Auch wenn Mediävisten noch immer Bücher schreiben, die ein langes Mittelalter postulieren, das erst mit dem Erscheinen der Encyclopédie in der Mitte des 18. Jahrhunderts an sein Ende kommt,[1] ist mittlerweile weitgehend Konsens, dass mit dem italienischen Humanismus des Quattrocento eine Antikerezeption eingeleitet wurde, die sich deutlich von der mittelalterlichen unterscheidet[2] – Aristoteles ist nicht mehr «lo filosofo» tout court wie noch zu Beginn von Dantes Convivio,[3] auch wenn es gleichermaßen verfehlt wäre, einem aristotelischen Mittelalter eine platonische Renaissance entgegenzustellen.[4] Das ‹Neue› der rinascimentalen Antikerezeption wurde durchaus unterschiedlich bestimmt, entscheidend dürfte jedoch sein, dass die antiken Autoren nicht mehr nur als ‹Wissensfundus› begriffen wurden, sondern die diskursiven Ordnungen der Antike zum Idealmodell für die eigene literarische Praxis avancieren konnten.[5] Dies bedeutete freilich, die diachron durchaus unterschiedlichen diskursiven Ordnungen der Antike in eine Synchronie des gleichzeitig Verfügbaren zu überführen, was als solches bereits ein Pluralismuspotential erzeugte – die platonischen Dialoge unterscheiden sich von den ciceronianischen, wie sich etwa auch die Sermones des Horaz von den Saturae Juvenals unterscheiden. Den Status eines nachahmungswerten und de facto nachgeahmten Modells erhielten die antiken Autoren und die von ihnen geschaffenen diskursiven Ordnungen bekanntlich zunächst in der neulateinischen Dichtung, der im ausgehenden 15. und im 16. Jahrhundert zuerst in Italien auf die Volkssprache übertragen wurde. Dies heißt nun jedoch keineswegs, dass die heimisch-mittelalterlichen Gattungs- und Diskurstraditionen einfach verdrängt wurden, vielmehr kommt es zu einer komplexen Hybridisierung diskursiver Ordnungen, die das Pluralisierungspotential einer als solcher pluralisierten Antike weiter verstärkt.
Vor diesem Hintergrund möchte ich im Unterschied zu der seit einigen Jahrzehnten geführten Antiklassizismus-Diskussion zeigen, dass es keine Dichotomie zwischen einem klassizistischen und antiklassizistischen imitatio-Bezug gibt: Modellbildend war einerseits die Antike in toto vom Epos bis zu den Priapeen und zum anderen wurde der Bezug auf die heimische Tradition nicht gekappt, sondern in Analogie zum humanistischen Antikebezug wurde die imitatio-Kategorie auf den Umgang mit der heimischen Tradition übertragen, und zwar nicht nur im Petrarkismus, sondern etwa auch im romanzo oder der karnevalesken Literatur. Demgegenüber scheint mir die Antiklassizismus-Kategorie als Gegenmodell zum Klassizismus das zu trennen, was zusammengehört. Nur angemerkt sei hier, dass der imitatio-Bezug auf die Antike im zeitgenössischen Denken weit über den ästhetischen Bereich hinausgeht. Paradigmatisch hierfür ist etwa folgende Stelle aus Machiavellis Livius-Kommentar in seinen Discorsi (1531):
Nondimanco, nello ordinare le republiche, nel mantenere li stati, nel governare e’ regni, nello ordinare la milizia ed amministrare la guerra, nel iudicare e’ sudditi, nello accrescere l’imperio, non si truova principe né republica che agli esempli delli antiqui ricorra. Il che credo che nasca non tanto dalla debolezza nella quale la presente religione ha condotto el mondo, o da quel male che ha fatto a molte provincie e città cristiane uno ambizioso ozio, quanto dal non avere vera cognizione delle storie, per non trarne, leggendole, quel senso, né gustare di loro quel sapore che le hanno in sé. Donde nasce che infiniti che le leggono, pigliono piacere di udire quella varietà degli accidenti che in esse contengono, sanza pensare altrimenti di imitarle, iudicando la imitazione non solo difficile ma impossibile: come se il cielo, il sole, li elementi, li uomini fussino variati di moto, di ordine e di potenza da quello che gli erono antiquamente.[6]
Was im Lateinhumanismus als rhetorisch-ästhetisches Verfahren entwickelt wurde, wird hier explizit zur Norm für rationales Verhalten generell[7] und wirkt wiederum auf den Geltungsanspruch von imitatio als ästhetischem Verfahren zurück. Vor diesem Hintergrund erscheint Bembo weniger als engstirnig-akademischer Klassizist, wie man ihn nicht erst seit der Antiklassizismus-Diskussion abzuqualifizieren sucht, sondern der Erfolg seiner Prose (1525) dürfte sich gerade aus diesem epistemischen ‹Umfeld› erklären lassen.
Aretino und die Gruppe der sogenannten poligrafi[8] gehören seit geraumer Zeit zu den bevorzugten Autoren, an denen anticlassicismo dingfest zu machen versucht wird. Anhand von Aretinos vier allesamt Fragment gebliebenen Ritterepen werde ich stattdessen zu zeigen versuchen, inwiefern sich diese Texte in unterschiedlicher Weise über kodifizierte Vertextungsverfahren der heimischen Tradition konstituieren, die explizit durch Nennung von Modellautoren und/oder implizit durch intertextuelle Bezüge aufgerufen werden. Abschließend diskutiere ich anhand von Texten anderer Gattungen und Diskursfelder vom ausgehenden 15. bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts die epochentheoretisch-systematische Frage, ob die klassifikatorische Dichotomie von Antiklassizismus und Klassizismus die spezifische Epochensignatur des Zeitraums nicht eher verstellt als präzisiert.
1 Genealogische Enkomiastik und Remunifikation
Wenn Ariost in der Schifffahrtsallegorie des Schlussgesangs seines Orlando furioso von 1532 Aretino in den Katalog der geistigen Elite Italiens aufnimmt und als «flagello // de’ principi, il divin Pietro Aretino»[9] apostrophiert, tat er dies nicht im Hinblick auf Aretinos Ritterdichtung, sondern dessen pasquinate[10] und weitere satirische Texte, die Aretino in die Auseinandersetzungen zwischen der profranzösischen und prokaiserlichen Partei in der päpstlichen Kurie involvierten, die 1525 zu einem Mordversuch führten, als dessen Auftraggeber schon zeitgenössisch ein hoher Beamter der Kurie, Gian Matteo Giberti, galt, ohne dass dies je eindeutig erwiesen werden konnte.[11]
Aretinos erstes poema cavalleresco, die Dui primi canti di Marphisa, erschien 1532, im selben Jahr wie die dritte Ausgabe des Orlando furioso, der nach der Erstausgabe von 1516 und der leicht modifizierten zweiten Fassung von 1521 bis zur endgültigen Fassung zwölf weitere Ausgaben erfahren hat.[12] Wie ein Brief Federigo Gonzagas vom September 1527 belegt, hat Aretino genau um diese Zeit die Arbeit an seiner Marfisa begonnen.[13] Mir geht es nun nicht um die Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte des Textes,[14] sondern zum einen um die Feststellung, dass selbst der «flagello de’ principi» gar nicht anders konnte, als auf eine Gattung ‹umzuschalten›, die durch den Erfolg des Orlando furioso zwischen 1521 und 1532 auf zunehmendes Publikumsinteresse stieß und für die die genealogische Enkomiastik konstitutiv war. Zum anderen lässt sich auch anhand des Briefwechsels zwischen Federigo Gonzaga und Aretino die zeitgenössische Realität des Bedingungsverhältnisses von Enkomiastik und Remunifikation erweisen.
Aus dem Briefwechsel zwischen Federigo Gonzaga und Aretino in der Entstehungszeit der Marfisa wird eindeutig, welch fundamentales Interesse der Herzog von Mantua an der genealogisch-enkomiastischen Komponente des in Vorbereitung befindlichen Textes hatte, wie etwa folgendes Zitat aus dem Brief vom 24. 04. 1529 belegt:
Le stancie che mi haveti mandato per le quali in la vostra Marphisa lodate la casa mia et la lettera vostra mi sono state gratissime, et holle lette con gran.mo piacere, perché non posso dissimulare che mi piaccia essere lodato io et li mei da li ingegni eletti et colti come è il vostro, et tanto più da voi quanto so che havete pochi pari et niuno superiore in scrivere. Io vi ringratio del bon animo che mostrate d’haver verso me, in el quale se perseverareti et se vi diportareti come solevati fare meco et mi havereti in quel respetto che deveti havere, io sarò per tenire bon conto di voi come ho fatto sempre, et non ve pentireti mai di havere perseverato in constante benivolentia verso me; et perché penso che habbiate ad esser tal quale promettete mi offero sempre ecc.[15]
Federigo Gonzaga äußert ganz explizit seine Freude über das Lob, das ihm selbst und seiner Familie zuteilwird, und erklärt ausdrücklich seine Bereitschaft, sich hierfür erkenntlich zu zeigen («io sarò per tenire bon conto di voi come ho fatto sempre»), wenn auch mit etwas größerer Zurückhaltung als früher, als Aretino nicht davor zurückschreckte, Federigo Gonzaga sogar für seine Liebesaffären einzuspannen.[16] Als Aretino in einem Brief vom 02. 10. 1529 um weitere Unterstützung bittet, oder besser eine solche einfordert, damit er die Marfisa bis Weihnachten abschließen könne,[17] antwortet Federigo Gonzaga mit kleineren Geschenken und formuliert einen expliziten Zusammenhang zwischen ‹Lieferung› und ‹Bezahlung›:
A questo Natale, che sperati avere finito il vostro Poema, non mancarò de farve qualche altro dono in segno de l’amore che vi porto […][18]
Damit in dem in Arbeit befindlichen Text die Genealogie der Gonzaga auch angemessen berücksichtigt werden konnte, hatte Federigo schon ein Jahr zuvor seinen ehemaligen Hauslehrer mit einer entsprechenden ‹Vorgabe› beauftragt:
Ho fatto raccordare a quello che fu mio precettore il summario della genologia mia, il quale ha detto di darlo finito tra quattro a sei dí, et havutolo vi lo manderò […][19]
In dem Briefwechsel erscheint Aretino also in keiner Weise als «flagello de’ principi», vielmehr belegt die Korrespondenz die soziale Realität eines Bedingungsverhältnisses von Enkomiastik und Remunifikation, wie es Ariost in der Dichtungsapologie des Apostels Johannes bereits ironisch thematisiert hatte.[20] Die Korrespondenz belegt aber auch, welche Bedeutung der genealogischen Enkomiastik von den ‹Auftraggebern› beigemessen wurde, obgleich deren epistemischer Status schon zeitgenössisch keineswegs unumstritten war.[21]
Dass es im Fall von Aretino zu Problemen mit seinem Auftraggeber gekommen ist, hängt nun freilich mit Aretinos gleichzeitiger ‹Tätigkeit› als pasquinista und dessen Versuchen zusammen, seine Praxis als «flagello de’ principi» als Druckmittel gegenüber Federigo Gonzaga zu verwenden.[22] Nachdem es Anfang 1532 aus unbekannten Gründen zum endgültigen Bruch mit Federigo Gonzaga gekommen war, bietet Aretino seine Dienste Alessandro De’ Medici in einer «lunga lettera adulatoria»[23] an, in der er unter anderem versichert, nunmehr «la genealogia de’ Medici non sanza sdegnio di Mantua» zu besingen.[24] Nachdem Alessandro nicht reagiert, erscheint die Marfisa zunächst in nur zwei Büchern – nach Larivaille gegen den Willen Aretinos[25] – mit einem an Aretino selbst gerichteten Brief seines Schülers und Freundes Lorenzo Venier. Romei rekonstruiert eine etwas andere Publikationsgeschichte und betont, dass das Vorwort zur princeps von Aretino selbst stamme[26] und dass der Text wohl 1532 erstmals erschienen sei.[27] Gewidmet ist er dem General Karls V., Alfonso D’Avalos, marchese del Vasto, der zwischenzeitlich zu einem der Hauptmäzene Aretinos geworden war.[28] Im vorliegenden Zusammenhang von Interesse sind nun nicht Details der Publikationsgeschichte der Marfisa, sondern das besonders eindeutig belegbare Bedingungsverhältnis von genealogischer Enkomiastik und Remunifikation sowie die Tatsache, dass durch dieses Bedingungsverhältnis in keiner Weise das Interesse der Gepriesenen an einem solchermaßen ‹erkauften› Dichterlob reduziert wurde, ganz im Gegenteil – Federigo Gonzaga ‹bemüht sich› über Jahre um Aretino, um seinem Geschlecht «un poema mantovano e gonzaghesco in emulazione ai poemi ferraresi ed estensi»[29] zu sichern, und interveniert sogar mittels seines Gesandten bei Papst und Kaiser zu Gunsten eines «breve» beziehungsweise «privilegio» für Aretino, wenn auch erfolglos,[30] bis es dann schließlich doch zum endgültigen Bruch kommt.
Den epistemischen Grund für das Verhalten der wissend falsch Gepriesenen scheint mir Ariost in der komplexen Semantik der Dichtungsapologie des Apostels Johannes in der Mondepisode bloßgelegt zu haben. Die Dichter – mögen gegebenenfalls – lügen, zugleich sind sie aber auch die einzigen Garanten für das ‹Überliefertwerden› und damit allererst die Konstitutionsmöglichkeit von ‹Geschichte›:
Non sì pietoso Enea, né forte Achille
fu, come è fama, né sì fiero Ettorre;
e ne son stati e mille e mille e mille
che lor si puon con verità anteporre:
ma i donati palazzi e le gran ville
dai descendenti lor, gli ha fatto porre
in questi senza fin sublimi onori
da l’onorate man degli scrittori.
Non fu sì santo né benigno Augusto
come la tuba di Virgilio suona.
L’aver avuto in poesia buon gusto
la proscrizion iniqua gli perdona.
Nessun sapria se Neron fosse ingiusto,
né sua fama saria forse men buona,
avesse avuto e terra e ciel nimici,
se gli scrittor sapea tenersi amici.
Omero Agamennon vittorioso,
e fe’ i Troian parer vili et inerti;
e che Penelopea fida al suo sposo
dai Prochi mille oltraggi avea sofferti.
E se tu vuoi che ’l ver non ti sia ascoso,
tutta al contrario l’istoria converti:
che i Greci rotti, e che Troia vittrice,
e che Penelopea fu meretrice.
(O.F. XXXV, 25–27)
Ariost gibt hier dem traditionellen Immortalisierungstopos seine renaissancespezifische Faktur, indem er das dichterische Wort nicht einfach als «aere perennius» im Horazischen Sinne bestimmt, sondern unterschiedliche schriftliche Überlieferungen gegeneinander montiert und solchermaßen in ihrer jeweiligen Wahrheit relativiert, gleichwohl die Dichtung aber durch ihre Überliefertheit als einzig möglichen Wahrheitsgaranten ausweist.[31]
Als Ariost 1532 den «flagello de’ principi» zum «divino Aretino» macht, arbeitet dieser, wie gesagt,[32] bereits seit mindestens fünf Jahren an einem poema cavalleresco, dessen enkomiastisch-genealogische Komponente nach dem Bruch mit dem Mantovaner Geschlecht schlicht umadressiert wurde. Dass Aretino unmittelbar auf das Erscheinen der dritten Ausgabe des Furioso reagiert, scheinen mir die beiden Eingangsverse nahezulegen und solchermaßen die von Romei vorgeschlagene Datierung der princeps der Marfisa auf 1532 zu bestätigen:
D’arme e d’amor veraci fizioni
vengo a cantar con semplice parole […].
(Marfisa I, 1,1 f.)[33]
Die beiden ersten Verse des Furioso lauten in den Ausgaben 1516 und 1521:
Di donne e cavallier li antiqui amori,
le cortesie, l’audaci imprese io canto […][34].
In der Ausgabe letzter Hand werden sie zu:
Le donne, i cavallier, l’arme, gli amori,
le cortesie, l’audaci imprese io canto […]
(O.F. I, 1, 1 f.)
Das auffällige Binom arme/amori macht es wahrscheinlich, dass Aretino die Fassung des Furioso von 1532 kannte. Mit Sicherheit kannte er diese, als er 1535 eine Fassung mit drei Gesängen seiner Marfisa veröffentlicht, die in den ersten beiden Gesängen erhebliche Varianten zu den Ausgaben von 1532 aufweist, nicht aber bezüglich der beiden Eingangsverse.
2 Parallelen und Unterschiede zum Orlando furioso (1): das Proömium der Marfisa
In einem grundlegenden Aufsatz zu den vier Epenfragmenten Aretinos hat Bruscagli nachgewiesen, wie sich Aretino bereits von der Marfisa an als «ormeggiatore palese dell’Ariosto» stilisiert, zugleich aber mehr oder weniger unterschwellig auch auf Boiardo rekurriert, «divertendosi a creare corti circuiti e, se posso dire cosí, bypass narrativi fra l’uno e l’altro testo […] nei due frammenti che stiamo esaminando»[35].
Wie in Bandarinis etwa gleichzeitigem und gleichermaßen Fragment gebliebenem Mandricardo innamorato (1535)[36] rekurriert Aretino auf der histoire-Ebene also gleichermaßen auf Boiardo und Ariost, wenn auch, wie insbesondere die Analysen Bruscaglis und Cabanis ergeben, in deutlich komplexerer Weise, indem er nicht einfach an beide Texte anschließt, sondern diese in seinen Texten unterschiedlich gegeneinander montiert.
