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Geschlecht und digitale Transformation in Organisationen

Eine Reflexion partizipativer Ansätze anhand von zwei Fallstudien
  • Cornelia Gerdenitsch , Nadja Bergmann , Anke Schneider , Myriam Gaitsch und Astrid Schöggl
Veröffentlicht/Copyright: 13. November 2024
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Arbeit
Aus der Zeitschrift Arbeit Band 33 Heft 3

Zusammenfassung

Die Einführung digitaler Technologien in Organisationen verändert Arbeitspraktiken und bietet das Potenzial, geschlechtsspezifische Machtstrukturen zu verändern. Allerdings werden in der betrieblichen Praxis durch die männlich dominierte Technologieentwicklung geschlechtsspezifische Ungleichheiten häufig eher reproduziert als abgebaut. Um das transformative Potenzial zu nutzen, ist eine aktive Gestaltung digitaler Veränderungsprozesse entscheidend, unter möglichst umfassender Einbindung unterschiedlicher Beschäftigtengruppen. Partizipative Ansätze können dabei die Einbindung unterrepräsentierter Gruppen ermöglichen. Dieser Artikel präsentiert zwei Fallstudien, in welchen partizipative Ansätze erprobt wurden. Organisation A konnte durch die Digitalisierung eines Arbeitsprozesses die Produktivität zwar erheblich steigern, in einem partizipativen Workshop wurden aber die Herausforderungen für die Beschäftigten sichtbar. Machtverschiebungen zugunsten traditionell als männlich konnotierter Arbeitsbereiche und der Verlust informellen Wissens weiblicher Beschäftigter wurden sichtbar. In Organisation B wurde eine digitale Kollaborationsplattform eingeführt, die allerdings wenig genutzt wurde. Im Rahmen eines Workshops mit administrativem Personal wurde erst das Potenzial und der Wunsch nach Beteiligung dieser Gruppe bei der Einführung neuer Technologien deutlich. Auf Basis dieser beiden Fallstudien reflektieren wir die geschlechtsbezogenen partizipativen Zugänge und die angewandten Forschungspraktiken. Darauf aufbauend formulieren wir praktische Empfehlungen zur Nutzung partizipativer Methoden in einem digitalen Transformationsprozess unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte.

Abstract

The introduction of digital technologies in organizations alters work practices and holds the potential to transform gender-specific power structures. However, in practice, male-dominated technology development often reproduces rather than reduces gender-specific inequalities. To realize the transformative potential, it is essential to actively shape digital change processes with a comprehensive inclusion of diverse employee groups. Here, participatory methods can facilitate the inclusion of underrepresented groups. This article presents two case studies where participatory approaches were tested. In Organization A, digitalizing a work process significantly increased productivity. However, a workshop revealed challenges such as power shifts favouring male-dominated work areas and the loss of informal knowledge held by female employees. In Organization B, a digital collaboration platform was introduced but little used. A workshop with administrative staff highlighted the potential and desire for involvement of this group from the outset of new technological applications. Based on these case studies, we reflect on gender-related work dynamics, possible gender-specific participatory approaches, and the research practices we applied. Building on this, we formulate practical recommendations for using participative methods in digital transformation processes, considering gender-specific aspects.

1 Einleitung

Die Einführung digitaler Arbeitstechnologien in Organisationen kann tiefgreifende Veränderungen in Organisationsstrukturen und Arbeitspraktiken bewirken (Le Blanc u.a. 2024; Gerdenitsch/Korunka 2019). Neue digitale Arbeitstechnologien eröffnen Möglichkeiten, das Zusammenspiel zwischen Arbeit, Technologie und Geschlecht neu zu verhandeln und zu rekonfigurieren, was bedeutendes Potenzial für feministische Interventionen bereithält (Carstensen/Prietel 2021; Haraway 1987). Allerdings führt eine Einführung von neuen Arbeitstechnologien historisch betrachtet selten zur Auflösung hierarchischer Strukturen, sondern vielmehr zur Reproduktion ungleicher Geschlechterordnungen (Wajcman 2000). Darüber hinaus bleiben hierarchische Strukturen zwischen Berufsfeldern, die traditionell als männer-, und solchen, die als frauenkonnotiert gelten, oft bestehen (Wetterer 2002). Um das transformative Potenzial zur Aufhebung etablierter organisationaler Machtstrukturen zu heben, ist es notwendig, die Einführung neuer Technologien aktiv zu gestalten (Carstensen 2020; Carstensen/Demuth 2020). Unsere Forschungsfrage konzentriert sich demnach darauf, wie diese aktive Gestaltung unterstützt werden kann. Konkret gehen wir der Frage nach, wie bislang weniger eingebundene Beschäftigtengruppen, insbesondere unter Berücksichtigung der Geschlechtsdimension, besser an digitalen Transformationsprozessen partizipieren können.

Mittlerweile liegen diverse empirische Studien zur Gestaltung und Regulierung digitaler Arbeit (Baetghe-Kinsky u.a. 2018; Buss u.a. 2021; Carls u.a. 2020; Kuhlmann 2023) und deren möglichen (Gesundheits-)Folgen für die Beschäftigten (Borle u.a. 2021; Carls u.a. 2021; Marsh u.a. 2022) vor. Auf Basis dieser Befunde erarbeiteten Carstensen (2020) sowie Carstensen und Demuth (2020) Ansätze für die betriebliche Gestaltung von Digitalisierungsprozessen, die die Geschlechtsdimension stärker berücksichtigen. Darunter nennen sie, dass die Kommunikation rund um Digitalisierung von Betriebsrät:innen mitgestaltet werden sollte.

Hier setzten wir mit einem interdisziplinären Forschungsprojekt[1] an, in dem wir partizipative Methoden für wenig eingebundene Beschäftigtengruppen im Rahmen von digitalen Transformationsprozessen erprobten (siehe Bergmann/ Schneider 2021). Dieser Ansatz berücksichtigt einen Strang langjähriger Debatten rund um Geschlecht und Technik, der vor einer Besonderung von Frauen und der Gefahr der Reproduktion von Stereotypen warnt (vgl. Solga/Pfahl 2009; Tigges 2008; Schneeweiß 2016; Bergmann u.a. 2017). Wir gehen von der Annahme aus, dass die Frauen nicht per se und qua Geschlecht von der Teilhabe an organisationalen Digitalisierungsprozessen ausgeschlossen werden. Vielmehr vermuten wir, dass gewisse Berufsgruppen bzw. bestimmte betriebliche Positionen nicht involviert werden. Dabei ist eine Überkreuzung von beruflicher Position und Geschlecht festzustellen, wenn es sich vor allem um weiblich konnotierte und mehrheitlich weiblich besetzte Bereiche handelt. Vor diesem Hintergrund legen wir in der Analyse eine intersektionale Perspektive an, welche es erlaubt, die Überkreuzung von beruflicher Position mit Geschlecht zu rekonstruieren, ohne dabei mögliche Exklusionsmomente einseitig der einen oder der anderen Kategorie zuzuschreiben.

