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Modellierung und Regelung aktiv gütegeschalteter Laser

Ein Überblick über stochastische und dynamische Effekte sowie die resultierende Regelungsaufgabe
  • Lukas Tarra

    Lukas Tarra schloss 2019 sein Masterstudium der Mathematischen Physik an der University of Edinburgh ab und ist seit 2020 Projektassistent in der Forschungsgruppe Photonische und Quantenmechanische Systeme am Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik an der TU Wien unter der Leitung von Prof. Andreas Kugi. Seine Forschungsinteressen beinhalten die Modellierung und Regelung von Lasersystemen.

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    , Andreas Deutschmann-Olek

    Andreas Deutschmann-Olek ist Gruppenleiter der Forschungsgruppe Photonische und Quantenmechanische Systeme am Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik an der TU Wien unter der Leitung von Prof. Andreas Kugi. Seine Forschungsinteressen umfassen die Regelung verteilt-parametrische Systeme, iterativ lernende Regelungsmethoden, die Modellierung und Regelung von Lasersystemen und die Anwendung von Regelungs- und Systemtheorie auf quantenmechanische Systeme.

    , Vinzenz Stummer , Tobias Flöry , Andrius Baltuska , Andrejus Michailovas und Andreas Kugi

    Andreas Kugi ist Vorstand des Instituts für Automatisierungs- und Regelungstechnik an der TU Wien und Leiter des Centers for Vision, Automation & Control am AIT. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der Modellierung, Regelung und Optimierung komplexer dynamischer Systeme, des mechatronischen Systementwurfes sowie in der Robotik und Prozessautomatisierung.

Veröffentlicht/Copyright: 4. August 2022

Zusammenfassung

Ein wesentliches Problem beim Betrieb aktiv gütegeschalteter Laser liegt in Fluktuationen der Energien ihrer Ausgangspulse. In der vorliegenden Arbeit wird erläutert, wie dieses Problem regelungstechnisch gelöst werden kann. Anhand eines mathematischen Modells wird der stochastische Einfluss spontaner Emission auf die Energien der Ausgangspulse demonstriert. Außerdem werden experimentell beobachtete Instabilitäten einer zeitdiskreten Populationsdynamik simulativ gezeigt und erklärt. Schließlich werden regelungstechnische Ansätze vorgestellt, die zur Unterdrückung der unerwünschten stochastischen und dynamischen Phänomene eingesetzt werden können.

Abstract

Actively Q-switched lasers often have the problem of fluctuations in the output pulse energies. The present work shows how this problem can be solved by applying control-theoretic concepts. The stochastic influence of spontaneous emission on the output pulse energies is demonstrated by a tailored mathematical model. Furthermore, experimentally observed instabilities of the discrete-time population dynamics are reproduced by simulations and their reasons explained. Finally, possible control approaches are presented to suppress the unwanted stochastic and dynamic phenomena.

1 Einleitung

Hochenergetische Laserpulse mit Pulsbreiten von wenigen Nanosekunden oder darunter können dazu verwendet werden, Materie auf stark lokalisierte Weise mit hoher Intensität zu bearbeiten, und finden daher Verwendung z. B. beim Schneiden von Metallen [2], in der Plasmaforschung [12] oder in der Medizin [3]. Die etablierteste Methode zur Erzeugung solcher Pulse ist die aktive Güteschaltung, bei der ein aktives Medium (z. B. ein Neodym-dotierter Yttrium-Aluminium-Granat-Kristall, kurz auch Nd:YAG-Kristall) in einem optischen Resonator mit zeitvariabler Güte eingebaut wird. Der Betrieb des Systems erfolgt zyklisch. Zuerst wird bei niedriger Güte durch kontinuierliches Pumpen, z. B. mit einer Pumpdiode, eine Besetzungsinversion im Kristall aufgebaut. In einem zweiten Schritt wird die Resonatorgüte auf einen möglichst hohen Wert geschaltet, sodass die Besetzungsinversion als optische Energie emittiert und im Resonator gespeichert wird. Wird daraufhin der Resonator geöffnet, d. h. seine Güte schlagartig wieder auf einen niedrigen Wert geschaltet, entweicht ein Laserpuls aus dem System. Aktuell wird in der Laserforschung versucht, die Pulsfrequenz, also jene Frequenz, mit der ein solcher Schaltzyklus vollzogen werden kann, in den Bereich um 1 MHz zu bringen, damit der Laser schneller entlang der zu bestrahlenden Materie geführt werden kann [9].

Ein wesentliches Problem beim Betrieb aktiv gütegeschalteter Laser mit gängigen Pumpstärken und den angestrebten Pulsfrequenzen sind Variationen in den ausgekoppelten Pulsenergien, die in Anwendungen unerwünscht sind und das Lasermedium beschädigen können. Infolge dessen werden diese Betriebsbereiche (welche oft Betriebsbereiche maximaler Energieeffizienz sind) häufig gänzlich gemieden. Energievariationen sind im Wesentlichen auf zwei unterschiedliche Effekte zurückzuführen. Einerseits entstehen Pulse aus der Verstärkung spontaner Emission, deren Natur fundamental stochastisch ist [7]. Andererseits werden aufeinanderfolgende Pulse durch eine nichtlineare Puls-zu-Puls-Dynamik, welche Instabilitäten und sogar deterministisches Chaos aufweisen kann [1], miteinander gekoppelt.

