Startseite Kritische Wissenschaft im Elfenbeinturm oder Gestaltungswissenschaft im Betrieb?
Artikel Open Access

Kritische Wissenschaft im Elfenbeinturm oder Gestaltungswissenschaft im Betrieb?

Zum Einfluss des Reformprogramms Humanisierung des Arbeitslebens auf die Praxisorientierung in der Industriesoziologie der 1970/-80er Jahre
  • Jule Elena Westerheide

    Jule Elena Westerheide, geb. 1987 in Aachen. Studium der Psychologie, Ethnologie und Soziologie in Freiburg und Buenos Aires. Promotion in Duisburg. Von 2014–2022 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Soziologie an der Universität Duisburg-Essen und seit 2022 WiMi am Institut für Arbeitswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum.

    Wichtigste Publikationen: Die Illusion der Leistungsgerechtigkeit. Arbeit und Entgelt von Sekretärinnen. Frankfurt am Main/New York: Campus (2021); Materialistischer Moralismus. Relationierungen ideeller Ansprüche und materieller Interessen am Beispiel von Entgeltkonflikten in der Sekretariatsarbeit. AiS-Studien 15 (1): 54–69 (2022); Arbeit und Subjekt. Aktuelle Debatten der Arbeitssoziologie. Wiesbaden: Springer VS (2019, zusammen mit F. Kleemann und I. Matuschek).

    EMAIL logo
    und Arne Schott

    Arne Schott, geb. 1986 in Schlema, Studium der Geschichtswissenschaft und Soziologie in Trier. 2018–2022 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Heidelberg im Projekt „Aushandlung und Teilhabe im Programm ‚Humanisierung des Arbeitslebens‘“. Seit 2022 Archivpädagoge im Archiv der Arbeiterjugendbewegung in Oer-Erkenschwick.

    Einschlägige Publikationen: Das Programm „Humanisierung des Arbeitslebens“ und seine Bedeutung für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der 1970er Jahre. – In: Quellenband Humanisierung des Arbeitslebens. Quellen einer Neuen Geschichte der Arbeit (Study der Hans-Böckler-Stiftung) Düsseldorf (2022, im Erscheinen); Jörg Roesler: Die Wiederaufbaulüge der Bundesrepublik. – In: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 2. (2009, Rezension).

Veröffentlicht/Copyright: 10. November 2022
Veröffentlichen auch Sie bei De Gruyter Brill

Zusammenfassung

Der Beitrag möchte die Auseinandersetzung zweier Linien innerhalb der Industriesoziologie der 1970er und 80er Jahre nachzeichnen und die Ursachen eines Paradigmenwechsels vermessen. Während sie zuvor gesellschaftskritisch auf ein widerständiges Aufbegehren des Kollektivsubjekts Industriearbeiterschaft orientierte, verschob sich der Fokus auf konstruktive Anwendungsorientierung im betrieblichen Arbeitsprozess und auf das Denken von Individuen. In der Selbstreflexion der Fachgeschichte werden zwar neben fachinterner theoretischer Kritik auch gesellschaftliche Gründe für diesen Wandel angeführt, wenig Berücksichtigung finden hingegen das Reformprogramm Humanisierung des Arbeitslebens und seine Forschungsförderung.

Dieser Aufsatz argumentiert auf Basis von Dokumentenanalysen und dem Studium zeitgenössischer Debattenbeiträge, dass mit HdA ein wichtiger praktischer Schritt in Richtung dieser Betriebs- und Mitbestimmungsorientierung als Forschungsperspektive gegangen war. Aktualität hat dieser soziologiegeschichtliche Erklärungsansatz gerade angesichts eines Revivals der damaligen Arbeiterbewusstseinsforschung.

Abstract

The article traces the confrontation of two lines within industrial sociology of the 1970s and 80s and assesses the causes of a paradigm shift. While it had previously been oriented socio-critically towards a rebellion of the collective of industrial workers, the focus then shifted towards an orientation of applying scientific knowledge constructively into the work process and towards the thinking of individuals rather than collectives. In the self-reflection of the discipline, social reasons for this change are cited hitherto in addition to internal theoretical criticism, but little consideration is given to the reform program Humanization of Working Life (HdA) and its research funding.

This paper argues, on the basis of document analysis and the study of contemporary contributions, that HdA was an important practical step towards this orientation of codetermination and applied science as a research perspective. This sociological-historical approach has topicality especially in view of a revival of the previous research on workers’ consciousness.

Einleitung

Das geflügelte Wort vom Elfenbeinturm wird immer dann bemüht, wenn eine geistig arbeitende Person der Praxisferne – als den weltlichen Dingen enthoben – überführt und damit desavouiert werden soll. Mit seinem Aufsatz Vertreibung aus dem Elfenbeinturm von 1980 fällte Ulrich Beck genau dieses kritische Urteil kurzerhand über den gesamten Wissenschaftszweig, dem er selbst angehörte: die deutsche Soziologie. In diesem Jahr hatte eine Debatte ihren Höhepunkt erreicht, die darum kreiste, inwiefern sich die Soziologie – speziell die Industriesoziologie – in die betriebliche Prozessgestaltung einbringen sollte, statt diese nur zu analysieren und kritisch ihre Auswirkungen auf die Beschäftigten zu kommentieren.

Und tatsächlich legte die damals vorherrschende, sogenannte Arbeiterbewusstseinsforschung ihr Hauptaugenmerk auf einen möglichen kapitalismuskritischen Bewusstseinsstand der Industriearbeiterschaft und dessen Konstitutionsbedingungen – das entsprach nicht den formulierten Kriterien für konstruktive Beiträge der Wissenschaft für die betriebliche Anwendung. Auch darüber hinaus erfuhr der prominente industriesoziologische Forschungsstrang fachinterne Kritik. Eine Vielzahl an kritischen Artikeln (insbesondere Knapp 1981; Thomssen 1982; Voß 1984) setzte in der ersten Hälfte der 1980er Jahre einen Schlussstrich unter die marxistisch inspirierte Suche nach dem Subjekt für einen gesellschaftlichen Umbruch. Während die Rede vom Elend oder gar Ende der Industriesoziologie eine sich nicht bewahrheitende Kontinuität darstellt (siehe etwa Huchler 2008), versiegte die Bewusstseinsforschung tatsächlich über zwei ganze Jahrzehnte. Musste eine kritisch beobachtende und analysierende Industriesoziologie also der grundsätzlichen Kritik klein beigeben; und war damit ein Paradigmenwechsel (im Sinne von Kuhn 1967) von Praxisferne zu Praxisnähe erwirkt?

Freilich hat sich seitdem die heute so bezeichnete Arbeits- und Industriesoziologie verstärkt einen „betrieblich-institutionellen Gestaltungsanspruch auf die Fahnen geschrieben“ (Huchler 2008: 14). Entgegen des zeitgenössischen Anstoßes daran, dass die damalige Industriesoziologie der 1950er bis 1970er Jahre in einer kritischen Distanz zu betrieblichen Prozessen im Elfenbeinturm verharre, wird im folgenden Beitrag allerdings vielmehr davon ausgegangen, dass im Zuge dessen kein Paradigmenwechsel hin zur Praxisorientierung von statten ging, sondern sich vielmehr Ziele des Anwendungsbezugs veränderten – also eine Veränderung der normativen Absicht der Fachrichtung von gesellschaftlicher Umgestaltung hin zur betrieblichen Gestaltung festzustellen ist.

Eine Sichtweise, die diese Veränderung den Theoriedebatten und fachinternen Kritiken selbst zuschreibt, übersieht indessen das Gewicht der gesellschaftlichen Prozesse, politischen Akteure und wirtschaftlichen Umbrüche, welche die damaligen Debatten begleiteten. In der zurückhaltenden Selbstreflexion des Faches (Fürstenberg 1971; Huchler 2008; Schmidt et al. 1982; Beckenbach 1991: Kap.5) werden neben der weitreichenden einschlägigen Kritik an Methoden, Fragestellungen und Forschungsgegenständen vor allem unbestritten relevante Ursachen wie veränderte Erkenntnisinteressen aufgrund des gewandelten Forschungsgegenstands Industriearbeit angeführt, die für ein einstweiliges Verstummen der Arbeiterbewusstseinsforschung in den 1980er Jahren ursächlich seien (Bahl 2016; Schnell 2012; Schumann 2001). Die inhaltlichen und praktischen Auswirkungen staatlicher Forschungspolitik bleiben jedoch bislang in der soziologiegeschichtlichen Vermessung unterbeleuchtet.

Der Beitrag möchte demnach ausloten, welchen Einfluss die industriepolitischen Reformbemühungen der sozialliberalen Koalition der 1970er Jahren auf jenen Paradigmenwechsel in der Industriesoziologie hatten. Denn für die Industriesoziologie stellte sich die Frage nach dem Anwendungsbezug der Forschung seit Beginn der siebziger Jahre unter anderem deswegen ganz praktisch, weil den Sozialwissenschaften im Rahmen des bundesdeutschen Reformprogramms Humanisierung des Arbeitslebens im Betrieb eine bedeutende Rolle zugeschrieben worden war (Seibring 2011: 110 ff).

Der folgende Artikel nimmt sich vor, die damalige Debatte um Anwendungsbezug soziologiegeschichtlich zu untersuchen und damit nicht nur einen Beitrag zum Verständnis der gewandelten Praxisorientierung der Industriesoziologie zu leisten und um die Rolle dieser Forschungsförderung zu ergänzen, sondern auch an diesem Beispiel aufzuwerfen, dass Wandel und Renaissance von industriesoziologischen Forschungssträngen in Reformprogramme der Arbeitswelt und dazugehöriger Förderpolitik eingebettet sind. Aktualität wohnt dieser Zielsetzung nämlich insbesondere angesichts einer Revitalisierung der Arbeiterbewusstseinsforschung (etwa Dörre et al. 2013; Kratzer et al. 2015) im neuen Gewand inne, in der erneut Fragen der praktischen Nützlichkeit der Studien aufgeworfen werden (Hoffmann & Fischer 2016).