Im Folgenden geht es mir nicht um die handlungslogischen Filiationen zwischen dem Innamorato und dem Furioso einerseits und Aretinos Epenfragmenten andererseits, sondern darum, inwiefern Aretino die renaissancespezifische Diskurspluralisierung auf andere Weise realisiert als in den kanonischen Texten der romanzi-Tradition und wie er noch in der Negation der Gattungsidentität diese bestätigt.
Dass Aretinos vier Epenfragmente höchst unterschiedlich sind, ist Gemeinplatz der Forschung. Dieser konkretisiert sich im Wesentlichen darin, dass Marfisa und Angelica als ernsthafte Ritterdichtung den heroisch-komischen Texten Orlandino und Astolfeida gegenübergestellt werden. Sehr deutlich macht Bruscagli diese Opposition, wenn er im Anschluss an Beer 1987 die Entwicklung der Ritterepik nach der dritten Ausgabe des Furioso als einen Ausdifferenzierungsprozess zwischen einem «poema cavalleresco ‹alto›» im Anschluss an Ariost und einer «romanzeria di consumo» bestimmt:
È come se l’Aretino volesse praticare tutt’e due le opzioni, muoversi ai due poli opposti del processo innescato dal Furioso, atteggiandosi ad aedo nobilmente dinastico nella Marfisa e nelle Lacrime d’Angelica, a demistificatore comico e ribaldo della cavalleria nell’Astolfeida e nell’Orlandino.
Einerseits fehle ihm jedoch «lo spessore intellettuale e dottrinale» für den «romanzo, per cosí dire, d’en haut», andererseits «l’ingenuità, sempre più illetterata, del romanzo cavalleresco, d’en bas».[37] So unbestreitbar es ist, dass Ariost sich nirgendwo in die sprachlich-inhaltlichen ‹Niederungen› begibt – auch nicht in der Fiammetta-Episode – wie Aretino in den beiden späteren Texten, so ist der Furioso doch keineswegs so homogen ‹hoch›, wie Bruscagli anzunehmen scheint. Cabani nuanciert hier, indem sie von den «due poemi ‹seri›» in Anführungszeichen spricht[38] und die Angelica insgesamt durch eine «nota lirico-patetica» geprägt sieht, wovon sich die Marfisa, insbesondere in Rodomontes post-mortem-Kämpfen in der Hölle, durch ein «registro […] epico-grotesco […] con qualche precipitazione al comico iperbolico di sapore pulciano»[39] unterscheide. Larivaille stuft nicht nur «i tanti prestiti», sondern insbesondere Aretinos «apporti personali» als «troppo spesso involontariamente comici» ein, und führt das Ganze auf eine «gracilità dell’ispirazione» zurück, die der Marfisa «spesso […] il tono burlesco d’una parodia del poema cavalleresco» verleihen.[40] Der Unterschied zu den in der Forschung unbestritten als komisch-burlesk verstandenen Texten wäre dann nurmehr ein gradueller. Geht man der Frage weniger biographisch und eher gattungsgeschichtlich nach und präsupponiert für den romanzo cavalleresco nicht eine Homogenität, die er auch und gerade bei Boiardo und Ariost nicht hatte, dann ergibt sich für Marfisa und Angelica ein eindeutiger Anschluss an diese Tradition mit der für Aretino spezifischen ‹Zuspitzung›, während Orlandino und Astolfeida ‹Gegengesänge› darstellen.
Mit dem ersten Vers der Marfisa schließt Aretino, wie gesagt, unverkennbar an Ariost an und setzt sich gleichzeitig von ihm ebenso unverkennbar ab. Um nochmals die beiden Verse zu zitieren:
D’arme e d’amor veraci fizioni
vengo a cantar con semplice parole […].
(Marfisa I, 1,1 f.)
Im Unterschied zu Ariost thematisiert Aretino explizit den epistemischen Status seines Textes: Das Paradoxon der «veraci fizioni» benennt zugleich den erfundenen Charakter des Erzählten wie dessen Wahrheit. Solchermaßen charakterisiert Aretino natürlich nicht nur seinen eigenen Text, sondern er stellt sich in eine Gattungstradition, für die die Rückbindung der erzählten Geschichte(n) durch die genealogische Enkomiastik an einen in der Gegenwart referenzialisierbaren Adressaten und Widmungsträger konstitutiv ist. Selbstverständlich ist im Furioso die faktuale Rückkoppelung etwa durch den wiederholten Rekurs auf die Italienkriege und die höchst subtile Unterminierung – nicht Ironisierung – der enkomiastisch-genealogischen Komponente weit ausgeprägter,[41] mir geht es jedoch nicht um diese Unterschiede, sondern um Aretinos explizite Benennung der Grenzverschiebung zwischen ‹Fakt› und ‹Fiktion›[42] als Charakteristikum seines Textes wie der Gattungstradition der romanzi, die der Eingangsvers durch den intertextuellen Bezug auf den Furioso explizit aufruft.
In der zweiten Strophe führt Aretino seine Titelheldin, wiederum analog zu Ariost, ein («dirò d’Orlando […]», O.F. I, 2,1) und markiert zugleich den Zeitraum der zu erzählenden ‹Geschichte›, und zwar nach Ruggieros Ermordung durch die Maganzesi, die im Furioso nur als Vorausdeutung der Zauberin Melissa erwähnt wird (O.F. III, 24):
Canto la donna invitta et immortale
che, subito ch’al ciel s’alzò Ruggiero,
l’ira e ’l duol nel cuor suo fu tanto e tale
che dubbia seco a raccontarlo il vero.
Turbò ’l regno divin, turbò ’l mortale
e fe’ tremar sin al tartareo impero,
ond’è l’inclita sua eroica gloria
sempiterno alimento d’ogn’istoria.
(Marfisa I, 2, 1–8)
Nichts von dem wird in der Folge erzählt, weil Marfisa in den drei publizierten Gesängen eigentlich überhaupt nicht ‹auftritt›. In einem Brief aus dem Jahre 1545 hat sich Aretino gerühmt, er habe 3000 Oktaven verbrennen lassen,[43] was Larivaille glaubt und deshalb zu rekonstruieren versucht, was Gegenstand der verbrannten Oktaven gewesen sein könnte[44], während Romei Aretinos Behauptung nicht ohne Grund bestreitet:
[…] l’Aretino non bruciò mai nulla. Neppure gli stracci.[45]
Wie dem auch sei, vorhanden sind die drei Gesänge, in denen Marfisa nur beiläufig als Teilnehmerin an den Hochzeitsfeierlichkeiten ihres Bruders und Bradamantes erwähnt wird. Dies entspricht in etwa dem Umgang mit dem Titelhelden in Bandarinis Mandricardo innamorato (1535),[46] ist also keineswegs ein Spezifikum Aretinos, sondern wohl mit Gegebenheiten eines enorm expandierenden Buchmarktes zu erklären, für den «serialità e riscrittura»[47] maßgebliche Bedingungen sind und der nach den umfassenden und akribischen bibliographischen Untersuchungen und Berechnungen von Marina Beer zwischen 1470 und 1600 zur Produktion einer halben Million gedruckter Exemplare von romanzi cavallereschi geführt hat.[48] Wenn es richtig ist, dass sich in den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts geradezu eine Mode des «poema non finito» etablierte,[49] dann wäre dies die zentrale Differenz zu Ariost, dessen höchst komplexes Gedicht höchste Kohärenz aufweist.[50]
Das Proömium bei Aretino umfasst insgesamt neun im Gegensatz zu den vier Oktaven bei Ariost. In Strophe drei und vier greift Aretino O.F. I, 3 bis in lexikalische Repliken («aggradir») auf, verkehrt dessen souverän formulierten Bescheidenheitstopos jedoch in eine Kritik an den «anime avare», die zu ihrem eigenen Schaden nicht erkennen, was ihnen ein Dichter zu ‹bieten› hat:
[…] io, anime avare, a biasmo vostro
scorgo al ciel per drittissimo camino
chi non fu e fia sempre, e voi ch’or sete
foste un dí ’n vita e ’n morte un dí sarete.
(Marfisa I, 4, 5–8)[51]
Vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte des Textes handelt es sich hier nicht nur um die Thematisierung der Immortalisierungsmacht der Dichtung, wie wir sie ja auch bei Ariost finden, sondern um eine implizite, gleichwohl besonders ‹freche› Verabschiedung vom ursprünglichen Adressaten Federigo Gonzaga, indem Aretino betont, selbst inexistente Personen («chi non fu…») immortalisieren zu können, oder aber existierende («voi ch’or sete…») dem Vergessen zu überantworten.
Auf das ‹Selbstlob› folgt in den Strophen fünf bis neun die Enkomiastik auf den neuen Adressaten, unter dessen Eigenschaften als erste – latinisierend − die «largità» (I, 5, 5) – im Sinne von liberalità – genannt wird, was, vom Autor intendiert oder nicht, den Verdacht aufkommen lassen könnte, die folgende Enkomiastik verdanke sich der largità des Gepriesenen.
Der neue Widmungsträger, Alfonso D’Avalos marchese del Vasto, war ein bedeutender Heerführer Karls V.[52] und wird als solcher näher charakterisiert:
Reale Alfonso, ch’ora immortalmente
l’almo trofeo del fortunato Augusto
Spiegate al sol del gran diadema ardente
del sacrosanto uccel felice e giusto,
potess’io dir di voi ciò ch ’l cuor sente,
di voi che aprite a Marte il calle angusto,
ch’al suon farei d’e vostri gesti santi
le stelle fisse andar, restar l’erranti.
(Marfisa I, 6, 1–8)
Auch wenn sich die explizite Widmung an Alfonso D’Avalos nur auf dem Frontispiz der princeps der Ausgabe von 1532 findet,[53] ist die Apostrophe eindeutig referenzialisierbar: Mit dem «fortunato Augusto» ist Karl V. gemeint, der nach dem Sieg über die Liga von Cognac, die Papst Clemens VII. mit Frankreich und Venedig geschlossen hatte, und nach der Versöhnung mit dem Papst 1530 in Bologna zum König Italiens und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt wurde, dessen Wappen der Doppeladler («sacrosanto uccel») war, welches Alfonso mehrfach zum Sieg führte. Damit diese unsterblichen Taten auch wirklich unsterblich bleiben, betont die Autor-persona nochmals die eigene Bedeutung mit einem Bescheidenheitstopos, der sich zugleich als Aufrichtigkeitstopos geriert (V. 5): Es ist der durch die Autor-persona produzierte «suon», d. h. der Text und nicht die «gesti santi» als solche, der die weltverändernde Bedeutung der Taten des Adressaten vermittelt.
Hyperbolischer als durch die Veränderung der Sternenbahnen lässt sich das Wirken eines Einzelnen metaphorisch kaum ausdrücken, doch lässt Aretino drei weitere Preisoktaven folgen. In Strophe sieben transferiert Aretino hierzu einen intertextuellen Bezug auf Petrarca und Bembo aus dem erotischen in den enkomiastischen Diskurs:
e quel che in molti il ciel largo raduna
per sommo don di Dio voi solo avete.
(Marfisa I, 7, 5–6)
Refunktionalisiert wird hier der Schlussvers aus Bembos Rime V und VI, der den jeweils vorausgehenden Schönheitskatalog zusammenfasst und seinerseits Petrarca zitiert:
grazie, ch’a pochi il ciel largo destina.[54]
Der zeitgenössisch sicherlich als solcher verstandene intertextuelle Bezug ist einerseits wohl eine Hommage an Bembo im Rahmen der Bemühungen Aretinos, trotz der grundlegend unterschiedlichen Sprach- und Literaturauffassung ein positives Verhältnis zu dem in der venezianischen Gesellschaft und der intellektuellen Elite Italiens überaus einflussreichen «pontefice dell’ortodossia petrarchesca»[55] herzustellen, zum anderen ist die Stelle ein früher Beleg für Aretinos Tendenz zur Refunktionalisierung und Neukombination unterschiedlicher Diskurstypen, wie dies auf andere Weise auch in der Strophe acht erfolgt, in der in fast schon häretischer Weise religiöser und profaner Diskurs verschränkt werden.[56] In der letzten Strophe des Proömiums wird die enkomiastisch-genealogische Zielsetzung des gesamten Textes schließlich explizit thematisch:
Per cosí alta cagion la penna mia
Move a lodar con fervido e buon zelo
del ceppo almo i germogli onde uscío pria
il legnaggio di voi sceso dal cielo,
ch’ogni chiara d’altrui genealogia
vince d’onor nel sempre verde stelo.
Ma da voi mi toglie or l’alto Ruggiero,
ch’è de le spoglie del nimico altiero.
(Marfisa I, 9,1–8)
Der Bezug auf die vierte Strophe des Orlando furioso wird bis zur Übernahme der ceppo-Metaphorik geradezu ausgestellt, zugleich aber in der Hypertrophie des Preisens überdehnt: Es geht nicht einfach um den «alto valore e’ chiari gesti» der «avi illustri» (O.F. I, 4,4 f.), sondern das Geschlecht der D’Avalos ist allen anderen Geschlechtern überlegen und nachgerade himmlischer Herkunft. Auffällig ist auch, dass der Übergang zur Handlungsebene mit einer entrelacement-Formel erfolgt, die ähnliche Stellen im Orlando furioso aufgreift, wo gleichfalls Figuren der Handlungsebene auf der Diskursebene ‹aktiv› werden.[57] Im Unterschied zu Ariost werden jedoch nicht unterschiedliche Handlungsstränge – wie komplex auch immer – über einen Erzähler verknüpft, sondern eine Figur der dargestellten Geschichte schaltet sich in die Kommunikation zwischen der Autor-persona und dem textexternen Adressaten ein, damit der Text − analog zu einer Aufführung – endlich beginnen kann. Die metaleptische Verknüpfung von Kommunikationssituation qua Apostrophe eines referenzialisierbaren Adressaten und ‹Auftreten› einer Figur der Jahrhunderte zurückliegenden Handlungsebene in eben dieser Kommunikationssituation scheint auf der Textoberfläche nur ein ‹witziger› Übergang vom Adressatenbezug zur dargestellten Geschichte zu sein, der bei näherer Betrachtung aufgrund seiner realen Unmöglichkeit gleichwohl den Realitätsstatus der Widmung tangiert und das Paradoxon der «veraci fizioni» hin zu den fizioni verschiebt: Die Widmung wird vom faktualen zum fiktionalen Text, auch wenn der reale Adressat dies nicht merkt beziehungsweise merken sollte.
3 Parallelen und Unterschiede zum Orlando furioso (2): Angelica
Für Aretinos zweites romanzo-cavalleresco-Fragment sind die Jahre 1536 bis 1538 als Erscheinungszeit der undatierten princeps erschlossen.[58] Bereits im dritten Buch der Marfisa erzählt Aretino die Geschichte Angelicas weiter, die Ariost im Furioso mit dem berühmten Vers beendet hatte:
forse altri canterà con miglior plettro.
(O.F. XXX, 16, 8)
Die handlungslogischen Zusammenhänge und deren Probleme, die sich aus dem doppelten Weitererzählen des Angelica-Medoro-Strangs im dritten Buch der Marfisa und in der Angelica ergeben, sind in der Forschung eingehend behandelt worden,[59] mir geht es zunächst wiederum um das Poömium, das sich nunmehr schon mit der ersten Oktave von Ariost absetzt:
Io vorrei dir la donna ch’ebbe il vanto
di leggiadra et angelica bellezza,
la qual l’amato ben sospirò tanto
che depose la gioia e l’alterezza,
et imparato a pianger con quel pianto
che ad altri insegnò già la sua durezza:
Medor pur chiama in suon languido e fioco,
che non l’ascolta e ’l suo mal prende a gioco.
(Angelica I, 1, 1–8)
Aufgerufen wird nicht mehr das gattungskonstitutive Binom von ‹Waffentaten› und ‹Liebe›, genannt wird sofort die Titelheldin Angelica und deren Liebe zu Medoro, die sich als Strafe für ihre ‹Härte› gegenüber anderen Liebhabern erweisen sollte.
Unmittelbar nach dieser knappen Einleitung beginnt die erneute Enkomiastik auf Alfonso D’Avalos, die nunmehr freilich nicht genealogisch ‹grundiert› werden kann, da den Avalos ja bereits in Marfisa die Schwester Ruggieros – Marfisa – als Ahnherrin zugeordnet war. Dies hindert die Autor-persona freilich nicht daran, über fünf Strophen hinweg den Adressaten buchstäblich in den Himmel zu (er-)heben:
Ma non lice ch’io scriva o ch’io favelle
se pria non porgo i caldi prieghi miei
al chiaro Alfonso, per sue opre belle
già nel numero eletto de gli dei,
che, asceso nel collegio de le stelle,
quel valor, di che lampa et idol sei,
sí come al mondo face alzar le ciglia,
cosí il cielo empierà di maraviglia.
(Angelica I, 2, 1–8)
Aufgrund seiner «opere belle» befindet sich der Adressat nicht nur in der auserwählten Schar der Götter, sondern erfüllt den Himmel mit Staunen. Hiermit nicht genug:
Ciascuna stella vorrà loco farti
Tosto ch’a gir lassuso il volo pigli: […].
(Angelica I, 4, 1 f.)
Bei all dem vergisst die Autor-persona nicht den proömientypischen Bescheidenheitstopos, sondern bittet den Adressaten «[b]enchè translato in ciel» (I, 5, 1) um Beistand:
Ma ora aita − […
……………………………….] −
l’umile musa mia fatta superba
per la divinità che il ciel ti serba.