An dem Projekt nahmen österreichische Organisationen teil, wobei die Entscheidung, am Projekt teilzunehmen, ausschließlich von weiblichen Entscheidungsträgerinnen getroffen wurde. Das Projekt hatte zwei Hauptziele: erstens die Erprobung von partizipativen Ansätzen, um bislang von Mitgestaltung häufig ausgeschlossene Beschäftigtengruppen in digitale Transformationsprozesse einzubeziehen; zweitens dazu beizutragen, die Digitalisierung in Organisationen (geschlechter-)gerechter zu gestalten. In diesem Beitrag berichten wir von zwei Fallstudien aus dem Projekt.

Konkret wird im folgenden Abschnitt 2 der theoretische Rahmen dieser Arbeit präsentiert. Anschließend werden die zwei Fallstudien vorgestellt, Ergebnisse erläutert und die Forschungspraxis bzw. der Prozess der Fallstudien reflektiert (Abschnitt 3). Abschließend werden die Erkenntnisse aus den Fallstudien diskutiert (Abschnitt 4). Dabei werden zudem praktische Implikationen zur Nutzung partizipativer Ansätze im Kontext eines digitalen Transformationsprozesses unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte erörtert sowie Limitationen der Arbeit mit Blick auf Perspektiven zukünftiger Forschung diskutiert.

2 Theoretische Verortung

Bereits in den 1980er Jahren wurde die Gestaltung von Technologie im Kontext patriarchal-kapitalistischer Machtverhältnissen betrachtet. Auch heute sind Männer maßgeblich an der Entwicklung digitaler Technologien beteiligt. Konkret wird die Technologieentwicklung von einer virtual class vorangetrieben, die maßgeblich aus jungen, sozio-ökonomisch privilegierten, gut ausgebildeten weißen Männern besteht (Hagerty/Rubinov 2019). Daher sind technologische Artefakte weder in ihrer Ausgestaltung noch in ihren Auswirkungen, insbesondere am Arbeitsmarkt, geschlechtsneutral (Kutzner/Roski 2019). Prietl und Kolleg:innen (2020) betonen, dass Geschlechtervorstellungen und -ungleichheiten sowohl in sozialen Praktiken als auch in ungleichen Mitgestaltungsbedingungen materialisiert sind. Häufig sind es von Männern dominierte Management- und IT-Abteilungen, die digitale Transformationsprozesse vorantreiben (Kohlrausch/Weber 2020).

Der konkrete Einsatz von Technologien am Arbeitsplatz wird nicht ausschließlich durch die Technologien selbst bestimmt, sondern entsteht durch sozio-technische Aushandlungsprozesse. Während im Ansatz des technischen Determinismus (Smith/Marx 1994) die Auffassung vertreten wird, dass technologische Entwicklungen die sozialen Strukturen und kulturellen Werte einer Gesellschaft bestimmen, betonen sozio-technische Ansätze (Jörg 1985; Emery/Trist 1969; Hirsch-Kreinsen 2018; Bendel/Latniak 2020; Deuse u.a. 2018), dass Technologien in einen Kontext eingebettet sind und von diesem geprägt werden. In Organisationen umfasst dieser Kontext unter anderem gesetzliche Rahmenbedingungen, organisationale Normen, Arbeitsbedingungen sowie gelebte Praktiken. In diesem Kontext agieren verschiedene Akteur:innen, die an der Entwicklung, Gestaltung und Anwendung von Technologien beteiligt sind und diese somit beeinflussen. Diese Akteur:innen sind vielfältig und werden durch Geschäftsführung, Management, Betriebsrät:innen und Beschäftigte repräsentiert. Dabei verfügen diese über unterschiedliche Möglichkeiten, den digitalen Transformationsprozess zu beeinflussen. Beispielsweise obliegt es oft dem Management, die digitalen Arbeitsmittel und die Prozesse zu bestimmen, die digitalisiert oder automatisiert werden. Beschäftigte wiederum beeinflussen Technologien vor allem durch ihre individuelle und gruppenbezogene Nutzung. Sie eignen sich die Technologien an und integrieren diese in ihre alltäglichen Arbeitspraktiken (Zachmann 2008). Diese von uns übernommene Perspektive der sozialen Gestaltbarkeit von Technologie (meist als Social Shaping of Technology bezeichnet) unterstreicht die (zumindest potenzielle) Handlungsmacht von Akteur:innen, die in den Entwicklungs- und Einführungsprozess von Technologien eingebunden sind, aber auch von jenen Akteur:innen, die Technologien täglich verwenden (MacKenzie/Wajcman 1999; Williams/Edge 1996; Russell/Williams 2002).

In diesem Zusammenhang ist der Beitrag von Carls und Kolleg:innen (Carls u.a. 2023) hervorzuheben. Ausgehend von der Frage nach Arbeits- und Gesundheitswirkungen betrieblicher Digitalisierungsprozesse präsentieren die Autor:innen empirische Befunde sowohl zu den betrieblichen Prozessen der Technologiegestaltung als auch zur arbeitsalltäglichen Digitalisierungserfahrung von Beschäftigten. Mit dieser zweigeteilten Perspektive rücken sie die Beschäftigten als zentrale Akteur:innen in betrieblichen Transformationsprozessen in den Fokus. Aus dieser subjekt- und gestaltungsorientierten Sichtweise verdeutlichen sie, wie wichtig real erfahrene Mitgestaltungsmöglichkeiten der Beschäftigten für die Wahrnehmung und Umsetzung betrieblicher Digitalisierungsprozesse sind. Darüber hinaus hat die aktive Einbindung der Beschäftigten großen Einfluss auf ihre Wahrnehmung der Arbeitsqualität und der damit verbundenen Belastungen (Walker 2017).

Walker zeigte, dass die Beschäftigten bei der Einführung einer digitalen Technologie auf ganz unterschiedliche Aneignungspraktiken zurückgreifen, die von der Adaption der virtuellen Logik bis hin zur Modifikation der Technologie reichen können. Keine der von Walker herausgearbeiteten Aneignungspraktiken lässt sich jedoch als eine kritiklose Übernahme der Technologie verstehen. Vielmehr eignen sich die Beschäftigten die Technologie so an, dass sie ihren als notwendig empfundenen professionellen Handlungsspielraum bewahren oder zurückgewinnen können. Auf die subjektiven Aneignungspraktiken von Beschäftigten fokussiert auch Carstensen (2017). Am Beispiel einer empirischen Studie über die Social-Media-Nutzung in Organisationen und unter Rückgriff auf einschlägige theoretische Debatten zeigt Carstensen, wie konstitutiv die Materialität technischer Artefakte für soziale Praktiken von Beschäftigten im Umgang mit denselben ist. Die Implementierung digitaler Technologien in Organisationen wird von der Autorin als reflexiver Prozess konzipiert, der widersprüchliche, mehrdeutige und vielfältige soziale Praktiken hervorbringt.

Über implizite Mitgestaltungsmöglichkeiten im Rahmen von Aneignungsprozessen (Orlikowski 2000) hinaus weisen Studien darauf hin, dass die Akzeptanz neuer Technologien im Arbeitsprozess durch explizite Partizipation der Beschäftigten gefördert werden kann (BMAS 2017; Carls u.a. 2023; Rogers 2003; Ruiner u.a. 2020). Partizipation umfasst nach Gitzi und Köllen (2006) verschiedene Konzepte wie Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung, Einbeziehung und Mitbestimmung. Theoretisch lassen sich unterschiedliche Grade und Formen der Partizipation unterschieden. Wegge (2004) entwickelte ein Stufenmodell, das verschiedene Grade der Partizipation beschreibt, beginnend mit keiner Partizipation (Stufe 1) über Partizipation in Form von Information (Stufe 2), Konsultation (Stufe 3), Beteiligung (Stufe 4) bis hin zur Partizipation in Form von Mitbestimmung (Stufe 5).

