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„Jesu, meine Freude“. Zu einer theologischen und pragmatischen Hermeneutik von Text und Musik in J.S. Bachs Motette BWV 227

  • Eckart David Schmidt EMAIL logo
Veröffentlicht/Copyright: 1. Dezember 2011
International Journal of Practical Theology
Aus der Zeitschrift Band 15 Heft 2

Zusammenfassung

J.S. Bachs Motette „Jesu, meine Freude“, BWV 227, verbindet drei unterschiedliche Textschichten: zwei literarische – Verse aus dem Römerbrief des Neuen Testaments und J. Francks Choraldichtung aus dem 17. Jahrhundert – sowie den musikalischen Text der Vertonung von Bach. Der angezeigte Beitrag beschäftigt sich mit dem Verhältnis dieser drei Ebenen zueinander. Nach einer historischen Bestimmung des mutmaßlichen Kompositionsanlasses für die Motette (I.) werden zunächst die beiden literarischen Texte miteinander abgeglichen: in einem ersten Schritt werden ihre (gravierenden) semantischen Unterschiede aufgezeigt, in einem zweiten beispielhaft – und in Relevanz zum Kompositionsanlass – semantische Verschiebungen aufgezeigt, die sich durch deren Kombination ergeben (II.). Unter III. werden Funktionen der musikalischen Ebene gegenüber den beiden Sprachcorpora bestimmt: durch die Musik kann die literarische Textsemantik (in Maßen) verschoben werden; häufiger unterstützt sie sie durch ihre eigenen Mittel („Tonmalerei“); sie trägt ebenfalls wesentlich zur strukturellen Einheit des Gesamtwerkes bei. In einem letzten Abschnitt (IV.) werden Aspekte einer theologischen Musikhermeneutik beleuchtet. In Abgrenzung von Ansätzen, die eine solche nur in Verbindung mit den vertonten Texten erheben, und solchen, bei denen musikalisches Erleben analog zu einem religiösen beschrieben wird, das von einem bindenden Wort gänzlich gelöst ist, postuliert der hier vorgestellte Ansatz einen dritten Weg: musikalisches Erleben kann legitime religiöse Erfahrung sein, darf sich aber der Verantwortung vor dem theologischen „Logos“ nicht entziehen. In Verbindung von Werk- und Rezeptionsästhetik respektiert eine theologische Musikhermeneutik von Bachs Motette die emotionale, subjektive Rezeption der Musik, bindet sie aber an die Sprachtextebenen an.

Abstract

J.S. Bach's motet „Jesu, meine Freude“ (BWV 227) combines three textual layers: two language texts (verses from Paul's letter to the Romans, and Franck's sacred hymn from the 17th century) and Bach's musical „text“. This essay investigates the relation between these three „texts“. An introductory chapter (I.) considers the historical background of the composition of the motet. Then (II.), both literary layers are analysed through a comparison of the texts. The (significant) differences between them are highlighted and it is shown how they relate to each other in combination, sometimes even resulting in a shift of their original meaning. In the next chapter (III.) the layer of Bach's music is added to the hermeneutical analysis by exploring its structural function and how the music can support, or even reshape, the meaning of the words. The last chapter (IV.) begins by investigating possibilities of a theological hermeneutics of „mere“ music independently from words. Unlike hermeneutical approaches that too quickly identify musical experiences with „religious“ experiences, the thesis suggested here is that musical experience may indeed be understood as analogous to legitimate religious experience, but is called to accountability before the „Logos“ to remain theologically responsible. Just as Franck's poem individualizes and emotionalizes Paul's dogmatics, so does Bach's music individualize and emotionalize both texts, instigating or even necessitating a combination of an aesthetics of work and reception.

Published Online: 2011-December
Published in Print: 2011-December

© Walter de Gruyter 2011

Heruntergeladen am 28.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/IJPT.2011.034/html
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