Eine vielversprechende Technik zur Unterdrückung von Energievariationen liegt in der Anwendung regelungstechnischer Methoden, welche bei regenerativen Verstärkern bereits erfolgreich zur Stabilisierung verwendet wurden [5]. Daher wird in dieser Arbeit ein modellbasierter Weg präsentiert, wie der wesentlich komplexere Fall aktiv gütegeschalteter Laser regelungstechnisch behandelt werden kann. Abschnitt 2 präsentiert ein mathematisches Modell zur Beschreibung des Systems, welches eine gezielte Vereinfachung physikalisch hergeleiteter Simulationsmodelle darstellt. In den Abschnitten 3 und 4 werden Simulationsergebnisse gezeigt, die jeweils stochastische und dynamische Einflüsse auf das Verhalten des Systems und somit auf die Pulsenergien illustrieren. Daraufhin skizziert Abschnitt 5 die daraus resultierende Regelungsaufgabe, wobei mögliche Ausgangs- und Stellgrößen diskutiert werden und auf systembedingte Herausforderungen bei der Regelung eingegangen wird sowie ein zweistufiger kaskadierter Regelkreis vorgestellt wird. Zuletzt werden in Abschnitt 6 die Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick gegeben.

Abb. 1 
Schematische Skizze eines aktiv gütegeschalteten Lasers mit aktivem Medium (rot), Pumpstrahl (blau), Laserstrahlen (grün) und Güteschalter (gelb).
Abb. 1

Schematische Skizze eines aktiv gütegeschalteten Lasers mit aktivem Medium (rot), Pumpstrahl (blau), Laserstrahlen (grün) und Güteschalter (gelb).

2 Mathematisches Modell

2.1 Zeitkontinuierliches Modell

Bei der Modellierung aktiv gütegeschalteter Laser gibt es drei wesentliche Fragen, welche die Komplexität und Genauigkeit des Modells prägen:

  1. Wird der örtlichen Verteilung von Verstärkung, Transport und Verlusten optischer Leistung Rechnung getragen oder werden sämtliche optischen Komponenten der Kavität in einem Punkt konzentriert?

  2. Wird jede zum diskreten Spektum gehörende longitudinale Schwingungsmode des Lichts separat bilanziert oder werden alle Moden durch eine effektive Gesamtleistung ersetzt?

  3. Wird die initiale Erzeugung von Photonen mittels spontaner Emission im aktiven Medium durch einen stochastischen Prozess oder durch einen deterministischen Zusatzterm repräsentiert?

In der Literatur (z. B. in [8]) werden aktuell sogenannte „Travelling-Wave“-Modelle verwendet, die in Form ortsabhängiger Ratengleichungen für die Besetzungsdichten angeregter Zustände im aktiven Medium und Transportgleichungen für jede einzelne Strahlungsmode die verteilt-parametrische und spektrale Natur realer Systeme gut abbilden. Das Problem hierbei ist, dass die systematische Analyse solcher Modelle, insbesondere ihrer Puls-zu-Puls-Dynamik (siehe Abschnitt 2.2), schwierig ist. Daher wurde in [13] ein vereinfachtes Modell für eine Kavität wie in Abb. 1 mit einem vorwärts laufenden Pumpstrahl, vorwärts und rückwärts laufenden Laserstrahlen und anderen optischen Elementen, die die Randbedingungen repräsentieren (B. C. in Abbildung 1), hergeleitet. Dazu wurden zuerst die Transportgleichungen für Pump- und Laserstrahlen stochastisch erweitert und approximativ gelöst. Danach wurden die ortsabhängigen Besetzungsdichten N i ( z , t ) durch totale Populationen N i t o t ( t ) : = 0 L N i ( z , t ) d z ersetzt, um von örtlich verteilten zu konzentrierten dynamischen Größen zu gelangen. Zudem wurden die totalen Populationen durch Anwendung der singulären Störtheorie zu einer einzigen Population N ( t ) reduziert, indem die schnellen Relaxationen quasi-stationär behandelt wurden. Zuletzt wurden die Verstärkung und die Verluste der optischen Leistungen zeitlich über einen halben Durchlauf durch die Kavität gemittelt, und dadurch ergibt sich eine (stochastisch gestörte) gewöhnliche Diffentialgleichung für die am aktiven Medium angreifende Leistung P j ( t ) : = P + ( 0 , t , λ j ) + P ( L , t , λ j ) der j-ten longitudinalen Mode. Das resultierende stochastische, konzentriert-parametrische, nichtlineare Modell eines aktiv gütegeschalteten Lasers kann wie folgt geschrieben werden [13]:
(1a) d N ( t ) d t = b λ p h c A p ( 1 e σ p a N ( t ) L N d o p α p L α p L ) P p ( t ) b γ N ( t ) j = 1 M b λ j h c A s ( e σ j N ( t ) α j L 1 + α j L ) P j ( t )
(1b) d P j ( t ) d t = 2 σ j t R T N ( t ) P j ( t ) 1 t R T 2 α j L ln η j R ( t ) P j ( t ) + 2 t R T ( 4 h c λ j t R T Δ Ω 4 π C j ( t ) + α R S L P j ( t ) ) .
Dabei beschreibt P p ( t ) die von der Pumpdiode ausgehende Leistung, R ( t ) ist der Reflexionskoeffizient des Güteschalters (z. B. einer Pockels-Zelle), a und b sind thermische Parameter, γ ist eine effektive Relaxationsrate, M die Anzahl relevanter longitudinaler Moden, λ j , σ j und α j ( λ p , σ p und α p ) die Wellenlängen, Wirkungsquerschnitte und Verluste im aktiven Medium für Lasermoden (Pumpstrahl) und L ist die Länge des aktiven Mediums. Das Plancksche Wirkungsquantum ist durch h, die Lichtgeschwindigkeit in Vakuum durch c, die Querschnittsflächen von Pump- und Laserstrahl durch A p bzw. A s , die Kavitätsdurchlaufzeit des Lichts innerhalb der Kavität durch t R T , der Streuraumwinkel spontan emittierter Photonen durch Δ Ω, der Rayleighsche Rückstreuungskoeffizient durch α R S und die Resonatorgüte für die j-te Mode durch η j gegeben. C j ( t ) ist ein stochastischer Störterm, welcher die Anzahl spontan emittierter Photonen repräsentiert und in Abschnitt 3 näher erläutert wird.