Hierzu sollen zunächst die beiden Positionen im Widerstreit von Theoretiker:innen auf der einen und Praktiker:innen auf der anderen Seite in der Fachdebatte der 1970er gekennzeichnet werden (Kap. 1). Dazu wird neben einer inhaltlichen Bestimmung auch auf überlieferte Äußerungen zentraler Forscher:innen zurückgegriffen, die in den Debatten auf Soziologietagungen und im Rahmen des Reformprogramms zu Wort kamen.Die Datenbasis stellen vornehmlich zeitgenössische Debattenbeiträge in Tagungsbänden, Fachzeitschriften, Sammelbänden und Plenarprotokolle dar, sowie Protokolle von Humanisierungsprojekten selbst, die im Zuge des HBS-Forschungsprojekts „Aushandlung und Teilhabe im HdA-Programm. Vertikale und horizontale Differenzierungen in HdA-Projekten der Peiner AG, 1975–1984“ analysiert wurden. Anschließend soll eine konzise Darstellung des Reformprogramms selbst und der darin zugedachten Rolle der Forschung vermessen sowie Ansprüche von Akteuren der industriellen Beziehungen selbst skizziert werden (Kap. 2). Im dritten Kapitel wird der praktische wie inhaltliche Wandel der industriesoziologischen Teildisziplin dargestellt, und in einem zusammenfassenden Fazit wird zudem eine Übertragung des hier vertretenen Erklärungsansatz auf die derzeitige Wiederentdeckung des Forschungsgegenstands des Bewusstseins abhängig Beschäftigter diskutiert.

1 Industriesoziologie von kritischer Distanz zum Anwendungsbezug?

Im Eröffnungsvortrag des 18. Deutschen Soziologentages 1976 in Bielefeld beschwerte sich der DGS-Vorsitzende Karl Martin Bolte über das problematische Image, welches seiner Zunft in der Öffentlichkeit anhaftete:

„Man hat Angst, sich mit Soziologen verkappte Revolutionäre einzuhandeln und man spricht geradezu vom Soziologenbias, den man darin zu sehen glaubt, daß Soziologen einseitige Kritik betreiben und auf der Basis einer so gewonnenen verzerrten Perspektive unrealistische oder utopische Reformvorschläge entwickeln.“ (Bolte 1978: 17)

Ein solches Urteil ist in dieser Zuspitzung unzutreffend; allein, es ist insbesondere bei der industriesoziologischen Fachrichtung eine verbreitete gewerkschafts- bzw. arbeiter:innenfreundliche Haltung deutlich zu erkennen. Diese soll im folgenden Abschnitt skizziert werden, während darauffolgend die zeitgenössische Kritik an ihr und die Einforderung von anwendungsorientierter Forschung in den Blick genommen wird.

1.1 Arbeiterbewusstseinsforschung mit gesellschaftskritischem Anspruch

Gerade anhand der großen vieldiskutierten Industriestudien der Arbeiterbewusstseinsforschung wird diese „überwiegend gesellschaftskritische Position“ (Sauer 2008: 203) der Industriesoziologen der 1950er bis 1970er Jahre besonders deutlich – damit einher ging eine analytische Distanz zum Forschungsgegenstand der Industriearbeit.

Die Studien zielten meist darauf, das Denken und Interessenhandeln der Arbeiter zu bestimmen, und stammen unter anderem von den Soziologen Popitz und Bahrdt aus Dortmund, Adorno und Friedeburg aus Frankfurt und Braun, Lutz, Pirker aus dem WWI. Zusammen bildeten jene die Kerngruppe, aus der heraus sich später die Sektion Industrie- und Betriebssoziologie innerhalb der Deutschen Soziologischen Gesellschaft konstituieren sollte (Lutz 2009: 14). Im späteren Verlauf entstammen die Studien, die das „offene Ende der Marxschen Theorie“ (Thomssen 1982: 313) hinsichtlich der Konstitutionsbedingungen von Klassenbewusstsein aufgreifen, vor allem vom Göttinger SOFI (Kern & Schumann 1971, 1977), der Erlanger Gruppe (Kudera et al. 1979) sowie den Vertreter:innen eines frühen subjektorientierten Ansatzes (Hack et al. 1972). Dabei zeigten wichtige Akteure dieser Forschungsrichtung eine oftmals wenig konstruktiv-affirmative Haltung gegenüber der wirtschaftlichen Verfassung der Bundesrepublik. Stattdessen dominierten offen links-kritische, aber auch gewerkschaftsnahe streikorientierte Positionen, wie die folgende Darlegung zeigt. Für den hier vorliegenden Artikel ist dieser Umstand insofern relevant, als diese Studien selten danach strebten, ihre Ergebnisse mit der Profitlogik kapitalistischer Unternehmen in Einklang zu setzten. Dies kennzeichnen wir als nicht-konstruktive, konfliktorientierte Haltung, die sich hin zu einer affirmativ-konstruktiven Haltung wandeln wird.

Die auf Erhebungen in der Hüttenindustrie Rheinhausen beruhende „Popitz/Bahrdt-Industriearbeiterstudie“ von 1957 gilt als früher Klassiker der deutschen Industriesoziologie (Popitz et al. 1957) und war gesellschaftspolitisch relevant, da sie sich auf die Mitbestimmung als neues Element in den industriellen Beziehungen der jungen Bundesrepublik bezog (Martens 2008: 172). Trotz zeitgenössischer marxistischer Kritik (Deppe & Lange 1970) ist die Studie bis heute wichtiger Referenzpunkt im Studium der Gesellschaftsbilder und des Arbeitsbewusstseins von Beschäftigten geblieben (Schumann 2002) – vor allem aber waren sogar diese weniger radikalen Autoren von einem kritischen Anspruch und einer eindeutigen Arbeitnehmerorientierung getragen. Der Stadtsoziologe Hans Paul Bahrdt beschreibt im Nachhinein die Haltung der Forscher als „politisch beunruhigt, im Vergleich zu ihren Elternhäusern eher nach links abdriftend“ (Bahrdt 1985: 155) und seine politisch motivierte Zielrichtung in der Studie folgendermaßen:

„Aber natürlich fragte ich mich damals, welches demokratische Potential in der Bundesrepublik existierte, die ja ihre demokratische Verfassung sich nicht selbst errungen hatte, sondern dem Oktroy der Sieger verdankte. Und natürlich wollte ich angesichts der vielen Enttäuschungen über meine eigene [bürgerliche] Herkunftsschicht und die anderen Mittelschichtsgruppen wissen: Wie steht es mit der Arbeiterschaft und dem Erbe der Arbeiterbewegung?“ (ebd.)

Noch deutlicher offenbarte sich die politische Haltung der Autoren der Studie „Arbeiter, Management, Mitbestimmung“ (Pirker 1955), die damals sogar eine von Mannesmann finanzierte Gegenstudie provozierte (Friedeburg 1955; Lutz 2009: 7). Die Sozialwissenschaftler Siegfried Braun und Theo Pirker entstammten dem politischen Linkskatholizismus und engagierten sich innerhalb der Gewerkschaftsbewegung neben Leo Kofler und Wolfgang Abendroth am Wirtschaftswissenschaftlichen Institut des DGB unter Viktor Agartz (Kritidis 2008: 137 f). Bereits 1951 formulierte Pirker programmatische Leitlinien für die Gewerkschaften:

„Die ‚Eroberung des Betriebes‘ […] wäre in sich eine so gewaltige und fortschrittliche Tatsache, daß es berechtigt wäre, vom ‚Beginn einer neuen Epoche‘ der Organisation der modernen Industriegesellschaft zu sprechen. Der Kampf um die Mitbestimmung und die Durchführung dieser Mitbestimmung kann als die große Schule der deutschen Arbeiterklasse angesehen werden.“ (Pirker 1951: 481)

Diese der Arbeiterbewegung verpflichtete Haltung teilte auch der Mitautor der Studie Burkart Lutz, der wie Braun und Pirker Autor der linkskatholischen Zeitschrift „Ende und Anfang“ war. Als Übersetzer übertrug er Georges Friedmanns „Problémes humains du machinisme industriel“ ins Deutsche und damit legte damit das Schlagwort der „Humanisierung der Arbeit“ den bundesdeutschen Gewerkschaftstheoretiker:innen vor (Friedmann 1952; Kellershohn 2019: 137 f). Lutz‘ Zielsetzung war es, der „Arbeiterbewegung […] Waffen, Methoden und Problemlösungen“ zur Verfügung zu stellen, die durch ökonomische Fachleute entwickelt wurden, um schließlich zu einer „gewerkschaftlichen Rationalisierungskonzeption“ zu gelangen (Friedmann 1952: Vorwort).

Es ist daher festzuhalten, dass in den 1950er und 1960er Jahren die Arbeiterbewusstseinsforschung forschungspolitische Grundsätze aufwies, die zwar von analytischer und auch politischer Distanz zur konstruktiven betrieblichen Gestaltung getragen war, aber mitnichten eine Praxisorientierung missen ließ. Jene Praxisorientierung bezog sich vielmehr auf die Arbeiterbewegung und lotete das Kritik- und Protestpotential von Gewerkschaft und Arbeiterschaft aus. Einen weiteren Höhepunkt fand der Forschungsstrang in den 70er Jahren, „begleitet von einer überwiegend an Marx‘ Politischer Öknomie angelehnten Gesellschaftstheorie“ (Huchler 2008: 9).[1]

Dies trifft auch auf die breit diskutierte spätere Studie Industriearbeit und Arbeiterbewusstsein von Horst Kern und Michael Schumann zu (1977).[2] Ein zentrales Ergebnis dieser Forschungsarbeit war die Diagnose, dass die Belegschaften der Industriebetriebe selbst an den ‚technisch fortgeschrittenen‘ Aggregaten polarisiert würden. Die Arbeiterschaft gruppiere sich rund um die Pole der unqualifizierten, repetitiven Teilarbeiten einerseits und den qualifizierten, autonomen Arbeitsformen andererseits. Diese These ist im Rahmen des Paradigmenstreits beispielhaft für eine „deskriptive“ Vorgehensweise der Industriesoziologie, die die Auswirkungen von technischen und organisatorischen Rationalisierungen auslotet – jene wird einer konstruktiven Gestaltungsperspektive gegenübergestellt (Martens 2008; Latniak & Wilkesmann 2005). In einer Replik auf eine Kritik ihrer Studie geben Kern und Schumann dem Anspruch Recht, „industriesoziologische Ergebnisse stärker als es in unserer Studie geschehen ist in eine konkrete antikapitalistische Strategie umzusetzen“ (Kern & Schumann 1971: 339).

Die unter dem Begriff Septemberstreiks zusammengefassten außergewerkschaftlichen Arbeitskämpfe mit Schwerpunkt in der Montan- und Stahlindustrie waren noch einmal Anlass für die Frage, ob der „Anfang der Rekonstruktionsperiode der Arbeiterklasse“ bevorstand, so der Titel einer Studie des Soziologischen Forschungsinstituts in Göttingen (SOFI) (Schumann et al. 1971). Obwohl die Studie sich zurückhaltend zeigt, handfeste Prognosen zu formulieren, verweist sie auf die Potenz zukünftiger Streiks, den Arbeiter:innen „hinter dem ökonomischen Antagonismus die politische Dimension der Auseinandersetzungen“ aufzuzeigen und damit „ihre tradeunionistische Perspektive“ – immerhin eine Leninsche Vokabel – „in eine politische“ zu erweitern (ebd.: 167).