Neben den Graden lassen sich drei Formen von Partizipation unterscheiden (Kutlu u.a. 2023): Erstens gibt es die direkte Partizipation, bei der Beschäftigte direkt an Entscheidungen beteiligt sind, beispielsweise im Rahmen von Teamarbeit oder Workshops. Diese direkte Beteiligung kann informell oder formell durch Betriebsräte und rechtliche Vereinbarungen abgesichert sein (Ittermann 2009). Zweitens gibt es die effizienzorientierte Partizipation, bei der das Management die Beteiligungsziele definiert und das Wissen der Beschäftigten zur Steigerung der Effizienz nutzt (Dörre 2001). Diese Form der Beteiligung ist in erster Linie auf wirtschaftliche Ziele ausgerichtet und erfordert oft Abstriche seitens der Beschäftigten. Eine dritte Form ist die arbeitsorientierte Partizipation, bei der Beschäftigte ihre Interessen einbringen, um ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern (Dörre 2001). Betriebsräte und Gewerkschaften können diesen Prozess unterstützen, um ein ausgewogenes Verhältnis von Effizienz und Interessen der Beschäftigten sicherzustellen.

Betriebsrät:innen spielen eine besondere Rolle bei Partizipationsprozessen (Kutlu u.a. 2023). Konkret gibt es empirische Evidenz dafür, dass das Vorhandensein eines Betriebsrats ein wesentlicher Faktor ist, der Partizipation im Kontext der Digitalisierung ermöglicht bzw. unterstützt (Schörpf u.a. 2020; Pretterhofer 2024). Gleichzeitig beeinflusst eine proaktive Einbindung von Betriebsrät:innen die Gleichstellung von männlichen und weiblichen Beschäftigten. Evidenz dazu finden Jirjahn und Mohrenweiser (2021), die feststellen, dass in organisierten Betrieben in Deutschland wahrscheinlicher Maßnahmen getroffen werden, die Frauen gezielt fördern. Die Autoren erklären den Zusammenhang mit der besseren Durchsetzungsfähigkeit und erhöhten Transparenz durch betriebsrätliche Involvierung. Dabei betonen sie, dass es wichtig ist, dass Betriebsrät:innen ihre Arbeit so auslegen, dass Beschäftigte bei wesentlichen Digitalisierungsvorhaben einbezogen werden.

Tatsächlich sind im Kontext von Digitalisierungsprozessen spezifische Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte vorgesehen: In Deutschland betrifft dies unter anderem die Mitbestimmung bei der Einführung und Anwendung von Technologien, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Dies betrifft digitale Überwachungssysteme und Software (Betriebsverfassungsgesetz § 87 Abs. 1 Nr. 6) sowie Künstliche Intelligenz (Betriebsrätemodernisierungsgesetz § 80 Abs. 3).

In Österreich hat der Betriebsrat verschiedene Rechte, darunter das Recht, frühzeitig über geplante Maßnahmen in der Organisation informiert zu werden und diese mit dem Management zu erörtern, um die Interessen der Beschäftigten bereits in der Planungsphase einzubringen. Bei der Einführung neuer Technologien müssen Betriebsrät:innen vorab darüber informiert werden, welche personenbezogenen Daten verarbeitet werden (Fritsch 2023); bei Technologien mit hoher Kontrolleignung ist ein Vetorecht vorgesehen (Chlestil 2021). Die Rechte von Betriebsrät:innen sind so verankert, dass sie vor Gericht eingeklagt werden können, wodurch institutionell und rechtlich die Verhandlungsmacht der Beschäftigten erhöht wird. Eine Befragung von österreichischen Betriebsratsvorsitzenden zeigt jedoch, dass diese verrechtlichte und institutionalisierte Form des Interessenausgleichs im Bereich der Digitalisierung bislang vergleichsweise wenig Fuß fasst. Lediglich 14 Prozent der Befragten gaben an, aktiv in die Entscheidung über die Einführung digitaler Technologien eingebunden zu werden. Mehrheitlich beschränkte sich die Einbindung auf reine Information (IFES 2016).

Falkenberg u.a. (2020) haben im Rahmen einer Studie für Deutschland herausgearbeitet, dass die Einführung digitaler Technologien stark zwischen Betrieben und Branchen variiert: Managementdefizite in Strategie und Umsetzung sowie unzureichende Vorbereitung und Einbeziehung von Beschäftigten und Betriebsrät:innen sind weit verbreitet. Betriebsrät:innen stehen vor neuen Handlungsfeldern, benötigen jedoch bessere Unterstützung und Vernetzung wie auch technisches Wissen. Um die Mitgestaltung von Digitalisierungsprozessen durch Betriebsrät:innen und Gewerkschaften zu fördern, empfehlen Falkenberg und Kolleg:innen, diese durch Informationsmaterialien, Qualifizierungsmaßnahmen und neue Beteiligungsformen zu befähigen, die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen.

3 Vorstellung der Fallstudien in zwei Organisationen in Österreich

Im Folgenden werden zwei Fallstudien vorgestellt, in denen arbeitsorientierte Partizipation der Stufe 3 nach Wegge (2004, Konsultation) in Organisationen untersucht wird. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Partizipation von Berufsgruppen, die als weiblich konnotiert gelten oder überwiegend von Frauen ausgeübt werden. Die Entscheidung über die Durchführung der partizipativen Maßnahmen wurde in beiden Fallstudien von Frauen in Managementpositionen getroffen. Die angewandte Fallstudienmethode ist eine Forschungsstrategie, die eine Kombination aus verschiedenen empirischen Verfahren nutzt. Sie erlaubt es, soziale Prozesse im Kontext zu analysieren und verschiedene Perspektiven der beteiligten Akteur:innen einzubeziehen. Dadurch kann flexibel auf komplexe soziale Strukturen und Dynamiken eingegangen werden (Pflüger u.a. 2010).

Im Rahmen der Beschreibung der Fallstudien wird zunächst die Ausgangslage skizziert und es werden die Organisationen sowie das jeweilige Digitalisierungsvorhaben beschrieben. Anschließend werden die partizipativen Methoden und die Durchführung näher erläutert sowie die zentralen Ergebnisse zusammengefasst. Tabelle 1 bietet eine Zusammenfassung der wichtigsten Informationen. Abschließend widmen wir uns einer Reflexion der Forschungspraxis, die in den Fallstudien Anwendung fand.

Tab. 1

Übersicht zu den Fallstudien

Fallstudie A: Digitalisierung eines Arbeitsprozesses
Partizipative Methodik:
Workshop zur Reflexion der Veränderung mit betroffenen Beschäftigten
Ergebnisse:

  1. Digitalisierung des Arbeitsprozesses verbesserte Produktivität hinsichtlich Zeit und Umfang. Dem standen Zeitdruck und Arbeitslast auf Seiten der Beschäftigten gegenüber.

