Zusammenfassung
In der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind Vermittlungsfachkräfte eine Schnittstelle zwischen Staat und Bürger*innen. Das Handeln von Vermittlungsfachkräften hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, wie Bürger*innen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik erleben. In diesem Beitrag untersuchen wir, wie sich das berufliche Rollenverständnis von Vermittlungsfachkräften auf ihren Umgang mit Sanktionen auswirkt. Wir identifizieren administrative, optimierende und sozialarbeiterische Rollenverständnisse und zeigen, dass diese mit unterschiedlichen Wahrnehmungen und Kategorisierungen der Leistungsberechtigten verbunden sind und darüber das Sanktionshandeln beeinflussen. Die empirische Grundlage der Studie bilden Interviews mit Vermittlungsfachkräften in Jobcentern und teilnehmende Beobachtungen von Beratungsgesprächen zwischen Leistungsberechtigten und Vermittlungsfachkräften.
Abstract
Caseworkers in Jobcentres are intermediaries between citizens and the state. By using their discretion, caseworkers shape how citizens experience social and labour market policies. In this article, we examine how caseworkers’ professional role perceptions affect how they deal with (possible) sanctions in their encounters with clients. We identify administrative, optimising and social work role perceptions and show that these are linked to different patterns of categorising clients and, consequently, with specific sanctioning practices. Empirically, the study draws on interviews with caseworkers in different German Jobcentres and observations of encounters between citizens and caseworkers.
1 Einleitung
Die Beschäftigten in Arbeits- und Sozialverwaltungen fungieren als Schnittstelle zwischen Staat und Gesellschaft. Sie sind das Gesicht des Sozialstaats und prägen die Erfahrungen, die Menschen im Alltag mit sozialpolitischen Programmen machen. Auf die zentrale Rolle der Beschäftigten von Verwaltungen und den ihnen zukommenden Gestaltungsspielraum verweist die Figur der Street-Level Bureaucrats (Lipsky 2010). Seit geraumer Zeit beobachten Studien in verschiedenen institutionellen Settings unterschiedliche Rollenverständnisse von Street-Level Bureaucrats, die deren Herangehensweise an die Arbeit prägen (Eberwein/Tholen 1987; Watkins-Hayes 2009; Zacka 2017). Das berufliche Handeln von Street-Level Bureaucrats kann Ungleichheiten im Zugang zu sozialstaatlichen Leistungen hervorbringen oder verstärken (Maynard-Moody/Musheno 2012; Nunes/Lotta 2019). Daher ist es wichtig, sich mit Unterschieden in der Art und Weise, wie Street-Level Bureaucrats an ihre Arbeit herangehen, zu befassen.
Dieser Beitrag widmet sich dem Zusammenhang zwischen dem Rollenverständnis von Vermittlungsfachkräften in Jobcentern und ihrem Sanktionshandeln. Unter Sanktionshandeln verstehen wir den Umgang mit Sanktionen im Kontext individueller Handlungsspielräume. Der bisherige Wissensstand wird dabei in zweifacher Weise erweitert. Mit dem Fokus auf das Sanktionshandeln adressieren wir erstens einen Bereich, der mit Blick auf Ungleichheiten besonders relevant ist. Sanktionsentscheidungen sind Entscheidungen zum Nachteil von Bürger*innen: Es geht um die Minderung einer Sozialleistung, auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht. Aus Studien zu Sanktionspraktiken in Jobcentern geht hervor, dass sich Vermittlungsfachkräfte unterschiedlich zu Sanktionen positionieren (Bernhard et al. 2023; Karl et al. 2011: 122–124; Marquardsen 2018). Eine Systematisierung dieser Unterschiede wurde jedoch bislang nicht vorgenommen. Wir arbeiten unterschiedliche Positionierungen zu Sanktionen heraus und zeigen, wie Handlungsspielräume im Umgang mit Sanktionen genutzt werden.
Zweitens leistet die Studie einen Beitrag zum Verständnis der Handlungswirksamkeit der beruflichen Rollenverständnisse von Vermittlungsfachkräften. Wir argumentieren und zeigen empirisch, dass berufliche Rollenverständnisse über Kategorisierungspraktiken das Sanktionshandeln beeinflussen. Street-Level Bureaucrats nehmen vielfältige Bewertungs-, Klassifizierungs- und Kategorisierungsprozesse vor (Altreiter/Leibetseder 2015; Nunes/Lotta 2019). Diese Kategorisierungen orientieren sich zum einen an gesetzlichen und organisationalen Vorgaben, etwa wenn Vermittlungsfachkräfte in der Arbeitsverwaltung die Beschäftigungsfähigkeit von Leistungsberechtigten bewerten und im Ergebnis zwischen ‚marktnahen‘ und ‚nicht marktnahen‘ Leistungsberechtigten unterscheiden. Zum anderen spiegeln diese Kategorisierungen individuelle Norm- und Wertvorstellungen – etwa Gerechtigkeitsvorstellungen – und professionelle Prägungen der Vermittlungsfachkräfte wider (Marquardsen 2018; Dietrich/Schnapp 2023). Unser Beitrag verdeutlicht die Relevanz von Kategorisierungen auf der Mikroebene der Umsetzung von Sozialpolitik. Wir zeigen, dass Rollenverständnisse und Kategorisierungspraktiken miteinander verschränkt sind, und wie diese das Sanktionshandeln rahmen.
Im Folgenden stellen wir zunächst Vermittlungsfachkräfte in Jobcentern als Street-Level Bureaucrats vor und gehen auf unterschiedliche berufliche Rollenverständnisse und damit verbundene typische Denk- und Handlungsmuster ein. Wir skizzieren den Forschungsstand zu Kategorisierungsprozessen und zeigen auf, wie diese mit dem Sanktionshandeln zusammenhängen. Anschließend gehen wir auf Sanktionen und Sanktionierungspraktiken in der Arbeitsverwaltung ein. Die empirische Grundlage unserer Analyse sind Interviews mit Vermittlungsfachkräften sowie teilnehmende Beobachtungen von Beratungsgesprächen zwischen Vermittlungsfachkräften und Leistungsberechtigten. Wir entwickeln eine Typologie von Rollenverständnissen der Vermittlungsfachkräfte und unterscheiden idealtypisch ein administratives, ein optimierendes und ein sozialarbeiterisches Rollenverständnis. Darauf aufbauend rekonstruieren wir, wie Vermittlungsfachkräfte Leistungsberechtigte kategorisieren und welches Sanktionshandeln mit diesen Kategorisierungen verbunden ist. Abschließend identifizieren wir weiteren Forschungsbedarf und diskutieren unsere Befunde vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Bedeutung des Sanktionierens für Vermittlungsfachkräfte, Politik und Öffentlichkeit.
2 Forschungsstand
2.1 Das berufliche Rollenverständnis von Vermittlungsfachkräften in Jobcentern
Verwaltungsmitarbeitende müssen in ihrem beruflichen Handeln vielfältige und teils widersprüchliche Anforderungen ausbalancieren – etwa mit hohen Fallzahlen umgehen, faire Verfahren zur Entscheidungsfindung anwenden und gleichzeitig dem Einzelfall gerecht werden (Lipsky 2010; Tummers et al. 2015). Abhängig davon, wie sie ihre Rolle ausdeuten, setzen die Beschäftigten dabei unterschiedliche Schwerpunkte und entwickeln entsprechende Arbeitsroutinen. Zacka (2017) bezeichnet diese unterschiedlichen Rollenverständnisse als „moralische Dispositionen“, als Neigungen, eine Situation in einer bestimmten Weise wahrzunehmen und entsprechend zu handeln.
Im Kontext der deutschen Arbeitsverwaltung konstatierten Eberwein und Tholen bereits 1987 anhand empirischer Fallstudien in zwei Arbeitsämtern eine „gewisse Varianz der Rollenwahrnehmung, die zugleich Handlungs- und Gestaltungschancen eröffnet und sich in unterschiedlichen Verhaltensweisen der Arbeitsvermittler in Vermittlungssituationen niederschlägt“ (Eberwein/Tholen 1987: 107). Anhand des pluralen „Rollen-Sets“, das an die Beschäftigten herangetragen wird, priorisieren Vermittlungsfachkräfte den Autoren zufolge unterschiedliche Verhaltenserwartungen. Sie rücken entweder die Anforderungen der Betriebe (Eberwein und Tholen bezeichnen diesen Typus als Makler*innen) oder Regeln und Verfahren (Bürokrat*innen) in den Vordergrund. Alternativ orientieren sie sich vorrangig an den Bedarfen der Leistungsberechtigten und konzentrierten sich auf deren Unterstützung mit Blick auf Arbeit und Beruf (Berater*innen) oder bei der Bewältigung von Problemlagen (Sozialarbeiter*innen).
Seit dieser ersten umfassenden Studie zu Rollenverständnissen von Vermittlungsfachkräften haben die inhaltliche Neuausrichtung der Sozialpolitik unter dem Leitbild der Aktivierung, die umfassenden Organisationsreformen sowie die Digitalisierung den Arbeitsalltag von Vermittlungsfachkräften enorm verändert. Dennoch ist das plurale „Rollen-Set“, mit dem sie konfrontiert sind, nach wie vor von grundlegender Bedeutung. Auch nach den Reformen zeigten sich die unterschiedlichen Priorisierungen – das Makeln auf dem Arbeitsmarkt, die Dienstleistung für Leistungsberechtigte, die Sozialarbeit oder die Sachbearbeitung für das Sozialrecht – in einer Befragung von Vermittlungsfachkräften (Boockmann et al. 2013: 77–84).
