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Neuorientierung der BFH-Rechtsprechung zur Fremdüblichkeit der Bedingungen von Konzerndarlehen

Veröffentlicht/Copyright: 15. Juli 2019
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Dr. Stefan Stein, Ulm/Prof. Dr. Christian Schwarz, DüsseldorfNeuorientierung der BFH-Rechtsprechung zur Fremd-üblichkeit der Bedingungen von KonzerndarlehenMit Urteil vom 27.2.2019 (BFH v. 27.2.2019IR73/16, FR 2019,526) hat der BFH dem Fremdvergleichsgrundsatz für grenzüber-schreitende Konzerndarlehen einen grundlegend neuen Rahmengegeben. Der BFH weicht hierbei von seiner bisherigen Rechtspre-chungslinie ab und rückt verstärkt die Ernsthaftigkeit des Verein-barten (Fremdüblichkeit der vereinbarten Bedingungen demGrunde nach) in den Fokus der Betrachtung (zweistufige Fremd-vergleichsprüfung). Damit verbunden gibt der BFH seine bisherigeAuffassungzurSchrankenwirkungdesabkommensrechtlichenFremdvergleichsgrundsatzes in zentralen Punkten auf undschränkt die Bedeutung des Rückhalts im Konzern bei Konzern-darlehen erheblich ein. Der folgende Beitrag setzt sich intensiv mitder Rechtsprechungsänderung des BFH und der Frage fremdübli-cher Bedingungen bei Konzerndarlehen auseinander.1. Zentrale Entscheidungsgründe des BFH-Urteils1.1. UrteilssachverhaltDem Urteil des BFH vom 27.2.20191lag folgender Sachverhaltzugrunde: Die deutsche Mutterkapitalgesellschaft (Klägerin)war Alleingesellschafterin und zugleich Organträgerin einerdeutschen Tochterkapitalgesellschaft, die wiederum an einerbelgischen Enkelkapitalgesellschaft zu 99,98%beteiligt war.Die Tochterkapitalgesellschaftführte für die belgischeEnkel-kapitalgesellschaft ein verzinsliches Verrechnungskonto,das alsDarlehen qualifiziert wurde. Entsprechend der üblichen Kon-zernpraxiswurden zur Absicherung des Verrechnungskontoskeine Sicherheiteneingefordertbzw. eingeräumt.Der wirtschaftlicheErfolg der belgischen Enkelkapitalgesell-schaft blieb aus, weshalb im Jahr 2005 ein Forderungsverzichtgegen Besserungsschein für den wertlosen Teil der Forderun-gen ausgesprochen wurde. Die Klägerin buchte die Forderunggewinnminderndaus. Das Finanzamt (Beklagte) neutralisiertedie Gewinnminderung mit Rücksicht auf die fehlende Forde-rungsbesicherung (Fremdvergleich) nach§1 Abs.1AStGdurch eine außerbilanzielle Hinzurechnung.Entgegen demvorinstanzlichen Urteil des FG Düsseldorf2blieb die Revisionvor dem BFH ohne Erfolg. Die zentralen Entscheidungsgründewerden im Folgenden näher erörtert.1.2. Abgrenzung zwischen Darlehen und EigenkapitalZunächst befasst sich der BFH mit der Frage, ob die grenzüber-schreitende Darlehensgewährung steuerlich als Überlassung vonFremdkapital oder als verdeckte Einlage zu werten ist. Zwar istdie Finanzierungsfreiheit nach Auffassung des BFH grundsätz-lich anzuerkennen, allerdings sei nunmehr (verstärkt) die Ab-grenzung zwischen betrieblich veranlassten Darlehen und durchdas Gesellschaftsverhältnis veranlassten Einlagen anhand derGesamtheit der objektiven Gegebenheiten zu würdigen.Der BFH merkt unterVerweisauf die Beschlüsse des BVerfG3an, dass nicht bereits deshalb von einerverdeckten Einlage aus-zugehen sei, weil einzelne Kriterien (z.B. fehlendeBesicherungoder fehlende Vereinbarung über einen Zinssatz) des Fremd-vergleichs nicht in jeder Hinsichtdem Marktverhalten fremderDritter entsprächen. Insofern komme den einzelnen Kriteriendes Fremdvergleichs nichtdie Qualität unverzichtbarerTat-bestandsvoraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennungder Fremdkapitalgewährungzu. Vielmehr sei auf die Ernsthaf-tigkeitdesVereinbartenunterWürdigungdereinzelnenKrite-riendesFremdvergleichsabzustelleninsbesondere,obderDarlehensgeber zum Zeitpunktder Darlehensgewährung da-von habe ausgehen können,dass das Darlehen auch tatsächlichzurückgezahlt werden könne.41.3. Rückhalt im Konzern ohne Bedeutung für dieErnsthaftigkeit des VereinbartenBei Darlehensvereinbarungen wurde bislangdem Rückhalt imKonzern (passiveKonzernwirkung) eine gewichtige Bedeutungeingeräumt. So bestand in der Literatur5und der Rechtspre-chung Einigkeit darin, dass auf die Gestellungvon Sicherheitenim Konzern aufgrund der Einflussnahmemöglichkeiten derMuttergesellschaft üblicherweise verzichtet werdenkonnte,ohnedass diesals fremd unübliches Verhalten qualifiziert undeinevGAzur Folgehaben würde.6In Bezug auf grenzüber-schreitende Sachverhalte hatte der erste Senatdes BFH mit Ur-teil vom 24.6.20157ergänzend ausgeführt, dass der Rückhalt imKonzern allerdings nicht soweit reiche, als dass ihm eine im-merwährende Besicherungzukomme und er im Sicherungsfallzwingend tatsächlich und uneingeschränkt greife.Insofernmisstder BFH auch in seiner bisherigen Rechtsprechung demRückhaltimKonzernnicht die Qualitäteiner Bürgschaft, Ga-rantiezusage, harten Patronatserklärungoder Ähnlichem bei.Bislang entsprach es der Auffassung des BFH, dass aufgrunddes Konzernrückhalts Darlehen (oder wie im Urteilsfall Ver-rechnungskonten) ohne Besicherunggewährt werden konnten,zugleich allerdings bei einer wirtschaftlichen Krise mangels zi-1BFH v. 27.2.2019IR73/16, FR 2019, 526.2FGDüsseldorf v. 10.11.20156K2095/13 K, EFG 2017, 553.3BVerfG v. 7.11.19952BvR 802/90, FR 1996, 18 m. Anm. Pezzer=undv. 15.8.1996,2BvR 3027/95.4BFH v. 27.2.2019IR73/16, FR 2019, 526=Rz. 12.5Vgl. z.B.Gosch,KStG,3.Aufl. §8,Rz. 688a;Greil/Wargowske,IStR 2016,274 f.;Greil/Wargowske,IStR 2018, 535.6BFH v. 29.10.1997IR24/97, BStBl. II 1998, 573=FR1998, 482; v.21.12.1994IR65/94, BFHE 176, 571=FR1995, 476.7BFH v. 24.6.2015IR29/14, BStBl. II 2016, 258=FR2016, 481.Ubg7/2019Beiträge403Stein/SchwarzNeuorientierung der BFH-Rechtsprechung zur Fremdüblichkeit der Bedingungen von Konzerndarlehen
Published Online: 2019-07-15
Published in Print: 2019-07-01

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