Obschon sich diese umfassende Bewusstseinsstudie der Erlanger Forschergruppe weniger veränderten Realitäten der Industriearbeiter widmete und vielmehr die Widersprüchlichkeit der Anforderungen eines Lohnarbeiterdaseins im Bewusstsein der Arbeitenden fokussierte (Kudera et al. 1979), war sie doch von demselben Geist und Anspruch getragen,

„Quellen politischer Veränderung der Arbeitswelt ausfindig zu machen und mit ihren Befunden klärend in die öffentliche Diskussion über soziale Gerechtigkeit, Arbeitnehmerbewusstsein und Interessenvertretung einzugreifen“ (Tullius et al. 2016: 492).

Diese kritische, von Marx inspirierte Analyse kapitalistischer Arbeits- und Herrschaftsstrukturen bildete also mittels ihrer aufklärerischen Funktion den Kern des damaligen gesellschaftlichen Gestaltungsanspruchs.

Obschon die Forschungsergebnisse der Studien und zeitgenössische politische und gesellschaftliche Entwicklungen in der Bundesrepublik Zweifel am politischen Subjekt Arbeiterklasse (in der damaligen Engführung oftmals als Industriearbeiterschaft verstanden) aufkommen ließen, blieb diese Haltung in der Folgezeit innerhalb der Forschungsrichtung erhalten. Forschungsprogrammatische Erweiterungen erfassten sodann auch erwerbstätige Frauen und das Verhältnis von Arbeit und Leben (Aulenbacher 2008: 160 ff; Vorreiter etwa Eckart et al. 1979) sowie Angestellte und die Dienstleistungsbranche (Vorreiter etwa Kadritzke 1975). Diese Fokusverschiebung wird heute in der damaligen Industrialisierung des Produktionsgewerbes, der Tertiarisierung, dem sozialstrukturellen Anwachsen eines Mittelstands und zunehmender Frauenerwerbsbeteiligung begründet (Bahl 2016: 552).

1.2 Fachinterne Kritik und Einforderung von konstruktivem Gestaltungswillen

Neben diesem vieldiskutierten Wandel des Gegenstandsbereichs[3] wird ein Paradigmenwechsel im Anwendungsbezug bzw. das vorläufige Ende der Bewusstseinsforschung auch im Bedeutungsverlust Marxscher Theorietradition und fachinterner Kritiken verortet (Huchler 2008: 9 f; Maurer 2004: 7). Abgesehen von theoretischen Problemen, wird gerade in der Enttäuschung (Kudera et al. 1979: 373) über die „Uneinlösbarkeit“ (Thomssen 1982: 313) eines überalterten Anspruchs, die Kraft erblickt, die den Sargnagel einschlug.

Am deutlichsten marxistisch argumentiert Sebastian Herkommer, zwischen 1971 und 1998 Professor für Soziologie an der FU Berlin, indem er das „Elend der Industriesoziologie“[4] eben darin erkennt, von den theoretischen Zugriffen von Karl Marx abzuweichen (Herkommer 1974: 227–246). Hegemonialer war indessen die Kritik, dass die Studien Denkformen der Arbeitenden als abhängige Variable und schiere Widerspiegelung der gesellschaftlichen Verhältnisse verstanden. Dieser Vorwurf des Determinismus, die damit einhergehende Vernachlässigung der Subjektperspektive (etwa Voß 1984) und die Instrumentalismus-Debatte[5] (etwa Knapp 1981 als Kritik u.A. an Goldthorpe), brachten die Arbeiterbewusstseinsforschung letztlich zum Schweigen, so eine wesentliche These in der Selbstreflexion des Faches im Hinblick auf den skizzierten Paradigmenwechsel.

Diese Kritiken hatten sicherlich ihren Anteil am Verstummen der Arbeiterbewusstseinsforschung. Der Beitrag argumentiert gleichwohl, dass in der Rückschau die Bedeutung der fachtheoretischen Debatte für den zäsuralen Wandel überbetont wird. Das vieldiskutierte Instrumentalismus-Theorem karikierte Kudera etwa nachträglich als »Phantom« der Industriesoziologie (1984: 127) – es war im beschriebenen Forschungszweig selbst nicht ohne weiteres perpetuiert worden. Auch Gudrun Knapp als prominente Kritikerin der in dem Forschungszweig praktizierten voreiligen Unterstellung, Arbeitern sei ein instrumenteller Arbeitsbezug eigen, schlägt keine Abkehr der verwendeten Kategorien vor, sondern plädiert für eine Synthese von Struktur- und Subjektperspektiven (Knapp 1981: 24), während G. Günter Voß zwar für eine konsequente Subjektorientierung, aber damals auch für die Beibehaltung der Bewusstseinskategorie argumentiert (Voß 1984).

Zwar entstehen also auf die erkenntnistheoretischen Leistungen der Arbeiterbewusstseinsforschung abzielenden Kritiken, es bleibt aber erklärenswert, warum im Nachgang nicht etwa synthetisierende Perspektiven überwiegen, waren doch auch die fachinternen Einwände allesamt von einem analytisch-diagnostischen Forschungsinteresse getragen. Eine andere Sorte im weiteren Sinne methodologischer Kritik wird in der neueren Selbstreflexion der Industriesozioologie (etwa Huchler 2008) dabei zwar als zentraler Streitpunkt aufgeführt, die weitreichende inhaltliche wie praktische Bedeutung des massiven forschungspolitischen Rückenwindes aber unterschätzt: Die Einforderung von Praxisnähe und Anwendungsbezug.

Unter anderem die Polarisierungsthese erregte fachlichen Widerspruch bei Werner Fricke. Fricke war seit Ende der 60er Jahre in der Friedrich-Ebert-Stiftung beschäftigt, wo er 1971 die Abteilung Arbeitskräfteforschung ins Leben rief, die er fast zwei Jahrzehnte lang leitete.

„Die Chancen autonomer sozialer Gestaltung der Arbeit konnten theoretischen wie empirischen Überlegungen der Industriesoziologie solange nicht in den Blick geraten, wie […] nach den Wirkungen technischer Entwicklung auf Tätigkeitsinhalte und Arbeitssituation, auf die betriebliche Organisation der industriellen Arbeit, auf die Qualifikation von Industriearbeitern oder auf ihr gesellschaftliches Bewußtsein gefragt wurde. In all diesen Ansätzen erschien Technik regelmäßig als der dynamische, soziale Veränderungen auslösende Faktor“ (Fricke 1975: 10).

Fricke diskutiert auf der Ebene der Forschungsmethodik eben jenen Widerspruch, der gegen Ende der 70er Jahre zu forschungspraktischen Auseinandersetzungen innerhalb der Soziologie führte. Das kann zwar als methodologischer Hinweis auf einen blinden Fleck gedeutet werden, und ist auch im Sinne einer Kritik an damaligen technikdeterministischen Ansätzen relevant, fungiert aber vielmehr als ein Werben für ein forschungspraktisches Umdenken hin zu einer wissenschaftlichen Erforschung von Möglichkeiten sozial-technischer Neuerungen. Sozialwissenschaftler:innen sollen demnach Chancen der Reformprozesse im Betrieb berücksichtigen, statt ihre Auswirkungen zu kritisieren. Dazu entwickelte die Gruppe um Fricke das Konzept der innovatorischen Qualifikation. Dieses bezeichnete

„ein Handlungspotential, das sich im Unterschied zu fachlichen Qualifikationen nicht auf die Bewältigung gegebener Arbeitsaufgaben bezieht, sondern dessen Gegenstand die Gestaltung von Arbeitsbedingungen durch die Arbeitenden nach ihren Interessen und in Zusammenarbeit mit ihren Interessenvertretern ist. Anders formuliert: Innovatorische Qualifikationen sind Qualifikationen bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen durch die Arbeitenden“ (Fricke et al. 1980: 18).

Dieses Konzept wies forschungspraktisch den Industriesoziolog:innen die Rolle zu, innerhalb der betrieblichen Prozesse mitzuwirken und den Arbeiter:innen bei der Ausbildung ihres Handlungspotentials praktisch zur Hand zu gehen. Fricke nimmt hierbei Anleihen bei der Aktionsforschung, die insbesondere bei der Kritischen Soziologe auf Widerspruch trifft, da sie „Herrschaftsverhältnisse“ (Deeke 1980: 151) unreflektiert als Grundlage ihrer Wissenschaft akzeptiert (Düll 1980).

Diese Kritiken – es sei auch an die oben zitierten Äußerungen von Bolte und Beck zur Radikalität der Wissenschaftler:innen im Elfenbeinturm erinnert – zielten also auf die Problemstellung, inwiefern sich die Industriesoziologie als Gestaltungswissenschaft begreift und ob und welchen praktischen Einfluss die Disziplin auf die Arbeitsorganisation in Industriebetrieben entfalten möchte. Axel Deeke fasste die methodische Diskussion zusammen und unterschied dabei eine „analytisch-diagnostische […], gegenüber Beratungs- und Interventionsanforderung kritisch distanzierte Forschungsperspektive“ von „einer bewußt normativ arbeitnehmerorientieren, insbesondere handlungsorientierten Forschung“ (Deeke 1982: 143 f.). Heute wird die Unterscheidung ähnlich in einer grundlagentheoretischen Ausrichtung mit aufklärerischer Absicht und einer empirischen anwendungsorientierten (Industrie-)Soziologie mit dem Ziel der Beratung der Akteure der industriellen Beziehungen in der betrieblichen Prozessgestaltung gesehen (ähnlich: Sauer 2008).

Originär fand dieser Konflikt um die Ausrichtung im Kontext des Bundesprogramm „Humanisierung des Arbeitslebens“ statt. Die Rolle als Begleitforschung[6], die darin für die Sozialwissenschaften vorgesehen war, stellt einen zentralen, praktisch auf die Fachdisziplin wirkenden Einflussfaktor der, welcher letztlich mitentscheidend für einen Paradigmenwechsel bzw. die konstatierte Verschiebung des Forschungsinteresses und der Zielrichtung der Anwendbarkeit war.

2 Sozialwissenschaft und das Reformprogramm Humanisierung des Arbeitslebens

Der Ausschlag dafür, dass sich das Gewicht innerhalb der fachinternen Debatte zugunsten des Gestaltungsparadigmas verschob, ist nicht allein in den ausgetauschten Argumenten zu finden, sondern auch in den angestoßenen sozialpolitischen Anstrengungen der Zeit zu suchen, welche die Sozialwissenschaften für Reformvorhaben nutzbar machen wollten.