  2. Arbeitsplatzunsicherheit aufgrund von Automatisierung.

  3. Veränderte Machtverhältnisse: IT-Abteilung, als männlich geprägte Struktur, bekam höheren Stellenwert.

  4. Beschäftigte äußerten den Wunsch nach mehr Mitbestimmung.


Fallstudie B: Implementierung einer digitalen Plattform zur bereichsübergreifenden Zusammenarbeit
Partizipative Methodik: Online-Befragung sowie Workshop mit Sekretärinnen
Ergebnisse:

  1. Das Tool wurde ohne Einbindung der Beschäftigten entwickelt und diesen vorgegeben. Dies hatte zur Folge, dass der Nutzen des Tools für die Beschäftigten in Bezug auf ihre derzeitige Tätigkeit unklar war. Ebenso war den Beschäftigten der Sinn der Nutzung unklar.

  2. Die Nutzung des Tools ist eine freiwillige Zusatzleistung und demnach zusätzlicher Arbeitsaufwand.

  3. Hohe Bereitschaft der Beschäftigten, im Rahmen eines Workshops Inhalte und Ausgestaltung des Tools zu erarbeiten. Beschäftigte äußerten den Wunsch nach mehr Mitbestimmung.

3.1 Fallstudie A: Digitalisierung eines Arbeitsprozesses

Organisation A ist im Bereich der Infrastruktur tätig und beschäftigt rund 240 Beschäftigte auf einem 300 Hektar großen Gelände zur Warenannahme und -weiterleitung. Im Rahmen unserer Fallstudie haben wir den Prozess untersucht, bei dem Container per Lkw angeliefert, entladen und zur Weiterleitung vorbereitet wurden. Vor der Digitalisierung verlief dieser Arbeitsprozess folgendermaßen: Der beladene Lkw passierte zunächst einen Scanner und eine Schranke, bevor er zu einem definierten Platz gefahren wurde. Anschließend stieg der/die Fahrer:in aus und nahm persönlichen Kontakt mit den Beschäftigten auf. Es wurde der Container überprüft, Informationen über die gelieferten Waren wurden ausgetauscht und Unterschriften geleistet. Im nächsten Schritt parkte der/die Fahrer:in den Lkw und meldete sich in einem Büro an. Dort fand ein weiterer Austausch mit zwei Mitarbeiterinnen statt, bei dem neben formellen Tätigkeiten auch informell kommuniziert wurde. Die Mitarbeiterinnen kannten viele der Lkw-Fahrer:innen seit mehreren Jahren. Während des Aufenthaltes wurde der Container von einem sogenannten Checker überprüft und mittels Stapler weitertransportiert. Die Lkw wurden dann entweder mit neuen Containern beladen oder fuhren ohne Container weiter. Zusammengefasst gab es zwei persönliche Kontaktpunkte für die Lkw-Fahrer:innen: zuerst beim Austausch der Wareninformationen und der Unterschrift, dann während des Aufenthalts im Büro.

Während des ersten Corona-Lockdowns wurde dieser Arbeitsprozess digitalisiert. Es wurde ein Tool entwickelt, welches die Papierarbeit ersetzte. Die Beschäftigten erhielten alle notwendigen Informationen digital und mussten nun Angaben, die zuvor auf Papier getätigt worden waren – wie beispielsweise bei der Überprüfung der Container oder bei Unterschriften –, in dem Tool machen. Teilweise wurden die Beschäftigten mit einem Scanner und Tablet ausgestattet. Durch diese Umstellung war es möglich, den Betrieb trotz der Kontaktbeschränkungen und Abstandsregelungen während der Pandemie aufrechtzuerhalten. Dies bedeutete aber auch, dass die beiden persönlichen Kontaktpunkte nicht mehr notwendig waren: Unterschriften wurden an einem Terminal geleistet und der Aufenthalt im Büro entfiel.

Das Tool wurde intern entwickelt und von zwei männlichen IT-Mitarbeitern gewartet und weiterentwickelt. Die Umstellung auf das neue System erfolgte zügig, um den Betrieb unter Einhaltung der Abstandsregelungen sicherzustellen. Mit dem neuen Tool konnte die Organisation sowohl die Dauer des Prozesses reduzieren als auch die Anzahl der Abwicklungen erheblich steigern. Aufgrund dieser positiven Ergebnisse strebte die Führungskraft die Digitalisierung bzw. Automatisierung weiterer Arbeitsprozesse an. Diese Produktivitätssteigerung wird von der Führungsebene als das wichtigste Ergebnis dieser Digitalisierung angesehen.

Zu Beginn des Projekts wurde eine Zusammenarbeit mit dem Management der Organisation vereinbart, welches Interesse an den Themen Digitalisierung und Gender hatte. Dieses stellte den Kontakt zum Leiter des entsprechenden Arbeitsbereichs her. In den ersten Gesprächen mit dem Leiter des Arbeitsbereichs und einer Betriebsrätin wurden die Auswirkungen des Digitalisierungsprozesses erörtert. Dabei stieß das von uns als Forschenden aufgeworfene Thema der Partizipation zunächst auf Skepsis und Widerstand, da die Leitung das Digitalisierungsprojekt aufgrund der erheblichen Produktivitätssteigerung während des wirtschaftlich anspruchsvollen ersten Corona-Lockdowns als sehr erfolgreich betrachtete. Überzeugungsarbeit, die positive Einstellung der weiblichen Geschäftsführung sowie die Finanzierung durch eine externe Forschungsförderung ermöglichten schließlich die Erforschung von Partizipation im Rahmen dieser Fallstudie.

3.1.1 Methode

Zunächst führten wir eine Arbeitsplatzbegehung (Kuhlmann 2002) durch, bei der wir alle Arbeitsschritte durchliefen und mit den Beschäftigten an den verschiedenen Stationen sprachen. Zwei der Autorinnen dieses Artikels waren an diesem Prozess beteiligt und machten Notizen. Dabei erkundeten wir, was sich durch die Digitalisierung verändert hat. Die Besichtigung ermöglichte uns, den Arbeitsprozess buchstäblich zu durchlaufen und die Beschäftigten bei ihrer Arbeit zu beobachten.

In einem zweiten Schritt organisierten wir einen Reflexionsworkshop. Da das entwickelte System stetig weiterentwickelt und angepasst wird, sollte im Workshop die Nutzung reflektiert und es sollten Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden. Am Workshop nahmen fünf Beschäftigte teil, darunter zwei weibliche und drei männliche Personen, die aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen stammten und sowohl operative als auch administrative Funktionen repräsentierten. In der Organisation waren wenige Frauen in dem untersuchten Arbeitsprozess tätig, der Schalter war aber ausschließlich mit Frauen besetzt. Zwei Betriebsrät:innen (einer männlich, eine weiblich) waren ebenfalls anwesend. Die Teilnehmer:innen wurden in zwei Gruppen aufgeteilt und gebeten, den Arbeitsprozess Schritt für Schritt zu beschreiben, die Veränderungen für jeden Schritt zu benennen und diese Veränderungen in der Gruppe zu reflektieren. Die Leiterin des Workshops (eine der Autorinnen) stellte Fragen zu den Themen Zusammenarbeit, Qualität der Arbeit und Arbeitsbedingungen. Schließlich wurde die bisherige Beteiligung an der Entwicklung des Systems diskutiert und es wurden Wünsche für die Weiterentwicklung gesammelt.

