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Online-Anmeldung, aber richtig! Die drei Online-Prozesse der Stadtbücherei Frankfurt am Main

  • Helga Hofmann

    Helga Hofmann

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    and Vittoria Ollig

    Vittoria Ollig, M.A.

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Published/Copyright: August 7, 2024
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Zusammenfassung

Seit über drei Jahren bietet die Stadtbücherei Frankfurt am Main Neukund*innen die Möglichkeit, einen Bibliotheksausweis medienbruchfrei online zu beantragen. 2022 kam die Online-Verlängerung des Bibliotheksausweises dazu und 2023 folgte das E-Payment, um Mahnentgelte und andere Forderungen online zu bezahlen. In diesem Artikel werden die Ausgangslage, die Motivation, der Prozessverlauf und die Herausforderungen dargestellt, ergänzt um ein Resümee nach drei Jahren Praxis.

Abstract

For more than three years, the City Library in Frankfurt has been offering new library users an online card application service without media discontinuity. In 2022, it was extended to include online renewing of the library card, followed by ePayment in 2023, to settle fees and overdue charges. The article includes a description of the starting position and motivations, outlines development processes and challenges, and offers a preliminary assessment after three years of practical experience.

Einleitung

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Weihnachten, der E-Reader liegt unter dem Baum und man würde die Feiertage gerne nutzen, um das neue Gerät ausgiebig zu nutzen. Von einer Bekannten hat man gehört, dass man E-Books auch in der Bibliothek ausleihen kann, die Auswahl sei enorm. Nun würde man sich mit gern mit digitalem Lesestoff aus der Bibliothek versorgen. Allerdings war man lange nicht mehr dort, ein Bibliotheksausweis muss also her. Die Bibliothek öffnet erst wieder nach den Feiertagen. Wäre es nicht schön, sich online direkt anzumelden und mit dem digitalen Ausleihen gleich loslegen zu können?

Ein anderes Szenario: Im Urlaub trifft per E-Mail die Benachrichtigung ein, dass das vorgemerkte E-Book jetzt zu Verfügung steht. Man kann es nicht ausleihen, da die Gültigkeit des Bibliotheksausweises abgelaufen ist. Wäre es jetzt nicht schlicht und einfach zeitgemäß, das Jahresausleihentgelt direkt von der Sonnenliege via PayPal begleichen zu können und anschließend mit der Lektüre des langerwarteten Schmökers zu beginnen?

Gründe für die Online-Anmeldung

Denkt man sich in diese beiden Szenarien ein, stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit von Online-Services wie Neuanmeldung oder Verlängerung nicht.

An erster Stelle stehen die Wünsche und Anforderungen unserer Leser*innen. Ein solcher Service wird erwartet – zu Recht! Schließlich kann man sonntags auch eine neue Kreditkarte bestellen oder Operntickets erwerben. Warum also keinen Bibliotheksausweis?

In der Pandemie haben sich die Menschen noch viel mehr und viel schneller als bisher dem Digitalen zugewandt. Insbesondere die Zeit während der beiden Lockdowns hat gezeigt, wie nötig die Möglichkeit einer Online-Registrierung bei der Bibliothek war und ist.

Ein weiteres Argument sind Leser*innen, die ausschließlich die digitalen Angebote der Bibliothek nutzen. Das Angebot einer rein digitalen Anmeldung ist nur folgerichtig; der Zwang, zur Anmeldung in die Bibliothek zu kommen, wirkt hier bürokratisch und wie aus der Zeit gefallen.

Auch Menschen mit Mobilitätseinschränkung profitieren von der Möglichkeit, sich online anmelden zu können. Ist der Weg in die Bibliothek zu beschwerlich, sind die Räumlichkeiten gar nicht barrierefrei, ist ein Online-Antragsverfahren mehr als eine interessante Alternative. Dann ist es eine wichtige Maßnahme im inklusiven Portfolio der Bibliothek.

Und als letztes Argument kommt das Online-Zugangsgesetz (OZG) ins Spiel. Es verpflichtete den öffentlichen Dienst, bis 2022 digitalisierbare Leistungen auch digital anzubieten. In Hessen war der Bibliotheksausweis auf dem offiziellen Umsetzungskatalog. Die Frage nach dem „Warum?“ stellte sich also gar nicht mehr.