Die Reformen waren jedoch auch ein Anstoß, typische Denk- und Handlungsmuster von Vermittlungsfachkräften neu zu systematisieren. Ludwig-Mayerhofer et al. (2009) rekonstruieren anhand von Interviews aus den Jahren 2005 bis 2007 „eine sehr respektable Bandbreite an genealogisch recht neuen Aktivierungs-Deutungsmustern“ (2009: 113) von Vermittlungsfachkräften. Diese grenzen sich von anderen Deutungsmustern unter anderem dadurch ab, dass Vermittlungsfachkräfte Leistungsberechtigten die Verantwortung für ihre Arbeitslosigkeit zuschreiben. Dementsprechend fokussieren Vermittlungsfachkräfte darauf, Leistungsberechtigte zur Überwindung konstatierter Verhaltensdefizite – etwa einer unzureichenden Motivation – zu bewegen.
Ein anderer Vorschlag zur Typisierung identifiziert unterschiedliche Handlungsmuster von Beschäftigten der Arbeitsverwaltung (Grimm/Plambeck 2013). Die Handlungsmuster „Unterstützen“, „Aktivieren“, „Auswählen“ und „Beraten“ sind durch spezifische Ausdeutungen der eigenen Rolle und damit verbundene Schwerpunkte der Vermittlungsarbeit gekennzeichnet. Im Handlungsmuster „Unterstützen“ stehen Vermittlungsfachkräfte beispielsweise den Reformen eher kritisch, im Handlungsmuster „Aktivieren“ eher affirmativ gegenüber. Ein interessanter Aspekt dieser Typologie ist, dass Unterschiede in der Wahrnehmung der Leistungsberechtigten benannt werden: Vermittlungsfachkräfte begegnen Leistungsberechtigten entweder empathisch und vorurteilsfrei (Handlungsmuster „Unterstützen“), misstrauisch (Handlungsmuster „Aktivieren“), nachvollziehend-neutral (Handlungsmuster „Beraten“) oder lassen sich von persönlichen Sympathien leiten (Handlungsmuster „Auswählen“). Die Ausführungen verbleiben auf einem recht allgemeinen Niveau, verweisen jedoch auf Kategorisierungen als eine eigenständige Dimension der Typologie von Denk- und Handlungsmustern. Derartige Kategorisierungspraktiken werden im folgenden Abschnitt ausführlicher dargestellt.
2.2 Kategorisierungspraktiken von Vermittlungsfachkräften in Jobcentern
Street-Level Bureaucrats nehmen Bewertungs-, Klassifizierungs- und Kategorisierungsprozesse auf verschiedenen Ebenen vor (Altreiter/Leibetseder 2015; McGann et al. 2022; Nunes/Lotta 2019). Vermittlungsfachkräfte in Jobcentern haben beispielsweise den gesetzlichen Auftrag, in einer sogenannten Potenzialanalyse individuelle Stärken der Leistungsberechtigten und Umstände, welche die Vermittlung erschweren, festzustellen (§ 15 SGB II). Für Jobcenter, die sich in gemeinsamer Trägerschaft der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Kommune befinden, existiert hierfür eine Arbeitshilfe der BA mit einem Kriterienkatalog. Die darin genannten Kriterien machen deutlich, dass Vermittlungsfachkräfte nicht nur die Beschäftigungsfähigkeit und damit verbundene Arbeitsmarktperspektiven, sondern auch die Leistungsberechtigten als Personen bewerten. Neben Qualifikationen, Kenntnissen und Fähigkeiten sollen Vermittlungsfachkräfte unter anderem auch die Motivation und Zuverlässigkeit der Leistungsberechtigten beurteilen und dokumentieren (Bundesagentur für Arbeit 2017).
In den Kategorisierungen auf dem Street-Level der Arbeitsverwaltung vermischen sich die aus den institutionellen Vorgaben resultierenden Bewertungsraster mit gesellschaftlich verankerten Kriterien der Deservingness. Diese Kriterien werden seit Längerem in der Gerechtigkeits- und Legitimitätsforschung diskutiert (Überblicke bieten z. B. van Oorschot 2006; Meuleman et al. 2020): In der öffentlichen Wahrnehmung werden Menschen grundsätzlich als unterstützungswürdig angesehen, wenn ihnen ein hoher Bedarf zugesprochen wird (weil sie beispielsweise über wenig eigene Ressourcen verfügen) und wenn sie Reziprozitätserwartungen erfüllen (etwa Beiträge zu Sozialversicherungen oder zum Gemeinwohl geleistet haben). Auch wenn Menschen eine geringe Kontrolle über ihre Situation der Hilfsbedürftigkeit unterstellt wird (wie bei älteren Menschen häufig der Fall) und ihre Einstellung als angemessen beurteilt wird (z. B. Dankbarkeit signalisiert), wird eine staatliche Unterstützung als legitimer angesehen, als wenn dies nicht der Fall ist. Des Weiteren ist die soziale Nähe zur beurteilenden Person von Relevanz (etwa hinsichtlich Herkunft und Staatsangehörigkeit). Die genannten Kriterien der Deservingness sind somit Anker, an denen sich selektive gesellschaftliche Solidaritäten orientieren. In ähnlicher Form beurteilen Street-Level Bureaucrats anhand bestimmter Signale die individuelle Deservingness der Bürger*innen, mit denen sie interagieren (Altreiter/Leibetseder 2015; Senghaas 2021).
Forschungsbefunde zu Sanktionen legen nahe, dass insbesondere die Zuschreibung von Verantwortlichkeit als Dimension der Deservingness das Sanktionieren beeinflusst. In einer Vignettenstudie entschieden sich Mitarbeitende der norwegischen Sozialverwaltung deutlich seltener für eine Sanktion, wenn sie fiktiven Leistungsberechtigten eine geringe Kontrolle über die Situation unterstellten, als wenn sie den Regelverstoß als Ausdruck mangelnden Willens interpretierten (Torsvik et al. 2022). Eine Zuschreibung von geringer Kontrolle vermuten Gschwind et al. (2022) auch hinter dem Befund, dass Leistungsberechtigte, die erst wenige Jahre in Deutschland leben, seltener sanktioniert werden als in Deutschland geborene Leistungsberechtigte. Aus Interviews mit Jobcentermitarbeitenden folgern die Autor*innen, dass Vermittlungsfachkräfte insbesondere Geflüchteten eine geringe Kontrolle über ihre Situation zuschreiben (etwa, weil diese noch mit Anforderungen des Spracherwerbs konfrontiert sind) und dies mit geringer ausgeprägten Aktivierungsanforderungen einhergeht.
2.3 Die Sanktionspraxis von Vermittlungsfachkräften in Jobcentern
In den vergangenen Jahren haben sich die Rahmenbedingungen des Sanktionshandelns in den Jobcentern mehrfach verändert. Nach einer Entschärfung der Sanktionsregeln im Anschluss an ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende 2019 folgten die Coronapandemie, ein Sanktionsmoratorium und die Einführung des Bürgergeldes Anfang 2023, dessen Sanktionsregeln im April 2024 wieder verschärft wurden. Auch die Sanktionstätigkeit hat sich verändert, zumindest wenn man auf die Anzahl monatlich neu verhängter Sanktionen blickt. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und in der ersten Phase der Coronapandemie ging diese gegenüber den Vorjahren deutlich zurück (Bernhard et al. 2023). Nach dem Ende des Moratoriums und der Einführung des Bürgergeldes hat die Sanktionstätigkeit wieder zugenommen. Sie verblieb jedoch auf einem deutlich niedrigeren Niveau als vor den genannten Entwicklungen (Stand: Juli 2024, Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2024).
Verhängte Sanktionen sind allerdings nur ein Ausschnitt der Sanktionspraxis in Jobcentern. Internationale Studien zu den sogenannten Ex-ante-Wirkungen von Sanktionen belegen, dass Leistungsberechtigte ihr Verhalten daran ausrichten, Sanktionen zu vermeiden, sobald sie über die Möglichkeit von Sanktionen informiert werden (Arni et al. 2022; Lombardi 2019). Wright and Patrick zeigen zudem, dass bereits das Wissen um Sanktionsmöglichkeiten bei Begegnungen mit Vermittlungsfachkräften zu Angst und Misstrauen führen kann (2019: 606–607). Somit ist davon auszugehen, dass die Bedeutung von Sanktionsmöglichkeiten für Leistungsberechtigte deutlich über tatsächlich ausgesprochene und auch über angedrohte Sanktionen hinausreicht. Auch für Vermittlungsfachkräfte geht es maßgeblich um die Möglichkeit, sanktionieren zu können (Götz et al. 2010). In Befragungen positionierten sie sich zuletzt kritisch zur temporären Aussetzung von Sanktionen während der Coronapandemie (Beckmann et al. 2021) sowie zu verminderten Sanktionsmöglichkeiten im Bürgergeld (Beckmann et al. 2024). Gleichzeitig belegen Studien zur Beratungspraxis, dass Vermittlungsfachkräfte in Beratungsgesprächen zurückhaltend sind, was das Aussprechen von Sanktionen betrifft (Karl et al. 2011) und generell Konflikte mit Leistungsberechtigten vermeiden (Böhringer/Karl 2015). Mit dieser Zurückhaltung bearbeiten die Vermittlungsfachkräfte Widersprüche ihres sogenannten doppelten Mandats, das ihnen sowohl vertrauensbasierte Beratungs- als auch sanktionsbewehrte Kontrollaufgaben zuweist (Göckler 2010; Kolbe 2012).