(Angelica I, 5, 5–8)
In der letzten Proömiumstrophe freilich demonstriert die «umile musa», dass sie sich ihres ‹Wertes› höchst bewusst ist:
Or di ricever le mie note impara
ne le tue caste e grate orecchie pie,
acciò tu riconosca dal ciel poi
le voci ch’io ti porgerò fra noi.
(Angelica I, 6, 5–8)
‹Lerne› ist nicht gerade eine zurückhaltende Aufforderung an einen Widmungsadressaten und der mit dem Nebensatz eingeführte Zweck dieses Lernens scheint mir nachgerade durch die Mehrdeutigkeit von «riconoscere» eine ziemliche Unverfrorenheit zu implizieren: Das Verb bedeutet primär schlicht ‹(wieder-)erkennen›, daneben aber auch ‹anerkennen›, ‹würdigen› u. a. m., sodass die beiden Schlussverse nicht nur bedeuten, der Adressat möge erkennen, was die Autor-persona für ihn auf Erden tut, sondern auch, dass der Adressat dieses Tun entsprechend würdigt – d. h. den Urheber der «voci» angemessen zu be- bzw. entlohnen. Nicht beweisen lässt sich natürlich, dass diese textuelle Ambiguität auch eine intendierte des empirischen Autors ist,[60] doch scheint dies aufgrund dessen, was wir über den Autor Aretino wissen, nicht gerade unwahrscheinlich (vgl. oben Absatz 1).
Auffällig ist auf jeden Fall, dass Aretino von den sechs Strophen des Proömiums fünf für die Adressatenenkomiastik verwendet und mit der Konzentration auf Angelica und Medoro nurmehr die Liebesthematik aufgreift, die durch ihre Trennung von der für die Gattungstradition konstitutiven Verbindung mit den ‹Waffentaten› frei wird für eine gänzlich andere Behandlung auch der «amori» selbst, die mit den ‹Beziehungsproblemen› Angelicas und Medoros und der ‹eingelegten› Geschichte der namenlosen Witwe, die nahezu den gesamten zweiten Gesang einnimmt, eher novellesken Exemplumcharakter erhält, der textuell ‹ausbuchstabiert› wird, wenn die ‹Namenslose› am Ende ihrer Erzählung feststellt:
Io so ben che il suo fin, d’amanti essempio […]
(Angelica II, 77, 1)[61]
Worauf es mir jedoch ankommt, ist die völlige Überdrehung der enkomiastischen Komponente, die durch eine paratextuelle Widmung an die marchesa del Vasto, die Gemahlin des Adressaten, noch zusätzlich verstärkt wird. Ich beschränke mich auf einen, freilich schon durch seine Länge auffälligen Satz:
Et è dono de le stelle che permettano che siate tale per dar qualità ad altri, et erra chi non se inchina ad accendervi lumi et a chiedervi grazie, perché non solamente risplendete come rami de la sacra arbore di Aragona e de l’eterna pianta d’Avalos, che, inestati in uno istesso ceppo, senza temer che i nembi de la sorte col secco del suo verno disperda il verde del vostro aprile, producete frondi di lode, fiori di onore e frutti di gloria, ma vi dimostrate a noi quasi miracoli, che empiete il mondo d’altro stupore che non fece Vener di Gnido et il Colosso di Rodi.[62]
Alfonso III. d’Avalos d’Aquino d’Aragona − so sein voller Titel − stammte aus dem ursprünglich spanischen Geschlecht der D’Avalos und war mit Maria d’Aragona verheiratet, einer Tochter von Fernando d’Aragona, der ein außerehelicher Sohn König Ferdinands I. von Neapel war, worauf im Zitat mit der Verbindung der beiden Häuser «in uno istesso ceppo» angespielt wird. Diese Verbindung habe nicht nur «frondi di lode, fiori di onore e frutti di gloria» hervorgebracht, sondern in der Person Marias die Venus von Knidos und mit der Person Astolfos den Koloss von Rhodos in den Schatten gestellt («empiete il mondo d’altro stupore che non fece […]»). Der Rest der Widmung überschlägt sich in immer neuen hyperbolischen Lobpreisungen, die mit der Feststellung enden:
Ecco la Invidia che, non torcendo punto il guardo, perduta ogni sua menda ne la maestà de la vostra sembianza, astratta ne i reverendi movimenti de gli occhi vostri, stassi godendo de l’odore che vi spira da le chiome e, confusa ne l’oro per cui rifulgano, confessa che s’ingiuria la potenza del Cielo, da cui traete l’origine, a dirvisi donna e non dea.[63]
‹Unglaublich› würde man meinen, aber so steht es im Text: Selbst der Neid muss eingestehen, dass die Macht des Himmels sich selbst schmäht, wenn sie Maria d’Aragona nur Frau und nicht Göttin nennt. In dieser Paraphrase habe ich eine Serie von partizipial konstruierten Nebensätzen ausgelassen, die das eigentlich Gemeinte noch wesentlich ‹geschraubter› ausdrücken, das sich auf die einfache Aussage reduzieren lässt, die Adressatin sei einer Göttin gleich. All dies konnte Ariost natürlich noch nicht kennen, als er den «divin Aretino» als «flagello de’ principi» charakterisierte. Dass Aretino in anderen Texten der Charakterisierung Ariosts freilich durchaus nahekommt, ist bekannt.
Was für mich im Hinblick auf die Proömien zu Marfisa und Angelica im Vordergrund steht, ist nicht primär die Unverfrorenheit des Umgangs Aretinos mit seinen Gönnern, sondern die unübersehbar ausgestellte imitatio-Relation zu Ariost, in die ‹beiläufig› noch ein intertextueller Bezug auf Bembo eingeschrieben ist, der seinerseits Petrarca aufruft, sowie die gleichermaßen deutliche Überbietung des Referenzautors, die nicht nur den Umfang der Enkomiastik, sondern auch deren semantische ‹Überzeichnung› betrifft. Aretino scheint die aemulatio stark zu forcieren, ohne dass man deshalb von Manierismus sprechen müsste,[64] zentral scheint mir vielmehr der Unterschied zu einem «spezifisch mittelalterlichen Erzählen», das Worstbrock in einem grundlegenden Aufsatz als «Wiedererzählen» bestimmt hat.[65] Wie schon Ariost Boiardos Innamorato nicht einfach wiedererzählt, sondern in einem Überbietungsgestus weiterschreibt, verfahren auch Aretino oder Bandarini in der Ariost-Nachfolge.[66]
4 Die burlesken Epenfragmente (1): Orlandino (nach 1537)
In der Aretino-Kritik ist unbestritten, dass es sich beim Orlandino (nach 1537) und der Astolfeida (nach 1547) um komisch-parodistische Texte handelt,[67] mitunter wird auch explizit von «poemi eroicomici» gesprochen[68] beziehungsweise die Nähe zu den Entwicklungen im Seicento betont.[69] Wie Cristina Cabani in der Einleitung zu einem Sammelband ausführt,[70] bilden die als heroisch-komisch bezeichneten Texte chronologisch und geographisch kein homogenes Gattungsprofil aus und schon Alessandro Tassoni, der sich selbst explizit als den Erfinder der Gattung bezeichnet,[71] formuliere für diese widersprüchliche Konstitutionsbedingungen etwa im Proömium des Textes selbst und in den Vorwörtern,[72] die in der Forschung in der Regel auf ein spezifisches Verständnis hin vereindeutigt werden, wie es dann von Boileau explizit formuliert wird. Boileau ändert allerdings erst in der Ausgabe seiner Werke von 1701 den Untertitel des Lutrin von «Poëme Héroïque» zu «Poeme heroï-comique»[73], während er in der Werkausgabe von 1683 von einem «burlesque nouveau» spricht, das sich vom ‹alten› Burlesken folgendermaßen unterscheidet:
C’est un Burlesque nouveau, dont je me suis avisé en nostre Langue. Car au lieu que dans l’autre Burlesque Didon et Enée parloient comme des Harangeres et des Crocheteurs; dans celui-ci une Horlogere et un Horloger parlent comme Didon et Enée.[74]
Während Boileaus Definition des neuen Burlesken qua Heroisch-Komischem auf eine spezifische aptum-Verletzung abhebt, die ‹niedrige› Gegenstände in ‹hohem Stil› behandelt und solchermaßen das alte Burleske genau umkehrt, betont Tassoni in seinen Vorwörtern gerade den gemischten Charakter seines Textes,[75] der sich nicht auf die Hoch-Niedrig-Diskrepanz zwischen Gegenstand und Stil reduzieren lässt, sondern auf wesentlich vielfältigeren Komisierungsstrategien basiert.[76] Wie auch immer man das poema eroicomico in der Realisation durch Tassoni zu bestimmen versucht, es ist «qualcosa di completamente diverso dalle parodie quattro e cinquecentesche. Solo dopo la Liberata e dopo i Discorsi del poema eroico, infatti, è possibile parlare propriamente di eroicomico.»[77]
Im Unterschied zu Franceschetti scheinen mir Aretinos burleske Epenfragmente in der Tat nicht auf Tassoni voraus-, sondern auf die romanzi-Tradition zurückzuverweisen – und hier insbesondere auf Pulci –, die als solche bereits keineswegs ‹heroisch› war[78] und ab Mitte des 16. Jahrhunderts zunehmend systematisch vom poema eroico unterschieden wurde.[79]
Dass es Aretino mit seinem Orlandino nicht um die Aufnahme der Enfances-Epik – im Sinne des ‹Nachholens› der Jugendzeit der ‹späteren› Heroen[80] – geht, macht die erste Oktave deutlich:
Le eroiche pazzie, li eroichi umori,
le traditore imprese, il ladro vanto,
le menzogne de l’armi e de gli amori,
di che il mondo coglion si innebria tanto,
i plebei gesti e i bestiali onori
de’ tempi antichi ad alta voce canto,
canto di Carlo e d’ogni paladino
le gran coglionarie di cremesino.
(Orlandino I, 1,1–8)
Der erste Vers könnte noch die pazzia Orlandos aus dem Furioso aufgreifen, doch macht spätestens der zweite Vers klar, dass es sich nicht, wie in der Marfisa und der Angelica, um eine Fortsetzung des Furioso handelt, sondern um einen ‹Gegengesang›, der nicht nur auf den Furioso als solchen, sondern auf dessen Gattungstradition bezogen ist, die ihrerseits komplexe Komisierungs- und Ironisierungsstrategien auf der Grundlage des ‹Gegeneinanderausspielens› von chanson de geste und höfischem Roman entwickelt hat, die aber gerade nicht auf die simple Degradation der «cavallieri antiqui» zielen, wie unterschwellig auch immer deren Idealität problematisiert wird. Aretino will demgegenüber die Lügenhaftigkeit der ‹Waffentaten› und der ‹Liebe›, ja die generelle ‹Trottelhaftigkeit› – «coglionarie» ist deutlich vulgär – von Karl dem Großen und jedem seiner Paladine erzählen. Die Negativierung des Figurenarsenals der Karlsgeste über ‹Verrat›, ‹falsches Lob›, ‹niederträchtige Taten› und ‹bestialische Ehren› ist so übertrieben, dass hierin nicht das eigentliche Ziel des Textes zu sehen ist und auch nicht in der Schmähung des Publikums als «mondo coglion», das diese ‹Lügen› mit so großem Interesse rezipiert habe (V. 4). Was Aretino tatsächlich bezweckt, wird deutlich in der folgenden Strophe. Zunächst wird «ser Turpin, prete poltrone» (I, 2, 1) als Erfinder von Lügenmärchen apostrophiert:
Mercé vostra, pedante cicalone,
ciascun poeta e ciaratan valente
dice tante menzogne in stil altiero
che di aprir bocca si vergogna il Vero.
(Or. I, 2, 5–8)
Als solche Lügenerzähler werden in der folgenden Oktave explizit Pulci mit seinem Morgante, Boiardo und der «Furioso divino» (Or. I, 3, 4) genannt, aber auch Aretino selbst:
per le ciacchere tue e fole tante
fa dir Marfisa al gran Pietro Aretino,
vangelista e profeta, [e] tal bugia
che un monsignor se ne vergognaria.
(Or. I, 3, 5–8)
Dass der Furioso ‹göttlich› genannt wird, ist natürlich eine Reverenz an Ariost mit implizitem Selbstlob, was aber genauso wenig zum generellen Tadel an Turpin und dessen ‹Folgen› passt wie die Charakterisierung des Autors selbst als lügnerischer Evangelist und Prophet, womit zugleich noch ein Seitenhieb auf die Offenbarungsreligion verbunden wird. Die Negativierung der Gattungstradition setzt sich über mehrere Strophen anhand der Denigration der Haupthelden fort. «Ruggiero, un bellissimo garzone» – im «Furioso divino» immerhin der Ahnherr der Este-Dynastie – wird zum «pincerna» (Mundschenk) und damit über die Anspielung auf Ganymed zum ‹Lustknaben› Agramantes und Karls[81] (Or. I, 4, 3 f.) und Ferraú, Sacripante und Agricane zu den Zuhältern Angelicas «quali volean Angelica in le mani // per prestarla a vettura e giocar poi // gli avanzi che facean de’ fatti suoi» (Or. I, 5, 6–8)[82].
Dem ‹Damenarsenal› der romanzi geht es insgesamt nicht besser:
Di Angelica, Marfisa e Bradamante,
di Fiordeligi, di Morgana e Alcina
non vo’ cantar, che chi non è ignorante
la vita loro amorosa e’ indivina;
io l’assimiglio a la putana errante
Antea, Origilla e Fallerina;
l’Ancroia errante anche essa era putana
e Gabrina di tutte la ruffiana.
(Or. I, 8, 1–8)
Dass die edlen und weniger edlen Damen allesamt das Leben einer «putana errante» führen, ist eine witzig-boshafte Persiflage auf die cavallieri erranti männlichen und auch weiblichen Geschlechts und wohl auch eine Hommage an Veniers Puttana errante (gedruckt 1531 oder 1536[83]), die verständlich machen kann, warum Aretino als pasquinista bis in ‹höchste Kreise› gefürchtet war.
Für seine neue Version der ‹alten Geschichten› erhebt Aretino nun einen expliziten Wahrheitsanspruch:
Questo è la verità! Non dice fola,
come ser Pulci, il Conte e l’Ariosto,
il mio sol Aretin, che pel ciel vola
con quel lume che ’l sol da mezzo agosto;
e Turpin se ne mente per la gola,
e ve lo voglio far veder tantosto.
State dunque ad udir, o spensierati,
i ladri gesti de i guerrier pregiati.
(Or. I, 9, 1–8)
Nun hatte sich allerdings Aretino mit Marfisa und Angelica selbst in die Reihe der ‹Lügengeschichtenerzähler› eingereiht, sodass sich die Frage stellt, wie sich das Eigenlob des ‹neuen› Aretino zu der Abqualifizierung des ‹alten› verhält. Hierauf ist zurückzukommen.[84]
Mit der Zuhöreranrede am Schluss der Strophe greift Aretino auf die volkstümlichen cantari zurück, nicht aber auf deren religiöse Invokation, wie sie noch Pulci, allerdings wohl bereits ironisch, verwendet hat.[85] Stattdessen reflektiert die Autor-persona darüber, wie er den − nicht bei Boiardo und Ariost, wohl aber in der Tradition der klassischen Epik üblichen − Musenanruf gestalten könne. Cupido, Mars und Pegasus, letzterer «uno asinaccio» (Or. I, 10, 4), werden genauso ausgeschieden wie die Musen selbst:
pe’ miei fatti le Muse non son buone,
che odio le donne, e tutto il mondo sallo […].
(Or. I, 10, 5 f.)
Die autobiografische Anspielung ist nur partiell zutreffend,[86] wird in der Folge aber in vier Strophen ausbuchstabiert. Als «Apollo mio» angerufen wird ein «Vicenzo Gambarino», nach Auskunft der kritischen Ausgabe ein «ignoto amasio del Aretino»[87], der die Aufgabe der den Dichter inspirierenden Muse übernehmen soll:
Tu sei la musa mia, tu il mio Pegàso,
tu la mia stella, il mio sol, il mio dio,
tu il fonte, tu il monte di Parnasso,
la penna, l’inchiostro e lo stil mio.
(Or. I, 12, 1–4)
Liest man vor dem Hintergrund von Toscans carnaval du langage vielleicht bereits diese Verse nicht unambig, so wird die karnevalske Gestaltung des ‹Gegengesangs› in der Folge spezifischer:
Coronami, pulcherrimo figliuolo,
di carcioffi, de urtica e di borana,
che, venendo da te cotali onori,
edere torneran, mirti et alori.
(Or. I, 13, 5–8)
Die von der Autor-persona erwünschte Krönung durch den «pulcherrimo figliuolo» mit Essbarem statt mit Zierpflanzen verweist vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Ikonographie[88] auf die Darstellungen des Karnevalkönigs und der solchermaßen angeschlagene Karnevalston wird in der Schlussstrophe der Invokation und damit des Proömiums insgesamt fortgeführt:
Ora col favor tuo, Gambarin divo,
di Iacinto piú bello e di Narciso,
del miser Carlo imperador i’ scrivo
la ladra istoria, compost’a improviso,
perché tu sappia, fanciul mio lascivo,
piú presto te vorrei che ’l paradiso.
Carlo raccolse per pasqua rosata
l’alta dozzina della sua brigata.