In [13] wurde außerdem ein Ausdruck für die am Ausgang messbare Leistung hergeleitet:

(2) P j , o u t ( t ) = ( 1 R ( t ) ) R ( t ) ( P j ( t ) e σ j N ( t ) α j L + 2 h c λ j t R T Δ Ω 4 π C j ( t ) 1 η j R ( t ) + e σ j N ( t ) α j L ) .

Die zugehörige Energie des m-ten Ausgangspulses ergibt sich zu

(3) E m = j = 1 M ( m 1 ) / f s w i t c h m / f s w i t c h P j , o u t ( t ) d t ,

wobei f s w i t c h die Frequenz der Schaltzyklen der Resonatorgüte und somit auch die Repetitionsrate der Ausgangspulse bezeichnet.

In [13] wurde gezeigt, dass das Modell (1) mit (2) experimentelle Daten reproduziert und wesentlich genauer mit einem „Travelling-Wave“-Ansatz übereinstimmt, als dies bei bisher in der Literatur (z. B. in [15]) verwendeten konzentriert-parametrischen Modellen der Fall ist. Der wesentliche Unterschied besteht einerseits in der Simulation eines Spektrums longitudinaler Moden und andererseits in der Berücksichtigung der örtlichen Verteilung des Verstärkungs- und Pumpprozesses, welche durch die Exponentialterme in (1a) abgebildet werden.

2.2 Puls-zu-Puls-Dynamik

Aktive Güteschaltung ist ein zyklischer Prozess, welcher sich nach einer Zeit 1 / f s w i t c h wiederholt. Sowohl in Simulationen als auch in realen Systemen lassen sich interessante dynamische Phänomene beobachten, wenn die Pumpstärke und die Zeit hoher Resonatorgüte gewisse kritische Werte übersteigen. Diese Tatsache wird in Abschnitt 4 näher diskutiert. Prinzipiell besteht die Puls-zu-Puls-Dynamik darin, dass zu Beginn eines Schaltzyklus (d. h. zur Zeit t m ) das aktive Medium eine totale Besetzungsinversion N ( t m ) aufweist. Ist dieser Wert hoch, erfahren optische Leistungen im Zuge der Verstärkungsphase hohe Zuwächse, wodurch eine hohe Pulsenergie entsteht. Diese hohen Leistungen entziehen dem aktiven Medium viel Besetzungsinversion, sodass am Ende des Zyklus (d. h. zu einer Zeit t m + 1 : = t m + 1 / f s w i t c h ) eine niedrige totale Population N ( t m + 1 ) vorliegt, welche dann in einer niedrigen Pulsenergie resultiert etc. Da am Ende eines Schaltzyklus die gesamte in einer Kavität vorhandene optische Energie ausgekoppelt wird, gilt näherungsweise P j ( t m ) = 0 j = 1 , , M , m N. Somit lässt sich die Puls-zu-Puls-Dynamik (im Fall ohne Stellgrößen) mathematisch durch das zeitdiskrete Modell

(4a) N ( t m + 1 ) = : N m + 1 = f ( N m )
(4b) E m = h ( N m )
beschreiben. Die Abbildungen f ( N m ) und h ( N m ) erhält man entweder durch numerische Simulation oder (semi-) analytische Lösung von (1a), (1)–(3) oder anhand gänzlich datenbasierter Ansätze. Eine Möglichkeit der semi-analytischen Lösung wurde in [13] vorgestellt. Die numerische Simulation bringt den Nachteil mit sich, dass sie trotz Modellreduktion immer noch vergleichsweise rechenaufwändig ist und den Regler- bzw. Schätzerentwurf für die Puls-zu-Puls-Dynamik deutlich erschwert.

3 Stochastische Effekte

Wie in Abschnitt 2.1 erwähnt, ist die spontane Emission von Photonen im aktiven Medium ein stochastischer (Zähl-)Prozess. Es gibt Arbeiten zur Statistik emittierter Photonen [10], die zeigen, dass bei einem Mittelwert von μ in eine bestimmte Mode ( M = 1) emittierten Photonen die Anzahl n tatsächlich emittierter Photonen der Bose-Einstein-Verteilung

(5) P B o s e ( n ) : = 1 1 + μ μ 1 + μ n

folgt, deren Varianz μ 2 + μ beträgt. Im Gegensatz dazu folgen Emissionen von insgesamt durchschnittlich μ Photonen in eine von sehr vielen Moden ( M 1) näherungsweise der Poisson-Verteilung