Die Nutzung von Handlungsspielräumen im Umgang mit Sanktionen ist für Vermittlungsfachkräfte eine Möglichkeit, mit dieser Widersprüchlichkeit umzugehen. Formale Handlungsspielräume ergeben sich aus den Rechtsnormen des SGB II. Diese unterscheiden zwischen Meldeversäumnissen (§ 32 SGB II) – also nicht wahrgenommenen Terminen – und Pflichtverletzungen. Pflichtverletzungen liegen vor, wenn Leistungsberechtigte verbindlich festgehaltene Absprachen, etwa zu Bewerbungsbemühungen, nicht einhalten oder eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder arbeitsmarktpolitische Maßnahme nicht antreten oder abbrechen (§ 31 SGB II). Vor Verhängung einer Sanktion müssen Vermittlungsfachkräfte prüfen, ob ein „wichtiger Grund“ das Verhalten der Leistungsberechtigten rechtfertigt. Aus diesem Auftrag ergeben sich Beurteilungsspielräume hinsichtlich der Sanktionstatbestände (zu Beurteilungs- und Ermessensspielräumen vgl. Fehmel 2017). Seit der Neuordnung der Sanktionsregeln infolge des Bundesverfassungsgerichtsurteils müssen Vermittlungsfachkräfte darüber hinaus beurteilen, ob eine Sanktion im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, da in diesem Fall die Leistungen nicht gemindert werden. Zudem müssen Sanktionen seither vorzeitig beendet werden, sobald Leistungsberechtigte ihren Mitwirkungspflichten nachkommen.
Neben den formalen Handlungsspielräumen besitzen Vermittlungsfachkräfte informelle Handlungsspielräume im Umgang mit Sanktionen. Vermittlungsfachkräfte bringen das mit Sanktionen verbundene Drohpotenzial unterschiedlich stark zur Geltung und informieren Leistungsberechtigte in unterschiedlichem Umfang über die Sanktionsmöglichkeiten des Jobcenters und deren Grenzen – etwa darüber, welche Tatbestände (nicht) sanktionierbar sind und welche Möglichkeiten es gibt, Sanktionen abzuwenden. Des Weiteren beeinflussen Vermittlungsfachkräfte durch ihr Handeln die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Sanktionstatbestands. Sie vergeben mehr oder weniger häufig Termine, legen konkrete Mitwirkungspflichten wie nachzuweisende Bewerbungsbemühungen oder Maßnahmenteilnahmen verbindlich fest und unterbreiten mehr oder weniger Stellenangebote, auf die sich Leistungsberechtigte bewerben sollen (Ames 2009: 15–16; Schütz et al. 2011).
2.4 Zwischenfazit
Zusammenfassend lassen sich aus dem Forschungsstand zu Rollenverständnissen, Kategorisierungs- und Sanktionspraktiken von Vermittlungsfachkräften in Jobcentern folgende Schlussfolgerungen für die empirische Analyse ableiten:
Erstens besteht eine vergleichsweise breite empirische Evidenz dafür, dass Vermittlungsfachkräfte ihre Arbeit unterschiedlich ausdeuten. Die vorgestellten Typologien der Rollenorientierungen (Eberwein/Tholen 1987), Deutungsmuster (Ludwig-Mayerhofer et al. 2009) und Handlungsmuster (Grimm/Plambeck 2013) stellen Versuche dar, diese empirische Varianz zu systematisieren. Trotz unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen im Detail lässt sich festhalten, dass die Deutungen von Arbeitslosigkeit und von der Rolle der öffentlichen Arbeitsverwaltung mit typischen Mustern der Ausgestaltung von Beratungsgesprächen, der zum Einsatz kommenden Mittel und der Einschätzungen der Leistungsberechtigten verknüpft sind. Daher rekonstruieren wir in unserer empirischen Analyse zunächst das professionelle Rollenverständnis der Vermittlungsfachkräfte.
Zweitens deutet die Befundlage darauf hin, dass die Sichtweise auf und die Umgangspraxis mit Sanktionen ein Aspekt der variierenden Denk- und Handlungsmuster von Vermittlungsfachkräften sind. Die vorliegenden Studien sind diesbezüglich jedoch wenig systematisch. Eine umfassende Betrachtung des Sanktionshandelns, das die Nutzung von Handlungsspielräumen im Umgang mit Sanktionen und Sanktionsmöglichkeiten einschließt, liegt bislang nicht vor.
Drittens deutet sich an, dass Kategorisierungspraktiken ein Bindeglied zwischen dem beruflichen Rollenverständnis von Vermittlungsfachkräften und ihrem Sanktionshandeln darstellen. Sanktionsentscheidungen beruhen auf der Kategorisierung von Leistungsberechtigten als sanktionswürdig. Wir gehen somit davon aus, dass das professionelle Rollenverständnis der Vermittlungsfachkräfte über Kategorisierungen mit dem Sanktionshandeln verknüpft ist. Diese Zusammenhänge werden wir empirisch untersuchen und systematisieren.
3 Daten und Methode
Die empirische Grundlage unserer Analyse bilden Interviews mit Jobcentermitarbeitenden sowie teilnehmende Beobachtungen von Beratungsgesprächen zwischen Vermittlungsfachkräften und Leistungsberechtigten. Wir haben Erhebungen in insgesamt acht Jobcentern durchgeführt, die auf Grundlage von Kontrastkriterien (Siedlungsdichte, Organisationsform und Sanktionsquote) ausgewählt wurden. Die acht Jobcenter befinden sich in Groß- und Mittelstädten sowie im ländlichen Raum in Ost- und Westdeutschland. Sechs Jobcenter sind gemeinsame Einrichtungen der BA und der Kommune, während sich zwei in alleiniger Trägerschaft der Kommune befinden. Zum Zeitpunkt der Erhebungsplanung wiesen sie durchschnittliche, über oder unter dem Durchschnitt liegende Sanktionsquoten (Anteil von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit mindestens einer Sanktion an allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten) in den von der Statistik der BA bereitgestellten Daten aus.
Zwischen Februar 2021 und Februar 2022 haben wir zunächst 20 Interviews mit Mitarbeitenden unterschiedlicher Ebenen in fünf Jobcentern geführt. Inhaltliche Schwerpunkte der Interviews waren die Rolle von Sanktionen in der Beratung und Vermittlung sowie Veränderungen, die sich aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil und der Coronapandemie ergeben haben. Aufgrund der Pandemie fanden die Interviews telefonisch oder per Videotelefonie statt. Die Interviews dauerten zwischen 55 und 150 Minuten. Für die Beantwortung unserer Forschungsfrage nach dem Zusammenhang zwischen dem Rollenverständnis, Kategorisierungspraktiken und dem Sanktionshandeln sind in erster Linie Vermittlungsfachkräfte relevante Akteure. Daher fokussiert sich unsere Analyse auf Interviews mit Fachkräften aus dem Bereich Beratung und Vermittlung. Gespräche mit Teamleitungen und Mitarbeitenden angrenzender Bereiche wie etwa der Leistungssachbearbeitung nutzen wir zur Kontextualisierung.
Im Zeitraum April bis Juli 2023 begleiteten wir darüber hinaus jeweils tageweise 16 Vermittlungsfachkräfte aus drei weiteren Jobcentern und nahmen an den Beratungsgesprächen teil, die an diesem Tag stattfanden. Auf diese Weise konnten wir 30 Beratungsgespräche teilnehmend beobachten (null bis vier Beratungsgespräche pro begleitete Vermittlungsfachkraft) und 27 davon aufzeichnen. Die kürzeste Aufzeichnung eines Beratungsgesprächs umfasst 9 Minuten, die längste 78 Minuten. Zudem fertigten wir Beobachtungsprotokolle der Beratungsgespräche an, in denen wir beispielsweise Handlungen und nonverbale Äußerungen der beteiligten Personen festhielten.
Im Anschluss an den Beobachtungstag führten wir jeweils ein Interview mit der Vermittlungsfachkraft, bei der wir den Tag verbracht hatten. Wir baten um eine Einordnung der beobachteten Gespräche sowie um eine Einschätzung zur grundsätzlichen Relevanz von Sanktionen in den beobachteten Fallkonstellationen. Die Dauer dieser Interviews variierte stark (7 bis 98 Minuten), da in einigen Fällen am Ende des Beobachtungstages nur wenig Zeit verlieb, in anderen Fällen – zum Beispiel, wenn Beratungsgespräche entfielen – reichlich Zeit zur Reflexion im Interview zur Verfügung stand. Da Terminversäumnisse der häufigste Grund für Sanktionen sind, boten auch diese nicht beobachteten Fallkonstellationen einen Anknüpfungspunkt für die anschließenden Interviews.