Das Reformprogramm Humanisierung des Arbeitslebens fällt zusammen mit mehrfachen Krisenerscheinungen: Der gesamte schwerindustrielle Bereich – hierunter zählen Stahl- und Kohleproduktion sowie die Werftindustrie – verlor in der Bundesrepublik in den 1970er und 80er Jahren wie auch in anderen europäischen Ländern an Gewicht. In das Krisenjahr 1973 fallen sowohl der Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Woods, wie auch die Ölpreiskrise. Überdies konstatiert die Bundesregierung in dieser Zeit eine technologische Lücke zu den anderen Industrienationen, die es aufzuholen gelte. Im Jahr 1974 beschlossen die Bundesministerien für Forschung und Technologie sowie für Arbeit daher das Programm ‚Humanisierung des Arbeitslebens‘ (HdA) der sozialliberalen Koalition, um einen „aktiven Strukturwandel“ im Sinne einer „Modernisierung der Volkswirtschaft“ zu initiieren und dabei drohende Konflikte zwischen den Akteuren der industriellen Beziehungen – also den Beschäftigten und ihren Interessenvertretungsorganen sowie Vertreter:innen der Kapitalseite – zu minimieren (Hauff & Scharpf 1975). Darin kam der Betriebsebene von Unternehmen eine entscheidende Rolle zu (Müller 2016: 262 f). Damit gewannen verschiedene Akteursgruppen an Bedeutung für den Erfolg der sozialpolitischen Zielsetzung. Gemeint sind Arbeiter:innen, Betriebsräte, Führungskräfte und technische Expert:innen der Betriebe, aber auch die Wissenschaftler:innen, die mit Begleitforschung die verschiedenen Humanisierungsprojekte im Sinne einer „Verwissenschaftlichung des Sozialen“ flankierten (Raphael 1996).

Der Beitrag argumentiert, dass dieses bundesdeutsche Forschungs- und Aktionsprogramm HdA zur Rationalisierung und Modernisierung der Industrie und konstruktiven Einbindung und nachhaltigen Verwertung der Arbeitenden und ihrer Interessenvertretungen diesen Wandel gestaltete. Damit nahm es maßgeblichen Einfluss auf die Ausrichtung der Arbeits- und Industriesoziologie in ihrem Kritikpotential und ihrer Anwendungsorientierung.

2.1 Die der Wissenschaft zugedachte Rolle

Denn überdies nahm sich das Humanisierungsprogramm vor, alle Wissenschaften zu fördern, die sich mit Arbeitsinhalten und Arbeitsumgebungen beschäftigten. Entscheidende Bedeutung besaß hierbei der Anwendungsbezug der Forschung. Im Programmtext heißt es hierzu: „Grundlagenforschung soll durch dieses Programm nur insoweit gefördert werden, als es sich um notwendige Vorarbeiten für angewandte Forschung handelt“ (Matthöfer 1977). Neben der Industriesoziologie waren dies vor allem die Arbeitswissenschaft und Arbeitspsychologie.

Arbeitsrechtlich wurde diese neue, der Forschung zugedachte Rolle im betrieblichen Gefüge durch das 1972 novellierte Betriebsverfassungsgesetz gefestigt. Es verlangte „die Anwendung gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse bei der menschengerechten Arbeits- und Technikgestaltung“ (Oehlke 2013: 167).

Humanisierungsminister Hans Matthöfer hatte in seiner Zeit als Leiter der Bildungsabteilung im Vorstand der IG Metall bereits Erfahrung in der Einbindung von Industriesoziolog:innen in betriebsnahe Gewerkschaftsarbeit sammeln können. Praktisch wurde diese Kooperation in der als Ford-Aktion titulierten Kampagne der IG Metall zwischen 1960 und 1966 in den Kölner Ford-Werken (Wittemann 1984: 24 ff). Die betriebsnahe Gewerkschaftspolitik unter Zuhilfenahme sozialwissenschaftlicher Theorien und unter Einbindung wissenschaftlicher Fachleute stand in gewissem Maße Modell für das HdA-Programm der 1970er Jahre. Dass hier der damalige SDS-Vorsitzende Michael Schumann die Aktion wissenschaftlich begleitete, zeigt, dass auch der Adressatenkreis der Wissenschaftler:innen ähnlich gewählt war.

Der Anspruch von HdA, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis zu überführen, sollte also durchaus als Angebot verstanden werden, zumal für den Projektträger bei der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) großzügige Summen bereitgestellt waren.

„Die Fördermittel stiegen von anfänglich 11,3 Mio. DM im Jahr 1974 auf 107,3 Mio. im Jahr 1982, fielen dann jedoch auf 83,1 Mio. in 1983 […]. Bis 1986 stieg die Förderung wieder auf 103,3 Mio. DM auf 107,3 Mio. im Jahr 1982, fielen dann jedoch auf 83,1 Mio. in 1983“ (Müller 2016: 266 f).

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass diesem Angebot für sozialreformerische Wissenschaftler:innen gleichzeitig die Drohung des Radikalenerlassen 1972–1979 zur Seite gestellt worden war, der vorwiegend linke Staatsbedienstete traf (Rigoll 2020). So entstanden für die arbeitnehmerorientierte Industriesoziologie sogenannte Push- und Pull-Faktoren, sich am Reformprogramm der sozialliberalen Koalition zu beteiligen.

Durch HdA entstand ein neuer Typus des Forschungsprojekts, die sog. Begleitforschung (Weltz 1982: 294). Politisch – auch von den Gewerkschaften – bekam die angestrebte Neuausrichtung im Sinne einer konstruktiven Praxisorientierung Rückendeckung.

2.2 Politische Ansprüche an eine Gestaltungswissenschaft – das Peiner Modell

In den späten 70er und frühen 80er Jahren wurde das Humanisierungsprogramm zum Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen innerhalb des Bundestages (Kleinöder 2016: 16). Innerhalb dieser zeitgenössischen Debatte begründete sich Zustimmung oder Ablehnung des Reformprogramms häufig an der Frage, wie das Verhältnis zwischen Humanisierung und Rationalisierung beschaffen sei.

Ausgetragen wurde der Streit zwischen der Opposition von CDU/CSU und der sozialliberalen Koalition im Zuge einer Große Anfrage im Mai 1980. Die undurchsichtige Finanzvergabe des Projektträgers bei der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) war Anlass für die parlamentarische Opposition, die Sozialwissenschaftler:innen direkt zu attackieren (Müller 2019: 74 f). Der Dortmunder CDU-Abgeordnete Ludwig Gerstein erklärte im Mai 1980:

„Müssen denn gerade jene Sozialwissenschaftler und Institutionen bevorzugt Gelder bekommen, die offen die Humanisierung des Arbeitslebens in den Dienst einer völligen Veränderung unserer Gesellschaftsordnung stellen und die einseitig vor allem Beweise für ihre festgefügten Konflikttheorien fördern, während andererseits Arbeitswissenschaftler, die andere Auffassungen vertreten, um wenige tausend Mark für die Veröffentlichung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse betteln müssen und dann noch vom BMFT über viele Monate hinweg an solchen Veröffentlichungen gehindert werden“ (Deutscher Bundestag).[7]

Das durch Karl Martin Bolte beanstandete „problematische Image“ (s. Kap. 1) hatte die Soziologie vier Jahre nach der Rede auf dem Soziologentag also immer noch. Bemerkenswert ist außerdem, dass Gerstein deutlich zwischen der Arbeitswissenschaft und der Sozialwissenschaft unterscheidet. Das geschäftsführende IGM-Vorstandsmitglied Karl-Heinz Janzen hingegen kritisierte in der Funktionärszeitschrift „Der Gewerkschafter“ im selben Jahr HdA und den Einfluss „industriefreundlicher Wissenschaftler“ innerhalb des Programms (Janzen 1979: 5). In dem Gewerkschaftsorgan geriet besonders das Humanisierungsprojekt bei VW-Salzgitter unter Kritik, wo auch der Begleitforschung der Vorwurf angetragen wurde, Rationalisierungsbemühungen seitens der Unternehmensseite zu verschleiern (Müller 2020b: 162 ff).

Es wurde diskutiert, ob den Gewerkschaften in den engagierten Wissenschaftler:innen nicht eine problematische Konkurrenz erwüchse. Der DGB-Vorsitzende Heinz Oskar Vetter 1979 verweist die Akademiker:innen deshalb auf einen abhängigen Platz hinter die Interessenvertretungen:

„Studenten und Wissenschaftler kommen oft mit einem abstrakt politischen Anspruch zur gewerkschaftlichen Arbeit […]. Die Entscheidung darüber, was der Arbeitnehmerschaft dient, kann nicht dem Wissenschaftler als ‚Sachwalter‘ von Arbeiterinteressen zufallen. Sicher, im Zuge der Verwissenschaftlichung technischer, wirtschaftlicher und politischer Prozesse wächst auch der Gewerkschaft die Notwendigkeit sich der Wissenschaft […] zu bedienen. Aber die Wissenschaft kann hier nur Hilfe leisten. […] Wir lassen uns vor keinen Karren spannen.“ (Vetter 1979: 455 f)

Besonders breit diskutiert wurde ein Humanisierungsprojekt, das von einer Forschergruppe der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführt wurde. Die Studie Qualifikation und Beteiligung, die zwischen 1975 und 1979 in der Peiner Maschinen und Schraubenwerke AG durgeführt wurde, verfolgte eine dreiteilige Zwecksetzung. Zum einen sollten durch arbeitsinhaltliche und -organisatorische Innovationen Belastungen für die Werks-Arbeiter:innen reduziert werden, zum anderen sollten ebendiese an jenen Entscheidungen beteiligt werden, die ihren Arbeitsalltag unmittelbar betrafen: schließlich galt es, einen Aktionsforschungsansatz zu erproben, der dem Projekt über die konkreten Ziele hinaus Modellcharakter verleihen sollte. Das Peiner Modell basierte auf Ergebnissen, die der Kopf der Forschergruppe, Werner Fricke, zuvor durchgeführt hatte (Fricke et al. 1981: 18 ff).

Im verfolgten Ansatz verpflichteten sich die Wissenschaftler:innen darauf, auf „den Schutz und die Sicherheit, die dem Forscher bei analytischem Vorgehen durch seine Neutralität gegenüber dem Forschungsgegenstand zuteil wird, [zu] verzichten“ (ebd.: 31). Das bedeutete, aktiv und parteilich in die betrieblichen Auseinandersetzungen einzugreifen. Im Anschluss an Ernst Bloch stelle sich die Aufgabe, eine Möglichkeitsanalyse durchzuführen und auszuloten, inwiefern sich die Interessen der Arbeitenden innerhalb der Betriebe durchsetzen ließen, anstatt a priori davon auszugehen, dass die unternehmerischen Interessen dominieren würden: „Die Interessen und Ansprüche der Arbeitenden können […] nicht nur Gegenstand der Analyse sein, sondern die Forscher müssen auch zu ihnen Stellung beziehen, sich mit ihnen auseinandersetzen und sie aktiv unterstützen“ (ebd.).

