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Umwandlung einer atypischen Kommandit- Unterbeteiligung in eine Direktbeteiligung

Kein Formwechsel, sondern steuerneutrale Realteilung
Veröffentlicht/Copyright: 3. April 2013
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KurzbeitragDipl.-Kfm. Dr. iur. Philipp Böwing-Schmalenbrock,LL.M., MünsterUmwandlung einer atypischen Komman-dit-Unterbeteiligung in eine Direktbetei-ligungKein Formwechsel, sondern steuerneutrale Real-teilung1. ProblemstellungDie atypisch stille Unterbeteiligung an einem Kom-manditanteil wird in der Praxis vorwiegend im Bereichder Nachfolge in Familienunternehmen eingesetzt.1Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge – annah-megemäß steuerneutral2– wird die nachfolgende Ge-neration an die Kommanditgesellschaft herangeführtund an in ihr wirtschaftlich beteiligt, ohne zivilrecht-lich schon die Stellung eines Kommanditisten inne-zuhaben. Dieser Nachfolgegestaltung ist der Charak-ter als Interim immanent. Denn absehbar erfolgt die„Umwandlung“3der Unterbeteiligung in eine direkteKommanditbeteiligung. Spätestens zu diesem Zeit-punkt drängt sich die Frage nach der ertragsteuerli-chen Bedeutung der Umstrukturierung auf, die in derRechtsprechung bislang nicht beantwortet wurde.Ein Blick in die einschlägige Literatur verrät, dass essich um eine kaum (näher) besprochene Problematikhandelt. Wo sie thematisiert wird, kommt man im Er-gebnis zur Steuerneutralität; ganz überwiegend wirddabei davon ausgegangen, es handele sich bei derTransaktion um ein ertragsteuerliches „Nullum“, einensteuerneutralen „Formwechsel“ – eine Einschätzung,die dem Stand der Rechtsprechung des BFH nicht(mehr) entspricht und daher revisionsbedürftig ist.2. Zivilrechtliches Umfeld der atypischen Unterbetei-ligungDieUnterbeteiligungist zivilrechtlich eine BGB-In-nengesellschaft i.S.d. §§ 705 ff. BGB zwischen demHauptgesellschafter und dem Unterbeteiligten. Sie istals „stille“ Unterbeteiligung, die als solche im Rechts-verkehr nicht auftritt, nicht (teil-)rechtsfähig,4ergoauch nicht Rechtsträgerin eines Gesellschaftsver-mögens. Vielmehr bleibt allein der Hauptgesellschaf-ter Kommanditist, sein Gesellschaftsanteil ist über dieUnterbeteiligungsvereinbarung lediglich schuldrecht-lich gebunden. Die Unterbeteiligung ist mit der stillenGesellschaft i.S.d. §§ 230 ff. HGB verwandt, unter-scheidet sich von ihr aber insbesondere dadurch, dassdie Beteiligung entgegen § 230 Abs. 1 HGB nicht aneinem Handelsgewerbe, sondern an einem Gesell-schaftsanteil besteht.5DieAtypikder Unterbeteiligung wird durch umfang-reiche Rechte und Pflichten des Unterbeteiligten be-gründet, die so weit gehen, dass dieser selbst Unter-nehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfal-ten kann.6Das unterscheidet ihn von der typischen, le-diglich kapitalmäßigen Beteiligung, die auch für dietypische stille Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB) charakte-ristisch ist. Der Unterbeteiligte wird schuldrechtlich sogestellt, als sei er bereits Gesellschafter der Haupt-gesellschaft („,Als-ob‘-Gesellschafter“7). Diese Modifi-kation wird im Wesentlichen dadurch erreicht, dassder Unterbeteiligte am Unternehmenserfolg ein-schließlich der stillen Reserven des Unternehmens be-teiligt wird.83. Steuerliche