(Or. I, 14, 1–8)
Mit «fanciul mio lascivo» wird die homosexuelle Erotik, die für die canti carnascialeschi seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert charakteristisch ist,[89] vereindeutigt und zugleich den Wonnen des ewigen Heils vorgezogen – also eine karnevalstypische Profanierung des Sakralen (hierauf ist zurückzukommen). Schließlich eröffnet die Überleitung zur narratio mit dem festlichen Zusammenkommen der Paladine Karls die Möglichkeit, den karnevalesken Diskurs fortzuführen.
Ostern ist seit den Anfängen des höfischen Romans eines der hohen kirchlichen Feste, an dem König Artus seine Ritterschar zu Turnieren und anderen Feierlichkeiten zusammenruft.[90] Schon relativ früh kommt es bekanntlich zu einem Vermischungsprozess von höfischem Roman und chanson de geste[91] und schließlich zu einer bewussten Hybridisierung des ciclo brettone mit dessen Antithese, dem ciclo carolingio,[92] auf die Aretino hier rekurriert, indem er die arturische Tafelrunde als Bezeichnung der Paladine Karls verwendet und dabei höchst wörtlich nimmt:
Ora la pasqua è venuta a mestiere.
Alla mensa ciascun è comparito.
I paladin si lanciorno a sedere
come si lancia in chiesa uno fallito
e cominciorno a mangiare e ‹a› bere
con una sete e con uno appetito
che la Fame, il Degiun, la Carestia
con men voglia berebbe e mangeria.
(Or. I, 16, 1–8)
In der Folge wird über 15 Oktaven ein übermäßiges Ess- und Trinkgelage der Paladine dargestellt, auf dessen eindeutig karnevaleske Züge zurückzukommen ist und das von einem Sarazenenkönig namens Cardo unterbrochen wird, der die Paladine zum Duell fordert. Alle finden eine Ausrede, bis es schließlich Astolfo ‹trifft›, der natürlich sofort aus dem Sattel gehoben wird und Cardo um Gnade anfleht:
Come l’inglese, specchio di prudenza,
trovòsi in su l’erbette a gambe alzate,
gridò: − Magnificenza, Onnipotenza,
Serenità, Maiestà e Potestate,
Reverendissimo, Illustre et Eccelenza,
Viro, Domenedio e San‹t›itate,
non por le mani al stocco, ch’io me arendo −.
Ma al canto sono e me vobis comendo.
(Or. I, 50, 1–8)
Der erste Gesang endet mit dieser Strophe, der zweite besteht nur aus sechs Oktaven, von denen fünf die Kampfeslust der zeitgenössischen ‹Krieger› genauso verspotten wie das falsche Lob der cavallieri antiqui in der Ritterdichtung:
State, di grazia, trium virium, cheti,
Boiardi, Ariosti ‹et› Aretini,
(Or. II, 5, 5 f.)
Der Text endet mit der Rückkehr zur letzten Strophe des ersten Gesangs:
− Chi sei tu? – disse Cardo. – Astolfo sono,
arma virum qui cano, in terra a piei,
bontà de un mio caval non troppo bono
e de un error che con la lancia fei.
Non cavar fuor la spada, che perdono,
signor, ti chiedo: miserere mei! –
Rise Cardo di Astolfo e disse: − Parmi
che torni al signor tuo pedon senza armi −.
(Or. II, 6, 1–8)
Durch das Lachen Cardos wird der Ritter qua ‹Fußsoldat› explizit als Komisierung ritterlicher Idealität thematisch.[93] Im Unterschied zum Ende von Marfisa und Angelica, die analog zu Einzelgesängen des Furioso auf unterschiedliche Weise eine Fortsetzung implizieren, findet sich im Orlandino kein solches Signal, sondern das abrupte und endgültige Ende wird mit «IL FINE» eindeutig signalisiert.
5 Die burleske romanzi-Tradition als Karnevalisierung der Ritterepik
Dass Aretino weder in der vorletzten Strophe seines Orlandino noch sonst irgendwo Folengos gleichnamigen Text von 1526 erwähnt, auf den Cabani 2018 als möglichen Bezugspunkt Aretinos beiläufig hingewiesen hat,[94] ist nicht weiter verwunderlich, wenn man sich den Text Folengos etwas näher ansieht:
A FEDERIGO DI MANTOA
MARCHESE ILLUSTRISSIMO
[PRIMO CAPITOLO]
Magnanimo signor, se ’n te le stelle
spiran cotante grazie largamente,
piovan piú tosto in me calde fritelle,
che seco i’ poscia ragionar col dente;
dammi ber e mangiar, se vòi piú belle
le rime mie; ch’io d’Elicon niente
mi curo, in fé di Dio; ché ’l bere d’acque
(bea chi ber ne vòl!) sempre mi spiacque.
Ben trovo ch’un fiascone di bon grego
versi cantar mi fa di vinti piedi;
tanti dottori disputando allego
che a me piú ch’a Tomaso e Scotto credi;
né dirti so cotanti ‹probo› ‹nego›
purché qualche argumento mi concedi;
non parloti cristero né supposta,
ma qualche bon capon o d’oca rosta.
Ti accerto ben ch’io canto il Miserere,
né ad ‹vitulos› son anco giunto mai;
Boezio di trent’anni sul tagliere
mi dà sempre ristor, sí come sai;
però, se vòi ch’i’ canti, o bel missere,
da’ del fiato a la piva o poco o assai;
fiato di zancie no, ma intendi bene:
mangion e bevon anco le Camene!
O tempi grassi, o giorni fortunati,
quando e’ poeti si trovorno boni,
mercé Gian Bocca d’or de’ Mecenati
ch’ingrossar fenno già molti Maroni!
Or non cosí piú, no; ch’oggi piú grati
son gli ubriachi, sguattari e buffoni,
de quelli ch’immortal pon far altrui,
perch’ « est » apprezzan piú d’ « eram » e « fui ».
(Folengo, Or. I, 1,1−4,8)[95]
Gegenüber dem in der ersten Zeile des Textes direkt angesprochenen Widmungsträger artikuliert die Autor-persona völlig unvermittelt ihre ‹kreatürlichen Bedürfnisse›, deren Erfüllung allererst die Voraussetzung für ihr dichterisches ‹Handeln› schafft. Von hier aus ergibt sich sodann ein unmittelbar ‹existenziell› begründeter Zusammenhang zur Bitte um beziehungsweise Forderung nach ‹Remunifikation›, denn
mangion e bevon anco le Camene! (I, 3, 8)[96]
Die zu Aretinos Orlandino analoge sprachliche bassesse bei der Vermittlung kreatürlicher Bedürfnisse wie Essen und Trinken bedarf hier keiner näheren Analyse, genauso wenig wie das maccheronische Einstreuen von Latinismen, sondern worauf es mir ankommt, ist die Tatsache, dass es von Aretinos romanzi-Parodie einen offenkundigen Zusammenhang zu Folengos ‹Umgang› mit dem poema cavalleresco gibt und dass Folengo seinerseits in besonderem Maße an Pulcis Morgante anschließt.[97] Trotz der Reihe Morgante – Boiardo – Ariosto, die Aretino selbst für die ‹hohe› Ausprägung des romanzo in seinem Orlandino aufmacht,[98] wird im 16. Jahrhundert, etwa von Benedetto Varchi, die Sonderstellung von Pulci explizit thematisiert, der ihn in Della poetica in generale (1553) in die Gruppe der Autoren einreiht, die «senza arte e giudizio o dottrina scrivono solo per piacere alla plebe e far ridere il volgo […]»[99].
Auf den Zusammenhang von Pulcis Morgante, Folengos Orlandino und Aretinos beiden Epenparodien hat zuletzt Nicosia 2015 in besonderem Maße aufmerksam gemacht. Als «idea dorsale» seines Buches bezeichnet er «la persistenza di una marca pulciana nella produzione burlesca in ottave tra Cinquecento e Settecento»[100]. Belegt wird dies durch eine Reihe intertextueller Bezüge zwischen diesen Texten, die Nicosia jedoch wesentlich im Verständnis der traditionellen Quellenforschung als Einfluss Pulcis auf Folengo und Aretino begreift,[101] worauf schon der Haupttitel des Buches − La «funzione Morgante» − verweist. Mir geht es demgegenüber vielmehr darum, dass die intertextuellen Bezüge eine gemeinsame Systemreferenz signalisieren, die sich als Literarisierung eines historisch-spezifischen Systems, nämlich des Karnevals als überständischer sozialer Institution, begreifen lässt.
Bereits vor geraumer Zeit habe ich Pulcis Morgante im Unterschied zu Boiardos und Ariosts romanzi mit der Kategorie der Karnevalisierung zu beschreiben versucht,[102] allerdings nicht in Anschluss an Bachtins widersprüchliche, zugleich anthropologische wie klassenspezifische Karnevalskategorie,[103] sondern im Anschluss an Dietz-Rüdiger Mosers Einsichten, die aufgrund der – mittlerweile abgeebbten – Bachtin-Euphorie der ausgehenden siebziger und der achtziger Jahre nicht in angemessener Breite rezipiert wurden.[104] Wie Moser nachweist, sind ‹Fastnacht› und ‹Karneval› nicht nur etymologisch auf die Fastenzeit bezogen,[105] sondern es besteht auch ein struktureller und kalendarischer Zusammenhang, ist doch der Fastnachtstermin von der beweglichen Fastenzeit abhängig, wodurch noch immer so ‹Profanes› wie das wechselnde Datum des politischen Aschermittwochs bestimmt wird. Diese Abhängigkeit und gleichzeitige Diskrepanz zwischen den beiden Zeiträumen kann Moser verständlich machen, indem er nachweist, dass es sich hierbei um die Übertragung der Zwei-Staaten-Lehre des Heiligen Augustinus auf das Kirchenjahr handelt, wobei die Fastnacht die civitas Diaboli und die Fastenzeit die civitas Dei repräsentiere.[106] Moser weist des Weiteren nach, dass diese Übertragung als explizites Wissen in der Predigtliteratur und im Brauchtum seit dem 13. Jahrhundert vorhanden ist, und zeigt, wie die Fastnacht, die ihrem Wesen nach die Negation zentraler christlicher Normen darstellt, ihre funktionale Notwendigkeit in Opposition zur Fastenzeit erhält, insofern solchermaßen die Heilsgeschichte wie der Weg der einzelnen Seele zum Heil auf das Kirchenjahr abgebildet wird:
Abstieg zur Hölle und Sünde in der Fastnacht, Aufstieg nach Jerusalem und zur Tugend in der Fastenzeit, das ist das Modell, um das es geht.[107]
Solchermaßen resümiert Moser eine Aschermittwochspredigt kurz vor 1500, in der die heilsgeschichtliche Interpretation der beiden Zeiträume explizit thematisch wird. Warum es der Fastnacht bedarf, wird um dieselbe Zeit damit begründet, dass sie als Darstellung einer «aversionis a Deo per peccatum» zu verstehen sei, denn man müsse die Krankheit kennen, die man durch die Fastenzeit heilen wolle: «cum enim homo necit morbum, non curat adhibere remedium»[108]. Erhält der Karneval als Teufelsreich solchermaßen Abschreckungsfunktion, wodurch der Mensch zur Umkehr veranlasst und auf den Weg des Heils zurückgeführt wird, so finden sich auch Aussagen, die eher auf eine ‹Ventilfunktion› deuten,[109] sodass kirchlich intendierte und vom Kirchenvolk realisierte Funktionen durchaus nicht immer denkungsgleich zu sein brauchen, woraus sich Vermittlungsmöglichkeiten unterschiedlicher Funktionsbestimmungen von Karneval ergeben können.
Wenn Bachtin von «Karnevalisierung der Literatur» spricht, dann meint er damit die «Übertragung des Karnevals in die Sprache der Literatur»[110], die er in besonderem Maße in der Parodie realisiert sieht, sodass er von der «karnevalistischen Natur der Parodie»[111] sprechen kann, das heißt die Parodie ist der Karneval der Literatur. Wenn dem so wäre, wäre die nähere Charakterisierung von Parodien als ‹karnevalistisch› eine Tautologie. Dass bei Bachtin ‹Karneval› und ‹Parodie› letztendlich synonym werden, resultiert aus der identischen Definition beider Begriffe als «umgestülpte Welt»[112], was den Nachweis des Karnevalesken automatisch zum Nachweis des Parodistischen macht und umgekehrt, wodurch freilich einer der beiden Begriffe funktionslos wird.
Es lässt sich nun freilich durchaus von einer «karnevalistischen Parodie» sprechen, wenn man Parodie mit Verweyen / Witting als transhistorisch invariante Schreibweise begreift[113], wohingegen die Karnevalisierung aufgrund ihrer Ableitung aus der historischen Institution des Karnevals notwendig eine historisch-spezifische Kategorie darstellt, die nur bestimmte historische Realisationen von ‹Parodie› erfassen kann. Naheliegend ist folglich, dass sich die Karnevalisierung der Literatur vor allem in Zeiten und an Orten findet, in denen dem Karneval institutionell eine besondere Bedeutung zukommt. Dies gilt in Italien vor allem für Rom, Venedig und Florenz vom ausgehenden 15. bis in das letzte Drittel des 16. Jahrhunderts und damit den Lebenszeiten von Pulci über Folengo bis zu Aretino. Der Zusammenhang von ‹Karneval› und ‹Literatur› ist natürlich dann am engsten, wenn unmittelbar literarische Texte für die soziale Institution des Karnevals verfasst werden.
Dies gilt etwa von den canti carnascialeschi, deren ältester Druck nach Bruscagli in einer auf 1485 datierbaren Inkunabel erhalten ist: Canzone per andare in maschera x carnasciale. Der Holzschnitt des Einbandes zeigt eindeutig Lorenzo il Magnifico, der eine Gruppe von Maskierten beobachtet, die «confortini», süße Backwaren verteilen, ein offenkundiger Bezug zu der im Band abgedruckten «Canzona de’ confortini» Lorenzos, deren homo- und heterosexueller sodomitischer Doppelsinn in seiner Obszönität kaum überbietbar scheint und die auf 1475 bis 1478 datierbar ist[114]. Als Erneuerer der älteren Fastnachtskultur und ‹Erfinder› der canti carnascialeschi im engeren Sinne als «canti d’ arti e mestieri a double entendre» gilt Lorenzo il Magnifico,[115] der bekanntlich zeitgleich an seinem petrarkistisch-neuplatonistischen Canzoniere schreibt –[116] genauso wie später Aretino zeitgleich am zweiten Teil der Ragionamenti (erschienen 1536)[117] arbeitete und religiöse Texte wie die Humanità di Cristo (1535) publizierte.[118]
Dass die Karnevalskultur von Lorenzo il Magnifico neu belebt wurde und dass dieser Impuls bis ins letzte Drittel des 16. Jahrhunderts weiterwirkt, zeigt die 1559 von Anton Francesco Grazzini – besser bekannt unter seinem Akademienamen ‹il Lasca› – publizierte umfassende Anthologie mit dem Titel Tutti i trionfi, Carri, Mascherate o canti carnascialeschi andati per Firenze, dal tempo del Magnifico Lorenzo vecchio de Medici, quando hebbero prima cominciamento per infino a questo anno presente 1559[119].
So überständisch der Karneval als soziale Institution ist, so wenig sind die Karnevalstexte einer bestimmten Schicht zuzuordnen oder gar als ‹gesunkenes Kulturgut› zu begreifen. Wie Bruscagli im Hinblick auf Singleton und Toscan betont, seien die Auffassungen dieser beiden Autoren «inoppugnabili», insofern sie «questi canzoni artigianali» nicht mehr nur im Hinblick auf deren «colore locale» oder eine «angusta degustazione linguaiola» betrachtet, sondern deren «autentico e ardito carattere letterario, di prove e sfide linguistiche, di virtuoso acrobatismo semantico»[120] in den Blick gerückt haben.
Aretinos Parodien der Ritterepik haben nun nicht diese durchgängige semantische Doppelbödigkeit,[121] doch bedient sich der Autor gleichermaßen des Vokabulars und der Redewendungen für Themen und Gegenstände des Alltags bis hin zur Gaunersprache als der stilistischen Faktur der wörtlichen Ebene der canti carnascialeschi, wie er deren sexuelle Konnotationen mehr oder weniger explizit ausformuliert. Ich will deshalb keineswegs behaupten, Aretinos Epenparodien seien karnevaleske Texte im engeren Sinne der canti carnascialeschi, es scheint mir jedoch die in der Zeit lebendige gesellschaftliche Institution des Karnevals zu sein, die den notwendigen ‹Freiraum› für die Thematisierung von ‹Kreatürlichkeit› bis hin zu höchst ‹Skabrösem› geschaffen hat. Dies gilt nicht nur für die plakativ-obszönen Texte wie die Sonetti lussuriosi, die sechzehn unterschiedliche ‹Stellungen› beim Geschlechtsakt durchspielen,[122] oder die beiden Teile der Sei Giornate, sondern auch für die Epenparodien.
Wie wir bereits gesehen haben, bedient sich Aretino im Orlandino nicht des epentypischen Musenanrufs, der sich auch in der romanzi-Tradition etwa im Mambriano (1509) des Cieco da Ferrara findet,[123] sondern zu seiner Muse kürt er einen «fanciullo lascivo», dessen ‹Zuneigung› ihm mehr bedeutet als das Paradies, womit die für die ‹verkehrte Welt› der Karnevalsliteratur konstitutive Homoerotik genauso realisiert wird wie die Profanierung des Sakralen.[124] Eingehender zurückzukommen ist hier auf das Gelage der Paladine.