(6) P P o i s s o n ( n ) : = ( μ / M ) n n ! e μ / M

mit der Varianz μ / M pro Mode. Der Herleitung dieser Verteilungen liegen stark vereinfachende Modellannahmen zugrunde, beispielsweise dass alle Moden dieselbe Verstärkung pro Durchlauf durch die Kavität erfahren. Experimentell konnte bestätigt werden [11], dass die Statistik von Ausgangspulsen aktiv gütegeschalteter Laser wesentlich dadurch beeinflusst wird, wie spektral selektiv die Kavität ist, d. h. wie viele longitudinale Moden M effektiv an einem Ausgangspuls teilhaben, was die zuvor genannte theoretische Voraussage plausibilisiert. Im Folgenden wird überprüft, ob für mithilfe von (3) aus Simulationen von (1), (2) errechnete Pulsenergien, welche direkt proportional zur Anzahl n emittierter Photonen sind, ein ähnliches Verhalten vorliegt. Dazu wird als Beispiel ein sogenanntes Nd:YAG-Lasersystem bei f s w i t c h = 1 MHz Pulsfrequenz und P p = 23 W Pumpleistung einmal mit einer hohen Bandbreite der Kavitätsgüte η j und des Emissionsquerschnitts σ j (Spalte 1)) und einmal mit einem spektral selektiven System (Spalte 2)) simuliert. Im gewählten Betriebsbereich ist die Puls-zu-Puls-Dynamik der Systeme jeweils stabil. Stimmen die errechneten Pulshistogramme jeweils näherungsweise mit den theoretisch vorausgesagten Extremfällen (5) und (6) überein, so bildet das Modell die stochastischen Beiträge zur Variation von Pulsenergien hinreichend genau ab. Aus Reihe a) von Abb. 2 ist ersichtlich, dass die statistische Verteilung der aus Pulsenergien errechneten Photonenanzahlen n der Ausgangspulse des Modells aus Abschnitt 2 (blau) hervorragend mit der theoretischen Voraussage aus (5) bzw. (6) (rot) übereinstimmt. Somit ist gezeigt, dass sich die stochastischen Variationen der Ausgangsenergien aktiv gütegeschalteter Laser aufgrund von spontaner Emission mithilfe eines zusammengesetzten Poisson-Prozesses in Form von C j ( t ) in (1b) beschreiben lassen. In Reihe b) von Abb. 2 ist die über 50 Schaltzyklen ( T = 50 / f s w i t c h ) gemittelte Ausgangsleistung in Abhängigkeit der Wellenlänge λ zu sehen. Im Fall einer hohen Kavitätsbandbreite ist zwar η j über alle λ j hinweg konstant, die Moden eines Laserpulses werden aber dennoch durch die unterschiedliche Verstärkungscharakteristik aufgrund von σ j : = σ ( λ j ) selektiert. Dies liegt daran, dass σ j typischerweise eine Lorentzkurvenform (in diesem Fall mit ihrem Maximum bei λ = 1064 nm) aufweist, welche Moden in der Nähe des Maximums eher verstärkt. Aus der mittleren Ausgangsleistung liest man daher ab, dass etwa 270 Moden nennenswerte Verstärkung relativ zur dominanten Mode am Maximum erfahren, was M = 270 entspricht und in Abb. 2 durch einen grünen Kasten gekennzeichnet wird. In Spalte 2) wurden sämtliche Moden außer der dominanten Mode vernachlässigt, was M = 1 impliziert. In einem realen Lasersystem wird weder eine ideale Poisson-Verteilung wie in (6), noch eine ideale Bose-Einstein-Verteilung wie in (5) anzutreffen sein, sondern vielmehr ein Mittelweg aus den beiden Grenzfällen (in Form einer allgemeinen Bose-Einstein-Verteilung mit M > 1).

Abb. 2 
a) Photonenstatistiken für ein System mit vielen relevanten Moden (
M
=
270M=270) und nur einer relevanten Mode (
M
=
1M=1). b) Spektrale Aufteilung der zeitlich gemittelten Ausgangsleistung auf diese Moden.
Abb. 2

a) Photonenstatistiken für ein System mit vielen relevanten Moden ( M = 270) und nur einer relevanten Mode ( M = 1). b) Spektrale Aufteilung der zeitlich gemittelten Ausgangsleistung auf diese Moden.

4 Dynamische Effekte

Als Nächstes sollen die in Abschnitt 1 erwähnten Instabilitäten der Puls-zu-Puls-Dynamik näher beleuchtet werden. Hierbei lässt sich sagen, dass durch die Schaltfrequenz f s w i t c h des Güteschalters (welche gleich der Repetitionsrate der Laserpulse ist), die Zeit hoher Güte pro Zyklus (auch Tastverhältnis oder Englisch duty cycle, kurz DC genannt) und durch die Pumpstärke ( P p in (1a)) drei Bifurkationsparameter vorliegen, die das System (4) in nichttriviale Grenzzyklen oder sogar in deterministisches Chaos bringen können. Dies rührt daher, dass, wie in Abschnitt 2.2 erläutert, die Populationen N ( t m ) und N ( t m + 1 ) durch den Aufbau optischer Energie miteinander gekoppelt sind.