Auch Jahre nach Beendigung des Programms ist der Industriesoziologe Michael Schumann von seiner distanzierten Position gegenüber den Betriebsprojekten kaum abgewichen. Auf der Tagung „Erfolgreiche Veränderungen in der Arbeitsgestaltung und Unternehmensorganisation – Strategien und Lösungen“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Jahr 2001 erklärte er in Bezug auf das Peiner Modell:

„Wenn Werner Fricke, der sich zweifellos von allen Industriesoziologen auf die betrieblichen Gestaltungsabsichten dieser staatlichen Politik am vorbehaltlosesten eingelassen hatte, der Industriesoziologie noch heute den Vorwurf macht, sich diesem Anspruch damals verweigert und damit zum Scheitern des Programms beigetragen zu haben, so drückt dies meines Erachtens nichts anderes aus wie ein Festhalten an der damaligen Staatsillusion“ (Schumann 2001: 6)

Trotz derartiger Positionen entstand eine Fülle jener HdA-Begleitforschung, oftmals unter Verweis auf das Peiner Modell als Leuchtturmprojekt für die erfolgreiche Beteiligung der Industriesoziologie an der Humanisierung. Denn trotz parlamentarischen Zwists und gewerkschaftlicher Vorbehalte wurde die Indienstnahme der Wissenschaft für das Reformprogramm über die verschiedenen politischen Lager hinweg befürwortet.

3 Praktisch forcierter, unvollständiger Paradigmenwechsel

Jene Begleitforschung war in der Industriesoziologie also nicht unumstritten, weil sie den Charakter des Faches als analytische und beobachtende Wissenschaft – also mit einer kritischen Distanz zum Forschungsgegenstand – zu verändern drohte. Forschungspraktisch wurde nichtsdestotrotz die Richtung einer betrieblichen Gestaltungswissenschaft gestärkt und vor allem radikal gesellschaftskritische Wissenschaftler:innen verdrängt.

Burkhart Lutz, geschäftsführender Direktor des ISF in München, positionierte sich eindeutig gegen die Begleitforschungsprojekte. Er nutzte eine 1980 u.A. vom BMFT ausgerichtete Projekt-Fachtagung zu neuen Fertigungstechnologien und Arbeitsplatzqualität, um seine Kritik innerhalb der sozialwissenschaftlichen Fachöffentlichkeit zu platzieren:

„Soziologie ist keine Gestaltungswissenschaft; ihre Aufgabe liegt in der Beobachtung und Analyse sozialer Prozesse; sie wäre mit der – soziotechnischen – Aufgabe der Steuerung von sozialen Entwicklungen und des Entwurfs denkbarer und wünschenswerter sozialer Strukturen theoretisch, methodisch und deontologisch überfordert. Dies bezeichnet die Grenzen, die industriesoziologischer Begleitforschung bei der Implementation neuer Technologien (wie bei verschiedensten anderen Innovations- und Veränderungsprozessen) gezogen sind. Die Möglichkeiten soziologischer Beteiligung an technologieinnovierenden Projekten müssen aus der analytisch-diagnostischen Aufgabenstellung dieser Wissenschaft abgeleitet werden“ (U.i.O., Lutz 1981: 201).

Insbesondere auch Wissenschaftler:innen, die sich theoretisch an die Betriebsarbeit der später operaistisch bezeichneten Praktiker des Fiat Werkes in Mirafiori anlehnten, blieben der Humanisierung gegenüber weitgehend ablehnend. Sie sei nichts als ein „technisches Instrument gegen Arbeiterkämpfe“ (Haasis 1976: 102).

Dennoch: Was sich im Verlauf der 1970er Jahre praktisch durchsetzte, war ebenjene Forschungsrichtung, die im Humanisierungsprogramm ein Angebot sah, durch konstruktive Mitarbeit in Betriebs- und Gestaltungsprojekten ihre Forschung zu bestreiten und dabei die Arbeitsbedingungen vor Ort zu adressieren. Forschungs- und wissenschaftspolitisch bedeutsamer Infrastruktureffekt der öffentlichen HdA-Forschung war die Etablierung neuer Forschungsinstitute und Qualifikation zahlreicher Wissenschaftler:innen (die wichtigsten Organe waren dabei: WSI Mitteilung, Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, Jahrbuch Gute Arbeit). Forschungskapazitäten wurden an außeruniverstitären Instituten ausgebaut und ganze Forschungszweige konnten sich etablieren. Dabei veränderten sich Infrastruktur, Förderstruktur und Anbindung der Teildisziplin an die Industrie. Forschungsförderungen im Kernfeld von „Rationalisierung und Arbeit“ (Sauer 2008: 204); strategische Wissensallianzen und Arbeitsbündnisse mit Gewerkschaften und Sozialdemokratie (Martens 2008: 187) führten auch zum Bedeutungsgewinn empirischer Sozialforschung in der Industriesoziologie überhaupt, gestützt durch ebenjene staatlichen Politik- und Förderprogramme. In Teilen werden nun neue positive Bezugnahmen zu Management und Unternehmen festgestellt (z. B. Bargmann 1984), die etwa von Brigitte Aulenbacher (2008: 150) als Rationalisierungsexperten kommentiert werden. Praktisch äußerte sich das in einer Auswanderung aus Universitäten und der Entwicklung einer „doppelten Professionalität“, mit der Forscher:innen auch beratend im Feld der industriellen Beziehungen auftreten (Martens 2008: 187).

Damit ging ein gesellschaftstheoretischer Anspruch zwar nicht verloren – praktisch bekam mittelbar auch die akademische Forschung durch Schaffung neuer Lehrstühle einen Aufschwung (Sauer 2008: 204). Vielmehr ist durch diese Forschungsförderung bei gleichzeitiger Einforderung konstruktiver Beiträge zur betrieblichen Gestaltung eine inhaltliche Verschiebung festzustellen.

Diejenige Fraktion der Industriesoziolog:innen, die in der Arbeiterklasse vorwiegend ein Subjekt des Widerstands und Wandels begriffen, ihr Klassenbewusstsein zum Hauptuntersuchungsgegenstand erhoben, mithin dessen Konstitutionsbedingungen und die Auswirkungen von Rationalisierungsprozessen auf selbiges untersuchten, verloren nämlich an Bedeutung: 1982 konnten Braczyk, Knesebeck und Schmidt in diesem Sinne zusammenfassend feststellen:

„Der kognitive und soziale Identitätswandel von Industriesoziologie als professioneller Praxis hat sich vor allem in einer breiten Diskussion und in neuen Formen des Anwedungsbezugs niedergeschlagen. […] Kennzeichnend ist […] ein hohes Maß an ideologischer Verschränkung zwischen sozial-liberaler Reformpolitik und vielen Sozialwissenschaftlern […]. Eine politisch deradikalisierte Linke hatte sich für einige Jahre in erstaunlichem Maße mit einflussreichen Teilen der politischen Führung des Landes verstanden und verständigt“ (Braczyk et. al 1982: 23).

Die These, dass die Orientierung des Faches schlicht näher an die Praxis gerückt wäre, ist daher zu justieren. Kritisch distanziert war die marxistisch inspirierte Forschungsrichtung nur in Bezug auf das konkrete Anwendungsgebiet der betrieblich-konstruktiven Gestaltung, nicht auf Anwendung per se. Ein Gegensatz zwischen praxisfernen Elfenbeinturmbewohner:innen und Anwender:innen bestand daher nur auf der Oberfläche. Stattdessen trifft vielmehr das Urteil von Wilke Thomsen zu, der in Bezug auf die Arbeiterbewusstseinsforschung 1982 formuliert:

„Die industriesoziologische Forschung mag genau und verwendungsfähig sein, aber sie paßt nicht ins Konzept. Die Anwendung ist nicht das Problem der Forschung, sondern dass der Anwender“ (Thomssen 1982: 325).

Die Adressaten und Forschungssubjekte der industrie- und anwendungskritischen Linie waren schlicht widerständige Arbeiter:innen und eine von diesem Subjekt getragene gesellschaftliche Umgestaltung. Die Vorstellung von praxisfernen Wissenschaftler:innen war demnach weniger historische Realität als die Figuration eines argumentum ad hominem. Realiter verändert sich vielmehr folgendes: mit der „Verwissenschaftlichung des Sozialen“, wie es das Programm intendierte, oder einer „Verwissenschaftlichung der Industrie“, wie es auch die Industriesoziologie diagnostizierte, wurden Schritte in Richtung einer „Industrialisierung der Wissenschaft“ (Raphael 1996; Hack & Hack 1985) gegangen, die aber in der Industriesoziologie selbst nicht ungebrochen aufgenommen wurde. Gemeint ist hiermit, dass der Prozess der fortschreitenden Einbindung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die betriebliche Realität der Arbeitswelt, eine Wissenschaftspraxis der Industriesoziologie gegenüberstand, die dafür schlichtweg inadäquat war. Industrialisierung bedeutet in diesem Sinne, die Anpassung der Wissenschaft an die Bedürfnisse der bundesrepublikanischen Industriebetriebe der Zeit. Dies schließt ein, die Profitlogik als Grundlage der (humanisierten) Arbeitswelt zu akzeptieren und einen Wandel konstruktiv im Hinblick auf ebendiese Logik zu entwerfen. Nachhaltig war auf Grundlage von Individualisierungstendenzen aber eine Fokusverlagerung auf das individuelle Denken und Handeln sowie auf die Mesoebene des Betriebs, da sich anderes weder analytisch noch arbeitspolitisch schwer kollektiv erfassen und organisieren lasse (Schnell 2012: 21).