Das Projekt Online-Anmeldung in der Stadtbücherei Frankfurt

Als die Stabsstelle Digitalisierung der Stadt Frankfurt am Main bereits 2016 erstmalig auf die Stadtbücherei zukam und nach Anwendungsmöglichkeiten für die Umsetzung eines digitalen Antragsverfahrens fragte, haben wir schnell an die Möglichkeit einer Online-Anmeldung gedacht.

Zu dieser Zeit hatte die Stabstelle Digitalisierung gerade damit begonnen, in den städtischen Ämtern Pilotprojekte für digitale Antragsverfahren zu initiieren und sondierte, wo Bedarf, Möglichkeiten und vor allem die Motivation in den Fachämtern vorhanden war. Für die Stadtbücherei war der Zeitpunkt günstig. Einerseits gab es hier einen Partner, der bereit war, mit Personal und Know-How einzusteigen und interessierte, digital affine Ämter suchte; andererseits hatten wir selbst schon Vorüberlegungen, jedoch nicht die Ressourcen, ein solches Projekt mit eigenen Mitteln zu realisieren.

Für die Umsetzung dieser Prozesse stand civento, eine in Hessen weit verbreitete Software für das Fall- und Antragsmanagement zur Verfügung. Mit civento ist es möglich, Prozesse zu modellieren, bei denen Bürger*innen Anträge stellen und Entgelte bezahlen können.

Der erste Prozess, der in Frankfurt realisiert worden war, war das Antragsverfahren für das Anwohnerparken. Es gab also bereits Erfahrungen innerhalb der Stadt, auf die wir zurückgreifen und auf denen wir aufbauen konnten.

Am Anfang stand eine Bestandsaufnahme des analogen Ist-Prozesses der Anmeldung in der Bibliothek. Es war schnell klar, dass wir eine Online-Anmeldung mit civento gut würden realisieren können. Auch klar wurde: Wir würden mit civento nicht sämtliche, in den Jahren gewachsene Sonderfälle abbilden. Wir entschieden uns für die drei Hauptzielgruppen der Stadtbücherei: Erwachsene Standard-Leser*innen, Kinder und Jugendliche und die Nutzergruppe, die über den Frankfurt-Pass, einer von der Stadt an Geringverdiener*innen ausgegebene Karte einen kostenfreien Bibliotheksausweis erhält.

Mit dieser Priorisierung griffen wir ein Grundprinzip der Digitalisierung auf: Wer Abläufe vom Analogen ins Digitale übertragen möchte, sollte zunächst immer die bestehenden Prozesse kritisch hinterfragen. Vor der Konzeption eines neuen Angebots steht immer die Aufgabenkritik.

Worauf es uns ankam

Für uns stand von Anbeginn fest, dass unsere Lösung weitestgehend medienbruchfrei sein musste. Eine Lösung, die im Frontend „online“ aussieht, im Hintergrund aber konventionell mit händischer Erfassung im Bibliotheksverwaltungsprogramm oder in SAP ohne unmittelbare Freischaltung des Zugangs abgewickelt werden muss, kam für uns nicht in Frage. Das bedeutete im Umkehrschluss: Das Antragsportal musste sowohl eine Möglichkeit der automatisierten Authentifizierung beinhalten wie auch eine Schnittstelle zur Fachanwendung BibliothecaNext (damals noch BibliothecaPlus). Ferner musste es möglich sein, Zahldaten nach SAP zu übertragen. Der neue Prozess sollte die Abläufe in Bibliothek und Verwaltung vereinfachen.

Eine weitere Anforderung betraf die revisionssichere und in Benutzungs- und Entgeltordnung festgeschriebene Bezahlfunktion. Es musste von Anfang an möglich sein, mit der Neuanmeldung das Jahresausleihentgelt zu entrichten. Nur wer dieses bezahlt hat, darf die Stadtbücherei – auch die digitalen Angebote – nutzen. Die Möglichkeit eines befristeten Testausweises kennt unsere Benutzungsordnung nicht.

Mindestens genauso wichtig wie die Neuanmeldung online für einen Bibliotheksausweis war für uns – und vor allem für unsere Leser*innen – die Möglichkeit, auch die Gültigkeit des Bibliotheksausweises online und unmittelbar via E-Payment begleichen zu können. Und auch das Bezahlen offener Forderungen (v. a. Säumnisentgelte, Medienersatz) wollten wir realisiert sehen – mit entsprechender Abbildung in BibliothecaNext und SAP.

Mit der Stabsstelle Digitalisierung hatten wir also einen motivierten Partner gefunden, mit dem wir das Projekt angehen konnten, der uns mit civento eine brauchbare Software bieten konnte und für die Modellierung nicht nur personelle, sondern auch finanzielle Ressourcen beisteuern konnte.

