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Kreaturen der Tiefe

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Tiefe
Ein Kapitel aus dem Buch Tiefe
StefanRiegerKreaturender TiefeEin Fisch, den wir in Schräglagebringen, richtet sich wiederauf; er kannabervonsich ausuntergleichenBedingungenvonselbst eine Schräglage einnehmen und längere Zeit bei-behalten.Bildverschiebung und Schwerkraftwirkungsind objektivinbeidenFällen gleich.(Tembrock 1976,8)Senkrechteschneiden sich nicht fürunseren Blick.(Straus 1960a,227)Als absoluter hatteder Tanz zwar nicht denBoden unterden Füßen, aber den Raumverloren,der ihmgemäß ist.(Straus 1960b,141)1Fisch unterFischenDieSpezifik des MediumsWasserhat Folgen für dieBewegung der sich in ihmBewegenden. Das gilt für die natürlichenBewohner des entsprechenden Habitatsebenso wie für etwaigeBesucher,die sich denBedingungen desWassers an-passen müssen. Sie leben als Fisch unter Fischen, um eineFormulierungaufzu-greifen, dietopisch ist und die in ihrerTopik vielfach variiert wurde. Diese per-sistiertvonder Beschreibung früherTauchpioniertaten etwa bei Hans Hass undJacques Cousteaubis zu neueren Filmproduktionstechniken wie imFall des Do-kumentarfilmsUnsere Ozeaneder französischen RegisseureJacques Perrin undJacques CluzaudausdemJahr 2009 (Dunja2010). DieFaszinationsfigureinerTeilhabe an der TierweltimModus des Tierwerdens,die dabei anklingt,findet inderAngleichunganumweltbedingteBewegungsformen eine sehr praktische undüber entsprechende Theoriebemühungen hinausgehendeUmsetzung (Biehl undLocke2010). DieWeltunterWasserwird imZuge dessenzueinemReich der Al-terität,der gleitendenBewegung und,korrelativdamitverbunden,eines lang-samen oder besser noch einesverlangsamten Sehensein Reich der natürlichenEntschleunigung, das seine ästhetische Qualität diesemBewegungstyp ebensoverdankt wie den spezifischenWahrnehmungs- undAufzeichnungsbedingungenunterWasser.Die Normalität desgewohnten Hörens und Sehens istaußer Kraftgesetzt und derKörper einer Umgebung überstellt, die man durchavancierteTechnik zu beherrschen sucht.Die Folgeist ein spezifisches Narrativ, das dertechnischen Erschließung der Tiefegeschuldet ist.¹Dieseswirdzueiner Assem-Maßgeblich für dieVersammlung der technischen Details war das in zahlreichenAuflagenerschiene BuchvonRobert H. DavisDeep Diving and Submarine Operations(1909).Zu einerkurzen Überblicksdarstellungvgl. Möser 1992.https://doi.org/10.1515/9783110634730-010
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

StefanRiegerKreaturender TiefeEin Fisch, den wir in Schräglagebringen, richtet sich wiederauf; er kannabervonsich ausuntergleichenBedingungenvonselbst eine Schräglage einnehmen und längere Zeit bei-behalten.Bildverschiebung und Schwerkraftwirkungsind objektivinbeidenFällen gleich.(Tembrock 1976,8)Senkrechteschneiden sich nicht fürunseren Blick.(Straus 1960a,227)Als absoluter hatteder Tanz zwar nicht denBoden unterden Füßen, aber den Raumverloren,der ihmgemäß ist.(Straus 1960b,141)1Fisch unterFischenDieSpezifik des MediumsWasserhat Folgen für dieBewegung der sich in ihmBewegenden. Das gilt für die natürlichenBewohner des entsprechenden Habitatsebenso wie für etwaigeBesucher,die sich denBedingungen desWassers an-passen müssen. Sie leben als Fisch unter Fischen, um eineFormulierungaufzu-greifen, dietopisch ist und die in ihrerTopik vielfach variiert wurde. Diese per-sistiertvonder Beschreibung früherTauchpioniertaten etwa bei Hans Hass undJacques Cousteaubis zu neueren Filmproduktionstechniken wie imFall des Do-kumentarfilmsUnsere Ozeaneder französischen RegisseureJacques Perrin undJacques CluzaudausdemJahr 2009 (Dunja2010). DieFaszinationsfigureinerTeilhabe an der TierweltimModus des Tierwerdens,die dabei anklingt,findet inderAngleichunganumweltbedingteBewegungsformen eine sehr praktische undüber entsprechende Theoriebemühungen hinausgehendeUmsetzung (Biehl undLocke2010). DieWeltunterWasserwird imZuge dessenzueinemReich der Al-terität,der gleitendenBewegung und,korrelativdamitverbunden,eines lang-samen oder besser noch einesverlangsamten Sehensein Reich der natürlichenEntschleunigung, das seine ästhetische Qualität diesemBewegungstyp ebensoverdankt wie den spezifischenWahrnehmungs- undAufzeichnungsbedingungenunterWasser.Die Normalität desgewohnten Hörens und Sehens istaußer Kraftgesetzt und derKörper einer Umgebung überstellt, die man durchavancierteTechnik zu beherrschen sucht.Die Folgeist ein spezifisches Narrativ, das dertechnischen Erschließung der Tiefegeschuldet ist.¹Dieseswirdzueiner Assem-Maßgeblich für dieVersammlung der technischen Details war das in zahlreichenAuflagenerschiene BuchvonRobert H. DavisDeep Diving and Submarine Operations(1909).Zu einerkurzen Überblicksdarstellungvgl. Möser 1992.https://doi.org/10.1515/9783110634730-010
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