Materialität und Produktion
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Herausgegeben von:
Andrea von Hülsen-Esch
Als zentrale Begriffe der europäischen Kultur- und Geistesgeschichte prägen "Produktion" und "Materialität" die Entstehung und Rezeption von Kunst. Das Anliegen der Reihe Materialität und Produktion ist, durch die Erörterung der beiden relationalen Größen begriffliche, phänomenale und historische Zusammenhänge auf neue Weise sichtbar und analysierbar zu machen. Dabei ist die vielschichtige Aktivität des Materials, ihre spezifische Agentialität, in dem Prozess der sinnlich wahrnehmbaren Materialisierung ebenso in den Blick zu nehmen wie die mit der Produktion und den Rezipient*innen einhergehenden Wechselwirkungen.
Im Fokus der Reihe stehen die Beschreibung und Sichtbarmachung von Materialität, Immaterialität und von Produktionsprozessen in unterschiedlichen Epochen, von jeweils geltenden Praktiken, ästhetischen Erfahrungen und Wirkungen. Ausgehend von der Annahme, dass das Material in Kunst, Film, Literatur und Performance historisch und kulturell produziert wird und damit eng mit der Struktur eines Artefakts, einer Denkfigur und dem Entstehungsprozess verbunden ist, analysieren die Studien der Reihe Relation und Interaktion von Material, Produktion und Rezeption und fragen nach neuen Formen von Materialität.
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Gepanzerte Soldaten, sexualisierte Maschinenmenschen, technisierte Athleten: Zwischen 1914 und 1926 verwendeten Künstler*innen der deutschen und französischen Avantgarde das Motiv des mechanischen Körpers, um die zeittypischen Krisen zu illustrieren und nach dem Platz des Menschen in der Gesellschaft zu fragen. Der Band analysiert exemplarisch anhand von zentralen Werken der Moderne, u. a. von Otto Dix, Hannah Höch, Rudolf Schlichter, George Grosz, Willi Baumeister, Fernand Léger, Francis Picabia, Marcel Duchamp und Robert Delaunay, wie das Motiv als maskuline Utopie eines Erlösers, eines Neuen Menschen, inszeniert wurde.
Durch ihren transkulturellen Ansatz, den Fokus auf soziokulturelle Umwälzungen und den Einbezug von Studien zur Männlichkeit bietet die Publikation eine neue Sichtweise auf die Figuren des Maschinenmenschen und des Neuen Menschen in der Moderne.
Soldat blindé, machine sexuelle, athlète aux traits mécanisés, le corps machinique est un motif aux problématiques multiples dans l’art de l’avant-garde. Les représentants de l’art moderne ont choisi ce motif pour mettre en évidence les tensions entre les genres au début du XXe siècle. Ces tensions nourrissent les utopies masculinistes, notamment l’utopie de la figure rédemptrice : Homme nouveau.
Wie wirkt sich die Materialität auf künstlerische Entstehungs- und Rezeptionsprozesse von Objekten aus? Der vorliegende Band zu geschnitzten Kästen des Hoch- und Spätmittelalters setzt sich mit Wechselbeziehungen zwischen Material und Technik auseinander. Er stellt Details zu Entstehung, Herkunft und Funktion zahlreicher Kästen zusammen und bettet Produktionstechniken, Materialpräferenzen und Rezeptionsästhetiken in den Wissensstand der Zeit ein. Ein Augenmerk liegt auf Interaktionen und Transfers der Materialien. Speziell mit Holz wurden Elfenbeine, Seide und Gold imitiert und evoziert, wodurch eine soziale Annäherung des niederen Adels an den Hochadel oder der schnitzenden Handwerker an das Bürgertum einhergehen konnte. Die Analyse zur Intermaterialität stellt fest, dass Materialien, Formen und Techniken nicht getrennt voneinander verstanden werden können.
- Umfassende Untersuchung zu geschnitzten Kästen des 12. bis 14. Jahrhunderts
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Innovativer Forschungsbeitrag zu Relation und Interaktion von Material, Produktion und Rezeption im Mittelalter
Mit der legendären Ausstellung „Les Immatériaux" von F.-J. Lyotard und T. Chaput im Pariser Centre Pompidou wurde erstmals eine veränderte Rolle von Materialität sichtbar und erfahrbar. Wo stehen wir heute, 30 Jahre danach?
Die Beiträge des Bandes thematisieren verschiedenste Formen von Materialität, darunter die Materialität der Produktion oder das Verhältnis von Produktion und Materialität. Dabei sind jenseits von Kunst, Film und Literatur auch der Körper, Rituale und Denkfiguren sowie das Prozesshafte in historischen Epochen Gegenstand der Beiträge. Die Autorinnen und Autoren des Bandes zeigen, dass man von einer longue durée, einer langen Lebensdauer von „Materialität" ausgehen kann, die bislang in der westlichen Wissenschaftstheorie nur am Rande der dominanten Diskurse Beachtung gefunden hat.