei precipitur. Pro opere feminarum dat unciam I; de lignis carr. I, pullum I oua X |
830–850 Reichsurbar |
|
38 |
3673 |
Niwenheim |
De Niuuenheim. In villa Niuuenheim est huba integra que soluit simile seruitium et II modios des siligne et altera huba dimidia soluit in censum denarios X modium I pullum I oua X pro opere feminili unciam I et arat iurnalem I |
830–850 Reichsurbar |
|
39 |
3673 |
Biwinesheim |
In villa Biuuinesheim II sortes soluunt simile seruitium et pro opere feminili donant uncias II |
830–850 Reichsurbar |
|
40 |
3674 |
Mergenstat ( Mörstadt ) |
Arat iurnales III pro opere feminili reddit solidum I, et seruit sicut ei precipitur |
830–850 Reichsurbar |
|
41 |
3674 |
Mergenstat ( Mörstadt ) |
parafredum I et solidum I pro opere feminarum et seruit sicut ei precipitur |
830–850 Reichsurbar |
|
42 |
3674 |
Mergenstat ( Mörstadt ) |
et pro opere feminili unciam I |
830–850 Reichsurbar |
|
43 |
3674 |
Hofheim w. Lorsch ( ? ) und Wies-Oppenheim w. Worms |
pro opere feminarum dant libras IIII. De mansis solidos X |
830–850 Reichsurbar |
|
44 |
3675 |
Florstadt |
Pro opera feminili I unciam. Pro opere feminili de mansis ingenualibus libre II uncie VIIII. De mansis seruilibus libra I uncie VIII denarii V [ … ]. De opera dominica camisilia XXVII. Sarcilia VII et dimidium |
830–850 Reichsurbar |
|
45 |
3677 |
Rietvelden |
In villa Rietuelden sunt XX hube quarum XVI soluunt quelibet porcum I uncias II ualentem et VIII pannos ex dominico lino, et XI pannos ex proprio lino |
10. Jh. ( nach Minst ) |
nur Textilarbeit |
46 |
3677 |
Seheim |
[ … ] et alie IIII hube solvunt XL modios avene I pannum ex dominico lino. In Argesheim sunt VIII hube que solvunt eundem censum |
10. Jh. ( nach Minst ) |
nur Textilarbeit |
47 |
3677 |
Habelesheim |
sunt hube VI quarum I soluit porcum I ualentem unciam I et pannum I. Alie IIII solvunt porcos ualentes II uncias, VI soluunt IIII denarios et pannos II |
10. Jh. ( nach Minst ) |
nur Textilarbeit |
48 |
3677 |
Tieffens |
sunt hube X quarum VIII soluit porcos VIII ualentes unciam I, pannum I ex dominico lino |
10. Jh. ( nach Minst ) |
nur Textilarbeit |
49 |
3677 |
Cenne |
sunt hube VIII que soluunt porcos VIII ualentes denarios XXX et I pannum ex dominico lino |
10. Jh. ( nach Minst ) |
nur Textilarbeit |
50 |
3677 |
Wibelensheim |
sunt hube V quarum III soluunt III porcos ualentes II uncias, III gallinas, III pannos ex dominico lino, et III dies ebdomadam operantur, et alie II soluunt II modios avene |
10. Jh. ( nach Minst ) |
nur Textilarbeit |
51 |
3678 |
Niweren |
Preterea sunt ibi seruiles hube duode XX que III dies in ebd( omada ) operantur et soluunt totidem pullos quod sunt hube, oua XII et camisile I |
1. Viertel 11. Jh. |
nur Textilarbeit |
52 |
3678 |
Cruftelen |
Insuper sunt ibi XI seruiles que III dies in ebd( omada ) operantur et donant camisile I ex dominico lino et XI pullos et XII oua |
1. Viertel 11. Jh. |
nur Textilarbeit |
53 |
3678 |
Rotaha |
In Rotaha sunt hube lidorum II minus XXX e quibus totidem porci soluuntur in fest( iuitate ) s. Martini ad precium I uncie et camisile de proprio lino [ … ] Insuper sunt ibi hube seruiles due de XX que seruiunt III dies in ebd( omada ) et soluunt camisile I de dominico lino |
1. Viertel 11. Jh. |
nur Textilarbeit |
54 |
3680 |
Cruftela |
In villa Cruftela da dominicam cutten pertinent seruiles hube, VIIII hube plene lidorum XL quarum unaqueque soluit parafredum I et pro opere feminarum unciam I pullum I oua XII et alie IIII dimidie quarum unaqueque soluit porcum I ad pretium XXX den( ariorum ) et parafredum |
Anfang 10. Jh. |
nur Textilarbeit |
55 |
3680 |
Erdehe |
hube plene lidorum XXVI quarum unaqueque soluit porcum [ … ] et camisile de dominico lino sive solidum I et XXX oua. Hube seruiles XXX unaqueque solvens camisile I denarios VI oua XII |
Anfang 10. Jh. |
nur Textilarbeit |
56 |
3680 |
Niveren |
hube plene lidorum XXVIII quarum unaqueque soluit porcum [ … ] et camisile de dominico lino sive solidum I. Hube seruiles XXX unaqueque solvens camisile I de dominico lino sive solidum I pullum I oua XII |
Anfang 10. Jh. |
nur Textilarbeit |
57 |
3680 |
Oberhoven |
solvens camisile I sive solidum I pullum I oua XII |
Anfang 10. Jh. |
nur Textilarbeit |
58 |
3680 |
Heckestat |
solvens camisile I sive solidum I pullum I oua XII |
Anfang 10. Jh. |
nur Textilarbeit |
59 |
3680 |
Richdorph / Kirchdorph ( Kirdorf ) |
solvens camisile I sive solidum I pullum I oua XII |
Anfang 10. Jh. |
nur Textilarbeit |
60 |
3680 |
Rumphenheim ( Offenbach-Rumpenheim ) |
hube XXII unaqueque solvens camisile I de dominico lino sive solidum I pullum I oua XII |
Anfang 10. Jh. |
nur Textilarbeit |
© 2022 bei den Autoren, publiziert von De Gruyter.
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