Die aufgezeichneten Interviews und Beratungsgespräche wurden vollständig transkribiert. Das Datenmaterial haben wir in gemeinsamen Interpretationssitzungen im Anschluss an die Dokumentarische Methode ausgewertet und dabei das implizit handlungsleitende Wissen der Vermittlungsfachkräfte sowie deren explizite Deutungen im Rahmen der Begegnung mit Leistungsberechtigten rekonstruiert (vgl. Bohnsack et al. 2007). Aus der Art und Weise, wie Vermittlungsfachkräfte über ihre Arbeit und über Leistungsberechtigte sprechen, konnten wir idealtypische professionelle Rollenverständnisse sinngenetisch rekonstruieren (vgl. Bohnsack et al. 2019). Anhand der von Vermittlungsfachkräften in Interviews beschriebenen Fallkonstellationen sowie der beobachteten Beratungsgespräche konnte darüber hinaus ein unterschiedlicher Umgang mit Sanktionen offengelegt werden. Darauf aufbauend haben wir das Material vergleichend mit Blick auf die Frage ausgewertet, welche Kategorisierungspraktiken den Erfahrungen und Routinen der Vermittlungsfachkräfte zugrunde liegen und wie diese das Sanktionshandeln anleiten.
4 Rollenverständnisse, Kategorisierungspraktiken und Sanktionshandeln von Vermittlungsfachkräften
Aus unserer Analyse sind drei professionelle Rollenverständnisse hervorgegangen, die wir als administrativ, optimierend und sozialarbeiterisch bezeichnen. Es handelt sich dabei um grundsätzliche Denkweisen, die das berufliche Handeln strukturieren. Wir fokussieren die nachfolgende Darstellung auf den jeweiligen Idealtypus der drei Rollenverständnisse.
4.1 „Das ist meine Aufgabe, das ist mein Job, und dann mach ich das auch“ – Sanktionshandeln im administrativen Rollenverständnis
Selbstverständnis
Als administratives Rollenverständnis bezeichnen wir eine Sichtweise auf die eigene Arbeit, bei der die Ausrichtung an Regeln und Verfahren im Vordergrund steht. Vermittlungsfachkräfte verstehen sich als Vertreter*innen einer Behörde, die für die Umsetzung gesetzlich verankerter Aufgaben zuständig ist. Damit einher geht eine gewisse Distanz zu den Leistungsberechtigten. Zwar halten sich Vermittlungsfachkräfte in den Beratungsgesprächen an Normen des höflichen Umgangs, gestalten also beispielsweise Gesprächseröffnung und -abschluss positiv und lachen bei scherzhaften Anmerkungen von Leistungsberechtigten. Doch eine Beziehungsarbeit im engeren Sinn ist kaum erkennbar. Vermittlungsfachkräfte legen die Gesprächsagenda fest, fokussieren die Beratungsgespräche auf diejenigen Punkte, die zur Bearbeitung organisationsinterner Vorgaben notwendig sind und lassen sich kaum auf Exkurse der Leistungsberechtigten zu anderen Themen ein.
Eine Orientierung an Regeln und Verfahren wurde bereits von Eberwein und Tholen (1987) in ihrer älteren Typologie als ein Handlungsmodus von Vermittlungsfachkräften identifiziert („Bürokrat*innen“). In unserem administrativen Rollenverständnis spielt zusätzlich die Identifikation mit dem Aktivierungsparadigma eine entscheidende Rolle. Insofern ergibt sich ein Anschluss an das Deutungsmuster des „technokratischen Aktivierens“ der jüngeren Typologie von Ludwig-Mayerhofer et al. (2009, insbesondere 113–128). Dieses Rollenverständnis offenbart sich, wenn eine befragte Vermittlungsfachkraft ihr Aufgabengebiet der Arbeitsvermittlung wie folgt beschreibt: „Es geht um die Motivation unserer Kunden, um die Hilfe, gerade auch bei der Stellensuche oder auch manchmal bei Bewerbungen. Und oftmals ist es auch ein Anschubsen, weil manch einer möchte sich nicht von der Stelle bewegen“ (Int_19_JC5). Neben unmittelbaren Vermittlungsdienstleistungen (Hilfe bei der Stellensuche) ist es Kern der eigenen Aufgabe, Leistungsberechtigte zur Überwindung von Verhaltensdefiziten – insbesondere motivationaler Natur – zu bewegen.
Kategorisierungen: Vermittelbare und andere Fälle
Im administrativen Rollenverständnis sortieren Vermittlungsfachkräfte die Vielfalt der von ihnen bearbeiteten „Fälle“ zunächst entlang formaler Kriterien. Sie unterscheiden beispielsweise zwischen arbeitslosen Leistungsberechtigten und solchen, die neben einer Erwerbstätigkeit ergänzend Leistungen beziehen, Alleinerziehenden, Geflüchteten, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, Jüngeren oder Älteren (Int_5_JC2; Int_19_JC5; KI_JC6_3; KI_JC7_1)[1]. Als gemeinsame Linie zieht sich durch diese Sortierungen, dass sie entlang der Zugriffsmöglichkeit und der Bearbeitbarkeit durch die Arbeitsvermittlung verlaufen. Die Bearbeitbarkeit wird dabei als Vermittelbarkeit definiert. Hier setzen die als Kern der Aufgabe verstandenen Mittel – Unterstützung bei der Stellensuche und Bearbeitung von Motivationsdefiziten – an.
In der Beschreibung von Leistungsberechtigten ist diese Bearbeitbarkeit im administrativen Rollenverständnis die vorgestellte Normalität. Fallkonstellationen, in denen zumindest temporär kein Ansatzpunkt für eine Vermittlungsdienstleistung oder eine Aktivierung besteht, weichen von dieser vorgestellten Normalität ab. Jenseits des Sprachkurses könne man beispielsweise bei Geflüchteten „einfach eh noch nicht mehr machen“ (KI_JC7_1), und wenn Leistungsberechtigte durch entsprechende Nachweise ihre temporäre Arbeitsunfähigkeit belegen, gehe es lediglich darum, die „Kontaktdichte“ (KI_JC7_1) zu wahren.
Ausnahmen von Aktivierungsanforderungen sind also möglich, sofern Leistungsberechtigte anhand in der Organisation gültiger Kriterien ihren Status als temporär nicht aktivierbar nachweisen. Neben diesen Kriterien leitet die Zuschreibung von Deservingness das Handeln an. Dies wird deutlich, wenn eine Vermittlungsfachkraft erläutert, ältere Leistungsberechtigte „nicht unbedingt mehr in Richtung Arbeit bringen“ zu müssen, und Alleinerziehenden mit Kindern auch über das gesetzlich vorgeschriebene Alter von drei Jahren hinaus eine eingeschränkte Aktivierbarkeit bescheinigt (Int_19_JC5). Diesen Personengruppen wird, so lassen die Ausführungen vermuten, eine geringe Kontrolle über ihre Situation attestiert, und sie werden in der Folge zumindest in Teilen von Aktivierungsanforderungen ausgenommen.
Sanktionshandeln: Sanktionen als Normalität
Auch für das Sanktionshandeln sind Zuschreibungen von Deservingness relevant. Den Umgang mit Sanktionen beschreiben Vermittlungsfachkräfte im administrativen Rollenverständnis generell als Ausführung von Regeln und Verfahren. Sanktionen werden als regulärer Bestandteil der Vermittlungsarbeit dargestellt, zumindest für diejenigen Leistungsberechtigten, denen Vermittlungsfachkräfte grundsätzlich Vermittelbarkeit zuschreiben. „Das ist meine Aufgabe, das ist mein Job, und dann mach ich das auch“ (KI_JC7_1) – so bringt eine befragte Vermittlungsfachkraft diese Sichtweise auf das Sanktionieren auf den Punkt. Mögliche Folgen einer Sanktion spielen in den Interviews kaum eine Rolle. Wichtig ist, Sanktionsentscheidungen hinsichtlich formaler Anforderungen zu prüfen und zu begründen, sodass sie bei Klagen seitens der Leistungsberechtigten vor Gericht Bestand haben.
Dass Sanktionen als regulärer Bestandteil der Vermittlungsarbeit begriffen werden, bedeutet nicht, dass Vermittlungsfachkräfte Sanktionsmöglichkeiten in jedem Beratungsgespräch umfassend erläutern. Dennoch bilden sie eine Hintergrundfolie für die Begegnung mit Leistungsberechtigten. „Also ich habe keine Lust, jemandem zu drohen damit. Ich will, dass jemand grundsätzlich weiß, dass es so was gibt“ (Int_5_ JC2), fasst eine Vermittlungsfachkraft diese Position zusammen. Werden Sanktionsmöglichkeiten in Beratungsgesprächen thematisiert, so werden sie als Automatismus dargestellt (z. B. B_7_JC6): Halten sich Leistungsberechtigte nicht an Vereinbarungen und führen einen sanktionswürdigen Tatbestand herbei, führt dieser zu einer Sanktion.