In einer Gruppe, an der ein Teil der Autor:innen mitarbeitete, wurden die Notizen aus der Arbeitsplatzbegehung und aus dem Workshop sortiert, diskutiert und Themen identifiziert (zur Themenanalyse vgl. Braun/Clarke 2021), die sowohl mit dem Management als auch mit den Betriebsrät:innen besprochen wurden.

3.1.2 Ergebnisse

Drei zentrale Themen ergaben sich aus der Analyse: veränderte Arbeitsbedingungen, Machtstrukturen sowie Information und Partizipation.

Die gesteigerte Produktivität, gemessen an der Zeit und der Anzahl der bearbeiteten Aufgaben, veränderte die Arbeitsbedingungen. Die erhöhte und verdichtete Arbeitslast und der Zeitdruck stellen eine, so formulieren es die Teilnehmer:innen des Workshops, Belastung dar. Sie brachten das Gefühl zum Ausdruck, mit diesen Auswirkungen allein gelassen zu werden. Zudem wurden der Verlust des zwischenmenschlichen Austauschs, Sorgen bezüglich Überwachung und Kontrolle durch die Technologie sowie die Unsicherheit bezüglich ihrer Arbeitsplätze aufgrund der Automatisierung thematisiert.

Weiters haben die Beschäftigten von Veränderungen in den Machtstrukturen der Organisation erzählt. Sie berichteten, dass die Bedeutung von Arbeitsplätzen, die von Frauen besetzt waren, abgenommen hatte und informelles Wissen, das die Mitarbeiterinnen für die Organisation bedeutend gemacht hatte, verloren ging. Vor der Einführung des digitalen Tools hatten Frauen am Schalter Kontakt zu den Lkw-Fahrer:innen und verfügten demnach über wertvolles informelles Wissen. Mit der Einführung des Tools gewannen die Arbeitsplätze von männlichen Kollegen in der IT-Abteilung an Bedeutung. Zusätzlich wurde festgestellt, dass Mitarbeiter:innen häufig Schwierigkeiten hatten, Antworten und Erklärungen zum neuen System zu erhalten, und auch Situationen erlebten, in denen sie aus ihrer Perspektive von der IT-Abteilung als unwissend dargestellt wurden.

Letztendlich wurde angemerkt, dass der rasche Umstieg von einem analogen auf einen digitalen Arbeitsprozesses die Beschäftigten überrumpelt habe. Der Wunsch nach mehr Mitbestimmung, wie durch den durchgeführten Workshop, war eine zentrale Aussage.

3.2 Fallstudie B: Kollaborationstools zur bereichsübergreifenden Zusammenarbeit

Organisation B ist eine universitäre Bildungseinrichtung mit rund 5400 Mitarbeiter:innen. Der Frauenanteil ist sowohl bei den Studierenden als auch beim wissenschaftlichen Personal mit etwa 30 Prozent niedrig, während er beim administrativen Personal mit 52 Prozent höher liegt. Die Verantwortung für digitale Transformationsprojekte liegt bei einer zentralen Abteilung, die Ideen entwickelt und die Planung und Umsetzung digitaler Projekte übernimmt.

Um die organisationsinterne Vernetzung und die bereichsübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, hat die Organisation durch ihre IT-Abteilung eine digitale Plattform entwickeln lassen. Diese Plattform soll den Austausch von Wissen über Prozesse und Erfahrungen ermöglichen. Nutzer:innen können Inhalte erstellen, editieren, teilen und gemeinsam weiterentwickeln. Die Nutzung der Plattform ist freiwillig, jedoch hängt die Qualität und Effektivität maßgeblich von der aktiven Beteiligung der Nutzer:innen ab. Zum Zeitpunkt der Fallstudie war die Plattform vollständig entwickelt und für alle Beschäftigten online zugänglich. Die von Seiten der Organisation erwartete Nutzung blieb jedoch aus.

Zu Beginn des Projekts wurde eine Zusammenarbeit mit dem Management der Organisation, welches Interesse an den Themen Digitalisierung und Gender hatte, vereinbart. Durch dieses wurde der Kontakt zu der Abteilung, welche für Digitalisierungsbelange zuständig war, hergestellt. In mehreren Gesprächen mit der verantwortlichen Abteilung erörterten wir den Umstand der zu geringen Nutzung der eingeführten digitalen Plattform. Die Verantwortlichen vermuteten, dass die Plattform besonders für die Gruppe der Sekretär:innen – die mehrheitlich weiblich war – nützlich sein könnte, denn da meist nur eine Sekretärin oder ein Sekretär pro Institut arbeitet, müssen sie ihre spezifischen Arbeitsprozesse oft allein bewältigen. Ein Austausch mit anderen Sekretär:innen über Arbeitsweisen und -prozesse könnte daher einen großen Mehrwert bieten. Sie wurden aber bisher nicht in die Entwicklung oder Konzeption der Plattform einbezogen.

3.2.1 Methode

Wir führten eine Befragung und einen Workshop durch. Die Befragung wurde online umgesetzt, der Fragebogen wurde an alle potenziellen Nutzer:innen – an alle Beschäftigten der Organisation – versendet. Ziel war es, die Nutzungsmuster, die Gründe für (Nicht-)Nutzung und die Usability (Benutzer:innenfreundlichkeit) des Systems zu erfassen. Insgesamt nahmen 46 Personen an der Befragung teil (14 weiblich, 26 männlich, 6 keine Angabe), 27 aus dem administrativen und 16 aus dem wissenschaftlichen Personal (drei haben keine Angabe gemacht). Der Fragebogen enthielt sowohl qualitative als auch quantitative Fragen.

Zu dem Workshop wurden ausschließlich Sekretär:innen eingeladen, wobei ausschließlich weibliche Sekretärinnen teilnahmen, nämlich sieben. Der Workshop wurde von zwei der Autorinnen geleitet. Die digitale Kollaborationsplattform wurde anhand der Methode von Cooperrider/Whitney (2005) besprochen. Die Methode umfasst vier Phasen, die als 4D-Zyklus beschrieben werden. Zunächst wurde in der Phase Discovery der Ist-Zustand der institutsübergreifenden Vernetzung definiert und ein erstes Feedback zum System gegeben. In der Phase Dream wurde der gewünschte Soll-Zustand definiert und gemeinsam erarbeitet, wie ein digitaler Vernetzungsraum im Tool aussehen könnte. In der Phase Design wurde der Weg zur Erreichung dieses Zustands und in der Phase Destiny die tatsächliche Umsetzung besprochen.

Die Analyse der Daten verlief wie folgt: Die Antworten auf die qualitativen Fragen der Befragung wurden zusammengefasst und die quantitativen Fragen statistisch ausgewertet. Anschließend wurden die Ergebnisse mit den Verantwortlichen reflektiert und es wurden Notizen gemacht. Für den Workshop wurde ein Kurzprotokoll erstellt, welches die Inhalte zusammenfasste. Auch diese Ergebnisse wurden mit den Verantwortlichen besprochen und Notizen gemacht.