Damit war es aber nicht getan. Um den Prozess medienbruchfrei anbieten zu können, benötigten wir auch die Entscheidung von OCLC, unserem Softwarepartner, dieses Projekt zu unterstützen. Um die Daten der Antragstellenden korrekt an das Fachverfahren BibliothecaPlus übergeben zu können, musste die bereits vorhandene REST-API weiterentwickelt werden.

Zahlreiche weitere Partner beteiligen sich an der Realisierung des Projektes: das Kassen- und Steueramt sowie die Finanzabteilung des eigenen Hauses zu Fragen der korrekten Verrechnung von Entgelten, der städtische Datenschutz zu Speicherfristen hochgeladener Dokumente, das Rechtsamt zu Haftungsfragen bei Anmeldungen von Minderjährigen. Denn wir wollten auf die bislang an den Theken geleistete Unterschrift verzichten. Eine solche Entscheidung trifft man nicht als Bibliothek alleine, sondern nur mit juristischer Begleitung.

Im Laufe des Prozesses, in dem das Verfahren stetig weiterentwickelt und konkretisiert wurde, wurde der Weg klarer: Wir wollten das Projekt in drei Stufen realisieren. In einem ersten Schritt würden wir mit der Online-Anmeldung an den Start gehen und dann sukzessive die Online-Verlängerung und das E-Payment zur Bezahlung von Säumnisentgelten folgen lassen.

Große Einigkeit herrschte über den zeitlichen Abstand zwischen Stufe eins und zwei: Wir waren uns einig, dass die Online-Verlängerung spätestens ein Jahr nach Realisierung der Online-Anmeldung an den Start gehen musste. Zu schwer vermittelbar wäre es gewesen, den Kund*innen zwar eine Online-Anmeldung anbieten zu können, die Gültigkeitsverlängerung aber dann wieder nur analog bei einem Bibliotheksbesuch ermöglichen zu können.

Am 27. Juli 2021 war es endlich soweit: Unsere Online-Anmeldung ging nach intensiven Tests unsererseits an den Start und wurde von Anbeginn gut angenommen. Ein Jahr später, um Juli 2022, konnten wir, aufbauend nicht nur auf technischer Basis, sondern auch auf dem Wissen und dem Know-How aus bisher gemachten Projekterfahrungen basierend die Online-Verlängerung realisieren und als letzter Baustein folgte zum 1. August 2023 das E-Payment zur Begleichung offener Forderungen.

So sehen die Prozesse aus

Sowohl dem civento-Team als auch uns war wichtig, dass das Antragsportal in der Nutzung so einfach wie möglich sein sollte. Auch ist die Website bewusst schlicht gehalten.

Zu den drei Antragsportalen gelangt man direkt über die Homepage der Stadtbücherei Frankfurt, verlinkt wird aber auf der Seite der Stadt Frankfurt, die alle Online-Services der Stadt aufführt. Alternativ findet man die Links auch bei seinen persönlichen Daten nach Einloggen in den Katalog OPEN.

Im Antragsportal für eine Neuanmeldung durchlaufen die Antragsteller*innen folgende Schritte:

  • Sie stimmen zunächst der Datenschutzerklärung und der Benutzungsordnung zu,

  • sie geben ihre Daten selbst ein und können hier auf hinterlegte Postleitzahlen- und Straßennamenregister zurückgreifen, so dass die Adressdaten einheitlich und korrekt in das Antragsportal übernommen werden und anschließend

  • vergeben sie sich selbst ein Passwort, das sie später z. B. für den Online-Katalog nutzen können

  • und sie wählen aus mehreren Möglichkeiten zu bezahlen. Am beliebtesten mit ca. 80 Prozent der Zahlungen ist die Zahlung über PayPal. Weitere Zahlungsmöglichkeiten sind Kreditkarten und giropay.

Abb. 1: Eingabemaske Online-Anmeldung
Abb. 1:

Eingabemaske Online-Anmeldung

Unmittelbar nach Durchlaufen des Prozesses erhalten die Antragsteller*innen eine Begrüßungs-E-Mail, die ihre Bibliotheksausweisnummer enthält. Sie können also direkt die Online-Dienste nutzen, das persönliche Passwort haben sie sich ja im Laufe der Antragstellung selbst vergeben.