Nach vierzehn Strophen eines weitgehend karnevalisierten Proömiums folgen sechzehn Strophen ‹Gelage› (I, 15–31), wonach der zweite Teil der narratio bis zum Gesangsschluss nur noch eine einzige weitere Szene beinhaltet – die Duellforderung des Sarazenenkönigs Cardo und die wenig ritterlichen Reaktionen einzelner Paladine sowie Astolfos Prahlereien und seine schmachvolle Niederlage (I, 32–50). Während ein ähnlicher ‹Festtag› in Chrétiens Lancelot nur beiläufig erwähnt wird,[125] verweist dessen quantitative Ausdehnung auf fast die Hälfte der narratio des ersten Gesangs, genauso wie die stilistisch-inhaltliche Ausgestaltung eindeutig auf die Karnevalskultur. Dies ergibt sich gleichermaßen aus bildlichen Darstellungen wie textuellen Zeugnissen der bis ins 13. Jahrhundert zurückreichenden literarischen Tradition des Streits zwischen Karneval und Fastenzeit. Es ist diese Tradition, die Moser, wie bereits angedeutet, als Ausgangspunkt dient, um seine These von der Gegenbildlichkeit von Fastnacht und Fastenzeit zu belegen.[126] Entscheidend ist dabei, dass die Welt der Fastnacht wesentlich durch Essbares bevölkert wird, wie dies etwa in einem Contrasto del Carnevale con la Quaresima der Fall ist, der uns in einem Druck aus dem Anfang des sechzehnten Jahrhunderts überliefert ist[127] und in dem als allegorische Streiter für den Karneval «fegatelli, malvagie, tortelli, fagioni, capponi, piccioni, migliacci, arosti e lessi» ‹auftreten›[128] – Essbares, das neben vielem anderen auch die «tavola ritonda» der Paladine im Übermaß ‹bevölkert›. Die Figur des Karnevals selbst wird als «dick, rund und mit einem großen Bauch versehen» beziehungsweise im Kontext eines Gelages als übermäßiger Esser dargestellt.[129] Alle Paladine sind solche übermäßigen Esser (und Trinker), insbesondere jedoch der explizit als dickbäuchig ausgewiesene Karl der Große:
Il panciuto et agiato re Carlone
era svogliato et gli parea niente
mangiar, mangiando libre de fagiani,
un piatel di peducci ‹et› ortolani.
(Or. I, 22, 5–8)
Die in ihrer negativen Konnotation durch die Adjektive verstärkte Bezeichnung Carlone[130] macht den obersten Kriegsherren der Christenheit zum Karnevalskönig, der trotz einer Unmenge von Fasanen, (Lamm-)Haxen und Gartenammern − eine ‹ehedem› besonders geschätzte Essvogelart –[131] den ‹Hals› nicht vollbekommt. Damit nicht genug. In der folgenden Strophe fällt explizit der Terminus ‹Karneval› und der Zusammenhang auf der Darstellungsebene zu Pulcis Morgante wird gleichermaßen explizit ausformuliert:
Mastro Danese ismisurato e grande,
sciocco coglion, disutile furfante,
facía piú guasto in tutte le vivande
che non fe’ al Dormi Margute e Morgante:
par orso al mele e cingiale alle ghiande
e che carnoval faccia un ser pedante,
soldato a descrizion d’un ventott’anni,
che quanti ha denti tanti ha saccomanni.
(Or. I, 23, 1–8)
Dormi ist ein Gastwirt in Pulcis Morgante, der die beiden Riesen mit einem ganzen Büffel und vielem anderen verköstigen muss, und die zum Dank ihm dennoch sein Erspartes rauben und sein Wirtshaus anzünden.[132] Das ungezügelte ‹Fressen› der beiden Riesen wird von dem gleichfalls als riesig («ismisurato e grande») charakterisierten «Uggieri il Danese» – so sein ‹richtiger› Name – überboten, der sich im Karneval als Pedant verkleidet, was nach der historischen Semantik der Zeit konnotativ insinuiert, dass der Paladin sodomitische Praktiken pflegt.[133] Darüber hinaus wird hier nicht nur auf eine insbesondere den Florentinern zugeschriebene Sexualpraxis angespielt, sondern die Stelle ist ein expliziter Beleg für die Verwendung des double entendre der canti carnascialeschi im Rahmen der Epenparodie.
Die beiden letzten Zeilen des Zitats sind ein offenkundig intendierter Anachronismus, insofern Uggieri, der Titelheld der Chevalerie Ogier und auch bei Boiardo und Ariost ein tapferer Kämpfer für die christliche Sache, von Aretino zum soldlosen Soldaten («soldato a descrizion»[134]) eines Achtundzwanzigjährigen wird, der sein Heer durch Räuber und Plünderer («saccomanni»[135]) versorgen lässt. Mit diesem jugendlichen Feldherrn wird fraglos auf Giovanni de’ Medici, genannt Giovanni delle Bande Nere, angespielt, der 1526 mit 28 Jahren starb und ein enger Freund und Weggefährte Aretinos war, in dessen Feldlager sich dieser bereits 1523 aufhielt und zu dem er nach dem misslungenen Mordversuch in Rom 1525 erneut floh.[136] Da nicht zuletzt aus Aretinos Lettere seine enge Verbundenheit mit dem condottiero hervorgeht – eines der letzten Zeugnisse stammt aus dem Jahre 1542 −,[137] handelt es sich sicherlich nicht um eine wie auch immer geartete Kritik an Giovanni de’ Medici, genauso wenig wie die Darstellung der Paladine im Hinblick auf die explizit anzitierte Karnevalskultur den eingangs so emphatisch betonten Anspruch der verità einzulösen vermag.[138] Vielmehr verweist die gargantueske Remodellierung[139] der Ritterwelt als ‹Gegengesang› zu deren Idealisierung, wie sie Aretino in der Marfisa selbst praktiziert hatte, auf das renaissancespezifische Ausstellen diskrepanter Diskurse, deren unterschiedliche Wirklichkeitsmodellierung je unterschiedliche Wahrheitsansprüche erhebt, damit jedoch den Wahrheitsanspruch als absoluten relativiert. Dies soll im Folgenden am Astolfeida-Fragment näher gezeigt werden, das in Aretinos letzter Schaffensphase erschienen ist (nach 1547).
6 Die burlesken Epenfragmente (2): Astolfeida: Das ‹Wahre› und die Autorisierung von Pluralität
Die bereits im Proömium des Orlandino auffällige Insistenz auf der Wahrheitsthematik wird im Proömium der Astolfeida noch intensiviert und in Paratexten ergänzt. In einem Widmungsbrief wendet sich der explizit als Autor «Pietro Aretino» ausgewiesene Schreiber an die römische Statue Pasquino und dessen stummen Partner Marforio, die als Relikte republikanischer Freiheit im päpstlichen Rom im wörtlichen Sinn zum Konkretisationsort des satirischen Diskurses wurden, und die Autor-persona reiht sich explizit in diese Diskurspraxis ein:
Il martello ch’i’ ho di voi dua, poi ch’io cangiai un fiume al mare e Roma con Venezia, vuol ch’io v’indrizzi la vita d’Astolfo e de gli altri paladini, detta da me l’Astolfeida.[140]
Aretino betont also einerseits, dass er satirisches Dichten von Rom nach Venedig ‹mitgenommen› habe, und impliziert damit zugleich, dass die Astolfeida ein satirischer Text sei. Die Verbindung von ‹Satire› und ‹Wahrheit› wird in der Folge in bester satirischer Tradition – «ridentem dicere verum quid vetat? (Hor. serm. I, 1, 24 f.) – explizit gemacht:
Pasquino cantando il vero scuopre le virtú, i vizii di tutti. Marforio sosorgnione dormendo afferma ciò che dice Pasquino, perché chi tace acconsente.[141]
In einem weiteren Paratext, einem capitolo mit dem Titel: «Pasquino a li lettori sopra l’Astolfeida del divino Aretino»[142], wird Aretino ausdrücklich als «del vero amante» (V. 11) charakterisiert und mit einer Serie von jeweils «dice che» konstruierten Anaphern dafür gelobt, was er alles kritisiert habe, so etwa «le puttane […]// che sfamando i facchin rubban gli amanti» (V. 25)[143].
Der Text selbst besteht aus 3 Gesängen, denen jeweils knappe Inhaltsangaben und allegorische Auslegungen wesentlicher Handlungselemente vorgeschaltet sind. Übernommen wird damit in stark reduzierter Form eine Praxis, die am Anfang der vierziger Jahre für Neuausgaben des Orlando furioso charakteristisch ist und den Text mit einer Mehrzahl unterschiedlicher Zusatzinformationen versah, darunter insbesondere Allegorie, die mehr oder weniger punktuelle Auslegungen einzelner Elemente der erzählten Geschichte(n) vornimmt, die, wie in der mittelalterlichen (Dichtungs-)Allegorese, als ‹Sinnträger› fungieren und in den jeweiligen Ausgaben immer wieder neu ausgelegt werden.[144] Auf diese Allegorie wird bereits auf dem Frontispiz hingewiesen, wie etwa in der Furioso-Ausgabe Giolito 1542:
Orlando Furioso di M. Ludovico Ariosto novissimamente alla sua integrita ridotto & ornato di varie figure. Con alcune stanze del S. Aluige Gonzaga in lode del medesimo. Aggiuntovi per ciascun Canto alcune allegorie & nel fine una breve espositione et tavola di tutto quello, che nell’opera si contiene, Venetia: Gabriel Jolito di Ferrarii 1542.[145]
Ob die Allegoresen in der Astolfeida vom Autor selbst stammen, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, da sie jedoch zusammen mit dem Haupttext erschienen sind, begreife ich sie als integralen Bestandteil des Textes selbst. Hierfür spricht das Insistieren auf der Wahrheit im ersten Satz des Paratextes zum I. Gesang:
In questo primo canto si descrive la qualità e’ costumi de’ paladini di Francia e dicesi il vero […][146]
Dieses vorgebliche «vero» wird nun in 13 Strophen immer wieder aufs Neue postuliert, etwa in folgender Oktave:
Falsi i poeti e l’istorici vani
di Troia e Tebe, di Sparta e Tesaglia
son presso a l’opra ov’io caccio le mani;
a dir de’ paladin, se ’l ver mi vaglia,
son le buggie un abbaiar de cani.
Io in pace dirò piú che in battaglia,
de’ cronichisti mendaci al dispetto,
de’ paladin di Francia il vero schietto.
(Ast. I, 3, 1–8)
Alles bisher über ‹Helden› im Allgemeinen Gesagte ist nichts als ein Lügenmärchen und die Lügen über die Paladine im Besonderen sind das Alltäglichste («un abbaiar de cani»), denen die Autor-persona die reine Wahrheit («il vero schietto») gegenüberstellt. Damit nicht genug, antikes Wissen wird insgesamt als irrelevant erklärt:
Omeri et Aristotili e Platoni,
Pitagore, Diogeni e Socràti,
Anasarchi viril, giusti Catoni,
i buon Fabrizii, i saldi Zenocràti,
i Demosteni saggi, i Ciceroni
le pastinache stimon pinocchiati
e le rape aman piú de’ marzapani:
questi svogliati stien da me lontani.
(Ast. I, 8, 1–8)
Auffällig ist, dass die Ablehnung von Wissen über kulinarische Metaphorik erfolgt, indem die ‹Wissensproduzenten› Pastinaken und Rüben einer Pinienkernspeise und Marzipan vorziehen. Der karnevaleske Ton wird verstärkt, indem die Autor-persona die Anrufung der Musen sowie von Apollo, Minerva, Mars und selbst von Jupiter von sich weist und sich stattdessen an den thebanischen Seher Teiresias wendet, «perché fu uomo e donna, putto e vecchio» (Ast. I, 10, 7). Im Unterschied zur griechischen Mythologie, nach der Teiresias jeweils aus unterschiedlichen Gründen nacheinander vom Mann zur Frau und wieder zurück zum Mann verwandelt wurde,[147] macht ihn Aretino zum Hermaphroditen.
Te solo invoco, o Tiresia eccellente,
ch’avesti il naturale e la natura;
tu fusti a un tempo agente e paziente,
dicesti il vero a tutti a la sicura;
porgimi il tuo favore omnipotente,
ch’io canti il ver, senza dubbio o paura,
de’ paladin, de’ cavallieri erranti,
piú ver che le menzogne de’ furfanti.
(Ast. I, 11, 1–8)
Mit «il naturale» und «la natura» ist jeweils das männliche und das weibliche Geschlechtsorgan gemeint,[148] in V. 3 ist die mehrfache Ambiguität offensichtlich, wobei mit «a un tempo» im Gegensatz zur antiken Figur die gleichzeitige Verfügbarkeit unterschiedlicher sexueller Möglichkeiten betont wird.[149] Um die potentielle Doppeldeutigkeit von «dicesti il vero» und des Folgenden zu verstehen, bedarf es allerdings der Hilfe Toscans, der für «dire il vero» die übertragene Bedeutung «agir par le sexe» und im engeren homoerotischen Sinne von «jouer le rôle actif» ermittelt hat.[150] Dass Aretino hier mit dem in der Burleskdichtung seit Berni belegten homoerotischen Doppelsinn von «dire il vero» spielt, scheint mir durch das Ausstellen der hermaphroditischen Sexualität des Teiresias gegenüber seiner primären Qualität als Seher naheliegend.
Dies heißt natürlich nicht, dass überall dort, wo ver(o) steht, von ‹Sexuellem› die Rede ist, sondern dass Aretino seine Darstellung der «gran bontà de’ cavallieri antiqui» (O. F. I, 22, 1) als karnevaleske Verkleidung signalisiert, deren ‹Wahrheit› durch die Möglichkeit des ‹Gegengesangs› konstituiert wird und keine wie auch immer geartete Realität ist, über die man Aussagen machen kann, denen Wahrheitswerte zugeordnet werden können.
Dass sein ‹Wahres› ein ‹(Sprach-)Spiel› ist, macht Aretino in der folgenden Strophe deutlich:
Il Pulcio fiorentin lodò Morgante
e l’Ariosto in ciel pose Rugiero,
lodò Gradasso il Boiardo galante
e Mandricardo e Rodomonte altiero,
Brandimarte, Agramante e Sacripante;
io piú lontan, per diverso sentiero,
dirò il ver da Verona con bei modi,
la via lassando di Piacenza e Lodi.
(Ast. I, 12, 1–8)
Die Autor-persona distanziert sich hier ganz explizit vom Preis edler Ritter, wobei schon der Riese Morgante weder ‹edel› ist noch einfach gepriesen wird – ein weiteres Indiz dafür, dass der Autor Aretino seinen Anschluss an Pulci zu verschleiern sucht. Zugleich macht er jedoch explizit, dass das postulierte Wahre nur ein Sprachspiel ist: Sein Wahres stammt aus Vero/na, und er verlässt den Weg des Gefallens («Piace-nza») und des Lobens («Lodi»[151]). Das ‹neue› Wahre als Verkehrung diskursiver Ordnungen, als diskursive Negativierung von diskursiver Positivität, bestimmt also die Astolfeida genauso wie schon den Orlandino.
Das Proömium endet mit einem autoreflexiven Kommentar und einem metaleptischen entrelacement von discours und histoire:
E perché da Astolfo l’opra mia
piglia il titulo e ’l nome, è ben ragione
ch’Astolfo in capo di tavola fia.
Paladino fedel del re Carlone,
vieni, Astolfo amoroso, vien pur via,
a cuore, a sangue a tutte le persone.
Enea, Ettor e Achille furo un zero
Presso a quel ch’io di te cantare spero.
(Ast. I, 13, 1–8)
Die Autor-persona redet explizit über den Titel des Textes und konstruiert einen gemeinsamen Raum zwischen sich und der Darstellungsebene («vieni»). In der nächsten Oktave deutet sich bereits das durchgängige Verfahren der narratio des ersten Gesanges an, die nichts erzählt, sondern eine Galerie von Porträts zunächst männlicher und dann weiblicher Figuren der romanzi-Tradition liefert, von denen dasjenige Astolfos noch eines der ‹positivsten› ist:
Fu Astolfo amoroso, dolce, umano,
di corpo bel, di gusto delicato;
fu de la lingua un po’ parabolano,
per buon francese a mensa era chiamato,
era in camiscia un buono italiano,
per mantuano in letto era accettato,
nel cader da cavallo inglese vero,
ch’han di cavalleria poco mestiero.
(Ast. I, 14, 1–8)
Das sexuelle double entendre der Oktave wird in V. 6 ziemlich explizit, insofern den Mantuanern «si attribuiva per tradizione il primato della virilità» im italienischen Sprachraum,[152] während die Doppeldeutigkeit von V. 5 – dass Astolfo in jeglicher Hinsicht gut ‹gebaut› war – wieder einmal eine Vertrautheit mit dem carnaval du langage voraussetzt, insofern italiano bzw. die Aphärese taliano eines der unzähligen Lexeme für ‹Phallus› in der burlesken Sprache ist.[153] Auch Rinaldo und Orlando werden relativ ‹sympathisch› charakterisiert, Orlando freilich als «purga-matti» (Ast. I, 16, 2), genau entgegen seiner Rolle im Furioso, während Turpin erneut als der große Lügner erscheint:
Se mai de’ paladini scrisse un vero,
aveva poi cento menzogne in lista.