4 Fazit und Ausblick

Der vorliegende Beitrag konstatiert einen Wandel innerhalb der Disziplin der Industriesoziologie in Bezug auf ihre Praxisorientierung beziehungsweise ihren Anwendungsbezug in den 1970er und 1980er Jahren, der sich zwar naturgemäß in Form von Auseinandersetzungen rund um Fachtagungen und wissenschaftlichen Aufsätzen vollzog, jedoch in gesellschaftlichen Wandlungsprozessen seine zentralen Ursachen hatte. In der Selbstreflexion des Faches wird der Gegenstandswechsel – von der Suche nach Widerstandspotential der Industriearbeiterschaft und dem distanziert-kritischen Studium der subjektiven Verarbeitungen von Rationalsierungsprozessen hin zur einer auf betriebliche Anwendung und gewerkschaftliche Mitbestimmung gemünzte Forschung – mit a) ebenjenen fachinternen Debatten und erkenntnistheoretischer Kritik sowie b) einem gesellschaftlichen Zeitenwandel begründet, der den Forschungsgegenstand der Industriearbeit und die Zusammensetzung der Beschäftigten grundlegend veränderte. Während jene gesellschaftlichen Umbrüche wie Tertiarisierung und Polarisierung der Beschäftigtenstruktur wie auch zunehmende Frauenerwerbsbeteiligung unbenommen Niederschlag in der Ausrichtung der Teildisziplin finden mussten, bleibt der beschriebene Prozess gleichwohl unverstanden, wenn er nicht unter der Perspektive des sozialliberalen Reformeifers der 1970er Jahre und der darin zugedachten Rolle der Sozialwissenschaften reflektiert wird. Denn jene mündeten nicht nur in den skizzierten politischen Ansprüchen an die Industriesoziologie als Gestaltungswissenschaft (Kap. 2.2) und wurden nicht nur auf den Fachtagungen als Einforderungen von Praxisnähe und Positionierung im Betrieb aufgegriffen (Kap 1.2).

In der Rückschau hat das Reformprogramm Humanisierung des Arbeitslebens diesen Paradigmenwechsel maßgeblich gefördert – praktisch mit der staatlichen Förderlandschaft des Humanisierungsprogramms, welche die Feldzugriffe in Form von Begleitforschungsprojekten beförderte (Kap 2.1). Und auch auf ideologischer Ebene entfaltete ebenjene sozialliberale Reformpolitik eine starke Einbindungskraft. Denn das Schlagwort der Humanisierung der Arbeitswelt enthielt das Versprechen, dass die Interessen der Arbeiterschaft innerhalb der Grenzen der bundesdeutschen Marktwirtschaft und in den Betrieben nun stärkere Beachtung finden würden. Und dieses Versprechen war auch ein Angebot an die arbeitnehmerorientierten und gesellschaftskritischen Industriesoziolog:innen der Zeit (Kap. 1.1). So gesehen erscheint das Forschungs- und Aktionsprogramm Humanisierung des Arbeitslebens mitnichten als ein durch Bundesmittel geförderter Angriff auf die marktwirtschaftliche Wirtschaftsweise der BRD durch radikal-oppositionelle Wissenschaftler:innen, wie dies durch zeitgenössische Oppositionspolitiker:innen kolportiert worden war. Das Angebot der sozialliberalen Forschungsförderung an die Sozialwissenschaft, Arbeitnehmer:inneninteressen zu fördern und die Arbeitswelt menschgerecht umzugestalten, ließ Teile ebendieser Forschungsrichtung ihre Blockadehaltung gegen die betriebliche Anwendungsorientierung aufgeben. Es war vielmehr ein Beitrag dazu, die ablehnende Haltung der Soziologie gegen Rationalisierung und Profitwirtschaft aufzugeben und als Grundlage auch von Verbesserungen in der Arbeitswelt zu akzeptieren. Denn nicht nur deuteten die damaligen empirischen Studien nicht auf ein Klassenbewusstsein der Arbeiterschaft – sie war nämlich mehrheitlich in das politische System der BRD integriert (Minssen 2006: 50). HdA war ein Teil davon und mehr: es integrierte zahlreiche kritische Industriesoziolog:innen in betriebliche Wandlungsprozesse.

Die Debatte um den Elfenbeinturm lag also insofern quer zur tatsächlichen Anwendungsorientierung, als dass die Industriesoziologie in der BRD zeit ihres Bestehens einen Anwendungsbezug hatte. Vielmehr hatten sich das Forschungssubjekt und das gesellschaftspolitische Ziel verschoben. Vor dem Wandel in den 70er Jahren orientierte sie deutlich auf ein widerständiges und klassenbewusstes Aufbegehren der Industriearbeiterschaft, durch und im Zuge von HdA verschob sich dann der Fokus in großen Teilen auf konstruktive Anwendungsorientierung im betrieblichen Arbeitsprozess und auf das Denken und Handeln der Individuen. Dieser Aufsatz argumentiert auch insofern, dass mit der Humanisierung der Arbeitswelt ein wichtiger Schritt in Richtung dieser Betriebs- und Mitbestimmungsorientierung als Forschungsperspektive gegangen war, dies jedoch erst ex post mit der Kritik an der Arbeiterbewusstseinsforschung innerhalb der Industriesoziologie vollzogen wurde und gewissermaßen über das Ziel hinausgeschossen ist. Denn die Kritik an der Arbeiterbewusstseinsforschung, auch das sollte hier gezeigt werden, war von den einschlägigen Kritiker:innen der 1980er Jahre nie rein destruktiv angelegt. Dennoch kam die Forschungsrichtung zum Erliegen. Damit war der klassenkämpferischen und auch einer moderateren gesellschaftskritischen Orientierung bis zu einem gewissen Grad das Wasser abgegraben.

Eine derzeitige Revitalisierung der Arbeiterbewusstseinsforschung mit etwas anderen empirischen und theoretischen Vorzeichen gut 30 Jahre später ist insofern eine bemerkenswerte Entwicklung. Zu behaupten, die heutige Renaissance dieses industriesoziologischen Forschungsstrangs sei Ergebnis ähnlicher fachlicher Ansprüche im Zuge von Reformprogrammen der Arbeitswelt und dazugehöriger Förderpolitik, geht allerdings fehl. Denn „im Übergang zum folgenden FuE-Programm ‚Arbeit und Technik‘ (1989–2000) und danach stärker innovationsorientierten Förderaktivitäten verloren die konstruktiven Entwicklungsformen vergesellschafteter Forschungspolitik […] an Boden“ (Oehlke 2013: 168). Zwar gibt es auch heute mit Arbeit 4.0 staatliche Förderstrukturen, die ähnlich gelagerte Problemfelder aufgreifen, doch grundsätzlich konnte eine auf staatlich orchestrierte Begleitforschung ausgerichtete Industriesoziologie nicht hegemonial werden. Das auch forschungspolitisch strategische Bündnis besteht vielmehr mit den Förderinstitutionen der Gewerkschaften selbst.

Entsprechend werden just im Zuge der Neuauflage von Studien, die dem Denken von Lohnabhängigen gewidmet sind, erneut Fragen der praktischen Nützlichkeit der Studien aufgeworfen (Hoffmann & Fischer 2016), nun allerdings von Seiten der Gewerkschaften, sogar mit begrifflicher Bezugnahme auf das damalige Humanisierungsprogramm.

„Einen soliden Ausgangspunkt für die Entwicklung entsprechender gewerkschaftlicher Humanisierungskonzepte sehen wir in den jüngeren Erkenntnissen der soziologischen Arbeitsbewusstseinsforschung.“ (ebd.: 549).

Auch die Kritiklinie ist analog zu der damals geäußerten Vorstellung eines konstruktiven Einbringens im Sinne der Auslotung von Gestaltungsmöglichkeiten, wie sie auch schon Werner Fricke vorbrachte.

„Wenn sie aber […] nur zunehmende Abstiegsängste, wachsende Risiken sozialer Exklusion oder neue Unsicherheiten in einer digitalen Arbeitswelt thematisieren, dann laufen sie Gefahr, ungewollt den neoliberalen Apologeten des Marktes und der Effizienz das Wort zu reden. Wenn sie Antworten schuldig bleiben, wo in unserer Arbeitswelt Gestaltungspotenziale und Freiräume für die Beschäftigten liegen, welche Gelegenheiten und Entwicklungschancen sich für sie eröffnen lassen, dann drohen sie das Feld […] zu überlassen“ (ebd.: 548).

Die Akteure, mit denen Wissenschaftler:innen in einem strategischen Wissensbündnis auch vermittels ihrer Forschungsförderung – damals durch staatliche, heute vielmehr auch gewerkschaftliche Institutionen – stehen, formulieren also einen Anspruch nach Nützlichkeit der Forschungsergebnisse, gerade weil sie sich mit einer aus ihrer Sicht problematischen Arbeitsbevölkerung konfrontiert sehen.

Das Gespenst der widerständigen Arbeiterklasse mag in den frühen 1970er Jahren noch existiert haben und staatliche Akteure konnten wilde Streiks, kommunistische Betriebsgruppen und radikale Rhetorik des akademischen Milieus durchaus als Problem der Orientierung von Beschäftigten und Wissenschaftler:innen sehen. In jedem Fall verlor die ‚rote Gefahr‘ bereits in den 1980er Jahren an Schrecken und war spätestens mit dem Fall des Ostblocks weitestgehend neutralisiert, daher verlor das Studium der politischen Prädispositionen ihre Brisanz (Schumann 1999: 59) – auch mithilfe der integrativen Förderpolitik des Reformprogramms HdA.

Heutzutage geraten die Orientierungen und Gesellschaftsbilder der abhängig Beschäftigten gerade angesichts einer aufsteigenden AfD insbesondere in Ostdeutschland wieder in den Blick (Dörre et al. 2013), während schwindende Gewerkschaftsmacht einen Bedarf an empirischen Studien zu normativen Mobilisierungsmomenten (Kratzer et al. 2015) ihrer potenziellen Mitglieder evoziert haben dürfte. Diese grob skizzierten möglichen gesellschaftlichen Gründe des Wiederauflebens dieser Forschungsrichtung liegen daher nicht allzu weit von jenem gewerkschaftlichen Anwendbarkeitsgesuch entfernt.

Überdies sind es die ehemaligen Protagonist:innen der Humanisierungsforschung, die heute noch durch Veröffentlichungen Erfahrungswissen aus dem ehemaligen HdA-Programm tradieren und mit aktuellen Debatten verknüpfen, indem sie die Rolle von Gewerkschaften und Sozialwissenschaften im Humanisierungsprogramm als Modellvorlage heutiger Anwendungsforschung kolportieren (Peter et. al. 2020; Fricke & Wagner 2012).

Neben den gesellschaftlichen Ursachen im weiteren Sinne ist es schließlich interessant, in Zukunft auch im engeren Sinne den wiederentdeckten Forschungsgegenstand Arbeiter:innernbewusstsein hinsichtlich seiner Einbettung in Ansprüche und Debatten um seine Nützlichkeit zu reflektieren. Sollte sich der Forschungsstrang erneut etablieren, ist es zwar wünschenswert, sich ins Gemenge und aus dem Elfenbeinturm heraus zu begeben. Jede Praxisorientierung muss sich aber darauf reflektieren, ob die jeweils impliziten gesellschaftspolitischen Ziele normativ die Blickrichtung der Analyse verschieben.