Den Bibliotheksausweis selbst versenden wir per Post, so dass er nach wenigen Tagen bei der neuen Leserin / dem neuen Leser zuhause eintrifft. Der Vorgang ist also bei den Standardfällen – diese machen das Gros der Anträge aus – tatsächlich medienbruchfrei.

Lediglich bei Minderjährigen unter 16 Jahren, bei Umlandbewohner*innen und bei Inhaber*innen eines Frankfurt-Passes muss derzeit noch ein Dokument hochgeladen und dieses im Anschluss von den Kolleg*innen im civento-Backend geprüft und freigeschaltet werden.

In den Fällen, in denen keine Zahlung erfolgen muss – bei Minderjährigen und Frankfurt-Pass-Inhaber*innen – wird direkt nach erfolgreicher Prüfung durch unsere Kolleginnen automatisch der E-Mail-Versand mit der Ausweisnummer angestoßen. Bei zahlenden Umlandbewohner*innen passiert das direkt nach Zahlung.

Bei Online-Verlängerung und E-Payment ist ausschließlich ein Login zu den Zugangsdaten Bibliotheksausweisnummer und persönliches Passwort nötig, damit man zum Bezahlprozess gelangt.

Öffentlichkeitsarbeit nach innen und nach außen

Digitale Prozesse sind nur dann erfolgreich, wenn sie für die Nutzerin, den Nutzer einfach sind. Das ist hier der Fall. Ein weiteres K.O.-Kriterium ist, dass sie von Mitarbeitenden mitgetragen werden. Nichts ist so kontraproduktiv wie abwertende Bemerkungen der Bibliotheksmitarbeitenden im Publikumsdienst über den neuen Service. Um dies zu vermeiden, haben wir im Haus immer wieder über das Projekt informiert und uns mit den jeweiligen Teams in der Verwaltung und in den Publikumsabteilungen rückgekoppelt. Wir haben das Projekt schriftlich und in Dienstversammlungen oder Teambesprechungen vorgestellt. Wir haben immer wieder vermittelt, warum dieses Projekt für die Stadtbücherei wichtig ist. Inzwischen fragen uns Mitarbeitende, wenn Civento einmal ausfällt, wann es denn wieder läuft. Die neuen Services sind in der Breite des Hauses akzeptiert.

Nach außen haben wir die üblichen Kanäle genutzt – Pressearbeit, Veröffentlichungen auf Social Media und unserer Website. Am allermeisten hat hier gewirkt, dass wir die Information zu den neuen Services in das Leserkonto im Online-Katalog integriert haben. Dort holen wir die Leser*innen ab, die online aktiv sind. Sie erfahren von der Möglichkeit, den Ausweis online zu verlängern oder Forderungen online zu zahlen, genau dann, wenn sie sich im Leserkonto bewegen, um z. B. etwas vorzumerken oder zu verlängern und dafür einen gültigen, nicht mit Gebühren belasteten Bibliotheksausweis benötigen.

Herausforderungen

Von den ersten Sondierungsgesprächen 2016/2017 bis zum Go-Live der Online-Anmeldung 2021 sind mehrere Jahre vergangen.

Auch wenn die Voraussetzungen an und für sich günstig und alle Beteiligten engagiert bei der Sache waren: Im Tun stellte sich heraus, dass der Weg zur Online-Anmeldung durchaus herausfordernd war. In der Projektarbeit sahen wir uns mit verschiedenen Hürden konfrontiert, darunter zum Beispiel einer größeren Reorganisation beim IT-Amt der Stadt Frankfurt. Jeder Wechsel von Zuständigkeiten führte zur Unterbrechung der Projektarbeit.

Dazu kamen durch Updates bedingte Verzögerungen. Updates, die für die Weiterarbeit erforderlich waren. Dies betrifft sowohl Updates beim Bibliotheksverwaltungsprogramm BibliothecaNext wie auch bei Civento. Bei knapp 300 BibliothecaNext-Lizenzen in der Stadtbücherei und umfangreicher angeschlossener Peripherie wie Rückgabeautomaten, Selbstverbucher usw. sind Updates keine Sache von einigen Stunden. Sie müssen gut geplant werden.

Zeitlich zurückgeworfen wurden wir auch durch einen Hacker-Angriff auf unseren Onlinekatalog OPEN. Dies führte dazu, dass die Prioritäten zunächst woanders lagen.

Zeit floss auch in die Weiterentwicklung der REST-API von OCLC und die dazugehörige Abstimmung zwischen den Entwickler*innen der beteiligten IT-Anbieter.

