Das Thema Waffen aus der rabbinischen Perspektive
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Israel Yuval
Waffen sind ein männliches Attribut. Im Lateinischen ist von vir (Mann) die virtus, Tugend oder Tüchtigkeit abgeleitet, hebräisch kommt Gibor-Held von Gever-Mann. Im babylonischen Talmud (Nasir 59a) steht geschrieben, einer Frau sei es verboten, in den Krieg zu ziehen, nicht weil ihre Keuschheit dadurch bedroht sei, auch nicht weil sie den Schrecken des Krieges nicht gewachsen wäre, sondern weil es sich bei Waffen um ›Männerkleidung‹ handele, deren Tragen Frauen in der Bibel untersagt werde (Dtn 22,5). Die Geschichte der Juden nach dem Untergang ihres eigenen Staates nahm somit eher weibliche Züge an, indem sie vor Waffen und Krieg einen Abscheu empfand. In der Bibel ist den Israeliten zwar geboten, sie sollten das Land in Besitz nehmen (Dtn 1,8), was im Klartext doch wohl heißt, sie sollten es seinen ursprünglichen Bewohnern mit Brachialgewalt wegnehmen; aber der Midrasch hat für diesen Bibelvers eine andere, vielleicht allzu harmlose Deutung anzubieten: »Wenn ihr in das Land hineinkommt, braucht ihr keine Waffen, vielmehr verordne ich Zirkel und Meßstab« (Sifre Dtn § 7, S. 15). Demnach soll es möglich gewesen sein, die Besiedlung des doch bereits bewohnten Landes durch die Israeliten friedlich, ohne Anwendung von Gewalt, zu lösen; was hier geschildert wird, ist eine Art Übereignung von Grund und Boden, vollzogen durch Landvermesser auf der Grundlage gleichmäßiger Verteilung des Bodens unter die beiden Völker.
© Max Niemeyer Verlag GmbH, Postfach 2140, D–72011 Tübingen, 2003
Artikel in diesem Heft
- Waffenbesitz und Militärdienst der Juden von der römischen Antike bis zur Aufklärung. Zur Einführung
- Militärdienst und Wehrhaftigkeit der Juden in der Spätantike
- Das Thema Waffen aus der rabbinischen Perspektive
- ›Waffenrecht‹ und ›Waffenverbot‹ für Juden im Mittelalter – zu einem Mythos der Forschungsgeschichte
- Von jüdischen Rittern und anderen waffentragenden Juden im mittelalterlichen Deutschland
- Juden und Waffen im 16. und 17. Jahrhundert – Anmerkungen zu einem Alltagsphänomen
- »… gleich anderen dero Diener einen Degen zu tragen …«. Reflexionen zum sozialen Rang der Hofjudenschaft in vormoderner Zeit
- Von den Rechtsnormen zur Rechtspraxis. Eine Stellungnahme zu einem Forschungsvorhaben zur Rechtsgeschichte der Juden im Heiligen Römischen Reich
- Jüdische Eliten in Polen zu Beginn der Frühen Neuzeit
- »Wie ein böser Spuk.« Düsseldorfer Juden in Krieg und Revolution 1914–1920
- Die deutschsprachige Beschneidungsdebatte im 19. Jahrhundert
- Ein jüdischer Deutscher: Der Kampf des jungen Gabriel Riesser für die Gleichberechtigung der Juden 1830–1848
- On the Construction of Anti-Semitism
- Rezensionen
- Projektberichte (zusammengestellt von Annette Haller)
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- Militärdienst und Wehrhaftigkeit der Juden in der Spätantike
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