Auch in den Interviews stellen Vermittlungsfachkräfte ihre Handlungsspielräume im Umgang mit Sanktionen als gering dar. Die Prüfung eines wichtigen Grundes und einer außergewöhnlichen Härte sowie die entsprechende Dokumentation werden nicht als Handlungsspielräume, sondern als notwendige Schritte eines den formalen Anforderungen genügenden Sanktionsprozesses eingeführt. Informelle Handlungsspielräume kommen selten explizit zur Sprache. Dort, wo diese thematisiert werden, offenbart sich die Verschränkung mit der Zuschreibung von Deservingness und einer daraus abgeleiteten Kategorisierung als sanktionswürdig oder nicht sanktionswürdig. Nach einem Terminversäumnis könne sie entweder unmittelbar eine Anhörung verschicken – also den ersten Schritt eines Sanktionsprozesses einleiten – oder zunächst einen weiteren Termin anberaumen, erläutert eine befragte Vermittlungsfachkraft. Den letztgenannten Weg wähle sie „zum Beispiel jetzt bei Kunden, die eigentlich immer, immer kommen und wo ich sage, es kann doch mal sein, der hat die Einladung überhaupt nicht erhalten. Und ich möchte ihm nicht sofort mit einer Anhörung reinknallen“ (Int_5_JC2). Hier erfolgt eine Bezugnahme auf eine Form der Deservingness, die Jilke und Tummers (2018) als earned Deservingness bezeichnen: Demonstrieren Leistungsberechtigte Zuverlässigkeit und Mitwirkungsbereitschaft gegenüber dem Jobcenter, erarbeiten sie sich die Nachsicht der Vermittlungsfachkräfte.
Reagieren Leistungsberechtigte hingegen wiederholt nicht auf Termine oder auf Anhörungen, nennen also keinen Grund für ein Meldeversäumnis oder den Abbruch einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, deuten Vermittlungsfachkräfte dies als Desinteresse oder als Zeichen dafür, dass sich Leistungsberechtigte bewusst der Bearbeitung durch die Arbeitsvermittlung „entziehen“ (Int_5_JC2). Mögliche persönliche Hemmnisse, die beispielsweise aus geringem Systemwissen, Scham oder Sprachbarrieren resultieren können, werden als Erklärungen nicht in Betracht gezogen. Dass Leistungsberechtigte gesetzliche Regelungen kennen und in der entsprechenden Situation auf dieses Wissen zugreifen können, setzen Vermittlungsfachkräfte voraus.
4.2 „Ich sanktioniere nicht direkt beim ersten Mal … Wenn es aber regelmäßig vorkommt, dann ist es irgendwann NICHT mehr okay“ – Sanktionshandeln im optimierenden Rollenverständnis
Selbstverständnis
Eine zweite, empirisch abgrenzbare Denk- und Handlungsweise bezeichnen wir als optimierendes Rollenverständnis. Ähnlich wie im administrativen Rollenverständnis sehen es Vermittlungsfachkräfte auch hier als ihre vorrangige Aufgabe an, Leistungsberechtigte zur Aufnahme einer Erwerbsarbeit zu aktivieren, indem konstatierte Defizite abgebaut werden. Eine befragte Person beschreibt dies folgendermaßen:
Es sind einfach die problembehafteten Leute da. Leute, die Vermittlungshemmnisse mitbringen, die vielleicht gar nicht in einem ersten Schritt in die Arbeitsvermittlung gehen, sondern das einfach irgendwo im ersten Moment mal hintenangestellt wird. In erster Linie erst mal die Vermittlungshemmnisse beseitigt werden müssen, damit man dann irgendwann später an eine Arbeitsvermittlung denken kann. (KI_JC7_3)
Anders als im administrativen Rollenverständnis ist hier also nicht die Vermittelbarkeit die vorgestellte Normalität, sondern gerade die Noch-nicht-Vermittelbarkeit. Darüber hinaus liegt ein anderes Verständnis der Defizite zugrunde. Im administrativen Rollenverständnis stehen motivationale Defizite im Vordergrund, während Vermittlungsfachkräfte im optimierenden Rollenverständnis ein breites Spektrum sogenannter Vermittlungshemmnisse schildern. Diese umfassen geringe Deutschkenntnisse und geringe Schulbildung ebenso wie Schulden, Sucht und psychische Erkrankungen. Diese Fehlanpassungen aufzulösen und den meist als temporär verstandenen Zustand der Nicht-Vermittelbarkeit zu überwinden, begreifen Vermittlungsfachkräfte im optimierenden Rollenverständnis als Kern ihrer Aufgabe. Typisch ist zudem die Betonung der Prozesshaftigkeit von Arbeitsmarktintegration: Zwischenzeiten, in denen die Leistungsberechtigten dem Arbeitsmarkt zunächst nicht oder nicht in vollem Umfang zur Verfügung stehen, werden zum Wohle längerfristiger Ziele hingenommen. Dieses längerfristige Ziel ist insbesondere, Leistungsberechtigten zu einer ‚guten‘ Arbeit zu verhelfen – wobei meist die Vermittlungsfachkräfte definieren, was diese ‚gute‘ Arbeit auszeichnet (B_5_JC6).
Bei der Bearbeitung der Defizite, die einer Verwertbarkeit der Arbeitskraft im Weg stehen, kommt arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen eine wichtige Bedeutung zu. Sie sind das Werkzeug der Optimierung. Dieser Fokus auf den „Faktor Arbeitsmarkt“ (Eberwein/Tholen 1987: 121) und auf arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wurde bereits in früheren Arbeiten beobachtet. Anders als bei der Rollenorientierung der „Berater*innen“ bilden jedoch im optimierenden Rollenverständnis nicht die Leistungsberechtigten den Referenzpunkt des Handelns, sondern der Arbeitsmarkt. Es geht weniger darum, die beruflichen Interessen der Leistungsberechtigten zu ergründen und sie folglich weiterzuentwickeln, sondern es sollen Defizite beseitigt werden, die der Teilnahme am Arbeitsmarkt im Weg stehen.
Kategorisierung nach dem Entwicklungspotenzial
Vermittlungsfachkräfte mit einem optimierenden Rollenverständnis kategorisieren Leistungsberechtigte vorrangig nach ihrem Entwicklungspotenzial. Zentrale Kriterien sind hierbei die Fähigkeiten und die Motivation. Sie nehmen damit Bezug auf institutionell vorgegebene Kategorien, die beispielsweise in der Potenzialanalyse zu bewerten sind. Diese Kategorien werden jedoch im Arbeitsalltag individuell ausgedeutet.
Das optimierende Rollenverständnis ist dadurch gekennzeichnet, dass Vermittlungsfachkräfte Fähigkeiten grundsätzlich als entwickelbar, Motivation hingegen als Grundvoraussetzung für eine Optimierung ansehen. Dementsprechend sehen sie diejenigen Leistungsberechtigten als unproblematisch oder normal an, die ihnen gegenüber Motivation performieren. Problematisiert werden im Vergleich dazu diejenigen Leistungsberechtigten, die keine Motivation zeigen, da damit die Optimierbarkeit infrage steht.
Einen Einblick in diese Kategorisierungspraktik gewähren Ausführungen einer Vermittlungsfachkraft, die eine sinkende Motivation von Geflüchteten im Leistungsbezug bei der Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen konstatiert. Die Beratung von Leistungsberechtigten, die aus Kriegs- und Krisenregionen nach Deutschland geflohen sind, hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Sie ist mittlerweile Teil des Arbeitsalltags im Jobcenter und wird in den Interviews auch als alltäglich besprochen. Die Beratung findet teilweise in spezialisierten Teams statt. Eine Vermittlungsfachkraft eines solchen Teams schildert, für sie sei es ein erster Hinweis auf fehlende Motivation, wenn sie in den regelmäßigen Beratungsgesprächen keine Verbesserung im Sprachniveau erkenne. In diesem Fall ergründe sie, inwiefern dies tatsächlich auf fehlende Motivation zurückzuführen sei:
Ja, und da merkt man anhand der Gespräche, dass die Motivation nicht da ist oder keine Verbesserung ersichtlich ist. Und daran mache ich auch dann die Motivation [fest], okay, wo hapert es genau. KANN sie es nicht oder kann er es nicht, weil einfach eine Schulbildung fehlt? Das ist für mich ein Grund zu akzeptieren. Aber wenn das jetzt so ist, wenn alles da ist, aber, ja, es klappt einfach nicht, weil die Fehlzeiten vorhanden sind, krankheitsbedingt, ja, sind so Faktoren. (KI_JC6_2)
Neben der Nichtteilnahme am Sprachkurs – entschuldigt („krankheitsbedingt“) oder nicht – werden also die individuellen Voraussetzungen der Leistungsberechtigten in die Bewertung der Motivation einbezogen. Wenn Vermittlungsfachkräfte ein (Noch-)Nicht-Können unterstellen (im hier dargestellten Fall bedingt durch fehlende Lernerfahrung), signalisieren ausbleibende Lernerfolge nicht zwangsläufig die zu problematisierende, fehlende Motivation.