About the authors

Jule Elena Westerheide

Jule Elena Westerheide, geb. 1987 in Aachen. Studium der Psychologie, Ethnologie und Soziologie in Freiburg und Buenos Aires. Promotion in Duisburg. Von 2014–2022 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Soziologie an der Universität Duisburg-Essen und seit 2022 WiMi am Institut für Arbeitswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum.

Wichtigste Publikationen: Die Illusion der Leistungsgerechtigkeit. Arbeit und Entgelt von Sekretärinnen. Frankfurt am Main/New York: Campus (2021); Materialistischer Moralismus. Relationierungen ideeller Ansprüche und materieller Interessen am Beispiel von Entgeltkonflikten in der Sekretariatsarbeit. AiS-Studien 15 (1): 54–69 (2022); Arbeit und Subjekt. Aktuelle Debatten der Arbeitssoziologie. Wiesbaden: Springer VS (2019, zusammen mit F. Kleemann und I. Matuschek).

Arne Schott

Arne Schott, geb. 1986 in Schlema, Studium der Geschichtswissenschaft und Soziologie in Trier. 2018–2022 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Heidelberg im Projekt „Aushandlung und Teilhabe im Programm ‚Humanisierung des Arbeitslebens‘“. Seit 2022 Archivpädagoge im Archiv der Arbeiterjugendbewegung in Oer-Erkenschwick.

Einschlägige Publikationen: Das Programm „Humanisierung des Arbeitslebens“ und seine Bedeutung für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der 1970er Jahre. – In: Quellenband Humanisierung des Arbeitslebens. Quellen einer Neuen Geschichte der Arbeit (Study der Hans-Böckler-Stiftung) Düsseldorf (2022, im Erscheinen); Jörg Roesler: Die Wiederaufbaulüge der Bundesrepublik. – In: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 2. (2009, Rezension).

Literatur

Abelshauser, W., 2009: Nach dem Wirtschaftswunder: der Gewerkschafter, Politiker und Unternehmer Hans Matthöfer. Bonn: Dietz.Suche in Google Scholar

Aulenbacher, B., 2008: Arbeits- und Industriesoziologie auf der Suche nach ihrem Profil und ihren Perspektiven. S: 149–168 in: N. Huchler (Hrsg), Ein Fach wird vermessen. Berlin: Edition Sigma.10.5771/9783845267319-149Suche in Google Scholar

Bahl, F., 2016: Arbeit und Subjekt – Herausforderungen für eine Forschungstradition. WSI-Mitteilungen 69 (7): 552–555.10.5771/0342-300X-2016-7-552Suche in Google Scholar

Bahrdt, H.P., 1985: Das Gesellschaftsbild des Arbeiters: Ein Vortrag zur Entstehung dieser Studie. Zeitschrift für Soziologie 14(2): 152–155.10.1515/zfsoz-1985-0205Suche in Google Scholar

Bargmann, H., 1984. Innovationshemmnis Industriemeister? Zeitschrift für Soziologie 13 (1): 45–59.10.1515/zfsoz-1984-0103Suche in Google Scholar

Beck, U., 1980: Die Vertreibung aus dem Elfenbeinturm: Anwendung soziologischen Wissens als soziale Konfliktsteuerung. Soziale Welt 4: 415–441.Suche in Google Scholar

Beckenbach, N., 1991: Industriesoziologie. Berlin/New York: de Gruyter.10.1515/9783110873177Suche in Google Scholar

Bolte, K.M., 1978: Zur Situation soziologischer Forschung und Lehre in der Bundesrepublik Deutschland. Vortrag zur Eröffnung des 18. Deutschen Soziologentages (Bielefeld 1976). S. 1–19 in: K.M. Bolte (Hrsg.), Materialien aus der soziologischen Forschung. Verhandlungen des 18. Deutschen Soziologentages vom 28. September bis 1. Oktober 1976 in Bielefeld. Darmstadt/Neuwied: Luchterhand.Suche in Google Scholar

Braczyk, H-J., J. Knesebeck & G. Schmidt, 1982: Nach einer Renaissance. Zur gegenwärtigen Situation von Industriesoziologie in der Bundesrepublik Deutschland. S. 16–56 in: G. Schmidt, H-J. Braczyk & J. v. d. Knesebeck (Hrsg): Materialien zur Industriesoziologie. (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 24). Westdeutscher Verlag: Opladen.10.1007/978-3-322-83576-5_3Suche in Google Scholar

Deeke, A., 1982: Industriesoziologie als Gestaltungswissenschaft? Anmerkungen zu einer methodologischen Diskussion. S. 142–159 in: W. Fricke, G. Peter & W. Pöhler (Hrsg.): Beteiligen, Mitgestalten, Mitbestimmen. Arbeitnehmer verändern ihre Arbeitsbedingungen. Köln: Bund.Suche in Google Scholar

Deppe, F. & H. Lange, 1970: Zur Soziologie des Arbeiter- und Klassenbewußtseins. Ein kritischer Literaturbericht. Das Argument 61: 699–715.Suche in Google Scholar

Düll, K., 1980: Gesellschaftliche Interventionen in Arbeitsbedingungen – der Fall Bundesrepublik Deutschland. Soziale Welt 31(3): 333–353.Suche in Google Scholar

Dörre, K., Happ, A. & I. Matuschek, 2013: Das Gesellschaftsbild der LohnarbeiterInnen: Soziologische Untersuchungen in ost- und westdeutschen Industriebetrieben. Hamburg: VSA.Suche in Google Scholar

Eckart, C., Jaerisch, U. & H. Kramer, 1979: Frauenarbeit in Familie und Fabrik: eine Untersuchung von Bedingungen und Barrieren der Interessenwahrnehmung von Industriearbeiterinnen. Frankfurt am Main/New York: Campus.Suche in Google Scholar

Fricke, E., Fricke, W. & M. Schönwälder, 1980: Beteiligung und Qualifikation: „Das Peiner Modell“ (Humanisierung des Arbeitslebens Bd. 12). Frankfurt am Main/New York: Campus.Suche in Google Scholar

Fricke, W., 1975: Arbeitsorganisation und Qualifikation: ein industriesoziologischer Beitrag zur Humanisierung der Arbeit. Bonn-Bad Godesberg: Verlag Neue Gesellschaft.Suche in Google Scholar

Fricke, W., 2017: Vom Transfer- zum Lernprozess – Transfer-Erfahrungen aus verschiedenen öffentlich geförderten Forschungs- und Entwicklungsprogrammen. S. 139–154 in: D. Schemme, H. Novak, I. Garcia-Wülfing & Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.), Transfer von Bildungsinnovationen – Beiträge aus der Forschung. Bielefeld: Bertelsmann.Suche in Google Scholar

Fricke, W. & H. Wagner, 2012: Demokratisierung der Arbeit. Neuansätze für Humanisierung und Wirtschaftsdemokratie. Hamburg: VSA.Suche in Google Scholar

Friedeburg, L. v., 1955: Betriebsklima. Eine industriesoziologische Untersuchung aus dem Ruhrgebiet. in: T. W. Adorno & W. Dirks (Hrsg.), Frankfurter Beiträge zur Soziologie Band 3. Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt.Suche in Google Scholar

Friedmann, G., 1952: Der Mensch in der mechanisierten Produktion. Köln: Bund.Suche in Google Scholar

Fürstenberg, F. (Hrsg.), 1971: Die Entwicklung der Arbeits- und Betriebssoziologie seit dem Zweiten Weltkrieg. Darmstadt/Neuwied: Luchterhand.Suche in Google Scholar

Haasis, H., 1976: Fiat – Legende und Wirklichkeit. Humanisierung als technisches Instrument gegen die Arbeiterkämpfe. Kursbuch (43): 135–145.Suche in Google Scholar

Hack, L. & I. Hack, 1985: Die Wirklichkeit, die Wissen schafft: Zum wechselseitigen Begründungsverhältnis von „Verwissenschaftlichung der Industrie“ und „Industrialisierung der Wissenschaft“. Frankfurt am Main/New York: Campus.Suche in Google Scholar

Hack, L., Krause, W., Schmidt, U. & W. Wachutka, 1972: Klassenlage und Interessenorientierung. Zum Konstitutionsprozeß der Bewußtseinsstrukturen und Verhaltensmuster junger Industriearbeiter. Zeitschrift für Soziologie 1(1): 15–30.10.1515/zfsoz-1972-0102Suche in Google Scholar

Hauff, V. & F.W. Scharpf, 1975: Modernisierung der Volkswirtschaft – Technologiepolitik als Strukturpolitik. Frankfurtam Main/Köln: Europäische Verlagsanstalt.Suche in Google Scholar

Huchler, N., 2008: Ein Fach wird vermessen. Positionen zur Zukunft der Disziplin Arbeits- und Industriesoziologie. Berlin: Edition Sigma.10.5771/9783845267319Suche in Google Scholar

Janzen, K.-H.,1979: Noch wächst das Unbehagen. Der Gewerkschafter. Monatsschrift für die Funktionäre der IG-Metall: 5–7.Suche in Google Scholar

Kadritzke, U., 1975: Angestellte – Die geduldigen Arbeiter. Zur Soziologie und sozialen Bewegung der Angestellten. Frankfurt am Main/Köln: Europäische Verlagsanstalt.Suche in Google Scholar

Kellershohn, J., 2019: Aporien der Anpassung: Zur Humanisierung durch Bildung im »Strukturwandel« der Arbeit. S. 137–160 in: N. Kleinöder (Hrsg.), »Humanisierung der Arbeit«: Aufbrüche und Konflikte in der rationalisierten Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts. Bielefeld: Transcript.10.1515/9783839446539-006Suche in Google Scholar

Kern, H. & M. Schumann, 1971: Replik. Futurum. Zeitschrift für Zukunftsforschung (3): 335–339.Suche in Google Scholar

Kern, H. & M. Schumann, 1977: Industriearbeit und Arbeiterbewusstsein. Eine empirische Untersuchung über den Einfluss der aktuellen technischen Entwicklung auf die industrielle Arbeit und das Arbeiterbewusstsein. Frankfurt am Main/Köln: Europäische Verlagsanstalt.Suche in Google Scholar

Kleemann, F. & G.G Voß, 2018: Arbeit und Subjekt. S. 15–58 in: F. Böhle, G. G. Voß & G. Wachtler (Hrsg.), Handbuch Arbeitssoziologie. (2. Aufl.) Wiesbaden: Springer VS.10.1007/978-3-658-21704-4_2Suche in Google Scholar

