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»Nichts Jüdisches wird uns fremd sein.« Zur Geschichte der Prager »Selbstwehr« (1907–1938)

  • Achim Jaeger
Veröffentlicht/Copyright: 21. Dezember 2007
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Aschkenas
Aus der Zeitschrift Band 15 Heft 1

Die Prager ›Unabhängige jüdische Wochenschrift‹ »Selbstwehr«, die sich vornehmlich an die Judenheit in Böhmen wandte, jedoch weit darüber hinaus Bedeutung erlangte, erschien kontinuierlich von 1907 bis 1938. Nach dem Münchner Abkommen wurde die Publikation eingestellt, im März 1939 die Redaktion dann endgültig aufgelöst, als unter militärischem Druck des nationalsozialistischen Deutschland die Anerkennung eines deutschen ›Protektorats Böhmen und Mähren‹ erzwungen worden war und deutsche Truppen in die Tschechoslowakei einmarschiert waren. Obgleich es sich um eine der interessantesten und wirkungsmächtigsten jüdischen Zeitungen in deutscher Sprache handelt, die in einem literarischen und politischen Zentrum erschien, ist die Geschichte der »Selbstwehr« – insbesondere ihre Gründungsphase – bisher noch nicht hinreichend erforscht. Es gibt außer einschlägigen pressegeschichtlichen Ausführungen wie etwa denen von Jacob Toury, Uri Naor oder Ezra Markovitz bisher nur recht wenige Studien, die sich überhaupt dezidiert mit dem Blatt beschäftigen. Meist wird die »Selbstwehr« im Kontext der deutsch-jüdischen Literatur resp. im Zusammenhang mit dem »Prager Kreis« berücksichtigt. So untersuchte beispielsweise Hartmut Binder schon 1967 die Bedeutung der Zeitschrift für Franz Kafka, der sie abonniert hatte. Binders Arbeit enthält auch wichtige Hinweise in bezug auf die Geschichte der Prager Wochenschrift. Ein kurzer Artikel von Rudolf M. Wlaschek (1987) umreißt knapp das Programm und die pressegeschichtliche Dimension der »Selbstwehr«. Anfang der 90er Jahre analysierte Scott Spector die Prager Wochenschrift unter dem Aspekt der Identitätsdebatte, und Evelyn Adunka machte darauf aufmerksam, daß der »Prager humanistische und sozialistische Zionismus« mit Vertretern wie Max Brod, Hugo Bergman [Bergmann], Hans Kohn und Robert Weltsch ein »besonders interessantes und in allen seinen Facetten noch viel zu wenig beachtetes Teilgebiet« der Forschung sei, in dem es noch viel zu entdecken gebe. Zählte die »Selbstwehr«, trotz ihres allgemeinen Bekanntheitsgrades, bis vor kurzem also noch zu den eher weniger beachteten Gegenständen der deutsch-jüdischen Literatur- und Pressegeschichte, so vermag sie inzwischen das Interesse der Forschung zunehmend auf sich zu ziehen. Jüngst erst untersuchten beispielsweise Wilhelm Terlau sowie Manfred Voigts die Position des Blattes während des Ersten Weltkriegs, Miroslava Kyselá widmete sich den bei der »Selbstwehr« aktiven Journalistinnen.

Online erschienen: 2007-12-21
Erschienen im Druck: 2005-December-08

© Max Niemeyer Verlag, 2005

Heruntergeladen am 4.10.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/ASCH.2005.151/html?lang=de
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