Zur Illustration wird wiederum das Beispiel eines Nd:YAG-Lasers bei 1 MHz Schaltfrequenz und 23 W Pumpleistung betrachtet, bei dem der DC-Wert geändert wird. Zur Übersichtlichkeit werden stochastische Effekte hierbei zunächst vernachlässigt. In Abb. 3 (am einfachsten anhand der Pulsenergien E m ) erkennt man, dass die Puls-zu-Puls-Dynamik bei einem DC-Wert von 20 Prozent stabil ist, bei 35 Prozent einen Grenzzyklus mit Periode 2 und bei 40 Prozent einen Grenzzyklus mit Periode 4 aufweist. Starke Pulse, die viel Population entziehen, lassen N ( t ) gegen Ende eines Schaltzyklus stärker abfallen, wie im unteren Teil von Abb. 3 zu sehen ist. Inkludiert man nun die in Abschnitt 3 eingeführten stochastischen Effekte in der Simulation, werden die Grenzzyklen aus Abb. 3 durch Verstärkung spontaner Emission aufgeweitet, sind aber in der Regel noch als lokale Maxima der Verteilungen der Pulsenergien erkennbar. In Abb. 4 wird dies veranschaulicht. Die zwei diskreten Energieniveaus des Grenzzyklus bei 35 % DC-Wert aus Abb. 3 gehen in Abb. 4 durch stochastische Effekte in eine bimodale Verteilung (rot) über. Das gezeigte dynamische Verhalten stimmt gut mit experimentellen Beobachtungen [1], [14] überein. Somit ist gezeigt, dass die Pulsenergien aktiv gütegeschalteter Laser einerseits durch stochastische Einflüsse aufgrund spontaner Emission und andererseits durch die Puls-zu-Puls-Dynamik der Populationen in überlagerter Weise beeinflusst werden.

Abb. 3 
Die Puls-zu-Puls-Dynamik eines stabil und zweier instabil betriebener Lasersysteme. Die Arbeitspunkte unterscheiden sich durch ihren DC-Wert.
Abb. 3

Die Puls-zu-Puls-Dynamik eines stabil und zweier instabil betriebener Lasersysteme. Die Arbeitspunkte unterscheiden sich durch ihren DC-Wert.

Abb. 4 
Histogramme von jeweils 1000 Pulsenergien eines dynamisch stabilen (20% DC-Wert) und dynamisch instabilen (35% DC-Wert) Systems, wenn stochastische Effekte präsent sind.
Abb. 4

Histogramme von jeweils 1000 Pulsenergien eines dynamisch stabilen (20% DC-Wert) und dynamisch instabilen (35% DC-Wert) Systems, wenn stochastische Effekte präsent sind.

5 Regelungsaufgabe

Um die Ausgangsenergien E m , die mathematisch durch (3) gegeben sind, möglichst konstant zu halten, wurden von Seiten der Laserforschung bislang hardwarebasierte Ansätze (z. B. [6]) verwendet. Diese haben den Nachteil, dass sie für eine spezielle Funktion entwickelt werden und daher unflexibel sowie meist wesentlich kostenintensiver sind. Beispielsweise ist das Ansteuern eines neuen Arbeitspunktes über einen solchen Ansatz schwierig, da kein Modellwissen über das System in den Entwurf des Stabilisierungskonzepts eingeht. Da bei regenerativen Verstärkern bereits demonstriert wurde, dass der Einsatz regelungstechnischer Methoden zur Stabilisierung der Pulsenergien eingesetzt werden kann [5], soll auch für aktiv gütegeschaltete Laser ein modellbasierter Reglerentwurf verwendet werden. Hierzu muss zuerst verhindert werden, dass die Verstärkungsphasen der Schaltzyklen wegen stochastischer Effekte (siehe Abschnitt 3) von unterschiedlichen Leistungsniveaus starten. In einem zweiten Schritt muss die durch (4a), (4b) gegebene Puls-zu-Puls-Dynamik stabilisiert werden.

5.1 Mögliche Messgrößen

Vor dem Reglerentwurf muss geklärt werden, welche Größen in einem aktiv gütegeschalteten Laser bei Pulsrepetitionsraten von bis zu 1 MHz realistisch aktuiert und gemessen werden können. Aus der Pulsfrequenz ergibt sich, dass Datenerfassung, -verarbeitung und Aktuierung mit einer Bandbreite von über 100 MHz erfolgen müssen, ohne die Energieeffizienz des Lasers maßgeblich zu verschlechtern. Denkbare Messgrößen sind

  1. die gesamte intrakavitäre Leistung P ( t ) : = j = 1 M P j ( t ),

  2. die gesamte Ausgangsleistung j = 1 M P j , o u t ( t ) und

  3. die Population N ( t ) (sofern möglich) durch Fluoreszenzmessung oder durch Messung der Verstärkung/Absorption eines schwachen Teststrahls, der durch das aktive Medium geleitet wird.

Optische Leistungen werden typischerweise gemessen, indem ein sensitives, zeitlich hochauflösendes Element (z. B. eine Photodiode) einen kleinen Bruchteil der Leistung (z. B. die Transmission durch einen Spiegel) misst und zur Kalibrierung des hochauflösenden Elements Absolutbeträge durch Messung des zeitlichen Durchschnittswerts mithilfe eines kalorischen Sensors erfasst werden. Dies rührt daher, dass sensitive Sensorik im gepulsten Laserbetrieb durch hohe Spitzenleistungen schnell zerstört wird. Ob die Population, wie oben beschrieben, direkt gemessen werden kann, hängt u. a. von den Platzverhältnissen in der Kavität ab und auch von einer allfälligen Kühlung des aktiven Mediums.

5.2 Mögliche Stellgrößen

In aktiv gütegeschalteten Lasern gibt es drei Größen, die ausreichend in das dynamische Verhalten des Systems eingreifen und als potentielle Stellgrößen in Frage kommen. Diese sind

  1. die Pumpleistung P p ( t ), mit der das aktive Medium gepumpt wird,

  2. der DC-Wert (Tastverhältnis), d. h. das Zeitfenster hoher Resonatorgüte, welches durch den Güteschalter vorgegeben wird und

  3. ein zusätzlicher Verlustfaktor η ˜ ( t ) innerhalb des Resonators, der durch optische Elemente wie akusto-optische Modulatoren hervorgerufen werden kann.