(Ast. I, 21, 3–4)
Besonders schlecht kommen die weniger bedeutenden männlichen Figuren der romanzi-Tradition weg, und noch schlechter die Frauen. Gallerina, die Frau Karls des Großen, ist «galluta […], // ma non avea sempre a sua posta il gallo» (Ast. I, 29, 3 f.)[154], die «Alda bella» des Rolandsliedes wird zur «donna foiosa // giacendo sola senz’Orlando in letto» (Ast. I, 30, 5 f.), und zur treuliebenden Fiordiligi heißt es: «Fiordiligi, ladrina, dolce e ghiotta, // di Brandimarte era spolpata e potta» (Ast. I, 30, 7 f.).
Im zweiten Teil des ersten Gesangs werden die Ritter des Karlshofs – dieses Mal in der kalten Jahreszeit um Weihnachten – wiederum von einem Sarazenen, dem König von Bagdad, l’Arcifanfan, zum Duell gefordert, und wiederum drücken sich die Ritter der Tafelrunde, sodass Karl der Große – buchstäblich – ‹in die Hosen macht›.[155] Nach reiflicher Überlegung schlagen Orlando und Rinaldo ein Losverfahren vor, das Berlinghieri trifft, der ‹nurmehr› metaphorisch ‹in die Hosen macht›:
Ma come vede a caval su l’alfana
sí grand’uomaccio, e’ venne a ravvilire
e disse: – O Dio, gli è pur la gran befana!
Come potrò aspettarlo e non fuggire? –
Come finisse poi la pugna strana
fra ’ duo briganti or no lo posso dire;
ne l’altro canto piú chiaro che ’l sole
cantarò il ver senza menzogne e fole.
(Ast. I, 42, 1–8)
Nach diesem Gesangsschluss können allenfalls Literaturwissenschaftler(innen) auf den Einfall kommen, Aretino ginge es tatsächlich um die Wahrheit der Ritterwelt.[156]
Im II. Gesang gelingt es nach ‹Fehlversuchen› von Berlinghieri und Astolfo dem «buon Danese, ch’una funa [=fune] ha in seno» (Ast. II, 29, 2) in einem wenig ritterlichen Kampf zu Fuß, den Riesen zu fesseln und halb tragend, halb schleifend nach Paris hineinzutransportieren (Ast. II, 32), wo «s’apparrecchia la tavola ritonda» (Ast. II, 35, 2), d. h. ein Gelage für Karl den Großen und seine Paladine (vor-)bereitet wird. Bei dieser Gelegenheit wird auch der Riese verköstigt, dessen enorme ‹Aufnahmefähigkeit› der bisher als Lügner geschmähte Turpin als Augenzeuge aufschreibt:
Turpin, che fu presente, ratto e ’vaccio
scrive che sei fagiani, una pernice,
un porco arrosto, un bue et un castrato
gli entrò nel cozzo e non toccò il palato.
(Ast. II, 38, 5–8)
Turpin ist nicht nur zugegen, er schreibt auch noch schnell («ratto»=rapido) und sofort («’vaccio»=avaccio=subito) auf, was der Riese alles vertilgt, und das Ganze wird pseudo-performativ erzählt, so als wäre die Autor-persona zugegen, während Turpin schreibt («ratto e ’vaccio»). Zum karnevalesk überzogenen Essen gesellt sich das karnevalesk überzogene Trinken, was mit karnevalesk Skatologischem endet:
Da ber li dero un tino pien di mosto;
sorsa col grifo come il liofante
e prese l’orso e la scimia tantosto
e volle sciorsi, il bufalo galante,
e puzzando di lesso e non d’arrosto
corre a vederlo il ponente e levante
trovan che ’l figliuol de l’Arcivacca
fatta ha la pisciarella co la cacca.
Or tutti i Parigin adosso vanno
a chi la sala ammorba di carogna;
il capo, i piè, le man legate gli hanno;
chi ’l dà a’ cani e chi lo vuole in gogna.
Turpino e Namo la sentenza danno
che come bestia castrarlo bisogna.
Come castrata fu sí gran bestiaccia
ne l’altro canto udir non vi dispiaccia.
(Ast. II, 39,1–40,8)
Die Verrohung im ‹Beschreibungsgestus› durch die durchgängige Tiermetaphorik (Elefant, Bär, Affe, Büffel) und durch das Wortspiel lesso (=gekocht)/lezzo (=Gestank/Unrat), womit die Essensmetaphorik fortgesetzt wird, endet mit der direkten Benennung der Ausscheidungen des Riesen (Ast. II, 39, 8), der hierdurch den Speisesaal der Paladine mit Tierleichen verpestet («la sala ammorba di carogna»). Die mit den Schlussversen angekündigte Kastration des ‹Großmauls› erfolgt dann im III. Gesang.
Interessant in Bezug auf den Wahrheitsanspruch ist nun die allegorische Auslegung dieser Handlungssequenz in dem Vortext zum II. Gesang:
Per il gigante vantatore, e poi vilmente fu prigion, si fingono i tropo audaci e temerarii che presto cadano in ruvine.[157]
Diese para- und metatextuelle Vorbemerkung macht explizit, dass der sensus litteralis eine Fiktion ist («fingono…») und deren allegorische Auslegung nach dem sensus moralis in ihrer Banalität gerade nicht das emphatisch postulierte ‹Wahre› im Gegensatz zu ‹Verlogenheit› traditioneller Ritterdichtung ausmachen kann. Die Faktur des Textes scheint vielmehr darauf zu verweisen, dass hier die Möglichkeiten des karnevalesken Diskurses ‹ausspekuliert› werden,[158] um die Pluralität diskursiver Wirklichkeitsmodellierungen als solche ‹auszustellen›. Dies soll am Umgang mit dem religiösen Diskurs weiter ausgeführt werden.
Der III. Gesang setzt mit einer Apostrophe an Saturn ein, der seinen Vater Uranus entmannt hatte und dem nach bestimmten Quellen durch seinen Sohn Jupiter das gleiche widerfuhr.[159] Dass Aretino Saturn in einer Weise anruft, die nicht die Standardvariante des Mythos aufgreift, könnte eine Referenz auf die Saturnalien implizieren, ein Fest zu Ehren des Gottes Saturn, für das ‹Umstülpungen› wie die Verkehrung der Rollen von Herr und Sklave kennzeichnend sind, ohne dass ich damit wie Bachtin einen genetischen Zusammenhang zwischen den antiken Saturnalien und dem christlich-mittelalterlichen Karneval postuliere. Vielmehr dürfte es sich um einen genuin rinascimentalen Rückgriff auf die Antike handeln, wie er ja nicht nur die hohen Genera charakterisiert.[160]
Die narratio setzt mit einem Rückbezug auf das Ende des II. Gesangs ein und wird mit einem topischen Quellenbezug verbürgt:
[…]
or l’Arcifanfan, se Turpin non erra,
per che ’l mondo di lui non goda frutti,
vuole il vecchio Carlon che sia castrato,
come Turpin e Amone han consigliato.
(Ast. III, 2, 5–8)
Karls Verlangen wird ausgeführt, wobei wiederum Turpin als Beleg zitiert wird:
Cento fra vacche e buoi co’ lor vitelli,
il carro trionfal tirano adagio.
Venne a Parigi un gran castra-porcelli,
dico da Norcia un certo mastro Biagio,
e tagliati al gigante i gran granelli[ni],
sfiatò di sotto e poi fet’a suo agio.
Scrive Turpin ch’avea grossi i coglioni
come duo gran ballotte di cannonni.
(Ast. III, 4, 1–8)
Das ‹Witzigste› an dieser Stelle ist wohl weniger der Kanonenkugelvergleich als vielmehr das Wortspiel mit castra-porcelli und Norcia, insofern castra-porcelli ein Synonym von norcino im Sinne von ‹Schlächter› ist, das seinerseits aber auch den Einwohner aus Norcia bezeichnet, und genau diese Synonymität wird metasprachlich durch «castra-porcelli, // dico da Norcia» signalisiert, wozu der Leser freilich eine eher komplexe Inferenz vornehmen muss, um das Implizierte explizit zu verstehen.
Nachdem der kastrierte Riese in die Seine versenkt worden war, feiern die Paladine und versuchen dabei, sich aus purer Gier wechselseitig Essbares und Trinkbares zu ‹rauben›:
Bebbe in fretta e versò su la tovaglia
il vino Astolfo e ’l fagian gli fu tolto.
Qui di denti e di man si fa battaglia:
già il Danese il fagian di polpe ha spolto.
Ridea Carlo da ben: – Se Dio me vaglia –
disse a Turpin –, tu vedi chiaro e sciolto
rubbarsi a mensa i paladin fra loro:
scrivi ciò che tu vedi in lett[e]re d’oro –.
(Ast. III, 8, 1–8)
Der Quellenbezug wird hier erneut ‹pseudo-performativ›, insofern der Leser die Situation liest, die der ‹Historiograph› allererst berichten soll. Aufgrund der Eingangsdiskussion um das ‹Wahre› und die ‹Lügen› insbesondere Turpins, handelt es sich bei den zitierten Stellen jedoch nicht einfach um die seit Pulci und Boiardo als Verfahren kodifizierte Ironisierung des Quellenbezugs, sondern darüber hinaus um die ironische Aufhebung des emphatischen Wahrheitsanspruchs des eigenen Textes insgesamt, insofern ein schon im Proömium als lügenhaft ausgewiesener Autor nunmehr als Wahrheitsgarant, ja sogar als ein autoptischer, für die Wahrheit des im Text Erzählten fungiert.
Dass Aretinos Text als Parodie des bereits vielfach ironischen Quellenbezugs der romanzi-Tradition zu lesen ist, belegt die Anrede des Danese an Turpin am Ende des Gelages.
– Vescovo di Ca‹s›tropoli, or confessa
le donne, i putti e bada a dir la messa.
(Ast. III, 9, 7–8)
Die Antonomasie für Turpin als ‹Bischof von Castropolis› ist eine aus dem histoire-Zusammenhang entwickelte, drastische Komisierung des ‹Wahrheitsgaranten› und deutet bereits die Profanierung des Sakralen an, die in der Fortsetzung der Rede des Danese explizit wird:
Voleo far co la zuppa il sursum corda;
Astolfo cinciglion m’ha tolto il modo –.
Rispose Astolfo: – In pace te lo scorda.
Il fagian m’hai rubbato, ond’io mi rodo –.
Namo gentile in pace al fin gli accorda,
e mentre ser Turpin sorsava il brodo
lardiero, e’ se ’l versò fra ’l seno e ’ piei,
e disse: – Prosit vobis, patres mei –.
(Ast. III, 10, 1–8)
Wir haben bereits gesehen,[161] dass das Einfügen lateinischer Ausdrücke ein gängiges Verfahren des burlesken Stils ist. Hier handelt es sich freilich um ein explizit religiöses Zitat: sursum corda (‹erhebet die Herzen›) ist eine Formel zu Beginn der Präfation, die im lateinischen Ritus der katholischen Messe vom Zelebranten gesprochen und von der Gemeinde mit «Habemus ad Dominum» (‹Wir erheben sie zum Herrn›) beantwortet wird.[162] Die liturgische Formel benennt hier den Versuch Uggieris, sich der Suppe endlich zuzuwenden, woran ihn der betrunkene Astolfo hindert, der sich seinerseits darüber beklagt, dass ihm Uggieri einen Fasan ‹geraubt› habe, wie in III, 7 f. berichtet worden war. An Suppe ‹labt› sich zeitgleich Turpin, der, wohl betrunken (Ast. III, 10, 7), alles verschüttet und gleichwohl zum weiteren Trinken auffordert (‹Wohl bekomm’s›).
Mit dieser Profanierung liturgischer Formeln ist das karnevaleske Treiben der Ritter der tavola ritonda noch nicht zu Ende. Es folgt zunächst eine Erzählerrede, in der die Paladine die von ihnen getöteten Sarazenen katalogartig Revue passieren lassen, wodurch eine Mehrzahl von Episoden der romanzi-Tradition aufgerufen wird (Ast. III, 12–21). Den Vorschlag Astolfos, auch der «donne […] di pagania» (Ast. III, 21, 7) zu gedenken, benutzt der Erzähler sodann für eine metapoetisch-implizite Explikation des der karnevalesken Semantik zugrunde liegenden double entendre:
Entrando nel gran sesso femminino,
de la donna esce l’uom, chiaro e ’vidente,
com’esce del fossato un granchiolino,
poi ci rientra piú grande e possente.
La donna è detta in vulgare, in latino,
il vaso, il seme in parte de la gente;
la donna e l’uom son due in carne una:
co la natura il natural s’adduna.
(Ast. III, 22, 1–8)
Ambig ist bereits das «Entrando», zusammen mit «sesso», und diese Ambiguität wird fortgeführt mit «vaso», eine der häufigsten Metaphern für das weibliche Geschlechtsorgan, mit «seme», das sowohl genere wie sperme bedeuten kann, sowie mit «natura» und «il naturale» als Metaphern für das weibliche und männliche Geschlechtsorgan,[163] wobei das gesamte double entendre auf einer Synekdoche beruht – Frau und Mann über ihr primäres Geschlechtsmerkmal zu benennen –, auf einem rhetorischen Verfahren also, das zugleich als solches ausbuchstabiert wird:[164] «La donna è detta […] // il vaso».
Wie schon beim Katalog der Männer (Ast. III, 16–17) wird auch derjenige der Frauen mit der Gegenwart des Autors korreliert:
L’Ancroia fu tanto gran carovana
che non l’avrien tirata cento buoi;
col suo brocchiero era spesso in quintana,
straccando cento giganti par suoi;
Chiariella vacca, Antea marcia puttana.
Dice Pasquin com’oggi son fra noi
sine fine dicentes puttaname;
de l’oro piú che de l’onore han fame.
(Ast. III, 24, 1–8)
Ancroia ist eine Riesin und Hauptfigur eines anonymen cantare, Chiariella und Antea stammen aus dem Morgante und sind dort von edler Abstammung und Antea ist eine sich durchaus ‹wacker› gegen Orlando schlagende donna guerriera. In einer weiteren Strophe werden dann noch die Magierinnen Fallerina, Morgana (beide aus dem Innamorato) und Alcina (aus Innamorato und Furioso) sowie die in ihren Zuneigungen eher unbeständigen Doralice und Angelica (aus Innamorato und Furioso) genannt.[165] Schließlich wird Origilla (aus dem Furioso) mit derselben Tätigkeit erwähnt – «sfamò Origille i guatt‹e›ri, i furfanti» (Ast. III, 25, 5) –, mit der in Ast. I, 29, 7 f. Gabrina charakterisiert worden ist.[166] Trotz vereinzelter Stellen verbleiben Aretinos ‹Ausflüge› in seine Zeit als pasquinista in der Astolfeida marginal und deren satirische Tendenz auf die Kritik an der überbordenden Prostitution beschränkt, die wenig ‹fromm› erneut mit einer liturgischen Formel, nunmehr vom Ende der Präfation («sine fine dicentes»/‹und rufen ohne Unterlass›) artikuliert wird. Auf das «[R]ufen ohne Unterlass» folgt in der heiligen Messe unmittelbar das «Sanctus, Sanctus, Sanctus est Dominus», der dreimalige Lobpreis Gottes – die Profanierung des Sakralen könnte kaum drastischer ausfallen.[167]
Der Text endet mit einem Zauber Malagigis:
E comparir fa in sala una chimera
con cento capi di cento animali,
cent’occhi e bocche e cento mani e piede,
e Turpino e Pasquin ne fanno fede.
(Ast. III, 27, 5–8)
Aus diesem Zauber entwickelt Malagigi ein Spiel, in dem sich jeder der anwesenden Paladine ein Tier aus den «cento animali», die durch die «cento capi» der Chimäre repräsentiert werden, als Wappentier wählen kann:
Carlo fu ’l primo e il liofante prese;
Namo la chiocchia et ogni suo pulcino,
perch’a quatro figluoli fa le spese;
la pania e la civetta ebbe Turpino
(Ast. III, 31, 1–4)
Der Katalog wird über insgesamt sieben Oktaven (Ast. III, 31–37) ‹durchgespielt›, was die Kataloghaftigkeit von Aretinos Erzählen insbesondere im III. Buch weiter verstärkt. Für den vorliegenden Zusammenhang wesentlicher ist jedoch, dass für die Zauberei Malagigis sowohl Turpino als auch Pasquino, Aretinos Pseudonym, die ‹Bürgschaft› übernehmen – «Turpino e Pasquin ne [sc. chimera] fanno fede» (Ast. III, 27, 8). D. h., die Autor-persona weist den eigenen Text als genauso (wenig) ‹wahr› aus wie die Lügenmärchen Turpins, von denen sie sich als «Pasquino» schon in den Paratexten distanziert hat.
Dass der Text ein Sprachspiel ist, dessen Gegenstand nicht die ‹Wahrheit›, sondern erfundene Spiele der Paladine sind, machen zwei abschließend skizzierte Spiele, die die histoire- wie die discours-Ebene betreffen, deutlich. Uggieri il Danese «babbuasso egregio» steckt Turpin eine Stange in den Mund und dieser muss – «a occhi chiusi i salmi e ’l verbum caro» – singen, was Turpin auch tatsächlich und durch seine eigene Schrift belegt tut:
[…] per quant’io trovo
scritto da lui, e di cantar s’affretta:
una gallina par, fatto ch’ha l’uovo
(Ast. II, 37, 1–3)
Wenn man weiß, dass mit «verbum caro» auf den Prolog des Johannesevangeliums «et Verbum caro factum est» (Joh. 1, 14) angespielt wird, der als Schlussevangelium der katholischen Messe bis zu dessen Abschaffung im Zweiten Vatikanischen Konzil vorgetragen wurde,[168] dann wird die karnevaleske Profanierung des Sakralen noch deutlicher als durch den Rekurs auf die «salmi» allein.