Außerdem mussten wir ein Beteiligungsverfahren nach dem Hessischen Personalvertretungsgesetz (HPVG) durchführen. Die Online-Anmeldung erfüllt den Tatbestand der Mitbestimmung durch den Personalrat. Die Lektion, die wir hier gelernt haben, ist: Auch dafür muss ausreichend Zeit angesetzt werden.

Nicht zu unterschätzen sind darüber hinaus innerstädtische Abstimmungsprozesse. Auch wenn der fertige Prozess für die Leser*innen schlicht wirkt: An der Gestaltung des Prozesses im Hintergrund waren zahlreiche Partner zu beteiligen und deren Anliegen zu berücksichtigen. Insbesondere beim Einrichten der Bezahlfunktion mussten die Anforderungen aller Beteiligter umfassend berücksichtigt werden. Wenn es ums Geld geht, muss man besonders genau und umsichtig arbeiten. Das heißt, wir brauchten die Expertise der Finanzexpert*innen aus dem eigenen Haus, dem städtischen Kassen- und Steueramt, dem SAP-Kompetenzteam und dem Revisionsamt. Einzubeziehen waren außerdem der städtische Datenschutzbeauftragte sowie die Verantwortlichen der IT-Sicherheit und das Rechtsamt.

Projektmanagement

Viel gelernt haben wir auch in Bezug auf die Projektarbeit selbst. Beim ersten Teilprojekt, der Online-Anmeldung, arbeiteten wir nach den Regeln des klassischen Projektmanagements. Ähnlich wie beim Berliner Flughafen führten sich ständig neu ergebende Aspekte immer wieder zu Verzögerungen. Der Kick-Off musste mehrfach nach hinten verschoben werden. Irgendetwas war immer.

Beim zweiten und dritten Teilprojekt arbeiteten wir anders. Ab jetzt kamen Methoden des agilen Projektmanagements zur Anwendung. Das Amt für Information und Kommunikation, das zwischenzeitlich von der Stabsstelle Digitalisierung die Federführung übernommen hatte, sah keine Alternative. Wer stadtweit die Implementierung digitaler Services betreut, kann nicht anders arbeiten als mit klaren Strukturen und einer eindeutigen Roadmap. Dazu gehört, dass der Projektaufwand am Anfang geschätzt und das Zeitfenster klar definiert wird. 14tägig fanden Projekttreffen statt, um den Projektfortschritt festzuhalten, Aufgaben zu verteilen und gegebenenfalls nachzujustieren. Das, was mit den vorhandenen Ressourcen und in der geplanten Zeit nicht umzusetzen war, wurde zurückgestellt. Im Resultat bei uns: Das Ergebnis ließ sich sehen. Nach nur wenigen Wochen Projektarbeit gingen wir mit dem zweiten Teilprojekt rechtzeitig live. Zwar stand noch nicht jede gewünschte Funktion zur Verfügung, aber es war gelungen, in endlicher Zeit das Wesentliche zu erreichen. Auch das dritte Teilprojekt wurde so umgesetzt. Ein großer Schritt!

Resümée nach bald drei Jahren Praxis

Die Online-Anmeldung, Verlängerung und das E-Payment haben sich als komplexer erwiesen als anfangs gedacht. Hier haben wir auf die Expertise zahlreicher Partner zurückgreifen können. Ohne sie hätten wir das Projekt allein nicht stemmen können. Eine besondere Erwähnung verdienen an dieser Stelle die Stabsstelle Digitalisierung sowie das Amt für Information und Kommunikation der Stadt Frankfurt. Auch OCLC als Anbieter unserer Fachanwendung war für den Projekterfolg von hoher Bedeutung. Wäre die IT-technische Kommunikation von civento und BibliothecaNext nicht gelungen, wären wir mit dem Projekt nicht an den Start gegangen. Wir danken allen Beteiligten für ihr Engagement.

Die drei Antragsverfahren sind mittlerweile etabliert und werden gut genutzt. Im Jahr 2023 konnten wir ca. 4.000 eingegangene Vorgänge zählen, der Trend ist steigend. Spitzenreiter unter den drei Prozessen ist die Online-Verlängerung mit ca. 60 Prozent der Anträge. Die Möglichkeit, sich rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr online anzumelden, die Gültigkeit des Bibliotheksausweises zu verlängern oder offene Forderungen zu begleichen, ist ein echtes Service-Plus für unsere Kund*innen. Dies schlägt sich auch in der Statistik nieder. Wenngleich es immer schwierig ist, Ursache und Wirkung eindeutig zu benennen, so sind wir doch davon überzeugt, dass die hier beschriebenen neuen Services dazu beigetragen haben, dass die Stadtbücherei 2023 so viele aktive Leser*innen hatte wie seit knapp 10 Jahren nicht mehr.