Die Pumpleistung wäre zwar eine äußerst wirksame Stellgröße, jedoch ist die Regelung der Puls-zu-Puls-Dynamik bei 1 MHz, d. h. das Einstellen einer neuen Pumpleistung jede Mikrosekunde, und folglich auch das kontinuierliche Aktuieren während eines Schaltzyklus, für aktuell technisch realisierbare Treiber von Pumpdioden nicht möglich. Regelbare Verluste bieten die Möglichkeit, bestimmte Werte der intrakavitären Leistung vorzugeben bzw. das Entziehen von Population durch jene Leistung zu beschleunigen oder zu verlangsamen. Der Nachteil ist, dass zusätzliche optische Elemente innerhalb des Resonators stets höhere statische Verluste mit sich bringen, welche sich negativ auf die Energieeffizienz des Systems auswirken. Das Verändern des DC-Werts ist technisch unproblematisch, da hierzu lediglich der Zeitpunkt verändert werden muss, an dem die Spannung am Güteschalter umgeschaltet wird. Hierbei sind lediglich allfällige zeitliche Limitierungen der notwendigen Hochspannungselektronik zu beachten.

5.3 Unterdrückung stochastischer Effekte

Wie eingangs erwähnt, muss eine Stabilisierung der Ausgangsenergien damit beginnen, dass mithilfe der Mess- und Stellgrößen aus Abschnitt 5.1 und 5.2 die stochastischen Einflüsse aufgrund spontaner Emission aus Abschnitt 3 unterdrückt werden.

Im Folgenden wird ein strukturell einfacher Ansatz präsentiert, welcher auch als Prelasing bezeichnet wird. Dieser verwendet als Messgröße die totale intrakavitäre Leistung P ( t ) : = j = 1 M P j ( t ) und als Stellgröße den zeitlich variablen Verlustfaktor η ˜ ( t ). Die Idee hinter Prelasing ist, dass zwischen der Pumpphase bei niedriger und der Verstärkungsphase bei hoher Resonatorgüte ein aktuierbares Zwischenniveau eingeschoben wird. Während dieser Prelasing-Phase wird eine gewünschte intrakavitäre Leistung P d festgehalten, welche mindestens eine Größenordung über der spontanen Emission liegt und gleichzeitig keine substantielle Absenkung der Population bewirkt. Somit startet die Verstärkungsphase nicht von einem stochastischen Wert, sondern von einer vorgegebenen Leistung, wodurch der Einfluss spontaner Emission maßgeblich reduziert wird.

Mathematisch kann ein Prelasing-Regler entworfen werden, indem das System (1) mit

x ( t ) : = N ( t ) P 1 ( t ) P M ( t )

zuerst in Matrizenschreibweise überführt und in (1b) die Stellgröße η ˜ ( t ) durch die Substitution

η j η j η ˜ ( t )

eingeführt wird. Als Ausgangsgröße dient die normierte intrakavitäre Leistung

y ( t ) : = P ( t ) P d .

Das System wird nun um einen Arbeitpunkt mit N d , P j , d , R d und η ˜ d , wobei P d = j = 1 M P j , d gilt, linearisiert und mit einem einfachen P-Regler stabilisiert. Die Wahl des einfachen Reglers ist unter anderem dadurch begründet, dass eine Implementierung mit einer Abtastzeit von nicht mehr als 10 ns realisiert werden muss und die Regelgüte damit erzielt werden kann.

Abbildung 5 zeigt einen Vergleich der Simulation von (1) mit und ohne Prelasing-Regelung. Als gewünschte intrakavitäre Leistung wurde P d = 4 × 10 10  kW gewählt. Man erkennt in der Einschubgrafik in Abbildung 5 links, dass durch den Prelasing-Regler P d für fast einen halben Schaltzyklus gehalten wird und bei ca. 0.8 µs die Verstärkungsphase von diesem Niveau aus beginnt. Dies bewirkt, dass das Pulsenergie-Histogramm des geschlossenen Regelkreises gegenüber jenem des stochastisch beeinflussten offenen Regelkreises beinahe einem festen Wert entspricht. Man erkennt somit, dass geregeltes Prelasing äußerst effektiv die stochastischen Variationen der Ausgangsenergien unterdrücken kann.

Abb. 5 
Energieaufbau der intrakavitären Leistung 
P
(
t
)P(t) (links) und Histogramme der Pulsenergien (rechts) im offenen (blau) und geschlossenen Prelasing-Regelkreis (rot).
Abb. 5

Energieaufbau der intrakavitären Leistung P ( t ) (links) und Histogramme der Pulsenergien (rechts) im offenen (blau) und geschlossenen Prelasing-Regelkreis (rot).

5.4 Stabilisierung der Puls-zu-Puls-Dynamik

Die in Abschnitt 4 gezeigten Instabilitäten der Puls-zu-Puls-Dynamik können zu erheblichen Variationen der Pulsenergien führen und sogar den Laser zerstören. Um dies zu verhindern, genügt es nicht, stochastische Störungen zu eliminieren. Vielmehr muss das zeitdiskrete dynamische System (4) durch Regelung stabilisiert werden.