Sanktionen als Werkzeug
Neben arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen können auch Sanktionen ein Mittel zur Bearbeitung von Leistungsberechtigten im Sinne einer Optimierung sein. Dementsprechend führen Vermittlungsfachkräfte Sanktionen als „Werkzeug“ oder „Instrument“ ein (Int_3_JC1), das fallspezifisch eingesetzt wird. Für diesen fallspezifischen Umgang mit Sanktionen sind Handlungsspielräume von entscheidender Bedeutung. Sanktionen werden zwar ebenso wie im administrativen Rollenverständnis als legitimer und regulärer Bestandteil der eigenen Tätigkeit eingeführt, doch sie folgen keinem Automatismus, sondern sind Ergebnis einer eigenen Entscheidung, wie das folgende Zitat veranschaulicht:
Ich sanktioniere nicht direkt beim ersten Mal, zum Beispiel beim ersten Mal Termin vergessen, sondern da kriegt man eine zweite Einladung, kann sich erklären, kann sagen, ups, hab ich vergessen, kommt nicht wieder vor. Und dann ist das für mich erst mal okay. Wenn es aber regelmäßig vorkommt, dann ist es irgendwann NICHT mehr okay. (KI_JC6_5)
Die Beurteilung der Fähigkeiten und der Motivation leiten das Sanktionshandeln an. Wird Leistungsberechtigten aufgrund (noch) nicht vorhandener Fähigkeiten eine geringe Kontrolle unterstellt, werden diese als nicht sanktionswürdig kategorisiert und Vermittlungsfachkräfte nutzen formale und informelle Handlungsspielräume, um Sanktionen zu vermeiden. Auf die Frage, ob Sanktionen bei den Leistungsberechtigten eine Rolle spielen könnten, deren Beratungsgespräche die Interviewerin beobachtet hat, erläutert eine Vermittlungsfachkraft:
Man muss ja auch schauen bei der Person, was hat sie für einen Background, ja? Keine Schulbildung, also ihr fällt das Lernen schon mal schwer, ja, und das sind halt für mich keine Kunden jetzt, da in Richtung Sanktion zu denken. Ja, okay. Sie schafft es einfach nicht, dann schafft sie es nicht. Das sind halt personenliegende Gründe, das hat jetzt nicht mit der fehlenden Motivation an sich zu tun. (KI_JC6_2)
Die fehlende Schulbildung wird hier nicht unmittelbar mit einem Mangel an Motivation in Verbindung gebracht, da diesen Leistungsberechtigten eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit zugeschrieben wird. Daher sind Sanktionen kein adäquates Mittel. Demgegenüber kategorisieren Vermittlungsfachkräfte Leistungsberechtigte als sanktionswürdig, wenn sie ihnen die Motivation und damit die Optimierbarkeit absprechen. Dann sind, wie eine andere befragte Vermittlungsfachkraft erklärt, Sanktionen „irgendwo ein gutes Instrument“, von dem man sich erhofft, „dass ich ihn [den Leistungsberechtigten] damit dann an den Tisch bekomme“ (Int_3_JC1).
Diese Perspektive auf die Sanktion als Werkzeug zur Optimierung umfasst auch den Umgang mit Sanktionsmöglichkeiten. Zwar berichten Vermittlungsfachkräfte, gerade in den ersten Gesprächen mit Leistungsberechtigten auf Sanktionen zu verzichten, um den Aufbau einer konstruktiven Arbeitsbeziehung nicht zu gefährden, doch gleichzeitig verbinden sie dies mitunter mit dem Appell, zukünftig mitzuwirken. Im Interview beschreibt eine befragte Person, wie sie diesen Apell im Beratungsgespräch kommuniziert: „Ich akzeptiere Ihre Gründe, das ist jetzt sozusagen Ihr Freischuss. Aber ab sofort erwarte ich eine gute Zusammenarbeit und auch die Mitwirkung“ (Int_3_JC1). Dieses Handlungsmuster – den Verzicht auf Sanktionsmöglichkeiten zur Aktivierung zu nutzen – beobachtete bereits eine frühere Studie (Karl 2014: 88–90). Für das optimierende Rollenverständnis ist dieses Handlungsmuster idealtypisch, da die Sanktion als Mittel zur Erreichung von Zielen eingeführt wird. Das Handlungsmuster wird jedoch auch in Interviews mit Vermittlungsfachkräften thematisiert, denen wir vorrangig ein anderes Rollenverständnis zuschreiben.
4.3 „Sobald die Bürger und Bürgerinnen merken, dass hier auch nur Menschen sitzen, funktioniert es eigentlich immer“ – Sanktionshandeln im sozialarbeiterischen Rollenverständnis
Selbstverständnis
Das dritte rekonstruierte Rollenverständnis, das wir als sozialarbeiterisch benennen, zeichnet sich idealtypisch durch eine Orientierung an den Interessen und Bedürfnissen der Leistungsberechtigten aus. Es weist Gemeinsamkeiten mit dem von Eberwein und Tholen (1987) beschriebenen Typus der Sozialarbeiter*innen auf. Gleichzeitig zeigt es insofern Parallelen zu den Handlungsmustern „Unterstützen“ und „Beraten“ der jüngeren Typologie von Grimm und Plambeck (2013), als der Autonomie der Leistungsberechtigten ein hoher Stellenwert zugeschrieben wird. Im sozialarbeiterischen Rollenverständnis ist für Vermittlungsfachkräfte die Bearbeitung von Weiterbildungsneigungen, arbeitsmarktvorgelagerten Vermittlungshemmnissen und die Auseinandersetzung mit individuellen (Wert-)Haltungen der Leistungsberechtigten Arbeitsalltag. Dies äußert sich im Vermittlungshandeln etwa darin, dass die Vermittlungsgespräche nicht primär als Rahmen der Arbeitsvermittlung ausgestaltet sind, sondern, wie eine befragte Person es ausdrückt,
dass ich generell den Kontakt halte, und wenn es auch nur so Alltäglichkeiten sind, worüber ich mit ihm sprech, eben zum Beispiel, wie es ihm gerade gesundheitlich geht oder ob das Aufstehen geklappt hat, oder der Draht gerade zur Familie ist. Dass man da halt so ein bisschen wenigstens raushört, wie gerade die Rahmenbedingungen so sind. Und auch so ein bisschen auch dem Kunden vielleicht zeigt, dass er einem jetzt nicht egal ist, und zugleich aber durch die Informationen was für die Arbeitsvermittlung langfristig WICHTIGES halt auch noch mit in Erfahrung gebracht wird. (KI_JC7_6)
In diesem Zitat offenbart sich die Prioritätensetzung klar: Es geht zunächst um Beziehungsarbeit, die einem Vermittlungshandeln vorgelagert ist. Vertrauen als relevante Kategorie des gegenseitigen Verständnisses wird hier als Folge derartiger Beziehungsarbeit relevant. Dass diese Beziehungsarbeit gelingt, ist für Vermittlungsfachkräfte mit einem sozialarbeiterischen Rollenverständnis essenziell und entspricht ihrer Maxime, sich stets adäquat auf den Einzelfall einzustellen. In den beobachteten Vermittlungsgesprächen äußerte sich dies durch die Zugewandtheit den Leistungsberechtigten gegenüber. Idealtypische Vermittlungsfachkräfte mit sozialarbeiterischem Rollenverständnis sitzen den Leistungsberechtigten mit gezücktem Notizblock gegenüber, hören aufmerksam zu und notieren sich – nicht nur arbeitsmarktbezogene – Fallspezifika. Die leistungsberechtigte Person steht im Mittelpunkt des Interesses, nicht der Computer oder eine Liste von Vermittlungsvorschlägen. Den eingebrachten Themen der Leistungsberechtigten wird dabei Relevanz zugesprochen, und zwar nicht nur, wenn diese direkt mit der Aufnahme einer Erwerbsarbeit im Zusammenhang stehen.
Kategorisierungen: Menschen mit individuellen, arbeitsmarktvorgelagerten Vermittlungshemmnissen
Nach den Gesprächen werden handschriftliche Notizen in die elektronischen Fallakten überführt. Erneut zeigt sich hier die individuelle Ausdeutung der durch die Organisation vorgegebenen Bewertungskategorien. Beispielsweise stößt eine beobachtete Vermittlungsfachkraft auf vor einem Zuständigkeitswechsel dokumentierte motivationale Defizite einer leistungsberechtigten Person. Sie entscheidet sich, diese Eintragung zunächst bestehen zu lassen, sie jedoch in den folgenden Gesprächen zu überprüfen.
Vermittlungsfachkräfte mit einem sozialarbeiterischen Rollenverständnis betonen Ideen eines ‚Standardkunden‘ oder bestimmte Gemeinsamkeiten der Leistungsberechtigten in deren Beschreibung nicht weiter. Wenn Leistungsberechtigte etwas gemeinsam haben, dann ist es ein Mangel an Fähig- bzw. Fertigkeiten, der aber in der Regel bearbeitet werden kann. Diese Bearbeitung ist dann (mittel- bis längerfristig) auch das Ziel der eben schon zitierten Vermittlungsfachkraft: „Deswegen muss man auch so realistisch sein und sagen, gut, wir haben diese Fachkräfte nicht oder NOCH nicht, und deswegen ist keine umgehende Integration in den Arbeitsmarkt realistisch. Sondern es bedarf eben weiterer Arbeit.“ (KI_JC7_6)
Die erwähnte „weitere Arbeit“ deutet sich als die oben eingeführte Beziehungsarbeit aus, die dem unmittelbar auf die Aufnahme einer Erwerbsarbeit ausgerichteten Handeln vorgelagert ist. Darüber hinaus verweist das Zitat auf die vorgestellte Zeitlichkeit. Eine kurzfristige Arbeitsaufnahme ist – aus der Perspektive sozialarbeiterisch orientierter Vermittlungsfachkräfte – bei den allermeisten Leistungsberechtigten überhaupt „NOCH“ nicht möglich. Diese Bereitschaft, dem gedachten Gegenüber eine gewisse Zeit einzuräumen, zeigt sich auch bei Leistungsberechtigten, denen Motivation abgesprochen wird. Im Vergleich zu den anderen beiden Rollenverständnissen werden unmotivierte Leistungsberechtigte weniger prominent thematisiert. Zudem ist die Kategorisierung als motiviert oder unmotiviert kaum handlungsleitend. Denn auch bei Leistungsberechtigten, denen sie die Motivation absprechen, sehen es sozialarbeiterisch orientierte Vermittlungsfachkräfte als zielführend an, den Kontakt zu halten und Gesprächsbereitschaft zu signalisieren. Klappt das nicht, normalisieren sozialarbeiterische Vermittlungsfachkräfte auch mal die Möglichkeit, Leistungsberechtigte für eine gewisse Zeit sich selbst zu überlassen, wenn sie zwischenzeitlich keinen Willen zeigen, eine Arbeit aufzunehmen.