3.2.2 Ergebnisse

Es gab drei zentrale Ergebnisse: Erstens war den potenziellen Anwender:innen der Nutzen des Systems für die eigene Arbeit unklar. Ein großer Teil der Befragten gab an, das System nicht aktiv zu nutzen. Die Hauptgründe hierfür waren, dass das Angebot in der bestehenden Form als nicht notwendig für die aktuelle Arbeit angesehen wurde, die Nutzung unklar und zu kompliziert war und als zusätzliche Arbeitslast empfunden wurde.

Zweitens stand der bisher kaum vorhandenen Beteiligungsmöglichkeit bei der Gestaltung der Plattform eine hohe Motivation für Mitbestimmung gegenüber. Die Befragten hatten zahlreiche Ideen und Wünsche zur Gestaltung der Plattform, die im Rahmen des Workshops kommuniziert wurden. Es wurden zahlreiche konkrete Ideen erarbeitet, wie die Plattform besser gestaltet werden könnte und welche zusätzlichen Funktionen sinnvoll wären. Diese Ergebnisse wurden an die Vertreter:innen der zuständigen Abteilung zurückgemeldet, die eine gemeinsame Weiterentwicklung der digitalen Plattform mit der Gruppe der Sekretärinnen ankündigten. Demnach war der Workshop ein wichtiger Impuls für eine Weiterentwicklung der digitalen Plattform.

Schlussendlich eröffneten die partizipativen Maßnahmen den Beschäftigten einen Raum, um Wünsche zu ihrer Arbeitsumgebung zu formulieren. Es zeigte sich ein allgemeiner Wunsch nach vermehrter Partizipation in der Organisation, insbesondere in Bezug auf Neuerungen am Arbeitsplatz.

3.3 Reflexion der Forschungspraxis

Im Folgenden reflektieren wir die angewandte Forschungspraxis und die inhaltlichen Ergebnisse beider Fallstudien. Dabei beleuchten wir die Rollen, die Forschende im Planungs- und Durchführungsprozess einnehmen, die vorherrschende partizipative Kultur in den Organisationen sowie die Komplexität der Auswahl der Beschäftigten unter Berücksichtigung der Verwobenheit von Geschlecht und beruflicher Position (Intersektionalität).

Forschung und Beratung

Die Umsetzung derartiger Fallstudien war Teil eines umfassenden Prozesses, der einige Besonderheiten aufwies. In den Vorbereitungsphasen wurden die partizipativen Maßnahmen in enger Abstimmung mit dem Management und Betriebsrat der beteiligten Organisationen entwickelt, wobei auch die Auswahl der Beschäftigten gemeinsam erfolgte. Dieser Kontakt war notwendig, um die Organisation aus verschiedenen Perspektiven kennenzulernen und fundierte Entscheidungen treffen zu können. Das Forschungsteam konnte diese Entscheidungen hier also nicht allein treffen. Während der Umsetzungsphase hingegen war den Forschenden die Möglichkeit gegeben, eigenständig und ohne explizite Einflussnahme seitens der Organisationsleitung zu agieren. Diese enge Zusammenarbeit mit dem Management fühlte dazu, dass wir eine Doppelrolle als Berater:innen (welche Maßnahmen sollen gesetzt werden) und beobachtende Forscher:innen hatten. Dies ist kritisch zu reflektieren; einmal mit Blick auf die eigene, mitunter unintendierte Einflussnahme auf das Feld und zum anderen mit Blick auf die Beschäftigten. Durch die Nähe zum Management ist es sowohl denkbar, dass Beschäftigte die Teilnahme verweigern, weil sie Sorge haben, dass sich dies nachteilig auf ihre Position in der Organisation auswirkt (z.B. weil sie vermuten, dass das Management über ihre Aussagen informiert wird), als auch, dass sie gerade deswegen Interesse an der Teilnahme haben, weil sie mit ihren Interessen auf Gehör beim Management stoßen wollen.

Partizipative Kultur

Im Rahmen der Fallstudien wurde den Beschäftigten ermöglicht, ihre Betroffenheit und Erfahrungen im Zusammenhang mit laufenden Digitalisierungsprojekten offen zu besprechen. Diese Form der Einbindung war in beiden Fallstudien neu für die betroffenen Beschäftigten. In Fallstudie A bemerkten die Beschäftigten beim Betreten des Gebäudes, in dem der Workshop stattfand, dass sie diesen Raum noch nie zuvor betreten hatten. Auch in Fallstudie B äußerten die Sekretärinnen, dass sie noch nie zuvor zu Themen der Digitalisierung befragt worden seien. Dies verdeutlicht, dass partizipative Maßnahmen bisher nicht in die Organisationskulturen integriert waren, zumindest nicht für die einbezogenen Beschäftigtengruppen. Dennoch verlief der Austausch in den Workshops positiv und produktiv. Angesichts der bisherigen Nicht-Einbindung und fehlender Erfahrung mit dieser Art der Partizipation war es beinahe überraschend, wie intensiv die gemeinsame Arbeit war und wie vielschichtige Haltungen, Meinungen und Vorschläge formuliert wurden.

Die bislang geringe Etablierung einer partizipativen Kultur – der geringe organisationale Reifegrad hinsichtlich Partizipation – könnte erklären, warum unklar war, wie die Organisationen mit den Ergebnissen umgehen werden. Auf einer abschließenden Tagung, an der Management und Betriebsrät:innen teilnahmen, wurden einige der erarbeiteten Ergebnisse diskutiert und Überlegungen zur zukünftigen Integration der Betroffenen in die Digitalisierungsplanung angestellt. Der weitere Verlauf dieses Prozesses entzieht sich jedoch der Kenntnis der Forscherinnen.

Intersektionaler Ansatz

Aus dem Forschungsstand war bereits deutlich, dass vor allem männlich dominierte Berufe an der technischen Entwicklung in Organisationen beteiligt sind und die Digitalisierung eng mit Geschlecht verknüpft ist. Dies zeigte sich auch in unserem empirischen Material: Oftmals wurden in den Organisationen genau jene Berufe, Tätigkeitsbereiche und Positionen wenig eingebunden, die weiblich konnotiert und von Frauen dominiert sind. Diese Beschäftigengruppen zu identifizieren war ein längerer und partizipativer Prozess: In unseren ersten Gesprächen mit Führungskräften aus den Organisationen haben wir versucht, die am wenigsten einbezogene Beschäftigten(gruppen) zu identifizieren, die dennoch mit den Auswirkungen digitaler Änderungen konfrontiert sind. Diese Frage erforderte im Rahmen des Projekts einiges an Zeit und Kommunikation und wurde letztendlich erst unter Einbeziehung des Betriebsrates ausreichend beantwortet. Beispielsweise wurden in einem ersten Schritt bestimmte Gruppen übersehen, die erst durch vertiefende Gespräche Aufmerksamkeit erlangten. Da der Betriebsrat in engem Kontakt zu allen Kolleg:innen steht, war dessen Sensorium für jene Gruppen größer, die weniger präsent sind, aber von den Änderungen durch Digitalisierung genauso betroffen sind wie die Führungskräfte. Durch die weiteren Gespräche mit Entscheidungsträger:innen kam es zu einer Sensibilisierung für geschlechtsbezogen benachteiligte Berufsgruppen und Tätigkeitsbereiche. In der Kommunikation mit Organisationsleitung, Betriebsrat und Beschäftigten legten wir besonderen Wert darauf, dass nicht die Frauen adressiert wurden, um die stereotype Ausschließung von Weiblichkeit und Technik nicht zu reproduzieren. Diese Herangehensweise fungierte somit selbst als erste Intervention.