Bei Anwendung des Prelasing-Ansatzes aus Abschnitt 5.3 zeigt sich, dass die Wahl der gewünschten Leistung P d die Stabilität des Systems beeinflusst. Dies legt den Ansatz nahe, die durch den Prelasing-Regler eingestellte intrakavitäre Leistung P d zu Beginn der Verstärkungsphase als Eingangsgröße zur Regelung der Puls-zu-Puls-Dynamik zu verwenden. Bezeichnet man die totale intrakavitäre Leistung zu Beginn der Verstärkungsphase mit u m , so hat die Puls-zu-Puls-Dynamik (4) die Form

(7a) N m + 1 = f ˜ ( N m , u m )
(7b) E m = h ˜ ( N m , u m ) .
Um das skalare, nichtlineare System, dessen Dynamik durch (7a) bestimmt wird, zu stabilisieren, kann ein nichtlineares Regelgesetz

(8) u m = g ( N m )

herangezogen werden. Ziel ist es, einen global asymptotisch stabilen geschlossenen Regelkreis zu erzielen. Eine Möglichkeit besteht darin, vom geschlossenen Kreis f C L , d ( N m ) = f ˜ ( N m , g ( N m ) ) die Steigung d f C L , d ( N m ) d N m so vorzugeben, dass gilt | d f C L , d ( N m ) d N m | < 1 N m , und die Zustandsrückführung (8) aus der Differenzialgleichung

(9) d g d N m = d f C L , d d N m f ˜ N m f ˜ u

für f ˜ u 0 zu bestimmen.

Die genaue Wahl der gewünschten Steigung d f C L , d ( N m ) d N m ist ein Entwurfsfreiheitsgrad, der z. B. verwendet werden kann, um eine möglichst robuste Regelung zu finden. Nähere Details zu dieser Entwurfsidee findet man in [4]. Da die Population N m , wie in Abschnitt 5.1 ausgeführt, oft nicht direkt messbar ist, muss sie in diesen Fällen mithilfe von (7b) aus den Pulsenergien E m geschätzt werden.

5.5 Parameterschwankungen

Größen wie Verlustparameter η j , α j und α p sowie die Wirkungsquerschnitte σ j und σ p sind in der Regel aus Messungen bzw. aus der Literatur ungefähr bekannt. Zufolge thermischer Effekte ändern sich diese in realen Lasersystemen im laufenden Betrieb.

Daher sei hier erwähnt, dass sämtliche Regler und Zustandsbeobachter, die für aktiv gütegeschaltete Laser eingesetzt werden, entweder robust oder adaptiv entworfen werden müssen.

5.6 Alternative Regelung ohne zeitkontinuierliche Stellgröße

Der unterlagerte Regler aus Abschnitt 5.3 zusammen mit dem überlagerten Puls-zu-Puls-Regler aus Abschnitt 5.4 kann stochastische und dynamische Einflüsse auf Pulsenergien unterdrücken, benötigt jedoch neben einer kontinuierlichen Messung der intrakavitären Leistung P ( t ) und der Kenntnis von N m einen zeitkontinuierlichen Stelleingriff η ˜ ( t ). Ist ein solcher Stelleingriff aus Effizienzgründen nicht möglich (siehe Abschnitt 5.2), gibt es noch weitere Möglichkeiten, von denen hier der Vollständigkeit halber eine skizziert wird.

Abb. 6 
Konzeptskizze für Regelung durch passives Prelasing. Der grau markierte Bereich kennzeichnet den Verlauf typischer Trajektorien der totalen intrakavitären Leistung.
Abb. 6

Konzeptskizze für Regelung durch passives Prelasing. Der grau markierte Bereich kennzeichnet den Verlauf typischer Trajektorien der totalen intrakavitären Leistung.

Der alternative Ansatz, welcher im Folgenden als passives Prelasing bezeichnet wird, basiert darauf, dass die Resonatorgüte während des in Abschnitt 5.3 eingeführten Zwischenfensters auf einem festen, mittleren Wert gehalten und anhand von Messungen des stochastisch gestörten P ( t ) das Tastverhältnis (DC-Wert) während des Schaltzyklus in Echtzeit angepasst wird. Der Name passives Prelasing als Abgrenzung vom Prelasing aus Abschnitt 5.3 wurde gewählt, weil beim passiven Prelasing der Regler zwar über zeitkontinuierliche Messdaten der intrakavitären Leistung verfügt, jedoch nur zu einem diskreten Zeitpunkt durch Umschalten der Resonatorgüte in die Systemdynamik eingreift. Mit anderen Worten wird Modellwissen eingesetzt, um in Echtzeit einen Zeitpunkt t festzulegen, an dem die Verstärkungsphase initiiert wird, sodass mit u m = P ( t ) und dem resultierenden Tastverhältnis eine gewünschte Pulsenergie (7b) erreicht wird und die Puls-zu-Puls-Dynamik gewünschtes Verhalten aufweist. Dieses Prinzip ist in Abbildung 6 dargestellt, wo anhand einer aktuell gemessenen Trajektorie von P ( t ) (blau, links) an einem variablen Zeitpunkt t (in Abb. 6 wurde t = 0.8 µs (grün) gewählt) der Güteschalter vom Zwischenniveau R = 0.81 idealerweise sprungförmig, meist jedoch rampenförmig auf R = 0.99 geschaltet wird, sodass sich ein gewünschter Energieaufbau (blau, rechts) einstellt. Im grauen Bereich befinden sich typische stochastische Trajektorien der intrakavitären Leistung, und aus der Streuung dieser Trajektorien ergibt sich, dass t je nach der aktuellen Messung unterschiedlich gewählt werden muss. Die rote Linie signalisiert die Evolution der totalen Population N ( t ) zwischen t m und t m + 1 .

