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Rechtsanwaltsvergütung und Gerichtskosten bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit

Published/Copyright: January 10, 2019
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lassen wird, die richtige Einordnungvielmehr fallgruppenbezo-gen vorgenommen werdenmuss ... .9Der vorliegende Rechtsstreit weist eine genügend enge Verbin-dung zur Person des Beklagten auf. Zwar trifft es zu, dass ... dievom Kläger geltend gemachten Ansprüche ihre Grundlage inder beruflichen Tätigkeit des Beklagten finden. Im Streitfallspricht entscheidend für die Annahmeeiner persönlichen An-gelegenheit aber der Umstand, dass der Kläger seine Schadens-ersatzansprüche auf angeblich strafbares Verhalten des Beklag-ten stützt. Der vom Kläger damit erhobeneVorwurfstrafrecht-lich relevanter Schuld und der in diesem Vorwurf enthaltenesozialethische Tadel (vgl. nurEiselein Schönke/Schröder, StGB,30. Aufl.,Vor. §§ 13 ff., Rz. 103/104) treffen den Beklagten ge-rade auchinseiner persönlichen Sphäre.Damitist aber auchdie Verteidigung gegen diesen Vorwurf eine persönliche Ange-legenheit (vgl. auch OLG Köln v. 14.2.197920 U21/79,FamRZ 1979, 964, 965; FamR-Komm/Klein,Marion,6.Aufl.,§1360aBGB, Rz. 57).10EntgegenderAuffassungderRechtsbeschwerde wirddiesesEr-gebnis im Übrigenauch durchdie Regelungdes §1360a Abs. 4S. 2BGB gestützt. Zwar unterstellt sie nur die Kosten der Ver-teidigung in einem gegenden Ehegatten geführten Strafverfah-ren ohne weitere Prüfung des Merkmals der persönlichen An-gelegenheit (vgl.Glasmacher,Der Anspruch auf Prozesskosten-vorschuss gem.§1360a IV BGB, 2003,S.75; BeckOGK/Preis-ner,BGB, Stand 1.8.2019,§1360a Rz. 262; Staudinger/Voppel,BGB, 2018,§1360a Rz. 73; ...) dem unterhaltsrechtlichen An-spruch auf Prozesskostenvorschuss. Die Regelung legt aber na-he, dass nach der gesetzlichen Wertungder Vorwurf einerStraftatund seine Abwehr stets persönlicheAngelegenheitendes vom Vorwurf Betroffenensind ....Dass die Rechtsverteidi-gung imwie hierZivilprozess nichtdie Abwehr strafrecht-licher Folgen bezweckt, sondern die Abwendung schadens-ersatzrechtlicherKonsequenzendes angeblich strafbaren Ver-haltenszum Gegenstandhat, ändert an diesem aus Sicht deserkennenden Senats entscheidenden Gesichtspunkt nichts.[Rz. 1121]Rechtsanwaltsvergütungund Gerichtskosten bei un-erkannter GeschäftsunfähigkeitGKG§22; ZPO§53Reicht ein Rechtsanwalt eine Klage für eine unerkannt geschäfts-unfähige Person ein, so ist er regelmäßig auch dann nicht Kosten-schuldner, wenn seine Vollmacht wegen der Geschäftsunfähigkeitnichtig ist, solange die Klageerhebung der Partei in einem natürli-chen Sinn alsVeranlasserzugerechnet werdenkann.Erfährtein Rechtsanwalt, dass für seinenMandanten eine Betreu-ung angeordnet ist, darf erauch auf Wunsch des Mandantenkeine Klage erheben, ohne vorher Kontakt mit dem Betreuerauf-zunehmen und die Interessenlage zu klären.(alle nichtamtl.)OLG München, Urt. v. 18.9.201915 U127/19 Rae(LG München II13 O1571/18 Rae)Aus den Gründen:... Der Senat meint ..., dass bei der Einreichung einer Klagedurch einen Rechtsanwalt für eine unerkannt geschäftsunfähigePerson (hier: der unter Einwilligungsvorbehaltstehende Be-klagte) der Kostenschuldnernach §22Abs. 1S.1GKG regel-mäßig auchdann die Partei und nicht der handelnde Rechts-anwalt ist, selbst wenndie dem Rechtsanwalt erteilte (Prozess-)Vollmacht wegen der (unerkannten) Geschäftsunfähigkeitnichtig ist, solange die Klageerhebung der Partei (oder eineranderen hinter dieser stehenden Person) in einem natürlichenSinn alsVeranlasserzugerechnetwerden kann.Der gegentei-lige