Entsprechend teilen sozialarbeiterische Vermittlungsfachkräfte Leistungsberechtigte kaum in Gruppen ‚guter‘ und ‚schlechter‘ Leistungsberechtigter ein. Stattdessen werden deren individuelle Bedürfnisse und Hemmnisse verhandelt. Gemein ist den Leistungsberechtigten lediglich, dass ihnen diese zugesprochen werden, denn „das hat ja einen Grund, warum jemand hier nicht herkommt“ (Int_12_JC3). Der Blick auf die Leistungsberechtigten ist von der Priorisierung einer Beziehungsarbeit und zugesprochenem Vertrauen geprägt. Daraus erwächst die Relevanzsetzung der Fallspezifika einzelner Leistungsberechtigter und nicht deren Kategorisierung über vermeintliche Gruppenzugehörigkeiten.
Sanktionen als strafende Konsequenz
Vermittlungsfachkräfte mit einem sozialarbeiterischen Rollenverständnis betonen besonders stark ihre Handlungsspielräume im Umgang mit Sanktionen. Im Unterschied zum optimierenden Rollenverständnis, wo diese Handlungsspielräume als wichtig für einen fallspezifischen Umgang mit Sanktionen angesehen werden, geht es im sozialarbeiterischen Rollenverständnis primär um die Möglichkeit, nicht zu sanktionieren. Sanktionshandeln kann hier nicht außerhalb der sozialen Beziehungen gedacht werden, in denen Vermittlungsfachkräfte mit den Leistungsberechtigten stehen. Gefragt nach der Relevanz von Sanktionen im Vermittlungsalltag, bringt dies eine Vermittlungsfachkraft, die mehrmals im Interview betont, noch nie sanktioniert zu haben, wie folgt auf den Punkt:
Ich denke nicht, dass es relevant ist, ich denke, wichtig ist, DANN zu hinterfragen, wo hängt es denn jetzt gerade, wo, woran scheitert jetzt die Zusammenarbeit? Liegt es an meiner Beratung oder liegt es vielleicht an der Motivation des Kunden, woran müssen wir arbeiten einfach, dass man da an den richtigen Stellen schaut und ins Gespräch geht. Ich glaube, das ist so das, sobald die Bürger und Bürgerinnen merken, dass hier auch nur Menschen sitzen, funktioniert es eigentlich immer. Ja. (KI_JC8_1)
Sozialarbeiterisch orientierte Vermittlungsfachkräfte gehen davon aus, dass Sanktionen einer erfolgreichen Arbeitsmarktintegration eher im Wege stehen, da sie die soziale Beziehung zu den Leistungsberechtigten gefährden. Gleichermaßen sind sie davon überzeugt, dass finanzielle Einbußen entweder nicht motivierend wirken oder dass davon betroffene Leistungsberechtigte im Notfall ohnehin in der Lage sind, sich zeitlich befristet andernorts Unterstützung zu organisieren.
Durch die soziale Beziehung, die sozialarbeiterisch orientierte Vermittlungsfachkräfte pflegen, entsteht eine gewisse menschliche Nähe in der Institution Jobcenter. Daraus erwachsen Zugriffsmöglichkeiten, die anderen Vermittlungsfachkräften verwehrt bleiben: etwa die Möglichkeit, im Sinne eines Gabentausches an ein gewisses Ehrgefühl der Leistungsberechtigten appellieren zu können oder die vertrauensvolle Beziehung zu nutzen, um näher an die Bedürfnisse der Leistungsberechtigten heranzukommen. Allerdings folgt aus der Einlassung auf diese vergleichsweise tiefe soziale Beziehung mitunter ein Sanktionshandeln, das auf persönlicher Betroffenheit beruht. Denn aufgrund ihres Einsatzes für die Leistungsberechtigten können bei den Vermittlungsfachkräften Gefühle persönlicher Enttäuschung oder Betroffenheit aufkommen, zum Beispiel, wenn die Leistungsberechtigten angebotene Hilfe nicht im Sinne der Vermittlungsfachkraft annehmen. Aus diesen Gefühlen erfolgen dann Abgrenzungsbemühungen, etwa in Form von Sanktionen.
Dementsprechend erzählt eine sozialarbeiterisch orientierte Vermittlungsfachkraft von ihrer letzten Sanktion, die zum Interviewzeitpunkt 2023 vier Jahre zurückliegt, als Resultat der Haltung eines Leistungsberechtigten, der ihres Erachtens nicht mitwirken wollte. Im Interview zitiert sie die Person direkt: „Ich brauche eure Hilfe nicht, ich will nichts“ (KI_JC8_3). Können sozialarbeiterische Vermittlungsfachkräfte einzelne Leistungsberechtigte oder genauer deren Handeln nicht nachvollziehen, greifen sie auf Sanktionen als strafende Konsequenz zurück. Eine Wirkungserwartung verbinden sie damit nicht.
4.4 Zusammenfassung und Diskussion
Aus der Art und Weise, wie Vermittlungsfachkräfte über ihre Arbeit und über Leistungsberechtigte sprechen, haben wir drei idealtypische Rollenverständnisse rekonstruiert. Wir haben eine Orientierung an Regeln und Verfahren (administratives Rollenverständnis), an den Anforderungen des Arbeitsmarktes (optimierendes Rollenverständnis) und an den Interessen und Bedürfnissen der Leistungsberechtigten (sozialarbeiterisches Rollenverständnis) voneinander abgegrenzt. Zur Verdeutlichung haben wir uns in der Darstellung auf den jeweiligen Idealtypus konzentriert. Empirisch fanden wir bei Vermittlungsfachkräften Denk- und Handlungsmuster unterschiedlicher Rollenverständnisse, die mehr oder weniger stark ausgeprägt sind. Mit den Rollenverständnissen gehen unterschiedliche Handlungslogiken einher: Im administrativen Rollenverständnis steht die Aktivierung von Leistungsberechtigten im Zusammenspiel mit unmittelbaren Vermittlungsdienstleistungen wie beispielsweise Unterstützung bei der Stellensuche im Vordergrund. Im optimierenden Rollenverständnis sehen Vermittlungsfachkräfte es als ihre vorrangige Aufgabe an, unter Nutzung der zur Verfügung stehenden Maßnahmen und Instrumente Defizite der Leistungsberechtigten abzubauen, die einer dauerhaften Integration in den Arbeitsmarkt im Weg stehen. Im sozialarbeiterischen Rollenverständnis schließlich steht die Beziehungsarbeit im Vordergrund. Damit bieten die dargestellten idealtypischen Rollenverständnisse ein analytisches Ordnungsraster, das Elemente bestehender Typologien (Eberwein/Tholen 1987; Ludwig-Mayerhofer et al. 2009; Grimm/Plambeck 2013) aufgreift, jedoch nicht deckungsgleich mit diesen ist.
Anders als in früheren Arbeiten lag ein Schwerpunkt unserer Analyse auf der Rekonstruktion von Kategorisierungspraktiken der Vermittlungsfachkräfte. Wir haben gezeigt, dass mit den idealtypischen Rollenverständnissen unterschiedliche Wahrnehmungen und gedankliche Eingruppierungen von Leistungsberechtigten verbunden sind. In ihren Kategorisierungen nehmen Vermittlungsfachkräfte Bezug auf behördeninterne Handreichungen. Den darin festgeschriebenen Bewertungsrastern und Sortierungen sprechen sie jedoch je nach Rollenverständnis eine unterschiedliche Relevanz zu, und sie deuten die Kategorien unterschiedlich aus. Im administrativen Rollenverständnis vermischt sich die Orientierung an formalen, durch die Organisation vorgegebenen Kriterien mit einer Bewertung der individuellen Deservingness der Leistungsberechtigten. Im optimierenden Rollenverständnis leitet eine Kategorisierung entlang der Entwickelbarkeit das berufliche Handeln der Vermittlungsfachkräfte. Im sozialarbeiterischen Rollenverständnis dominiert eine Orientierung am Einzelfall. Hier erscheinen gedankliche Einteilungen über Gruppenzugehörigkeiten als weniger relevant.