Damit nicht genug. Ein weiteres Spiel soll den Canto abschließen, nämlich das giuoco alla civetta. Von Interesse ist nicht so sehr, was sich hinter diesem Spiel verbirgt,[169] sondern die Strafe, der sich der Verlierer dieses Spiels unterziehen muss:
La pena a chi falliva era in quel luoco
che sopra un asin vad’ a viva voce
tre volte a la ritonda mensa in torno
e da ciufoli e gridi abbia gran scorno.
(Ast. III, 38, 5–8)
Die Parallele zum Einzug Christi auf einem Esel am Palmsonntag, der traditionell Dominica in Palmis de passione Domini heißt und mit dem die Karwoche beginnt, scheint mir intendiert und der ‹passende› Schluss für einen Text, der gleichwohl eine Fortsetzung verspricht:
Se sí o no sull’asino andò Gano
Ne l’altro canto udir non vi sia strano.
FINE DEL TERZO CANTO
PRESTO SARÀ FUORE IL RESTO
(Ast. III, 39, 7 f.)
Die Frage, warum gerade Gano für das ‹Eselspiel› ausgewählt wurde und nicht ein anderer Paladin, lässt sich vielleicht durch einen Blick auf die Überlieferungsgeschichte des altfranzösischen Rolandsliedes beantworten, das sich in drei franko-italienischen Fassungen (Hss. V4, V7 und C), die bis V. 3682 hinsichtlich der histoire-Ebene identisch sind und sich auch auf der discours-Ebene weitestgehend entsprechen, von 1407 bis 1707 in der Bibliothek der Gonzaga befand.[170] In C und V7 wird Gano nahezu wörtlich wie in der frühesten Fassung, dem Oxforder Rolandslied, als Verräter gebrandmarkt[171] und mit Judas analogisiert.[172] Ich will nun nicht behaupten, dass Aretino während seines Aufenthalts in Mantua franko-italienische Codices ‹gewälzt› hat, eine Kenntnis dieser Tradition lässt sich jedoch speziell am Gonzaga-Hof nicht apriorisch ausschließen, woraus sich als interpretatorische Inferenz eine höchst raffinierte Profanierung des Sakralen ableiten ließe: Gespielt werden soll ein Spiel mit Gano als Judas in der Rolle Christi auf dem Esel am Palmsonntag. Eine solche Inferenz hätte freilich mit einiger Sicherheit weder die zeitgenössische Zensur dem Autor anlasten können noch kann dies der moderne Interpret, auch wenn eine solche Bedeutungszuweisung zum Text aufgrund von Kontextwissen nicht völlig ausgeschlossen scheint.
Ob die zitierte Schlussformel des Gesamttextes tatsächlich als ‹Austesten› der Publikumsreaktion gemeint sein könnte, wie Romei glaubt,[173] oder schlicht der letzte ‹Gag› eines ‹ver-spielten› und partiell höchst ‹boshaften› Autors ist, der die romanzi-Geschichten wesentlich nurmehr in Katalogform aufzugreifen vermag, scheint mir nicht entscheidbar, da wir Aretino ja schlecht befragen können. Stattdessen sei abschließend angedeutet, was die Befunde zu Aretinos Epenfragmenten zur Diskussion um den Renaissancebegriff beitragen können, scheint mir Aretinos Werk doch geradezu paradigmatisch für die ‹Autorisierung des Pluralen› zu sein.
7 Antiklassizismus vs. Autorisierung des Pluralen qua irreduzible Heterogenität
Die Beschäftigung mit Autoren und Texten, die Battisti 1962 unter dem ‹Kampfbegriff› «l’Antirinascimento» zusammenfasste[174] und gegen ein überkommenes Renaissanceverständnis auszuspielen suchte, ist seither enorm angewachsen, sie leidet selbst aber unter der Prämisse, ‹Renaissance› mit einem sehr ‹engen› Verständnis von ‹Klassizismus› zu identifizieren. Paradigmatisch scheint mir hierfür der Titel eines von Paolo Procaccioli und Angelo Romano herausgegebenen Sammelbandes: Cinquecento capriccioso e irregolare. Eresie letterarie nell’Italia del classicismo.[175] Der Titel benennt einen Zeitraum, der vom Klassizismus dominiert sei, der aber als Zeitraum auch ‹Anderes› aufweise, das als «capriccioso» und «irregolare» näher charakterisiert wird. Dieses ‹Andere› möchte Procaccioli in seinem Einleitungsaufsatz einerseits nicht als «anticlassicismo» begreifen[176] und verweist zurecht auf die Rezeption einer ‹anderen› Antike, nämlich Lukians und Plutarchs, Autoren, die für Aretino und die sogenannten poligrafi insgesamt von zentraler Bedeutung seien, wobei Lukian wesentlich über Erasmus vermittelt werde.[177] Diese Feststellung hindert Procaccioli freilich nicht daran, wiederholt vom Antiklassizismus insbesondere Aretinos zu sprechen, so etwa, wenn als «una delle parole chiave del sentire anticlassico […] il ‹capriccio›» genannt wird, das grundlegend sei für «la richiesta di piacevolezza che sembra attraversare il Cinquecento»[178]. Ja, aber auch für den Bembo der Prose ist piacevolezza neben gravità die zentrale ästhetische Kategorie:
[…] due parti sono quelli che fanno bella ogni scrittura, la gravità e la piacevolezza.[179]
Auch wenn Bembo unter seine piacevolezza[180] kaum die «scherzi» und die «giuochi» Aretinos subsumieren dürfte, lässt sich «classicismo accademico» und «altro classicismo», Procacciolis Reformulierung der Opposition von classicismo vs. anticlassicismo, nicht so einfach über Gegensatzpaare ausdifferenzieren, wie er es abschließend versucht. Ich zitiere nur einige: «imitazione» vs. «invenzione, spontaneità, parodia», «arte, modello» vs. «natura», «dottrina» vs. «ignoranza», «altezza/serietà» vs. «bassezza/comicità, capriccio, piacevolezza» etc.[181] Solche Dichotomien scheinen weder in sich schlüssig noch systematisch tragfähig. Konstruiert wird die Homogenität eines ‹hohen› und zugleich ernsten Klassizismus, der mit dem traditionellen Renaissanceverständnis identifiziert wird, dem dann die Komik und die Extravaganz einer kleinen Dichtergruppe gegenübergestellt wird, für die Aretino ‹schulbildend› sei.
Dass die Lukian-Rezeption etwa nicht nur für die poligrafi, sondern für die europäische Renaissance-Literatur insgesamt von grundlegender Bedeutung ist, belegen zwei neuere Sammelbände,[182] beiläufig erwähnt die Bedeutung Lukians für den Lateinhumanismus des Quattrocento freilich bereits Burckhardt.[183] Im Detail untersucht wurde sie beispielsweise anhand des in den Prosatori latini leicht zugänglichen Eremita (1496) von Antonio Galateo, dessen religiöse ‹Häresie› der literarischen Häresie der poligrafi in nichts nachsteht, im Gegenteil.[184] Was die Beschäftigung mit der Rezeption einer ‹anderen› Antike freilich untermauern kann, ist die These, dass die durch den Humanismus ermöglichte Pluralisierung antiker Autoren – etwa eben durch die Wiederentdeckung Lukians um 1400 –[185] zu einer Pluralisierung von Autoritäten führte, die allesamt – qua antike Autoren – modellbildend werden konnten.[186] Die Verengung der rinascimentalen Antikerezeption auf das ‹Ernsthaft-Hohe› scheint eher ein Konstrukt der Forschung zu sein denn eine historische ‹Realität›, die durch die Untersuchungen zur Rezeption einer ‹anderen› Antike wieder sichtbarer wird, sofern nicht zugleich die Konstruktion eines ‹anderen› Klassizismus als ‹Antiklassizismus› die Geltung des ‹alten› Klassizismus präsupponiert. Genau dies scheint mir bei Procaccioli und der hieran anschließenden Forschung der Fall zu sein.
Besondere Schwierigkeiten bereitet die Dichotomie ‹Klassizismus vs. Antiklassizismus› bzw. deren Reformulierung durch Procaccioli einer epochentheoretisch systematischen Verortung von Gattungen bzw. Diskurstypen der heimischen Tradition. Dies gilt für den ‹Volks-romanzo› genauso wie für den ‹Kunst-romanzo›[187] und deren Karnevalisierung von Pulci bis Aretino. Texte wie der Innamorato oder der Furioso lassen sich sinnvoll wohl weder als ‹klassizistisch› noch als ‹antiklassizistisch› klassifizieren,[188] und Pulcis Morgante, Folengos Orlandino oder Aretinos romanzi-Parodien sind nicht antiklassizistisch, weil sie nicht auf als ‹klassizistisch› klassifizierbare Texte bzw. Gattungen reagieren. Analoges gilt von den canti carnascialeschi und anderen primär im Karnevalskontext produzierten und rezipierten Texten wie den contrasti.
An anderer Stelle habe ich ausführlich erörtert, warum historische Textgruppenbildungen systematisch nicht als ‹Klassen› rekonstruiert werden können, also im vorliegenden Fall als Klasse der klassizistischen Texte vs. Klasse der antiklassizistischen Texte, was ich hier nicht wiederholen möchte.[189] Stattdessen möchte ich abschließend die aus der klassifikatorischen Dichotomie von Klassizismus vs. Antiklassizismus resultierende Problematik auf andere Weise zu lösen versuchen.
Im Unterschied zu den Autoren des Companion to Anticlassicisms glaube ich nämlich nicht, dass ein Anschluss an die ältere Antiklassizismusforschung nach der Pluralismusdebatte so ohne Weiteres möglich ist. Wenn, wie die Autoren einräumen, sowohl der Klassizismusbegriff wie der Antiklassizismusbegriff pluralisiert werden muss, dann scheint es mir schwierig, Folgendes zu postulieren:
[…] the concept of ‹pluralisation› itself falls short of the intuition of earlier anti-classicism research in that it tends to level out the antinomies and hierarchies between model and counter model, original and parody, etc., which characterise this field, and their possible interrelationships. It makes them disappear in a homogeneous field of manifold possibilities.[190]
Das Zitat enthält die Assertion, ‹das› Pluralitätskonzept präsupponiere «a homogeneous field of manifold possibilities». Ich möchte im Folgenden zu zeigen versuchen, dass dies zumindest für mein Verständnis des Konzepts nicht gilt, und zugleich Präzisierungen meines früheren Ansatzes vornehmen.
Zunächst einmal ist festzustellen, dass, wenn nicht nur der ‹Klassizismus›, sondern auch der ‹Antiklassizismus› pluralisiert werden muss – deshalb sprechen die Autoren ja von einem Companion to Anticlassicisms –, ‹Pluralisierung›/das ‹Plurale›/‹Pluralität› die übergeordnete Kategorie ist und für den traditionell als ‹Renaissance› bezeichneten Zeitraum als Epochisierungskategorie vorausgesetzt wird. Strittig ist also nur, ob man den durch ‹Pluralisierung›/‹Pluralität› charakterisierten Zeitraum mit der Dichotomie von ‹Klassizismus/men› vs. ‹Antiklassizismus/men› subkategorisieren sollte oder nicht. Mir scheinen einige Argumente dagegen zu sprechen, die schon aus Problemen der älteren Antiklassizismusdebatte resultieren.
Um nochmals auf Lorenzo zurückzukommen: Die canti carnascialeschi sind nicht einfach ein antiklassizistisches Gegenmodell zu seinem klassizistischen canzoniere, der durch seine Doppelreferenz auf Petrarca und den Neuplatonismus seinerseits bereits ‹plural› ist.[191] Genauso wenig sind Aretinos karnevaleske Parodien der Gattung der romanzi, die er selbst ja auch ‹ernsthaft› praktiziert hat, nicht in irgendeiner Weise sinnvoll als ‹antiklassizistisches Gegenmodell› zum Volks- und/oder Kunst-romanzo zu begreifen, da dieser schon zeitgenössisch – angefangen bei Giraldi Cinzio und Pigna – immer wieder vom poema eroico explizit abzugrenzen versucht wurde.[192] Und wenn Aretino die ‹Wahrheit› seiner Parodien gegenüber der ‹Verlogenheit› der romanzi-Tradition emphatisch betont, dann hält er seine Leser sicherlich nicht für so ‹schlicht›, dass sie diese Aussage wörtlich nehmen. Plausibler scheint die Inferenz, dass Aretinos emphatischer Wahrheitsanspruch für Texte, die ganz offensichtlich nicht wahr sein können, gerade die Diskurstypabhängigkeit und damit Relativität der jeweiligen literarischen Wirklichkeitsmodellierung ausstellt. Es geht also meines Erachtens nicht darum, Gegenmodelle gegen andere Modellierungen zu konstruieren, die diese schlicht entwerten, sondern darum, absolute Geltungsansprüche als solche in Frage zu stellen. Die Pluralisierungskategorie, wie ich sie konzipiert habe, zielt also gerade nicht auf ein «homogeneous field of manifold possibilities», sondern, wie ich präzisieren möchte, auf die Autorisierung des Pluralen in seiner irreduziblen Heterogenität, d. h., sie zielt weniger auf ein antinomisches ‹Gegen› als auf die prinzipielle Akzeptanz von Alternativen, die gleichwohl in ihrer Differenz bestehen bleiben.
Um hierfür noch auf ein Beispiel zurückzugreifen, das ich dem Companion to Anticlassicisms verdanke: Wenn Kardinal Bembo auf Latein eine Priapee verfasst, die verständlicherweise erst posthum 1552 gedruckt, aber immerhin gedruckt wurde,[193] dann wollte er damit doch schwerlich ein Gegenmodell zu den vier unterschiedlichen und unterschiedlich hierarchisierten erotischen Diskurstypen der Asolani (1505) aufstellen noch zu seinen Rime (1530), die gegen Petrarca mit petrarkistischem Sprachmaterial einer neuplatonischen Liebeskonzeption bereits im Einleitungssonett den Vorzug geben.[194] Aus einer wenig pluralen Lektüre Bembos, der in der älteren Antiklassizismus-Forschung als Prototyp des engstirnigen Klassizisten fungiert, und der Nichtberücksichtigung der bereits von Vallone 1961 geforderten Unterscheidung von Petrarca als «modello di lingua» einerseits und als «modello di poesia» andererseits[195] resultieren nicht unerhebliche Systematisierungsprobleme der neueren Forschung, insbesondere im Hinblick auf den Petrarkismus und dessen Differenz zu anderen Typen des erotischen Diskurses, aber auch und gerade hinsichtlich der Konstruktion eines Antiklassizismus.
Wenn Petrarca zeitgenössisch als «modello di lingua» für die Dichtungssprache fungiert, dann kann er natürlich wegen eines ‹Fundierungskriteriums› klassizistischer ‹Poetik›, nämlich der Stil- und Gattungstrennung, kein Sprachmodell für alle Dichtungsgattungen sein. Für die Drastik komisch-satirisch-burlesker Texte des Quattro- und Cinquecento lässt sich aber wiederum die ‹andere Antike› von Catulls Epigrammen über die Epoden des Horaz oder die Satiren Juvenals bis zur spätantiken Prosasatire und natürlich dem mittlerweile zurecht zentral gestellten Lukian anführen. Wichtig ist jedoch, dass es daneben auch eine heimisch-mittelalterliche Tradition der Karnevalsdichtung gibt, die mit Lorenzos canti carnascialeschi eine entscheidende Transformation erfuhr, die wiederum nicht mit der Dichotomie von Klassizismus vs. Antiklassizismus erfasst werden kann.
