Band 22, Heft 2

Zusammenfassung Das Gehirn ist geschützt durch eine dichte Barriere zwischen Blut und Parenchym. Diese sogenannte Blut-Hirn-Schranke dient dem Schutz vor pathogenen Erregern, vor der Einwanderung von Immunzellen und vor dem Übertreten von Blutbestandteilen. Auf zellulärer Ebene sind es neben den Perizyten und Astrozyten vor allem die Endothelzellen, die diese Barriere ausbilden. Die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke ist bei Entzündungen erhöht. Der NF-κB Signalweg, der häufig als ein wichtiger Bestandteil der Entzündungsreaktion aktiviert wird, hat aber in Gehirnendothelzellen eine schützende Wirkung auf die Blut-Hirn- Schranke. Ein Verlust des NF-κB-aktivierenden Proteins NEMO in Gehirnendothelzellen führt bei der genetischen Erkrankung Incontinentia pigmenti zu Endothelzelltod, erhöhter Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke und Epilepsie. Entzündungsmediatoren können daher die Blut-Hirn-Schranke öffnen, aber auch stabilisieren.

Zusammenfassung Es ist bereits viel über die neuronalen Grundlagen des Gedächtnisses bei Menschen bekannt. Allerdings war es lange Zeit nicht möglich, stimulusspezifische Gedächtnisspuren - „Engramme“ - direkt zu beobachten. In diesem Artikel stelle ich neuere Entwicklungen dar, die erste Hinweise zu den Mechanismen der Bildung, Modifikation und Beeinträchtigung von Engrammen bei Menschen liefern. Stimulusspezifische Gedächtnisspuren scheinen auf verschiedenen Ebenen der Hirnorganisation aufzutreten, von der Feuerrate einzelner Zellen über die Zeit-Frequenz-Signatur kleinerer Netzwerke bis hin zu weit verteilten Aktivitätsmustern. Gedächtnisinhaltewerden allerdings bei jedem Abruf transformiert. Daher sind neue Analysemethoden erforderlich, um auch substanziell modifizierte Engramme zu identifizieren. Schließlich sind Engramme bei einer Reihe von Krankheiten beeinträchtigt, die zu Gedächtnisdefiziten führen; zum Schluss stelle ich neue translationale Forschungsergebnisse vor, die sich mit veränderten inhaltsspezifischen Gedächtnisspuren im Kontext der Alzheimer- Erkrankung beschäftigen.

Zusammenfassung Peinlichkeit ist eine genuin menschliche Emotion, die wir erleben, wenn wir in einem öffentlichen Kontext bloßgestellt werden. Hierbei ist die Fähigkeit zur Perspektivübernahme entscheidend, die es uns ermöglicht zu verstehen, was andere Personen fühlen und über uns denken. Auf neuronaler Ebene ist Perspektivübernahme unter anderem eng mit Aktivität in Bereichen des medialen präfrontalen Kortex und dem Precuneus assoziiert. Gleichzeitig löst das Missgeschick und die erwartete negative Bewertung der Anderen eine emotionale Erregung aus, die durch Aktivierungen der anterioren Insula und des anterioren cingulären Kortex gekennzeichnet ist.Besonders ist hierbei, dass beide Netzwerke nicht isoliert voneinander Peinlichkeit vermitteln, sondern nur gemeinsam durch ihre funktionelle Kopplung mit Strukturen des (para-)limbischen Systems dieses komplexe emotionale Erleben erklären können. Peinlichkeitserleben setzt damit die Anwesenheit anderer voraus, die allerdings ebenfalls emotional auf die Situation reagieren. Dementsprechend kann Peinlichkeit auch stellvertretend für die Missgeschicke und das Fehlverhalten Anderer empfunden werden. Auch bei diesem sogenannten „Fremdschämen“ spielt die Fähigkeit zur Perspektivübernahme eine entscheidende Rolle. Beobachter und Beobachterinnen verinnerlichen die Bedrohung der sozialen Integrität Anderer, was ebenfalls emotionale Erregung, nun stellvertretend, induziert. Derartige interpersonelle Emotionen gewinnen im Kontext klinischer Störungen eine besondere Relevanz. Speziell soziale Angststörungen oder Autismus- Spektrum- Erkrankungen sind dabei zentral mit Auffälligkeiten assoziiert, die sich direkt in sozialen Interaktionen manifestieren. Das kann zu starken Einschränkungen im Sozialverhalten führen und damit das Wohlbefinden der Betroffenen nachhaltig verändern.

The brain is protected by a tight barrier between the blood and parenchyma. This so-called blood-brain barrier protects the brain from invading pathogens, infiltrating immune cells, and the extravasation of serum proteins. Beside pericytes and astrocytes mainly endothelial cells form this barrier. Inflammation leads to an increase in the permeability of the blood-brain barrier. NF-κB is activated during inflammation and is a key regulator of inflammatory processes. In brain endothelial cells NF-κB protects the blood-brain barrier. Loss of the NF-κB activating protein NEMO in brain endothelial cells leads to endothelial cell death, increased permeability, and epilepsy inmice as well as in humans with the hereditary disease incontinentia pigmenti. Therefore, inflammatory mediators are able to disturb but also to protect the blood-brain barrier.

Despite abundant knowledge on the neural basis of memory functions in the human brain, stimulus-specific memory traces- engrams-have long remained elusive. In this article, recent developments that start to shed light on the mechanisms underlying the formation, modification and potential degradation of engrams are reviewed. Stimulus-specific memory representations appear to occur at different levels of brain organization, from spike rates of individual cells via time-frequency signatures of small-scale neural networks to distributed activity patterns. However, memories undergo transformation whenever they are recalled. Thus, novel methodological approaches need to be employed in order to identify considerably modified engrams. Furthermore, engrams are impaired in a number of diseases involving memory dysfunction. This article is concluded with a description of recent translational work on altered content-specific memory representations in the context of Alzheimer’s disease.

Embarrassment is a genuine human emotion that we experience while being publicly exposed in unfavorable situations. The embarrassment we feel informs us how we perform according to prevalent norms and moral values and helps to regulate the impression we make on others. One cornerstone of embarrassment is the capacity to take another’s perspective and reflect on the thoughts, feelings, and intentions of others. On the neural systems level, these processes of perspective taking are linked to neural activation in the medial prefrontal cortex and precuneus. In addition, the mishap and the expected negative evaluation induce affective arousal and activity in the anterior insula and anterior cingulate cortex. Both networks contribute to the experience of embarrassment and it is their orchestrated activity in the (para-) limbic system that accounts for this complex emotional phenomenon. From a conceptual point of view embarrassment thus presupposes the presence of others. This witnessing audience however also reacts to the mishaps of others and embarrassment may also be experienced vicariously. Here, processes of perspective taking also play an important role, while bystanders embody threats to another’s social integrity. Such interpersonal emotional phenomena gain particular relevance in the context of psychiatric disorders. Specifically, autism spectrum disorders and social anxiety disorders have core symptoms in the social domain that manifest in social interactions causing disturbances in social behavior and reduced well-being of affected individuals.