Rückmeldungen wie die folgende zeigen, dass nicht nur der Prozess an sich positiv wahrgenommen wird, sondern vor allem sich auch die unkomplizierte, schnelle Beantragung imagefördernd wirkt.

„Als Neu-Frankfurter hatte ich das super reibungslose Vergnügen, mich bei der Stadtbücherei online anzumelden.

Der Registrierungsprozess war einfach und rasch absolviert, und keine 20 Minuten nach Absenden meiner Daten kam bereits die Bestätigungs-Mail mit Nutzernamen und Freischaltung für den reichhaltigen Online-Bereich an.

Am übernächsten Tag lag die physische Karte im Briefkasten, mit der man wie an der Express-Kasse im Supermarkt seine Ausleihen rasant und völlig unkompliziert buchen kann.

Alles ist bestens und sehr kunden- bzw. bürgerfreundlich organisiert.

Genau SO sollte Digitalisierung öffentlicher bzw. kommunaler Dienstleistungen aussehen.

Vielen Dank für dieses erfreuliche Erlebnis!“

Ausblick

Wenngleich die drei Antragsverfahren Online-Anmeldung, Online-Verlängerung und E-Payment zur Begleichung offener Forderungen sich einer regen Nutzung erfreuen und technisch einwandfrei funktionieren, sehen wir noch Optimierungsmöglichkeiten.

Zunächst steht die Erweiterung des civento-Antrags um die Möglichkeit einer Authentifizierung mit dem elektronischen Personalausweis mittels Bund-ID auf unserer Wunschliste. Der Abgleich mit den Daten des Einwohnermeldeamtes ist aus Kostengründen derzeit nur möglich für Einwohner*innen der Stadt Frankfurt. Zudem bietet er keinerlei Fehlertoleranz. Jeder Tippfehler, und sei es nur die Auflösung des „ß“, wenn die Strasse im Personalausweis als Straße aufgeführt wird, führt zu einem Scheitern des Abgleichs, der Notwendigkeit, ein Foto oder einen Scan des Personalausweises hochzuladen und damit zu einer Verzögerung der Antragstellung, da hier eine Prüfung in der Sachbearbeitung in der Bibliothek erfolgen muss. Hier erwarten wir weitere Verbesserungen, wenn die BUND-ID mehr Verbreitung findet und in civento integriert wird.

Perspektivisch planen wir auch, den Prozess der Online-Anmeldung in die Häuser selbst zu bringen. Das bedeutet, dass die Antragstellung auch in unseren Bibliotheken über civento erfolgt, die Leser*innen vor Ort den gleichen Prozess durchlaufen wie remote. Damit würden Erfassungsfehler bei der Neuanmeldung, wie sie immer wieder vorkommen, erheblich reduziert.

Grundsätzlich streben wir auch eine weitere Reduzierung des Bargeld-Verkehrs in den Bibliotheken an, setzen also zukünftig noch stärker auf die Begleichung offener Forderungen mittels E-Payment. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit den bestehenden Prozessen bereits gute Voraussetzungen dafür geschaffen haben.

Mit diesen drei Teilprojekten haben wir uns auf den Weg gemacht. Digitalisierung meint eben nicht nur, digitale Angebote wie die Onleihe vorzuhalten oder Robotics- bzw. Codingprojekte durchzuführen. Diese sind unbestritten von zentraler Bedeutung für Image und Außenwirkung der Bibliothek; sie greifen unseren Bildungsauftrag auf. Der Fokus auf solche Projekte darf jedoch nicht dazu führen, dass wir unser bibliothekarisches Kerngeschäft außer Acht lassen. Seien es medienbruchfreie Geschäftsgänge in der Erwerbung oder alles rund um Anmeldung, Verlängerung und E-Payment: Erst wenn wir uns auch diese bibliothekarischen Routineprozesse vornehmen, ist die Digitalisierung wirklich in unseren Bibliotheken angekommen.

Über die Autoren

Helga Hofmann

Helga Hofmann

Vittoria Ollig M.A.

Vittoria Ollig, M.A.

Online erschienen: 2024-08-07
Erschienen im Druck: 2024-08-05

© 2024 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 8.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bd-2024-0061/html
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