Dies gilt letztlich auch und gerade von einem Text Landos, den Procaccioli wiederholt als paradigmatisch für sein Konzept des «anticlassicismo» bzw. des «altro classicismo» anführt,[196] und der in seiner Ausgabe freilich einen verkürzten Titel trägt: La sferza de’ scrittori antichi et moderni. Der Titel der Erstausgabe lautet demgegenüber:
LA SFERZA DE | SCRITTORI ANTICHI ET | MODERNI DI M. ANO- | NIMO DI VTOPIA | ALLA QVALE, È DAL ME- | desimo aggiunta una essortatione | allo studio delle lettere. | CON PRIVILEGIO. […] IN VINEGIA M.D.L.[197]
Procaccioli druckt zwar auch den zweiten Teil, der explizit als vom selben Autor stammend ausgewiesen wird, ab, redet in seiner Einleitung aber ständig nur von «(La) Sferza»:[198]
È una negazione della letteratura (in particolare, della scrittura) fatta da un letterato e per di piú con uno strumento letterario tra i piú complessi e sorvegliati.[199]
Aus dem Kontext ergibt sich eindeutig, dass das Zitat als Aussage über den Gesamttext gemeint ist, es trifft aber eben nur auf die eigentliche Sferza und gerade nicht auf den zweiten Teil, die Essortatione, zu, was mir nicht verständlich ist, da Procaccioli ja nicht verkennt, dass es sich um «un’opera doppia, bifronte»[200] handelt, dessen spezifische Paradoxalität aber schon durch den vereindeutigenden Titel für den Gesamttext – La Sferza – eskamotiert wird. Die logische Struktur des Gesamttextes fasst Procaccioli folgendermaßen:
Lando autore di palinodie non ragiona affermando ‹A è A› oppure ‹A è non B› (sic), ma ‹A e non A è B›, tacendo però ‹è B›.[201]
Problematisch wird Procacciolis Textverständnis dadurch, dass das verschwiegene ‹B› von ihm ausschließlich mit ‹A›, sprich Aussagen der Sferza im engeren Sinn, gefüllt wird:
Un mondo disincantato e ormai insofferente, che porta avanti molti dei suoi dibattiti di maggiore attualità sotto il pretesto di prese di posizione su un’antichità i cui classici avevano perso quasi del tutto la loro natura di auctoritates per fissarsi sempre piú in quella di modelli e repertori, quando non erano ridotti a personæ vuote e pretestuose.[202]
Diese Aussage ist in mehrfacher Hinsicht schlichtweg falsch, weil es in der Sferza nicht um die antiken Autoren geht, sondern antike und moderne Autoren werden gleichermaßen kritisiert wie beide Autorengruppen in der Essortatione gleichermaßen gelobt werden, und weil es Lando gar nicht um die Klassizität von Musterautoren und Gattungen, um «modelli e repertori» im engeren literarischen Sinne geht, sondern um autori in der weitestmöglichen Bedeutung von Produzenten und Vermittlern von Wissen generell. Genau diese Absicht wird am Ende der Sferza, des 1. Teils des Gesamttextes, zusammenfassend explizit gemacht, bevor «leggisti» – mit der gebotenen Vorsicht gegenüber einer sozialen Gruppe, die ‹üble Nachrede› zu verfolgen weiß – attackiert werden:
Hor vi ho flagellato, et forsi troppo duramente, philosophi, medici, mattematici, istorici, poeti, theologi et moderni rimatori et moderni prosatori.[203]
Erfolgt bereits hier eine Abschwächung satirespezifischer Verzerrung, so wird die Essortatione in der Widmung an Galeotto II Pico, conte della Mirandola (1508–1550), explizit als Palinodie zur Sferza ausgewiesen:
Volendo, Signor mio, a guisa di un novo Telepho rissanar quelle piaghe quai sognando et motteggiando fatto haveva, sonomi posto a scrivere una brieve essortatione allo studio delle lettere. Et se nel sogno haveva lacerato, traffitto et sbranato molti illustri auttori, cosa veramente di smoderato ardire, et sforzato m’era di mostrar al mondo le imperfettioni loro, in quest’altra parte ci ho posto l’unghia et il dente per manifestar le lodi et le singolari perfettioni di quegli istessi quai havea sí duramente et con sí poco rispetto trattati.[204]
Mit Telephos wird auf eine Vorgeschichte des Kriegs um Troja angespielt, wo der von Achill mit dem Speer verletzte Telephos nur durch den Speer Achills selbst wieder geheilt werden kann.[205] Zugleich wird diese mythologische Referenz ironisiert, insofern Lando mit der in Personalunion durchgeführten ‹Verletzung› und ‹Heilung› ja nicht zum «novo Telepho» wird, sondern implizit zum neuen Achilles. Entscheidend für die potentielle Paradoxie des Gegengesangs ist dabei natürlich die Insistenz auf der Referenzidentität des Verfassers der Sferza und der Essortatione sowie die Identität der getadelten und gelobten Autoren und die explizite Datierung der Widmung am Schluss des Gesamttextes – «Di Vinegia, il Ventesimo giorno di Maggio» –, die in der Widmung der Sferza fehlt und auf das Frontispiz des Gesamttextes – «IN VINEGIA M.D.L.» – zurückverweist.
Wenn man dies alles nicht einfach unter den Tisch fallen lässt, dann endet der Text nicht mit der Geißelung der ‹alten› wie ‹neuen› Autoren, sondern mit der «Essortatione allo Studio delle Lettere», und es verstellt den Blick auf die tatsächliche Struktur des Gesamttextes, schlichtweg von der «ambiguità della Sferza»[206] zu sprechen, denn ambig ist weder die durchgängige ‹Tadelrede› des ersten Teils noch die durchgängige ‹Lobrede› des zweiten. Nicht ‹Ambiguität›, sondern ‹Paradoxalität› ist das Spezifikum des Gesamttextes, das diesen als eindeutigen Rückgriff auf die antike, Vers- und Prosagattungen umgreifende Palinodie ausweist, deren sich etwa Platon im Phaidros unter Rekurs auf Stesichoros, einen frühgriechischen Chorlyriker, bedient.[207]
Reaktualisiert wird die Palinodie freilich bereits im Lateinhumanismus, etwa in Francesco Colonnas Hypnerotomachia Poliphili, zuerst bei Aldo Manuzio in Venedig 1499 und in zweiter Auflage 1545, also in zeitlicher Nähe zu Landos Sferza/Essortatione, erschienen, wo sich folgende Erklärung des Titels findet:
POLIPHILI HYPNEROTOMACHIA, VBI
HVMANA OMNIA NON NISI SO -
MNIUM ESSE OSTENDIT, AT
QVE OBITER PLVRIMA
SCITV SANEQVAM
DIGNA COM -
MEMO -
RAT
La battaglia d’amore in sogno di Polifilo, dove si mostra
che tutte le cose umane altro non sono che sogno
e dove, nel contempo, si ricordano
molte cose degne in verità
di essere conosciute.[208]
Wie Poliphilus verfasst auch der Anonimo di Utopia, wenngleich nur den ersten Teil seines Textes, die Sferza, «sognando et motteggiando»[209], und wie Francesco Colonna vertritt Lando die These von der Bedeutungslosigkeit alles menschlichen Wissens und zugleich von dessen ‹Wissenswertheit›. Für meine Argumentation ist nicht entscheidend, ob Lando den Text Colonnas kannte oder nicht, entscheidend ist, dass Paradoxien, wie sie Sferza/Essortatione und andere Texte Landos, wie etwa die Paradossi (1543) oder die Confutatione del Libro de’ Paradossi (1543 oder 1544), aufweisen, weder einfach auf die «forma mentis dell’autore» zurückzuführen sind[210] noch charakteristisch für die Gruppe der sogenannten poligrafi sind, sondern dass es sich um diskursiv besonders auffällig gemachte Indizien für eine epochal konstitutive epistemologische Konfiguration handelt, die sich aus Texten unterschiedlichster Gattungen vom Lateinhumanismus des Quattrocento bis zur volkssprachlichen Literatur des ausgehenden Cinquecento in unterschiedlicher Deutlichkeit ausprägt haben und die ich schlagwortartig als Pluralisierung und Relativierung von Wahrheitsansprüchen charakterisiert habe.[211] In Verbindung mit weiteren Kriterien wie einer grundlegend neuen Geschichtsphilosophie und einer neuen Antikerezeption, die nicht nur den Rekurs auf andere Autoren der Antike meint, sondern auf einen ‹neuen› Umgang mit den ‹alten› Autoren generell zielt,[212] habe ich solchermaßen eine epistemologische Neufundierung des traditionellen Renaissancekonzepts vorgeschlagen, das ausdrücklich zwischen dem Epochenkonzept ‹Renaissance› und dem Zeitraum Quattrocento/Cinquecento unterscheidet.[213] Vor diesem Hintergrund scheinen mir Dichotomien wie Rinascimento vs. Antirinascimento, Klassizismus vs. Antiklassizismus oder Cinquecento capriccioso e irregolare vs. l’Italia del classicismo das zu trennen, was zusammengehört. Hierfür ein letzter Beleg.
Polizian, zunächst Hauslehrer der Söhne Lorenzos und ab 1480 Latein- und Griechischprofessor am Studio in Florenz, hat ein die Heterogenität und Breite Aretinos deutlich übertreffendes Œuvre hinterlassen.[214] In seinen volkssprachlichen Rispetti reicht die Spannweite des erotischen Diskurses vom expliziten Preis der sinnlichen Liebe (Rime II) bis zum gleichermaßen explizit petrarkistischen «suave ogni tormento» (Rime XV) mit einer leichten lexikalischen Variation des petrarkischen «dolce ogni tormento» (RVF CXXXII, 4) sowie einer modifizierten syntaktischen Einbindung des Quasi-Zitats.[215] In der lateinischen Lyrik werden die Diskrepanzen noch drastischer, insofern die Ode VIII «In puellam suam» als Preislied auf die Schönheit einer jungen Frau der Ode IX «In anum», einem extrem drastischen Porträt einer hässlichen und ‹geilen› Alten, gegenübersteht, dessen Drastik sich abgeschwächt aber auch in der volkssprachlichen ballata «Una vecchia mi vagheggia» (Rime CXIV) findet.[216] Wesentlich stärker als die späteren poligrafi rekurriert Polizian auf die unterschiedlichsten Autoren einer ‹anderen› Antike, insbesondere auch und gerade der griechischen und lateinischen Spätantike, und begründet dies explizit in der Vorrede zu seiner ersten Vorlesung im Studio, die bezeichnenderweise von Statius und nicht Vergil und von Quintilian und nicht Cicero handelt.[217] In einem undatierten Brief an den Ciceronianer Paolo Cortese wendet er sich ausdrücklich gegen Cicero als alleinigen ‹Musterautor›:
Non exprimis, inquit aliquis, Ciceronem. Quid tum? non enim sum Cicero; me tamen, ut opinor, exprimo.
Tu non ti esprimi come Cicerone, dice qualcuno. Ebbene? Io non sono Cicerone; io esprimo me stesso.[218]
Diese Aussage Polizians zielt selbstverständlich nicht auf eine Authentizität im Sinne der romantischen Ausdrucksästhetik, sondern auf die Pluralisierung von imitatio, die allererst als pluralisierte zu einer autorspezifischen und damit zu etwas Neuem wird.[219] Deshalb rät Polizian Cortese, davon abzulassen effingendi tantummodo Ciceronem («di riprodurre esclusivamente Cicerone»)[220]. Ausführlich begründet Polizian seine plurale Nachahmungskonzeption unter Verweis auf das Bienengleichnis des Lukrez,[221] auf das sich schon Petrarca berufen hatte[222] und auf das auch Giovanfrancesco Pico della Mirandola gegen Bembo rekurriert.[223] Würde man die Nachahmung spezifischer Musterautoren (Vergil und Cicero im Lateinhumanismus und Petrarca und Bocaccio im Vulgärhumanismus) als Definiens für Klassizismus=Bembismus begreifen, wäre Polizian wegen seines Rekurses auf die ‹andere› Antike und die Ablehnung der Nachahmung spezifischer Musterautoren einer der ersten Antiklassizisten. Dies kann Procaccioli schwerlich intendiert haben.
Schließlich begründet Polizian die Wahl gerade der Silvae Statius’ für seine erste Vorlesung damit, jede einzelne transportiere «disiuncta argumenta» (höchst unterschiedliche Inhalte) «haud ita multos intra versus» (in eben nicht gerade vielen Versen), sodass sie eine besondere Kunstfertigkeit voraussetzen und Statius genüge «multiplici materiae omnibus locis» (einem vielfältigen Stoff an jeder Stelle)[224]. Polizian selbst verfasst eine Sylva in scabiem (entstanden zwischen 1475 und 1478 und zu Lebzeiten Polizians nicht veröffentlicht), die thematisch und stilistisch nichts mit den vier Silvae zu tun hat, die jeweils als Einleitung zu seinen Vorlesungen ab 1480 vorgetragen wurden und zwischen 1482 und 1491 erschienen.[225] Die «Silva gegen die Krätze» lässt sich trotz ihrer Thematik nun aber gerade nicht als antiklassizistisches Gegenmodell gegen die ‹akademischen› Silvae betrachten. Wie etwa Maïer betont, zeuge dieser Text als solcher zwar von «la variété la plus bizarre»[226], zugleich aber unterstreicht sie die grundlegende Bedeutung der varietas für Polizians Werk generell – «l’artiste attiré, avant tout, par le plaisir de la variété»[227] – und impliziert, dass es sich dabei nicht um eine reine elocutio-Kategorie handelt, wenn sie zugleich feststellt, dass hiermit auch «le mélange des matières» gemeint sei.[228] Über die Zentralität von varietas für das Gesamtwerk Polizians und nicht nur die Silvae besteht in der neueren Forschung Konsens,[229] nicht immer klar wird dabei die Extension von varietas, d. h. das, was unter diesen Begriff subsumiert wird. So spricht etwa Mandosio 2001 zunächst von varietas als einer «conception esthétique de Politien», um sodann anhand der Vorrede zur Vorlesung von 1490 über Aristoteles, die 1492 unter dem Titel Prælectio qui titulus Panepistemon erschienen ist, zu zeigen, dass sich das Prinzip der docta varietas auf «l’ensemble des connaissances» erstrecke, also gerade nicht nur eine ästhetische, sondern eine epistemische Kategorie ist, die Polizian selbst durch folgenden Zusammenhang neuplatonisch begründet: «Beaucoup de choses qui se trouvent dans les œuvres des philosophes sont en effet cachées dans les livres de nos poètes […]»[230].
Trotz der durchgängig konstatierten varietas findet Mandosio eine «unité fondamentale, celle de la création divine […], on chante finalement la gloire de Dieu»[231]. Im Sinn von Latours ‹Purifikation›[232], scheint mir diese Feststellung eher auf die Persistenz einer Präsupposition zu deuten, die hinter einer – negativ besetzten – varietas die Positivität von Einheit(lichkeit), Konsistenz, Stimmigkeit etc. glaubt, entdecken zu müssen.[233] Demgegenüber scheint mir die moderne Pluralisierungskategorie an Polizians varietas-Kategorie unmittelbar anschließbar, die er selbst zwar terminologisch nicht mit docta varietas bezeichnet, begrifflich aber sehr wohl als solche charakterisiert – ästhetisch über die plurale imitatio und epistemisch über die Pluralität der Wissensfelder, die er im Panepistemon katalogartig auflistet.
Ich will hier nicht weitere Beispiele anführen. Worauf es mir ankommt, ist der Befund, dass dichotomische Epochisierungen dem Zeitraum vom ausgehenden Quattrocento bis zum ausgehenden Cinquecento wohl nicht gerecht werden. Vielmehr scheint mir aus den unterschiedlichsten diskursiven Praktiken eine durchgängige epistemologische Konfiguration ableitbar, die ich nunmehr als ‹Autorisierung des Pluralen› fassen möchte. ‹Plurales› gibt es immer und überall. Das Entscheidende für die Renaissance-episteme ist das pointierte ‹Ausstellen› und die gleichzeitige Akzeptanz der Relativität von Wissens- und Wahrheitsansprüchen. Voraussetzung hierfür ist die Anerkennung einer «varietà de’ giudìci», wie sie Castiglione im Dialog des Cortegiano vorführt und explizit benennt.[234]
Da ‹plural› bzw. ‹Pluralität› skalierbare und damit prototypische Kategorien sind[235], lassen sich Texte, Gattungen, Diskurstypen usw. nach einem ‹Mehr oder Weniger› an Pluralität unterscheiden, das vom maximalen Ausstellen von Pluralität bis zur erzwungenen ‹Versöhnung› reicht.[236] In Aretinos romanzi-Fragmenten wird Pluralität in besonderem Maße ‹ausgestellt›, weil der geradezu hypertrophen Idealisierung der Ritterthematik insbesondere in der Marfisa deren karnevaleske Denigration im Orlandino und in der Astolfeida gegenübersteht. Aretinos Werk ist insgesamt von solch extremen Diskrepanzen geprägt, insbesondere zwischen seinen obszön-pornographischen und seinen religiösen Texten. Texte wie Landos Sferza/Essortatione, die zugleich ‹p› und ‹non-p› als wahr behaupten und damit das logische Grundprinzip des tertium non datur aufheben, machen das explizit, was in einer Vielzahl von Texten der Zeit mehr oder weniger implizit bleibt, sodass selbst Texte wie der Orlando furioso in der Rezeption wie in der Forschung einer ‹harmonisierenden› Lektüre unterzogen werden konnten. Der paradigmatische Verweis auf die Hypnerotomachia Poliphili und Polizian sollte zeigen, dass paradoxale Zuspitzungen der Problematik von ‹Wissen› und ‹Wahrheit› genauso wie der Rekurs auf die ‹andere› Antike sowie die ‹plurale› imitatio, das ‹Ausspekulieren› des diskursiv Möglichen u. a. m. gerade nicht spezifisch für die poligrafi sind und auch nicht im Sinn der älteren Forschung auf den ‹Einfluss› von Erasmus zurückgeführt werden können, sondern dessen Texte selbst diskursive Realisationen einer epistemologischen Konfiguration sind, die im Lateinhumanismus des ausgehenden Quattrocento voll ausgebildet ist und im Cinquecento auch und gerade die volkssprachliche Literatur prägt, bis hin zu komplexen Hybridisierungen im ausgehenden Cinquecento. Dass die Autorisierung des Pluralen immer auch durch Autorisierung des Verbindlichen in Frage gestellt werden kann, ist unstrittig. Das epochal ‹Neue› ist jedoch nicht die Verbindlichkeitskonstruktion, sondern deren Unterminierung durch Pluralisierung.
Anmerkung
Der Beitrag ist im Rahmen des von der DFG geförderten Einzelprojekts «Zwischen historischer Distanz und inszenierter Präsenz: Die Verschränkung von ‹Geschichte› und zeitgenössischer Wirklichkeit in epischen Texten der italienischen Renaissance» entstanden.
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