6 Zusammenfassung und Ausblick

Diese Arbeit gibt eine Einführung in die Dynamik aktiv gütegeschalteter Laser und zeichnet Wege vor, wie die Pulsenergien durch Anwendung regelungstechnischer Ansätze möglichst konstant gehalten werden können. Nach einer Erklärung der grundlegenden Problematik in Abschnitt 1 wurde in Abschnitt 2 ein stochastisches, zeitkontinuierliches, nichtlineares Modell vorgestellt, welches das Verhalten der Besetzungsinversion im aktiven Medium und der örtlich gemittelten intrakavitären Leistung beschreibt. Zudem wurde erläutert, wie aus dem zeitkontinuierlichen Modell ein zeitdiskretes Modell der Puls-zu-Puls-Dynamik gewonnen werden kann.

In Abschnitt 3 wurden die stochastischen Einflüsse auf die Pulsenergien aufgrund von spontaner Emission näher beleuchtet. Das Modell wurde für den Fall einer spektral breiten und einer spektral selektiven Kavität simuliert und die erhaltene Anzahl emittierter Photonen pro Puls mit theoretischen Voraussagen, welche aus einem stark vereinfachten, aber experimentell validierten Modell gewonnen wurden, verglichen. Die sehr gute Übereinstimmung zeigt, dass die verwendete stochastische Modellierung spontaner Emission hinreichend genau ist.

Im Weiteren wurden in Abschnitt 4 Instabilitäten (Grenzzyklen) der Puls-zu-Puls-Dynamik der Population identifiziert und mithilfe eines Simulationsbeispiels demonstriert. Bifurkationsparameter sind hier die Pumpleistung, die Schaltfrequenz des Güteschalters und die Zeit hoher Resonatorgüte (das Tastverhältnis bzw. der DC-Wert). Auch hier stimmen die Ergebnisse phänomenologisch mit experimentellen Beobachtungen überein, und es wurde deutlich, dass sich stochastische und dynamische Einflüsse auf die Pulsenergien überlagern.

In Abschnitt 5 folgte schließlich ein Abriss der Regelungsaufgabe, welche sich aus den Abschnitten 14 ergibt. Nachdem die technisch möglichen Mess- und Stellgrößen für aktiv gütegeschaltete Laser aufgelistet wurden, wurde ein zweistufiger, kaskadierter Regelkreis präsentiert, welcher in einem ersten Schritt stochastische Einflusse unterdrückt. Dies geschieht, indem mittels aktuierbarer Verlustelemente ein bestimmtes intrakavitäres Leistungsniveau geregelt wird, von dem aus die Verstärkungsphase beginnt. In einer Simulation wurde gezeigt, dass ein solcher Prelasing-Regler in der Tat stochastische Effekte unterdrücken kann. Die Tatsache, dass das festgehaltene Leistungsniveau in gewissem Ausmaß frei gewählt werden kann, wurde in einem zweiten Schritt benutzt, um ein zeitdiskretes, nichtlineares Puls-zu-Puls-Regelgesetz zu formulieren. Abschließend wurde ein alternativer Regelkreis skizziert, welcher keine zusätzlichen aktuierbaren Verlustelemente benötigt.

Nachdem nun ein mathematisches Modell formuliert und regelungstechnische Ansätze gefunden wurden, werden sich zukünftige Arbeiten darauf fokussieren, die in dieser Arbeit angedachten Methoden umzusetzen und für die Anwendung auf reale Lasersysteme vorzubereiten. Wie in Abschnitt 5.5 erläutert, muss der geschlossene Regelkreis robust gegenüber Parameterschwankungen sein. Sobald das grundlegende Regelungskonzept umgesetzt ist, können weitere anwendungsspezifische Aufgaben wie das Erzeugen gewünschter Pulsformen oder möglichst unregelmäßiger Pulsfolgen für LiDAR-Anwendungen behandelt werden. Somit bieten aktiv gütegeschaltete Laser ein äußerst interessantes Anwendungsgebiet für die Automatisierungs- und Regelungstechnik.

Funding statement: The authors acknowledge TU Wien Bibliothek for financial support through its Open Access Funding Programme.

Über die Autoren

Lukas Tarra

Lukas Tarra schloss 2019 sein Masterstudium der Mathematischen Physik an der University of Edinburgh ab und ist seit 2020 Projektassistent in der Forschungsgruppe Photonische und Quantenmechanische Systeme am Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik an der TU Wien unter der Leitung von Prof. Andreas Kugi. Seine Forschungsinteressen beinhalten die Modellierung und Regelung von Lasersystemen.

Andreas Deutschmann-Olek

Andreas Deutschmann-Olek ist Gruppenleiter der Forschungsgruppe Photonische und Quantenmechanische Systeme am Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik an der TU Wien unter der Leitung von Prof. Andreas Kugi. Seine Forschungsinteressen umfassen die Regelung verteilt-parametrische Systeme, iterativ lernende Regelungsmethoden, die Modellierung und Regelung von Lasersystemen und die Anwendung von Regelungs- und Systemtheorie auf quantenmechanische Systeme.

Andreas Kugi

Andreas Kugi ist Vorstand des Instituts für Automatisierungs- und Regelungstechnik an der TU Wien und Leiter des Centers for Vision, Automation & Control am AIT. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der Modellierung, Regelung und Optimierung komplexer dynamischer Systeme, des mechatronischen Systementwurfes sowie in der Robotik und Prozessautomatisierung.

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Erhalten: 2022-05-18
Angenommen: 2022-06-20
Online erschienen: 2022-08-04
Erschienen im Druck: 2022-08-26

© 2022 bei den Autoren, publiziert von De Gruyter

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