Unabhängig von ihrem Rollenverständnis sehen Vermittlungsfachkräfte Sanktionen in der Regel unter bestimmten Umständen als legitim an. Dennoch unterscheiden sich die Perspektiven auf Sanktionen deutlich – sie werden als eine Regel, die es auszuführen gilt (administratives Rollenverständnis), als fallspezifisch einzusetzendes Werkzeug (optimierendes Rollenverständnis) oder als Gefahr für die soziale Beziehung (sozialarbeiterisches Rollenverständnis) dargestellt. Insbesondere im administrativen und im optimierenden Rollenverständnis zeigt sich die Verschränkung von Kategorisierungs- und Sanktionspraktiken: Vermittlungsfachkräfte nutzen Handlungsspielräume, um Leistungsberechtigte, denen sie die Motivation – oder genauer: ihre Lesart von Motivation – absprechen, zu sanktionieren, und Leistungsberechtigte, denen sie Deservingness zuschreiben oder die sie als ‚entwickelbar‘ lesen, nicht zu sanktionieren.
5 Fazit
In der Grundsicherung für Arbeitsuchende fungieren Vermittlungsfachkräfte in Jobcentern als Schnittstelle zwischen dem Staat und den Bürger*innen. Das Handeln von Vermittlungsfachkräften prägt, wie Bürger*innen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik erleben. In diesem Beitrag haben wir untersucht, wie sich das berufliche Rollenverständnis von Vermittlungsfachkräften auf ihren Umgang mit Sanktionen auswirkt. Wir haben gezeigt, dass berufliche Rollenverständnisse das Handeln der Vermittlungsfachkräfte strukturieren.
Als eine Manifestation unterschiedlicher Handlungslogiken der Vermittlungsfachkräfte haben wir das Sanktionshandeln in den Mittelpunkt gestellt. Das Sanktionshandeln umfasst das (Nicht-)Sanktionieren und den Umgang mit möglichen Sanktionen, also beispielsweise das Informieren über Sanktionsmöglichkeiten und über Grenzen der Sanktionierbarkeit. Je nach Perspektive verhandeln Vermittlungsfachkräfte Sanktionen als anzuwendende Regel, als flexibel einsetzbares Werkzeug oder als Gefährdung der sozialen Beziehung und schildern entsprechende Fallbeispiele einer variierenden Anwendungspraxis. Unsere Befunde schließen damit an Studien an, die unterschiedliche Haltungen von Vermittlungsfachkräften zu Sanktionen beobachten (Bernhard et al. 2023; Karl et al. 2011: 122–124; Marquardsen 2018). Diese unterschiedlichen Haltungen konnten wir systematisieren und an berufliche Selbstverständnisse rückbinden. Darüber hinaus konnten wir zeigen, dass die Nutzung informeller und formeller Handlungsspielräume beim Sanktionshandeln auf der Kategorisierung der Leistungsberechtigten durch die Vermittlungsfachkräfte beruht. Kategorisierungspraktiken kommt damit eine Scharnierfunktion im Zusammenspiel von Rollenverständnissen und Sanktionshandeln zu.
Aus dem Zusammenhang zwischen Kategorisierungs- und Sanktionspraktiken ergeben sich wichtige Anschlussfragen für zukünftige Studien. Möglicherweise können Kategorisierungspraktiken zur Erklärung von Ungleichheiten in Bezug auf Sanktionen beitragen. Leistungsbeziehende mit geringer formaler Qualifikation sind mit höherer Wahrscheinlichkeit von Sanktionen betroffen als Leistungsberechtigte mit höherer Qualifikation (Zahradnik et al. 2016). Gleiches gilt für Männer, die häufiger sanktioniert werden als Frauen (Knize 2022). Hier könnte zukünftige Forschung ansetzen und untersuchen, ob es diesen Gruppen möglicherweise weniger gut gelingt, in der Interaktion mit Vermittlungsfachkräften Motivation zu performieren oder ob ihnen aus anderen Gründen eine geringere Deservingness zugeschrieben wird. Beides wären Mechanismen, die zur Erklärung gruppenspezifischer Unterschiede in Bezug auf Sanktionen beitragen könnten.
Darüber hinaus haben die von uns rekonstruierten unterschiedlichen Kategorisierungspraktiken zur Folge, dass für Vermittlungsfachkräfte unterschiedliche Signale der Leistungsberechtigten relevant sind. Wenn Vermittlungsfachkräfte ihre Gegenüber in gängige formal-administrative Kategorien einordnen, sind für sie hinsichtlich der Beurteilung von Leistungsberechtigten andere Signale ausschlaggebend als für Vermittlungsfachkräfte, die Hilfebedarfe zu bestimmen suchen. Kommunikative Fähigkeiten werden in der Forschung als zentrales Element einer Verwaltungskompetenz diskutiert, die Bürger*innen in die Lage versetzt, erfolgreich mit Behörden zu interagieren (Bisgaard 2023; Döring 2021). Unsere Ergebnisse legen nahe, dass für Leistungsberechtigte darüber hinaus eine spezifische interaktive Kompetenz von Bedeutung sein könnte, und zwar, wenn sie ‚lesen‘ können, welche Signale die Vermittlungsfachkräfte für ihre Kategorisierungen benötigen. Weiterer Forschungsbedarf besteht daher hinsichtlich dieser interaktiven Kompetenzen und der Frage, welche Rolle die ‚Passung‘ zwischen Vermittlungsfachkräften und Leistungsberechtigten spielt.
Drittens sind Aspekte des Sanktionshandelns in den Blick zu nehmen, in die unsere Datenbasis keinen Einblick erlaubt. Das Ausmaß, in dem Jobcenter Sanktionen einsetzen, scheint erheblich zu variieren – darauf deuten zumindest die von der Statistik der BA veröffentlichten Daten hin. Diese Unterschiede in der Sanktionsquote haben wir bei der Auswahl der in unsere Studie einbezogenen Jobcenter berücksichtigt. Organisationsbezogene Einflussfaktoren des Sanktionshandelns, wie die Haltung der jeweiligen Geschäftsführung oder die in einem Team geltenden Normen, standen jedoch nicht im Fokus unserer Erhebungen. Diese sollten ebenso wie die Rolle der Leistungsberechtigten ergänzend in den Blick genommen werden. Denn professionelle Rollenverständnisse strukturieren zwar das Handeln der Vermittlungsfachkräfte, determinieren es aber nicht. Vielmehr reagieren Vermittlungsfachkräfte situativ auf ihr jeweiliges Gegenüber und rufen dafür unterschiedliche Verhaltensweisen aus ihrem verfügbaren Repertoire ab (Bähr 2023; Grimmer 2018: 143).
Der Forschungsgegenstand dieser Studie war während des gesamten Konzeptions-, Erhebungs- und Auswertungszeitraums ein fast moving target mit mehrfach deutlich veränderten Rahmenbedingungen. Die Zäsur des Bundesverfassungsgerichtsurteils Ende 2019, die Einführung des Bürgergeldes und die begleitenden politischen Debatten wurden in den Jobcentern intensiv beobachtet. Bewusst haben wir den Fokus unserer Analyse nicht auf tagespolitische Einschätzungen gelegt, sondern auf Routinen und Praktiken, die sich im Arbeitsalltag niederschlagen und die langlebiger und tiefgreifender sind als wechselnde Reform- und Debattenkonjunkturen. Die Erhebungen zu unserer Studie haben sowohl vor als auch nach der Einführung des Bürgergeldes stattgefunden. Wir sehen keine Anzeichen dafür, dass sich durch die Einführung des Bürgergeldes Änderungen der beruflichen Rollenverständnisse und der damit verbundenen grundsätzlichen Sichtweise auf Sanktionen ergeben haben. Für die Vermittlungsfachkräfte gehören Sanktionen zum festen Inventar, das zwar sehr unterschiedlich eingesetzt, aber im Grundsatz selten infrage gestellt wird. Umso wichtiger ist die Einsicht, dass die Vermittlungsfachkräfte die Wirklichkeit, auf die sie mit ihrem Sanktionshandeln reagieren, durch Kategorisierungen erst herstellen, indem sie Verhalten deuten und als sanktionsrelevant (oder eben nicht) bewerten.
Gerade angesichts der Tatsache, dass Sanktionen und Sanktionsmöglichkeiten derzeit politisch und gesellschaftlich kontrovers diskutiert werden, erscheint es uns ratsam, gemeinsame Reflexionsprozesse in den Jobcentern noch systematischer zu nutzen. Diese Reflexionsprozesse sollten sich thematisch nicht auf den Umgang mit Sanktionen und Sanktionsmöglichkeiten beschränken. Vielmehr sollten sie auf einer allgemeineren Ebene berufliche Rollenverständnisse und damit verschränkte Kategorisierungspraktiken in den Blick nehmen. Angesichts der Debatten um das Bürgergeld und die viel beschworene ‚Augenhöhe‘ zwischen Jobcentern und Leistungsberechtigten kann es sich zudem lohnen, den Blick gemeinsam auf Machtverhältnisse und den Umgang mit diesen zu richten.
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- Editorial: Der Sozialstaat als „Sortiermaschine“ – Kategorien und Kategorisierungsprozesse in der Sozialpolitik
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- De facto-Kategorisierung und Ungleichheit bei der Kita-Platzvergabe in Deutschland: Der Rechtsanspruch auf Frühe Bildung und seine Realität
- Wie Mütter für den Arbeitsmarkt verfügbar gemacht werden sollen
- Rollenverständnisse von Vermittlungsfachkräften in Jobcentern und ihre Bedeutung für das Sanktionshandeln
- The Boundaries of the Jobseeker Category in Europe
- Calibrating families: Data behaviourism and the new algorithmic logic
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