Standpunkt des LG Augsburginseinem Beschluss vom27.2.2018, in dem es dem Klägerdie Kosten nach§22Abs. 1GKG nur wegender sich aus§1903 BGB ergebenden Unwirk-samkeit der Vollmacht auferlegte, überzeugt nicht. Er berück-sichtigt nicht ausreichend,dass dem Rechtsanwalt (insbesonde-re im Anwaltsprozess,§78ZPO) eine notwendige Mittlerrollebei der Klageerhebung zukommt, die es aber allein nicht recht-fertigt, ihm damit das allgemeine Risiko aufzuerlegen, für eineunerkannt geschäftsunfähige Partei zu handeln.Dieses Risiko muss der Rechtsanwalt zwar, wie jedermann, alsderen Vertragspartner tragen und insoweit als Nachteil hinneh-men, dass er wegen seiner Leistungen keineVergütung erhält ...Davon zu unterscheiden ist aberdie Frage,obdem Rechts-anwalt in dieser Situation auch allgemein die Kosten einerRechtsverfolgungauferlegtwerden dürfen,die ihm unter kei-nen Umständen zugutekommt. Dies ist zu verneinen. Eine sol-che Regelung widerspricht seinerStell ungals Organ derRechtspflege und es würdeeine allein an die Berufsausübunganknüpfende verschuldensunabhängige Risikohaftung darstel-len, wenn der Rechtsanwalt regelmäßig die mit der Klageer-hebung für eine geschäftsunfähige Personausgelösten Gerichts-kosten als eigene Schuld treffen würde. Die Frage, wen bei derKlageerhebungdurch einenvollmachtslosen Vertreter die Kos-ten treffen, hängt vielmehr von zahlreichen(Wertungs-)Ge-sichtspunkten ab (vgl. dazuAlthammerin Zöller,ZPO,32. Aufl. 2018,§88Rz. 11; s. z.B. BGH v. 4.3.1993VZB5/93,BGHZ 121, 399=MDR 1993, 1249) und darf jedenfalls bei ei-nem Rechtsanwalt nicht allein von der Unwirksamkeit der ihmerteilten Vollmacht abhängen (a.A.Hartmann,Kostengesetze,38. Aufl. 2008,§22Rz. 4).Ausgehend von den Überlegungen unter ... ist der Beklagteauf Kostendes Klägers undin sonstiger Weisebereichert,wenn die Gerichtskasse (inzwischen nur noch)den Kläger undnicht mehr den Beklagtenals Parteiwegen der mit der Kla-geeinreichungausgelösten Gerichtskosten in Anspruch nimmt.Soweit im Kostenbeschwerdeverfahren vor dem LG Augsburg(Az. 84O1807/17 ...) eine Kostenschuld des (hiesigen) Beklag-ten nach§22Abs. 1GKG verneint wurde, erfolgte dies in ei-nem zweiseitigen Verfahren zwischen der Gerichtskasse (Frei-staat Bayern) und dem (hiesigen) Kläger. Diese (zudem nureine Vorfrage betreffende) Überlegung hindert den Klägernicht, in diesem(Regress-)Prozess die eigentliche Kostenschulddes Beklagten nach§22Abs. 1GKG im Vorprozess (LG Augs-burg) und damit die Unrichtigkeit seinereigenen Inanspruch-nahme geltend zu machen. ...Ein auf §§ 812, 818 BGB gestützter Rückgriff des Klägers wegender mit der Klageeinreichung ausgelösten und ihm auferlegtenGerichtskosten scheitert aberdaran, dass dieser aufgrunddes62RechtsprechungGebührenrechtMDR1/2020
Published Online: 2019-01-10
Published in Print: 2020-01-01

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  52. Haftung des Erben für Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis
  53. Bank- und Kreditsicherungsrecht
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  68. Zurückweisung der Beschwerde trotz Ablauf der erstinstanzlich festgesetzten Überprüfungsfrist
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  73. Gebührenrecht
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  75. Rechtsanwaltsvergütung und Gerichtskosten bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit
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  79. MDR Report
  80. Rechtsprechung kompakt
  81. Berufsrecht
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  92. Recht bildlich
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