Kleinöder, N., 2018: „Humanisierung der Arbeit“. Literaturbericht zum „Forschungsprogramm zur Humanisierung des Arbeitslebens“. Working Paper Forschungsförderung Bd. 008, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung.10.1515/9783839446539-004Suche in Google Scholar

Knapp, G.-A., 1981: Industriearbeit und Instrumentalismus. Zur Geschichte eines Vor-Urteils. Bonn: Verlag Neue Gesellschaft.Suche in Google Scholar

Kratzer, N., Menz, W., Tullius, K. & H. Wolf, 2015: Legitimationsprobleme in der Erwerbsarbeit. Gerechtigkeitsansprüche und Handlungsorientierungen in Arbeit und Betrieb. Berlin: Edition Sigma.10.5771/9783845264424Suche in Google Scholar

Kritidis, G., 2008: Linkssozialistische Opposition in der Ära Adenauer: ein Beitrag zur Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Hannover: Offizin.Suche in Google Scholar

Kudera, W., Mangold, W., Ruff, K., Schmidt, R. & T. Wentzke, 1979: Gesellschaftliches und politisches Bewußtsein von Arbeitern. Eine empirische Untersuchung. Frankfurt am Main/Köln: Europäische Verlagsanstalt.Suche in Google Scholar

Kudera, W., 1984: Widerspruch als emanzipatorisches Perpetuum Mobile? Untersuchungen zum Verhältnis Arbeit-Bewußtsein. Soziologische Revue (1): 119–127.10.1524/srsr.1984.7.sonderheft1.119Suche in Google Scholar

Kuhn, T.S., 1967: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Suche in Google Scholar

Latniak, E. & U. Wilkesmann, 2005: Anwendungsorientierte Sozialforschung. Soziologie 34: 65–82.10.1007/s11617-005-0233-7Suche in Google Scholar

Lutz, B., 1981: Möglichkeiten und Grenzen industriesoziologischer Begleitforschung bei der Implementierung neuer Fertigungstechnologien. S. 201–204 in: P. Brödner (Hrsg.), PDV-Projektbericht 1981: Neue Fertigungstechnologien und Qualität der Arbeitsplätze; Bericht über die Fachtagung im Juni 1980 in Karlsruhe. Karlsruhe: Kernforschungszentrum Karlsruhe GmbH.Suche in Google Scholar

Lutz, B., 2009: Industriesoziologie zwischen Subjekt- und Strukturbezug: im Gespräch mit Burkart Lutz. AIS-Studien 2(1): 5–18.Suche in Google Scholar

Martens, H., 2008: Krise der Industriesoziologie und/oder neue Formen der Wissensproduktion? S. 169–198 in: N. Huchler (Hrsg.), Ein Fach wird vermessen. Berlin: Edition Sigma.10.5771/9783845267319-169Suche in Google Scholar

Maurer, A., 2004: Elend und Ende der Arbeits- und Industriesoziologie? Einige Anmerkungen zu Erkenntnisprogrammen, Theorietraditionen und Bindestrich-Soziologien. Soziologie 33(4): 7–19.10.5771/9783845267319-31Suche in Google Scholar

Matthöfer, H., 1977: Programm Forschung zur Humanisierung des Arbeitslebens, Frankfurt am Main/Köln: Europäische Verlagsanstalt.Suche in Google Scholar

Minssen, H., 2006: Arbeits- und Industriesoziologie. Eine Einführung. Frankfurt am Main/New York: Campus.Suche in Google Scholar

Müller, S., 2016: Humanisierung der Arbeitswelt 1.0. Historisch-kritische Befragung eines Reformprogramms der Neunzehnhundertsiebzigerjahre. S. 253–275 in: W. Buschak (Hrsg.), 150 Jahre Solidarität im Wandel der Zeiten. Historisch-politische Konferenz Leipzig. Essen: Klartext.Suche in Google Scholar

Müller, S., 2019: Das Forschungs- und Aktionsprogramm »Humanisierung des Arbeitslebens« (1974–1989). S. 59–88 in: N. Kleinöder et al. (Hrsg.), »Humanisierung der Arbeit«: Aufbrüche und Konflikte in der rationalisierten Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts. Bielefeld: Transcript.10.1515/9783839446539-003Suche in Google Scholar

Neun, O., 2016: Die Verwendungsdebatte innerhalb der deutschen Soziologie: eine vergessene Phase der fachlichen Selbstreflexion. S. 333–35 in: H. Staubmann (Hrsg.), Soziologie in Österreich – Internationale Verflechtungen. Innsbruck: Innsbruck University Press.Suche in Google Scholar

Oehlke, P., 2013: Humanisierung des Arbeitslebens. S. 262–267 in: H. Hirsch-Kreinsen & H. Minssen (Hrsg.), Lexikon der Arbeits- und Industriesoziologie. Berlin: Edition Sigma.10.5771/9783845273099-262Suche in Google Scholar

Peter, G., Georg, A. & K. Guhlemann, 2020: Humanisierung der Arbeit 4.0. Prävention und Demokratie in der digitalisierten Arbeitsgesellschaft. Hamburg: VSA.Suche in Google Scholar

Pirker, T., 1951: Der Betrieb und die Arbeiterbewegung. Gewerkschaftliche Monatshefte 2(9): 481–488.Suche in Google Scholar

Pirker, T., 1955: Arbeiter, Management, Mitbestimmung: eine industriesoziologische Untersuchung der Struktur, der Organisation und des Verhaltens der Arbeiterbelegschaften in Werken der deutschen Eisen- und Stahlindustrie, für die das Mitbestimmungsgesetz gilt. Stuttgart/Düsseldorf: Ring-Verlag.Suche in Google Scholar

Popitz, H., H.P. Bahrdt, E.A. Jüres & H. Kesting, 1957: Das Gesellschaftsbild des Arbeiters. Tübingen: Mohr.10.1007/978-3-658-13197-5Suche in Google Scholar

Raphael, L., 1996: Die Verwissenschaftlichung des Sozialen als methodische und konzeptionelle Herausforderung für eine Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts. Geschichte und Gesellschaft 22(2): 165–193.Suche in Google Scholar

Raphael, L., 2019: Jenseits von Kohle und Stahl: eine Gesellschaftsgeschichte Westeuropas nach dem Boom: Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2018. Berlin: Suhrkamp.Suche in Google Scholar

Rigoll, D., 2020: Erlass zur Beschäftigung von Radikalen im öffentlichen Dienst [Radikalenerlass], 28. Januar 1972. Über: https://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0113_ade&object=pdf&st=&l=de [letzter Zugriff: 24.09.2020].Suche in Google Scholar

Schmidt, G., H.-J. Braczyk & J. v. d. Knesebeck, 1982: Materialien zur Industriesoziologie. (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 24). Opladen: Westdeutscher Verlag.10.1007/978-3-322-83576-5Suche in Google Scholar

Sauer, D., 2008: Industriesoziologie – Mehr als eine akademische Disziplin. S. 199–218 in: N. Huchler (Hrsg.), Ein Fach wird vermessen. Berlin: Edition Sigma.10.5771/9783845267319-199Suche in Google Scholar

Schumann, M., 1999: Das Lohnarbeiterbewußtsein des ‚Arbeitskraftunternehmers‘. SOFI-Mitteilungen 27: 59–64.Suche in Google Scholar

Schumann, M., 2001: Innovative Arbeitspolitik – Wissenschaften in einer neuen Rolle. Vortrag auf der Tagung des BMBF – „Erfolgreiche Veränderungen in der Arbeitsgestaltung und Unternehmensorganisation – Strategien und Lösungen“, 19. – 20.11.01 Bad Honnef. https://sofi.uni-goettingen.de/fileadmin/Publikationen/Schumann-VortragBadHonnef.pdf [letzter Zugriff: 24.09.2020].Suche in Google Scholar

Schumann, M., 2002: Industriesoziologische Arbeitsanalysen: Die tiefen Spuren von Popitz/Bahrdt. Beitrag zur Gedenkveranstaltung für Heinrich Popitz, Leipzig, Soziologentag 10.10.2002. http://sofi-goettingen.de/fileadmin/Publikationen/Schumann-popitz.pdf [letzter Zugriff: 24.09.2020].Suche in Google Scholar

Schumann, M., F. Gerlach & A. Gschössl, 1971: Am Beispiel der Septemberstreiks, Anfang der Rekonstruktionsperiode der Arbeiterklasse? Eine empirische Untersuchung. Frankfurt am Main/Köln: Europäische Verlagsanstalt.Suche in Google Scholar

Seibring, A., 2011: Die Humanisierung des Arbeitslebens in den 1970er-Jahren: Forschungsstand und Forschungsperspektiven. S. 107–126 in: K. Andresen, U. Bitzegeio & J. Mittag (Hrsg.), „Nach dem Strukturbruch“? Kontinuität und Wandel von Arbeitsbeziehungen und Arbeitswelt(en) seit den 1970er-Jahren (Politik- und Gesellschaftsgeschichte, Bd. 89). Bonn: Dietz.Suche in Google Scholar

Thomssen, W., 1982: „Die Konstitution des Klassenbewusstseins“. Vom Altern eines wissenschaftlichen Anspruchs. S. 313–328 in: G. Schmidt, H.-J. Braczyk & J. v. d. Knesebeck (Hrsg.), Materialien zur Industriesoziologie (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 24). Opladen: Westdeutscher Verlag.10.1007/978-3-322-83576-5_18Suche in Google Scholar

Uhl, K., 2014: Humane Rationalisierung? Die Raumordnung der Fabrik im fordistischen Jahrhundert. Bielefeld: Transcript.10.1515/transcript.9783839427569Suche in Google Scholar

Vetter; H.-O., 1979: Was erwarten die Gewerkschaften von den Hochschulen. S. 446–467 in: H.-D. Kröger (Hrsg.), Hochschulen und Gewerkschaften. Köln: BundSuche in Google Scholar

Voss, G.G., 1984: Bewusstsein ohne Subjekt? Eine Kritik des industriesoziologischen Bewusstseinsbegriffs, Grosshesselohe: Hampp.Suche in Google Scholar

Weltz, F., 1982: Begleitforschung zwischen Aktionismus und Berührungsangst. Einige Anmerkungen zum Verhältnis der Industriesoziologie zum Programm ‚Humanisierung des Arbeitslebens‘. Soziale Welt 33(3/4): 294–302.Suche in Google Scholar

Wittemann, K. P., 1984: Industriesoziologie und IG Metall. Zum Verhältnis von „interner“ und „externer“ Sozialwissenschaft. SOFI-Mitteilungen 10: 22–28.Suche in Google Scholar

Published Online: 2022-11-10
Published in Print: 2022-11-03

© 2022 bei den Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Heruntergeladen am 27.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zfsoz-2022-0024/html
Button zum nach oben scrollen