Obwohl wir im Verlauf des Projekts die Dimension Geschlecht nicht explizit in den Mittelpunkt stellten, sondern den Fokus auf bestimmte Beschäftigtengruppen richteten, blieb die Kategorie Geschlecht implizit als soziale Kategorie präsent, da dies von den Beschäftigten selbst eingebracht wurde. Zum Beispiel wurde in Fallstudie A festgestellt, dass männliche Kollegen in der IT weibliche Kolleginnen aus anderen Bereichen als unwissend darstellten. Die tatsächlich bestehenden Wissensunterschiede zwischen Entwickler:innen und Anwender:innen, die sich häufig auch in einem spezifischen Fachjargon niederschlagen, erfahren hier eine Vergeschlechtlichung und damit auch eine Hierarchisierung durch die beteiligten Akteur:innen: Oben in der Hierarchie steht die als männlich geltende IT, während die Anwenderinnen durch unterschiedliche (sprachliche) Prozesse abgewertet werden, weil diese die IT bzw. die Digitalisierung aufgrund ihrer beruflichen Hintergrunds und ihres Geschlechts ohnehin nicht ‚verstehen‘ und daher nicht mitgestalten könnten. In Fallstudie B kam eine Teilnehmerin zu dem Schluss, dass das administrative Personal vor allem deshalb nie eingebunden wurde, weil hier mehrheitlich Frauen tätig sind. Diese Beispiele verdeutlichen, dass die vergeschlechtlichende Hierarchisierung von Berufen in der betrieblichen Praxis alltäglich erlebt und gezielt artikuliert wird.

4 Diskussion

Im Rahmen unserer Forschung beschäftigten wir uns mit der grundsätzlichen Frage, wie die digitale Transformation aktiv gestaltet werden kann, um deren Potenzial zur Auflösung von geschlechtsspezifischen betrieblichen Machtstrukturen zu nutzen. Konkret untersuchten wir, wie bislang weniger eingebundene Beschäftigtengruppen, insbesondere unter Berücksichtigung von Geschlecht, an digitalen Transformationsprozessen partizipieren und wo sich die Akteur:innen selbst Veränderung wünschen. Durch partizipativ angelegte Fallstudien konnte eine vielfältige Perspektive der Beschäftigten auf den Digitalisierungsprozess generiert werden, die als situiertes Wissen der Nutzer:innen betrachtet werden kann. Im Folgenden werden die Erkenntnisse aus diesen Beispielen in Bezug zur Theorie diskutiert, praktische Implikationen unter Berücksichtigung der sozialen Kategorie Geschlecht formuliert sowie Limitationen und Ideen zu zukünftigen Forschungen vorgestellt.

In den beschriebenen Fallstudien wurde sichtbar, dass digitale Technologien überwiegend von jenen Berufsgruppen konzipiert und eingeführt wurden, die männlich dominiert sind, wie Management- und IT-Berufe (vgl. Bergmann/ Schneider 2021). Dies steht im Einklang mit den Beobachtungen von Kohlrausch und Weber (2020), die zeigen, dass digitale Transformation von männerdominierten Management- und IT-Abteilungen vorangetrieben wird. Zudem zeigte sich in Fallstudie A, dass die Digitalisierung zwar die Produktivität steigern konnte, jedoch zu Machtverschiebungen zugunsten traditionell als männlich konnotierter Arbeitsbereiche führte. Dies beinhaltete die Aufwertung der IT-Abteilung und den Verlust informellen Wissens weiblicher Beschäftigter. Hierdurch wurden nicht nur bestehende hierarchische Strukturen beibehalten, wie Wetterer (2002) beschreibt, sondern sogar verschärft.

Umgekehrt wurde die Möglichkeit des Empowerments durch partizipative Maßnahmen sichtbar, wenn jene Beschäftigtengruppen einbezogen werden, die häufig bei entsprechenden Prozessen übergangen werden. So gab es zwar insgesamt in den Organisationen ungleiche Chancen zur Mitgestaltung, aber auch eine Motivation, sich aktiv am Social Shaping of Technology (MacKenzie/Wajcman 1999; Williams/Edge 1996; Russell/Williams 2002) zu beteiligen. Allerdings, so formulierten vor allem die bislang strukturell benachteiligten Gruppen, fehle es im beruflichen Alltag an entsprechenden Beteiligungsoptionen. Dies wurde beispielsweise von den Sekretärinnen in Fallstudie B betont. Diese haben Ideen und Inhalte im Rahmen des Workshops diskutiert und einander gegenseitige Unterstützung bei einer etwaigen Umsetzung zugesagt. Carls und Kolleg:innen (2023) haben darauf hingewiesen, dass echte Mitgestaltungsmöglichkeiten für Beschäftigte wichtig sind und sich auf die Qualität der Arbeit und das Stressniveau positiv auswirken (Walker 2017).

Letztendlich wurde die Rolle der Betriebsrät:innen deutlich, die sich als ein wesentlicher Faktor bei der Förderung von Partizipation erwiesen haben (vgl. Schörpf u.a. 2020; Pretterhofer 2024; Carstensen 2020; Carstensen/Demuth 2020; Kutlu u.a. 2023). In beiden Fallstudien waren Betriebsrät:innen engagiert am Prozess beteiligt und beantworteten Fragen, die wir mit dem Management nicht ausreichend klären konnten – insbesondere hinsichtlich der Identifizierung strukturell benachteiligter Beschäftigtengruppen. Auch nach der Durchführung der partizipativen Maßnahmen spielen Betriebsrät:innen eine wesentliche Rolle. Sie wirken an der Umsetzung der Ergebnisse mit und setzen sich nicht nur für Produktivität, sondern auch gute Arbeitsbedingungen und die Gesundheit der Beschäftigten ein. Hier sind auch betriebliche Machtverhältnisse relevant: Je mächtiger die Sozialpartnerschaft ist, desto eher können von den Beschäftigten gewünschte Änderungen auch umgesetzt werden. Hierbei ist zu betonen, dass es durch diese gestiegenen Anforderungen an Betriebsrät:innen mehr Unterstützung im Sinne einer Weiterbildung und Vernetzung bedarf (Falkenberg u.a. 2020).

4.1 Praktische Implikationen partizipativer Methoden in digitalen Transformationsprozessen unter Berücksichtigung von Geschlecht

Die aus den durchgeführten Fallstudien gewonnenen Erkenntnisse verdeutlichen eine Reihe von Möglichkeiten und Grenzen einer gendergerechten digitalen Transformation. In diesem Abschnitt werden resultierende praktische Empfehlungen beschrieben.