AusgangssituationErtragsteuerliche Konsequenz der Ausgestaltung derUnterbeteiligung als atypische ist, dass – in Abgren-zung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nach§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG bei einer typischen Unterbetei-ligung9– eine Stellung begründet wird, die nach ihremGesamtbild dem Typus eines Mitunternehmers ent-spricht10und die aufgrund der Gewerblichkeit derHauptgesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG) zu ge-werblichen Einkünften führt. Bereits durch die Grün-dung der atypischen Unterbeteiligung erhält der Un-terbeteiligte also im Umfang seiner Beteiligungsquotean der Unterbeteiligungsgesellschaft eine Mitunter-nehmerstellung. Korrespondierend entfällt steuerlichdie Mitunternehmerstellunginsoweitfür den Haupt-beteiligten, wenngleich er zivilrechtlich alleinigerKommanditist bleibt.113/2012Böwing-Schmalenbrock121Umwandlung einer atypischen Kommandit-Unterbeteiligung in eine Direktbeteiligung1Th. Carlé, KÖSDI 2008, 16166 f. (16171); ErbStB 2007, 276 ff.Weitere Einsatzgebiete:App, DStR 1994, 291 ff. undEilers,FR 2007, 733 ff., etwa Fusionen im mittelständischen Be-reich; Umgehung von Abtretungsverboten.2 Die Errichtung kann hier nicht im Einzelnen nachgezeich-net werden, vgl. aber Fn. 13, 44.3 Der Begriff wird hier (in seinem weitesten Sinn) für die be-sprochene Umstrukturierung verwendet.4Sprauin Palandt, 70. Aufl. 2011, § 705 Rz. 51, 33. Teilrechts-fähig sind lediglich sog. Außengesellschaften, die imRechtsverkehr in Erscheinung treten.5 Weitere Verwandtschaft besteht mit der Treuhand, der aberim Regelfall ein Geschäftsbesorgungsvertrag i.S.d. § 675BGB und kein Gesellschaftsvertrag zugrunde liegt. DerTreuhänder ist zudem allein für den Treugeber Gesellschaf-ter, während sich der Hauptbeteiligte der Unterbetei-ligungsgesellschaft durch einegespaltene Stellungaus-zeichnet, da er nur teilweise auf fremde, teilweise aberauch auf eigene Rechnung Kommanditist ist; vgl.WackerinSchmidt, EStG, 30. Aufl. 2011, § 15 Rz. 297. Aufgrund die-ser kategorialen Unterschiede hält der BFH die Institutegrundsätzlich für nicht vergleichbar, st. Rspr. vgl. nur BFHv. 29.10.1991 – VIII R 51/84, BFHE 166, 431 = FR 1992, 297m. Anm.Schmidt.6Th. Carlé, KÖSDI 2008, 16166 (16169).7Th. Carlé, KÖSDI 2008, 16166 (16171).8 Vgl. BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = FR 1996,30. Ausführlich zur zivilrechtlichen Gestaltung der Unter-beteiligungD. Carlé, KÖSDI 2005, 14475 ff.;App, DStR1994, 291 ff.; Vertragsentwurf beiD. Carlé/Bauschatz, Ver-tragsmuster, typische Unterbeteiligung, atypische Unterbe-teiligung an einer Kommanditgesellschaft, 3. Aufl. 2004,S. 88 ff.9 Vgl. auch § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 a.E. EStG.10 BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = FR 1996, 30.Kritisch wegen der zweifelhaften Möglichkeiten der Durch-setzung der Initiativrechte,Pickhardt-Poremba/Engelsing,DStZ 2000, 281 (285). Grundlagen zur steuerlichen Einord-nung beiSchulze zur Wiesche, NJW 1983, 2362 ff.11 Vgl. BFH v. 19.4.2007 – IV R 70/04, BFHE 217, 570 = FR2008, 25.
Online erschienen: 2013-04-03
Erschienen im Druck: 2012-02

© 2013 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln.

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