Besonderheiten digitaler Veränderungsprozesse

Digitale Veränderungsprozesse weisen im Vergleich zu nicht-digitalen Veränderungsprozessen einige besondere Merkmale auf. Zwar werden auch nicht-digitale Technologien häufig von männlichen Akteuren konzipiert, jedoch ist dies bei digitalen Veränderungsprozessen besonders deutlich (Kohlrausch/Weber 2020). Digitale Technologien werden überwiegend von männlichen Akteuren konzipiert und oft obliegt es ebenfalls Männern, diese Technologien einzuführen. Infolgedessen besteht eine enge Verknüpfung zwischen Geschlecht und (Entscheidungs-)Macht, die im Rahmen eines Veränderungsprozesses thematisiert werden sollte. Darüber hinaus sind digitale Transformationsprozesse eng mit dem Thema der Automatisierung verbunden, die potenziell zu Arbeitsplatzverlust führen kann. Aufgrund dieser Thematik kann die Einladung zur Partizipation auf Widerstand stoßen.

Bereits in den ersten Gesprächen mit den Vertreter:innen der Organisationen wurde deutlich, dass die zeitliche Dimension des Veränderungsprozesses von Bedeutung ist. Die Vorstellung, dass ein Veränderungsprozess mit der Einführung eines Tools beginnt und endet, suggeriert einen klaren Anfang und ein Ende. Unsere Erfahrungen aus den Fallstudien legen hingegen nahe, dass digitale Veränderungsprozesse vielmehr als kontinuierliche und sich entwickelnde Prozesse verstanden werden sollten. Dementsprechend können partizipative Maßnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten im Verlauf des Prozesses ergriffen werden – sowohl während der Entwicklungsphase der Technologie als auch während ihrer kurz- und langfristigen Nutzung.

Partizipationsebene und Nachhaltigkeit von Veränderungen

Für nachhaltige Veränderungen ist es entscheidend, Strategien zu entwickeln, um die Umsetzung der Ergebnisse zu ermöglichen. Es gilt sicherzustellen, dass die erarbeiteten Erkenntnisse und Empfehlungen nicht als abgeschlossene Beratungsleistung oder einmaliger Prozess betrachtet werden, sondern eine nachhaltige Integration in die organisationalen Entscheidungsprozesse ermöglicht wird – es geht um die Etablierung von Partizipation in der Organisationskultur. Dafür braucht es eine Zusammenarbeit von Management, Betriebsrat und Beschäftigtengruppen. Erfahrungen aus den Fallstudien zeigen, dass es für die Organisation und die beteiligten Akteur:innen ratsam ist, im Vorfeld zu definieren, welche Stufe des Partizipationsmodells bis zum Ende erfüllt werden kann. Welche Versprechen können gemacht werden? Was lässt sich in der Praxis umsetzen? Wie werden die gesammelten Informationen behandelt? Dabei ist es sinnvoll, konkrete Beispiele zu durchdenken. Zum Beispiel sollte erwogen werden, ob die Ablehnung einer Technologie durch die Beschäftigten dazu führen kann, dass diese in Organisationen nicht implementiert wird. Wichtig ist, dass Beteiligung nicht zu rein zeremoniellen Formaten verkommt, denn partizipative Maßnahmen wecken Erwartungen, deren Enttäuschung nachhaltige Auswirkungen auf das Vertrauen und die Beteiligungsmotivation der Mitarbeiter:innen haben kann.

Erfolgskriterien digitaler Transformation

Eine weitere aus den Fallstudien gewonnene Erkenntnis bezieht sich auf die sowohl in der betrieblichen Praxis als auch in der wissenschaftlichen Forschung enthaltene normative Grundannahmen, die es kritisch zu reflektieren gilt: Was bedeutet eigentlich erfolgreiche Digitalisierung und gelungene Partizipation? Eine erfolgreiche Digitalisierung kann vielfältige Kriterien umfassen, von ökonomischen Maßstäben bis zu verbesserten Arbeitsbedingungen. Folgt man dem ethischen Ansatz des digitalen Humanismus (Fuchs 2022; Coeckelbergh 2024), sollten Technologien im Einklang mit menschlichen Bedürfnissen gestaltet werden. Eine gelungene Digitalisierung bedeutet in diesem Sinne nicht nur wirtschaftlichen Erfolg, sondern die Schaffung einer Umgebung, in der technologischer Fortschritt im Einklang mit den Bedürfnissen und Werten der Menschen steht.

4.2 Limitation und zukünftige Forschung

Unsere Forschung weist Limitationen auf, die Anstoß für zukünftige Studien geben. Eine Limitation unserer Studie betrifft den Zeitpunkt, zu dem wir in die Fallstudien eingestiegen sind. In beiden Organisationen befand sich der technische Transformationsprozess in den Anfängen. Aneignungspraktiken zeigen sich oft erst über einen längeren Zeitraum hinweg, und einige dieser Entwicklungen werden möglicherweise erst jetzt deutlich sichtbar. Dies schließt an Erkenntnisse von Walker (2017) und Carstensen (2017) an, die die Bedeutung von Aneignungspraktiken in ihren Arbeiten betont haben. Zukünftige Studien sollten demnach über einen längeren Zeitraum hinweg längsschnittlich durchgeführt werden. Dabei können auch die Kontextbedingungen und Einflussfaktoren, die für das Gelingen der Umsetzung ausschlaggebend sind, besser erforscht werden.

4.3 Conclusio

Die Einführung digitaler Technologien bietet das Potenzial, etablierte Machtstrukturen zu verändern, weshalb eine aktive Gestaltung dieses Transformationsprozesses entscheidend ist. Partizipative Ansätze bieten sich besonders an, um strukturell benachteiligte Gruppen, wie Frauen, besser einzubinden. Gleichzeitig hebt das Konzept des digitalen Humanismus menschliche Bedürfnisse hervor. Im Mittelpunkt der Vision steht dabei eine harmonische Integration menschlicher und technologischer Elemente, wobei ein Schlüsselkriterium das Streben nach „guter Arbeit“ für alle Beteiligten ist. Die Fallstudien haben verdeutlicht, dass etablierte Machtstrukturen durch nicht-partizipative Digitalisierungsprozesse verstärkt werden können, aber auch, wie partizipative Maßnahmen zu einer Stärkung der Beschäftigten beitragen können. Konkret haben die Fallstudien Einblicke gegeben, welche Potenziale entstehen, wenn zuvor ausgeschlossene Beschäftigte aktiv eingebunden werden und ihre Perspektiven einbringen können. Unter günstigen Bedingungen ist es demnach möglich, dass Beschäftigte Technologien aktiv mitgestalten können. Die reflektierten Erkenntnisse aus den Fallstudien dienen als Inspiration für eine aktive Begleitung der digitalen Transformation. Es gilt, diese Erkenntnisse zu nutzen, um die Implementierung digitaler Technologien nicht nur effizient, sondern auch im Sinne der Beschäftigten und (geschlechter-)gerechter zu gestalten.

Danksagung

Diese Arbeit wurde im Rahmen des vom AK Digitalisierungsfonds geförderten Projekts „Talk about IT! (Digitalisierung partizipativ gestalten: gendergerecht und divers)“ durchgeführt und durch den Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds (WWTF) im Rahmen des Projekts „ShapeTech (Shaping technology: biometric data, collective empowerment and humanization of work)“ unter der Förderungsnummer 10.47379/ICT20034 unterstützt.

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Online erschienen: 2024-11-13
Erschienen im Druck: 2024-09-25

© 2024 Cornelia Gerdenitsch, Nadja Bergmann, Anke Schneider, Myriam Gaitsch, Astrid Schöggl, publiziert von De Gruyter

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 4.0 International Lizenz.

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